Zum Inhalt springen

Benutzer:Rosenzweig/Dillenius 2

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

noch die Theurung. Dinkelpreis 1 fl. 4 kr. Weinrechnung: Stuttgart 4 fl. 51 kr.

2 hlr., Cannstadt 4 fl. 40 kr., Lauffen 2 fl. 31 kr., Brackenheim 2 fl. 21 kr.

1514 war nach einem fehr kalten Winter (Cruf,) ein herrlich fruchtbares Jahr, darin Frucht, Wein nnd Alles auf's Beste gerathen. Dinkelpreis 1 fl. 32 kr. Weinrechnung: Stuttgart 2 fl. 42 kr., Marbach 2 fl. 34 kr., Bracken- heim 2 fl. 23 kr. 5 hlr.

Am 12. Januar d. J., Morgens 9 Uhr, fah man 3 Sonnen am Himmel (resp. 2 Nebenfonnen), deren jede mit der Figur eines blut- und feuerrothen Schwerts bezeichnet war. Die mittlere war größer als die 2 übrigen. Später fah mau auch

3 Monden. (Daß man dieß auf den bald darauf folgenden Bauernaufruhr deutete, war für jene Zeit fehr natürlich.)

1515 war ein kaltes und naffes Jahr; doch gab es eine feine Erndte und ist auch viel, aber faurer Wein gewachfen. Dinkelpreis 1 fl. 4 kr. Weinpreis: Stuttgart 3 fl. 17 tr. 1 hlr., Marbach 2 fl. 19 kr. 3 hlr., Lauffen 2 fl. 21 kr., Brackenheim 2 fl. 9 kr.

1516 find die Weinberge im Winter erfroren; daher weuig, aber doch guter Wein gewachfen. Früchte und andere Erdgewächfe geriethen wohl. Dinkelpreis 58 kr. Weinpreis: Stuttgart 2 fl. 51 kr., Lauffen 1 fl. 51 kr. 3 hlr., Brackenheim 1 fl. 43 kr. 3 hlr.

1517 waren die Früchte fehr dünn und eine geringe Erndte. Dinkelpreis 1 fl. 33 kr. Der Wrin hat im Blüheu Schaden genommen; daher wenig und ein mittelmäßiger Trunk gewachfen. Weinrechnung: Stuttgart 5 fl. 14 kr., Marbach 3 fl. 46 kr., Lauffen 6 fl. 32 kr. 2 hlr., Brackenheim 6 fl. 17 kr. Alter Wein kam auf 60—70 fl. Am Palmfonntag zu Calw und Tübingen starkes Erdbeben. Auch gab es in diefem Jahr heftige Sturmwinde, wovon zu Backnang einThurm, zu Hall 11 große Linden, im Rieß mehr als 100 Scheuern nnd Häufer niedergeriffen wurden. Viele Kranke. (31. Okt. Luther in Wittenberg, Reform.-Anfang.)

1518 war ein fruchtbar gutes, dürres Jahr, darin die Früchte wohl gerathen. Dinkelpreis 44 kr. Der Wein ist im Winter und Frühling erfroren, daher wenig, aber ein Ausbund gewachfen. Weinrechnung: Stuttgart 3 fl. 57 kr., Cannstadt

4 fl. 14 kr., Marbach 3 fl. 3 kr., Lauffen 2 fl. 53 kr., Brackenheim 2 fl. 45 kr.

1519 ist abermal Frucht, Wein, Obst und dergl, wohl gerathen. Dinkelpreis 56 kr. 4 hlr. Weinrechnung: Stuttgart 2 fl. 11 kr., Marbach 2 fl. 2 kr., Lauffen 1 fl. 27 kr., Brackenheim 1 fl. 18 kr. 4 hlr. Vieler Orten graffirende Pest. Jm ein- zigen Waiblingen starben 1300Menfchen- Ein Baumeister von Weinsberg, Hanns Schweiner, baute in diefem Jahr den Pfarrkirchenthurm in Heilbronn aus (Jäg.). 1507 Riß. 1513 Grundsteinlegung. 1519 Ausbau. Jntereffant ift die damalige Belohnung. Der Meister erhielt für den Riß und die Aufsicht über den Bau jährlich 6 fl., fodann im Sommer 30, im Winter 26 kr. täglich; ein Gefell im Sommer 26, im Winter 20 kr., ein Poliergehülfe 2 kr. weiter.

1520 war ein naßkaltes und unfruchtbares Jahr, darin zwar ziemlich Frucht, aber wenig und faurer Wein gewachfen. Dinkelpreis 49 kr. 2 hlr. Weinrechnung: Stuttgart 5 fl. 42 kr., Marbach und Lauffen 5 fl. 2 kr. 1 hlr. Die Seuche dauerte noch fort.

» ^. -i-

6) Stlldt und Burg unter östreichischer Herrschast.

1520—1534.

Seit im Jahre 1517 die ersten Strahlen der Resormation von Wittenberg ausgegangen, sielen ihr immer mehrere junge Theologen zu; darunter der aus der Geschichte der Resormation rühmlichst bekannte Theologe, Dr. Erhard Schyeps, ein geborener Heilbronner, welcher sick von der hohen Schule Heidelberg, wo er zuerst Jura studirte und erst später zur Theologie aus Bitten seiner Mutter überging, in seine Vaterstadt Heibronn zurückbegab und

1522 evangelischer Prediger in Weinsberg wurde, bis er von der ostreichischen Landesregierung vertrieben und von dem Freiherrn Dietrich von Gemmingen als evangel. Prediger in Guttenberg angestellt wurde. 1525 kam er in die sreie Reichsstadt Wimpsen, 2 Jahre später als Prediger nach Nassau-Weilburg. Von Marburg, wo er Prosessor der Theologie war, beries ihn Herzog Ulrich 1535 als General- Superintendent aller Kirchen des Herzogthums und Hospitalprediger nach Stuttgart, wo er das sogen. Unterland zu resormiren ansing. 1543 wurde er Prosessor der Theologie in Tübingen und Jnspeetor des theölog. Stists. Als Gegner des Jnterims legte er sein Amt nieder und starb in Jena 1558 als Prosessor der Theologie.

Sein Nachsolger war Johann Gailing v. Jlsseld, 1530—48, geflüchtet 1548 nach Löwenstein, f als Stadtpsarrer in Groß-Bottwar 1559.

Eine trübere Ostern- und Himmelsahrtswoche hat noch keine Stadt Württembergs gesehen, als Weinsberg im Jahre 1525, dem Jahre des großen Bauernkrieges*).

Der im Hegau und Allgäu ausgebrochene Ausstand hatte sich, weil Noth und Druck überall gleich waren, mit unbegreiflicher Schnelligkeit nach allen Seiten verbreitet. Vom Kloster Schönthal her, wo sich die einzelnen Hausen und Fähnlein in den »Hellen Hausen des Odenwaldes und (unteren) Neckarthales" vereiniget hatten, unter Anschluß der Ausständischen aus den Bisthümern Mainz und Würzburg, aus der Psalz und dem Rothenburgischen, zog dieser Helle Hausen durch's Hoheulohesche, angesührt von Georg Mezler, einem Wirth aus Ballenberg im Churmainzischen, der zum obersten Hauptmann erwählt worden war.

Florian Geyer von Geyersberg, welcher den Rittermantel abgelegt hatte und sreiwillig zu den Bauern getreten war, srüher in Diensten des schwäbischen Bundes, sührte einen eigenen, kriegerisch geübten Hausen, die sogenannte schwarze Schaar. Jäcklein Rohrbach, Wirth zu Böckingeu bei Heilbronn, zog ihnen mit deutsch- ordenschen und Neckarthalbauern zu.

Von Oehringen ging eine Abtheilung von 400 Mann zunächst nach dem Frauen- kloster Lichtenstern, das, weil der Convent geflohen war, geplündert wurde, und von da nach Löwenstein, um die dortigen beiden Grasen zum Eintritt in die »christliche Brüderschast" zu zwingen.

Der Helle Hausen zog in's Weinsberger Thal und verstärkte sich mit den Bauern der Dörser dieses Thals. Der Punkt, den er zunächst in's Auge saßte, war das deutschorden'sche Städtchen Neckarsulm.

An Weinsberg wurde (am 18. April) vorübergezogen, ohne es anzugreisen.

'1 Nach Zimmermanns allg. Gesch. des großen Bauernkriegs II.

Neckarsulm nahm die Bauern als Freunde aus, da die Deutschherrn hier sv verhaßt waren, als irgendwo; und das Heer der Bauern hatte sich theils im Städtchen einquartiert, theils lag es vor den Mauern aus den Wiesen umher.

Aus der Burg von Weinsberg saß als östreichischer Burg- und Ober- vogt Gras Ludwig Helsrich von Helsen sie in, ein junger Ritter von 27 Jahren, Liebling des Erzherzogs Ferdinand, seit 5 Jahren vermählt mit, einer natürlichen Tochter des vor 7 Jahren verstorbenen Kaisers Maximilian I., Margarethe, genannt von Edelsheim, Wittwe des Johannes von Hillen, gewesenen Forstmeisters der Herrschast Tyrol.

Schon im Februar d. J. war ihm vom Erzherzog Ferdinand, damaligen Regenten von Württemberg, die Aussicht und Versorgung aller Festungen Württembergs überkragen worden. Jm März d. J. bekam er als Oberst den Oberbesehl über 2000 Mann, mit denen er dem Herzog Ulrich, bei dessen damaligem Versuch, vom Hegau aus sein Land wieder zu erobern, den Weg verlegen und ihn in seinem Vorrücken verhindern sollte. Allein als der Herzog den 5. März Herrenberg zur Uebergabe nöthigte und der Gras von Tübingen aus vorrückte, um diese zu hintertreiben, wurde er von Ulrichs schweizerischen Söldnern so geschlagen, daß er auch Tübingen schnell verließ und sich nach Stuttgart zurückzog *).

Als der Helle Hausen in die Nähe von Weinsberg lam, ging der Gras die östreichische Regierung zu Stuttgart dringend um Verstärkung an **). Er wurde mit Dieterich von Weiler in die Rathsversammluug nach Stuttgart berusen. Man hatte beschlossen, dnrch Ludwig Späth von Hopsigheim und etliche Andere 1000 Knechte anwerben zu lassen und Ludwig von Helsenstein als Obersten über diese Knechte zu setzen, weil man höre, daß viele Leute einen Willen zu dem Grasen haben. Nehme man die Reisigen dazu, so werde Widerstand möglich, und wenn die Bauern diesen Ernst hören, werden sie sich, wie sie auch sonst schon gethan, wieder zurückziehen. Die Regimentsräthe hossten auch von Baden und Psalz eine reisige Hilse zu erhalten ^ welche Hossnung aber wegen der auch dort ausbrechenden Unruhen unersüllt blieb —; und um einstweilen, bis weiterer Beistand käme, dem Eindringen der Odenwälder Einhalt thun zu können, wurden dem Grasen von Helsenstein gegen 16 Ritter und 60 Reisige (Knechte) zugegeben, die mit ihm nach Weinsberg eilten. 12. April.

Kaum angekommen, schrieb er an die Regierung zurück: daß er mit seinen wenigen Leuten dem mit etwa 6000 Mann eindringenden Bauernhausen aus dem Odenwald und Hohenloheschen in die Länge nicht werde widerstehen können. »Wo mir, schloß er, mit Reisigen oder anderen Knechten nicht Hilse oder Zusatz kommt, so will ich meine Ehre hiemit verwahrt haben; wo einiger Nachtheil oder Schaden daraus ersolgen möchte, will ich daran unschuldig sein; wiewohl ich nichts destowemger, so lange mein Leben währt, alles das thun will, was einem srommen und redlichen Amtmann wohl ziemet.«

Zwei Tage später bat er, ihm doch die hessischen Pserde von Stund an herabzuschicken. Noch dringender schrieb er am Ostersamstag, den 15. April, man möchte doch schleunig die psälzischen Reiter schicken mit Geld, »damit nicht Nachtheil, Spott oder Schaden daraus ersolge***)."

  • ) Stemhoser, 4, 93 l. 938 «.
    • ) Nach Zimmermanns Bauernkrieg II. 284 sg. und Stuttg. Staatsarchiv. "*) Vgl. die VmwNuse, welche die nach der Katastrophe um Hülse angegangenen Bun. desräthe von Ulm dem —' vom Lande abwesenden — Erzherzog, der Regierung und der

Uebrigens hatten Gras Helsenstein und die anderen Ritter, schon als sie von Stuttgart nach Weinsberg hinabritten, alle Bauern, die ihnen unterwegs begegneten, ausgegrissen und erwürgt*).

Bei seiner Ankunft im Weinsberger Thal sand der Gras, daß bereits, mit Ausnahme von Oberstadt, alle Dörser des Amts dem Hellen Hausen zugesallen waren. Als die Bauern — am Charsreitag 14. April — von Lichtenstern nach Neckarsulm zogen, sorderten sie Weinsberg und die Ritter darin aus, in ihre christliche Brüderschast zu treten. Während der Gras mit ihnen unterhandelte, um Zeit zu gewinnen, bis die erwartete Hilse von Stuttgart käme, unterließ er es dennoch nicht, mit seinen Reitern »den ganzen Tag über ob den Bauern zu halten und ihnen Abbruch zu thun, so vkl ihm immer möglich-war**). Er that sich aus Weinsberg, siel hinten in den Hausen in den Nachtrab, erstach und beschädigte ihnen Biele, wodurch der Helle Hausen erzürnt und bewegt wurde***).

Zugleich kam Botschaft von der Donau, wie der Truchseß gegen die gesangenen Bauern blutig versahren, von der Hinrichtung Meister Jalob Wehes zu Laipheim, von dem Blutbad, das er die Donau hinaus unter ihren Brüdern angerichtet habe, von dem Blutdurst, den er überall gegen die Bauern zeige. Das Alles war Oel in's Feuer. Die Hauptleute der Bauern betrachteten ihre Sache als einen gerechten Krieg des Volkes gegen ihre Herren. Sie wollten aus dem Kriegssuß behandelt sein nach Kriegsrecht und Art. Weder der Truchseß, noch Gras Helsenstein, der während der Unterhandlungen ihre Brüder niederstach, achteten das Kriegsrecht gegen sie, die Bauern. Es schien nöthig, die Herren dazu zu zwingen, zu zwingen Hurch Repressalien, die zugleich eine Blutrache sür den srommen Wehe, sür die hingerichteten Hauptleute ihrer Brüder zu Laipheim und Langenau, sür die Hingeschlachteten von Wurzach, sür die soeben aus dem Zug durch's Weinsberger Thal während des Unterhandelns Erstochenen wäre.

Es war Berhängniß, daß Gras Helsenstein und Dieterich von Weiler, der Obervogt von Bottwar, der mit ihm in Weinsberg besehligte, diese Blutrache selbst aus sich herbeiziehen sollten.

Die Bauern, in zorniger Vewegung aus den grünen Wiesen vor Neckarsulm, schickten am Charsreitag Abends ein Schreiben nach Weinsberg, das an den Bürgermeister der Stadt und an den Obervogt Helsenstein gerichtet war; ohne Zweisel ein Ultimatum der Bauern. Der Gras hatte den Hintersaßen seines Amts in's Bauernlager die Drohung geschickt: wenn sie nicht heimzögen, so wolle er ihnen ihre Weiber und Kinder nachschicken uud ihre Dörser verbrennen. Hanns Koberer von Bretzseld ersuhr, daß der Gras solches dem Hauptmann der Weinsberger Fähnlein geschrieben; er kam zu den Bauern im Lager unter den Weiden, wie sie aßen und

Landschast über ihre unverantwortliche Nachlässigkeit und Langsamkeit, namentlich auch in Beziehung aus Weinsberg machen, Zimmermann B,Kr, II. 306,

') Bericht des Archivars Rüttel in der Helsenst. Chronik von Oabelkoser. Handschr. im Stuttg. Staatsarchiv. .

  • ') Eigenes Schreiben des Grasen an die Stuttg. Regierung.

"*) Thomas Zweisel. Mse. bei Bensen.

tranken und zeigte es ihnen an. Da schrieen die Bauern des Weinsberger Thals: man solle sie heimziehen lassen oder ihnen Frieden machen *).

Als der Gras von dem Angriss aus den Nachtrab des Vauernheeres nach Weinsberg zurückkam, schien es ihm, als sände er die Bürger in der Stadt eines Theils wankelmüthig; sie waren sehr erschrocken — ohne Zweisel, da sie die Stärke des vorbeiziehenden Heeres gesehen und von dessen Erbitterung über Helsensteins Angriss gehört hatten. — Das Vertrauen, das der Gras zu ihnen gehabt, entsiel ihm und er versah sich nichts Gutes mehr zu ihnen.

Er schrieb der Regierung zu Stuttgart: »er halte sür gewißlich, wäre er mit den Reisigen nicht hier, so wäre Alles umgesallen. Darum habe er heute (Samstag) mit ihnen gehandelt und es ihnen gleich aus einen Bündel gebunden und so sie wie- der von ihrem Vorhaben ihres Anschlusses an die Bauern abgewiesen."

Noch hosste er, der Helle Hausen werde Weinsberg ungestört lassen und ziehe schou gegen Wimpsen.

Jn's Lager der Bauern aber kamen zu gleicher Zeit eine trotzige, verächtliche Aulwort des Grasen aus ihr Ultimatum und eine Notschast einiger Weinsberger Bürger, die es mit den Bauern hielten. So gut der Gras die Thore der Stadt hütete, so gelang es doch eines Weibes List, hinauszukommen.

Wols Nagels Frau von Weinsberg stahl sich durch nach Neckarsulm zum Hausen, ging von Hütte zu Hütte und sagte: »Jörg Ry, der Bretzel Pickel, Melchior Becker und Bernhard Hellermann von Weinsberg habe sie zu ihnen geschickt, sie sollen kommen; sie wollen ihnen die Stadt austhun; sie sollen sie nicht in den Nöthen stecken lassen.

Dazn kam Semmelhanns von Neuenstein, ein Salzsührer, in's Lager nach Neckarsulm. Der war in der Weinsberger Burg gesangen gelegen nud ausgebrochen. Dieser zeigte dem Bauernrath, Dionys. Schmid von Schwabbach an: es liegen nicht mehr als 8 Mann oben im Schloß; die anderen Alle seien in der Stadt. Er wolle ihnen den Punkt zeigen, wo das Schloß leicht zu stürmen seie **).

Schmid und der Bauernrath Hanns Koberer von Bretzseld theilten diese Nachricht den Hauptleuten mit und machten den Vorschlag, 4or Weinsberg zu ziehen und es zu nehmen. Die Antwort des Grasen entrüstete den ganzen Hausen; »die Bauern aus dem Weinsberger Thal waren lustig, Stadt und Schloß zustürmen, damit sie nimmer srohnen dürsen« und der Helle Hausen erhob sich am Osterseste Morgens srüh — 16. April — Weinsberg zu »mit großer Furie«. Es ging über Binswangen und Erlenbach aus den der Burg gegenüberliegenden Schemelsberg.

Zu Neckarsulm war am Abend des Beschlusses ein Heilbronner Bürger, Einer von der Ehrbarkeit, im Bauernlager anwesend gewesen. Als dieser hörte, wie die Bauern beschlossen haben, Weinsberg- zu nehmen und dem Adel zu Leibe zu gehen, ließ er heimlich noch in der Nacht den Grasen durch eine» Wächter warnen. Auch durch einen Kundschaster wurde dem Grasen noch vor Tag gemeldet, daß die Bauern bereitsaus ihrem Lager ausgebrochen seien und es geheißen habe: sie wollen bei den Weinsbergern die Ostereier holen ***).

  • ) Urgicht des Dionysins Schmid v. Schwabbach,
    • ) Urgicht des Dionvs. Schmid.

°) Stiittg. Staatsarchiv.

Schon vor Tagesanbruch — 16. April, Ostersest — waren aus diese Nachrichten Ritter und Reisige gerüstet; ihre Pserde in den Stallungen gesattelt und gezäumt, und zur Verstärkung der geringen Besatzung des Schlosses wurden sogleich noch 5 Reisige auch dahin abgeschickt. Mehr konnte man nicht in's Schloß legen, obgleich des Grasen Gemahlin und Kind und Kostbarkeiten darin waren. Der Gras verachtete auch die Bauern zu sehr, als daß er es sür möglich gehalten hätte, daß sie ein so sestes Schloß erstürmen. Es galt ihm vornehmlich, die Stadt gegen den ersten Angriss zu vertheidigen; er tras die nothigen Anordnungen zu Vertheidigung ihrer Thore und der Wehren.

Hieraus versammelte er seine Ritter und Reisigen und die Bürgerschast aus dem Markte, wo er sie ermunterte, herzhast zu sein und ihr Bestes zu thun. Sie zeigten allen guten Willen und der Gras gab ihnen auch von seiner Seite die Zusicherung, da er sein Weib und Kind aus dem Schloß verlassen habe, wolle er auch bei ihnen in der Stadt ausharren und Alles sür sie thun. Es werde ihnen auch unsehlbar heute noch ein reisiger Zug zu Hilse kommen *).

Die Thore, Mauern und Wehren waren nach der Anordnung des Grasen bereits alle besetzt. Noch zeigten sich keine Bauern .. .

Die Zeit des Morgengottesdienstes, den der Psarrer abzukürzen ersucht ward, rückte heran. Mehrere Bürger und Reisige begaben sich in die Kirche, um das Sakrament zu empsangen. Auch der Gras und Dieterich v. Weiler waren zu Anhörung einer Messe darin.

Da wurde dem Grasen, noch ehe der Gottesdienst zu Ende ging, um 9 Uhr Morgens, in die Kirche gemeldet, die Bauern seien da; man sehe einzelne Bauern- gruppen aus dem Schemelsberg, denen größere Parthieen nachziehen. Der Thurm- wächter wollte sogleich Sturm schlagen; aber der Gras verbot ihm, Lärm zu machen, um die Einwohner nicht noch mehr zu beängstigen. Den Reisigen und Bürgern, die aus der Mauer zur Wehr gerüstet waren, sprach er zu, muthig und unerschrocken zu sein. Dietrich von Weiler und der Schultheiß Schnabel sorgten dasür, daß Weiber und Mägde ganze Hausen Steine, die von den Reisigen aus dem Pflaster ausgebrochen wurden, aus die Mauer trugen.

Vom Schemelsberg, aus welchem sich die Bauern in Schlachtordnung stellten, schickten sie 2 Herolde, an einem Hute kenntlich, den sie aus einer langen Stange trugen, zur Stadt hinab. Diese erschienen vor dem unteren Thore und sorderten die Stadt zur Uebergabe aus.

»Erössnet Schloß und Stadt dem hellen christlichen Hausen, riesen sie an die Mauer hinaus; wo nicht, so bitten wir um Gotteswillen, thut Weib und Kind hinaus; denn Beide, Schloß und Stadt werden den sreien Knechten zum Stürmen gegeben und es wird dann Niemand geschont werden."

Die innerhalb des Thors ausgestellten Bürger und Reisige wußten nicht, was sie den Abgeordneten antworten sollten. Sie schickten nach dem Grasen und er eilte sogleich selbst dem Unterthore zu. Aber ehe er kam, war (unglücklicher Weise) Dieterich von Weiler an's Thor gekommen.

Dieser, ein übermüthiger Rittersmann, glaubte nicht, daß die »Roßmucken", wie er die Bauern verächtlich nannte, einen ernstlichen Angriss wagen würden, wenn sie entschlossene Gegenwehr sänden. Er hielt es sür eine Schande, wenn ein Ritters-

') Stuttgarter Staatsarchiv,

mann mit solchen »Roßmuckeu" verhandeln wollte. Mit Kugeln sich mit ihnen zu besprechen, seie das einzige Würdige und Gescheidte. Aus seinen Besehl wurde von der Mauer und dem Thorhause herab aus die Gesandten der Bauern geseuert. Einer derselben stürzte schwer verwundet nieder, rasste sich aber blutend aus und lies mit dem Anderen, was sie konnten, dem Schemelsberg zu. Dietrich von Weiler sreute sich des Lausens — er glaubte aus der Bewegung aus dem Berge schließe!! zu dürsen, daß eine solche Energie den Bauern imponirt habe. »Lieben Freunde! ries er, sie kommen nicht; sie wollten uns nur also schröcken und meinen, wir hätten vom Hasen das Herz.«

Anders dachte der mit dem Grasen herbeigekommene Bürgermeister Pretzel. Er äußerte dem Grasen die Besorgniß, daß es den Bauern, wenn sie, was jetzt wahrscheinlich seie, mit aller Macht heranrücken, eben doch gelingen möchte, durch die Thore einzudringen. Man solle das untere Thor verterrassen und dazu aus dem nahen Spital Fässer und Mist schnell herbeischassen. Aber der Gras meinte: dadurch würde den psälzischen Reitern unter dem Marschall von Habern, die er stündlich erwarte, der Weg versperrt; weßhalb er es nicht zugab. Auch er glaubte nicht an den Ernst der Bauern*).

Während der Verhandlung, die sie von ihren Gesandten erwarteten, standen die Bauern in 3 Hausen ruhig, aber in Schlachtordnung; voran Florian Geyer mit der schwarzen Schaar; hinter ihm ein zweiter Hausen —; die größere Zahl hielt noch gegen Erlenbach und Binswangeu hin. Die Schüsse von der Mauer und dem Thorhaus, welche Einen der Gesandten blutig niederwarsen, waren das Signal.

Aus Einmal, bewegte sich Florian Geyer mit der schwarzen Schaar gegen den Burgberg; der Hausen hinter ihm eilte vor die Stadt hinab; der noch gegen Erlenbach stehende große Hausen kam im Sturmschritt nach. Die schwarze Hos- männin, eine alte Hexe aus Böckingen, sprach den Zaubersegen über die Bauern, daß die seindlichen Büchsen ihnen nicht schaden.

Während das Schloß angerannt wurde, ergoßen sich die Hausen um die Stadt und der erste Angriss geschah aus das untere Thor, welchem sich die Bauern vom Siechenhaus her in einem Hohlweg mit Leitern und Büchsen genähert hatten.

Die Bürger in der Stadt hielten sich wohl mit dem Grasen **). Bürger und Reisige wetteiserten aus der Mauer. Vom Schloß, wie von den Mauern und Wehren der Stadt wurde ein lebhastes Feuer aus den Schießlöchern unterhalten und, ein hestiges Steinwersen über die Mauern hinab, um die andringenden Bauernsähnlein abzuhalten. Doch wurden nur 3 Bauern von der Stadt aus erlegt, dagegen Viele mehr oder weniger verwundet, was die Wuth der Bauern noch mehr reizte. Sie schwuren den Weinsbergern Mord und Brand zu. Es war Jäcklein, der hier stürmte. Da gewahrte man plötzlich von der Stadt aus 2 Fahnen aus dem Schloß ausgesteckt. Es waren — Bauernsahnen ***), es waren die Siegeszeichen Florian GeYers und seiner schwarzen Schaar. Diese, meist Bauern der Rothenburger Landwehr, eingelernte Kriegsmänner, die schon mehr dabei gewesen, wo es galt, Mauern zu stürmen und zu brechen, waren mit denen vom Wnnsberger Thal.im Grünen vor das Schloß gezogen und hatten es in Kurzem erstiegen und erstürmt.

  • ) Stuttg. Staatsarchiv.
    • ) Seidler Mse. aus einer Handschrist des Truchseß in der Canzlei zu W«<s«gg.
    • ) Roth mit einer schwarzen Pslugschaar in der Mitte.

Schon waren auch am dreisachen unteren Thore der Stadt die 2 äußeren Thore von den Bauern eingehauen. Das und der Fall des Schlosses schlug den Muth der Bürger nieder. Es waren ohuedieß nicht alle Bürger von Ansang an in der Bertheidigung so eisrig gewesen, sondern nur »die Ehrbarkeit", nur die am unteren und oberen Thore. An der nördlichen Seite der Stadt, bei dem kleinen Thor an der Kirche, wo Dionysius Schmid von Schwabbach den Sturm anlies, wehrten sich die Bürger gar nicht. Hier arbeiteten die Freunde Jeicklins und Schmids, namentlich Adam Franz, Wendel Hosmann, Melchior Becker, Jörg Schneiderhänslein und Jörg Ry den Bauern in die Hände. Einer hieb innen am Psörtlein, Einer von außen, um es auszuhauen.

Jetzt, bei der surchtbar anschwellenden Gesahr, als die Sturmblöcke und Balken, die Hämmer und Aerte schon am letzten, innersten Thore des Unterthores schmetterten, entsank auch den ehrbaren, den ergebensten Bürgern der Wille des Widerstandes. Es war umsonst, daß Dietrich von Weiler noch immer in der Stadt herumritt und die Bürger und Reisigen, die zum Theil schon die Wehren verließen, zu unausgesetzter Gegenwehr ausries. Zugleich umringte den Grasen ein Hausen Weiber, welche schrieen und slehten, es doch nicht aus's Aeußerste kommen zu lassen, da ihnen bei längerer und doch nutzloser Gegenwehr mit Mord und Brand gedroht werde. Diese Drohung Jäckleins hatte surchtbaren Eindruck aus die Einwohner gemacht; und während die Ritter noch immer zum Widerstand riesen, beharrten die Bürger aus Ueber- gabe »gegen Sicherheit sür Leib und Leben«. Die Bürger entzweiten sich mit den Reitern und der gemeine Mann sing an, die Herren mit Gewalt von den Wehren und Mauern herabzuziehen. Dieß geschah namentlich gegen Hanns Dietrich von Westerstetten, der mit dem Hauptmann Heßlich und dem Amtsknecht von Bottwar die Mauer wieder erstiegen und gerade von dort einen Bauern erschossen hatte. Die Bürger drohten ihm mit dem Tode, wenn er nicht herabginge.

Der Gras sah nun selbst die Unmöglichkeit ein, sich zu halten. »Jhr habt euch wohl gehalten, ihr Weinsberger! und den Bauern genug gethan; das will ich euch vor Gott und der Welt bezeugen!" ries der Helseusteiner und gab es zu, daß Einer der Bürger, der Schwabhannes, mit d«m Hut aus einer Stange den Bauern über eine Zinne der Unterthors hinaus Friede zuries und das Anerbieten machte, ihnen, wenn sie Alles am Leben ließen, die Stadt- zu übergeben. Auch der Priester Franz und noch Mehrere schrieen: Friede! Friede! zu den Bauern hinaus. Diese aber schoßen dem Schwabhannes den Hut von der Stange herab und riesen hinaus: die' Bürger sollen beim Leben bleiben; die Reiter aber müssen Alle sterben. Gras Helsenstein stand daneben, als Schwabhannes wenigstens um eine Ausnahme sür den Grasen bat und mußte mit eigenen Ohren die Antwort hören: daß er sterben müsse, wenn er auch von Gold wäre.

Jetzt saßte der Gras, dem es zu grauen ansing, den Entschluß zur Flucht. Er wollte noch einmal die Bürger zu kurzem Widerstand ausmahnen, um während desselben zum oberen Thore auszubrechen. Er theilte diesen Entschluß etlichen Bürgern, die ihm vertraut waren, mit nnd bat sie, ihm und seinen Reitern zum Thore hinauszuhelsen. Aber auch hier sanden sie die Wehren und das Thorhaus meist von den Bürgern schon verlassen. Nur wenn die Bürger ihn von der Mauer aus krästig unterstützten, war es möglich, sich zum Thore hinaus durchzuschlagen; denn bereits war auch das obere Thor von den Bauern angerannt. »Wo sind meine srommen Bürger?« ries der Gras verzweiselnd. Aber sein Rus wurde übertäubt durch das Jammergeschrei der Weiber, die zu Erössnung des Thores bereits die Schlüssel in den Händen hatten und von dem Geschrei der Vürqer welche die Besatzung nicht entsliehen lassen wollten. Als sie die Ritter und Reisigen sich aus ihre, aus dem Markt bereit stehenden Pserde schwingen sahen, schrieen sie die es nicht mit den Bauern hielten, in der Angst vor den Stürmenden den Rittern . zu: «wollt ihr uns allein in der Brühe stecken lassen?" Andere schrieen unter Verwünschungen: »durch sie seie die Stadt in's Unglück gekommen; zum Entfliehen sei es jetzt keine Zeit."

Die Uhr war wirklich auch abgelausen; von 4 Seiten zumal ergoß sich der Strom der Bauern in die Stadt. Zuerst sprang das Psörtlein bei der Kirche aus- hier stürzte im Gedräng Dionysius Schmid und ein Schwarm, der vom Schloß herab kam, in die Stadt herein. Aus einer anderen Seite,' beim Spital, hals ein Spitalpsründner, Hans Mösling, «ein einsältiger Mensch,« einem Bauern ijber die Stadtmauer herein und diesem stiegen die Anderen nach. Mit wüthendem Mord, geschrei wälzte sich die Hauptmasse der Bauern durch das von ihnen vollends ein- > gehauene untere Stadtthor gerade in dem Augenblicke, als sich die Reisigen aus ihre Rosse geschwungen hatten. Man hörte das Geschrei an die Bürger: »geht in eure Häuser mit Weib und Kind, so soll Euch Nichts widersahren!"

Die Bürger slohen in ihre Wohnungen und schloßen Thüren und Läden. Jäck- leins Hause aber schrie nach dem Grasen und den Rittern, man müsse sie durch die Spieße jagen.

Während dessen drangen die Bauern auch vollends zum oberen Thore herein. Es bleibt nach den Zeugenaussagen ungewiß, ob sie es selbst sprengten, oder ob die Bürger es ihnen össneten.

Alle Ritter und Reisige suchten die höher gelegene Kirche und den Kirchhos zu erreichen, um sich hier noch ihres Lebens zu wehren, oder sich im Jnneren der Kirche zu retten. Auch der Gras flüchtete sich dahin. Ein Priester zeigte ihm und mehreren, Rittern eine Schneckenstiege in der Kirche, durch die sie aus den Kirchthunn kommen und sich vielleicht dort noch vor ihren Feinden retten möchten. Etwa 18 Ritter und Knechte slüchteten sich durch diese Schneckenstiege aus den Thurm.

Die Blutdürstigsten unter den Bauern waren die Böckinger (unter Jäcklein), die vom Weinsberger Thal und einige aus der Stadt, wovon 5 schon in Lichtenstern zu den Bauern gesallen, 3 derselben mit nach Weinsberg gekommen und bei Erstürmung der Stadt und des Schlosses thü'tig gewesen waren. Aus dem Schlosse hatte Einer von Oehringen 5 Reiter niedergestoßen. Clemens Pseisser von Weinsberg, der vom Schloß herabgekommen war, ries: «ich habe den Burgpsassen Wols erstochen; hatte ich den Claus Müller von Weinsberg, ich wollte ihn gleich erstechen."

Aus dem Kirchhos wurden Sebastian von Ow, Eberhard Sturmseder und Rudolph von Eltershosen ereilt; sie sielen sogleich unter den Streichen und Stößen der Bauern. Wen diese mit Wassen aus dem Platz sanden, der ward erstochen oder erschlagen. Selbst aus den Bürgern kamen während des Sturms und jetzt im Gedränge des ersten Hereinbruchs 18 um; in die 40 wurden verwundet. Die verschlossene Kirchthüre wurde ausgesprengt; alle Reisigen, die sich im Schiss der Kirche versteckt hatten, wurden erstochen. Einige hatten sich in die Grust verborgen; die Bauern erbrachen die Grust und erschlugen die Ausgesundenen. Nun entdeckten sie auch die Schneckenstiege. Ein wildes Freudengeschrei erscholl: »hier haben wir das ganze Nest beisammen; schlaget sie Alle todt!" Alle wollten sich zugleich hinausdrängen. Es konnte aber hin und her nur Einer um den Andern durchkommen und dadurch, daß sie in einem aus der Treppe erstochenen Reiter das Schwert stecken ließen, wurde der Zugang aus kurze Zeit von ihnen selbst gesperrt.

Jetzt gab Dietrich von Weiler alle Hoffnung aus. Er trat aus den Kranz des Thurmes und ries hinab aus den Kirchhos: sie wollen sich gesangen geben und 30,000 fl. zahlen, wenn man sie am Leben lasse. «Und wenn ihr uns, riesen die Bauern hinaus, auch eine Tonne Goldes geben wolltet, der Gras und alle Reiter müssen sterben.« »Rache, Rache sür das Blut unserer Brüder, sür die 7000 bei Wurzach Gesallenen!" schrieen Andere; und in demselben Augenblick sank Dietrich von Weiler rückwärts nieder. Ein Schuß von unten hatte ihn tödilich in den Hals getrossen. Und schon stachen auch die Schwerter derjenigen Bauern nach ihm, die jetzt den Thurmschnecken heraus gekommen waren. Dann warsen sie den noch Röchelnden über den Kranz aus den Kirchhos hinab.

Auch andere Ritter theilten sein Loos; darunter der Forstmeister Leonhard Schmelz. Matthias Ritter stürzte ihn und 2 Andere vom Thurm herab. Veckerhanns von Böckingen trat unter gräßlichen Flüchen aus dem Leichnam des Forstmeisters herum. Der junge Dieterich von Weiler, des Erschlagenen Sohn, erkauste von Beckerhanns sein Leben mit 8 Goldgulden; aber dieser schlug ihn dennoch, wie er sich wandte, von hinten mit der Büchse nieder.

Georg Mezler, der oberste Hauptmann der Bauern und Andreas Remy von Zimmern, ein anderer Ansührer, ritten herbei und gaben den Besehl, keinen Ritter und Reisigen mehr zu tödten, sondern Alle gesangen zu nehmen. So wurde Gras Helseustein mit den Anderen vom Thurme herab gesührt. Jm Durchsühren über den Kirchhos stieß ihn ein Bauer mit der Hellebarde in die rechte Seite; auch Georg von Kaltenthal würde am Kops verwundet. Die Gesangenen waren mit Stricken gebunden und wurden in die sesten Mauern- und Thorthürme gelegt, Helsenstein wahrscheinlich in den Thurm an unteren Thore, nahe dem nachmaligen Mordplatze. Alles, Sturm, Eroberung, Gesangenschast, war das Werk einer Stunde. Um 10 Uhr Morgens war Alles vorüber.

Da mehr gesattelte Pserde erbeutet wurden, als den Bauern Reiter in die Hände gesallen waren, so schloßen sie nicht unrichtig daraus, daß noch manche Reisige sich in bürgerlichen Häusern versteckt haben möchten. Unter Trommelschlag wurde sogleich bekannt gemacht, daß jeder Bürger sich in sein Haus begeben und bei Leib- und Lebensstrase die in den Häusern und Scheuern versteckt liegende Reisigen ausliesern sollte. Nur Wenigen gelang es, durch die Gutmüthigkeit ihrer Hauswirthe zu entkommen. Einer verbarg sich im Backosen und entrann daraus in Weiberkleidung. Ein junger Knecht Dietrichs von Weiler, Marx Hengstein, wurde von einigen Weibern im Heu versteckt und entkam wie der Vorige. Jörg Mezler von Jngelsingen, ein Fähndrich der Bauern, rettete einen Dritten, ihm Besreundeten, indem er ihn sür einen Koch ausgab.

Jetzt wollten die Bauern plündern. Da sie die Stadt mit Leib- und Lebens- gesahr haben erobern müssen, behaupteten Viele, so gehöre ihnen nun auch Grund und Boden von Weinsberg zu. Nicht ohne großes Murren des Hausens brachten es endlich die Hauptleute dahin, daß nur die Häuser der Geistlichen, des Kellers (Binder), des Schultheißen (Schnabel), des Stadtschreibers (Rößlin) und des Bürgermeisters (Prezel), die sich besonders thätig an die Ritter angeschlossen hatten, der Plünderung preisgegeben, die übrigen Bürgerhäuser verschont wurden. Für die Ver

schonung wurde den Bürgern zur Bedingung gemacht, die vielen Verwundeten sorglich zu pslegen und die Bauern mit Wein und Lebensmitteln zu versehen, so lange sie in Weinsberg lägen.

