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Beitrag zur Hexengeschichte von Deutschland

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Sander (Christian Levin Sander?)
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Titel: Beitrag zur Hexengeschichte von Deutschland. Aus der ersten Hälfte unsers Jahrhunderts.
Untertitel:
aus: Deutsches Museum Bd. 2, 1780, S. 443 - 445
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Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1780
Verlag: Weygand
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: UB Bielefeld
Kurzbeschreibung: Wiedergabe des Urteils gegen die im vorderösterreichischen Endingen 1751 als angebliche Hexe verbrannte Anna Trutt verheiratete Schnidenwind
Siehe auch Hexenwesen
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[443]

Beitrag
zur Hexengeschichte von Deutschland.

Aus der ersten Hälfte unsers Jahrhunderts.

Von einer sichern Hand, von der Hand eines Augenzeugen, und eines Mannes, der, als der das Papier aufhob, das ich hier aus seiner Verlassenschaft bekant mache, an nichts weniger dachte, als daß ich einmal, viele Jahre nach seinem Tode, es noch finden würde, hab ich das: Todesurtheil einer zu E – – – verbrannten Frau. Ich darf um vieler Ursachen willen den Namen des Orts nicht ausschreiben.

 Sander.


Kund und zu wissen sei hiemit jedermänniglich. Demnach gegenwärtige Delinquentin, A – – S – –, geborne [444] T – – 62 Jahr alt, gebürtig und seßhaft zu W – –, vermittelst mit derselben auf beschehene Anzeig, und auf genommenen Bericht ordentlich vorgenommener Inquisition, sowohl in Güte, als in der Schärfe, einbekennet, daß sie vor ungefehr 9 Jahren von unbekanten Soldatenleuten, welche sie Teufel zu sein hernach eingestanden, ein zauberisches Pulver erhalten, mit dem sie, wenn sie es in des Teufels Namen gebraucht habe, Leuten und Vieh schaden, reich werden, und allenthalben, wohin sie wolle, hinkommen können, auch in der That solches bei des J – – K – –, item des M – – B – – Stallung, wie auch des A – – D – – Hofthor, endlich auch bei des A – – – W – – Hausthüren, in des Teufels Namen gelegt, und anmit dem Vieh geschadet habe, dergestalten, daß ersterem ein Pferd krepirt, ein salva venia Schwein aber abgenommen[1] werden müssen, dem andern hingegen ein Pferd erkranket, doch wiederumb errettet, und dem vierten die Kuhmilch verderbt worden; auch hätte sie sich auf vieles Insistiren und Androhen wegen gebrauchten Pulver dem leidigen Teufel unterschrieben, und den heiligen Schuzengel abgeläugnet, solches auch bis daher niemalen gebeichtet[2], und endlich, daß sie an der den 7ten März jüngsthin ausgebrochenen sehr leidigen Feuersbrunst Schuld und Ursach sei, wozu sie von dem Teufel genöthigt worden.

Also hat man von Amts und Obrigkeitswegen nach Anleitung der gottgefälligen Justiz, nach ordentlich geführtem Prozeß, beschehener Anzeige, eingenommenen Kundschaften, und dem, wie schon gemeldet, von ihr, Delinquentin, sowohl gütiglich, als in der Schärfe[3] [445] gethanenem Bekentnis, auch bei der vorgenommenen Besiebenung von ihr beschehener Bekräftigung, nicht weniger einer für sie Delinquentin vorhero abfassen lassender Schuzschrift, und von einem unpartheiischen Rechtsgelehrten eingeholten rechtlicher Meinung und Gutachten folgendes Endurtheil V. R. W. abgefaßt.

In peinlicher Rechtsfertigung sich haltend wider dich pcto der Zauberei und andurch zugefügten Schadens als anderseits verursachten Feuersbrunst verhaftete A – – S – – geborne T – – ungefehr 62 Jahr alt, zu W – – wohn- und seßhaft, mithin katholischer Religion, wird hiemit auf beschehene Anzeig, und aufgenommenen Bericht, auf die mit dir geführten Verhör, und darinne gethanenen Bekenntnissen, auch derentwillen erhobene Kundschaften nach gethanenem Rechtsaz genommenen Bedacht, und von auswärtigen Rechtsverständigen, nebst ex officio für dich in vim defensionis gemachten Vorstellungen eingeholten Gutachten mit Urtheil zu Recht erkannt:

Daß du A – – S – – geborne T – – deiner verübten Verbrechen halber dem Nachrichter an seine Hand und Band geliefert, und von demselben zur wohlverdienten Strafe, andern aber zum Abscheu und Exempel auf den Scheiterhaufen gebracht, und also vom Leben zum Tod gebracht werden solltest. V. R. W.

Fußnoten der Vorlage

  1. So heißt es im Original, aber ich verstehe es selber nicht.
  2. Man muß sich erinnern, daß die Szene in katholischen Landen war.
  3. Vermuthlich heißt dies so viel, als die auch gottgefällige Tortur.

Anmerkungen (Wikisource)

„Die 68jährige Anna Trütten, Ehefrau des Matthias Schneidewind zu Wihl am Rheine in dem vorderösterreichischen Breisgau, hatte bei dem Ausräuchern ihres Stalles eine Feuersbrunst veranlaßt, und unter den Schmerzen der Folter das Bekenntniß abgelegt, sie habe einen Bund mit dem Teufel geschlossen und häufig Zusammenkünfte der Hexen besucht. Nachdem die Richtigkeit des gegen sie eingeleiteten Verfahrens auch durch die theologische Fakultät zu Freiburg gutgeheißen worden war, wurde die Unglückliche am 24. April 1751 aus ihrem Gefängnisse zu Endingen vor das dortige Breisacher Thor auf den Juden-Buck geführt und hier, weil sie sich wie rasend den Scharfrichtern widersetzte, geknebelt auf den Holzstoß geworfen und lebendig verbrannt“. So Karl Friedrich Vierordt, Geschichte der evangelischen Kirche in dem Großherzogthum Baden, Bd. 2, Karlsruhe 1856, S. 377 Commons nach einer handschriftlichen Geschichte Endingens von dem Bürgermeister Franz Michael Kniebühler.

Zum Ganzen vergleiche Klaus Graf: Der Endinger Hexenprozess gegen Anna Trutt von 1751. In: Späte Hexenprozesse. Der Umgang der Aufklärung mit dem Irrationalen. Hrsg. von Wolfgang Behringer, Sönke Lorenz und Dieter R. Bauer, Bielefeld 2016 (= Hexenforschung 14), S. 89-101 hcommons.org.