Benutzer:Methodios/David Samuel Rollers, weiland Pastors zu Lausa bei Dresden, Leben und Wirken

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Magnus Adolph Blüher[1]: David Samuel Rollers, weiland Pastors zu Lausa bei Dresden, Leben und Wirken. Justus Naumann, Dresden 1852, S. 62 bis 66:

Mein lieber, seliger Mann Heinrich Ludwig Burggraf und Graf zu Dohna, wurde am 22. October 1772 zu Fulurk in England geboren und von seinen lieben Aeltern Moritz Wilhelm Graf zu Dohna und Marie Agnes Gräfin von Zinzendorf - zweiten Tochter des für die ganze Brüder=Unität unvergeßlichen Mannes Gottes - dem Heilande als sein ewiges Eigenthum übergeben. Er war ihnen ein erbetener Sohn, und die Freude über das inner und äußere Gedeihen dieses geliebten Kindes wurde ihnen eine tägliche Veranlassung zum Danken und Flehen. Im Jahre 1775 wurde sein Vater, der als Gemeinhelfer in Fulurk angestellt war, zum gleichen Amte nach Bristol berufen, reiste im Frühjahr 1776 dahin, entschlief aber schon am 4. März 1777 zu Bath. Das Andenken dieses begabten Mannes bleibt im Segen durch den Eifer und die Begierde, womit er sich dem Dienste des HErrn und seiner Gemeinde aufopferte.

Die tiefbetrübte Wittwe begab sich nun bald mit ihrem Sohne nach Deutschland und zuerst nach Barby, [63] wo sich die Aeltestenconferenz damals aufhielt, und wo mein lieber Mann sich mit großer Liebe an seine dort anwesenden Verwandten, besonders auch an seine kleine Cousine, die 5jährige Marie von Watteville anschloß - ein liebes frühbegnadigtes und noch in diesem Jahre heimgesuchtes Kind. Den Tag vor ihrem letzten Erkranken spielten Beide wie gewöhnlich zusammen, und mitten unter ihren Spielen fragte Eins das Andere: "Hast du den Heiland lieb?" welches denn auch beide mit "Ja" beantworteten, sich darauf aufs Angesicht legten und viel und mancherlei zum Heilande beteten.

In diesem kindlichen Umgang mit dem Heiland blieb er auch noch mehrere Jahre in der Knabenanstalt zu Niesky, wohin ihn seine Mutter, welche indeß zum Wohnen nach Herrnhut gezogen war, im December 1777 zur Erziehung abgab. Er war ein ungemein lebhaftes, munteres Kind, welches sich bei vielerlei kindischen Unarten, durch sein aufrechte und gerades Wesen immer wieder ins Rechte fand und viele Liebe genoß. Im Jahre 1784 wurde er durch den Heimgang seiner lieben Mutter tief betrübt und das Gefühl, als vater= und mutterlose Waise wie verlassen im Leben zu stehen, drückte den 12jährigen Knaben fast zu Boden. Da that sich ihm durch des HErrn Gnade, ein zweites Vaterhaus auf, und in der zärtlichsten Liebe seines Onkels und seiner Tante von Watteville fand er den reichsten Ersatz der göttlichen, auf dieses Ihm anvertraute Kind ganz besonders gerichteten Güte.

Den 9. Januar 1785 wurde er ins Knabenchor aufgenommen und trat ins Pädagogium, und mit demselben zog er zu Michaelis 1789 nach Barby, von da im April 1791 nach Niesky ins Seminarium, und zu Ostern 1792 begab er sich auf die Universität nach Wittenberg. Nach beendigten Studien hielt er sich abwechselnd in Ost=Preußen bei und in der Nähe ihn seines väterlich liebenden Onkels des Grafen Alexander Dohna von Condehen auf, um die Landwirthschaft praktisch zu erlernen, sowie später in Berlin, wo er als Forstrath arbeitete.