Auch in der Kirche und Saeristei wurden alle Truchen erbrochen, das Allmosen, die Monstranz, die Kirchengesässe genommen. Die Bauern waren mit ihren Gedanken so sehr nur beim Plündern, daß Wolsgang Schäser, der Schulmeister, ihnen unter dem Geschäst 2 Altarkelche wieder heimlich wegnehmen konnte. Jn der Stadt plünderten sie jedoch selbst in den preisgegebenen Häusern mit Rücksicht. Als sie ein Trüchlein mit Geld in einer Kammer sanden und Schäser, der Schulmeister, sagte: es gehöre armen Kindern zu Weinsberg, ließen sie es geschehen, daß « es davon brachte.

Jm Schlosse sanden sie die reichste Beute. Der Eine trug einen Becher davon ein schönes Silbergesäß, das dem Grasen gehörte; der Andere seidene Decken und seidene Gewande, Zinngeräth und Leinwand. Dionysins Schmid erbeutete allein bei 60 Gulden; Koberer so viel, daß er sagte: Lueas schriebe nicht davon. Es war ein solches Reißen und Zerren um die Kostbarkeiten, daß sie ost das Beste übersahen. So lag ein Futteral am Boden; es sah aus wie ein Lösselsutteral. Einer und der Andere hob es aus und wars es wieder weg. Zuletzt nahm es Einer und össnete es; »da stack es voller Ring und Ding«. Dionysins Schmid allein verkauste um 50 fl. Ringe und Kleinodien an einen Nürnberger Goldschmid, sein Bruder Caspar um 25 ff. Der reiche Weinvorrath des Schloßkellers wurde in's Lager geschafft. Beutemeister war Hanns Wittich von Jngelsingen; er vertheilte Früchte und Wein. So verging der Mittag und Abend mit Plündern, Veutevertheilen, mit Wohlsein im Essen und Trinken und dabei ging das alte Welsenschloß in Flammen aus.

Seitdem liegt es in Trümmern (s. unten Jahr 1553 und 1769). Wo war indessen Florian Geyer?

Jn der eroberten Stadt sinden wir ihn nicht, auch nicht bei der solgenden Blut- that. Er hatte im Bauernrathe den Grundsatz ausgestellt: man solle alle sester Häuser ausbrennen und ein Edelmann nicht mehr denn Eine Thüre haben wie ein Bauer. Die Anderen hatten gerade zuvor den Satz angenommen, daß alle Klöster abgethan, die Mönche hacken und reuten müssen, wie die Bauern. Florian meinte, wenn das Volk srei werden sollte, müsse der Adel wie die Psassen den Bauern gleich gemacht werden, daß nur Ein Stand wäre aus deutschem Boden, der Stand der Gemeinsreien. Darum drang er aus Zerstörung aller Herrensitze, der weltlichen'wie der geistlichen. Demzusolge hielt er sich wohl in der von ihm eroberten Burg mit deren Zerstörung aus. Anderer Ansicht war Wendel Hipler, welcher besonders aus den Oberhauptmann Jörg Mezler Einfluß übte. Dieser wollte den Adel in das Jnteresse der Bauern ziehen, ihn sür die bei der Besreinng des Volkes zu verlierende Rechte aus den säeularisirten geistlichen Gütern entschädigen und in den Bund mit den Bauern eintreten lassen. — (S. die unten solgende Ostermontagsberathung.) — Ties im Grunde seiner Seele wälzte Jäcklein Rohrbach andere Gedanken^ Er war der Mittelpunkt der Schreckensmänner im Bauernheere. Rache war ihre Losung; "dem Adel ein sonderbar Entsetzen und eine Furcht einzujagen« ihr nächstes Trachten*). Aus seinen Antrieb wurden schon V- Stunde nach der Erstürmung Weins-

») Urgicht des Dion. Schmid. Haarer aus späteren Geständnissen.

bergs*), während der größte Theil des Heeres plünderte, oder in den Wirths- häufern »zum Stärlen, zum Rößlen" :e. zechte, in der Mühle befchloffen, die Gefangenen alle zu erstechen.

Jäcklein war es, der die Gefangenen fogleich herausführte auf eine Wiefe beim Unterthor. Es waren Graf Lndwig v. Helfenstein, Obervogt zu Weinsberg; Hans Konrad Scheuk zu Winterftetten, Vogt zu Vaihingen und Maulbronn; Burkhard von Ehingen, Sohn des tapfern Rndolphs v.Ehingen; Konrad von Ehingen, deßgl.; Friedrich und Jörg Wolf von Neuhaufen; Haus Dietrich von Westerstetten, Vurgvogt zu Hohen-Neuffen; Philipp von Bernhaufen, Sohn des Vogts zu Göppingen, Jaeob v. B.; Hans Konrad Spät von Höpfigheim; Bleickhard von Riexingen und Weip- recht v. Riexingen; Rndolph von Hiruheim; Wolf Rauch von Winnenden und Hel- fenberg; Jörg von Kaltenthal, der Jüngere**).

Auch mehrere Knechte wurden mit ihnen herausgeführt, junge Reitersknaben — mit Stricken gebunden. Man führte sie in einen Ring, nm ihr Urtheil zu hören.

Es war eine alte Strafe, durch die Spieße zu jagen; eine Strafe jedoch, die nur wider diejenige angewendet wurde, welche wider Ehre gehandelt hatten und welche auch dann nur bei Knechten im Brauche war. Diefe Todesart wurde den Gefangenen angekündigt, »dem Adel zu Schand und Spott > als ob sie wider Ehre gehandelt hätten" ***).

Da kam die Gräfin von Helfenstein, welche gefangen von der Burg herabgeführt worden war. Sie trug ihr zweijähriges Söhnlein Maximilian auf den Armen; ihr Frauenzimmer folgte ihr. Sie warf fich vor Jäcklein und den Anderen auf die Kniee, hielt ihnen ihr Kind entgegen und bat flehentlich, dem Kleinen den Vater, ihr den Gatten zu laffen. Aber alle Macht ihrer Thränen, ihrer Schönheit, ihres Unglücks rührte die Harten nicht. Jahrelange unmenfchliche Behandlung hatte Viele zu Unmenfchen gemacht. Sie stießen die jammernd zu ihren Füßen liegende Kaiferstochter zurück und Einer ftach mit feinem Spieß »das kleine Herrlein" auf ihrem Arm auf die Brust. Helfenftein felbst bot für fein Leben allein eine Löfungsfumme von 30,000 fl. »Und gäbft du uns 2 Tonnen Golds, antworteten sie, fo müßtest du doch fterben». Die Rache lechzte nach Blut.

Auf Jäckleins Befehl bildete sich von Bauern eine Gaffe, welche Hans Winter aus dem Odenwalde eommandirte. Wilmerhans von Neckargartach fchlug die Trommel, wie es bei Hinrichtungen der Art alter Brauch war. Die Bauern in der Gaffe streckten ihre Spieße vor und der Erfte, der unter Trommelfchall in die Gaffe gejagt

  • ) Stuttg. Staatsarchiv Bundesaeten ?»«c!, 99. >>., wornach Zimmermann in feiner Vorrede p. IX. berichtiget, daß die Hinrichtung nicht erst am folgenden Ostermontag gefchehen feie, wie er im Tert nach andern gleichzeitigen Berichten erzählt hatte.
    • ) »Selb 14. vom Adel durch die Spieß gejagt.« Schreiben der Stadt Heilbronn an den fchwäb. Bund. »Da sie den Grafen und 13 Edle mit ihm durch die Spieß gejagt Hätten." Bericht des Augenzeugen. - Not, 2 von Gemmingen, welche Zimmermann hier nennt, kommen bei Erusius nicht vor. Dagegen berichtet Z. felbst von 2 Söhnen des Ru- dolph v. Ehingen, Thl. III. p. 746. Und ebenfo finden sich 2 von Rieringen in der O.A.Befchreibung v. Vaihingen ?. 213.

Köhler nennt mit Erusius u. Andd. noch einen Götz von Verlingen , Rndolph von Otten- hofen, Felir Eigen von Eigenhofer, fowie die 2 Schmelz, ««n. und^in., (Schmelz, f. oben p. NN), Bezo von Göppingen, Johann Maul, Paul Star und des Grafen Reutknecht Pleyberger.

"*) Nielas Thoman Handfchrift.

wurde, in die Spieße der Bauern, war Hans, ein Knecht des Konrad Schenk von Winterstetten. Er wurde sogleich niedergestochen. Der Zweite, an den die Reihe kam, war sei» Herr.

Der Dritte, der zum Eintritt in die Gasse eommandirt wurde, war Gras Ludwig von Helsenstein. Jakob Leutz, ein zu Rom geweihter Priester, bei dem Ausbruch des Ausstandes Psarrverweser zu Winzenhoseri, ietzr tzck^Hn 'dn V.Y^N'K> hörte ihn beichten und empsing von ihm seinen Rosenkranz, 'den er fortan selbst am Arme trug *). Urban Metzger von Waldbach und Claus Schmids Sohn von Rappach sührten den Grasen in ihrer Mitte heraus an die Gasse. Es sollte ihm doppelt bitter werden. Melchior Nonnenmacher, ein Pseiser von Jlsseld, der die Zinke blies, war srüher jn seiner Gunst gestanden und mehrtheils zur Taselmusik bei ihm zu Tisch gesessen**). Diesen aus seinem Dienst entlassenen Nonnenmacher sah der Gras jetzt vor sich aus seinem letzten Gang. Der trat vor ihn, wie sie ihn daher sührten, nahm ihm Hut und Feder vom Kops mit den Worten: «das hast Du nun lange genug gehabt; ich will auch einmal ein Gras sein,« und setzte ihn sich selbst aus. Und weiter sagte er: »habe ich Dir lange genug zu Tanz und Tasel gepsissen, so will ich Dir jetzt erst den rechten Tanz pseisen." Damit schritt er vor ihm her und blies lustig die Zinke bis an die Gasse. Urban Mezger von Waldbach stieß ihn gegen die Spieße. Beim dritten Schritte schon stürzte der Gras unter vielen aus ihn hineinstechenden Spießen zu Boden.

Jhm solgte sein Knappe Plevberger und sein Hansnarr ***); dann nach einander kamen die Ritter daran, und wie Einer in die Gasse trat, hörte man Zuruse wie: «Du bist mir über den Saamen geritten; Du hast mir das Schwerdt über den Kops geschlagen; Du hast mir dieß und das gethan." Die jungen Reiterknaben wurden mit Spießen in die Höhe gehoben und so ermordet.

Noch der Leichnam des gesallenen Grasen wurde verhöhnt und mißhandelt. Melchior Nonnenmacher nahm das Schmalz von ihm und schmierte seinen Spieß damit f). Die schwarze Hosmännin stach mit ihrem Messer in seinen Bauch und schmierte sich mit dem herauslausenden Fette die Schuhe. Man sah Einen, der Haut und Haar eines ErmordeKn aus einem Spieß herumtrug.

Andreas Remy von Zimmern steckte die Helmsedern des Grasen aus seinen Hut; Jäcklein Rohrbach legte den Koller und die damastene Schauppen des Grasen sich selbst an, trat damit vor die unglückliche Gräsin und sprach: »Frau, wie gesall' ich Euch jetzt, in der damastenen Schauppe?" Die Gräsin vergieng vor Schrecken und Betrübuiß, »ls sie den Mörder ihres trauten Herrn in dessen Wassenkleidung vor sich sah -f-s-). Den Panzer legte Jäcklein wieder ab und schenkte ihn an Haus Seckler von Neuenstein. Rohe raubgierige Hände nahmen der Gräsin ihr Geschmeide und ihre Kleider und zersetzten ihr noch den Rock, den sie am Leibe hatte. Hieraus setzte man sie aus einen Mistwagen mit ihrem Kind und ihrem Frauenzimmer und schickte sie nach Heilbronn. Spottend riesen sie zu ihr hinaus: «in einem goldenen Wagen bist Du nach Weinsberg eingesahren; in einem Mistwagen sährst Du hinaus". Sie aber dachte der eben verflossenen Leidenswoche des Herrn und sprach: «ich habe viele Sünden. Christus mein Herr ist auch am Palmtag unter dem Jubel des Volks

  • ) Wurde in Neckarsulm gesangen und enthauptet. Z. IN. S. 829. 29, Mai.
    • ) Seidler Handschr. ***) Hosmann Handschr. -f) Seidler Hondschr. ff) Hans Lutz Hanbschr.

Dttlenius, Weiiwberg. 8

eingezogen und bald daraus hat er Spott und Kreuz leiden müssen, nicht um seiner, sondern um Anderer Sünden willen; der tröste mich!« So suhr die edle Dulderin von dannen, ihr verwundetes Kind in den Armen, das noch in späteren Jahren die Narbe behielt; und sie that ein Gelübde, wenn Gott diesem ihrem Sohne aushelse, so wolle sie ihn Gott opsern und er müsse geistlich werden *).

Jn jungen Jahren Wittwe von 2 geliebten Männern, begab sie sich nach Lüttich, wo ihr Bruder Georg von Oestreich Bischos war und starb dort nach 12 Jahren; ihr Sohn trat, wie sie gelobt hatte, in den geistlichen Stand.

Die Mittagssonne des Ostersestes (des 16. April) beleuchtete die Vollendung des blutigen Drama's**). Jäcklein und seine nächste Umgebung sührten die grause Seene sür sich aus; der Hauptmann Mezler (s. oben) war, nicht dabei, wohl aber Remy von Zimmern (s. oben); nur eine kleinere Zahl der Bauern halte Theil daran. Neun Zehntheile des Bauernheeres ersuhren erst, als Alles längst vorüber war, etwas von der Blutrache, welche Jäcklein und Andere mit ihm an den Rittern genommen hatten***).

Die Hauptleute und Räthe hielten hieraus am Ostermontage eine Sitzung. Was darin verhandelt, wie Jäckleins That von Allen ausgenommen wurde, darüber ist Nichts überliesert. Nur Eines ist Thatsache: von diesem Augenblicke an wird Florian Geyers Name nicht mehr im Bauernrathe genannt und er trennt sich mit seiner schwarzen Schaar von dem Hellen Hausen.

Das war die eine und wohl die schlimmste Frucht, die aus der Blutsaat Iäckleins ausging. Denn mit Florian verlor der Helle Hausen seine militärische Jntelligenz, mit seiner schwarzen Schaar seine besten Kriegsleute.

Auch darüber beriethen sich die Hauptleute und Räthe in dieser Sitzung: ob sie (Sötz von Berlichingen zu einem obersten Hauptmann annehmen wollten? »weil — nach der Urgicht des Dion. Schmid — Götz mit ihnen zu Schönthal geredet: »er vermöge die Edelleute zu ihnen zu bringen.» Es scheint, daß die Mißbilligung gegen Jäckleins Blutthat die Oberhand behielt und daß sie eilen wollten, zwischen ihrer Sache und der des Adels einen Anknüpsungspunkt zu suchen. Merkwürdig ist, daß auch Jäcklein sich gleich daraus von den Odenwäldern trennt und nach einer entgegengesetzten Seite sich wendet.

Der churpsälzische Marschall von Habern, welcher dem Grasen von Helsenstein aus dessen schristliches Ersuchen von Mosbach her mit 20 Reitern zu Hülse zog, kam

  • ) Gabettoser Handschr. Kerler l34.
  • ') Die Nachricht hieven kam noch am nämlichen Nachmittag (16. Avr,) nach Bottwar und wurde eo6, l6. Apr, vom dort. Untervogt nach Stuttgart berichtet.
      • ) Urgicht des Peter Danheim von Burgau. »Als man den von Weiler vom Kirchturm herabgeworseu, sei er dabei gewesen; beim Spießjagen sei er nicht gewesen; kau» der zehnte Mann habe darum gewußt." Ulmer Aet. in Schmids Sammlg.

Hauptquelle sür das oben Erzählte ist das Zeugenverhör, das aus Austrag der östrei- chischen Regierung Eberhard von Karpsen und Johann Kingpach mit den wenigen dem Tod entronnenen Knechten und einigen anderen sür unbesangen erklärten Zeugen, zusammen mit 2l Personen, nach abgelegten Zeugeneiden über den ganzen Vorgang vornahmen. Diese Untersuchungsakten besinden sich im Stuttgarter Staatsarchiv, dabei ein tresslicher, aus denselben gearbeiteter Aussatz von Reg.Rath Günzler in Mse. Vergl. Jnst. Kerner, die Zerstörung Weinsbergz, aus handschristlichen Überlieserungen.

mit denfelben bis auf den Schemelsberg, fah aber von diefem herab, daß er zu fpät kam und die Stadt bereits in den Händen der Bauern war. Auf feinem Rückzug nach Mosbach ftieß er auf einen Trupp von 60 Bauern, die mit einem Kriegswagen dem Lager zuzogen. Er verrannte ihnen den Weg, siel mit feinen Reisigen in fie und erstach die Meisten, während er nur etliche Pferde verlor. Der Helle Haufen aber drohte, als er's hörte, auf den Namen des Marfchalls anfpielend: »wir wollen den Haber ausdrefchen, und follte darüber das Heidelberger Schloß zu Grunde gehen."

Wo die Gebeine der Ermordeten begraben wurden, ist nicht zu erheben.

Noch am Ostermontag fah Flux von Heilbronn, der den Bauern Brod hinausführte, mit Entfetzen die Leichname der Erfchlagenen am Wege liegen. Z. III. 480.

Von Weinsberg aus zog der Helle Haufen am Osterdienftag (18. April) unter Georg Mezler, Jacklein u. A. — mit Zurücklaffung einer Befatzung unter Wagenhanns von Lehren als Hauptmann*) vor die freie Reichsstadt Heilbronn, um sich von dort aus nach Franken zurückzuwenden.

Schon zu Anfang des Monats Mai zog das Rachegewitter in der Perfon des Georg Truchfeß von Waldburg, Oberfeldherrn des fchwäbifchen Bundes — gewöhnlich auch der Bauernjörg genannt — das Württemberger Land herab. Es ereilte zuerst nach der blutigen, unglücklichen Schlacht bei Sindelfingen (12. Mai) den zu Sindelfingen in einem Taubenfchlag versteckt gefundenen Melchior Nonnenmacher, den Pfeifer von Jlsfeld, welcher bei der Weinsberger Blutthat den Grafen von Helfenstein mit der Zinke bis vor die Gaffe begleitet hatte. Der Truchfeß, der ihn wohl kannte, ließ ihn im Lager unweit Maichingen mit einer eifernen Kette an einen Apfelbaum binden, fo daß er 2 Schritte weit um denfelben laufen konnte, befahl gut Holz herbei zu bringen und daffelbe 1'/« Klafter vom Baum herumzulegen. Er felbft, Graf Ulrich von Helfenstein, Graf Friedrich von Fürstenberg, Herr Frowen von Hutten, Dietrich Spät und die anderen Ritter trugen Jeder ein großes Scheit herzu**); dann wurde es angezündet. Es war Nacht; weithin über's Feld zerstreut ftanden und lagen verlaffene Wagen und Karren, Gefchütze, Zelte, Waffen; zwifchen hinein lagen die Todten still, röchelten die Sterbenden und Verwundeten. Jm weiten Lager lärmte das Zechgelag der Sieger. Um den gefeffelten Pfeiffer im Ring frohlockten die Edlen und der Holzstoß fchlug in Flammen auf, in deffen Feuerkreis der Unglückliche, den Herren zum Gelächter, immer fchneller und fchneller umlief, »fein langfam gebraten". Lange lebte er, fchwitzend und brüllend vor Qualen. Bilder des Entfetzens, weiß wie Stein, standen die andern Gefangenen umher. Endlich fchwieg er und fank zufammen.

Das zweite Opfer war noch unterwegs der aus der Schlacht von Sindelfingen entronnene, bei Hohenasberg vom dortigen Vogt gefangene und dem Truchfeß bei feinem Vorüberzug ausgelieferte Jäcklein Rohrbach. Auch er wurde, wie der Pfeifer, im Lager zwifchen Neckargartach und Fürfeld am 20. Mai an eine Felbe mit eiferner Kette gebunden und mit Feuer umlegt, daß auch er langfam bratend den gräßlichen Todtentanz in dem Feuerkreis um den Baum tanzen mußte unter Trommeln und Pfeifenfchall. Kinder auf den Achfeln der Kriegsknechte fahen zu

»

  • ) Zimmermann III. 490,

") Zimmermann III. nach Hans Lutz, Holzwart u, d. Augenzeugen. Alle 3 fagen ausdrücklich, daß der Truchfeß felbst und die Ritter Holz herzugetragen.

und umher standen die Edeln, bis er, nicht mehr er selbst, keine Gestalt mehr, zusammensank *).

Wendel Hipler, welcher damals in Heilbronn lag, war aus die Kunde von der Niederlage bei Sindelsingen nach Weinsberg geeilt, wo er ein Feldlager zum Sammelplatz sür die Trümmer des württembergischen Hausens errichten wollte. Er selbst eilte von da nach Würzburg, um die dortigen Brüder zur Hülse herbeizurusen**).

Aber die kaum 2000 Mann starke Schaar, welche er aus dem Schemelsberg und in Weinsberg zurückgelassen, hatte sich vor dem großen Bundesheer eiligst nach Franken zu zurückgezogen, oder sich in die Wälder verlausen. Hunderte von Familien aus Weinsberg oder dem Weinsberger Thal waren, aus die Kunde vom Anzug der Bündischen von Stuttgart her, meist nach Heilbronn, theils nach anderen Orten mit Allem, was sie slüchten konnten, geslohen.

Am Tag nach Jäckleins Feuertod — den 21. Mai — Sonntag vor Himmelsahrt — nachThomann und Holzwart — besahl der Truchseß dem Trautskircher, einem baierischen Edelmann, während von» Lager aus gegen 4—5000 Mann zu Roß, und z"u Fuß in's Weinsberger Thal zogen, die Stadt Weinsberg mit allem Gut darin zu verbrennen und die Weiber und Kinder, die noch darin wären, mit Gewalt herauszuschleppen.

Der Trautskircher erschien vor der Stadt. Er sand Nichts als Weiber, Kinder und Greise darin. Diese ließ er verwarnen, herauszugehen; auch das Saerament ließ er heraustragen. Einen alten Mann, der nicht heraus wollte und 2 Kindbet- terinnen schleppten die Knechte mit Gewalt heraus. Dann wurde das Städtchen an 3 Enden angezündet »und sind da etliche Weiber verbrannt, die aus die Warnung nicht haben von ihrem Gut gehen wollen" ***). Vom Vieh und allem Geruch durfte weder ein Kriegsknecht, noch Eines der Ausgetriebenen das Geringste nehmen. »Und wenn sie voller Nobel gewesen wäre, die Stadt und alles Gut darin war zum Feuer verurtheilt." f). Fürchterlich war das Gebrüll des verbrennenden Viehs und das Geheul der unschuldigen Alten, der Weiber und Kinder, die ihre Wiegen und ihre letzte Habe vor ihren Augen verbrennen sehen mußten. Weithin hörte man es und in der Ferne leuchteten 5 umliegende brennende Dörser: Erlenbach, Binswangen, Gellmersbach, Sülzbach, Ellhosen — welche wie andere im Thal und wie Weinsberg vom Boden weggebrannt wurden. Der Himmel über dem Weinsberger Thal war in jener gräßlichen Nacht Ein Feuermeer. Zehn Häuslein waren nach dem Erlöschen der Flammen von der unglücklichen Stadt allein noch unverbrannt zu sehen. Auch die schöne alte Kirche ward ausgebrannt -j^) und das ältere Archiv der Stadt ging in den Flammen zu Grunde.

Die Brandstätte, so lautete der Spruch der östreichischen Regentschast, sollte dem Adel zur Genugthuung aus ewige Zeiten wüste liegen und die Stadt nie wieder

  • ) Holzwart, Hbschr. übereinstimmend mit dem Bericht des Augenzeugen. Hans Lutz Hbschr.

") Zimmermann III. ?. 8ll sg.

      • ) Hans Lutz, der als Herold dabei war. f) Ebenderselbe. ,

ff) Mit Thurm und Glocken. Der später restaurirte Thurm bekam keinen Kranz mehr, wie der srühere — s, oben, und die älteste Glocke ist von 1652, nach dem 30jäh- rigen Kriege.

ausgebaut, und alle Freiheiten und Nutzungen aus den Gütern derer zu Wemsberg dem Kammergute überantwortet werden.

Von den 4 Heilbronner Dörsern, welche TheN an dem Anhand genommen verlangte Ferdinand, ostreichischer Regent von Württemberg, Schadenersatz wegen Ver- brennung des Schlosses Weinsberg, Plünderung der Kästen, Keller u. s. w. an Geld 500 sl. und hilsreiche Hand zu Abbrechung der Mauern und Gräben von Weinsbera sowie zu Wiederausbauung des Schlosses. 10. Sept. 1526. Nach langen Vergleichsverhandlungen bequemten sich die 4 Dörser zu 6 in Weinsberg Frohnbienst leistenden Bauern und zu Bezahlung von 200 sl. an das Kloster Lichtenstern lio n an Maulbronn und 500 sl an die Regierung Stuttgart (Jäger, Heilbronn II. p. 51 ) Mit Verzweiflung ringend lagen die zurückkehrenden Einwohner nun in Wäldern und Feldern.

Vergebens slehten sie lange Zeit die östreichische Regentschast an, sie doch nickt ungehört so schwer zu verdammen, sondern mit Ruhe untersuchen zu lassen ob und wie sie schuldig seien. »Es könnten Königl. Majestät — so lauten die Worte einer alten Eingabe — Gott wohl unsere Unschuld ersahren und wo das nicht genuasam kann Christoph von Hasperg, unser Dberamtmann, der gleich nach Vollendung der bäurischen Unruh aus das Ampt kommen, aus den viel gesangenen Personen erkundigen, wie, was und welcher Gestalt wir uns gehalten, ob wir schuldig oder nit seyen. Bitten um Gottes Barmherzigkeit willen, uns nicht ununtersucht also zu verdammen."

Endlich kamen 2 Commissarien, Eberhard von Karpsen und der Lieentiat Kö- nigsbach. *)

»Darauf denn auch 14 der obersten und sürnehmsten unserer Mitbürger gesänglich eingenommen, peinlich gesragt und hart gemartert wurden, aber nit anders, denn unschuldig besunden," erzählen sie in einer späteren Eingabe an Herzog Ulrich. »Auch zu Neuenstadt, Marbach und Schorndors hat man Mitbürger von uns mit harter Tortur ersragt; abrr Nichts wurde gegen Uns ersunden. Demuack, auch diese endlich, ohne alle Angabe zu machen, theils mit gebrochenen Leibern ledig gelassen wurden.

Auch durch das gegen die Heilbronner Untergebenen, welche der Weinsberger Mordgeschichtebeigewohnt, vorgenommeneZeugenverhör-Protokoll*^) wurde zwar alsun- läugbar erhoben, daß zwar 5 Bürger von Weinsberg einige Tage zuvor den Bauern in das Kloster zu Lichtenstern zugelossen und 3 derselben mit ihnen nach Weinsberg gekommen und beim Stürmen derselben mit Hand angelegt; auch daß der »einsältige" Spitalpsründner, Hans Möslin, einem Bauern beim Spital über die Mauer hereingeholsen. Aber es wurde auch allgemein bestättiget, daß jene elende Ueberläuser, die mit den Bauern abgezogen und sick indessen flüchtig gemacht hatten, von jeher in schlechtem Ruse gestanden. Daß wahrend des Stürmens aus die Reisigen geschossen und mit Steinen geworsen worden, war nicht zu erweisen. Dagegen wurde von allen Zeugen versichert, daß an Ermordung der Ritter und Reisigen keinWeins- berger Bürger Theil genommen, vielmehr bestättiget, daß sich die Bürgerschast

') Just. Kerner, die Bestürmung von Weinsberg, 1848. p. 22. 13 Weinsberger wnr- den nach den Proeeßaeten mit dem Schwerdt gerichtet; den Flüchtlingen ihr Vermögen eoussiseirt,

") Hondschr. Aust, des Reg.Raths Oünzler aus archiv, Urkimden, Vgl. v. Martens Kriegsgesch. Beil. XXI. zu S. 2 lg.

bei den Anordnungen des Grasen durchaus bereitwillig gezeigt, die Obrigkeit auch bei den Vertheidigungsanstalten den größten Eiser bewiesen und der Gras selbst während des Stürmens seine Zusriedenheit bezeugt habe. Nur den obenberührten Zurus des Grasen, aus welchen sich die Weinsberger zu ihrer Entschuldigung beriesen, wollte Keiner der Zeugen selbst gehört haben. Uebrigens meldeten sämmtliche Zeugen, daß die Bürgerschast, so bereitwillig sie sich auch vor dem Anmarsch der Bauern gezeigt, bei der großen Ueberlegenheit des Feindes und der nutzlosen Gegenwehr durch die Drohung der Bauern ganz entmuthigt worden seie und man die Ritter und Reisigen deß- wegen nicht mehr zum oberen Thor hinausgelassen habe, weil sich die Bürger nur um so mehr der größten Wuth der Bauern ausgesetzt haben würden.

Jn einer anderen Eingabe sagen die unglücklichen Weinsberger: »wir konnten mit Gott und dem Grasen seeliger beweisen, daß wir zu der jämmerlichen Handlung, so sie an dem Grasen und denen vom Adel begangen, weder Rath noch Hülse gethan und uns als sromme Biederleute gehalten. Wie auch gemeldt unser gnädiger Gras noch zuletzt beim Friedesschreien zu uns gesagt: wir hätten uns wohl gehalten und den Bauern genug gethan :e. Doch wollen wir hievon ausgeschlossen haben etlich bös unartig Buben, deren unseres Wissens über 8 nicht sind, die unbedacht vor dem Sturm zu den Bauern gesallen. Aber nichts destoweniger sind wir arme Unschuldige leider mit den Schuldigen verbrannt und verderbt; also daß unsere arme Weiber und kleine Kinder wie das Vieh jämmerlich unter sreiem Himmel liegen, weder Scheuern noch Häuser haben und wir auch nicht die edeln Früchte, die der Allmächtige aus dem Felde uns verliehen hat, unterbringen und beheimsen können." *)

Aber das harte Urtheil gegen die Stadt Weinsberg, daß sie aus ewig vertilgt bleiben solle, war nun einmal gesällt und selbst nach dem obgedachten Zeugenverhöre, wodurch man den Erzherzog aus mildere Gesinnungen zu bringen hoffte, blieb noch mehrere Monate alles Flehen und Bitten, sich aus dem verheerten Brand- platz wieder ansiedeln und neue Wohnungen erbauen zu dürsen, völlig sruchtlos, bis ihnen endlich unterm 17. Nov. 1525, aber unter den schwersten Bedingungen, gegen eine von ihnen ausgestellte Urphede oder Abschreibung gestattet wurde, aus der verwüsteten Stätte sich wenigstens wieder ein Dors Weinsberg erbauen zu dürsen. Die von den Städten Stuttgart und Tübingen urkundlich gesiegelte, aus Pergament ausgesertigte Original-Verschreibung und Urvhede der Weinsberger vom 17. Nov. (im Stuttg. Archiv) enthält die harten Bedingungen, denen sich dieselbe sür die erhaltene Erlaubuiß unterziehen**).

Alle jährlichen Gesälle und sonstiges Einkommen, so bisher der Stadt Weinsberg und in derselbigen gemeinen Seckel gedient, sollte von nun an dem Regenten und dessen Kammer gereicht werden. Alle Bürger von Weinsberg sollten aller und jeder Aemter zu tragen und zu versehen untauglich sein, ausgenommen die unschuldig ersundenen Keller Binder, Stadtschultheiß Schnabel und Stadtschreiber Rößlin, so wie diejenige, welche zur Zeit der Unthat nicht allda wohnhast gewesen, sondern erst nach derselben dahin zogen waren, oder noch ziehen werden. Alle Freiheiten und Stadtrechte, die sie vor dieser Zeit gehabt, sollen ihnen entzogen und genommen sein, also daß sürderhin Weinsberg ein Dors seie, also geheissen und gehalten und nit anders verwart — dazu die Zwinger, Gräben, so bisher um die Stadt gegangen,

  • ) Kern« im oben anges. Schriftchen p. 20. *') Günzler im obenber. archival. Austatz,

eingezogen, die Zwingelmauern niedergeworsen, auch die Porten, Thurm und Stadtmauer gegen den Porten gänzlich zerrissen und sonst in die rechte Stadtmauer an den Orten, wo die Häuser nit daraus gebaut, große Löcher gebrochen und in Ewigkeit nit mehr erbauet noch gemacht werden. Doch sollen zu dem obgemeldten Abbrechen die Einwohner des Amts Weinsberg mit Frohnsuhren und dergleichen Dienstbarkeit behelsen und solicher Sachen helsen zu vollziehen verbunden sein. Es soll auch kein Rath mehr, sondern allein ein bürgerlich Gericht durch die Einwohner von Weinsberg gehalten und was sich peinliche Sachen hier zutragen und begeben, nit zu Weinsberg, sondern anderer Orten, dahin die Regierung sie bescheiden, gerechtsertiget werden. Da sich aber einige bürgerliche Sachen in Weinsberg verlossen, sollen dieselbige anderer Orten von den Weinsbergern nicht, dann vor dem Flecken Weinsberg unter sreiem Himmel und aus dem Platz, da die mörderliche Thnt an denen vom Adel begangen, es sei Winter oder Sommer, Regen oder Schnee, und gar nit anderer Orten gerechtsertigt werden. Alle Wehr und Harnisch sollten dem Oberamtmann überantwortet werden und hinsühro Keiner mehr, ausser Degen und lange Messer eine Wehr haben noch tragen.

Und zu ewiger Gedächtnuß sollen die von Weinsberg alle Jahr aus den heil. Ostertag mit Ausgang der Sonne allgemeinlich, alt und jung, reich und arm, Mann, Frauen und diejenige, so zu dem hochwürdigen Saerament gangen, Niemand davon ausgenommen, vor dem Flecken Weinsberg aus oben angezeigtem Platz der Entleibung, ein Nnn und 10 Messen lassen durch die Priesterschast halten, auch daselbst sür 3 sl. Brod armen Leuten geben, sür der Entleibten und Abgestorbenen Seelen mit innerlicher Andacht Gott den Allmächtigen bitten, davon damit jährliche Gedächtnis; halten, und also aus solchem Platz bis zu dem Mittag ungesährlich verharren.

Endlich soll aus dem Platz und Malstatt besagter jämmerlicher That von den Einwohnern eine Ca pelle erbaut und dabei ein großes steinernes Kreuz errichtet, in der Kapelle aber eine Tasel angebracht werden, daran mit vergoldeten großen Buchstaben Herkommenheit und Gestalt solcher erbärmlichen und erschrecklichen Handlung in der Form und Verzeichn:s, so ihnen von Fürstl. Durchlaucht oder deren Regiment zugestellt werde, angezeigt werde *). Sollten die von Weinsberg, in dem Allem oder zum Theil nachlässig erscheinen, und das Vorstehende nit halten, so sollen sie sürstl. Durchlaucht sür Stras unnachlässig all und' jeder ihrer Hab und Güter, liegend und sahrend, versallen seyn, das verwirkt haben und in alleweg zu Sr. Fürstl. Durchlaucht Stras, Gnad und Ungnaden stehen.

Notgedrungen unterschrieben die Weinsberger diese Urphede, gaben aber.nachher wiederholte Vorstellungen ein, in denen sie die Härte der Bedingungen und ihren Jammer sehr beweglich — jedoch vergeblich darstellten. Vergebens baten sie 7 Jahre später: «ihnen nur wenigstens zu erlauben, daß sie ihre Thore bei der, besonders durch die Wiedertäuser so unruhigen Zeit wieder einhängen dürsen. Werde es ruhiger, so wollen sie sie wieder getreulich aushängen". Die östreichische Regierung blieb taub gegen alles Bitten und Flehen, und die armen Weinsberger lebten in ihren wiederausgebauten Hütten, bei gebrochenen Thürmen und Mauern, 9 Jahre lang, ihres städtischen Einkommens beraubt, als Geächtete.

Die Güter und sämmtliches Vermögen derjenigen Bewohner von Stadt und Amt, welche an dem Bauernausruhr mehr oder weniger Theil genommen, wurden

  • ) Capelle und Tasel sind verschwunden - wahrscheinlich im 30jährigen Krieg.

mit Consiseation belegt. Der verwittweten Gräsin von Helsenstein sollten hievon 500 fl., ihrem unmündigen Sohne, Marimilian, 4000 sl. als Sühnopser zukommen. Hieran wurde Dionysins Schmid, der alte Schultheiß zu Schwabbach, allein mit 1018 sl. belegt. Bei dem gänzlichen Mangel an Güterkäusern konnte jedoch durch die Beamten sür die Helsensteinische Familie kaum etwas über die Hälste in jährlichen Zielern bis zum Jahr 1534 beigetrieben werden, in welchem Jahre sodaun Herzog Ulrich, der indessen wieder in den Besitz seines Landes kam, die sernere Aus- bezahlung des Rests einstellte, weil er die Ueberzeugung erhalten hatte, daß bei d« vormals ausgesprochenen Vermögenseonsiskation nur summarisch gehandelt und mancher Unschuldige damit belegt worden seie.

Ueber das Schicksal der bei der Weinsberger Blutthat wirklich Betheiligten haben wir hier noch Folgendes einzuschalten. Ein großer Theil des Weinsberger Hausens, deren Auslieserung der Truchseß vor dem Uebersall bei Böblingen verlangt hatte, ward in und nach der Schlacht bei Sindelsingen ereilt und niedergemacht. Unter den Entronnenen war Nonnenmacher und der Haupturheber der Blutthat, Jäcklein, welche der Truchseß nach dem oben Erzählten den surchtbaren Feuertod sterben ließ. Georg Mezler und Wendel Hipler, welch Letzterer beim Anzug des Truchseß von Heilbronn nach Weinsberg und von da um Hülse nach Würzburg geeilt war, entrannen aus der großen Niederlage bei Königshosen durch die Schnelligkeit ihrer jungen Rappen. Mezler, dessen Haus zu Ballenberg vom Truchseß ver» brannt wurde, verschwand spurlos, seit er von Königshosen entritt. Hipler irrte lange verstellt und verkleidet umher, wollte aus den Reichstag zu Speier, 1526, um seine Sache gegen die Grasen von Hohenlohe zu sühren, wurde unterwegs niedergeworsen und starb in demselben Jahre während der Untersuchung im psalzgräslichen Gesängniß zu Neustadt. Jakob Leutz, der Feldschreiber und Priester, der den Helsensteiner vor seinem blutigen Tode Beichte gehört hatte, wurde vom Truchseß in Neckarsulm gesangen und mitdem Schwerdte gerichtet. Semmelhans, der Salzsührer von Neuenstein, der das Schloß von Weinsberg verrathen hatte, wurde bei Thann gesangen und zu Hall enthauptet, 23. Juni; mit ihm ein Sensenschmid von Hall, der den Bauern Flinten nach Oehringen gebracht und mit ihnen den Zug vor Weinsberg gemacht hatte. Ein Bauer, der damit prahlte, den von Weiler vom Kirchthurm herabgestürzt zu haben, wurde von Wolsgang von Vellberg, Weilers Verwandten, aus seinen Burgthurm von Vellberg geschleppt und von demselben in den tiesen Schloßgraben herabgestürzt *).

Florian Geyer, welcher aus Franken zum Gaildorser Hausen zog, wurde zwischen Vellberg und Limpurg, unweit Hall, von seinem eigenen Schwager, Wilhelm von Grumbach, übersallen, den 9. Juni, und sank mannhast sechtend, und alle die Seinen mit ihm, in hossnungslosem Kampse. Der Tod im Felde rettete diesen »schönsten Helden im ganzen Kampse" vor dem Schaffote.

