Benutzer:Methodios/Friedrich Schlegel/Lucinde (1799)/S. 2
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dem fruchtbaren mütterlichen Boden,
und es wird ſich manches liebevoll
daran hängen, was nur einem Kar-
gen überflüſſig ſcheinen kann.
- Aber was ſoll mein Geiſt ſeinem
Sohne geben, der gleich ihm ſo arm
an Poeſie iſt als reich an Liebe?
- Nur ein Wort, ein Bild zum Ab-
ſchiede: Nicht der königliche Adler
allein darf das Gekrächz der Raben
verachten; auch der Schwan iſt ſtolz,
und nimmt es nicht wahr. Ihn küm-
mert nichts, als daß der Glanz ſei-
ner weißen Fittiche rein bleibe. Er
ſinnt nur darauf, ſich an den Schooß
der Leda zu ſchmiegen, ohne ihn zu
verletzen; und alles was ſterblich iſt
an ihm, in Geſänge auszuhauchen.
https://www.deutschestextarchiv.de/book/view/schlegel_lucinde_1799?p=7