Im Jahre 1800 verheiratete er sich mit dem Fräulein Mariane von Schönberg, welche nach dem frühen Verlust ihrer Aeltern von ihrer Großmutter, der verwitteten Gräfin von [64] Hoym in Hermsdorf bei Dresden erzogen worden war, und bewirtschaftete, nach dem Wunsche dieser ehrwürdigen Matrone, in ihrem Namen das Gut, wo er täglicher Zeuge des vielfachen Segens wurde, der durch Gebet und Treue und einen n u r auf den HErrn gerichteten Sinn, gleich einem stillgänzenden Lichte, sich verbreitete.

Von diesem Zeitpunkte an begann ein neuer Abschnitt seines innern Lebens, und ganz besonders durch den frühen, schon am 8. Septbr. 1805 erfolgten Heimgang seiner geliebten, hochbegnadigten Frau, welche wenige Tage nach der Geburt eines todten Knaben im freudigen, fast jubelnden Glauben an die versöhnende Kraft des Blutes Jesu Christi sanft entschlief. Kurz zuvor rief sie ihren mann noch zu sich: "Komm mir ja nach!" sagte sie zu ihm, "und bleibe bei der Großmutter" - sowie die ehrwürdige Großmutter bat: "Behalten sie meinen Mann lieb!" Dieses Vermächtniß ist buchstäblich in Erfüllung gegangen, und die Liebe, welche die Großmutter vollständig und mit allen Kindesrechten auf ihn übertrug, sowie hauptsächlich der unausgesetzte Zug der göttlichen Gnade, welche sich in seinem Herzensgang deutlich verfolgen ließ, zeugen davon.

Im November 1806 trat er zum zweiten Male in die Ehe mit mir, seiner nunmehrigen Wittwe [Anmerkung: geborne Gräfin Stollberg Wernigeroda.], welche fortan Mitgenossin seiner Freuden und Trübsale werden durfte, sowie des vielfachen, unaussprechlichen Segens, der auf den näheren Verbindungen dieser gottseligen Familie ruhte. Zwar nahm der Heiland schon im Jahre 1807 unsre geliebte Tante von Watteville zu sich, deren wahrhaft mütterliche Liebe zu meinem lieben Mann ihre gegenseitigen Herzen auf das Innigste verbunden hatte und deren Verlust ihm eine tiefe Wunde schlug - in den folgenden Jahren auch die theuere Großmutter, welche als eine wahre Hanna mit 88 Jahren nimmer vom Tempel kam und Gott diente Tag und Nacht - und 1811 seinen väterlichen Oheim und Freund, den Baron Fr. R. von Watteville, dessen Andenken als ein bleibender segen unter uns fortwaltete - aber Er sorgte auch dafür, daß es an neuen Anfassungsmitteln von Seiten Seiner Kinder dennoch nie fehlen durfte.

[65] Von den Jahren 1809-1813 an wurde mein lieber Mann bei den Durchmärschen und Verpflegungen fremder Truppen vielfältig gebrauchte und machte dabei Erfahrungen der göttlichen Durchhülfe und Bewahrung, die seinen Mund bis zum Ende seines Lebens in Lob und Dank übergehen ließen. Besonders war dieß in dem schweren Kriegsjahre der Fall, wo er 3 Mal von feindlichen Truppen gefangen weggeführt, und noch außerdem bei Tag und Nacht jeglicher Willkühr ausgesetzt war. Aber der HErr hatte seinem Engel befohlen über ihm, daß er seinen Fuß auch nicht an einen Stein stoßen durfte, und alle diese Erfahrungen wurden nur ein neues Band zwischen ihm und seinem HErrn, das sich fester und fester zog und immermehr zu einem ununterbrochenen Freundes=Umgange sich gestaltete, aus welchem er Kraft und Freudigkeit sich entnahm, die immer drückender werdenden Verhältnisse seiner Lage zu ertragen.