Ein neuer Hossnungsstrahl ging dem armen Weinsberg aus im Jahr 1534, in demselben Monat Mai, in welchem es vor 9 Jahren von dem rachsüchtigen Truchseß — der übrigens am Psingstmontag 1531 als Statthalter Ferdinands in Stuttgart starb — verbrannt worden war. Der vertriebene Herzog Ulrich rückte an der Seite des Landgrasen Philipp von Hessen, während Kaiser Karl V. in Spanien, König Ferdinand von den Türken bedrängt war, mit einem starken Heere vom Odenwalde

  • ) Crusins II. 2l4.

aus an die Gränze seines Stammlandes und sorderte den 10. Mai 1534 von Neckar- sulm aus die Aemter Neuenstadt und Weinsberg aus, sich ihrem alten, rechtmäßigen Regenten zu ergeben. Zaghast, der noch schmerzenden Rache eingedenk, nach »um Gottes Barmherzigkeit willen" erbetener eintägiger Bedenkzeit, huldigte Weinsberg durch eigene Gesandte am 12. Mai in Neckarsulm dem alten Landesherrn und legte ihm dabei seine Klagen über das erduldete Unrecht an's Herz. Jn Gegenwart des edlen Landgrasen und Vieler vom Adel und vom Volk gab ihnen Ulrich da sein sürstliches Wort: »ich setze Euch ein in Eure alten Rechte, daß Jhr- Euer Stadtwesen von nun an wieder haltet, wie zuvor, auch wieder Thürme und Thore erbauet; und ist Euch darüber Bries und Siegel auszustellen, mein gnädiger Wille."

Es war dieß am Tage vor der siegreichen Schlacht beiLaussen, 13. Mai 1534, welche über das Schicksal Württembergs entschied und den Herzog kurz daraus durch den Cadaner Vertrag — 29. Juni 1534 — in den Besitz seines ganzen Landes setzte. So kehrte auch Weinsberg unter würltembergische Herrschaft zurück.

' 5 *

Naturereignisse, Witterung u. s. s. aus der 14jährigen ostreichischen Periode.

Jahr 1521—1534.

1521 war wieder ein herrlich sruchtbares Jahr an Wein, Obst, Frucht und Allem. Dnckelpreis 43 kr. Weinrechnuug: Stuttgart 3 sl. 20 kr., Marbach 2 sl. 15 kr., Laussen 3 fl. 48 kr., Brackenheim 2 sl. '17 kr.

(April, Luther vor dem Reichstag zu Worms.)

1522 ein gut und sruchtbar Jahr; doch sind um Georgii die Weinberge vom Reisen ersroren, daher gar wenig, aber doch guter Wein gewachsen. Weinrechnung: Stuttgart 4 fl. 45 kr., Marbach 4 fl. 5 kr., Laussen 3 sl. 48 kr., Bracken- heim 3 fl. 56 kr. Dinkelpreis 57 kr.

1523 abermals ein köstlich und gutes Jahr; viel Frucht und Wein. Beide gut. Dinkelpreis 45 kr. per Schessel. Weinrechnung: Stuttgart 3 fl. 29 kr. 4 hlr., Marbach 2 sl. 32 kr. 3 hlr., Laussen 2 fl. 21 kr., ebenso Brackeuheim. Am 6. Dez. Nordlicht.

1524 war ein nasser Sommer. An Psingsten Eis. Bose Blüthe von Frucht und Wein. Beides ging nahe zusammen. Wein sauer. Dinkelpreis 56 kr. Weinrechnung: Stuttgart 5 fl., Marbach 4 sl. 39 kr., Brackenheim 4 fl. 27 kr. Große Gewässer mit Stürmen (Crus.).

1525 war ein mittelmäßig Jahr; ziemlich gute Erndte; das Rebwerk aber um Georgii ersroren. Daher wenig, doch ein guter Trunk gewachsen. Dinfelpreis 1 fl. 8 kr. Weinrechnung: Stuttgart 4 sl., Marbach 2 fl. 54 kr., Lauffen 2 st. 24 tr., Brackenheim 2 fl. 45 kr. 3 hlr.

1526 ist Frucht und Wein übel gerathen. Die Früchte waren so dick mit Gras, daß gar wenig Frucht in die Garben gekommen. Der Wein hatte übel geblüht, deßwegen wenig und saurer gewachsen. Dinkelpreis 1 fl. 2 kr. 2 hlr. Weinrechnung: Stuttgart 4 fl. 45 kr., Marbach 4 fl, 21 kr., Laussen 3 fl. 48 kr., Brackenheim 4 fl. Erscheinen eines Kometen mit gekrümmtem Schweise (Vanotti in W. J.B).

1527 abermals ein ungeschlachtes Jahr. Die Früchte sehr dünn; schlechte Erndte. Rebwerk im Frühling — und auch im Herbst vom Reisen ersroren. Daher wurde der Most so sauer, daß man ihn nicht trinken konnte. Gleichwohl Weinrechnung: Stuttgart 4 fl. 17 kr., Marbach 3 fl. 46 kr., Lauffen 3 fl. 45 kr., Bracken- heim 3 fl. 44 kr. Dinkelpreis 1 fl. 9 kr.

1528 find die Früchte abermals übel gerathen. Den ganzen April über war es noch immer hart gefroren, welcher Frost die Frucht ausgezogen, daß sie taub geworden. Es siel eine 7jährige Theurung ein. 1 Scheffel Dinkel wurde auf 4 fl, taxirt. Weinrechnung: Stuttgart 2 fl. 29 kr. bei ziemlich gutem Herbst und aus- bündigem Wein, Marbach 1 fl. 33 kr., Brackenheim 1 fl. 22 kr.

1529 wieder ein unfruchtbares Jahr. Jm Säen fo dürr, daß der Samen nicht aufgehen konnte und vieles von den Mäufen gefreffen wurde. Dünne Frucht und fchlechte Erndte. Schlechte Rebenblüthe. Wein gar fauer und »der Wiedertäufer", auch Türkenwein genannt. Weinrechnung: Stuttgart 2 fl. 22 kr., Marbach

2 fl. 2 kr., Lauffen 1 fl. 9 kr. 3 hlr., Brackenheim 1 fl. 49 kr. 3 hlr. Dinkelpreis 4 fl. 56 kr. 2 hlr.

Viele und große Waffergüffe, fo daß der Neckar zu Eßlingen, Cannstadt, Lauffen, Brücken und Häufer eingeriffen.

Um diefe Zeit nahm der fogen. englifche Schweiß, eine Krankheit, die aus den Niederlanden gekommen, und der 7jährige Hunger feinen Anfang. Die von dem Schweiß Befallenen starben, wenn sie das Gift nicht ausfchwitzten, innerhalb 12 Stunden. Es griff die Leute nebft einem großen Schweiß mit Gähnen und Nießen an, daher der Wunfch entstanden: hekfe Dir Gott!

Auch eine andere Seuche regierte, die Schlaffucht, an der die Leute innerhalb 24 Stunden starben, wenn man dem Schlaf nicht mit Rütteln, Hin- und Wiederlegen le. wehrte.

1530 um Walpurgitag Reifen, davon Wein und Roggen erfroren. Deßwegen wenig aber guterWein. Weinrechnung: Stuttgart 6 fl. 31 kr., Marbach 5fl.2kr., Brackenheim 4 fl. 51 kr. Theurung. Kernenpreis 1 Scheffel 5 fl. 12 kr. (Reichstag zu Augsburg.) Heftige Pest zu Stuttgart, Tübingen, Calw, Eßlingen «. Erfcheinen eines Kometen. 6. August bis 3. September (Cruf.).

1531 sind die Früchte genau zufammengegangen. Dinkelpreis 5 fl. 15 kr., Wein ziemlich wohl gerathen und gut geworden. Weinrechnung: Stuttgart

3 fl. 48 kr., Lauffen 2 fl. 32 kr., „Brackenheim 2 fl. 29 kr. Jm August Erfcheinen eines Kometen (Cruf.) nach Halley identifch mit dem von 1456 und 1607).

1532 ein klägliches Jahr wegen der Theurung und Ueberdrang der Königl. Soldaten, welche die Unterthanen mächtig quälten. Die Früchte waren überdieß nicht zu bekommen. Kernenpreis 6 fl. per Scheffel. Wein fauer. Weinrechnung:

4 fl. 20 kr., 2 fl. 53 kr. und 2 fl. 41 kr. Jm September diefes Jahrs erfchien wieder ein großer Komet, der 2 Monate lang stand und fogar den Tag über am Himmel sichtbar war (Cruf. n. Lyeost.).

1533 wieder ein unfruchtbar Jahr; wenig Frucht, fchlechter Wein, gar kein Obft. Kernenpreis 6 fl. 15 kr. Weinrechnung: Stuttgart 4 fl. 8 kr., Lauffen 2 fl. 42 kr., Brackenheim 2 fl. 17 kr. Jm Juli d. J. erfchien wieder ein großer Komet (Cruf.).

1534 singen die guten Jahre wieder an. Wein gut, aber wenig. Weinrechnung: 6 fl. 32 kr., Lauffen 5 fl. 2 kr., Brackenheim 5 fl. 10 kr. Kernenpreis 6 fl. per Scheffel.

i

e) Stadt Weinsberg wieder nnter württembergifcher Herrfchaft. 1534—1635.

Wiittt. Herzog Ulrich 1534-1550.

1534, 12. Mai. Hocherfreut durch Ulrichs fürstliche Zufage bauten nun die von Weinsberg ihre Mauern, Thore und Thürme wieder. Noch zu Anfang des gegenwärtigen Jahrhunderts fanden fich Spuren von diefen an der Stadtmauer stehenden, fpäter allmählig abgetragenen Thürmen; f. unten Oertlichkeit und Bauten. Aeltere Perfonen erinnern fich noch ihres Standorts und der innerhalb der Mauer auf fie hinauffuhrenden steinernen Staffeln. Die stattliche, theilweife, befonders in W., N. und O. noch betrachtlich hohe Ringmauer mit fichtbaren Spuren von Außeu- grähen kann noch jetzt um die ganze Stadt verfolgt werden. Auch ihre alten Rechte genoßen die Weinsberger 7 Jahre lang wieder, ohne jedoch die verfprochene fchriftliche Urkunde über ihre Wiedereinfetzung zu erhalten. Die Ausstellung diefer Urkunde war, wie Günzler im oben berührten archival. Auffatz fagt, »aus erheblichen politifchen Gründen" verzögert worden. Wohl möglich, daß Ulrichs finfterer Charakter auch feindfeligen Einflüsterungen und Gegenvorstellungen von Finanz- männern fein Ohr lieh, ungeachtet das kaum wieder erstandene Weinsberg Eine von den 10 Städteu war, welche für die Entfchadigung Philipps von Heffen mit 250,563 fl. (wegen feiner Beihülfe l534) als Bürgen eintraten*).

Jn diefe Zeit fällt auch die Reformation Weinsbergs, wo der im Auftrage Ulrichs das Unterland reformirende Dr. Erhard Schnepf fchon um's J. 1522 (f. oben) gelehrt hatte, und wo ein Schüler Luthers, Johann Gayling von Jlsfeld, vom J. 1530 bis zu feiner Vertreibung durch das fogen. Jnterim 1548 evangel. Prediger war.

Nachdem die Weinsberger auf die mündliche Zufage Ulrichs 7 Jahre lang ihre alten Rechte genoffen hatten, fiel es

1541 auf Einmal den herzoglichen Beamten ein, vorgeblich auf mündlichen Befehl der Räthe und wegen mangelnder fchriftlicher Restitutionsurkunde, ihnen diefe Rechte wieder streitig zu machen, und alle städtifchen Einkünfte wieder gewaltfam zur herzoglichen Kammer zu ziehen.

Vergebens fchickten die Bürger Bittfchriften über Bittfchriften und eine Deputation nach der andern an den Herzog. »Wir haben," fagen fie in Einer diefer Eingaben, »oftmals mit nit geringen Kosten durch Schicken und Reifen bei fürftlichen Gnaden, auch deren Hofmeister und Räthe um Verfertigung zugefagten Vegnadi- gungsbriefs angefucht, auch etlichemal die Sachen bei fürstlicher Gnaden eigener Perfon und durch unfere Gefandte, als Ew. Gnaden »nno 43 im Waiblinger Wald geweßt,' und zu Stuttgarten im Schloß felbft mündlich gefagt, auch Ew. Gnaden uns erwiedert: »Sie wiffen, daß folches der Canzlei und den Räthen befohlen; da follen wir anfragen.» Darauf den Gefandten von E. G. Räthen angezeigt worden, daß fie Alles förderlich vorbringen wollen; welches fich abermals eine lange Zeit verzogen und der Keller nichtsdeftoweniger mit Einziehnng unferes gemein Nutz fortgefahren. Derohalb wir abermals an Hofmeister und Räthe öftermalen fupplieirt

  • ) Hevd, Markgröningen S. 77.

und unsere Gesandten mündlich ansuchen und anmahnen lassen, da sie erst vor die untere Kammer und von derselben wieder vor die oberen Räthe gezogen. Doch zuletzt aus unser dringliches Begehr und Beschweren dahin gekommen, daß man den Amtleuten zu Weinsberg, wie vormals auch geschehn, wieder um Bericht geschrieben, den sie auch überschickt; aber wir haben abermals keine endliche Absertigung oder Abschassung des Einziehens erlangen mögen."

Alle Bitten nnd Mahnungen blieben so sruchtlos, als die Berusung aus das Zeugniß des Landgrasen von Hessen, wie der Herzog ihnen vor dessen Ohren und vor allem Volk össentlich sein sürstliches Wort der Begnadigung gegeben.

Die Ersüllung blieb (nach seinem Tode 1550) seinem edeln Regierungsnachsolger, Herzog Christoph überlassen.

Mittlerweile kam zu diesem Jammer der Stadt

im Deeember 1546 auch noch die Drangsal des schmalkaldischen Krieges, an welchem Herzog Ulrich thätigen Antheil nahm und der so unglücklich sür ihn aussiel, daß der Kaiser Karl V. von Hall her über Oehringen, wo er übernachtete, durch das Weinsberger Thal in Württemberg einrückte, nach Eroberung Weinsbergs am 21. Dee., wobei nicht einmal die Trümmer der Burg verschont wurden, am 24. Dee. d. J. seinen Einzug in Heilbronn hielt, wo er als krank gegen 4 Wochen verweilte, seinen General, Herzog Alba, mit seinen raubgierigen Schaaren gegen Stuttgart vorschickte, dasselbe besetzen ließ und den Herzog nöthigte, sein Land zu verlassen und aus seine Beste Hohentwiel sich zu slüchten, von wo aus derselbe durch Gesandte den Kaiser um Pardon bitten ließ.

Unter harten Bedingungen, durch den Bertrag von Heilbronn, 3. Jan. 1547, gelangte der Herzog wieder zum Besitz seines Landes, von welchem, nebst Stuttgart, schon 34 Aemter dem Kaiser hatten huldigen müssen. Das ohnehin hart bedrängte Land mußte dem Kaiser 3 Tonnen Goldes (300,000 sl.) bezahlen und die sesten Plätze, Asberg, Kirchheim, Schorndors und Weinsberg mußten spanische Truppen des Kaisers als Besatzung ausnehmen. Diese zügellose Besatzung machte den Bürgern Weinsbergs den alten Haß der Oestreicher gegen ihre Stadt aus's Neue dnrch Raub und grobe Mißhandlungen aller Art sühlbar, und sie wurden erst nach vier schweren Jahren, nach Ulrichs Tode, im Oet. 1551 von derselben besreit, wo der Kaiser seiner in Württemberg liegenden spanischen Truppen in Jtalien benö- thigt war, und wo im Aug.

1552 durch den Passauer Vertrag die Ansprüche König Ferdinands aus das Land, unter Anerkennung der östreichischen Asterlehenschaft und Bezahlung von 300,000 si. ausgegeben wurden.

Jm Juli 1548 wurde das aus dem Reichstage zu Augsburg publieirte sogen Jnterim, zu dessen Einsührung Kaiser Karl V. den Herzog Ulrich persönlich aus der Durchreise zu Vaihingen ausgesordert hatte, in Weinsberg um so mehr ein- und durchgesührt, als hier noch eine spanische Besatzung des Kaisers lag. Der treffliche evangelische Prediger, Joh. Gayling mußte die Städt räumen und flüchtete sich nach Löwenstein.

Unter Herzog Christoph. 1550—1568.

Sobald Herzog Christoph, welcher sich nach dem Tode seines Vaters Ulrich

6. Nov. 1550, wegen der Ansprüche Kön. Ferdinands aus das Land, in aller

Eile zu Tübingen und Stuttgart (8. Nov,) huldigen ließ— selbst in Weinsberg, Kirchheim, Schorndorf und Asberg, ohne daß die dafelbst liegende fpanifche Be- fatzung es verhindern konnte — etwas Ruhe hatte, um die Klagen und Bitten feiner neuen Unterthanen zu hören, fanden auch die von Weinsberg an ihm einen gerechten Regenten, und es verdient bemerkt zu werden, daß felbst Graf Sebastian von Helfenftein, ein Brnder des bei Weinsberg 25 Jahre zuvor Gemordeten, sich für sie beim Herzog verwendete.

Nachdem Herzog Chriftoph nach Auflöfung der Kirchenverfammlung zu Trient

1552. 30. Juni das Jnterim aufgehoben und die württemb. Confeffion in feinem Lande allgemein eingeführt hatte, gab er

1553. 66. 18. Mai der Stadt Weinsberg urkundlich, durch einen im oft gedachten Weinsberger Privilegienbuch enthaltenen Begnadigungsbrief von diefem Jahr; alle ihr entzogenen Rechte, Freiheiten und Einkünfte zurück und der erste evangel. Seadtpfarrer nach dem Jnterim, Johann Dieterich, wurde zugleich Superintendent der Diöeefe Weinsberg.

Der von der östreichifchen Regierung beabsichtigte Wiederaufbau der Burg (f. oben s. 117) unterblieb. Dagegen ließ H. Christoph in der Stadt ein kleines Schlößchen bauen, das aber bei feinem Absterben noch nicht vollendet war*). Ueber feine fpätere Benützung durch eine fürstliche Perfon läßt sich Nichts ermitteln. Weil aber die Kellereiwohnung 1660 verkauft wurde, fo ward es vorläusig dem jeweiligen Keller zur Wohnung eingeräumt. Jm Lagerbuch von 1629 ist es folgendermaßen auch nach feiner Lage bezeichnet:

»Es haben auch Se. Fürstl. Gnaden Eine Behaufung fammt einem großen Keller darunter und einem kleinen Gärtlein dabei an dem Kirchhof und der Meß- nereibehaufung gelegen; fo ein Keller amtshalber bisher bewohnt."

Diefe Behaufung fcheint das gedachte Schlößlein gewefen,zn fein. Als »Schloß- lein" erfcheint es in der Rechnung von 1707:

»Schlößlein, Keller, Kelter und Kästen fammt Allem verbrennen." (Bei dem großen Brand von 1707, f. unten.)

Mit diefer Zurückgabe ihrer Stadtrechte 1553 begann für die Stadt Weinsberg eine Zeit der Erholung von langem Drucke und Elend, welche beinahe 6 Jahr- zehnde hindurch (unter Herzog Christoph f 1568, Lndwig f 1593 und Friederich I. 1- 1608) von keinen neuen allgemeinen Unfällen unterbrochen wurde, außer von Zeiten der Theurung und von Seuchen, als Folgen der Witterungsverhält- niffe :e., die wir nun hier von 1534 an bis zu Ende des Jahrhunderts mit einigen Zwifchenfätzen einfchieben.

Die Bevölkerung nahm wieder fo zn, daß fchon

1555 ein zweiter evang. Prediger oder fog. Diaonuu« in der Perfon des M. Christoph Kautz aufgeftellt werden mußte, welcher aber, wie Mehrere feiner Nachfolger, nur 1 oder 2 Jahre hier funetionirte, bis im Jahr

1595 Ellhofen als Filialpfarrei zum Diaeonat kam, von wo an die Dienstzeit der Diaeone in der Regel eine längere ift.

Auch eine lateinifche Schule mit 2 Lehrern, Präeeptorat und Collaboratur wurde in diefer Periode ea. 1560 errichtet. Cafpar Breit und Lndwig Schumaier, 2 Lehrer, visitirt 1590 von M. Engelhard. (Cruf.)

  • ) Pfisters Herzog Christoph I, S. 547. und Sattlers topogr. Gefch,

1535 ein gutes, sruchtbares Jahr, an Frucht, gutem Wein, Obst «., weßwegen Alles um den halben Theil abgeschlagen. Kernenpreis 3 sl. 10 kr. Weinrechnung Stuttgart 3 fl. 1 kr,, Marbach 1 sl. 36 kr., Lauffen 1 fl. 52 kr., Bracken- heim 1 fl. 50 kr. 3 hlr.

1536 war ein so heißer Sommer, daß Brunnen und Bache versiegen giengen und ein großer Wassermangel eintrat. Daher standen die Mühlen leer. Es wuchs aber ein Ausbund an Frucht und Wein. Kernenpreis 2 sl. 24 kr. pr. Schssl. Weinrechnung Stuttgart 3 sl. 48 kr. 3"hlr., Marbach 2 sl. 25 kr., Bracken- heim 2 sl. 29 kr. 3 hlr. .,

1537 war ein gutes Frucht jahr; Kernenpreis 2 sl. 24 kr., der Wein aber hatte übel geblühet; daher wenig, doch guter Wein gewachsen. Weinrechnung Stuttgart 4 sl. 34 kr., Marbach 4fl. 22kr., Lauffen und Brackenheim 3fl. 34-36kr.

1538 ein kaltes und nasses Jahr, darin wenig Frucht und saurer Wein gewachsen. Kernenpreis 3 fl. 20 kr. Weinrechnnng Stuttgart 6sl. 47kr., Marbach 7 sl. 38 kr., Laussen 6 fl. 8 kr., Brackenheim 5 fl. 42 kr. Jm Januar d. J. ließ sich ein Komet sehen (Crus.). Hestige Ruhr in ganz Deutschland.

1539 wuchs gute Frucht und Wein, insonderheit des Weins bei s. heißem Sommer ein solcher Uebersluß, daß man nicht Fässer genug haben konnte und bisweilen ein volles Faß sür ein leeres gab. Es wurden daher in Städten, auch aus dem Land Weinkästen zugerüstet. 3 Wochen zuvor hatte sich der älteste und ersahrenste Weingärtner eines solchen überflüssigen Herbstes nicht versehen. 1 Maas Wein galt vorhin 1 Batzen; 6 Wochen hernach gab man 12 Maas um 1 Batzen. Kernenpreis 2 fl. 36 kr. Weinrechnung Stuttgart 3 fl. 25 kr. 4 hlr., Marbach 2 sl. 10 kr., Laussen 2 fl. 2 kr., Brackenheim 1 fl. 34 kr. 4 hlr.

1540 ein sehr dürrer und heißer Sommer. Ueberslvß und Ausbund an Frucht und Wein. Doch sind von der Hitze viele Trauben eingedorrt. Um Bar- tholomäi hat man die srische Trauben abgelesen und die dürren stehen lassen. Hernach hat es eine gute Durchseuchte gegeben, wodurch die stehen gebliebene dürre Träublein wieder ausgelossen und srisch geworden, also daß man zum andernmal gelesen, und ist der letzte Wein besser als der erste worden. Dinkelpreis 20 kr. pr. Schffl. Weinrechnnng Stuttgart 2 fl. 40 kr., Marbach 2 fl. 19 kr., Laussen 2 sl. 26 kr., Brackenheim 2 sl. 5 kr.

1541 heißer Sommer, abermals reiche Erndte. Dinkelpreis 56 kr. pr. Sckss.l Der Wein hat im Frühling Schaden genommen, daher wenig, aber ein guter Trunk. Dinkelpreis 56 kr. Weinrechnung Stuttgart 2 fl. 44 kr. 1 hlr., Marbach 2 fl. 2 kr., Laussen 1 fl. 56 kr., Brackenheim 1 fl. 37 kr. 5 hlr.

Jm Spätjahr Pest in Eßlingen, Tübingen, Bietigheim :e.

1542 ein gar spätes Jahr. Frucht- und Weinblüthe erst um Jaeobi, Erndte um Laurentii, Herbst um Simonis und Judä, und so kalt, daß an den Butten Eiszapsen gehangen, daher der Wein gar sauer geworden. Dinkelpreis 20 kr., Kernenpreis 1 fl. 18 kr. Weinrechnnng Stuttgart 3 fl. 10 kr., Laussen 1 fl. 56 kr., Brackenheim 2 sl. 13 kr. 3 hlr.

Jn Eßlingen rasfte die Pest in 1'/« Jahren 3500 Menschen weg.

1543 ein mittelm. sruchtbares Jahr. Die Weinblüthe nahm von vielem Regen Schaden. Daher wenig, doch guter Wein gewachsen. Kernenpreis 2 fl. 32 kr. Weinrechnung Stuttgart 7 sl. 2 kr. 5 hlr., Laussen 6 fl. 21 kr., ebenso Brackenheim.

1544 ein unsruchtbares Jahr. Frühling kalt, windig und srostig. Früchte

vom Gefrieren ausgezogen; Rebwerk winddürr, daher wenig Frucht und faurer Wein gewachfen. Kernenpreis 2 fl. 52 kr. Weinrechnung: Stuttgart 7 fl. 8 kr., Lauffen 6 fl. 6 kr., Brackenheim 5 fl. 44 kr. 4 hllr. Herzog Ulrich lieferte den Wein in das Lager der Fürsten des fchmalkaldenfchen Bundes, worüber der württ. Proviantmeister, Hanns Wernlin, an die Rentkammerräthe fchrieb: »wo ihr nit beffern Wein liefert, fo werde ihm das Lager verboten werden, denn man hab, mit Befcheidenheit zu melden, die Sch.,.fend darob getrunken." Ulrich fchickte nun beffern Wein. Man brauchte wöchentlich 3—400 Fnder, wobei die herzogl. Kaffe an jedem Fnder 12—14 fl. gewann.

1545. Winterfrucht, Wein und Obst wohl gerathen, Sommerfrüchte aber wegen großer Dürre genau zufammengegangen. Kernenpreis 2 fl. 5 kr. Wein- rechnung: Stuttg. 5 fl. 38 kr., Lauffen 4 fl. 52 kr. 4 hlr., Brackenh. 4 fl. 31 kr. 3 hlr.

1546 abermals ein herrlich fruchtbares Jahr, da in Allem ein Ueberfluß und fehr guter Wein gewachfen. Kernenpreis 1 fl. 48 kr. per Scheffel. Weinrechnung: Stuttgart 3 fl. 27 kr., Lauffen 2 fl. 32 kr. 3 hllr., Brackenheim 2 fl. 13 kr. 4 hlr. (Todesjahr Luthers, 18. Februar 1546.) 23—25. April starker Höhenrauch. Sonne trüb und glanzlos.

1547. Frucht Wein und andere Erdgewächfe wohl gerathen. Kernenpreis 2 fl. 28 kr. Weinrechnung: Stuttgart 5 fl. 4 kr. 5 hlr,, Lauffen 3 fl. 59 kr. 4 hlr., Brackenh. 3 fl. 44 kr. 3 hlr. Die höheren Preife Folge von Einquartierungen. S. oben.

1548 ein mittelmäßiges Jahr. Dinkelpreis 2 fl. 32 kr. Wein fauer. Weinrechnung: Stuttgart 5 fl. 14 kr., Lauffen 4 fl. 50 kr., Brackenheim 4 fl. 35 kr. 22. Mai Sonnenring.

1549 wuchs viele und gute Frucht. Kornpreis 2 fl. 4 kr. Wein litt im Frühling vom Reifen; in der Blüthe von allzuvielem Regen und Wetterleuchten; daher fauer. Nach trockenem Herbst langer, regnerifcher Winter.

1550 wieder ein mittelmäßiges Fruchtjahr; ist aber viel und köstlicher Wein gewachfen. Kornpreis 2fl. 36kr. Weinrechnung: Stuttgart 4 fl. 45 kr. 4 hlr., Lauffen 3 fl. 5 kr., Brackenheim 3 fl. 12 kr. 3 hlr. Graffirende Pest in Leonberg, Wildbad, Stuttgart:e., weßhalb Herzog Christoph Stuttgart verließ; auch noch im folgenden Jahr. Jm Februar heftige Kälte, doch wurde es noch

, 1551 ein ziemlich fruchtbares Jahr. Kornpreis 1 fl. 12 kr. Weinrechnung: Stuttgart 6 fl. 36 kr., Lauffen 5 fl. 42 kr., Brackenheim 5 fl. 33 kr. Jm Spätjahr eine Seuche zu Stuttgart :e.

1552. Frucht und Wein auf's Beste gerathen. Es war Anfangs ein kaltes, darauf aber dürres Jahr und Alles früh auf der Bahn. Kornpreis 2 fl. per Scheffel. Wein viel und gut. Weinrechnung: Stuttgart 3 fl. 19 kr. 2 hlr., Lauffen 2fl. 2kr., Brackenheim 1 fl. 56 kr. 1 hlr. Vom Dez. d. J. bis Mitte Februars

1553 ein graufam kalter Winter, worin unbezogenes Rebwerk und Fruchtbäume erfroren; im Frühling und Sommer gab es noch »gefchlacht" Wetter, daß noch eine feine Erndte, ein ziemlicher Herbft und ein guter Wein worden. Kernenpreis 1 fl. 52 kr. Weinrechnung: Stuttgart 3 fl. 5 kr. 4 hlr,, Lauffen 2 fl. 2 kr., Brackenheim 1 fl. 50 kr.

1554. Jm Januar und Februar große Kälte; mittelmäßiges Fruchtjahr; des Weins wurde, »wegen vieler Anstöße» wenig, aber noch ziemlich gut. Kernenpreis

2 fl. 4 kr. Weinrechnung: Stuttgart 4 fl. 50 kr., Lauffen 5 fl. 32 kr., Brackenheim

3 fl. 48 kr. Jn Tübingen Seuche bis folgendes Jahr.

1555. Augsburger Religionssrieden. Errichtung des Diaeonats. S.-oben. 1555 wieder wie vor. Jahr mittelmäßig. Früchte ziem. Nothdurst. Kernenpreis

2 sl. 20 kr. Wein wegen Regenwetters, böser Blüthe und Frühreisen im Herbst kein Uebersluß; dazu ein »srischer« — ziemlich saurer Trunk. Weinrechnung: Stuttgart 4 fl. 52 kr., Lauffen 2 sl. 42 kr., Brackenheim 2 fl. 33 kr.

1556. Ansangs strenge Kälte; tieser Schnee, besonders aus der Alb. Dem vorigen Jahr an Früchten gleich. Wein ziemlich viel und gut. Weinrechnung: Stuttgart 4 sl. 24 kr., Waiblingen 4 fl. 8 kr., Brackenheim 3 sl. 4 kr. 4 hlr. Ansangs Märzen bis Mitte Aprils war ein Komet sichtbar, woraus eine große Hitze solgte (Crus.).

1557. Nasser Sommer. Gleichwohl Nothdurst an Früchten. Kernenpreis 2 fl. 12 kr. Wein, weil er spät geblüht, ziemlich sauer. Weinrechnung: Stuttgart 4 fl. 49 kr., Laussen 3 fl. 36 kr., Brackenheim 3 fl. 25 kr. 4 hlr. Jn den Niederlanden große Theuru ng und Hunger; daher starke Aussuhr aus dem württemberger Land.

1558 ein gutes und sruchtbares Jahr; allein großerRaupensraß, besonders am Capiskraut; Korn in großer Hitze sehr gereist, ehe es zu Krästen gekommen. Wein viel und sehr gut. Weinrechnung: Stuttg. 4fl. 17kr., Waibling. 3fl. 52kr., Brackenheim 3 fl. 56 kr. Es stand ein trüber Komet am Himmel.

1559 ein kaltes, spätes und nasses Jahr. Kernenpreis 3 fl. 24 kr. Wein wenig und sauer. Weinrechnung: Stuttgart 5fl. 21 kr., Laussen 4fl. 36kr., Brackenheim 4 fl. 17 kr. Zunehmende Theurung. — Emanation der großen Kirchenordnung v. Herzog Christoph. —

1560. Geschlachter Frühling, da Alles schnell gewachsen. Um Johannis lang währendes Regenwetter. Viel Schaden von großem Gewässer; daher ziemlich schwache Erndte und sehr mittelmäßiger Herbst. Ziemlich viel, aber saurer Wein. Kernenpreis 3 fl. 24 kr. Weinrechnung: Stuttgart 5 fl. 14 kr., Laussen 2 fl. 54 kr., Brackenheim 3 fl. 13 kr. 2. Nov. und 28. Dez. Nordlichter. Sehr kalter Winter. (Todesjahr Phil. Melanchthons, 19. April 1560.) Am Ende des Jahres mancher Orten Pest.

1561 spätes, kaltes und nasses Jahr, mit vielen Nebeln und Honigthau, welche die Frucht- und Weinblüthe sehr verderbt; daher beides wenig und der Wein sauer geworden. Kernenpreis 3 sl. 40 kr. Weinrechnung Stuttgart 5 fl. 29 kr., Laussen 5 fl. 48 kr., Brackenheim 5 sl. 16 kr.

1562. Obwohl Alles srüh aus der Bahn war, um Laurentii grausames Hagelwetter aus einem Strich von 18 Meilen (das man damals einer Hexenversammlung aus der Feuerbacher Heide zuschrieb, weßwegen einige alte Weiber zu Stuttgart ver- brannt wurden), wodurch Frucht, Wein und Obst, selbst die Vögel in der Lust erschlagen wurden; daher die Frucht noch theurer geworden. Großer Schaden durch Gewässer. Kernenpreis 5 fl. Weinrechnung Stuttgart 6 sl. 11 kr., Laussen 4 fl. 50 kr., Brackenheim 4 fl. 51 kr.

Herzog Christoph schrieb an die Wand eines Zimmers im Schloß: »Bahlingen hat dieses Jahr mehr Zehndwein geben, als Stuttgart mit synen vielen Reben; Nit Eine Kelter ist ussgangen ob Eva's bösen Weiberschlangen." (Hexen, deren 9 in Stuttgart den Feuertod litten).

1563 ein spätes Jahr, später Schneeabgang. Blüthe erst um Ulrichstag (Juli). Daraus viel Regen und kalt. Daher wenig Frucht und saurer Wein. Kernenpreis 5 sl. 40 kr. Weinrechnung Stuttgart 5 sl. 34 kr., L«lussen 3 sl. 29 kr., Brackenheim 3 sl. 37 kr. Steigende Theurung. Die Armen mischten Eicheu- rinde unter das Brod.

1564 ist das Rebwerk um Georgii so ersroren, daß diesen Herbst keine Keller umgegangen. 1 Maas Wein kam deßhalb in der Herberge aus 5 kr. An Früchten ist eine gute Nothdurst gewachsen. Kernenpreis 4sl. Weinrechnung Stuttgart 7 sl. 15 kr., Lauffen 7 sl. 16 kr-, Brackenheim 6 sl. 37 kr.

Jm Oetober grassirende Pest in Stuttgart, vor der der Hos nach Tübingen sloh. Jn Eßlingen starben 3000, in Waiblingen 700 Menschen.

1565 um Jnvoeavit hestig anhaltende Kälte, wodurch die grassirende Pest nachließ. Großer Schnee, Ueberschwemmung (Crus,) Ersrieren der Bäume und des Rebwerks. Wenig und saurerWein. An Frucht gute Nothdurft. Kernen- preis 4 sl. 12 kr., Dinkelpreis 1 sl. 52 kr. Weinrechnung Stuttgart 7 fl. 55 kr. Lauffen 7 sl. 7 kr., Brackenheim 7 sl. 20 kr.

Ausgabe des neuen, revidirteu Landrechts, der Landes-, Bau-und Forst- Ordnung.

1566 ein kaltes nnd nasses Frühjahr. Sommer nnd Herbst trocken. Feine Erndte, auch ziemlich viel, doch saurer Wein. Kernenpreis 3 sl. 48 kr. Alker Wein kostete 10 sl., unerhört. Weinrechnung Stuttgart 4 sl. 56 kr. 3 hlr., Lauffen 3 sl. 23 kr. 2 hlr., Brackenheim 3 sl. 20 kr. 1 hlr.

Jm November zog die Universität Tübingen mit 400 Studenten wegen der Pest nach Eßlingen.

1567. Außerord. viel Maienkäser, welche das Laub von den Bäumen sraßen. Dürrer Sommer, der die Wiesen so ausdorrte, daß es wenig Heu und gar kein Oehmd gab. Daher kam die Wanne Heu aus 7 sl. Frucht und Wein ist viel gewachsen und der Wein gut worden. Kernenpreis 3 fl. 8 kr. pr. Schssl. Wein- rechnung Stuttgart 4 fl. 20 kr., Lausten 3 fl. 12 kr., Brackenheim 3 sl. 5 kr. 4 hlr.

Wüettl>g. Herzog Ludwig. 1568-93.

1568 mittelm. Jahr. Frucht ziemlich gerathen, Rebwerk von Reisen ersroren; daher wenig und saurer Wein. Kernenpreis 4 sl. Weinrechnung Stuttgart 5 sl. 3 kr., Laussen 3 sl. 33 kr., Brackenheim 3 sl. 20 kr.

Herzog Christoph f 28. Deeember.

1569 sehr sirenger Winter, so daß über den gesrorenen Rhein, Neckar, die Donau :e. mit geladenen Wagen gesahren werden konnte. Die Wintersrucht erstickte unter dem spät abgehenden Schnee; die Sommersrüchte wurden verhagelt. Daher schlechtes Frucht jahr. Auch die ersrorenen Weinberge gaben einen schlechten Herbst; doch war der Wein ziemlich gut.

Die einsallende Theuruug dauerte 7 Jahre. Kernenpreis 6 fl. 30 kr. pr. Schffl. Weinrechnung Stuttgart 6 fl. 15 kr., Laussen 5 fl. 22 kr., Brackenheim 5 fl. 20 kr.

1570 ein unsruchtbares, kaltes und nasses Jahr. Früchte gar nicht gera- lhen; Wein wenig und sauer. Große Theurung. Roggen, den man von Straß- burg holen mußte, galt 7 sl. 30 kr. bis 8 sl. pr. Schffl. Haber 2 sl. 30 kr. bis 3 sl. Weinrechnung Stuttgart 6 fl. 35 kr., Laussen 7 fl. 13 kr., Brackenheim 5 sl. 14 kr.

Am 1. Advent große Wasse rsnoth im Neckarthale.

1571 war dem vorigen Jahr in Allem gleich. Ende Januars tieser Schnee Dillen>«s, Weinsberg. 9

und große Kälte. Am 12. März thal ein Hagelwetter großen Schaden. Steigende The urung und Hungersnotl). Pest. Kernenpreis 12 bis 13 fl. Roggen 10 fl., Gerste 8 fl. Wein wenig und fauer; Preis 10 fl. 30 kr.

Jm Aug. d. J. mußte sich die Universität Tübingen wegen der Peft abermals nach Eßlingen begeben, wo sie bis zum Mai des folg. Jahrs blieb. Das Hofgericht retirirte fich nach Waiblingen. Jn Tübingen starben 950 Perfonen an der Pest.

Geboren wurden hier in diefem Jahr 57 Kinder.

1572 war ein fo kalter Winter, daß das Waffer in den Brunnen, und am 24. Febr. zu Eßlingen der Wein beim h. Abendmahl im Kelch gefror. Die Weinberge erfroren — und zum zweitenmal am 17. April. Wer die Reben nicht abfchnitt, hat noch einen guten Theil und köstlichen Wein gelefen. Die Früchte ftanden dick mit Gras, daher wenig Erndte und fortwährende Theurung. Kernenpreis 10—12 fl. pr. Schffl., nach der Erndte jedoch 5 fl. — 4 fl. (Cruf,). Weinrechnnng Stuttgart 9 fl., Lauffen 7 fl. 41 kr., Brackenheim 7 fl. 20 kr.

