Bekanntmachung über die Todeserklärung Kriegsverschollener

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Gesetzestext
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Titel: Bekanntmachung über die Todeserklärung Kriegsverschollener.
Abkürzung:
Art: Verordnung
Geltungsbereich:
Rechtsmaterie: Zivilrecht
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1916, Nr. 77, Seite 296–298
Fassung vom: 18. April 1916
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 19. April 1916
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(Nr. 5154) Bekanntmachung über die Todeserklärung Kriegsverschollener. Vom 18. April 1916.

Der Bundesrat hat auf Grund des § 3 des Gesetzes über die Ermächtigung des Bundesrats zu wirtschaftlichen Maßnahmen usw. vom 4. August 1914 (Reichs-Gesetzbl. S. 327) folgende Verordnung erlassen:

§ 1[Bearbeiten]

Wer als Angehöriger der bewaffneten Macht des Deutschen Reichs oder eines mit ihm verbündeten oder befreundeten Staates an dem gegenwärtigen Kriege teilgenommen hat (§ 15 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) und während des Krieges vermißt worden ist, kann im Wege des Aufgebotsverfahrens für tot erklärt werden, wenn von seinem Leben ein Jahr keine Nachricht eingegangen ist.
Das gleiche gilt für Personen, die nicht zur bewaffneten Macht gehören, wenn sie sich bei ihr aufgehalten haben oder ihr gefolgt sind, oder wenn sie in die Gewalt des Feindes gefallen sind.

§ 2[Bearbeiten]

Als Zeitpunkt des Todes ist, sofern nicht die Ermittlungen ein anderes ergeben, der Zeitpunkt anzunehmen, in dem der Antrag auf Todeserklärung zulässig geworden ist. Wird der Verschollene seit einem besonderen Kriegsereignis (einem Gefecht, einer Sprengung, einem Schiffsunfall oder dergleichen), an dem er beteiligt war, vermißt, so ist der Zeitpunkt des Ereignisses als Zeitpunkt des Todes anzunehmen, es sei denn, daß Ermittlungen die Annahme rechtfertigen, der Verschollene habe das Ereignis überlebt.

§ 3[Bearbeiten]

Solange nicht die Todeserklärung erfolgt ist, wird das Fortleben des Verschollenen bis zu dem Zeitpunkt vermutet, der nach § 2 in Ermangelung eines anderen Ergebnisses der Ermittlungen als Zeitpunkt des Todes anzunehmen ist.

§ 4[Bearbeiten]

Für das Aufgebotsverfahren in den Fällen des § 1 gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung, soweit nicht im folgenden ein anderes bestimmt ist.

§ 5[Bearbeiten]

Die Aufgebotsfrist muß mindestens einen Monat betragen. [297]

§ 6[Bearbeiten]

Die Bekanntmachung des Aufgebots durch öffentliche Blätter kann unterbleiben.
Das Gericht kann anordnen, daß das Aufgebot außer an die Gerichtstafel in der Gemeinde, in der der Verschollene seinen letzten Wohnsitz gehabt hat, an die für amtliche Bekanntmachungen bestimmte Stelle angeheftet wird.
Die Aufgebotsfrist beginnt mit der Anheftung des Aufgebots an die Gerichtstafel.

§ 7[Bearbeiten]

Die Vorschrift des § 972 Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozeßordnung findet keine Anwendung.

§ 8[Bearbeiten]

In dem Urteil ist der Zeitpunkt des Todes nach Maßgabe des § 2 festzustellen.

§ 9[Bearbeiten]

Das Gericht kann das Verfahren auf die Dauer von längstens einem Jahre aussetzen, wenn eine weitere Nachricht nach den Umständen des Falles, insbesondere nach der Entfernung des letzten bekannten Aufenthaltsorts des Verschollenen, nicht ausgeschlossen erscheint. Gegen den Beschluß findet sofortige Beschwerde statt. Nach Ablauf der Frist ist das Verfahren von Amts wegen fortzusetzen.

§ 10[Bearbeiten]

Für die Anfechtung eines nach dieser Verordnung erlassenen Ausschlußurteils gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung.
Erhebt der für tot Erklärte die Anfechtungsklage, so ist die Klage nicht an die Fristen der §§ 958, 976 der Zivilprozeßordnung gebunden.

§ 11[Bearbeiten]

Hat der Verschollene die Todeserklärung überlebt, so kann er ihre Aufhebung bei dem Aufgebotsgerichte beantragen.
Der Antrag kann schriftlich oder zu Protokoll des Gerichtsschreibers gestellt werden. Der Antrag soll eine Angabe der ihn begründenden Tatsachen und die Bezeichnung der Beweismittel enthalten.

§ 12[Bearbeiten]

Vor der Entscheidung ist der Staatsanwalt sowie derjenige zu hören, der die Todeserklärung erwirkt hat.

§ 13[Bearbeiten]

§ 968 der Zivilprozeßordnung gilt entsprechend. [298]
Ergeben sich Zweifel, ob der Antragsteller der für tot Erklärte ist, so ist der Antrag zurückzuweisen und der Antragsteller auf den Weg der Anfechtungsklage zu verweisen.

§ 14[Bearbeiten]

Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Sie erfolgt durch Beschluß. Gegen die Aufhebung der Todeserklärung findet kein Rechtsmittel statt; gegen die Zurückweisung des Antrags steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu.

§ 15[Bearbeiten]

Der Antrag auf Aufhebung der Todeserklärung hat dieselben Wirkungen wie die Erhebung der Anfechtungsklage.
Ist die Todeserklärung durch Klage angefochten, so ist das Verfahren über die Anfechtungsklage bis zur Entscheidung über den Antrag auszusetzen.
Wird die Todeserklärung aufgehoben, so wirkt der Beschluß für und gegen alle.

§ 16[Bearbeiten]

In den Fällen des § 1 und des § 11 ist auch der Staatsanwalt antragsberechtigt.

§ 17[Bearbeiten]

In einem Verfahren nach den Vorschriften dieser Verordnung genügt zum Nachweis von Tatsachen, die bei dem Truppenteile des Verschollenen bekannt sind, eine mit dem Dienstsiegel versehene schriftliche Erklärung des militärischen Disziplinarvorgesetzten.
Soweit es sich um Tatsachen handelt, die bei der obersten Militärverwaltungsbehörde bekannt sind, genügt zum Nachweis die schriftliche, mit dem Dienstsiegel versehene Auskunft der Behörde.

§ 18[Bearbeiten]

Für das Verfahren nach den Vorschriften dieser Verordnung werden Gerichtsgebühren nicht erhoben.
Wird ein Ausschlußurteil gem. § 14 aufgehoben, so können die dem Antragsteller erwachsenen außergerichtlichen Kosten (§ 91 der Zivilprozeßordnung) demjenigen auferlegt werden, der das Ausschlußurteil erwirkt hat. Auch kann angeordnet werden, daß derjenige, der die Todeserklärung erwirkt hat, die Kosten erstattet, die gemäß § 971 der Zivilprozeßordnung dem Nachlaß des für tot Erklärten zur Last gefallen sind.

§ 19[Bearbeiten]

Diese Verordnung tritt mit dem Tage ihrer Verkündung in Kraft.
Berlin, den 18. April 1916.
Der Reichskanzler

In Vertretung
Lisco