Im Jahre 1823 verkaufte er sein liebes Hermsdorf an Herrn Ernst von Heynitz, den er väterlich liebte und ehrte, und in dessen Eigenschaften er den Stellvertreter seiner bisherigen Bemühungen vertrauensvoll anerkannte, und im Sommer 1824 zogen wir hierher nach Herrnhut, behielten auch abwechselnd mit Gnadenberg und Mörnau, unsern Hauptaufenthalt in dieser lieben Gemeinde, die meinem Manne vorzugsweise am Herzen lag, und in deren Mitte er, bei mancherlei schweren Erfahrungen, immer stiller in sich selbst, immer dankbarer für jegliche oft wundervolle Durchhülfe seines HErrn, dem er A l l e s und n i e zuviel zutraute, immer mehr zum Sabbath bereitet, dem Abend seines Lebens entgegenging. Es erquickte sein ganzes Herz, sich wieder als ein Mitglied einer Gemeinde zu sehen, deren Werth er zwar nie gering, aber im Jünglings= und ersten Mannesalter dennoch nicht gehörig geachtet hatte. Jetzt wurde sie ihm täglich wichtiger und kostbarer und bei dem immer tiefern Eindringen in ihren Geist erkannte er oft mit Staunen, was der HErr dieser kleinen Abtheilung seiner großen Kirche für eine Gnade anvertraut habe. Desto inniger wurde nun aber auch sein Flehen zum Heiland, daß er eine neue Geistes= und Feuertaufe über dieselbe ausgießen und ein Jedes ihrer Glieder mit brennender Liebe zu ihrem Haupte durchdringen wolle.

Wie konnte er sich so innig, ja bis zu [66] Thränen erfreuen, wen er dieselbe gewahr wurde, und alle eigne Last kam ihm in der That dagegen vor, wie ein leichtes Federchen. Er beschäftigte sich vorzüglich gern mit Allem, was Bezug auf die Ausbreitung des Reiches Gottes hatte, und seine Sehnsucht, die Zeit herbeikommen zu sehen, wo sich alle Kinder Gottes in Einem vereinigen und ihre verschiedenen Ansichten und Meinungen Ihm zu Füßen legen würden, war oft sehr groß. [Anmerkung: Dieß kann natürlich nicht von solchen ansichten und Meinungen gelten, in denen der HErr durch den k l a r e n Buchstaben seines Wortes schon entschieden hat; denn dann würde es eine strafbare Gleichgültigkeit gegen die Wahrheit selbst voraussetzen und ihm nicht wohlgefallen; auch kein Segen daraus hervorgehen können. 2. Cor. 6, 14 etc. Eine Union in der Liebe ohne Wahrheit ist eben so sehr zu verwerfen, als eine Union in der Wahrheit ohne Liebe. Wahrheit in Liebe, liebe in Wahrheit. Eph. 4, 15. Der Verf.(asser) (15: Lasset uns aber rechtschaffen sein in der Liebe und wachsen in allen Stücken an dem, der das Haupt ist, Christus. Lutherbibel 1912)


Magnus Adolph Blüher: David Samuel Rollers, weiland Pastors zu Lausa bei Dresden, Leben und Wirken. Justus Naumann, Dresden 1852, S. 148f:

Seine Liebe zum Worte Gottes und der darauf gegründeten Lehre unserer Kirche zeigte er endlich noch durch seine Theilnahme an all den Anstalten und Vereinen, welche die [149] der wahren Erkenntniß Gottes und Jesu Christi zum Zwecke haben, namentlich an der Sache der Bibelgesellschaft und Missionsgesellschaft. Er war nicht nur bei der Stiftung der Bibelgesellschaft in Dresden im Jahre 1815 und der Missionsgesellschaft im Jahre 1819 selbst zugegen, sondern gründete auch in seiner Gemeinde und der Umgebung einen der ersten Bibel= und Missionszweigvereine in Sachsen, von denen namentlich der erstere sich eines guten Fortganges erfreute, indem er nach dem Jahresberichte 1849 seit seinem Bestehen 2618 Bibeln vertheilt und 2250 Thaler und 14 Neugroschen eingenommen hatte. Er nahm stets bis auf das Jahr 1850 mit Ausnahme eines einzigen Jahres, in dem er krank war, an den Jahresfesten dieser Vereine Antheil und war mehrmals auch als Festprediger thätig. Er ließ auch einmal einen gedruckten Aufruf zur Theilnahme am Werke der Mission ergehen, der vielen Anklang fand, fing an ein Missionsblatt herauszugeben, das aber keinen Fortgang hatte und machte einst mit einem Freunde zu dem Zweck eine Reise ins Gebirge, um überall den Sinn für Mission anzuregen.

  1. Vgl. Magnus Adolph Blüher.