Geboren 63 Kinder. (An Bartholomäi Parifer Bluthochzeit.)

1573 Weinberge abermals im fehr kalten Winter und Frühling erfroren. Ueble Blüthe wegen Näffe; daher wenig und faurer Wein, kaum fo gut als Effig. Auf den Aeckern wuchs mehr Gras, als Frucht; daher fchlechte Erndte. Nach derfelben mähte man das Gras ab und machte Heu auf den Aeckern. Haber und Oehmd wurde von der Näffe verdorben. Weil man in Straßburg kein Korn mehr haben konnte, mußte es aus Franken hergebracht werden, welches die Obrigkeiten felbft backen und auf den Rathhäufern nach Bedarf austheilen ließen. Der 4pfün- dige Laib Roggenbrod galt 8 kr. 4 hlr. Weinrechnung Stuttgart 9 fl. 20 kr., Lauf- fen 10 fl. 4 kr., Bracken heim 7 fl. 30 kr.

Vom November d. J. bis Ende Januars des folgenden Jahrs stand ein Komet hellfunkelnd, ohne Schweif, am Himmel (Cruf.). Geboren 45 Kinder.

1574 abermalen ein naffes und klemmes Jahr, darin an Frucht eineziemliche Nothdurft, aber wenig und faurer Wein gewachfen. Der alte Wein von 1572 stieg deßwegen auf 16 fl. 40 kr. Keruenpreis 10 fl. Weiurechnung Stuttgart 9 fl. 32 kr., Lauffen 7 fl. 45 kr., Brackenheim 8 fl.

Zur Herbstzeit wüthete auch die Pest wieder in etlichen Orten in Schwaben, auch in Wimpfen. Sie raffte in Württemberg bei 10,000 Menfchen weg. Geboren wurden hier nur 28 Kinder.

1575 endlich wieder ein herrlich fruchtbares Jahr au Frucht, Wein, Obst le. Doch, weil nicht Vorrat!) an Frucht war, wenig Abfchlag. Kernenpreis noch immer 9 fl. Wein viel und gut. Weinrechnung in Stuttgart 6 fl., Lauffen 5 fl. 22 kr., Brackenheim 5 fl. 13 kr. Geboren wieder 49 Kinder.

Auffallend ist, daß in der Befchreibung Frifchlins von der Hochzeitfeier Herzogs Lndwigs (1575) unter den besten Weinen Württembergs (Gewächswein genannt) neben denen von Lauffen, Beutelsbach, Heppach, Fellbach, Veinstein, Wangen, Stuttgart und Tübingen der Weinsberger nicht genannt wird. Dagegen f. J. 1704.

1576 an Frucht und allem Erdgewächs ein hochgefegnetes Jahr; daher fchneller Abfchlag. Kernenpreis wieder 2 fl. 30 kr. pr. Schffl. Der Wein wurde am Charfreitag Nachts durch Frost verdorben, daher wenig, aber ein Ausbund. Weinrechnung in Stuttgart 9 fl. 2 kr. 5 hlr., Lauffen 6 fl. 13 kr., Brackenheim 8fl. Die Pest riß in diefem, wie im vorigen Jahr ein und raffte viele taufend Menfchen

weg. (Das T<zdtenbuch von W einsberg fängt erft 1589 an.) Geboren wurden 46 Kinder.

1577 war zwar ein kaltes und naffes Jahr, doch gab es eine feine Erndte. Nur mußte das Getraide naß eingefammelt werden, daher es sich nicht auffchütten ließ. Kernenpreis 4 fl. 30 kr. Ueble Blüthe des Rebwerks; daher wenig und faurer Wein. Weinrechnimg Stuttgart 8 fl. 35 kr., Lauffen 8 fl. 21 kr., Brackenheim 7 fl. 25 kr. 4 hlr.

Vom 7. Nov. an 2 Monate stand ein bartiger Komet. (Crus) Vom Sept. bis 16. Jan. folg. J. starben in Reutlingen an der Peft 906 Perfonen. Geboren wurden hier 52 Kinder.

1578 ein gar dürrer Sommer, in welchem Frucht und Wein, eine gute Nothdurft, dazu ein Ausbund gewachfen. Kernenpreis 4 fl. 30 kr. Weinrechnung in Stuttgart 5 fl. 2 kr., Lauffen 4 fl. 39 kr., Brackenheim 4 fl.

1579 ein herrliches Fruchtjahr. Weil es aber im August und Herbstmonat viel Regenwetter gegeben, ift des Weines viel, aber derfelbe ziemlich fauer geworden. Kernenpreis 4 fl. Weinrechnung in Stuttgart 4 fl. 45 kr. 4 hlr., Lauffen 4 fl. 9 kr. 1 hlr., Brackenheim 3 fl. 45 kr.

1580 ein unfruchtbares Jahr. Zwar eine feine Erndte, aber gar kein Obst. Ueble Traubenblitthe durch langwieriges Regenwetter; daher wenig und faurer Wein. Kernenpreis 5 fl. 20 kr. Weinrechnung Stuttgart 7 fl. 20 kr., Lauffeu 6 fl. 45 kr., Brackenheim 6 fl. 16 kr.

Von Anfang Oet. wieder ein Komet fichtbar 50 Tage laug, minder groß als der von 1577.

1581 warmer Winter, aber kalter Frühling, worauf ein gar naffer Sommer; mittelm. Erndte; wenig und faurer Wein. Kernenpreis 5 fl. Weinrechnung Stuttgart 5 fl. 17 kr. 3 hlr., Lauffen 4 fl. 6 kr. 5 hlr., Brackenheim 4 fl.

2l. Dee. Nordlicht. An manchen Orten des Landes entstand die Pest.

1582 wuchs viel Frucht und Wein; allein die Frucht kam wegen Regenwetters naß in die Scheuern und die Trauben faulten davon. Daher der Wei n ziemlich fauer worden. Frucht in vorigem Kauf. Weiurechnung zu Stuttgart 5 fl. 57 kr., Lauffen 4 fl. 2 kr., Brackeuheim 4 fl. 7 kr.

Jm Mai erfchien ein großer Komet in NW. (Cruf.) Zu Straßburg starben 2714 Menfchen an der Peft. (i>I.) — Jn diefem J. wurde hier Jfak Volmar, Sohn des damal. Stadtfchreibers Volmar, geboren. Er stndirte zuerft Theologie, kam aber nachher zum Grafen Joh. Lndwig von Naffan, mit welchem er eonvertirte. Nun wurde der Theologe Jurist, und als Rath zu Jnfpruck zum westfälifchen Friedenswerke abgeordnet, wobei er durch feine politifchen Talente feinen alten Glaubensgenoffen den empfindlichsten Schaden zuzufügen fuchte. Nach vollendeter Frie- densexeeution gieng er als Hofkanzler nach Jnfpruck zurück und starb 1662 als Gefandter auf dem Reichstage zu Regensburg.

1583 wieder ein gutes, fruchtbares Jahr. Wegen Ueberfluß des Weins Mangel an Fäffern, daß man viel Wein in Zuber und Bütten einfchlagen mußte. Kernenpreis 4 fl. Weinrechnung Stuttgart 3 fl. 42 kr. 3 hlr., Lauffen 1 fl. 49 kr., Brackenheim 3 fl. 24 K. 5 hlr. Qualität des Weins gut.

1584 wieder ein fruchtbares und dürres Jahr. Ueberfluß an Allem. Wegen des großen, fchon in Mitte Septembers beginnenden Herbftes ein Faß thenrer als der ziemlich gute Wein, wovon viel in Zuber und Bütten eingefchlagen werden mußte. Mißbrauch dieser Gaben Gottes wegen Unwerths. Man machte sogar Kalk damit an. (Crus.) Kernenpreis 3 sl. 45 kr. Weinrechnung Stuttgart 2 sl. 38 kr. 3 hlr., Lausten 1 fl. 49 kr., Brackenheim 1 fl. 59 kr.

1585 rasches Wachsthum im Frühling, aber Verderben der Blüthe durch Regenwetter um Johanuis. Doch noch seine Erndte, aber schlechter Herbst; Wein zwar ziemlich viel, aber sauer. Kernenpreis 3 sl. 45 kr., Dinkel 1 fl. 8 kr. Wein- rechnung Stuttgart 4 fl. 50 kr., Lausten 2 sl. 51 kr., Brackenheim 3 sl.

Grassiren der Pest in Nürtingen. 500 Menschen gestorben.

1586 so kalt nnd so viel Schnee, daß die Weinberge übel ersroren. Hernach 3 Monate dürr, großer Wassermangel. Juni und Juli sehr naß. Böse Blüthe. Taube Frucht. Wenig und saurer Wein. Der alte Wein von 84 kostete 25 sl. pr. Eimer. Kernenpreis 8 fl. Weinrechnung Stuttgart 7 fl. 35 kr., Lausten 7 sl. 30 kr., Brackenheim 8 fl. — Pest um Tübingen.

Jn diesem Jahr kam Weinsberg, das seit dem Jnterim eine eigene Super- intendenz gebildet hatte, welcher auch Neuenstabt und Möckmühl angehörten, unter die Superintendenz Möckmühl, wo >I. Konrad Weick von 1586 bis 1612 das Amt eines Superintendenten bekleidete.

' 1587 wieder ein unsruchtbar und kaltes Jahr mit viel Mühlthau und Regen. Absall der Träublein in der Blüthe. Wenig und saurer Wein. Veralte Wein kam deßhalb aus 33 sl. Kernenpreis 7 sl, Weinrechnung Stuttgart 7 sl, 15 kr.. Lausten 7 fl. 7 kr., Brackenheim 7 sl.

27. Dee. große Ueberschwemmung im Neckarthale.

1588 mittelm. Jahr; ziemliche Nothdurst an Korn, aber wenig Wein von mittlerer Güte, weil viel ersroren. Alter Wein galt 33 sl. 20 kr. Kernenpreis 6 fl. Weinrechnung Stuttgart 13 sl. 40 kr., Lausten 12 sl. 12 kr., Brackenheim 12 sl. Jm Juni Ueberschwemmung bei Heilbronn. .

1589 wieder ein unsruchtbares Jahr. Jm Sommer nahm die Frucht und der Wein durch vielen Regen während der Blüthezeit Schaden; Haber, Heu und Oehmd verdarben dadurch. Wintersrucht schwach und naß eingethan. Wein wenig und sauer. Kernenpreis 7 sl. Weinrechnung Stuttgart 18 fl. 30 kr., Lausten 18 sl. 54 kr., Brackenheim 20 sl. 20 kr. Alter Wein bis 30 sl. (Crus.)

1590 Rebwerk im Winter ersroren, ebenso um Georgii. Dennoch bei nachsolgendem gutem Wetter Beiaugeu getrieben, die bei dem dürren Sommer einen so köstlich guten Wein gaben, deßgleichen in 100 Jahren nicht gewachsen. Durch die Dürre des Sommers trockneten etliche Wasser, besonders die Rems, beinahe ein, daß man nicht mehr mahlen konnte. An Kreuzerhöhung (14. Sept.) hat man zu lesen angesangen und an Michaelistag (29. Sept.) wurden die Keltern geschlossen. Kernenpreis 5 sl. 24 kr. Weinrechnung Stuttgart 13 sl. 20 kr., Lausten 14 sl., Brackenheim 13 fl. 30 kr.

Jm Febr. d. J. Nordlicht; (Crus.) 25. Sept. Erdbeben.

1591. Die Mäuse, deren es viele gab, sraßen sast allen Saamen, der wegen dürren Wetters in der Saatzeit nicht ausgehen konnte. Der solgende nasse Sommer brachte viel Unkraut. So wuchs wenig Frucht und auch wenig Wein, und dazu saurer. Kernenpreis 7 sl. pr. Schssl. Weinrechnung Stuttgart 9 fl. 40kr., Laus- sen 7 sl. 16 kr. 2 hlr., Brackenheim 7 fl.

1592 ersroren die Reben an Exaudi; um Johanuis siel Regenwetter ein, daher die Trauben in der Blüthe abgesallen. Somit wenig Wein, doch von mittelm. Qualität. An Korn wuchs eine gute Nothdurft. Kernenpreis 5 sl. 20 kr. Wein- rechnung Stuttgart 13 sl. 48 kr., Lauffen 13 sl. 33 kr., Brackenheim 13 sl. 30 kr.

1593 war es um Lichtmeß so warm, daß man ansieng, Haber zu säen und die Weinberge zu hacken. Nach Fastnacht siel aber wieder ein Schnee, woraus es so kalt wurde, daß das Grnudeis 3 Wochen lang gieng und die Weinberge ersroren. Doch gab es eine gute Er ndte und wenig, aber guten Wein. Kernenpreis 5 st. Weinrechnung Stuttgart 13 sl. 10 kr., Laussen 13 sl, 31 kr., Brackenheim 12 st. 45 w

Herzog Ludwig f 8. Aug.

Herzog Friedrich i. 1593—1608.

1594 ein kaltes und nasses Jahr. Noch am 10. und 11. Mai kalte Tage mit Schnee und Kieseln. Am 12. Mai, Sonntag Exaudi ersroren die Weinberge. Reisen noch vor dem Herbst, Daher saurer und wenig Wein. Auch dieErndte war schlecht. Wegen Einsuhr aus Baieni blieb der vorjährige Preis. Weinrechnung: Stuttgart 10 sl. 40 kr., Laussen 11 sl. 41 kr., Brackenheim 11 fl. 30 kr. Die Pest währte in Stuttgart bis in den Februar des solgenden Jahrs und rasfte bei 2000 Menschen weg. Jn Weinsberg keine besondere Sterblichkeit.

1595 ein kaltes und spätes Jahr. Mangel an Viehsutter, vermehrt durch Wassergüsse um Psingsten, die das Heu verdarben. Doch gab es eine gute und reiche Erndte, ziemlich vielen aber sauren Wein. Weinrechnung: Stuttgart 10 fl. 4 kr., Lausten 8 fl. 30 kr., Brackenheim 9 sl. 15 kr-

(Verbindung der Fil, Psarrei Ellhosen mit dem Diaeonat Weinsberg.)

1596. Warmer Frühling, aber Monatlicher Regen um die Blüthezeit. Doch siel Nichts ab, aber die Beerlein blieben klein. Nach 2monatlicher Dürre liesen diese aus einen geschlachten Regen noch aus, daß es doch, wider Verhossen, noch einen halben Herbst und gar guten, dem 90er gleichen Wein gegeben, den man »den Beerkeinswein« genennet. DieErndte war auch sehr gut. Kernenpreis 4 fl. Weinrechnung: Stuttgart 15 sl. 20 kr., Lanssen 15 fl. 30 kr., Brackenheim 15 fl.

1597. Vor dem Blühen schädliches Hagelwetter; dann viele Kaywürmer; nasser August und Herbstmonat. Deswegen wenig und saurer Wein. Der alte Beerleinswein galt 34 sl. Korn ist eine gute Nothdurst gewachsen. Kernenpreis 4sl. 12 kr. Weinrechnimg: Stuttgart 9 sl. 15 kr., Laussen 8 fl. 8 kr. 2hlr., Brackenheim 8 st. 3 hlr. Das Sterben, fo im vorigen Jahr ansing, dauerte bis in diesen Herbst.

1598. Um Martini 1597 legte es einen so tiesen Schnee, daß die Früchte darunter erstickten und man das Feld mit Sommersrüchten besaamen mußte. Um Bartholomäi verdarb durch Hagel und Regenwetter viel Oehmd und H<?^/ 5/e Trauben versaulten, und da 14 Tage vor dem Herbst schön Wetter emfie/, dorrten , sie ein und wurden so schimmelig, daß man im Herbst, wenn man einen Butten in den Tretzuber geschüttet, vor Staub den Treter nicht sehen kennen. Von den Bütten ist der Wein zähe herunter gelossen. Kernenpreis 7 fl. Weinrechnung: Stuttgart 8 fl. 38 kr. 3 hlr,, Laussen 7 fl. 9 kr., Brackenheim 8 fl. 45 kr. Jm März d. J starb hier Kilian Prendlin, 97 Jahre alt.

1599. Herrlicher, geschlachter Frühling. Korn und Wein haben nm Psingsten verblühet. Erdbeeren und Kirschen waren um diese Zeit schon reis. Es wuchs Alles genug, sonderlich viel und köstlich guter Wein. Nach dem Herbst eine solche Dürre, daß man nicht beziehen konnte. Die aber so gut als möglich bezogen, haben sehr gut daran gethan. Denn hernach ist Berg und Thal ersroren. Kernenpreis 5 sl. Wein- rechnung: Stuttgart 7 sl. 6 kr., Laussen 7 sl. 30 kr., Bietigheim 6 sl. 6 kr. Viel Vieh ging in diesem Jahr an der Uebergälle ab.

1600 war ein unsruchtbares, kaltes und spätes Jahr, da Berg und Thal, weil wenig bezogen war, ersroren. Kein Obst, Kraut u. dergl., aber vieles und gutes Korn. Kernenpreis 5 sl. Wein erst um Michaelis gezeitiget und war ein mittelmäßiger Trunk. Weinrechnung: Stuttgart 9 sl. 15 kr., Laussen 7 sl. 55 kr., Brackenheim 8 sl. 45 kr.

  • 5 *

, Jn dieser Periode, von 1553 (der Wiedereinsetzung Weinsbergs in seine Stadtrechte) bis 1618 (dem Ansang des 30jährigen Krieges) lebten zu Weinsberg nach den an der Kirche und um dieselbe vorhandenen Grabsteinen solgende Manner:

als Stadt- und Amtsschreiber: M. Vollmar Renz, f 1617; — als Bürgermeister: Hermann Weimar, 5 1589, 80 Jahr alt; Martin Renz, f 1606, 40 Jahr alt; — als Keller und Hosmeister zu Lichtenstern: Ulrich Renz, 5 1585, 79 Jahr alt; — als Gerichtsschreiber, Schultheiß und geistlicher Verwalter: Johann Rittmüller, f 1596, 83 Jahr alt; — als Schulmeister: Beatus Wild, f 1596, hier seit 1576.

Nach den, erst mit 1571 beginnenden Kirchenbüchern und anderen Nachrichten waren in gedachter Periode 1553—1618 zu Weinsberg,

als Amtmann, 157! und 1575 Oberamtmann genannt: Hanns vonMassen- bach, genannt Thalacker, weicht 1583 mit einem Gnadengehalt von 100 sl. dem solgenden; — als Vogt kommt 1583 — 1588, auch Oberamtmann genannt und Ob er vogt: Wolsgang, Gras von Löwenstein; — als Keller: Jerg Renz, 1576; Joachim Bayer, 1610; — als Schultheiß: 1571 Johann Riedmüller; 1594 Heinrich Oelinger; — als evangelische Stadtpsarrer: Johann Dieterich, zugleich Superintendent, s. oben; >I. Wilhelm Vinß, zugleich Superintendent bis 1572; öl. David Vab, zugleich Superintendent 1573 bis 1586, vorher Stists-Diae. in Stuttgart 1561—1564, Psarrer in Cnsingen 1564—1573; öl. Jakob Erhard, unter der Superinteudenz Mockmühl 1586, f hier 20. Juni 1596 nach Todtenbuch, ' vorher Stists-Diae. in Stuttgart 1574—1576, Dechant in Güglingen 1576—1586; öl. Alexander Bauhos, 1596-1617, vorher Stists-Diae. in Stuttgart, dann Su- perintendent in Waiblingen 1588—1596, f hier 1625, 8 nnno» ru6e6on; öl. Konrad Pseil, 1617—1636, während des 30jährigen Kriegs, f hier 5. September 1636, vorher Repetent, dann Diae. in Cannstadt 1609 — 1617, siehe unten Reihensolge der Geistlichen; — als Mitglied des größeren Laudschasts-Ausschusses: 1571 Martin Sailer (nach Crus. u. Steinh.); — als Stadtschreiber: N. N. Vol- mar 1582, Vater des nachmaligen, apostatischeu Hoskanzlers zu Jnspruck, Js. V olmar, s, oben 1582; — Diaeone waren hier von obengedachtem Christoph Kautz 1555 bis 1618 —'- 24, und zwar Christoph Kautz, Schweicker, Werner, Joh. Kautz, Lutz, Kantengießer, Gastspar, Kißmann, Wunderer, Geer, Kneller, Hainlin, Beerlin Jsenmaun, Stecher, Märklin, Christ. Kautz, Beer, Anatins, Braun, Wild, Liliensein, Heß, Bernh. Dieterlein. (Binder Kirch, u. Lehrämter.)

Mehrere derselben waren nur 1 oder 2 Jahre hier, vielleicht als bloße Amtsverweser und es sinden sich ihre Namen nicht in den Kirchenbüchern genannt.

Von dem Letzteren, Bernhard Dieterlein, 1617—1625, welcher zuvor Kloster - priieeptor in Maulbronn gewesen war und von Weinsberg wieder als l. Klosterpräeeptor nach Blaubeuren und von da 1631 nach Vebenhaufen kam, bekunden 2 noch vorhandene Epitaphien für Kinder, die er hier verloren, feine Latinität.

I. >I. L. D. »u»e Iteßlu»e. b!e tle»r, Iiio ere»oo; e1ue»,ä»m rsäitur» putre»eo;

I'»rvul» membr» «ero; p««te» M»ior ero. Lim» lu!, vix!, v!6i m»I» plurim», viei.

^uts äism murior, «eä moror »nte äiem. Klmoi 5. II. »I. L. D. »uo Klii>. Ae numeiate meo», Inie i1ni t>»n«id!ti«, »nno»!

l^amizue pusrperü Msn«« puer peiil. Vix munäum inti»vi, »»ero.ms llumins I»v!,

15t>ere ms p»vi; nwr» mibi äix!t: »b!! Unroi 10.

Präeeptoren waren, von der Errichtung der Stelle bis 1618, nur 4'hier: Breit, Lofer, Finger, KI. Joh. Jak. Weiler, f 1635, f. unten. Finger f 1607, prae- tieirte in feineu Freistunden viele Jahre lang Mediein und diente damit vielen Kranken; war 42 Jahre Präeeptor. Als Schulmeister kommt vor 1579 Friedr. Finger.

Collaboratoren dagegen 17: Schmnaier, Albrecht, Frank, Braunfels, Ahe- narins, Stengelin, Knoll, Sturm, Schäufelin, Heinlin, M. Westermaier, Parfi- monins, M. Calwer, Kienlin, Matthäus, Hecht. Zu Anfang des 30jährigen Krieges Magirus, 1616—1619.

Unter Herzog Friedrich i. 1593—1608.

Jn den ersten 2 Jahrzehnten des neuen, 17. Jahrhunderts, dauerte fur Weins- berg die glückliche politifche Stille der vorigen Periode (von 1553 an) noch fort — es war die fchwüle Ruhe vor einem Gewitter —; und wir haben außer dem Verlauf der Jahrgänge, der Witterung, der Wohlfeilheit oder Theurung :e. wenig befonders Bemerkenswerthes zu berichten.

1601 war ein »ungefchlachter" Frühling; der März gar naß mit Schnee, der April und Mai zu dürr, fo daß die Flüchte zurückblieken. Was noch vorhanden, kam naß heim- Demuach wenig und wieder theuer. Kernenpreis 7 fl. Wein- blüthe naß, daher wenig und faurer Wein. Nur Obst, Kraut und Rüben ge- riethen. Weinrechnung: Stuttgart 10 fl. 53 kr. 3 hlr., Lauffen 8 fl. 43 kr., Brackenheim 9 fl. 30 kr. Am 8. September um 2 Uhr nach Mitternacht wurde ein Erdbeben im ganzen Lande gefpürt.

1602 erfroren am 12. bis 23. April Berg und Thal fammt dem Obst, fo daß im folgenden Herbst zu Stuttgart keine Kelter gieng. Probft Magirus beklagte den Schaden in der Freitagspredigt folgenderweife: »Wir haben heute St. Georgentag, da leider! Gott erbarms! der Ritter St. Georg uff einem weißen Pferd mit folch Ungestümm und Graufamkeit bei Uns eingeritten, daß der Türkh, wenn er mit etlich 1000 Pferden in die Christenheit eingefallen, in fo kurzer Zeit fo großen Schaden nicht hätte thun können." Dagegen wuchs viel und gut Korn, Kraut «. Keruen- preis wieder 5 fl. Weinrechnung: Stuttgart 0, Lauffen 20 fl. 40 kr., Brackenheim 20 fl. 20 kr.

1603. Auf einen kalten Winter folgte ein kalter und strenger Frühling; März trocken, aber 14 Tage dicker Nebel. Noch 4. Mai Frost, nachher aber gefchlacht Wetter und wurde-das Jahr noch ein gefegnetes an Frucht undWein. Kernenpreis

4 fl. 12 lr. Weinrechnung: Stuttgart 11 sl. 30 kr., Laussen it., Brackenheim 11 sl. Am 10. September starkes Erdbeben zu Stuttgart.

1604. Nach einem langen strengen Winter später Frühling. Futtermangel, so daß die Wanne Heu 11 sl. galt. Sehr dürr. Honigthau, der das Obst, und Reisen, die denWein verdarben. Doch noch vollkommener Herbst, aber mit saurem Wein, den man Doppelvierer nannte. Kernenpreis 4 fl. 15 kr. Kein Obst. Weinrechnung : Stuttgart 5 fl. 55 kr., Laussen 5 fl. 48 kr., Brackenheim 5 sl. 24 kr. 5 hlr.

1605. Januar und Februar viel Regen und Ueberschwemmung; April Frost und Reisen. Mai Hagel und Gewässer. Daraus aber gut Wetter, so daß man vor Kreuzerhöhung lesen konnte, vielen und guten Wein bekam. Der Doppelvierer vom vorigen Jahr galt nur 5 sl. Kernenpreis 4sl. Weinrechnung: Stuttg. 5sl. 55kr., Laussen 4 fl. 16 kr., Brackenheim 4 sl. ,30 kr. (Am 3. Februar d. J. starb hier Anna, Hans Forchheimers vi6. 95 Jahr alt,)

1606. Ansang Januars viel Schnee aus einander, so daß man überall Bahn machen mußte. Biele Menschen, auch Obstbäume ersroren. An Lichtmeß Schnee- abgang ohne Ueberschwemmung. Jm März hestige Stürme. Um Johannis viel Regenwetter und schlechte Blüthe. An Laurentii schon Reisen, Wenig und saurer Wein. Jn Süddeutschland Seuche. Weinrechnung: Stuttgart 4 fl. 17 kr-, Lauffen 3 fl. 56 kr. Brackenheim 5 sl. 20 kr.

1607. Wenig Schnee und warmer Frühling; Mai und Juni schwere Gewit- ter mit großem Gewässer. Ueble Weinblüthe. Würmer. Wenig Wein, aber gut und stark. Gut Obst. Kernenpreis 5 fl. Weinrechnung: Stuttgart 12 fl. 22 kr., Laussen 12 sl., Brackenheim 12 sl. 15 kr. Erscheinen eines Kometen (nach Halley ident. mit dem von 1682).

Unter Herzog Johann Friedrich 1608-1628.

1608 sehr viel Schnee und so kalt, daß die Weinberge und Bäume ersroren. Anschwellen des Wassers, daß im ganzen Neckarthal Ein Eis von einem Berg zum andern war. Wein und Frucht blühte übel, daher Mißwachs und Ausschlag. Kernenpreis 7 fl. Weinrechnung: Stuttgart 11 sl. 30 kr., Laussen 12 sl., Brackenheim 12 sl. 30 kr.

Herzog Friedrich I., f 29. Januar. ,

1609 abermals ein kaltes Jahr, mit wundersamem Witterungswechsel. Um Lichtmeß so warm, daß man zeitige Erdbeere sand. Hernach wieder Winter, mit verderbl. Frost sür die Reben. Um Johannis wegen vielen Regens schlechte Blüthe. Dann solgten viele, die Winter- und Sommersrüchte verderbende Hagelwetter. Jm Herbst gesror es so hart, daß Eiszapsen von 1^ Länge an den Bütten hiengen. Daher gab es wenig Wein, Kraut :e. und gar kein Obst. Nach der ziemlich guten Erndte kam der Schessel Kernen aus 5 fl. Weil aber Alles nur über das Brod gieng, kam er bald wieder aus7fl. Weinrechnung: Stuttgart 15 fl. 15 kr,, Laussen 16 fl., Brackenheim 16 sl.

1610 zu Ende des vor. J. so dürr, daß die Saat erst im Jan. und Febr. d. J. ausgieng bei vielem Regen. Die Kälte im März und April aber zog den Saamen aus. Jm Mai groß Gewässer und verderbliche Hagelwetter, besonders um Heilbronn her. Die Frucht mußte also theuer werden. Kernenpreis 8 fl. Der Wein verblühte schon im Mai und die Lese begann schon am 22. Septemb. mit einem ausbündig guten Trunk, aber wenig. Weinrechnung: Stuttgart 9 sl. 55 kr. 4 hlr., Laussen 5 sl. 20 kr., Brackenheim 9 sl. Vlatternseuche.

1611. Jm Winter wenig Schnee; zu Ansang des Frühjahrs viel Regen, daher zweimalige Ueberschwemmung. Um Georgii sand man schon blühende Trauben an den Mauern. Es war so dürr, daß man nicht hacken und erst an Psingsten, wo eine Durchseuchte kam, psählen konnte. Die Blüthe war 14 Tage vor Johannis vorbei. Ende Junii hestige Gewitter, die über 100 Mal einschlugen. Vor Michaelis Reisen, daß alles Laub absiel. Erndte schwach. Wein ziemlich viel, aber sauer. Kernenpreis 9 sl. Weinrechnung: Stuttgart 8 fl. 17 kr., Laussen 7 sl. 30 kr. Brackenheim ebenso. Hin und wieder grassirte im Lande, d'^e, He^ m<d dM Nv^ gieng an der Uebergälle zu Grunde. Der Hos und d've Cemzl,n z'«nz Mnm °dN Pest von Stuttgart nach Urach. 18. September.

1612. (Weinsberg wird in diesem Jahr der Superintendenz Neuenstadt zugetheilt.) Winter so kalt, daß die Weinberge ersroren. Noch an Mattbiä t s Schnee, mit starker Kälte. Schneeabgang durch die Sonne. Hernach qros° >>, "^ Jm Mai und Jnli Hagelwetter, welche Frucht und Wein verderbet n^ss^5"' und nasse Heuerndte. Jn den Hundstägen Hitze, welche Alles ausb«m//<. D ^ wegen Sommersrüchte wenig. Wein desgleichen, wurde aber sehr gut. O^r ^' preis vor der Erndte 12 fl., nachher 9 fl. Weinrechnung: Stuttgart 12 st 22 /»"' Laussen 14 fl. 30 kr., Brackenheim 14 fl. 28 kr. Am 6. April kam der Hos'und die Canzlei, als die Pest nachgelassen, wieder nach Stuttgart. Hier große Sterblich-, keit. Es starben 276 Personen; im August 53, im Sept. 67, Okt. 29. Ost 5—6 an Einem Tag. Jm Todtenbuch die Bemerkung: Es sind über 22 junge Personen nnangezeigt — wegen des Läuterlohns — hinausgetragen worden.

1613. Warmer Winter, trockener Frühling. Jm Mai weitreichendes verderb- liches Hagelwetter mit Gewässer. Wo das Wetter nicht hinreichte, seine Erndte, so daß die Früchte von 9 fl. (vor der Erndte) aus 5 fl. sielen. Wein ziemlich viel, aber sauer. Weinrechnung: Stuttgart 11 fl. 4 kr., Laussen 8 sl. 20 kr., Brackenheim 8 fl. 28 kr. Seuche, die ungarische Krankheit genannt.

1614 sielen 36 Schnee aus einander und erstickten die Wintersrüchte, weil sie bei 18 Wochen gelegen, daß man Sommersrüchte nachsäen mußte, welche aber mancher Orten übel geriethen. Die Frucht schlug daher schnell aus; vor Lichtmeß Kernenpreis 5 fl., um Ostern 10—12 fl. Aecker so mit Gras bewachsen, daß man es zu Heu mähte. Man mußte Getreide vom Rhein holen. Wein wenig und sauer wegen nasser Herbstmonate und Reisens. Weinrechnung: Stuttgart 8 fl. 27 kr., Laussen 8 fl. 30 kr., Brackenheim 8 fl.

1615. Große Wärme an Ostern; aber 13. und 18. April und 1—6. Mai so schädliche Reisen, daß das niedere und mittlere Held e^ror. Das nicht ersrorene blühte vom 8. Juni an. Am 6. Juli ^chon Ansang der Roggenerndte. 8 Tage vor Jakobi waren alle Winter- und Sommersrüchte in den Scheuern, weil es dürr Wetter. Am 22. September war Herbst. Erndte gesegnet; Wein wenig, doch sehr gut. Die Eicheln geriethen so wohl, daß man noch im solgenden Frühling daran zu lesen hatte. Kernenpreis 5 fl. 30 kr. Weinrechnung: Stuttgart 16 fl. 40 kr., Laussen 16 fl, 30 kr., Brackenheim 16 fl.

1616. Nach Wärme um Weihnachten, bei der man 4000 Klafter Holz den Neckar herabstoßte, im Januar und Februar so große Kälte, daß alles unbezogene Rebwerk ersror. Das bezogene ersror den 1. Mai durch Reisen. 7. Juni Ansang der Heuerndte. Um Johannis Dinkelerndte. Juli und August große Dürre, wovon Bäche und Bronnen verfiegen giengen, die Wiefen verdorrten (ebenfo die Trauben an den Stöcken) und großer Waffermangel entftand. Den 4. Oktober fieng mau bei heißem Wetter zu lefen au und war in 3 Tagen fertig. Viel Frucht, aber wenig, doch köftlicher Wein. Kernenpreis vor der Erndte 5 fl., nachher 4 fl. Weinrechnung: Stuttgart 13 fl. 40 kr., Lauffen 12 fl. 20 kr., Brackenheim 12 fl.

1617 fehr früher Jahrgang. Pflügen und Hacken fchon Lichtmeß. Köftlich Wetter bis zur Blüthe, welche durch veränderlich Wetter und Regen verderbt wurde, daß sie 4 Wochen lang dauerte. Am 1. Oktober fielen Reifen ein. Die Lefe dauerte bei 4 Wochen und des Weins wurde fo viel, daß man ihn aus Mangel an Fäffern in die Züber einfchlagen mußte. Er war aber auch fo fauer, daß er vor 3 Jahren nicht zu genießen gewefen.

Eine große Zahl von Mäufen, von allerlei Farben, that großen Schaden am Getreide, bieß die Halmen entzwei und fchleppte die Aehren unter die Erde. Kernenpreis 4fl. Weinrechnung: Stuttg. 6 fl., Lauffen 5 fl. 30 kr., Brackenheim 5fl. 10kr.

Nach der am alten Thor des äußeren Gottesackers stehenden Jahrzahl 1617 wurde diefer Friedhof um diefe Zeit angelegt, der um die Kirche herum bestehende jedoch erst fpäter (fiehe 1807—1808) ganz verlaffen und theils gepflastert, theils zu einer Baumfchule angelegt.

Auf die glücklich^ Stille des letztbefchriebenen halben Jahrhunderts folgten nun die fchrecklichen Stürme des 30jährigen Krieges, welcher

1618 in Böhmen zum Ausbruch kam und welchen de» Herzog Johann Friedrich vergebens durch feinen Austritt aus der Union, durch Vertrag mit dem kaiferlich fpanifchen General Spinola :e. von feinen Grenzen fern zu halten fuchte.

1618 bis 1622 blieb noch Ruhe im Lande.

1618 war ein gutes und fruchtbares Jahr, da an Frucht, Obst, Kraut «. eine gute Nothdurft wuchs. Die Weinberge hatten im Winter Schaden genommen und es gab wenig und mittelmäßigen Wein. Kernenpreis 4fl. Weinrechnung: Stuttgart 8 fl. 27 kr., Lauffen 8 fl. 30 kr., Brackenhelm 8 fl.

Schon am 5. Oktober der erste Schnee.

Zu Weinsberg wurde am 20. Nov. d. J. Johannes Zecht, gewefener Provifor allhier, mit dem Schwerdte gerichtet und dann auf das Rad gelegt, weil er feine eigene Hausfrau, Columua (f 20. Nov. 1616), vergiftet.

eu6. ä!« ist feine Adhärentin, Maria Schreinerin, fo ihm zu diefer That geholfen, hier enthauptet worden (Todt-Bch.).

Jn diefemJahr ftund etliche Wochen ein Komet mit einem langen fächerartigen Schweif von 100 Graden am Himmel; für die damalige Zeit ein böfes Wahrzeichen. (f. Schillers Wallensteins Lager).

1619 erfroren die Weinberge fchon am Christfest zuvor und wieder durch einen Reifen am 20. April. Es gab demnach wenig, doch guten Wein; und war ein gefegnetes Fruchtjahr. Kernenpreis 3 fl. 45 kr. Weinrechnung: Stuttgart 9 fl. 12 kr., Lauffen 7 fl. 30 kr., Brackenheim 7 fl. 7 kr.

1620. Um 23. Februar 2 Nebenfonnen am Himmel. Glimpflicher Frühling bis 2. Juni, wo es 30tägiges Regenwetter gab, worauf ein fchrecklicher Sturm folgte. Am 19. und 23. Juli Hagel, Sturm, Platzregen, Ueberfchwemmungen im Neckar- und Remsthale. Es wuchs übrigens viel gute Frucht und gab einen ziemlich feinen Herbft. Kernenpreis 6—7 fl. Weinrechnung: Stuttgart 10fl. 21 kr., Lauffen 13 fl. 20 kr., Brackenheim 12 fl. Verwirrung beginnt mit dem Steigen der Mlinzforten. R.-Thaler von 1 fl. 48 kr. auf 2 fl. 4 kr., Goldgulden von 2 fl. 8 kr. auf 2 fl. 30 kr.

1621. Erfrieren der Weinberge am 4. Februar. Ziemlich mittelmäßiges Jahr; wenig und ein faurer Wein. Kernenpreis 12fl. Weinrechnung: Stuttg, 14fl. 30kr., Lauffen 15 fl., Brackenheim 13 fl. 20 kr.

Der Krieg nähert fich dem Lande mit der Befetzung der Pfalz durch den fpanifchen General Spinola und der Eroberung Heidelbergs. Auflöfung der Union. Unnatürliches Steigen des Münzpreifes, welches bewirkte, daß auch alle Lebensmittel auf's Höchfte ftiegen. Leichte und nichtswürdige Münzen von Kupfer. Der Herzog ließ unter anderen fchlechten Münzen die berüchtigte ganze und halbe Hirfchgulden fchlagen, wovon der ganze Gulden kaum einen Werth von 10 kr. hatte. Unfägliche Verwirrung und Noth entftand ans diefer Maßregel, der Verfchlechterung der Münze. R.-Thlr. galt im Dez. 6 fl. 30 kr., Goldgulden 8 fl., Dueate 12 fl.

1622 erfroren die Weinberge um Lichtmeß. Die Blühte litt durch Regenwetter. Die Früchte wurden durch Mühlthau verderbt und tanb. Wein wenig und fauer. Kernenpreis vor der Erndte 4, nachher 6 Reichsthaler. Der Reichsthaler galt aber im August 4fl. Weinrechnung in Folge der allgemeinen Geldsteigerung: Stuttgart 58 fl. 40 kr., Lauffen 80 fl., Brackenheim 64 fl.

