Benutzer:OlafRadicke/Kap.15

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§2[Bearbeiten]

Schlagworte: es ist genug für Alle da

Sagt nicht: wie sollten denn die Menschen sonst leben, und wie anders könnte die Welt bestehen? Ein gewöhnlicher, aber schwacher Einwurf! Denn es ist genug für Alle da, wenn nur Einige sich mit etwas Wenigerm begnügen wollten. Für ein wahrhaft christliches Leben sind wenige einfache und anständige Dinge hinreichend; aber die Sinnlichkeit, der Stolz und der Geiz verleiten die Menschen zu solchen Thorheiten. Denn, wenn sie ihre Gemüther mehr mit dem Reiche Gottes beschäftigten, so würden sie wenig an vergängliche Vergnügungen [295] denken, und ihnen auch nur wenig Zeit widmen.

§3[Bearbeiten]

Schlagworte: Schmuck

Hieraus folget unwidersprechlich, daß diejenigen Weiber, die sich mit Zörfen oder Haarflechten, Perlen, Silber, Gold, und köstlichkeiten oder prächtigen Kleidern schücken, so lange sie das thun, keine Anspruch auf Gottseligkeit machen können; indem der Apostel zu erkennen giebt, daß solcher Putz mit der christlichen Erhabenheit und Tugend nicht übereinstimmt, und folglich etwas Böses ist, das den Weibern, welche sich zur Gottseligkeit bekennen, nicht geziemet.

§4[Bearbeiten]

Schlagworte: wahre Christen

Hiernach könnt ihr euch nun prüfen, ihr Bewohner diesen Landes! die ihr glaubt, man thue euch Unrecht, wenn man euch nicht für wahre Christen halt. Untersuchet doch nur, in wiefern euer Leben und eure Gesinnungen mit diesen heiligen Vorschriften und Beispielen der Selbstverleugnung übereinstimmen. O! meine Freunde! Meine Seele trauert über euch!


§5[Bearbeiten]

Schlagworte: Christlicher Zeitvertreib

Die beste Erhohlung der Christen ist: Gutes thun. Alle ihre Gebräuche bezzielen Maßigkeit und irgend einen wohlthätigen Zweck, der sich mehr oder weniger mit jeder Handlung verbinden läßt.[17] Z. B. wenn Männer und Frauen ihre Berufsgeschäfte fleißig wahrnehrnen; religiösen Versammlungen beiwohnen; ihre gutgesinnten Nachbarn besuchen, um sich mit ihnen zu erbauen, und die bösartigen, um sie zu bessern. Wenn sie Sorgfalt auf die Erziehung ihrer Kinder verwenden; ihren Dienstboten mit guten Beispielen vorgehen; die Armen unterstützen; Kranke pflegen; Gefangene besuchen, zur Erleichterung ihrer unglücklichen Lage beitragen, und Ruhe und Frieden unter den Nachbarn zu befördern streben. Auch ist das mäßige Studium nützlicher und empfehlenswerther Künste und Wissenschaften, z. B. der Arithmetik, Geometrie, Mechanik, der Schiffahrtskunde, der Landwirtschaft, des Gartenbaues, der Arzneiwissenschaft, Naturkunde, U. dgl. ein angenehmea Vergnügen für das mannliche Geschlecht, so wie für das weibliche Spinnen, Nahen, Stricken, Weberei, Gartenkunst, Einmachen der Früchte und andere nützliche Hausarbeiten, sehr angenehme Beschäftigungen sind, welche sogar die vornehmsten und edelsten Matronen und jungen Personen unter den Heiden trieben, die sich ein Vergnügen daraus machen, Andern, die aus Armuth keine Dienstboten halten könnten, in ihren häuslichen Beschäftigungen zu helfen, um ihnen ihre notwendigen Arbeiten zu erleichtern. Das größte und wichtigste Vergnügen wahrer Christen bestehet aber darin, daß sie sich oft von allen weltlichen Gegenständen zurückziehen, um, in geheimen und stillen Betrachtungen über das göttliche Leben und himmlische Erbe, daß Naheseyn des Herrn zu genießen.


§6[Bearbeiten]

Schlagworte: Sünder kommen unweigerlich in die Hölle

Aber wie glauben sie denn die unendliche Ewigkeit zubringen zu wollen? Denn „wie der Baum fällt, so wird er liegen.“[19] O! daß die Menschen sich doch nicht selbst betrügen, und ihre unsterblichen Seelen mit dem angenehmen, aber falschen und verderblichen Träume täuschen wollten, daß eine gewaltsame und unwiderstehliche Macht sie in dem Augenblicke, wo Leid und Seele geschieden werden, verändern und bekehren werde! Nein! meine Freunde! „Was ihr säet, das werdet ihr auch ernten.“[20] Habt ihr Eitelkeit, Thorheit, sichtbare Freuden, vergänglichen Genuß ausgesäet, so werdet ihr nichts Besseres als Verderben, Kummer, und peinliche Angst ewiger Verzweiflung ernten können.