Weinsberg mußte in diefem Jahre früher als andere Städte des Vaterlandes die Noth des 1618 ausgebrochenen 30jährigen Kriegs erfahren. Jn der Nahe von zwei Stunden, zwifchen Heilbronn und Wimpfen bei Ober-Eifisheim ereignete fich Einer der entfcheidenden Aufzüge des großen Trauerfpiels. Es war am

26. April 1622, wo Tilly die Schlacht bei Wimpfen fchlug und den Markgrafen Georg Friedrich von Baden besiegte; wo die 400 Pforzheimer Bürger unter ihrem Bürgermeifter Deimling heldenmüthig gekämpft haben follen, bis sie Alle gefallen waren*); wo der Brnder des Herzogs Johann Friedrich, Prinz Magnus von Württemberg auf dem Wahlplatze blieb, mit Wunden fo bedeckt, daß fein Leichnam nur noch an einem Muttermale erkannt werden konnte. Furchtbar tönte der Donner des Gefchützes nach Weinsberg herüber.

Von hier aus verbreiteten sich die Sieger unter Verwüstungen und Gräueln aller Art über die badifche und württembergifche Umgegend, zu welch letzterer auch Weinsberg gehörte. Jnsbefondere ging das benachbarte Neckargartach mit 519 Hofftätten im Ranche auf; die wenigen ftehen gebliebenen Häufer wurden rein ausgeplündert, die nicht geflohenen Bewohner wurden erfchlagen, erfchoffen, erftochen, die Fliehenden in den Bellinger Bach gefprengt und ertränkt. Und das war ein neutrales, zur Reichsftadt Heilbronn gehöriges Dorf!

Heilbronn fperrte und verfchanzte die Thore, vor welchen am folgenden Tag noch eine Menge aus der Schlacht entronnene, verwundete, oder halb verbrannte Soldaten und andere Leute, welche nicht weiter konnten, von den verfolgenden Baiern und Spaniern niedergemacht, oder in den Neckar gefprengt wurden. Viele verwundete, an Heilbronn in jener gräßlichen Nacht vorüberpafstrende Soldaten, welche im Höfenweiler nicht mehr Aufnahme finden konnten, find über das Mühlwehr durchkommen und »uf Weinsberg." »Die Crabaten (Croaten) »dieß verfluchte Volk" ift mit Würgen, Morden und Schänden nit zu erfüllen gewefen." (Heilbr. Arch.)

  • ) lieber diefe Sage vgl. v. Martens, Beil. XXV. zu S. 297. feiner Kriegsgefch.

Der lange Ausenthalt großer Heere in der Gegend von Heilbronn, die Plüu- derungen, die Furcht vor Beraubung, welche viele Auswärtige abhielt, Vietualien nach Heilbronn zu bringen, wo eine Garnison von zwei Compagnien schwäbischer Kreistruppen lag, steigerte die Preise der Lebensmittel daselbst aus eine unerhörte Höhe.

Nach den Heilbronner Rathsprotokollen vom Mai bis September d. J. galt das Malter Dinkel 9 und 10 fl. Korn 18-20 sl. Haber 8 s>. Eine Gans am 28. Dezember 6 sl. 1 Psund Schmalz im Oktober 2 sl. 30 kr. 1 Sri. Salz im November 16 sl. Eine Weinsberg er Frau ließ sich im Oktober sür 1 Psund Schmalz 2 sl. 30 kr. bezahlen, woraus ihr die Marktmeister den Rest wegnahmen und in das Spital trugen.

Der Kriegsschaden Heilbronns in diesem Jahr wurde aus 164,326 fl., der vom verbrannten Necfargartach aus 103,218 st, angeschlagen. Frankenbach wurde zweimal, am 27. April nnd wieder am 25. Nov. d. J.' geplündert. (Folioband, im Heilbr. Stadtarchiv v. 1631 v. B.-Mstr. Orth.) Ausstellung einer Landmiliz von 4 Regimentern neben den angeworbenen Söldnern. Neutralitätsvertrag mit ^Tilly, 18. Juni, den aber Tilly schlecht beobachtete.

Die obenerrührte, auch ausser Heilbronn herrschende Theurung rührte weniger von Mißwachs und den Kriegsnöthen her, als zugleich von der berührten, ausserordentlichen Geldsteigerung, wobei schon im Dezember 1621 der Reichsthaler von 2 fl. 20 kr. aus 6 fl. 30 kr,, der Guldenthaler von 2 fl. aus 5 fl. 30 kr., der Goldgulden von 2 fl. 30 kr. aus 8 fl., der Dueat von 3 sl. 30 kr. aus 12 fl. gestiegen war, die kupfernen Münzen aber in gänzliche Verachtung kamen, so daß nichts darum gekaust, werden konnte. Diese Geldnoth dauerte noch bis zum Juli des solgenden Jahres, wo der sränkische, baierische und schwäbische Kreis in Augsburg zusammentraten und die bisherige Münzsteigerung abthaten.

1623. Korn in der Blüthe durch Mühlthau verdorben. Raupensraß. Der Wein wurde vieler Orte verhagelt; daher es wenig und nicht den besten Wein gab. Kernen galt 12 fl. gut Geld. Weinrchg. Stuttgart 21 fl. 20 kr., Laussen 20 fl., Brackenheim 18 fl.

1624 ersroren die Weinberge der Niederung am 9. Januar. Jm Juni und Juli viele verderbliche Hagelwetter und Gewässer. Wo die Gewitter nicht hinreichten^ hatte man ein sruchtbares Jahr an Sommer- und Wintersrüchten, Obst «. Weniger an Wein, doch war dieser gut. Kernenpr. 12 fl. Weinrchg. Stuttgart 11 fl. 20 kr., Laussen 14 fl. 26 kr., Brackenheim 10 fl. Ausserordentliche Menge von Schmetterlingen. Raupensraß.

1625. Gewitter am 5. Januar Morgens 8 Uhr mit Regen und Schnee, wobei der Blitz in den Kirchthurm zu Ebersbach schlug, denselben anzündete und verbrannte. Ueberschwemmung im Neckarthal. Jm Februar Ersrieren des Frühobstes. Nachher Mai und Juni Taubwerden der Wintersrüchte. Böse und nasse Blüthe des Weins. Kaiwürmer. Frühe Reisen im September. Nur ein halber Herbst und mittelmäßiger Trunk. Kernenpr. 12^-16 fl. Weinrchg. Stuttgart 14fl. 40 kr., Lauffen 16 fl., Brackenheim 14 fl.

Zu Weinsberg brach in Folge des Kriegsjammers und des Mangels die Pest aus, welche in diesem Jahr 334 Menschen wegrasste. Beginnend im Juli mit 12. August 34, September 111, Oktober 103, November 34, Dezember 20 Personen.

Diae. bemerkt: 17 follen unangezeigt hinausgetragen worden fein. Diaeon ll. Alt- vatter fetzt in dem Todtenregister bei: Zeiüeet Koo nnuo towm ßr»»«»t» per urdem pr»e»elipto» r»pu!t mi»er», inolemeuti», z>e«ti»; >iu»m velit Ä nobi» iu po«terum »birs 8upremu», et ä»re äeiunoti» »eteru»« ß»u6i» vitne!

Bürger hatte die Stadt damals 290. Geboren wurden in diefem Jahr 55 Kinder. Früheres und fpäteres Mortalitätsverhältniß: Gestorben 1620: 41 Perfonen. — 1621: 45 — 1622: 58 — 1623: 49 — 1624: 50 — 1626: 60 — Geboren 56. 1627: 38 — — 70. 1628: 75 — — 63. 1629: 43 — — 75. 1630: 54 — — 64.

1626 war das achte Jahr des Krieges und das fechste der Theurung. Wein- berge, Roggen und Gerste erfroren. Der Dinkel kam naß heim, da es 10 Wochen lang, von Medardi bis Laurentii regnete. Daher große Theurung vor der Erndte. Kernenpreis 18—20 fl., nachher 7 fl. Hungersnoth, bei der Viele ihr Leben mit Gras, Disteln, Melten :e. bis zur Erndte zu erhalten fuchten. Jn Folge davon raffte die Pest im ganzen Lande bei 28,000 Menfchen weg. Herbstertrag gering und fchlecht. Weinrchg. in Stuttgart 17 fl. 30 kr., Lauffen 17fl. 17 kr., Bracken- heim 16 fl.

1627. Schneeabgang erst im März, daher die Winterfrüchte darunter erstickten. Jm Mai Erfrieren der niederen Weinberge. Heftige, weit verbreitete Hagelwetter. Jm Juli aufferordentlicher Sturm, der Häufer einriß und viele taufend Bäume zu Grund richtete. Lang andauerndes Regenwetter. Daher geringe Erndte. Wenig und faurer Wein. Kernenpr. vor der Erndte 9 fl., nachher 8 fl. Weinrchg. Stuttgart 14 fl. 17 kr., Lauffen 14 fl., Brackenheim 11 fl. 25 kr.

, 1628. Wieder ein kaltes und naffes Jahr; auf der Alb siel noch im Juli Schnee. Die Erndte fpät und naß eingebracht, daher Vieles verdarb. Kernenpr. 8 fl. Die Trauben erfroren ehe fie weich wurden, daher man sie mit dem Stempel verstieß und den ganz fauren Wein »den Stöffelw'ein» nannte. Jst vieler ganz abgestanden und fchwarz geworden. Weinrchg. Stuttgart 14 fl., Lauffen 17 fl. 30 kr., Brackenheim 14 fl. 40 kr. Der faure Wein des vorigen Jahres galt 30—40 fl., der drei- und vierjährige 105 bis 115 fl.

Am 18. Juli ftarb der Herzog Johann Friedrich. — Jm September d. J. wurde zu Weinsberg ein 27fähriger Menfch von Bretzfeld wegen mit feiner eige- nen Mutter begangenen Blutfchande und mit Schaafen getriebener Sodomie enthauptet und fein Körper zu Afche verbrannt. Jm November und den ganzen Winter hindurch lagen 40 Compagnien kaiferlicher Völker von Wallensteins ungezügelten Horden im Herzogthum im Quartier. Der gemeine Mann war mit Durchzügen, Schatzungen und Kriegslasten über die Maßen befchwert und die Soldaten trieben allen Muthwillen. /

Unter Herzog Eberhard III. 1628—74. Administr. Vormünder: Lud- wig Friedrich, f 1631 und Julins Friedrich, 1631—33.

1629. 6. März erschien das berüchtigte Restitutionsediet, wornach alle Kir- chengüter, welche durch den Passauer Vertrag und den Augsburger Religionssrieden in die Hände der Protestanten gekommen waren, den Katholiken zurückgegeben werden sollten. Zu dessen Erekution rückte der kaiserliche Feldherr, Wallenstein, Her- zog zu Friedland,

1630. 18. Januar mit 52 Compagnien kaiserlicher Truppen im Lande ein, welche, wo sie hinkamen, Alles aussraßen, "wie die Heuschrecken,« welche jeden Monat 120 bis 160,000 sl. kosteten und daneben sich gegen die »Ketzer" Ausschweisungen aller Art erlaubten. Vergeblich reiste der Herzog Vormünder im Mai d. J. selbst zu dem stolzen Wallenstein. Seine Bitten hatten keinen andern Ersolg, als daß die alten Soldaten abgesührt wurden und neue »Ausgehungerte" dasür in's Quartier kamen, die erst wieder ausgesüttert werden mußten.

Zum Glück war 1629 ein guter Jahrgang, worin es eine tressliche Erndte und einen guten Herbst gab, der vor Matthäi ansing. Kernenpreis deßhalb vor der Erndte 9 fl., nachher 7 sl. Weinrchg. Stuttgart 15 fl. 38 kr., Laussen 14 sl. 40 kr., Brackenheim 14 fl. Erdstöße am 27. Januar.

(1630 Landung Gustav Adolphs in Pommern) ' >

Auch 1630 war ein srühes Jahr, da gut Korn, auch viel und besserer Wein als 1629 wuchs. Es wurde eine besondere Münze geprägt mit der Umschrift: »Jn diesem Jahr von Most sehr gut, all Kelter überlausen thut." Kernenpreis 6 fl. Weinrchg. Stuttgart 7 fl. 20 kr., Laussen 7 fl., Brackenheim 5 fl. 20 kr.

Aber es wäre sonst auch nicht möglich gewesen, den kaiserlichen Truppen monatlich 25,000 fl. zu eontribuiren. An dieser allgemeinen Landeskalamität hatte Weinsberg bald entsernteren, bald näheren Antheil; näheren besonders Ende Novembers 1631 wo von dem kaiserlichen Heere unter Gras Egon von Fürstenberg ein loth- ringisches Regiment in die benachbarte Reichsstadt Heilbronn gelegt wurde, zu dessen Unterhalt die ganze Umgegend beitragen mußte.

'Glücklicher Weise war 1631 abermals ein sruchtbares Jahr, wo vorJakobi Erndte uud vor Michaelis Herbst war, wo viele und gute Frucht und die Menge köstlichen Weines wuchs, also daß, wegen der drei auseinandersolgenden reichen Herbste, 1 Maas Wein, wie ein Ei, 1 kr. kostete und man aus Mangel an Fässern Vieles in Bütten und Zübern einschlagen mußte. Kernenpr. 4 fl. Weinrchg. Stuttgart 5 sl. 4 kr., Laussen 4 fl. 20 kr., Brackenheim 4 fl.

1631. Jn den Sommer d. J. siel der spottweise sogenannte »Kirschenkrieg,« der'kurze, vergeckte Feldzug des Herzog Vormünders Julins Friedrich — in Folge Beschlusses des Leipziger Convents gegen den mit 24,000Mann heranrückenden kaiserlichen Feldherrn Grasen Egon von Fürstenberg, beendigt durch einen höchst demüthigenden, kostspieligen Vertrag, in dessen Folge 12 Compagnieen im Standquartier blieben und besoldet werden mußten. Daneben zogen Heeresabtheilungen des Herzogs von Lothringen, die räuberischen Horden des Tilly, Altringer, Ossa durch's Land, welche aus's Schlimmste hausten und die Unterthanen sast zur Verzweislung brachten. Nach der siegreichen Schlacht bei Leipzig (7. Sept. d. J.) zog am 9. Dezember 1631 der, mit seinem großen König Gustav Adolph (24. Juni 1630) herübergekommene schwedische Feldmarschall, Gustav Horn, von Franken her in Weinsberg ein, berannte am solgenden Morgen die Reichsstadt Heilbronn, nöthigte schon am 22. Dezember die dort unter General Ossa liegende kaiserliche Besatzung zur Uebergabe und ließ bei seinem Abmarsch gegen Franksurt am 25. De- zember eine schwedische Besatzung von 500 Mann unter dem Oberstlieutenant Schmidberger zurück, der die Stadt noch mehr besestigte und alle Vorräthe an Früchten und Wein aus den umliegenden Ortschasten dahin sühren ließ*). Einer seiner Soldaten stach einen Weinsberger Bürger zwischen Heilbronn und Wei.nsd«H so gesährlich, daß er zwei Tage daraus starb. 21.—23. Dezember.

1632. 22. Febr. verließen die kaiserlichen Truppen, als der Schwedenkönig vom Rhein aus gegen Baiern sich wandte, das Württemberger Land und ihrem Rückzuge solgten die Mönche und Nonnen, welche seit dem Restituüonsediet die württembergischen Klöster besetzt gehabt hatten.

Der Herzog Administrator verbündete sich nun ossen mit den Schweden, ohne jedoch dadurch sein Land von den Kriegslasten srei machen zu können. Denn die Soldaten des nenen Freundes erlaubten sich nicht weniger Ausschweisungen, als die des Feindes, der aus der westlichen Seite, von Baden her, wieder eindrang und im August d. J. das Gränzstädtcben Knittlingen verbrannte und die Einwohner mordete. Auch hiebei zog sich der Schrecken des Kriegsgetümmels in große Nähe von Weinsberg. (Kamps von G. Horn mit Ossa bei Wießloch.)

Hier, in Weinsberg starb in diesem Jahr ein Soldat vom schwedischen Kanonischen Regiment. (Todtbch.)

Jm Juni d. J. wurde ein Corporal unter Bernhards von Gültlingen Comp, zu Pserd im Wirthshaus von einem Soldaten dieser Comp, erstochen und hier begraben.

Gustav Adolph endete am 6. Nov. d. J. sein Heldenleben in der Schlacht bei Lützen.

Jn diesem Jahr gab es eine gute Erndte. Kernenpreis 5 fl. Wein aber gab es wegen übler Blüthe und srühzeitigen Herbstsrostes wenig und sauren. Weinrchg. Stuttgart 6 fl. 25 kr., Laussen 7 sl., Brackenheim 6 sl. 40 kr.

1633, wo Herzog Eberhard III. die Selbstregierung antrat, sah Weinsberg in seiner Nähe die große Versammlung von den evangelischen Ständen des ober- und niederrheinischen, des sränkischen und schwäbischen Kreises, nebst den Gesandten von England, Frankreich, Dänemark «., welche der Kanzler des am 6. Nov. v. J. gesallenen Königshelden, Gras Axel Oxenstierna im Saale des deutschen Hauses zu Heilbronn veranstaltet hatte, um mit ihnen gemeinschastliche Maßregeln gegen den Feind zu berathen und die ersorderlichen Beschlüsse wegen enger Verbindung der vier Kreise mit Schweden zu sassen.

Hier trug Württemberg auch seine Beschwerden über die Ausschweisungen der schwedischen Truppen bei Durchmärschen und Quartieren mit schauderhafter Wahrheit vor. Aus der Weinsberger Chronik ist von diesem Jahr zu berichten, daß am 28. Febr. eine Magd von Widdern, welche zu Schwabbach diente, wegen Ermordung ihres unehelichen Kindes mit dem Schwerdt gerichtet wurde. Auch ward im Februar ein Soldat von Zittlingen, O.-A. Möckmühl, hieher gesührt und begraben.

Die Erndte dieses Jahrs war gut. Kernenpreis 7 sl. Die Weingärten aber ersroren am 17. Mai und durch Frühsrost vor dem Herbst, in welchem man wegen Kälte Morgens vor 10 Uhr nicht lesen konnte. Daher gar wenig und saurer Wein. Weinrchg. Stuttgart 10 sl. 17 kr., Lauffen 12 fl., Brackenheim 12 fl.

') I!>e»trum «urs>p, II. 496.

Wie bald zerstoben die schönen Hossnungen aus Ruhe und Frieden, welche sich an die Heilbronner Zusammenkunst des vorigen Jahres anlnüpsen mochten!

1634. Schon zu Ansang des Augusts d. I, als Ferdinand, König von Ungarn, an der Stelle des zu Eger am 24 Febr. d. J. ermordeten Wallenstein den Oberbesehl über das kaiserliche Heer übernommen, Regensburg erobert hatte und bei Riedlingen stand, kamen nach Weinsberg Flüchtlinge aus der Grasschast Limpurg, welche vor einem in der Grasschast eingesallenen Corps Croaten und dessen unmenschlichen Grausamkeiten ihre Heimath verlassen hatten und gegen ein Vierteljahr lang sich im Elend umtreiben mußten, ehe sie wieder mit einiger Sicherheit heimkehren konnten. Das Todtenregister von diesem Jahr zählt zwei Fremde katholischer Con- session «so im Exil umzogen« und ein Kind von Psarrer Seysserlein zu Sulzbach im Limpurgischen, die hier starben*). '

Nach der unglücklichen Schlacht bei Nördlingen, 27. Aug. 1634, in wel- cher die Schweden unterlagen und auch gegen 4000 Württemberger sielen, über- schwemmte das siegreiche kaiserliche Heer Württemberg und bezeichnete durch Rau- ben, Morden und Brennen die Bahn, welche es zur Versolgung seiner Feinde wählte.

Der junge Herzog sloh zu seiner Mutter nach Straßburg; ihm nach alle seine Räthe und Diener mit Weib und Kindern und aller beweglichen Habe. Niemand dachte an Widerstand, oder traetatenmäßige Unterwersung. So hatte das arme Land wehrlos die grausamste und surchtbarste Rache des Siegers zu sühlen.

Während der König Ferdinand über die rauchenden Trümmer der Reichsstädte Giengen und Aalen, der Stadt Waiblingen und vieler anderer Dörser Stuttgart zuzog, wo er am 10. September seinen Einzug hielt und sich huldigen ließ, siel eine andere Heeresabtheilung von Hall her

Mitte Septembers d. J. in Weinsberg ein, plünderte die Stadtrein aus, und es wurden bei diesem Uebersall zehen wehrlose Menschen ermordet, worunter der CoUaborator öl. Johann Jakob Weissing, dessen Stelle nachher lange unbe- setzt blieb. Nürtingen, Böblingen, Herrenberg, Calw und viele Dörser hatten das gleiche Schicksal und wurden überdieß noch eingeäschert, wobei Männer, Weiber und Kinder schonungslos ermordet wurden.

Jn dem benachbarten, besestigten Heilbronn lag noch eine schwedische Be- satzung unter dem Besehlshaber Seng er, welcher die Aussorderung zu übergeben abwies, 18. September d. J., woraus die Kaiserlichen die Stadt beschossen, so daß allein in dieser Nacht 100 Gebäude in Rauch ausgiengen. Die sortdauernde Beschassung nöthigte endlich den schwedischen Besehlshaber, mit den Kaiserlichen in Unterhandlung zu treten und die Stadt am 21. September zu übergeben, wobei die durch das Brückenthor abziehenden Schweden vor ihrem Abzug, ebenso wie die einziehenden Kaiserlichen plünderten. 6 Abtheilungen kaiserlichen Fußvolks blieben in der Stadt und wurden bei den Bürgern, welche entwaffnet wurden und 45,000 sl. Contribution bezahlen mußten, einquartiert. Der Schaden durch die Beschießung belies sich aus 200,000 sl.

  • ) Preschet, Gesch. der Grastchast Limburg I. 355. Sevsserlein schreibt selbst, er habe sich, als kein Mensch mehr im Dors war, nacher Schorndors zu seinem gnädigen Herrn und bann nacher Weinsberg und Heilbronn zu Weib und Kindern begeben und neben au- dern Predigern der Herrschast Limvurg und Anderen sast ein Vierteljahr lang ausgehalten, bis sie wieder sicher heimreisen könneu.

Mittlerweile setzten sich kaiserliche Truppen auch in das Weinsberger Thal, plünderten Alles rein aus, raubten selbst den Altären und Kanzeln ihre Bekleidungen, ruinirten die Orgeln und nöthigten durch Mißhandlungen aller Art die Einwohner zur Flucht.

Die Erndte war zwar gut gewesen und der Kernenpreis stand aus 4 sl. Die Weinberge versprachen einen herrlichen Ertrag. Aber dieser konnte wegen Mangel an Sicherheit und an Zugvieh nicht eingeheimst werden. Die Felder blieben aus den gleichen Gründen unbebaut, weil den Bauern alle Pserde genommen worden. Kaum daß Einzelne von den Soldaten um geringes Geld einen abgerittenen, krummen, hinkenden Gaul kausten, um mit demselben die Saat einzueggen.

Dieß und die muthwillige Zerstörung der Saaten, die Anhäusung von Menschen in der ausgesogenen Gegend:e. hatten Hungersnot!) und große Theurung zur unausbleiblichen Folge, zumal da auch

1635 die Weinberge an Lichtmeß ersroren, die Vlüthe vom vielen Regenwetter verdorben wurde, sosort wenig und saurer Wein wuchs, und der alte Wein in den Dörsern von den Soldaten ausgetrunken, in den Städten aus Abschlag an der Contribution genommen und weggesührt wurde, so daß deu Bürgern gar nichts davon übrig blieb. Jn mehreren Städten gieng keine Kelter, wie in Tübingen, Waiblingen, Marbach, weil kein Wein gewachsen/ Weinrchg. Stuttgart 16 fl. 7 kr., Laussen 13 sl. 33 kr., Arackenheim 10 sl. 40 kr. Der Schessel Kernen stieg aus 20 bis 21 sl.

Eine Folg« dieser Hungersnoth, wobei viele Hunderte sich mit Nesseln, Schnecken, gemahlenen Eicheln, mit dem Fleisch gesallener Soldatenpserde, mit Huude- und Katzensleisch nährten, war eine pestartige Seuche, welche im ganzen Lande einrieß und schon zu Ansang des Jahrs 1635 nach Weinsberg kam, und in diesem Jahr 646 Menschen wegrasste. Unter diesen waren übrigens auch hieher geslüchtete Leute aus den benachbarten Orten Ellhoseu, Eberstadt (worunter der dortige Schulmeister und ein Töchterleiu des Psarrers), Hölzern, Gellmersbach, Grantschen, Lehrensteinsseld, Kochersteinsseld (worunter des das. Psarrherrn Magd), Eschach (die Frau des dortigen Psarrers öl. Regulus), Sulzbach im Limpurgischen, s. oben, u. s. s., so wie Soldaten vom Oberst MilheimischenRegiment, »so allhier gelegen,« ein Sattler dieses Regiments, eine Soldatensrau und ein Söhnlein von einem kaiserl. Artillerie-Feldzeugwart. Es starben im Januar 19, Februar 20, März 28, April 19, Mai 28, Juni 35, Juli 75, August 119 (ost 6-9 an Einem Tag), September 147, Oktober 124, November 26, Dezember 6 Personen. Das uneinsletzte Opser dieser Seuche war der Todtengräber. f am 25. Dezember d. J.

Auch der durch bedeutende Stistungen an Gütern, Geld und Büchern noch im Andenken Weinsbergs stehende, kaum '/« Jahr hier als solcher dienende Diaeo- nus, Äl. Johann Michael Weiler, vorher hiesiger Präeeptor von 1607 an, wurde ein Opser dieser Seuche, -j- 13. Oktober d. J., sowie der Viearins öl. Johann Jakob Engelhard v. Biberach, 26 Jahre alt.

Die Einwohnerzahl, welche im vorhergehenden Jahre noch 1416 betragen hatte, wurde dadurch um mehr als den dritten Theil vermindert. Geboren wurden in diesem Jahr nur 38 Kinder, darunter auch von Auswärtigen, zwei von Soldaten des Oberst Milheimischen Regiments, und eins von Psarrherrn öl. Engelhard im Kraichgau zu Lichtersheim; während 1631:, 68 und 1632: 54 Geborene vorkommen.

Auch im benachbarten Heilbronn rasste die Pest ost täglich 40—50 Personen weg. Zu Stuttgart starben in diesem Jahr 4379 Menschen. An Geistlichen und

Dillen!««, W«i«sberg, jO

Stipendiaten, die in diefem Jahr gestorben, zahlte man 354, worunter 3 Pröbste, 5 Aebte, 233 Pfarrer, 29 Diaeone, 46 Stipendiaten, 38 Klosteralumni. Die Geist- lichen waren meistens der erste, der gefuchteste Gegenftand der Soldaten, und wer der ersten streifenden Partie entgieng, den traf gewiß die zweite. Jünglinge, welche kaum die Universität gefehen hatten, mußten zu Pfarrern beftellt werden. Jnnerhalb sieben Jahren, von 1634—1641 verloren sich 345,000 Menfchen und das treffliche Land, das ehemals bei '/' Million Einwohner genährt hatte, zählte im Jahr 1641 kaum noch 48,000.

Der Verluft durch kaiferliche Winterquartiere und Brandfchatzungen von der unglücklichen Schlacht bei Nördlingen bis zum Dezember 1638, wo der Herzog wieder nach Stuttgart kam, ftieg über 45 Millionen, ohne den Verlust durch Raub, Plünderung und Brand, der auf 60 Millionen gefchätzt wurde*).

Von den Brutalitäten, welche sich die zügellofe Soldateska erlaubte, gibt die Weinsberger Chronik folgende Beifpiele:

1635, den 26. Mai, als auf dem Rathhaufe eine Amtsverfammlung gehalten wurde, feuerte ein Soldat aus des Sattlers Jörg Grimmen Stube mit einer Pistole nach der Rathhausstube hinüber und erfchoß den Schultheiß von Böhringsweiler, Paul Rebus.

eo6. »nun den 14. Juli wurde Jakob Mührlein, ein Bäcker von Weinsberg von einem Soldaten bei Neckarfulm erstochen. Auch wurden gegen 30 Gebände hier muthwillig abgebrannt. Aber auch von der Demoralifation des Volks in diefer Zeit der Noth und des Elends liefert die Chronik ein Beifpiel.

1635 lag in der Stadt und Gegend das kaiferliche Milheimifche Reiterregiment, deffen Oberstwachtmeistern aus feinem Bagagewagen bei Nacht eine große Summe Geldes an Gold und Silber gestohlen wurde. Die beiden Diebe, der Eine von Bretich (Brettach), der Andere ein Knecht des hiesigen Wolf Rietmüller, wurden

am 10. März d. J. zu Weinsberg enthauptet. Durch Ausfchließung Württembergs von dem am 30. Mai 1635 mit Churfachfen gefchloffenen Frieden zu Prag hatte der Kaifer gezeigt, daß er im Befitz von Württemberg bleiben wolle und bald verfchenkte er Theile deffelben an feine verbündete Verwandte und an feine Diener, während dem Herzog nur aus Gnaden ein paar Aemter feines angestammten Herzogthums zum Lebensunterhalt ausgefetzt werden follten.

Am 16. Oktober d. J. fchenkte er Stadt und Amt Weinsberg feinem Liebling, dem Grafen Maximilian von Trautmannsdorf, dem er fchon den 5. Oktober zuvor ebenfo Neuenstadt gegeben hatte. Wegen der herrfchenden P e st- feuche ließen der kaiferliche Statthalter in Württemberg, Graf Ulrich von Wolkenstein und der abtrünnige Profeffor Befold, welchen feine neuen Glaubensgenoffen nach feinem öffentlichen Uebertritt 1634 mit der Stelle eines Regimentsraths in Stuttgart belohnt hatten, die Bürger und Amtsunterthanen von Weinsberg in einem Garten verfammeln, um fie aus den kaiferlichen Pflichten zu entlaffen und an den Graden von Trautmannsdorf zu überweifen. Auch der Weißenhof wurde an den Grafen in Erbbestand gegeben.

») Spittler Gefch. Württembergs ?, 254 folgd.

t) Stadt nnd Amt Weinsberg nnter (östreich.) gräflich Trantmanns- dorf'fcher Herrfchaft. 1635—1646.

Den evangelifchen Pfarrern der neuen Herrfchaft wurde der freie Abzng bewilliget, weil die Kaiferlichen überall mit ihrer Herrfchaft auch die päbstliche Religion wieder einzuführen im Sinne hatten; wie denn auch bereits nach der Nörd- linger Schlacht alle Stifter und Kloster im Land wieder von den geistlichen Ordens- leuten in Befitz genommen waren. Die gedachte Maßregel fcheint aber nur bei der Kirche vom vormaligen Kloster Lichtenstern durchgeführt worden zu fein, welche (nach Binders Kirchen- und Lehrämtern I. p. 333) von 1635 bis 1642 »wieder in katholifchen Händen war," Der evang. Stadtpfarrer in Weinsberg Kl. Pfeil starb den5, Septmbr. 1636 und wurde 1636 wieder durch den evangelifchen Stadtpfarrer KI. Oesterlin erfetzt. Der evangel. Diaeon >I. Weiler ftarb nach Obigem im Oktober 1635 <und wurde 1636 durch den evangel. Kl. Heß erfetzt. Von 1640 bis 1662 war das Diaeonat mit Christoph Kautz befetzt, welcher den 19. Februar 1662 hier ftarb. Uebrigens ist es, in Beziehung auf obgedachte Abficht der neuen Herrfchaft, nicht unbemerkt zu laffen, daß die Lichtensternfche Pfarrei Obereisisheim (damals Neuenftadter Superintendenz) von 1636—39, Untereifisheim von 1636—49 vaeant, Lampoldshaufen von 1636—48 »öde und leer" stand, fo wie daß in den Weinsberg- fchen Vezirkspfarreien Bitzfeld, Eberstadt, Horkheim, Schwabbach, Waldbach und Willsbach gerade im Jahr 1636 neue Befetzungen, wenn auch mit evangelifchen Geistlichen vorkommen, ebenfo bei den Diaeonaten Neuenstadt und Möckmühl und bei den Neuenstadter Pfarreien Cleverfulzbach, Gochfen, Roigheim, Siglingen und Widdern. Jndeffen kommt hier im Allgemeinen in Betracht, was Spittler in obengenannter Stelle über das fich Verlieren von über 300 Kirchendienern und von ihrer Erfetzung durch junge Leute, die kaum die Univerfität gefehen, und die oft mit einer Poftille unterm Arm ausgefendet wurden, erzählt.

Wie die obengenannten fechs evangelifchen Geistlichen der Superintendenz Weins- berg gerade in diefem Unglücksjahre von ihren Stellen weggekommen, was für Drangfale diefer fchreckliche Krieg über sie gebracht, davon fnidet sich nur die Spur, daß dem Pfarrer von Eberftadt, KI. Renz, im August d. J. ein fechsjähriges Töchterlein, dem Pfarrer von Obereifisheim, >I. Oesterlin, am 27. Dezember als das letzte Opfer der Pest ein Kind in Weinsberg starb, beide alfo wohl mit ihren Familien auf der Flucht in Weinsberg waren. Beide verfchwinden 1635 von ihren Stellen. Oesterlin kommt 1636 als Stadtpfarrer nach Weinsberg, f. oben.

1636 war abermals ein Hunger- und Theurungsjahr, darin zwar der Wein wohl gerathen, der Ackerbau aber aus Mangel an Pferden größtentheils wüfte liegen geblieben. Denn wegen ftetiger Unsicherheit konnte auf dem Lande Niemand Pferde behalten. Was hie und 5a mit der Haue bebaut wurde, war nicht von Bedeutung. Dazu eine neue Plage, zahlreiche Mäufe. Daher fchlechte Erndte. Der Scheffel Dinkel galt 10 fl. Aus Hunger zankte man fich um Roß- und Hunde- fleifch; die Armen verzehrten Ratten und Mäufe. Niemand hatte noch Lust zu Feldgefchäften; Weinberge und Aecker blieben fast alle wüste liegen, weil es immer im Winter Quartier, im Sommer Parteien und Durchzüge gab, wo Niemand des letzten Laibs Brod, den er hatte, ficher war. Es ftarben übrigens in diefem Jahr nur 79 Perfonen, etwas über '/' mehr als in gewöhnlichen Jahren. Dagegen f. 1637. Der Wein gerieth noch am beßten. Weinrechnung: Stuttgart 13 sl., Lauffen 12 fl., Brackenheim 12 fl.

1637. Aus den Hunger des vorigen Jahrs solgte zu Weinsberg in diesem, Jahr eine große Sterblichkeit. Es starben 192 Personen. Viele Fremde wurden todt aus der Gasse gesunden; so im Juli »ein armer Bub von Grantschen todt im Gras gesunden," »eine arme Bettelsrau aus der Gasse todt beim Mist gelegen;" »im April und Juni 2 Arme — Name unbekannt — todt aus der Gasse gesunden;« »im September ein Küser von Beilstein todt aus dem Mist gesunden." (K.-Buch.) Weil die Parteien den Ochsen nicht so gesähr waren, wie den Pserden, so sieng man an, Ochsen zu kausen, um den Ackerbau zu treiben. Vor der Erndte galt 1 Schessel Dinkel 11 sl. 15 kr., nach derselben 8 sl. und nach Martini 6 fl. Das Rebwerk hatte gut Wetter zum Blühen und zur Heitigung. Jn den wüstliegenden Weinbergen hieng Alles voll Trauben. Der Herbst aber war wegen Unsicherheit langwierig, an vielen Orten wurde erst um Martini abgelesen. Wein gab es vielen und guten. Gleichwohl war die Weinrechnung niedrig. Stuttgart 7 sl. 34 kr., Laussen 9 sl. 20 kr., Brackenheim 6 sl. 40 kr. Aus dem Land galt der Eimer nur 4—5 fl. und doch wollte Niemand kausen.

Kaiser Ferdinand II. starb am 15. Februar d. J. und sein Sohn Ferdinand Hl., welcher ihm aus dem Thron solgte, versprach dem vertriebenen Herzog Eberhard III. schon

im Mai 1638, daß er inzwischen den nöthigen Unterhalt aus seinem Lande beziehen dürse, bis es die Umstände gestatten würden, dasselbe wieder in Besitz zu nehmen. Es stand aber noch bis zum

11. Oktober 1638 an, bis der Herzog nach 4jähriger Abwesenheit wieder nach Stuttgart kommen und von den Bevollmächtigten des Kaisers die Regierung über- nehmen durfte.

Weinsberg und Neuenstadt aber blieben noch beinahe 8 Jahre länger im Besitze von Trautmannsdors.

Auch in diesem Jahr dauerte die Noth noch sort. Jm April wurde eine Frau von Vorhos todt in einem leeren Hause, eo6. eine Frau von Heilbronn vor dem unteren Thore todt aus dem Mist gesunden.

Die Sommersrüchte waren in diesem Jahr schlecht, die Wintersrüchte aber, wo Etwas angeblümt worden, gut gerathen. 1 Scheffel Dinkel galt 7—8 sl. Der theilweise im Mai ersrorene Wein hatte wegen Regenwetters um Johannis keine gute Blüthe; daher wenig, aber ein Ausbund gewachsen. Weinrechnung Stuttgart 6 sl. 30 kr., Laussen 8 fl., Brackenheim 7 fl. 36 kr. (Sieg Herzogs Bernhard von Weimar über die Kaiserlichen am Rhein. Eroberung von Breisach.)

1639 war ein ziemlich nasses Jahr, darin jedoch wieder eine seine Erndte und gute Frucht gewachsen, weil man sich wieder ziemlich mit Ochsen und Pserden versehen und die Felder angebaut hatte. Vor der Erndte DinlÄpreis 4 fl., nachher 2 sl. 30 kr. Wein ziemlich viel, aber sauer. Am 4. Oktober wegen eingesallener Kälte allgemeiner Herbst. Weinrechnung: Stuttgart 12 sl., Laussen 10 fl. 40 kr., Vrackenheim 7 sl. 36 kr. — Herzog Bernhard von Weimar f 8. Juli 1639. Fortdauernde Noth durch Contributionen, Durchzüge und schwere Winterquartiere. Jm April starb hier das Kind eines Fouriers von der Koinpagnie Oberst von Reinach.

1640 von Weihnachten bis Lichtmeß gelind und warm; hernach aber wieder Schnee und Kälte, wovon die Reben litten. Nach der Frühlingssaat große Dürre, daher langsames Ausgehen der Sommersrüchte. Wintersrüchte wohl gerathen. Dinkelpreis 2 fl. 8 kr. Bor Michaelis wieder Frost, daher faurer Wein, aber in ziemlicher Menge. Weinrechnung: Stuttgart 13 fl. 35 kr., Lauffen 12 fl., Brackenheim 9 fl. 20 kr. Jn diefem Jahr ließen fich viele Wölfe fammt ihren Jungen fehen und um Martini war der Boden fchon fo gefroren, daß man die Weinberge nicht beziehen konnte. Auch in diefem Jahre hörten die Contributionen und häusige Winterquartiere noch nicht auf, wodurch Alles, was im Sommer gewachfen, wieder alsbald aufgezehrt wurde. Am 23. August starb der Diaeonus Gottfried Heß, Sueeeff. Kautz.

1641. Naffer und fpäter Frühling. Noch am 4. Mai Erfrieren der niederen Weinberge dnrch Reifen. Vor Johannis kaltes Regenwetter. Froft im September. Daher wenig und fanrer Wein. Erndte zwar fein, aber naß heimgebracht. Dinkelpreis 2 fl. Weinrechnung: Stuttgart 13 fl. 53 kr., Lauften 17 fl. 20 kr., Brackenheim 13 fi, 20 kr.

1642. Erfrieren der Weinberge am 18. April. Regenwetter von Medardi an 4 Wochen lang, daher fchlechte Blüthe und viel Futter auf dem Felde verdorben. Nach Kiliani bei warmem Wetter gute Erndte. Dinkelpreis 1 fl. 40 kr. Wein gut, aber wenig. Weinrechnung: Stuttgart 17 fl. 26 kr., Lauften 18 fl. 17 kr., Brackenheim 18 fl. 40 kr. Außerordentlich viele Staaren zum Schaden der Weinberge. Starkes Erdbeben am 18. November.

1643. Nachdem Orenstierna fchon im Jahr 1635 Frankreich zum Verbün- deten gegen den Kaifer bekommen hatte, gieng zu Ende des Jahrs 1642 der franzöfifche Marfchall Guebriant mit einem starken Corps über den Rhein, um sich in Schwaben Winterquartiere zu fuchen. Das ganze französifch-weimarfche Heer lag bei 6 Wochen hier und in der Umgegend, wobei Unordnungen aller Art vorkamen und gegen 30 Gebände in Rauch aufgingen (W. J.-B. v. 47.).

Wie die Nähe der damals festen Reichsstadt Heilbronn für Weinsberg fo oft unheilbringend gewefen, fo auch dießmal. Als das franzöfifche Corps im Jan. d. J. von Heilbronn aufbrach und über Lauften landaufwärts zog, wo es bei 3 Wochen lang stille lag, rückten ihm die Baiern nach und in Weinsberg ein, wo der Herzog Carl von Lothringen mit 3000 Lothringern, in 10 Schwadronen Reitern und 20 Compagnieen zerlumpten Fußvolkes bestehend, zu ihnen stieß. Weinsberg, damals noch Trautmannsdorfifch, war wohl für fie Freundesland. Dennoch raubte das Gefindel, wo es einfiel, Alles aus und erst, nachdem Alles rein aufgefreffen war, rückten die beiderfeitigen Heerhaufen landaufwärts gegen Rottweil, um den Franzofen diefe, mit einem bayerifchen Magazin in ihre Hände gefallene Stadt wieder zu nehmen, wobei, Guebriant an einer erhaltenen Wunde ftarb.

Jm Januar d, J. foll es hier Blut geregnet haben. Der Winter d. J. war leidentlich, aber der Frühling fpät. Rebwerk noch am 6. und 7. Mai, durch Reifen erfroren, ebenfo durch Frühfroft im Herbft. Daher wenig und ein mittelmäßiger Trunk. Weinrechnung: Stuttgart 16 fl. 8 kr., Lauften 17 fl, 20 kr., Bracken- heim 16 fl. 21 kr. Erndte dagegen reich und trefflich. Dinkelpreis 1 fl.

1644 war ein rauher und kalter Winter mit — im Schwarzwald — mannstiefem Schnee, der bis Ende März gelegen. Am 29. und 30. Mai erfror das Rebwerk fo, daß man auf Nichts mehr hoffte. Weil aber auf die Kälte gutes Wetter folgte, erholte sich noch Manches, daß man eine reiche Erndte — und zwar wenig, aber einen köstlichen Wein erhielt, Dinkelpreis 1 fl. 30 kr. Weinrechnung: Stuttgart 18 fl. 40 kr., Lauften 10 fl., Brackenheim 18 fl. 40 kr.

1645, wo fich Spnren von einem hier gelegenen bayerifchen Regiment im Todtenbuche sinden — s. unt. — brachte den Kriegsschauplatz wieder in die Nähe ven Weinsberg, indem die mit Schweden verbündete Franzosen vom Rheine her, nach Gewinnung von Mainz, Mannheim, Philippsburg über Weinsberg, wo das Hauptquartier am 21. August blieb*), unter Marschall Türenne am 22. August vor Heilbroun rückten (wo eine kaiserliche Besatzung von e». 1500 Mann lag), sich in den Weinbergen verschanzten, ein Lager schlugen, in der Umgegend unerschwingliche Lieserungen ausschrieben und die Stadt Heilbronn beschossen. Regenwetter, Hungersnoth und das Anrücken eines kaiserl. bayerischen Heers nöthigten sie aber, die Belagerung wieder auszuheben und weiter nach Hall zu ziehen. Am 30. September rückte das bayerische Heer unter General Gallas in die Gegend ein.

Außer einem vielsach verderblichen Sturm am 19. Jan. war es ein gar gutes und sruchtbares Jahr mit viel guter Frucht und einem stattlich guten Wein. Dinkelpreis 1 sl. 30 kr. Weinrechnung: Stuttgart 8 sl, 40 kr., Lauffen 10 sl. 40 kr., Brackenheim 9 fl. 20 kr.

1646. Die ungünstige Wendung, welche der, auch während der sast 4jährigen Friedensunterhandlungen sortdauernde Krieg sür den Kaiser genommen hatte, ver- anlaßte den klugeu kaiserlichen Minister von Trautmannsdors, sich gegen Württemberg nachgiebiger zu bezeigen und noch vor dem westphälischen Friedensschluß Ende Januars 1646 dem württembergischen Gesandten Varnbüler in Münster einen Besehl an seinen Amtmann über Weinsberg und Neuenstadt zuzusenden, daß er beide Aemter mit allen Rechten an Württemberg abtreten sollte, jedoch mit dem Vorbehalte, daß er aus andere Weise dasür entschädiget würde. Die wirkliche Zurückgabe ersolgte am 21. Febr. So kam also Stadt und Amt Weinsberg 1646 wieder

3) unter württembergische Herrschast.

Unter Herzog Eberhard m. 1646—49.

Noch war aber auch sür Weinsberg kein Ende dieses langen, unseligen Kriegs- jammers. Denn am 13. August d. J. kam Türenne und der schwedische General Douglas mit 4000 Mann Reiterei in die Nachbarstadt Neueustadt. Bon da aus zogen sie, plündernd und verheerend, über Weinsberg, wobei am 23. August ein schwedischer Soldat und am 24. ein Soldatenweib zu Weinsberg begraben wurde (Todten-Register), vor die Reichsstadt Heilbronn, mit deren Angriff sie sich aber nicht aushielten, da die bayerische Besatzung vorher verstärkt worden war**). Es gieng über Marbach gegen Schorndors :e. Durch diese Plünderungszüge kam die Noth wieder aus's Neue und nicht weniger stark als srüher über die Umgegend, um so mehr, als durch die Dürre des Sommers ein Futtermangel eintrat, bei dem man die Wanne Heu um 5 fl. kausen mußte. Frucht wuchs viele und gute. Dinkelpreis 1 fl. Das Rebwerk hatte um Georgii durch Frost gelitten^ So wuchs wenig, jedoch guter Wein. Weinrechnung: Stuttg. 8sl. 52kr., Laussen 9 sl. 20kr., Brackenheim 8 fl.

1647 war wieder ein stattlich sruchtbares Jahr an Früchten, Obst, Wein, Futter :e. Dinkelpreis 1 fl. Köstlich Wetter zum Einbringen. Vieler und guter Wein. Weinrechnung: Stuttgart 8 fl., Laussen 10 fl., Brackenheim 8 fl. Jm

  • ) v. Martens, Gesch. p. 466.

'*) v. Wartens aus Heilbr, Rathsprotokollen gegen Jäger, der Heilbronn ven den Franzosen besetzt werden läßt.

Arg. d. J. starb das hier geborene Kind eines resonnirten Lieutenants, Jerg Beckh, von dem hier gelegenen Rußwurm'schen Regiment. Endlich gab der westphälische Frieden

1648, 24. Okt., dein armen, mit Blut getränkten, mit Trümmern ersüllten, ausgesogenen, entvolkerten und verwilderten Deutschland seine Ruhe wieder und auch Weinsberg konnte sich in den daraus solgenden Jahren allmählig wieder von seiner Verödung und Entvölkerung erholen. Aus der Schweiz kehrten ganze Schaaren slüchtiger Württemberger zurück, welchen sich Mancher der dort Eingeborenen anschloß. Von der schwedischen Armee blieben mit Einemmale 2000 Mann da; denn Weiber und Land mochten sie genug sür sich sinden und der lange Ausenthalt in Deutschland hatte wohl dieses Land schon Manchem zu seinem >Va1erlande gemacht *). So gelten noch jetzt namentlich die Bewohner des sogenannten Burgsriedens (Maiensels, Neuhütten, Oberhambach, auch Finsterroth) sür Abkömmlinge von hier damals angesiedelten Schweden, wosür zwar keine Urkunde, aber — außer der Sage — die Ra?e derselben spricht. Von der Ab- und nachherigen Wiederzunahme der Bevölkerung zeugt die Zahl der Geborenen: im Jahr 163l. 68; 1635. 38; 1648. 43; 1653. 51; 1656. 56. Die Früchte geriethen in diesem Jahr wohl. Dinkelpreis 1 sl. 5 kr. Wein aber gab es wegen regnerischer Blüthe theils Orten wenig und insgemein sauren. Weinrechnung: Stuttgart 12 sl. 53 kr., Laussen 13 sl. 20 kr., Brackenheim 10 sl. 40 kr. Am 10. Dee, hestiges Erdbeben.

I>) Weinsberg uuter Württemberg-Neuenstadter niedergerichtlicher Herrschast. 1649-1742.

1649, 30. Sept. gab Herzog Eberhard III. durch brüderlichen Vergleich seinem jüngeren Bruder Friederich die Städte und Aemter Neuenstadt, Möck- mühl und die halbe Kellerei Weinsberg, wodurch dieser die niedergerichtliche Obrigkeit zu Neuenstadt und Möckmühl, an Weinsberg aber den halben Theil bekommen, während Eberhard sich die hohe Obrigkeit vorbehielt (Steint). Chron. I. p. 588). Auch derWeissenhos kam damit an die württ,-nenenstädter Linie (s. unt. J. 1733), Herzog Friedrich, der Sieger bei Kempen (1642) geehrt als tapserer Krieger und als geistvoller Fürst, wählte Neuenstadt zu seinem Wohnsitz und lebte dort den Wissenschasten bis zum 24. März 1682. Er hatte eine Bibliothek von mehr als 20,000 Büchern, auch eine vortressliche Kunst- und Rüstkammer und eine große Münzsammlung. Vom Kaiser und Reich wurde er 1672 zum General-Feldzeugmeister und General der Jnsanterie bestellt.

Der Jahrgang war kalt und naß mit Früh- und Spätreisen, auch schädlichen Hagelwettern. Die Frucht kam wieder aus 2 fl. Es wuchs wenig und saurer Wein. Weinrechnung: Stuttgart 14 fl., Laussen 16 sl. , Brackenheim 13 fl. 20 kr.

Am Schalldeckel der Kanzel steht die Jahrszahl 1649, in welchem Jahr demnach die Kirche restaurirt worden. Die Truppen marschirten nach geschlossenem Frieden allmälig ab, namentlich Marschall Tü renne am 6. Februar.

1650, Milder Januar, daß die Weingärtner zu hacken und auszuziehen ansiengen. Aber 19. Febr. wiedereinsallende Kälte und am 17. Mai Ersrieren der niederen Weinberge durch Reisen. Starke Hagelwetter im Juni und Juli. Wo diese nicht hinreichten, reiche Erndte. Dinkelpreis 2sl. Weniger, doch besserer

') Spittler, Gesch, v. Württemberg l>. 274.

Wein als im vor. Jahr. Weinrechnung: Stuttgart 19 fl. 15 kr,, Lauffen 22 fl., Brackenheim 20 fl. Jn Waiblingen ist keine Kelter umgegangen. Weinfchätzur^ in den Wirthshäufern zu Stuttgart auf herzoglichen Befehl. Refultat: alten Wein die Maaß zn 14, 15 und 16 kr. in verfchiedenen Wirthfchaften. Neuen Wein durchweg 9 kr. 1650, 26. Juni, Publikation des Friedens und Friedensdankfest im ganzen romifchen Reich mit Predigt über Pfalm 65, 7 fgd.

1651. Auf tiefen Schnee Anfang des Jahres großes Gewäffer im Neckarthal :e. am Dreikönigstag. Später Frühling. Frost vom 14—16. April. Doch noch gute Erndte, ziemlich ergiebiger Herbft mit mittelmäßigem Wein. Dinkelpreis 2 fl. 15 kr. Weinrechnung: Stuttgart 13 fl. 45 kr., Lauffen 16 fl., Brackenh. 15 fl.

Jm März und April starke Erdftöße.

1652 wurden die während des 30jährigen Krieges geraubten und nach deffen Beendigung neuangefchafften 3Kirchenglocken von Weinsberg zum erstenmal bei der Beerdigung des Hanns Jakob Häberlin geläutet. — General-Refeript, die Landes- defenfion und Auswahl betreffend vom 18. Sept. d. J. Wiederherstellung der Landmiliz. Eintheilung in 4 Regimenter. Weinsberg lieferte zu dem 4. (Pflaumerfchen) Regiment 1 Mann zu Fuß.und 1 zu Pferd. Einführung des Büchfenfchießens au Sonn- und Feiertagen nach der Predigt zu Hebung der jungen Mannfchaft (v. Stadlinger, Gefch. des württ. Kriegswefens. 311). Statt 1416 Seelen, wie im 1.1634 wurden jetzt nur noch 709 Seelen gezählt. Feiner Frühling; im Mai tägliche Gewitter. Frühe Weiublüthe, fchon um Pfingsten. Frucht wohl gerathen. Weinlefe am 1. Okt. Reicher Herbst und guter Wein. Dinkelpreis 1 fl. 12 kr. Weinrechnung: Stuttgart 8 fl. 8 kr., Lauffen 10 fl. 40 kr., Brackenheim 19 fl.

Am 24. Febr. bei Schneien Donner und Blitz. Einfchlagen im Kirchthurm zu Eglosheim. Abbrennen deffelben.

1653. Blühende Trauben überall am Pfingsttag; am 8, Juli beginnt köstliche Erndte; Weinlefe am 26. Septemb., viel und guter Wein. Dinkelpreis 52 kr. Weinrechnung: Stuttgart 7 fl., Lauffen 9 fl. 20 kr., Brackenheim 8 fl.

1654. Nach Weihnachten fein und trocken Wetter. Baldige Feldgefchäfte. 7. März Nachts Erdbeben. Am 19. wieder Schneien und heftige Stürme. Jm Brach- monat kalt, Regenwetter. Austreten des Neckars. Doch noch reiche Erndte. Dinkel- preis 48 kr. Wider Verhoffen durch herrliches Septemberwetter viel und noch fehr guter Wein. Weinrechnung: Stuttg. 10 fl. 20 kr., Lauffen 9 fl. 20 kr., Brackenh. 8 fl.

1655. 19., 24. und 30. März starkes Erdbeben, befonders in Tübingen heftig. 6. Mai heftiges Gewitter mit Gewäffer. Reiche Erndte 10 Tage vor Jakobi. Dinkelpreis 48 kr. Wo der Hagel nicht gefchadet, reicher Herbst, fo daß es an Fäffern fehlte und köstlicher Wein. Weinrechnung: Stuttg. 6—7 fl. . Brackenh. 8 fl.

1656. Anfang des Jahrs drei Wochen lang fcharfe, trockene Luft und harter Frost, wodurch das Rebwerk erfroren. Jm März ungefchlacht Wetter mit Schnee und Frost und Regen. Bei Mannsgedenken währte das Hacken und Habern nie länger. April fein warm. Herrliche Obstblüthe. Wein und Frucht 8 Tage vor Johannis in voller Blüthe. Brachmonat fehr veränderlich, fo daß man mit dem Heu einen vollen Monat lang zu thun hatte. Jm Juli große Hitze; in 4 Wochen nur 2mal Regen, daher trockene Erndte. Durch viele Nebel in der Weinblüthe fielen die Trauben ab. Doch gab es noch einen Drittelsherbst und mittelmäßigen Trunk. Dinkelpreis 40 kr. Weinrechnung Stuttgart 6 fl. 40 kr., Laufen 10 fl., Brackenheim 9 fl.

1657. Anfangs harter Winter. Hornung gar warm. März gelind bis zum 2l., wo es sast bis zu Ende hart gesroren. Traubeublüthe gar ungleich mit ziemlicher Kälte. Sommer seucht, daher Zuckerndte. September schon am 21. starker Reisen. Schon 25. Sept. Herbst. Rauher und saurer Most, der sich aber wider Verhossen nach dem Ablassen in den Fässern gebessert. Dinkelpreis 32—45 kr. Weinrechnung Stuttgart 6 sl. 48 kr,, Lausten 8 sl., Brackenheim 7 sl.

1658 scheint die kleine, während des 30jährigenKrieges verödete Spitalkirche wieder hergestellt worden zu sein. Denn am 30. Nov. d. J. wurde das erste Kind in derselben getaust; Anna Barbara, des Endris Reuh. Sie wurde später bis in die I770er Jahre noch zuweilen, besonders an Jahrmarkttagen, zu Kinderlehren gebraucht, gieng aber noch vor dem 1799 ersolgten Verkaus des städtischen Spitals ein.

Der Jänner ds. J. war sehr kalt mit vielem und tiesem Schnee, der erst am

10 Febr., doch ohne Schaden abgieng. Ersrieren von Wild, Vogeln, von Bäumen und von Rebwerk. Anhalten des Fr o sts bis 22. März. Mai und Brachmoua> noch kalt. Juli starke Hagelwetter. September naß und kalt. 7. Okt. Herbst unter beständigem Regenwetter. Wein wenig, dazu herb und sauer. Dinkelpreis 56 kr. bis

I sl. 4 kr. Weinrechnung Stuttgart 12 sl., Lausten 14 sl.40kr., Brackenheim 13 sl.

1659. Vom Januur bis Mitte März kalt und naß. Am 12. April noch Frost, schaden am Rebwerk. Honigthau in der Baumblüthe verdarb das Obst. Den Rest verzehrte eine Unmasse von Maikäsern. Jm Mai und Juni lheilweise verderbliche Hagelwetter mit Sturm nnd Gewässer. Gute, trockene Erndte. Din- kelpreis 1 fl. bis 1 fl. 20 kr., Roggen 2 fl., Haber 1 sl. Gute Weinblüthe, aber naßkalter August und Septbr, Wein nach Güte und Menge mittelmäßig. Wein- preis durchschnittlich 7 sl., höchster 16 fl.

1660. Abschassen des Eintauchens beim Tausen. Der Tausstein ist noch jetzt — zum Zweck des srüher üblichen Eintauchens — hohl. Eine Jahreszahl sindet sich nicht daran.

1660 gab eben so vielen als guten Wein. Preise durchschnittlich zwischen

11 fl. und 12 sl. 15 kr.

166!. Rheinisches Bündniß. Theiluahme Württembergs. Steinhoser gibt von hier an nur die durchschnittlichen Weinpreise von Waiblingen (Remsthal), Güg- lingen (Zabergäu), und Tübingen (oberes Neckarthal); woraus er den gen. Leser aus andere Städte und Aemter und aus die Beschassenheit des Jahrgangs schließen lassen will. (Leider hört auch die Angabe der Fruchtpreise aus; wogegen von 1673 an die Fruchtpreise des Stuttgarter Kornhauses gegeben werden können.) Nasser Sommer, daher mißrieth die Erndte. Überschwemmungen, Wein gab es in die- sem Jahre sehr viel; Qualität mittelmäßig. Weinrechnung in Waiblingen 8 fl., Güglingen 6 sl. 40 kr., Tübingen 7 fl. — Türke neinsälle in Ungarn.

1662. Aus einen milden Winter regnerischer Frühling. Ersrieren des Rebwerks im April und Mai; daher wenig und saurer Wein. Mißrathen der Erndte. Theurung. Weinrecknung Waiblingen 12 fl., Güglingen ebenso. Jn Tübingen ist kein Herbst gewesen.

1663. Regnerischer Sommer. Mißrathen der Erndte und des Weins. Güte so wenig zu loben, als die Menge. Weinrechnung Waiblingen 12 fl., Güglingen

II fl. 15 kr., Tübingen 10 fl, 40 kr.

Württembergische Mannschast nach Ungarn gegen die Türken, als rheim Allianztruppen.

1664. Wein weder viel noch süß, weil die Reben im September ersroren.

Weinrechn. Waiblingen 8 fl. 40 kr., Güglingen 9 fl. 20 kr.,Tübigen 9 sl. Von Jakob i an Regenwetter — nasse Erndte. 13, Nov. Danksest wegen des Friedens zwischen dem Kaiser und den Türken.

1665. Sehr kalter Winter. Ersrieren der Reben und Obstbäume im Januar. Weinertrag doch nochbedeudend; Güte mittelmäßig. Weinrechnung Waiblingen 8 sl. 15 kr., Güglingen 8 sl., Tübingen 10 fl. 40 kr. Jn Heilbronn Pestseuche.

1666. Reisen am 16. und 17. Mai. Doch gab es noch ziemlich viel und sehr guten Wein. Weinrechn. Waiblingen 9 fl. 20 kr., Güglingen 10 fl. 40 kr., Tübingen ebenso.

1667. Jm Januar starke Kälte; Reisen vom 24. April bis 2. Mai. Wenig Wein und von mittlerer Güte. Weinrechnung Waiblingen 10 fl., Güglin- lingen 11 sl. 20 kr. Tübingen 10 fl. 40 kr. — Angriss König Ludwigs XIV. aus die spanischen Niederlande,

1668. Januar Tripple-Allianz. Mai Aachener Frieden. Warmer Frühling, heißer Sommer. Gedeihen aller Gewächse und aushörende Theurung. Wein Qualität die vormjährige, der Ertrag aber reich. Weinrechnung Waiblingen 6 fl. 13 kr., Besigheim 7 fl. 30 kr., Güglingen 6 fl. 20 kr., Tübingen 7 fl. 28 kr.

1669. Günstiger Sommer. Gute Erndte. Ziemlich viel und sehr guter Wein. Weinrechnung Waiblingen 7 fl. 40 kr., Güglingen 8 sl., Tübingen 7 fl.

1670. Erholung der im Deeember und Januar ersrorenen Reben durch günstigen Sommer. Ziemlich viel und sehr guter Wein, wie im vorigen Jahr. Gute Erndte. Weinrechn. Waiblingen und Tübingen 7fl^ Besigheim und Güglingen8 fl.

1671. Gerathen der Erndte. Nasse Traubenblüthe. Doch noch ziemlich viel Wein, aber von mittlerer Güte. Weinrechn. Besigheim 8 fl. 30 kr., Güglingen 6 sl. 40 kr., Tübingen 6 fl. 30 kr. Am Martini schon so große Kälte, daß sich der Neckar ober der Heilbronner Brücke mit Eis zustellte und am 20. Februar des solgenden Jahrs die Küser aus dem Eis Fässer banden und tanzten. (Heilbr. Chron.)

1672. Angriss Ludwigs XIV. aus die Republik Holland. Conds, Türenne. Vauban. Wilhelm III. von Oranien. Adm. Ruyter. Veranlassung zu dem Bündniß Kaiser Leopolds und Spaniens mit der Republick. Aug. 1673. dem sich das deutsche Reich anschloß. März 1674. So durste Deutschland kaum etwas über zwei Jahrzehnte nach, dem westphälischen Frieden der errungenen Ruhe genießen, als dieser neue Krieg mit Ludwig XIV. entbrannte s. 1674. Günstiger Frühling und Sommer,. Gerathen von Obst und Frucht. Der Jahrgang gab vielen,, jedoch sau ern Wein. Von der Wohlseilheit der damaligen Zeit zeugt das Rathsprotokoll der Reichsstadt Hall von 1672, demzusolge der Kanzlist Hyrlacher, welcher dem Ruggericht zu Böhringsweiler uumin« eivit»ti8 anwohnte und über Nacht mit dem Pserde zu Bubenorbis 17 kr. verzehrte, wegen dieser großen Zeche einen Verweis erhielt. (Württ. Jahrb. v. 50. p. 144.) Weinrechn, Besigheim 5 fl. 20 kr., Güglingen 4 fl. 30 kr., Tübingen 6,fl. Jn Schwaben herrschende Ruhr, besonders unter Kindern.

1673. Ziemlich viel Wein von mittlerer Güte. Weinrechn. Besigheim 8 fl., Güglingen 7 fl.40kr., Tübingen 6 sl. Sehr mittelmäßige Erndte. Ueberschwemmun- gen. Fruchtpreise des Stuttgarter Kornhauses an Lichtmeß Kernen 2 fl. 30 kr., Dinkel 48—58 kr., Haber 52 kr. bis 1 sl., an Martini Kernen 2 fl. 10 kr., Dinkel 1 fl. 7 kr-, Haber 48 kr. bis 1 sl. Jm Februar d. J. schloß Herzog Eberhard von Württemberg mit dem Chursürsten von Bayern ein Schutzbündnis) wider alle aus Veranlassung des holländischen Krieges zu besorgende Bedrängnisse durch Einquartirung, Durchzüge u. s. w. und Ende Septembers näherte sich schon die dura) die laiser- liche bedrängte sranzösche Armee der württembergischen Gränze. Unter Herzog Wilhelm Ludwig; 1874-1677.

1674, wo auch das deutsche Reich sich dem Vündniß des Kaisers mit Holland anschloß, und wo sich auch Herzog Eberhard mit dem Kaiser verband, standen dem großen sranz. Feldherrn Türenwe nach dem Sieg bei Sinzheim (16. Juni) die Gränzen Württembergs ossen, und man zitterte vor ähnlichen Verheerungen, wie Türenne in der benachbarten Psalz und in Lothringen sich erlaubt hatte, nm den Feind auszuhalten.

Da starb Herzog Eberhard III. am 2. Juli und sein Sohn, Wilhelm Ludwig, welcher ihm in der Regierung solgte, suchte durch strenge Neutralität, ohneVer- letzung seiner Pflichten als Reichsstand, sein Land vor dem Ungemach des Krieges zu bewahren, widersetzte sich auch, wie sein Vater, der Vereinigung der Kreistruppen mit dem kaiserlichen Heere; aber die Truppendurchmärsche und Winterquartiere konnte er dadurch nicht verhindern, und letztere besonders lasteten nun um so schwerer aus dem kleinen Lande.

Hagelwetter zerstörten großentheils die Erndte d. J., daher Fruchtpreise an Lichtmeß Kernen 4 sl. 30 kr./ Dinkel 1 sl. 40 kr., Haber 1 sl. 20 kr., an Martini Kernen 5 fl. 20 kr., Dinkel 2 fl. 16 kr., Haber 1 fl. 24 kr.,Der Weinertrag war gering, die Qualität aber gut. Weinrechn. Güglingen 10 sl.40kr., Tübingen 6fl,,

1675. Jm Mai passirte die aus den Niederlanden kommende kaiserliche Armee bei L'aus.sen den Neckar und marschirte dem Rheine zu. Türenne kam bei Straßburg über den Rhein und stellte sich dem kaiserlichen Feldherrn Gras Monteeueuli gegenüber, wo er bei einer Reeognoseirung des deutschen Lagers bei Saßbach durch eiue Stückkugel sein Leben verlor. — Den 27. Juli. — Sein Nachsolger Lorges wurde von Monteeueuli über den Rhein zurückgetrieben. Doch sengte und brannte noch vorher ein fliegendes Corps im benachbarten Neckargartach und Frankenbach, obgleich der neue Herzog an die Gränzen, wie auch nach Heilbronn, Landesdesensions- truppen abgesendet hatte. Jm November d. J. wurde hier das Kind eines Gesreiten vom Mannsseldschen Regiment getaust.

Wein gab der Herbst dieses Jahrs nicht nur wenig, sondern auch noch sauren. Preis 12 fl. 45 kr. bis 18 sl. 40 kr. Steigende Fruchtpreise: Lichtmeß. Kernen 5 sl., Dinkel 2 fl. 12 kr., Haber l fl. 48 kr., Marl. Kernen 6 fl. 16 kr., Dinkel 2 fl. 16 kr. Haber 2 fl. 19 kr. Maximum. Jm Sept. d. J. brach die Jnsluenza aus.

Jm Winter 1675—76 hatte das Land wieder die schwere Last von Standquartieren zu tragen und der Herzog willigte jetzt in die Vereinigung des Kreiseontin- gents mit dem kaiserlichen Heere, auch schickte er im Mai 1676 Geschütze zu der Belagerung von Philippsburg, das sich am8. Sept. den Alliirten übergeben mußte, wobei sich Herzog Friedrich Carl, nachheriger Obervormund und Regierungsverweser von Württemberg, als kaiserlicher Oberst auszeichnete.

Am 23. April ist die Frau des Psarrers von Sulzbach, hie her vor den durch- marschirenden Soldaten sliehend, zu Weinsberg in die Kindbett gekommen. (Tausb.)

Mömpelgard wurde in diesem Jahr von den Franzosen besetzt, geplündert und verheert. Der Jahrgang war an Wein eben so reich, als die Qualität gut. Preis 14 fl. 40 kr. bis 16 fl. 50 kr. Fruchtpreise an Lichtmeß: Kernen 5 fl. 45 kr., Dinkel 2 fl. 28 kr., Haber 1 sl. 56 kr. Maximum; Martini: Kernen 5 fl., Dinkel 2 A, Haber 1 fl. 48. kr.

1677 stiegen die Kriegslaften Württembergs noch höher als zuvor. Die französifche Befatzung von Freiburg brandfchatzte das Land und die deutfchen Truppen fielen ihm mit Durchzügen und Winterquartieren von 1677—78 äußerst zur Laft. Jm Mai marfchirte die fächfifche Armee durch das Land an'den Rhein.

Tod Herzogs Wilhelm Ludwig, 23. Juni nach nur Zjähriger Regierung.

Der Weinertrag war fehr reich; die Qualität eine mittlere. Weinrechn. Befigheim 8 fl., Güglingen 7 fl., Tübingen 6 fl, Fruchtpreife an Lichtmeß: Kernen 4 fl. 40 kr., Dinkel 2 fl. 4 kr., Haber 2 fl. m»limum; an Martini: Kernen 5 fl., Dinkel 1 fl. 44 kr. Haber 1 fl. 36 kr.

7. Dee. Herzog Friedrich Carl, Brnder des verftorbenen Herzogs tritt als Obervormund die Regierung an.

Unter Herzig Eberhard Ludwig. 1677—1733. Administrat«! Obervormund Friedrich Carl. 1677—1693.

1678. 10. August. Frieden vonNymwegen zwifchen Holland und Frankreich, welchem 17. Septbr. auch Spanien beitrat und welchem

1679. 5. Febr., auch der Kaifer und das Reich beizutreten sich bequemten. Selbst nach dem Frieden durchzogen noch Marodeure fchaarenweife das geplagte Land, plünderten und raubten, bis man die Landwehr aufbot, fie vertrieb und die Gränz- orte und Päffe ftark befetzte.

Der Weinertrag war 1678 nicht nur fehr reich, wegen des heißen und trecke- neu Sommers, fondern die Qualität auch gut. Preis 6 fl. 30 kr. bis 7 fl. 10 kr. Viel Getreide. Kernen an Martini 5 fl. 30 kr., Dinkel 2 fl. 30 kr., Haber 2fl. 4kx.

1679 ebenfalls fehr reich, aber das Gewächs fauer. Preis 4 fl. bis 4fl. 30kr. Peft in Stuttgart, Tübingen, Ulm, währenddes kalten Winters abnehmend. Fruchtpreife steigend: an Lichtmeß: Kernen 5 fl. 40 kr., Dinkel 2 fl. 16 kr., Haber 2 fl. 8 kr.; an Martini: Kernen 8 fl., Dinkel 3 fl. 24 kr., Haber 4 fl.

1680 ließ sich ein Komet fehen, deffen Länge 70 Grade hatte, vom 6. Novbr. bis in den Februar des f. J. Der Komet gieng bald nach der Sonne unter und doch blieb der Schweif noch die ganze Nacht durch über dem Horizonte (foll nach der Berechnung der damaligen Astronomen erst »nnn 2255 wieder erfcheinen). Fruchtpreife fallend; an Martini: Kernen 6 fl., Dinkel 2 fl. 38 kr., Haber 1 fl. 44 kr. Wein gab es vielen und guten. Preis 6 fl. 20. kr. bis 7 fl. 30 kr. Starke Kälte von Martini d. J. bis Lichtmeß f. J. Viele Wölfe fanden sich ein.

1681 noch im März täglich Eis, Schnee und Kiefel bis zum 1, April. Vom 16. bis 20. April fo warm, daß alles auf Einmal blühte, große Sommerhitze und Trockenheit. Erndte gut. Fruchtpreife am Ende des Jahrs: Kernen 4 fl. 40 kr., Dinkel 2 fl. 12 kr., Haber 1 fl. 52 kr. Wein zwar wenig, aber gut und stark. Preis 8 fl. bis 10 fl. 15 kr.

1682. 10. Jan. Erdbeben zu Tübingen verfpürt. 24. März starb Herzog Friedrich von Württemberg-Neustadt, welcher im Jahr 1649 (f. oben) durch fürftbrüderlichen Vergleich die Aemter Neustadt, Möckmühl und die halbe Kellerei Weinsberg erhalten hatte. Jhm folgte fein Sohn Friedrich Angust, welcher bis zum August 1716 regierte (f. unten). Wiedererfcheinen des Kometen von 1607 nach Halley, Aftronom. Der Wein ertrag diefes Jahres war reich, aber das Gewächs fauer und herb. Preis 5 fl. 6 kr. bis 6 fl. 20 kr. Obst und Getreide trotz naffen Sommers ziemlich gediehen. Frnchtpreife am Ende d. J. Kernen 2 fl. 18 kr., Dinkel 1 fl. 4 kr., Haber 1 fl. 1 kr. Lndwigs XIV. Reunionsbestrebungen veranlaßten fchon in diefem Jahre eine Allianz zur Aufrechterhaltung des Friedens von Nymwegen.

1683 näherten sich 200,000 Türken der Stadt Wien und der Kaifer begehrte auf dem Reichstage zu Regensburg (4. Juli) von den deutfchen Reichsftänden Hilfe gegen den Erbfeind. Herzog Vormünder, Friedrich Carl fandte eilends 100 Mann zu Fuß und zwei Reiterhaufen. Wien wurde (12. Sept.) entfetzt und die württemb. Truppen zeichneten fich dabei durch große Tapferkeit aus. Prinz Georg Friedrich wurde vor Cafchau in Ungarn erfchoffen. Am 24. Sept. allgem. Dankfest wegen Wiens Befreinng. '

Starker Froft vom 6. Januar an bis fast den ganzen März hindurch. Darauf trockener warmer Sommer. Die Erndte war reich. Daher große Wohlfeilheil. Fruchtpreife am Ende des Jahrs: Kernen 2 fl. 15 kr., Dinkel 52—56 kr., Haber 1 fl. mnximum. Wein nicht nur viel, fondern auch gut. Preis 5 fl. 20 kr. bis 5 fl. 45 kr.

1684. Waffenstillstand mit Frankreich auf 20 Jahre mitUeberlaffung von Straßburg le. Harter und kalter Winter mit darauf folgendem hitzigem und dürrem Sommer. Fruchtpreife am Ende des Jahrs: Kernen 2 fl. 56 kr., Dinkel 1 fl.20kr. Maximum, Haber 1 fl. 36 kr. Wein nach Menge und Güte erwünfcht. Preis 6 fl. 20 — 40 kr. Kälte im Spätjahr früh anfangend und bis März 1685 dauernd.

1685. Am 5. und 6. März noch grimmig e Kälte. 20. März Erdstoße. Wein nicht viel und dazu fauer und fchlecht. Preis 6fl. 40kr. bis8fl.40kr. Fruchtpreife im Deeember: Kernen 2 fl. 32 kr., Dinkel 1 fl. 14 kr. Maximum, Haber 58 kr. bis 1 fl. — Neue Anfprüche Lndwigs XIV. wegen der pfälzifchen Erbfolge und Zunder zu neuem Krieg und zu neuen Allianzen gegen Frankreich.

1686. Regnerifcher Frühling mit Ueberfchwemmungen. Wenig Wein, aber fehr gut. Preis: 6 fl. 30 kr- bis 11 fl. 2. Sept. Dankfest wegen der Einnahme von Ofen. Früchte wohlfeil. Dinkel Ende Dee. 1 fl. 13 kr. ml>x., Haber 1 fl. m»x.

1687. Januar bis April fehr hart gewintert. Noch im April täglich gefroren, gefchneit und gekiefelt. Spätes Frühjahr. Wein nach Quantität ebenfo beträchtlich, als nach Qualität mittelmäßig und gering. Preis: 5—6 fl, Getreide mißrathen; doch nicht Theurnug. Dinkel Ende Jahrs 1 fl. 37 kr., Haber 1 fl. 24 kr. m»x.

1688 in den ersten 4 Monaten, infonderheit im April harter Winter. Am 13. Juni folgte eine mittelmäßige Erndte. Daher steigende Preife Ende Jahrs Kernen 5 fl. 45kr., Dinkel 2 fl. 32 kr., Haber 1 fl. 48 kr- m»x. Wein ziemlich viel, minder gut. Preis; 6 fl. bis 9 fl. 20 kr. Jm Auguft und Septbr. Ruhrfeuche in Weinsberg. 27 oooubusr« ä^»enteri», i^uae tum tempori» omne» paens <lomo« inte«t»bat. (Todten- buch.) Jm Sept. d. J. brach Frankreich den 1685 gefchloffenen Frieden mit dem Reich und griff die Reichsfestung Philipp burg an. Der berüchtigte Mordbrenner, General Melae, brach über den Rhein und im Oet. d. I, wo die Franzofen unter General Montelar die benachbarte Reichsstadt Heilbronn einnahmen, ward diefe Nachbarfchaft für Weinsberg die Quelle neuen Kriegselendes. 30. Novbr. Befetzung der Festung Asberg. 8. Deebr. Abweifung von Schorndorf durch den Muth ihrer Weiber. 21. Deebr. Einnahme von Stuttgart. Brandfchatzung. Plünderung. Bedrohung mit Anzünden. Am 23. Deebr. wurden die Franzofen eiligft durch ein anrückendes Bundesheer vertrieben. Aber die Kriegsbedrängniffe hörten damit nicht auf. Denn die Winterquartire und Durchzüge der verbündeten Heere von O «streich, Bayern und Sachfen beläftigten das Land inden folgenden Jahren auf vielfache Weife.

1689. Jm Juli näherten sich die Franzosen von Heidelberg her, dessen Bela- gerung sie ausheben mußten, wieder der Landesgränze unter Verheerung, Sengen und Brennen, wurden aber durch ein allgemeines Landesausgebot abgehalten. Die Reden waren im Winter und Frühling ersroren, daher sehr wenig, doch guter Wein. Preis 13 sl. 30 kr. bis 16 sl. Jn Tübingen wuchs kein Wein. Erndte un- günstig. Kernen stieg Ende d. J. aus 10 fl., Dinkel aus 3 fl. 50 kr.

1690. Jm Juli Durchzug der churs ach sischen Armee, welche bei Lauffen und Heilbronn den Neckar passirte und zur alliirten Hauptarm« stieß. Herbster- trag ziemlich reichlich, doch mittelmäßiger Qualität. Preis: 8—11 fl. 30kr.; ziemlich reiche Erndte, daher Preise sinkend, doch nicht weiter als aus 8 fl. beim Kernen; im Dee. aus 3 fl. 20 kr. beim Dinkel, 2 fl, 40 kr. beim Haber. — Am Aschermittwoch wurde hier in Weinsberg Elisabeth Hansin von Löwenstein, welche ihr IOwöchentliches Knäblein zu Holzern in einer Scheuer aus Ungeduld der Armuth und Kälte ermordet hatte, mit dem Schwerdte hingerichtet.

1691. Jm Juli ging derChursürst von Sachsen mit seinen, wie auch den kaiserlichen, sränkischen, schwäbischen und württembergischen Truppen bei Mannheim über den Rhein. Uebergang der Franzosen bei Philippsburg aus das rechte Rheinuser, weßhalb auch die alliirte Armee sich wieder herüberzog. Schädliche Kälte im Winter und Frühling, regnerische Witterung im Sommer. Daher Wein weder reichlich noch süß und angenehm. Preis 6 fl. 46 kr., 13—17 fl. Sehrmittelm. Erndte. Steigende Theurung; und zwar gegen Ende des Jahrs beim Kernen aus 9 sl., Dinkel 3 sl. 30 kr., Haber 2 fl. 56 kr.

1691. 27. Oetbr. starb zu Heilbronn Tobias Marimilian v. Haugwitz, Oberst eines chursächsischen Reiterregiments, a«t. 50und wurde den 29. Öet. nach Weins- berg gesührt, wo er nach einer im Altar gehaltenen Trauerrede, im Chor der Stadtkirche begraben wurde. Seine Erben bezahlten dasür an Weinsberg 60 fl., welche nach der Jnschrist der großen silbernen Altarskanne zu deren Anschassung verwendet wurden. Neben der Jnschrist ist das Wappen der Stadt: Adler und Weinstock. Auch im Sept. und Oet. wurde ein in Erlenbach gestorbener Soldat vom sränkisch' Millendors'schen Regiment und ein im Armenhaus gestorbener württembergischer Dragoner hier begraben.

1692. 1. Sept. Uebergang der Alliirten über den Rhein bei Mannheim unter dem Markgrasen von Brandenburg-Baireuth. Dagegen giengen die Franzosen unter dem Herzog von Lorge bei Fort Louis herüber und bedrohten Württemberg aus's Neue. Herzog Friedrich Carl bezog, um sie auszuhalten, mit etlichen Regimentern ein besestigtes Lager bei Oetisheim, wurde aber, nachdem die Franzosen Psorzheim eingenommen hatten, am 17. Sept. von der überlegenen Macht angegriffen, zum Rückzug genothigt und aus diesem von den Franzosen gesangen und nach Straßburg und Paris abgesührt. Mit Feuer und Schwerdt wütheten jetzt die Feinde in Vaihingen, Knittlingen, Neuenbürg, Calw, Liebenzell, Zavelstein und Kloster Hirschau.

Weinsberg wurde nur durch täglich neue Schreckensbotschasten von der Enz her geängstet.

Jm April d. J. wurde hier nach empsangenem christlichem Unterricht ein junges Mädchen, eine geborne Türkin getaust, welche Herzog Carl Rudolph von Württemberg-Neuenstadt aus der Stadt Misitra aus Morea mit sich gebracht hatte.' Sie erhielt die Namen Clara Christina, wurde nachmals die Gattin des hiesigen Kausmanns und Gerichtsverwandten Joh. Becker und starb als dessen Wittwe den 25. Jan. 1739 über 60 Jahre alt.

Schädliche Kälte im Winter und Frühjahr und regnerischer Sommer. Daher geringe Erndte und wieder hochsteigende Preise beim Kernen im Deeember 14 fl., beim Dinkel 5 sl. 24 kr., beim Haber 2 sl. 44 kr. Nicht reichlicher Herb st ertrag und kein süßes Gewächs; Preis 6 fl. 40 kr. bis 13 sl. (zu Besigheim).

1693. Herzog Eberhard Ludwig, erst I6jährig, wird vom Kaiser 20. Jan. sür volljährig erklärt und tritt die Regierung an, 6. Febr.

Jn diesem Jahr kamen die Schrecken des Krieges Weinsberg noch näher. Denn am 7. Mai gieng ein sranzösisches Heer von 70—80,000 Mann unter dem Herzog von Lorge 5ei Philippsburg über den Rhein, zerstörte Heidelberg und breitete sich gegen den Neckar aus. Die alliirte Armee sammelte sich bei Heilbronn, unter dem Markgrasen von Baden und Herzog Eberhard Ludwig, mar- schirte am 1. Juni von Heilbronn den Neckar hinaus und stand in einem verschanzten Lager zwischen Laussen und Heilbronn sast 3 Monate unbeweglich, wobei die streitbare Mannschast der Aemter Weinsberg, Neuenstadt und Möckmühl ausgeboten und Alles weit umher ausgezehrt wurde.

Am 8. Juni starb allhier an seiner von den Franzosen bei Horken (Horkheini) empsangenen Blessur Jak. Friedrich von Wangenheim, Lieutenant unter dem Sachsen- Gotha'schen Regiment zu Fuß, 28 Jahre alt, und wurde aus dem oberen Kirch- hose begraben.

Auch an Flüchtlingen sehlte es nicht. Am 21. Juli starb einem armen Mann von Walen (Wahlheim), der hier in der Flucht war, ein 8jähriges Töchterlein.

Jnzwischen rückte ein zweites sranzösisches Heer unter dem Dauphin von Psorzheim her gegen Württemberg und vereinigte sich am Fuße des Asbergs mit dem srüher eingerückten unter de Lorge. Besigheim, das von 300 Kaiserlichen besetzt war, mußte sich ergeben. Das sranzösische Heer gieug bei Neckarbeihingen über den Neckar und bezeichnete seinen Weg durch Raub und Braud. Jn wenigen Tagen lagen Marbach, Veilstein, Backnang und Winnenden nebst vielen Dörsern in Schutthausen. Das sranzösische Heer stellte sich, 60,000 Mann stark, zwischen Liebenstein und Ottmarsheim dem alliirten Heere gegenüber, wobei der Markgras den General Soyer mit 8 Schwadronen in's Weinsberger Thal zur Beobachtung der Franzosen ausstellte und Löweustein besetzen ließ, verließ aber am 6. Aug. seine Stellung wieder, ohne die Alliirten anzugreisen, zog sich bei Pleidelsheim über den Neckar zurück und lagerte sich wieder zwischen dem Asberg und Kornwestheim. Von hier aus trat der Dauphin mit der Regierung Stuttgart wegen einer Brandschatzung - in Unterhandlung und drohte mit Verbrennnng der Hauptstadt und ihrer Umgegend, wenn seine Forderung nicht bewilligt werde. Am 13. Aug. kam endlich ein Vertrag zu Stande, wornach Württemberg 1,200,000 Livres in kurzen Fristen und bis zum Ende des Kriegs jährlich 300,000 Livres bezahlen und zur Sicherheit 6 Geiseln stellen sollte.

Am 18. August begannen die Franzosen, nach einem vergeblichen Angriss aus das Lager des Markgrasen von Baden, nach Verbrennung ihrer Feldbäckerei in Vaihingen (wobei die Stadt selbst in Rauch ausgieng), und nach Einlaus ungünstiger Nachrichten von anderen Gegenden des Kriegsschauplatzes, Württemberg zu räumen, wobei sie statt 6 Geiseln 15 mitnahmen und nach Metz in schwere Gesangenschast sührten. Ein beträchtlicher Theil des Landes hatte schreckliche Verheerungen erlitten, wie im 30jährigen Kriege, die Bevölkerung war von 450,000 Menfchen wieder auf 300,000 herabgefunken. Denn zu den Drangfalen des Kriegs gefellte fich deffen gewöhnliches Gefolge, Theurung, Hungersnoth und Pest. Die ohnehin nicht reiche Erndte wurde von den Franzofen völlig aufgezehrt, die Früchte auf den Kästen nahmen sie für sich weg. Das Landvolk, zumal der verbrannten Dörfer, verlief sich und das Feld blieb unbebaut. Der Scheffel Kernen galt in diefem und dem folgenden Jahr 23 fl., Dinkel an Georgii 5 fl. 30 kr., an Martini 7 fl. 15 kr. Die Nolh wurde fo groß, als im Jahre 1635. Viele arme Leute mußten unnatürliche Dinge effen, wodurch Krankheiten und Sterben erfolgten. Zu Weinsberg starben in diefem Jahr 121 Perfonen, worunter aber (f. oben) auch Auswärtige. Der Wein wurde vom Feinde weggenommen, oder in den Boden gelaffen, fo daß auch diefer fehr theuer wurde. Der Herb stertrag war ohnehin auch in diefem Jahr fehr gering, fo daß in Stuttgart der Morgen kaum 4—6 Butten voll gab. Die Qualität war aber gut. Herbstpreis 17 fl. 20 kr. bis 22 fl.

Das Land blieb auch nach dem Abzug der Franzofen nicht frei von fremdem Volk. Denn der Markgraf nahm nun eine Stellung bei Herrenberg und verlegte von da aus fein Heer in die Winterquartiere.

1694 am 14. Januar erfroren in Heilbronu drei Soldaten auf der Schildwache. Jm Mai fammelte fich die alliirte Armee wieder in Weinsbergs Nähe bei Heil- bronn, brach den 2. Juni, als die Franzofen bei Philippsburg über den Rhein giengen, gegen Eppingen anf, und warf die Franzofen den 18. Januar über den Rhein zurück. Am 6. Oktober langte die alliirte Armee wieder in der Gegend von Heilbronn an. Wein brachte diefer Herbst ziemlich viel, ungeachtet die Reben im Winter erfroren waren, und von mittlerer Güte. Preis 17—24 fl. Fortdauernde Theurung und Hungersnoth, weil viele Felder wegen des feindlichen Einfalles ungebaut liegen blieben. Fruchtpresse fehr hoch; noch im Januar Kernen 20 fl. 36 kr., Dinkel 7 fl. 15 kr.; vor der Erndte Kernen 22 fl., Dinkel 7 fl. 20 kr.. Haber 5 fl. 12 kr.; Ende diefes Jahrs Kernen 12 fl., Dinkel 5 fl. 10 kr., Haber 4 fl.

1695, 25. Mai. Uebergang der Franzofen über den Rhein bei Philippsburg und Lager zwifchen Unteröwisheim und Bruchfal. Die Alliirten lagerten bei Eppin- gen und Steppach. Jm September und Oktober wurden die Linien von Eppingen bis Pforzheim gezogen. Am Rhein blieb man in diefem Jahr auf beiden Seiten nur in der Defenfive. — Vom Oktober 1694 bis März 1695 fehr kalter Winter, . Die Erndte diefes J. siel gut aus. Bedeutender Abfchlag. Lichtmeß: Kernen 10 fl. 10 kr., Dinkel 4 fl. 40 kr., Haber 3 fl. 45 kr.; vor der Erndte: Kernen 7fl., Dinkel 3 fl. 8 kr., Haber 2 fl. 8 kr.; Martini Kernen 5 fl. 30 kr., Dinkel 2 fl. 30 kr., Haber 1 fl. 52 kr. Der Herbstertrag war der Ouantität und Qualität nach mittelmäßig. Preis 9 fl. 20 kr. bis 18 fl., Befigheim 17 fl.

"< 1696. Keine befondere Kriegsereigniffe am Rhein, über welchen die Franzofen am 10. Mai giengen und bei Oewisheim sich lagerten. Am 19. Juni aber zogen sie fich bei Philippsburg wieder hinüber. Die Alliirten giengen im Monat Auguft bei Mainz über den Strom, ohne daß es zu einer Hauptaetion kam. Milder Winter und warmer Sommer. Gute Erndte. Preife an Martini: Korn 3 fl. 24 kr., Dinkel 1 fl. 40 kr., Haber 1 fl. 20 kr. Wein gab es wenig und von mittlerer Güte, weil eine starke Kälte am 25. März die Reben verdarb. Preis 14 fl. 40 kr. bis 20 fl. (Besigheim.)

1697. Jm September und Oetober d. J. wurde unter fchwedifcher Vermitt-

lung der Frieden zu Ryßwick gefchloffen, jedoch unter lästigen Bedingungen für den Kaifer und das Reich, vbfchon Lndwig XIV. gegen früher staunenswerthe Mäßigung zeigte', der man, wie der Verfolg zeigte, nicht ohne Grund mißtraute. Denn die allfeitig erfehnte Ruhe, welche diefer Frieden brachte, war eine nur allzukurz- dauernde.

Jm Januar und Februar ftrenge Kälte. Günstiger Sommer. Gute Erndte; doch erhöhte Preife im Deeember: Korn 4 fl. 18 kr., Dinkel 1 fl. 52 kr., Haber 1 fl. 36 kr. Der Herbstertrag war nach Quantität zufriedenstellend, nach Qualität wegen ungünstiger Blüthe mittelmäßig. Preis 8 fl. bis 14 fl. 40 kr. (Befigheim,)

1698. Kalter Winter. Naffer Sommer. Schlechte Witterung während der Traubenblüthe; wenig Getraide; faft gar kein Obft. Daher steigende Preife. Um Georgii noch Korn 3 fl. 20 kr., Dinkel 1 fl. 32 kr., Haber 1 fl. 28 kr.; nach der Erndte Korn 6 fl. 30 kr., Dinkel 2 fl. 44 kr., Haber 2 fl. 40 kr.; Ende Jahres Korn 11 fl. 40 kr., Dinkel 4 fl. 54 kr., Haber 2 fl. 48 kr. Herbstertrag zwar ziemlich reichlich, Qualität aber theils mittelmäßig, theils gering. Preis 9 fl. 20 kr. bis 18 fl. 40 kr. Befigheim 20 fl.

Beibehaltung eines stehenden Heeres von 2000 Mann auch in Friedens- zeiten trotz aller Remonstrationen der Landfchaft.

,21. Auguft. Allgemeines Dankfest wegen des Friedens zu Ryßwick.

1699. Bevolkerungszuwachs durch die Anfiedlung der vertriebenen Salzburger und Waldenfer im Maulbronner Oberamt. Frieden zu Carlowitz zwifchen dem Kaifer und der Ottomannifchen Pforte.

Milder Winter; warmer Sommer. Reichliche Erndte. Doch noch hohe Preife: an Lichtmeß Korn 10 fl. 30 kr., Dinkel 4 fl. 56 kr., Haber 2 fl. 48 kr.; Ende Jahres Korn 11 fl., Dinkel 4 fl. 15 kr., Haber 2 fl. 20 kr. Herbftertrag wenig, aber gut. Preis 12 bis 18 fl.

1700. Theilungsverhandlungen zwifchen Frankreich, England und Holland wegen derfpanifcheu Sue eeffion. Anfprüche Oestreichs, Tod des Königs von Spanien. I. Nov. Teftament deffelben zu Gunsten Herzog Philipps von Anjon, Enkels von Lndwig XIV. Veranlaffung zum fpanifchen Sueeeffionskrieg im folgenden Jahr. Affoeiation des fränkifchen und fchwäbifchen Kreifes wegen des bevorftehenden Krieges.

Ziemlich langer Winter; im Sommer oft Regen, doch warm. Herb ftertrag nicht fowohl viel, als gut. Preis 8 fl. bis 14 fl. 40 kr. Besigheim. Getraide und Obst gediehen gut. Daher fallende Preife: an Martini Korn 5 fl. 12 kr., Dinkel 2 fl. 28 kr., Haber 1 fl. 20 kr.; während vor der Erndte: Korn 9 fl. 4 kr., Dinkel 4 fl. 4 kr., Haber 1 fl. 44 kr.

Jm Lauf diefes unheilvollen 17. Jahrhunderts, vom 1.1618, dem Anfang des 30jährigen Krieges, bis 1700 lebten zu Weinsberg nach den vorhandenen Grabsteinen: .

als Amtsvogt (nach Gemälde rechts von der Kanzel): Johann Iakob Myller, f 1650, alt 40 Jahre. — als Stadt- und Amtsvogt: Joh. Nieolaus Ritter, Neuenstein'fcher Hofrath; — als Amtmann: ^ ^ von Maffenbach, um 1670; — als Stadtpfarrer (nach dem allegorifchen Gemälde im Chor): KI. Johann Lndw. Neuffer, f 1690.

(Auf diefem allegorifchen Oelgemälde, welches Burg und Gegend von Weins-

Dillenius, WeinKberg. 1l

berg^ darstellt, sind die Haupkpersonen des Alten und Neuen Testaments (Adam und Eva, David :e. — Christus — Luther, Constantin :e.) durch die Sulm geschieden. Ueber die Brücke tragen 2 Männer eine Calebstraube an einer Stange und dabei stehen die Worte:

Ein Paar den großen Trauben trägt;

Der vorn geht, trägt und sieht ihn nit;

Der nachsolgt, trägt und sieht ihn mit;

Dieß Alt und Neuen Bund auslegt.

Messias kompt von Jsacks G'schlecht.

Den g'neußt der Heyd und sieht ihn recht.

Gestistet v. Stadtpsarrer öl. Johann Ludw. Neuffer.

f 30. Mai 1690. »et. 50 J. 14 Kinder.)

nach Grabstein im Chor: öl. Conrad Oesterlin f 1668, s. unt. — als Gerichts- herr und zugleich Almosenpsleger: Johann Michael Äff, f 1685, alt 65 J.

Nach den Kirchenbüchern und anderen Nachrichten waren hier in gedachter Penode 1618—1700 Bögte:

Joh. Jaeob Myller (Müller), 1650 s. oben; Ludwig Albrecht Hauss, jur. utr. I.io. Vogt, kommt vor 1676; Johann Conrad Sti gler, ^. U. I.i«. Vogt, f 1706.

Evangelische Stadtpsarrer zu Weinsberg: unter der Superintendenz Neuenstadt 1612—1710: öl. Conrad Oesterlin, 1636 bis 1668, vorher Ps. in Ober- Eisisheim, f hier 5. Oet. 1668, im Chor der Kirche begraben; öl. Joh. Georg Esen- wein, 1669 bis 1680, kam 1680 als Superintendent nach Markgröningen; öl. Johann Ludwig Neusser (s. oben), 1680—90, f hier Mai 90, im Chor begraben; öl. Joh. Ludwig Hochstetter, 1690—93, f hier 3. Sept. 1693; >I. Alex. Rud. Wolshard, 1694—1703, kam von hier als Stadtpsarrer nach Großbottwar 1703 bis 1715 (s. unten Reihensolge der Geistlichen).

Keller und geistl. Verwalter (beide Verwaltungen waren bis 1807 getrennt): Joachim Baier, Keller, 1610 ss.; Wilhelm Sanwald, Keller, f 1. Nov. 1621; Georg Meißner, Keller, 1622 (Jnschrist an der Kirche zu Bitzseld); Zacharias Bechler, Geistl. Verwalter (nach Jnschrist an der Kirche zu Bitzseld als Bauherr) und Schultheiß zu Eberstadt,,-j- 21. Jan. 1635, 52 J, alt; Hans Jörg Koch, Keller, 1637—60; Hans Jaeob Müller, Ge.istl. Verwalter und Zoller, 1643.

Diaeone waren: 1617 beim Ausbruch des 30jährigen Krieges bis 1625, der obengedachteöl. Bernhard Dieterlen, von welchem die obigen lateinischen Epitaphien sür 2 Kinder. Sein Nachsolger war 1623—35 öl. Altvater. 1635 starb nach Obenerzähltem Diaeonus öl. Weiler an der Pest. Gottsried Heß, dessen Nachsolger, 1636—40, stirbt 23. Aug. 1640 unter der Trautmannsdorsschen Herrschast (s. oben). (Der im J. 1670 als Psarrer in Birkenseld, Superintendenz Wildbad, vorkommende Gottsr. Heß war demnach ein Anderer.) Das Diaeonat Weinsberg blieb nicht (wie Binder, K. und Lehr-Aemter) sagt, von 1640—62 unbesetzt, sondern wurde in dieser Periode von Christoph Kautz treulich verwaltet. Die Kirchenbücher dieser Periode sind mit Lust zu lesen wegeu Kautz's ausgezeichnet schöner und deutlicher Handschrist. Sein Tod ist im Todtenbuche solgendermaßen ausgezeichnet: 19. I'ebr. 1L62, Ilorum librurum in8oriptorem, 11n. öl. X»u?.inm ?»re», vivorum numero «X8tin<:tum, mortui» rr6«or!p«!t et !n 8»psr»8 8e«ls» immotnmyue «lm«tem vookvlt, Hükm inino in8i«lere «um, I)«»tum inter bs»to», vit2« inte^rit»», ?n>s!ilic) et ««ixlnr «pv>xlsnt.

Von U. Friedrich Schickard, 1662, solgten sich noch 5 Diaeone, nämlich >I. Beyrlin, List, Esenwein, Walliser und Reinselder, welch letzterer von hier 1708 als Speeial-Superintendent nach Schorndors kam.

Präeeptoren waren in dieser Periode hier 6. öl. Weiler, von 1607—35, der nach Obigem im Jahr seines Vorrückens aus's Diaeonat an der Pest Gestorbene. Nach ihm Werner, welcher 1660 das Amt niederlegte und Mitglied des Stadtraths wurde; Krast, >I. Jäger, Frisen, und Krast zum zweitenmal von 1689 bis 1711, pens, 1715. (Jm 81. Jahre tauste man ihm noch 1 Kind. Nomen et omen!)

Collaboratoren: von Ansang des 30 jährigen Krieges — Magirus —bis zu dem nach der Nördlinger Schlacht 1634 ermordeten öl. Weissing — 4. Magirus, Betz, öl/ Hornikel, öl. Weissing. Die Stelle wurde zwar 1634 mit Gmelin wieder besetzt; aber er verschwindet sogleich wieder, wahrscheinlich unter den unglücklichen Flüchtlingen jenes Schreckensjahres und die Collaboratur blieb unbesetzt bis nach dem westphälischen Frieden. Von 1650 an suuetioniren noch 2, Raiz bis 1674 und Druckenmüller; von da bis 1709: Collaboratoren und Organisten.

Als deutsche Schulmeister sinden sich in den Kirchenbüchern: Johann Jaeob Äss, f 18. Juli 1625, «et. 46; Matthias Baum, f 21. Juni 1627; To- bias Gentschops, 1627—40 im Amt; Michael König, f 6. Febr. 1663. «et. 72. im Amt 24 J.; Jörg Vuchhorn, f 26. Nov. 1678. «et. 64,; Jerem. Hartmuth, -s 14. Juni 1685; Joh. Jaeob Luitle, war hier 1686; Simon Jaeob Hammel, war hier 1690, f 1731.

Das neue 18. Jahrhundert begann mit sast gleichen Bedrängnissen, wie das alte geendet hatte, indem nach dem Tode Karls II., Königs von Spanien (s. oben 1. Nov. 1700)

der sogenannte spanische Sueeessionskrieg zwischen Ludwig XIV., König von Frankreich und dem Hause Oestreich ausbrach, 1701—2. Aus die Seite Frankreichs trat Churbayern; aus die Seite des Kaisers traten nach der Zusammenkunst zu Nördlingen (März 1702) die oberdeutschen Reichsstänbe und mit ihnen der junge, 1693 vom Kaiser sür volljährig erklärte Herzog von Württemberg, Eberhard Ludwig. Dieser, vom Kaiser zum General-Feldmarschall- Lieutenant-ernannt, zog mit seinen Truppen

schon im Juni 1702 zum kaiserlichen Heere bei Landau, und bewirthete

am 24. Juli 1702 den römischen König, Joseph II,, aus dessen Reise zur Rheinarmee, in Weinsberg, mit seinem Gesolge.

Von seindlichem Ueberzuge der sranzösischen und bayerischen Heere blieb zwar Weinsberg und sein Thal in diesem 13jährigen Kriege verschont; nicht aber von der Furcht vor nahe drohenden Einsällen,

wie gleich im J. 1702, wo die Bayern vom eroberten Ulm und von Heiden- heim :e. her, die Franzosen von Ossenburg her (zur Vereinigung mit den Bayern) gegen das Land andrangen;

ebenso 1703, wo 40,000 Franzosen im Februar bei Neuburg über den Rhein kamen und die Festung Kehl eroberten, und im April die Vereinigung mit Churbayern anstrebten, welche im Mai bei Tuttlingen ersolgte;

serner 1704, wo der Herzog von Württemberg die Franzosen und Bayern bei Tuttlingen schlug und das Silbergeschirr des Chursürsten erbeutete;

1706, wo die Franzosen nnter Marschall Villars von Philippsburg her drohten;

ll«

und am meisten 1707, wo nach dem Tode des Markgrafen von Baden, der württembergifche Herzog vor dem mit 40,000 Mann anrückenden Marfchall Villars über Pforzheim bis Ellwangen fich zurückziehen mußte, die Franzofen im Juni Stutt- gart befetzten, gegen das Remsthal vorrückten, das befeftigte Schorndorf einnahmen und den Nachtrab des deutfchen Heeres fchlugen; worauf sich das französifche Heer fengend und brennend über das unbedeckte Land verbreitete, bis Villars durch eine Seitenbewegung des deutfchen Heeres, welches von Ellwangen aus über Gmünd, Hall, Oehringen, Weinsberg, Heilbronn, Sinzheim gegen den Rhein vorrückte, genöthigt wurde, das Lager bei Sontheim, von wo er bereits Heilbronn zur Ueber- gabe aufgefordert hatte, zu verlaffen und Württemberg mit der Hauptmacht zu räumen; und bis der Herzog auch einzelne franzosifche Streifpartieen vollends, durch Befetzung des Schwarzwaldpaffes von Hornberg, aus dem Lande vertrieb.

Noch näher drohte ein franzöfifcher Einfall 1712 von Ettlingen her, wo sich aber der Herzog in feiner festen Stellung gegen die feindliche Uebermacht behauptete und

1713, wo Villars mit 100,000 Mann von Mannheim, Landau und Freiburg her gegen Oberfchwaben und Württemberg vorrückte.

Der Frieden von Rastadt und Baden, März und September 1714, beendigte den unfeligen Krieg, der das arme Land nur in der Periode von 1702—1709 15'/« Millionen Gulden gekostet hatte.

An Durchzügen fah Weinsberg in der Nähe im Juui 1704 den von dem berühmten Herzog von Marlborough*), welcher mit 30,000 Engländern, Holländern und Deutfchen, aus den Niederlanden kommend, von Heilbronn aus in 3 Heerhaufen durch Württemberg zog, um dem verbündeten Heere unter Prinz Engen von Savoyen und Prinz Lndwig von Baden zu Hülfe zu kommen.

1706—7 hatte Weinsberg Winterquartier von einem Dragonerregiments-Stab, welches nur für Stallmiethe die Stadt 150 fl. kostete. Von Flüchtlingen aus Offeuburg und Enzweihingen wurden im Juni 1707 2 Kinder hier getauft.

Ebenfo zog das deutfche Heer — f. oben — im August 1707 von Ellwangen aus über Hall, Oehringen, Heilbreun und Sinzheim gegen den Rhein vorrückend, hier durch.

Wir fchieben hier den Weinertrag :e. von 1701—1706 ein.

1701 fiel die Weinlefe und Getraide-Erndte nach Meuge und Güte zufriedeu- stellend aus. Preis 8 fl. bis 14 fl. 40 kr. in Besigheim, in Güglingen 8 fl. Langer Winter, trockener Sommer. Fruchtpreife in Stuttgart: an Georgii Kern. 6 fl. 5 kr., Dinkel 2 fl. 44 kr. Haber 1 fl. 52 kr.; Ende des Jahres Kernen 5 fl. 48 kr., Dinkel 2 fl. 40 kr., Haber 2 fl. 16 kr.

1702. Wein-Ertrag reichlich, Qualität mittelmäßig. Preis von 4 fl. bis 9 fl. 20 kr. Bestgheim, Güglingen 6 fl. 30 kr. Langer Winter, kühler Sommer. Fruchtpreife Ende Jahres: Kern. 5 fl. 30 kr,, Dinkel 2 fl. 36 kr., Haber 2 fl. 30 kr.

") Diefer Herzog, welcher bei feiner Zufammenkunft mit Prinz Eugen und dem Herzog Eberhard Lndwig im Lamm zu Heppach (l3, Juni 1794) den Remsthaler Wein felbst gekostet hatte, bezog in den Jahren 1704, 1705 und 1706 aus Württemberg Wein für sich und die KLuigin Anna von England, Der Herzog von Württemberg ließ für ihn im Oktoder 1704 l0 Eimer, 7 Jmi, 7 Maas bei dem Geistlichen Verwalter Fulda in Weinsberg kaufen, ä 60 fl, per Eimer.

1703 lieserte vielen und guten Wein. Preis von 4 sl. 20 kr., Güglingen, bis 1(1 sl. 30 kr., Vesigheim. Später Frühling, unbeständiger Sommer. Ziemlich gute Erndte. Fruchtpreise Deeember: Kernen 6 sl. 24 kr., Dinkel 2 sl. 44 kr., Haber 2 sl. 12 kr. Marimum.

1704. Wein-Ertrag gering. Qualität lobenswerth. Preis von 13 sl. 20 kr. bis 18 sl., Waiblingen; Vesigheim 16 sl. Ziemlich kalter Winter, warmer Frühling. Nachtsröste im Mai. Obst wenig. Fruchtpreise steigend. Ende des Jahres Kernen 7 fl., Dinkel 3 sl. 8 kr., Haber 2 sl. 20 kr.

Mitten in den Kriegslänsen wurde

1705 den 13. Qetober Dorothea Barbara Reyhin von Willsbach zu Weins' berg »umb begangenen zinritioi6ii willen« (Ehmannsmords) aus der Schleisen an die Malesizstätte gesührt und mit dem Schwerste hingerichtet.

Ziemlich strenger Winter, am 25. und 26. Mai noch reichlich Schnee. Günstiger Sommer. Reiche Erndte. Preise sallend. Kernen 5 sl. 10 kr., Dinkel und Haber 2 sl. 24 kr. Wein gab dieser Jahrgang ziemlich viel von mittlerer Güte, Preis von 11 sl., Tübingen, bis 16 fl., Besigheim,

Küser Erni von Eßlingen wurde in diesem Jahr zu Stuttgart deeollirt, weil er den Wein durch Silberglätte — als guter Schöne — versälscht uud auch viele ^'eute zu Weinsberg versührt hatte, seinem Beispiele zu solgen, wovon mehrere Personen den Tod getrunken. Man ließ 100 Eimer solchen Weins in den Boden lausen und verbot den Gebrauch der Silberglätte bei Lebensstrase (W. Jahrb. v. 1850).

1706. Ungewöhnlich trockener Winter. Sehr günstiger Sommer. Reiche Erndte. Preise sallend. Kernen im Deeember 4 sl. 45 kr., Dinkel 2 sl. 10 kr., Haber 2 sl. Wein der Quantität und Qualität nach ausgezeichnet. Preis 10 sl. 40 kr., Tübingen uud Waiblingen; Güglingen 12 sl.; Besigheim 16 sl.

Zu den schweren Bedrängnissen des Krieges gesellte sich' 1707 den 19. August das Unglück eines großen Brandes, welcher die Stadt innerhalb 4 Stunden — bis ans etwa 30 Häuser und die Kirche zerstörte. Manches, was die Landbewohner vor der Ranbsucht der gerade in Stuttgart und im Rems- thale hausenden Franzosen (s. oben) in die Stadt geslüchtet hatten"'), gieng bei diesem großen Brände zu Grunde, so namentlich die Bibliothek des Psarrers öl. Heidegger von Horkheim, damals Weinsberger Enperintendenz**).

Nach den vorliegenden Aeten giengen bei diesen! großen Brande im Rauche aus: 8 herrschastliche Gebäude, worunter das steinerne Amtshaus, darin der Keller seine Wohnung hatte (das Schlößleiu von Herzog Christoph), das Bandhaus mit allen seinen Materialien, der tiese Keller oder Zehndscheuer, die große Kelter und Fruchtboden an des Kellers Wohnung, die Bogteiwohnung und herrschastlicher Stall, das Helserathaus mit der Kelter und Scheuern, so der geistlichen Verwaltung (2 Gebäude); 3 städtische Gebäude: das Rathhaus mit der Registratur, weßhalb die städtischen Aeten nur bis 1707 zurückweisen, die Stadtkelter und das Bandhans; 125'/« Bürgerhäuser, worunter Wilhelm Hessen, wo das Feuer entstanden, Herr Hauptzollers Reyschers Haus und Scheuer, H. Avo-

  • ) Auch Flüchtlinge von Ossenburg und Schwieberdingen wareu in der Stadt, denen nach dem Tausbuche Ausangs Juniis je l Kind g«t»nst wurde,

") Schesser Ehronolog. Gesch. S, 200. Sattler topogr, Gesch. S, 435.

thekers Schweitzers Haus und Kelter, 2 Häuser und eine Scheune von H. Bürgermeister Bellen, welcher gerade wegen der sranzösischen Contribution nach Franksurt verschickt war, H. Bürg.Meisters Kilian Haus und Scheuer, 2 Häuser von H. Bürg- Meister Lutz mit Stall, H. Stadtschreibers Epeidel Haus und Scheuer. 1 Kelter des Stists Oberstenseld, Organist Trnckenmüllers'Häus, H. Amtspslegers Heyland Haus und Scheuer, 2 Häuser und 2 Scheuern von H. Verwalter Fulda, 1 Haus des Herren von Schmidtberg, damaligem Besitzer von Lehrensteinsseld, Herr Kammer- raths Hosmann Haus und Scheuer, H. Ur. Biers Haus, 2 Häuser von Frau Psleger Bischer; dazu 48'/2 Scheuern, 8 Ställe, 5 besonders gebaute Keltern, außer 10 Keltern in den Bürgerhäusern, 3 halb abgebrannte Häuser und 1 Scheuer, zusammen 197 Gebäude. Alles Keltern-, Faß- und Bandgeschirr, ein reicher Vorrath an Früchten, Heu, Wein und Branntwein gieug bei der Schnelligkeit, mit welcher das Feuer bei einem ungestümen Wind und bei Wassermangel um sich griss, innerhalb 4 Stun- den unrettbar verloren. (Bericht des Vogts Ritter vom..^AuH^ 1707.) Nur die untere sogenannte Vadstubeukelter blieb verschont.

Ueber die Entstehung des Brandes ließ sich vom Vogte Nichts ermitteln. Ein aus eine Magd von Gruppenbach erhobener Verdacht ergab sich als unbegründet.

Es dürste die jetzige Generation interessiren, aus dem Verzeichniß der Abge- brannten von 1707 die Namen von '/< der damaligen Bürger von Weinsberg zu ersahren, von welchen jetzt nur noch die mit * Bezeichneten vorkommen.

Wilhelm Heß, Husschmidt, wo das Feuer entstanden; Heinrich Taag; Hans Jörg Huber*; Hans Jaeob Häberlen*; Philipp Müller*; Hans Leonhard Wieland*; Hans Martin Gailing; Adam Eckstein; Frau Reyscherin; Hans Peter Bischer; Hans Michel Grimm*; Herr Amtspsleger Heiland; Hans Leonhard Beer- David Majer*; Herr Hauptzoller Reyschev; Martin Seibold; Albrecht Schuh; Elias Ass, Pslegender; Hans Georg Heussen Kinder: Hans Michel Jlg; Matthäus Hamm*; Andreas Netter; Paul Köber; Joh. Fehr, Pslegtochter; Georg Carl Kävplinger*; Leonhard Hüsstlen; Michael Müller*; Hans Raw; Johann Vocher; Johann Ziegler*; Herr Apotheker Schweitzer; Herr Bürgermeister Bellon; Heinrich Pleideckher; Johannes Spatz; Alt Heiligenmauns vl6. *; Herr Scheuermann* (eiugew.); Lorenz Neumann; Hans Leonhard Rness; Michael Bischoss*; David Kurr; Dan. Ziegler*; Conrad Zoller; Abraham Ackhermann; Hans Balthas Renner; Friedrich Krell; Philipp Steinbrenner; Hans Georg Geisselmann; Paul Partsch; Herr Bürgermeister Lutz; Hans Jaeob Hiemer; Herr Bürgermeister Kilian; Gottsried Apell. Chir., s. 1723; Philipp Holzbauer; Herr Stadtschreiber Speidel; Balthas Neess; Hans Ulrich Häberlen*; Lndwig Schreibeisen; Hans Georg Altvatter; Lorenz Döbelin; Augustin Nördlinger; Hans Michel Ritter; Hans Georg Teussel; Organist Druckeu- müller; Hans Leonhard Göttler; Hans Michel Köber; Hans Michel Rauscher; Christoph Hops; Hans Jae. Kützler; Hans Peter Schmidt«; Hans Georg Ahlinger; Michael Dürr (?); Lt. Jäger; H. Verwalter Fulda; Hans Stell; Hans Leonhard Scholl*; Friedrich Ass; Johann Horn; Johannes Beckher; Hans Hohenstein; Hans Michael Naw (Ran); Michael Schweitzer; Hans Georg Schluchterer; Simon Hammel; Hans Jaeob Altvatter; Hans Mich. Straub; Hans Georg Burkhardi*; Adam Schwab*; Hans Michael Leibbrand; Herr Hans Jae. Häberlen*; Michael See- ger* (eingew.); Reichard Rupp*; Ludwig Pretich; Nieolaus Horn; Peter Sammet; Daniel Leibprandt; Melchior König; Joachim Notter; Hans Jerg Rapp; Hans Jae. Wolst v!6.*; Gottl. Engel vi6.; Endriß Blind; Herr v. Schmidtberg; Johannes Dübell; Thomas Kühner*; Christoph Arnold; Veit Bräunlen; Hans Leonhard Walther*; Mattheus Winter * (eingew.); Herr Kammerrath Hosmann*; Elias Beer; Peter Ruess; Vollmar Lang *; Herr Dr. Bier; Hans Georg Koch *; Heinr. Aeckher; Frau Psieger Bischer!n; Herr Weipprecht; David Schultheissen vi6. *

Die ossieielle Schadensberechnung ist nach oberamtlichen Aete.n solgende:

An Gebäuden 97,454 sl. — kr.

1873 Eimer zu Grund gegangenen Weins 60,004 ,, 30 »

Früchte, Heu, Oehmd, andere Vietualien und Mobilien . . 78,026 » 31 » 800 Ctr. Mehl (im Rathhaus), welches Stadt und Amt der

sranz. Armee aus Schorndors liesern wollte, sammt den Stippichen 1,600 ,, — »

237,085 sl. 1 kr.

Viele von den ärmeren Bürgern, welche »Nichts davon gebracht«, verliesen sich — nach obenallegirtem Bericht des Vogts Ritter — und begaben sich aus die benachbarten Dörser, Andere, die sich noch etwa Hossnung zum Wiederausbauen machen konnten,.räumten den Schutt ab und säuberten die Keller. Die Vermöglicheren beabsichtigten den Neubau noch vor dem Winter unter Dach zu bringen. Vogt, Bürgermeister und Gericht baten deßhalb die Regierung, 2 Bauverständige abznordnen, damit eine bessere Banordnung, als in der abgebrannten Stadt bestanden, eingehalten würde.

Jn den ersten Tagen des Septembers erschienen hieraus die Bau-Deputirten, Jenisch und Vögele in Weinsberg, nahmen mit einem Feldmesser die nothigen Abmessungen vor und machten den 19. September Vorschläge, wie »die ehemalige große Jrregularität, als dergleichen anderswo nicht wohl zu sinden, da man nicht 3 Häuser in Einer Linie nennen könne, völlig redressiret, die Haupt- und Nebenstraßen, auch Ab- und Quergassen gerad, gleich und besonders von rechtschassener Breite angegeben werden möchten.« Sie machten aber zugleich die Bemerkung, »daß sie deßsalls nicht nach Wunsch reussiren können, 1) weil viele, und zwar die vornehmsten Keller, wovon doch Weinsberg alle seine Nahrung habe, hätten zerstümpelt, oder gar ruinirt, mithin den Einwohnern größerer Schaden, als wenn ihr Häuser von Neuem abgebrannt würden, hätte zugesügt werden müssen; 2) weil die vom Brande übergebliebene Quartiers eine vollkommene Resormation nicht gestatten; 3) weil die Stadt an einem hohen, steilen, benebenst höckerigten und ungleichen Berge gebaut seye, so daß vorderist die Haupt- und Nebenstraßen sich nach der Lenkung desselben in die Rundung richten müssen und nicht gerade sortlausen können; serner nm der Aussahrt willen die Querstraßen als eine Steig schräg und schies gehen, mithin die Häuserquartiere sich oben zusammeuspitzen und wenn man solche Quergassen um ein Merkliches hätte erweitern wollen, Schied- und Widerlager- Mauern zum Ruin der Keller hätten angegrissen werden müssen" w.

Sie glaubten deßhalb sich begnügen zu müssen, »vorderist den Markt nicht nur durch Cassirung des ehemaligen RathhausplatM (wozu sich nun das abgebrannte Diaeonathaus zum Beßten schicken würde) raumlich, sondern auch durch Regulirung der daraus künstig zu erbauenden Häuser ansehnlicher, gleichsalls die Hauptstraße und die obere Nebenstraße, so viel es die Lenkung oder Rundung des Berges zugelassen, wenigstens stückweise gerad und ohne schändliche Absätze, die Querstraßen aber durch Zurücksetzung der zu weit hervorgehenden Erker, Thürenstasseln, Kellerhälse :e. zu dem Ausweichen, Ränken und Wendungen der Wägen bequemer anzugeben; welche« sie aus solche Weise geschehen zu sein glauben, daß zwar an Maleontenten, Protestanten und etwaigen Supplieanten kein Mangel — doch Keiner leichtlich sein werde, der über die Maas und Gebühr vernachtheiligt worden zu sein, erweisen könnte."

Die Antrage der Techniker wurden den 27. Sept. von der herzogl. Regierung vor- läusig genehmigt und versügt: daß das Rathhaus ausdem Platze, wo das Diaeonat- haus gestanden, erbaut, dessen abgebrannte Hosstatt aber zur Vergrößerung des Markts leer gelassen, zu Wiedererbauung eines neuen Diaeonathauses hingegen der sürstlichen Visitation von der Stadt ein anderer bequemer Platz ausersehen und eingeräumt werden solle. Von denen der sürstlichen Rentkammer zukommenden Gebäuden solle übrigens »wegen der obhabenden vielen und schweren Ausgaben« vorerst nur die Vogteiamtsbehausung und Keller des sogenannten Neuen Baues vor und unter Handen genommen und aus solchen Keller der Fruchtspeicher gemacht, die übrigen Keller aber, so viel deren vor dem Winter nicht überbaut werdeu können, einstweilen zur Conservirung mit Ortdielen uud Schwardten bedeckt werden. Das sämmtliche Bauwesen wurde unter Aussicht des Psleg-Seribenten Lehrens zu Heilbronn gestellt und mindestens alle 14 Tage vom Landbaudireetor Ienisch visitirt. An die benachbarten Vögte zu Neuenstadt, Möckmühl, Brackenheim, Gügliugen, Laussen, Bottwar und Beilstein ergieng

den 3. Oet. eine Aussorderung, den abgebrannten Nachbarn aus christlicher Liebe — gegen Empsahung eines Gewissen an Brod, Wein und Haber — mit Hand- und Karrensrohnen bei Beibringung der Baumaterialien zu Hülse zu kommen; was auch geschah.

Zum Neubau wurde, aus eingereichte Bittschristen den 9. Deeember gestattet, daß diejenige, so nach dem von gnädigster Herrschast gemachten Modell bauen würden, die Steine von dem alten Schlosse, außer man selbst zum Herrschastsbau- wesen benöthigte, nehmen mögen; mit dem Austrag an den Vogt, daraus gute Jn- sveetion zu tragen. Das benöthigte Bauholz wurde von Euzslößen und aus den benachbarten Forstrevieren abgegeben und den Unvermöglichen dabei von der sürstlichen Herrschast unter die Arme gegrissen. Das Bogteiamtshaus wurde unter mancherlei Hindernissen im solgenden J. 1708 unter Dach gebracht. Uebrigens sand die Durchsührung der vorgeschriebenen Banordnung von Seiten der Abgebrannten vielsache Renitenz, namentlich von dem Bürgermeister Lutz, welcher zu rebelliren drohte und den Vogt Ritter injurirte. Zwei Bürger verließen auch die Stadt, um sich dieser Banordnung zu entziehen und suchten anderer Orten ein Bürgerrecht; weßhalb Vogt Ritter selbst den 11. Oktober aus Modisieation einiger dießsallsigen Vorschristen antrug.

Jm Oetober stellte der Magistrat nach dem Stadtraths-Protokoll vor: daß das Amt an hereingeslüchtetem Wein, Früchten uud anderen Mobilien durch den hiesigen Brand großen Schaden erlitten, daß keine Fourage vorhanden seye, weil diesen Sommer durch die >1«,robe nnd Ilomareb«, sonderlich der Reichsarmee, Alles eonsumirt worden. Er bat daher, Stadt und Amt mit Winterquartieren zu verschonen, was aber nicht geschehen zu sein scheint. Jn der Stadt war es natürlich ansangs sast eine Unmöglichkeit, Quartier zu geben. Dagegen sinden sich schon im Februar 1708 hier einquartierte chursächsische Ossiziere, welchen nach herrschastlichem Besehl ein Doueeur gereicht werden sollte. (Stadtr.-Prot.) »Dabei Jedem ßilentium auserlegt."

Der abgebrannte Diaeonus, welcher nach Stadtr.-Prot. neW dem Stadtschreiber- interimistisch im Spital eine Wohnung erhielt, nachdem der Antrag, ihn in Ell- hosen unterzubringen, nicht durchgegangen war, war öl. Joh. Leonh. Reinselder, und kam im folgenden Jahr 1708 als Speeial-Superintendent und Stadtpfarrer nach Schorndorf. Ihm folgte Kl. Joh. Thom. Friedr. Schütz 1708—27. — Stadt- pfarrer war zur Zeit diefes Brandes, ohne davon zu leiden — weßhalb auch die Kirchenbücher bis rückwärts 1571 noch vorhanden find — >I. Jeh. David Her- mann, 1703—1710, von 1710—1714 zugleich Speeial-Superintendent der in diefem Jahr wieder errichteten Diöeefe Weinsberg mit Zugabe des Klosteroberamts Lich- tenstern. ^ Präeeptor war damals, ohne von dem Brande zu leiden, Joh. Paul K raft, II. vioe bis 1711. — Der abgebrannte Organist (und Collaborator) Trucken- Müller (oder Drackenmüller) verfchwindet 1709. Jhm folgte Joh, Phil. Wag- ner 1709—14. — Vogt war der gleichfalls mit abgebrannte, oben oft genannte ** Ritter bis 1737. — Die Bürgermeifter: Vellon, zugleich Landfchaftsmitglied; Kili an, zuweilen Vogteiamtsverwefer (Stadtr.-Prot.), und Lutz; der Stadt- fchrefbe^:..Sp^idel^ der geistliche Verwalter: Fulda; der Amtspfleger: Heiland; der Arzt: Dr. Bier oder Bürr; der Kammerrath: Hofmann; der Apotheker: Schweitzer; der Liet. Jäger — gehörten Alle zu den vom Unglück des Abbrenneus Betroffenen.

Getraut wurden in diefem Unglücksjahre nur 3 Paare, wahrend im folgenden 1708 10 Paare.

Der Herbst diefes J. 1707 gewährte ziemlich vielen und guten Wein;

. aber es fehlte an Kelkern, Fäffern und Kellern in der abgebrannten Stadt. Preis

anderswo 7 fl. 30 kr., in Güglingen 8 fl., zu Befigheim 10fl. — Fruchtpreife:

im Juli Kernen 6 fl. 32 kr., Dinkel 2 fl. 40 kr., Haber 2 fl. 36 kr.; im Deeember

Kernen 6 fl. 12 kr,, Dinkel 2 fl. 48 kr., Haber 2 fl.

l7"/»° macht der Stavtrath, nnter Berufung auf das große Brandunglück, Vorstellungen gegen den fürstlichen Befehl, »mit den Ludwigsburger Schanzgeld ern zu eontinuiren." Bekanntlich mußten die Städte und Aemter des Landes in dem vom Herzog um diefe Zeit gegründeten Ludwigsburg eigene Häufer bauen, welche der Herzog an feine Günstlinge verfchenkte,

1708 wurde das jetzige Deeanathaus an dem vergrößerten Markt neuerbaut von Kammerrath Hofmann, aber erst 1742 von den Hofmann'fchen Erben zum Deeanathaus erkauft (elr. eiferne Zahlen am fteinernen Giebel.)

e»6. 1708 »ist eine Mannsperfon von Waldbach, Namens Würth, die einen Anderen fürfetzlich auf dem Weg erfchoffen, anhero gebracht, in Ermanglung aber von Gefängniß und Band, die bei der entfetzlichen Brunft von 1707 zu Grund gegangen, in Ketten, welche Huffchmied Heß ino 48 kr. neu gemacht (nach Vogteirech- nung), nacher Großbottwar geführt und dafelbst lebendig gerädert worden."

Dinkelpreis nach Stadtrathsprotokoll 1 fl. 52 kr., Roggen 4 fl., Haber 1 fl.

45 kr.; in Stuttgart Martini Dinkel 3 fl. 6 kr., Korn 7 fl. 10 kr., Haber 1 fl. 56 kr, Wein gab es wenig, weil die Reben stark durch den Frost gelitten, aber Qualität gut. Preis 10 fl. 40 kr., Güglingen 12 fl. 40 kr., Vesigheim 15 fl.

1709. Grimmkalter Winter, am stärksten vom 6.-23. Januar. Vögel und Menfchen erfroren, auch Wein in den Kellern und nnbezogene Reben. (Eis acht Tage mannshoch an den Ufern). Noch am 10. nnd 11. März tiefer Schnee. Ueber- fchwemmung beim Abgang, Ganz wenig und faurer Wein. Preis: Waiblingen 16 fl., Befigheim 17 fl. 20 kr:, Güglingen 18 fl. Dinkelpreis nach Stadr.-Protoko« 2 fl. 15 kr., Roggen 4 fl., Haber 1 fl. 48 kr.; in Stuttgart Mart. Dinkel 3 fl.

46 kr., Kernen 11 fl. 30 kr, Haber 2 fl. Einführung der Tabacksregie.

1740. Wiedererrichtung einer eigenen Superintendenz Weinsberg mit den damaligen Amtsorten und den Orten des Klosteramts Lichtenstern nebst Löwen- stein. Milder Winter. Hagelschaden im Juni. Wein nach Quantität und Qualität mittelmäßig. Preis: Güglingen 13 sl., Besigheim 16 sl. Fruchtpreise in Stuttgart an Georgii: Kernen 9, sl., Dinkel 3 fl. 24 kr,, Haber 2 fl.; an Martini Kernen 5 sl. 30 kr., Dinkel 2 sl. 40 kr., Haber 1 fl. 44 kr.

1711. Sehr viel und guter Wein. Jn Stuttgart gab ein Morgen 7—9, sogar 12 Fahrten. Preis wn 6 fl. 40 kr. (Tübingen) 7 fl. 30 kr., Güglingen bis

9 fl. 20 kr. Besigheim. Fruchtpreise an Martini: Kernen 9 fl. 12 kr., Dinkel 4 sl. 20 kr., Haber 2 fl. 44 kr.

1712. Wiederum viel und guter Wein. Preis von 6 fl. 40 kr., (Güglingen) 7 sl. 20 kr., (Waiblingen) bis 10 fl. (Besigheim). Steigende Fruchtpreise in Stuttgart an Georgii Kernen 10 fl. 30 kr., Dinkel 4 fl. 45 kr., Haber 3 fl. 12 kr.; an Martini Kernen 12 fl. 30 kr., Dinkel 5 sl. 20 kr,, Haber 3 fl. 12 kr.

1713. Schon die Blüthe schlecht; daher wenig und saurer Wein. Preis von 5 fl. 20 kr., (Tübingen) bis 10 sl. (Besigheim), Desto gesegneter war die Erndte. Die Fruchtpreise an Georgii Kernen 11 sl. 30 kr., Dinkel 5 sl, 2 kr., Haber 2 fl. 56 kr.; sallen an Martini aus Kernen 9 fl. 45 kr., Dinkel 4 sl. 18 kr., Haber 2 sl. 50 kr.

1714. Der Rastatt-Vadensche Frieden besreite das Reich sür einige Jahr- zehnde von der Furcht vor sranzösischen Einsällen :e.; wodurch auch Weinsberg Zeit zur Erholung von seinem Brandunglück' erhielt. Stadtpsarrer und Speeial- Superintendent öl. Hermann starb hier am 13. April 1714. und wurde im Chor der Kirche begraben. Jhm solgte Joseph Malblank, bisheriger Hoskaplan zu Stuttgart (1706—14). Jm Februar hestiger Sturm; kühler, regnerischer Sommer. Fruchtpreise an Martini: Kernen 7 sl. 10 kr., Dinkel 3 fl. 8 kr., Haber 1 fl. 52 kr. Der Herbst dieses Jahrs lieserte nicht blos sauren und rauhen Wein, sondern auch so wenig, daß man ost nur 6—8 Butten vom Morgen bekam. Preis von

10 sl. 40 kr., 12 sl. (Güglingen) bis 16 fl. (Besigheim).

1715. Sehr wenig Wein, weil viele Reben im Winter ersroren waren. Der. Morgen gab ost nur 4 Jmi. »Aber Qualität gut. Preis von 13 sl. 20 kr., 15 fl. Güglingen, 16 sl. Besigheim, bis 17 sl. 20 kr. (Stuttgart). Heißer Sommer. Erndte sehr gut. Frachtpreise von Stuttgart an Georgii: Kernen 5 sl. 22 kr., Dinkel 2 sl. 26 kr., Haber 1 sl. 44 kr.; um Martini Kernen 5 fl., Dinkel 2 fl. 12 kr., Haber 1 fl. 36 kr.

1716. Sehr kalter Winter, in welchem die Reben Noth litten. Wein wenig, doch nicht schlecht. Preis von 10 sl. 40 kr. (Tübingen), 14 fl. zu Güglingen und Waiblingen bis 16 sl. (Besigheim). Fruchtpreise von Martini: Kernen 6 fl. 30 kr., Dinkel 3 fl., Haber 2 fl. 18 kr. m»x.

Ein württembergisches Regiment tritt vertragsmäßig in kaiserlichen Sold und kämpst gegen die Türken bei Peterwardein.

1717 wurde hier, wie allerwärts im Lande — und auch in der benachbarten Reichsstadt Heilbronn — das Jubelsest der Resormation geseiert. Fruchtpreise um Georgii: Kernen 5 fl. 20 kr., Dinkel 2 fl. 40 kr., Haber 2 fl. 14 kr.; Ende Jahrs Kernen 5 fl., Dinkel 2 fl., Haber 1 sl. 36 kr. Herbstertrag gering und ungleich; Produet gut. Preis von 12 fl. (Tübingen) 16 fl. Güglingen bis 18 fl. Besigheim. Theilnahme des württembergischen Regiments (s. vor. Jahr) au dem Siege bei Belgrad. Ohne Zweisel waren auch Einige aus Weinsberg und

dessen Bezirk unter diesem Regiment, das in diesem rühmlichen Feldzuge nicht unbedeutenden Verlust erlitt.

1718. Winter mild; Sommer ungewohnlich heiß. Erndte dadurch gesährdet. Fruchtpreise vor der Erndte: Kernen 4 sl. 15 kr,, Dinkel 1 sl. 52 kr., Haber 1 sl. 36 kr.; Oktober Kernen 3 sl. 45 kr., Dinkel 2 sl., Haber I sl. 20 kr., Herbst ausgezeichnet durch Menge und Güte, da neun Monate lang trockenes Wetter war. Gutedel schon am 24. Juli reis; am 8. Oktober waren bereits alle Keltern in Stuttgart geschlossen. Preis von 9 sl. 20 kr. (Tübingen), 12 sl. Güglingen bis 15 sl. (Besigheim).

1719. Ende Mai spürte man ein Erdbeben. Sehr heißer und trockener Sommer. Wenig Heu, aber wieder sehr viel und guten Wein. Die Maas kostete zu Stuttgart 6 kr. Preis von 7 sl. (Tübingen) und Güglingen, 8 sl. (Waiblingen) bis 9 sl. (Besigheim). Getreide nnd Obst geriethen aus's Beßte. Dennoch Preise am Ende des Jahres steigend, Kernen 6 sl. 7 kr., Dinkel 2 sl. 56 kr., Haber 2 sl. Durch die Hitze entstanden Fieber und andere Krankheiten.

1720 wieder ein ziemlich guter Herbst; doch den zwei vorigen nicht gleichkommend. Obst sehr große Menge. Jm März noch tieser Schnee, doch ohne Schaden abgehend. Weinpreise von 5 sl. 45 kr. (Güglingen) bis 8 sl. (Besigheim).

Heißer Sommer. Fruchtpreise an Georgii: Kernen 7 sl. 30 kr., Dinkel 3 sl. 15 kr., Haber 2 sl. 24 kr,; an Martini Kernen 6 sl. 24 kr., Dinkel 2 sl. 50 kr., Haber 1 sl. 36 kr.

1721. Jm Februar und März schönes Nordlicht. Kälte. Herbstertrag nicht reichlich; Qualität mittelmäßig. Weiulese wegen starken Frosts schon zu Ansang des Oktobers. Preis von 7 sl. (Güglingen) bis 10 sl. (Besigheim). Fruchtpreise an Georgii: Kernen 6 sl. 30 kr., Dinkel 2 sl. 52 kr. , Haber I sl. 36 kr., an Martini Kernen 4 fl. 20 kr., Dinkel 2 fl. 7 kr,, Haber 1 fl. 20 kr.

1722 im Febr. ist hier bei der Kopsstatt durch das Schwerdt gerichtet worden )oh. Dieterich ,,umb begangenen p»rrioi6ü willen an seinem Stiesvater Göttler, welchem er vom. I'rln. 1721 eine Schusterkneipe in den Unterleib gestoßen.» — Hans Bernhard Göttler kommt oben unter den Abgebrannten von 170? vor. — Um der an ihm verspürten Schwermuth willen ist der Leichnam aus den äußeren Kirchhos (s. oben 1617) gebracht und am hintern Thor begraben worden.

Herbst: bei mittlerer Güte reichlicher Ertrag. Preis von 6 sl. 40 kr. (Güglingen) 7 fl. 20 kr., (Waiblingen) 8 fl, (Tübingen) bis 9 fl. (Besigheim). Es war ein gesegnetes Jahr. Aus die außerordentlich strenge Kälte des Aprils solgte erwünschte Witterung. Viel gutes Viehsutter, reiche Erndte, viel und köstliches Obst. Fruchtpreise an Georgii: Kernen 4 fl. 4 kr., Dinkel 2 fl., Haber 1 fl. 20 kr.; Ende Jahrs Kernen 4 fl. 20 kr., Dinkel 2 fl. 1 kr., Haber 1 fl. 16 kr.

1723 den 16. November wurde Chirurg Gottsried Apell von seinem Sohne Gottsried, 23jährig, mit einer. Holzart erschlagen. Der Thäter starb daraus als ein Wahnsinniger im Spital. (S. oben Verz. der Abgebrannten). Jn diesem Jahr, am Sonntag Quasimodogeniti wurde auch hier, wie überall im Lande, nach der Verordnung vom 11. Dezember v. J., die Consirmation zum Erstenmale vom damaligen Speeialsuperintenden Joseph Mal blank und Diaeon öl. Schütz mit den 14- jährigen Kindern vorgenommen. Es waren aber nur 5 Knaben und 3 Mädchen, zusammen 8 Kinder.

Erndte bei heißem Sommer sehr gut gerathen. Herbstertrag nicht sowohl viel, als gut. Preis von 8 sl. (Tübingen und Waiblingen) 8sl. 30 kr. (Stuttgart) bis 11 sl. (Besigheim). Erndte herrlich. Preise im September: Kernen 4 sl. 20 kr., Dinkel 2 sl. 9 kr., Haber 1 sl. 36 kr. Erdbeben vom 7.-9. Jan. nnd 9. August.

1724 war bei trockenem heißem Sommer ein ausgezeichnetes Weinjahr; reichlicher Ertrag und gut. Preis von 7 sl. 30 kr., (Güglingen) 8 sl. (Tübingen und Waiblingen) bis 9 sl. (Besigheim). Feldsrüchte vieler Orten durch Hagelwetter erschlagen; dock) wurde dieser Abmangel durch das Heu, Obst, Kraut und durch den edeln Wein etwas ersetzt, daß es keine Theurung gab. Brodtare von Weinsberg: 8 Psund Kernenbrod galten im Juli 9 kr., August 10 kr., Oktober 11 und 12 kr., November 14 kr. (Stadtr.-Prot.) Weinpreis von 7 fl. 30 kr., (Güglingen) 8 fl. (Tübingen und Waiblingen) bis 9 sl. (Besigheim).

2. Oktober Erdbeben mehrerer Orten verspürt.

Consirmirt wurden in diesem Jahr schon 29 Kinder: 13 Knaben und 16 Mädchen. Die Kinderblattern grassirten in diesem Jahr sehr hestig sast in ganz Europa, so daß viele tausend Kinder daran starben.

1725. Aus trockenen Frühling und Sommer im August anhaltendes Regenwetter, daher offentliche Gebete am 7, September. Der Herbst gab ziemlich vielen, aber sauren und rauhen Wein. Preis von 5 fl. 20 kr., (Tübingen) 6 fl. 30—40 kr. (Güglingeu und Waiblingen) bis 8 fl. 30 kr. (Besigheim). 8 Psund Kernenbrod galten im März 14 kr., im April und Mai 16 kr., im Juni 14 kr., nach der Erndte im August und September 8 kr., im Oktober 9 kr-

1726. Aus lang andauernden kalten Winter heißer Sommer. Wenig Wein in Folge weitverbreiteten Hagelschlags, uud Ersrierens im Winter, aber Qualität ziemlich gut. Preis von 9 sl. (Tübingen) 10 sl,, (Waiblingen und Güglingen) bis 11 sl. (Besigheim). Brodtare im Februar 8 kr. per 8 Psund Kernenbrod Juni 9 kr., August 10 kr., Oktober ss. 11 kr.

1727. An Jakobi erstach Johann Diessenbach, Hauplzoller und Aeeiser, aus der Straße zwischen dem Weissenhos und der Sägmühle, im Trunk mit dem Hirschsänger den Substituten Gideon Fulda und wurde am 3. März des solgend. Jahrs an der Kopsstatt enthauptet.

Am 30. Mai d. J. starb der Speeialsuperintendeut und Stadtpsarrer Joseph Malblank und wurde im Chor der Kirche begraben. Jhm solgte nach öl. Friedrich Wilhelm Schund, bisher (von 1708 an) Psarrer in Rommelshausen, hier bis 1742. (s. unten.)

Sehr gelinder Winter, aber harter Frost gegen Ende Aprils. 18. Februar starkes Erdbeben um Tübingen verspürt. Gleichwohl noch gutes Wein jahr mit reichlichem Ertrag. Preis von 6 fl. 20 kr., (Güglingen) 6 fl. 40 kr., (Tübingen und Waiblingen) bis 8 sl. (Besigheim). Brodtare 8 Psund Kernenbrod im Januar 10 kr., März II kr,, Juni 10 kr., Juli 9 kr., August bis November 8 kr., Ende November 9 kr.

Jn diesem Jahre verlegte der Herzog Eberhard Ludwig seine Residenz von Stuttgart nach Ludwigs burg.

1728. 5.-6. August starkes Erdbeben durch ganz Württemberg, doch ohne Schaden. Ausgezeichnetes Weinjahr nach Quantität und an Qualität dem von 1718 nicht nachstehend. Preis von 4 fl. (Tübingen und Waiblingen) 6 sl. 30 kr. (Besigheim). Brodtare: April 8 kr., erst November und Dezember 9 kr.

1729. Veränderlicher Winter; ziemlich regnerischer Sommer. Herbstertrag ge-

ring mittlere

^^"3" und kalten September die Trauben saulten. Wein von w ^ '""gen und Sestgheim)

1730 We?n"n!ck.t7,° ^"""^ 7 ^'"^n. doch ohne große Sterblichkeit. Kalte ^' Indern auch gering, indem Feuchtigkeit und

(Stuttgart) s/st ^7«.^ ? ^" " "' lGuglingen und Waiblingen) 4sl.30kr. und Kr? Brodt^^?^ r"^ Fruchterudte und vle Obst

März bis No7e„ 'g " i^ü M'77^o'5"^nl> nud Ende des Jahrs 9 kr', kraukheiten ' ^ ^ ^ ^' ^'" ^'"" grassirten viele Vruft-

wie im^e^'^T^Mo^^ ^ri^^-?ubttäums hier 6 ^»n> K <> . ^^«l <,eji^corg.. ^ol, 1,12—14; Abends: Jnd. V 2s» f

5?2 wu^"^'"^" ^WH Ludwig'23. November. 20 kr. (Tü^ „)"^ .""^7^ saurer Wein. Preis vou 5 si.

(Besiabein^ Ni.s. ^ . ^ ! ^ ^' lGuglmgen und Waiblingen) bis 8 sl.

s^n o"ch dem Getraide und Obst. Glei^

Wein?rtta53/'"^^ u"' vielseitiger Gewitterschaden. Daher geringer (M liegen? bis i?f^7 ^ vo" ' si. 40 kr. (Tübingen) 8 sl. 30 kr.,

'« ^ ^tV?kr.^ 2?3 W3 ^ ^"' ^' Henoa^'^'^ H'^^s Eberhard Ludwig'am 31. Oktoberd. J. M^mH?^^^^' Neustadt ^, „i W e i ß e n h o f als

I7«l8 ^""? ^"^o^ ^°" Alexander 1733-1737. der Solu> s^I ^3^' ^ ^'" "'"^"' ^ohn schon 1731 gestorben war, (s. oben) scho 17 2 i^W'"^ '" N'ücheren Administrators, F^drich Carl, (s. oben 1677 AleA d ^^ übergetretene Herzog Carl

scheu D eMeutt'^"b^ f«"//Jamals als kaiserlicher Feldmarschall in ostreichi- ug iu Stutt ' t be^ '"" ""' "' ^'"ber d. J. seinen seierlichen Ein- '

nstcherie »^ ^! ^'""" Regierungsantritt den Tübinger Vertrag und

de Lm s st^ ^" "' o""'"'""^ ^Nderuug i'u Religionszu laude

um so e sreu ^ ^'"' "p"bte Kriegsersahrung war sur WürUen^«I

K ie. we/' d ' . r '^'^'^ ^o«'" "or seinem Regierungsantritt ein neu.. re?ck^ck> un^'^^".'^'" Königswahl zwischen Frankreich und Oest- ch v e r ^ .?5 ^o" "'^tober d. J. ein Heer über den Rhein schickte, berq bedr^" D^ 1^""'" ^^ deutschen Reiches Kehl wegnahm und Württem- Mfthr abgewendet "o"r^ no^ ""^ Unterhandlungen und Geschenke die

1734 aber, nachdem das deuksche Reich am 26. Februar aus Andringen Oest- reichs den Krieg an Frankreich erklärt hatte, giengen die Franzosen 100,000 M. stark unter Marschall Berwick über den Rhein und erstürmten den 4. Mai die Linien bei Ettlingen. Großer Schrecken kam über ganz Württemberg, als sich sein tapserer Herzog mit seinem alten Kampsgenossen, Prinz Eugen von Savoyen, bis Heilbronn zurückziehen mußte, wo das kaiserliche Heer im Mai ein Lager bezog und die Erndte verderbte.

Von diesem Lager aus souragirten nach dem Stadtr.-Protokoll »50 Mann Hu- saren und Dolpalschen im Weinsberger Sommerseld aus Habern und Wicken," wogegen vergebens Beschwerden bei dem Mohrenseld'schen Provianteommissär in Heilbroun erhoben wurde. Nach ebendemselben Stadtr.-Prot. wird der Stadtmusikus von Weinsberg eonstituirt, daß er der Soldateska au drei Sonntagen zum Tanz im Lager ausspielte. Am 19. Juni wurde hier ein aus diesem Lager krank anhergebrachter, an einer Apoplexie gestorbener Wagenmeister vom Erbprinz!. Württemb. Kaiserl, Jnsanterieregin«nt »et. 49, begraben. 1'ext. tnnekr. Ps. 24, 1. Johann Werner von Hilburghausen. Am 28. Juni wurde begraben ein katholischer Wagenknecht vom Kaiserl. Rath und Provianteommissario von Mohrenseld, welcher bei Sperrung eines Wagens beim hiesigen Hochgericht von den Rädern zerquetscht und todt in den hiesigen Spital gebracht worden. (Todtenreg.)

Nach erhaltener Verstärkung im Juni rückte Eugen wieder vor und drängte die Franzosen über den Rhein zurück. Uebrigens wurde das Unterland im Juli d. J. nach der Uebergabe von Philippsburg, aus's Neue von sranzösischen Streiseorps be- droht, denen aber der Herzog durch Verschanzungen bei Vaihingen, Laussen, aus dem Schwarzwald und durch eine bei Bruchsal veranlaßt« Ueberschwemmung Einhalt that.

Jm August d. J. grassirte die Ruhr.

Der Jahrgang gab wenig Wein von mittlerer Güte. Preis von 10 sl. 4L kr. (Tübingen) 13 sl. (Güglingen) 13 sl, 30 kr. (Stuttgart) bis 15 sl. (Besigheim).

Auch mittelmäßige Erndte. Brodtare 8Psund Kernenbrod im Februar noch9 kr. und 18 Lolh Weck 1 kr., März 10 kr., Juni 12 kr., Juli 11 kr., bis September und Oktober !2 kr.

1735 wurden die Oestreicher durch ein, das Land herabziehendes Hülsseorps von Russen unterstützt, wovon 1600 Mann nach Heilbronn in Besatzung kamen; wo auch der Weinsberger dieses noch uie gesehene Volk des Nordens und seine Sitten bewunderte. Jm September starb hier ein Dragoner vom Markgräsl. An- spachschen Dragonerregiment Oberst von Linzing, Hauptmann von Wiesen, das hier durchzog. Die stets drohende Kriegsgesahr wurde endlich durch deu Wiener Frieden 3. Oktober d. J. (desinitiv aber erst November 1738) beseitigt.

Jm Januar ausserordentliche Stürme, schadenbringend. Sehr reiche Erndte, bei trockenem Wetter eingebracht. Weiulese nach Quantität nicht beträchtlich, nach Qualität mittelmäßig. Preis von 12 sl. (Tübingen) !6 sl. (Waiblingen) 17 sl. (Besigheim) bis 18 sl. (Güglingen). Brodtare: März 13 kr,, April n. s. s. 12 kr.

Jm Mai vieler Orten Erdbeben verspürt.

1736. Herbstertrag viel von mittlerer Güte. Preis von 10 fl. 40 kr., (Tü. bingen) 11 fl. (Güglingen) bis 13 fl. 20 kr. (Besigheim). Brodtare: Januar 12 kr., Februar II uud 10 kr., März u. s. 11 kr., Juli 10 kr.

1737. Drohender Gewaltstreich— unter Veihülse des Jndien Süß — gegen Versassung uud— mit Bischos von Bamberg und Würzburg, von Schönborn — gegen protestantische Religion. Dumpse Gahrung im Lande. Von Obenher beseitiget durch den plotzlichen Tod Herzog Carl Alexanders 12. März, in Ludwigsburg.

Unter Herzog Carl Eugen 1737—93. Vormünder: Carl Rudolph 1737—1738 und Carl Friedrich 1738—44.

Da der älteste Sohn Carl Eugen erst neun Jahre alt war, so übernahm Herzog Carl Rudolph — von Neuenstadt, s. J. 1649 — die Vormundschast und behanptete sich darin, trotz der gegen ihn erhobenen Umtriebe, gab sie aber im solgenden Jahr 1738 wegen hohen Alters, nach ruhmvoller Thätigkeit, an seinen Vetter Herzog Carl Friedrich von Württemberg-Oels ab.

Wein sowohl gut, als ziemlich viel, wo er nicht durch Hagel vernichtet war. Preis von 8 sl. (Tübingen) 10 sl. 40 kr. (Güglingen) bis 13 sl, (Waiblingen und Be- sigheim). Brodtare: 8 Psund im April 9 kr, erst Oktober 10 kr., Dezember 11 kr.

Jm Mai an verschiedenen Orten des Landes Erdbeben. Als Vogt kam in diesem Jahr an Ritters Stelle Hochstetter.

1738. 4. Februar. Jnd Süß büßt sür seine Betrügereien am Galgen. Am 1. Mai Schnee mit solgender Kälte, wodurch die Weinberge ziemlich ersroren. Herbstertrag deßhalb gering, aber Qualität vorzüglich. Preis von 13 sl. 20 kr. (Tübingen) 16 sl. (Waiblingen und Güglingen) bis 18 sl. (Besigheim).

Brodtare zwischen 10 und 11 kr. sich bewegend.

1739. Ein württemb. Jnsanterieregiment wurde in östreichische Dienste gegeben, zum Türkenkrieg. Ob unter den hiezu Angeworbenen auch Leute von Stadt und Bezirk Weinsberg waren, konnte bei der damals unvollständigen Führung der Kirchenbücher nicht ermittelt werden. Einwohner hatte die Stadt in diesem Jahr 1345. Herbstertrag reichlich — in Stuttgart über 12 Eimer per Morgen — Qualität mittelmäßig; doch wurde der Wein noch im Fasse gut. Preis von 5 sl. 20 kr. (Tübingen), 6—7 sl. (Güglingen und Waiblingen) bis 8 sl. (Besigheim). Schneller Ausschlag der Früchte. Brodtare: März 10 kr., Mai 11 kr., Juni 12 bis 14 kr., August wieder 12 kr., November 13 kr. Wegen Ausschlags und Brod- mangels beschloß der Magistrat: die Bäcker sollen vor Mittags kein Brod an Aus- wärtige abgeben, Juden und andere Fremde aber gar abweisen.

Der Winter sing schon an Martini an und dauerte mit der hestigsten Kälte (durch ganz Europa) bis Ende März des solgenden Jahrs, am stärksten vom 24. bis 26 Februar.

1740. Baumblüthe erst Ausgang Mai's. Es bliebaber von da an so gut, daß es sast in dreißig Jahren nicht so viel Obst gegeben, wie in diesem Jahr. Die Dinkelerndte ist erst um Bartholomäi gewesen. (Heilbr. Chron.) Der Wein aber ist im ganzen Lande so ersroren, daß keine Weinrechnung gemackt wurde und an den meisten Orten kein Tropsen unter die Kelter gekommen. Was man noch hin und her gesammelt, war so sauer, daß man es kaum genießen konnte. Nur von Waiblingen ist bekannt, daß daselbst ein Eimer um 4 sl. verkaust wurde. Brodtare: Januar 12 kr., Februar 13 kr., März 15 kr., Juni 16 kr., August 14 kr., September bis November 13 kr., Dezember 16 kr.

Am 12. Oet. d. J. wurde beim Galgen und Hochgericht neben der Heilbrenner Straße «ob veneüeinm et p»rrio!6ium in -8oeru a6mi88um et in 8oee>e> nttent»tum« (Vergistung der Schwiegermutter und Versuch beim Schwiegervater) deeollirt Michel Wieland von Hinter'Büchelberg. Sein Körper wurde hernach aus's Rad gelegt.

1741. (Jm Juli Ueberschwemmung im Neckarthal. August Hagel in Brackenheim.) Wein weniger durch Menge, als durch Güte ausgezeichnet. Preis von 13 sl, 20 kr. (Tübingen), 14 sl. (Waiblingen) bis 15 sl. (Güglingen und Vesigheim). Brodtare: Jan. 12 kr., Febr. 11 kr., März 10 kr., 16 Loth-Weck 1 kr., April 11 kr., Mai und Juni 12 kr., Sept. 14 kr., Oet. 15 kr., Nov. 14 kr.

Jn Folge des in diesem J. ausgebrochenen östreichisch en Sueeessions- krieges, worin Baiern im Bunde mit Frankreich, nachmals auch mit Neapel, Spanien, Preußen und den Chursürsten von Cölln, Psalz und Sachsen gegen die östreichische Maria Theresia kämpste, marschirten im Aug. d. J. sranzösische Hülsstruppen durch Schwaben und Württemberg in 4 Colonnen dem Chursür- stenthum Vaiern zu und ihr Anzug verbreitete großen Schrecken im Lande, daß Viele ihre Esseeten in benachbarte Städte slüchteten. Der Herzog Administrator beruhigte aber durch ein eigenes Patent die Unterthanen, daß die Franzosen die schärsste Mannszucht halten werden, was denn auch wirklich überall der Fall war. 1 württ. Jnsant.Regiment und 1 Dragoner-Reg. wurden in preußische Dienste gegeben.

1742. Am 4. Jan. wurde der Chursürst von Baiern unter dem Namen Carl VII. zum Kaiser gewählt.

Zu Ansang d. J. stand ein Komet am Himmel bis zum März. — Strenge Kälte bis in den Februar.

Am 4. März starb der hies. Spee.Sup. ' und Stadtps. «. Friedr. Wilh. Schmid. Jhm solgte der bisherige zweite Stistsdiaeonus ^. Phil. Gottsried Faber, hier bis 1752. — Erkausung des jetzigen Teeanathauses, s. 1708. Crndte ziemlich gut. Brodtare sür 8 Psd. Kernenbrod Jan. 13 kr., April 15 kr., Juni 14 kr., Juli u. s. s. 13 kr.

Aus Antrag des neuen Spee. Faber wurde die Mauer an der Saeristei durchgebrochen und eine Thüre angebracht, um nicht durch die Kirche gehen zu müssen, sondern von außen in die Saeristei kommen zu konnen.

1742. Am 17. Nov. starb in Neuenstadt, 75'/2 J. alt, der edle Herzog Carl Rudolph, 17"/«» Herzog Vormund sür den noch minderjährigen Herzog Carl. Mit ihm starb der Mannsstamm der Württ.Neuenstadt'schen Linie aus und seine Besitzungen, Neuenstadt, Möckmühl und halb Weinsberg, welche seit 1649, also nahezu ein Jahrhundert dieser Linie gehört hatten, sielen wieder an das regie- rende Haus Württemberg zurück. Also

i) Heimsall von Weinsberg an das regierende herzogliche Haus

Württemberg.

Jm Nov. d. 1.1742 wurde hier der sogen. Singer-Thomas, «ein Jaunergeselle, pontitio., ob v»ri» erlmin»« lebendig gerädert. (Kirchbücher.)

Wein gab der Herbst nicht nur wenig, sondern auch sauren und herben. Preis von 9 fl. bis 9 fl. 20 kr. (Tübingen und Güglingen), 10 sl. (Waiblingen) und Stuttgart bis 11 sl. (Besigheim).

Die Seelenzahl betrug in diesem Jahr 1350;*) darunter Bürger 216, Beisitzer 18, Ossieianten 18, Wittsrauen 50.

") Communie. 1060, Catechum. lOl, Jusant«s !53, Simpel 33, Papisten 3; nach

osssieieller ZMunMste.

1743. Ende Januars Rückmarsch der geschwächten sranzösischen Armee in 12 Colonnen durch das Reich nach Frankreich; ebenso im Juni, versolgt von Oestreichern s. Juli.

Jm Februar abermaliges Erscheinen eines Kometen, doch nicht von großem Umsang.

8. Mai bedeutender Brand im benachbarten Heilbronn, welcher 50 Häuser zerstörte. ...

Jm Juli d. J. näherte sich der Kriegsschauplatz unserer Gegend so sehr, daß 2000 Croaten und 500 östreichische Husaren am 10. in Weinsberg ankamen nnd am I1. Nachts bei Neckarsulm die dort liegenden Franzosen beschoßen, welche sich hieraus gegen den Rhein zurückzogen.

eo6. Verkaus des alten Dekanathauses an den Kellereiküser Gerock um 600 sl.

Der Herbst gab nicht vielen Wein und von mittlerer Güte. Preis von 10 sl. 40 kr. (Tübingen), 16 sl. (Güglingen), 17 sl. (Waiblingen) bis 18sl. (Besig- heim). Erndte gut, so daß, ungeachtet Württemberg große Armeen mit Proviaut versehen mußte, die Lebensmittel nicht ausgegangen, noch viel theurer geworden. Brodtare: Febr. 11 kr. (16 Loth Weck 1 kr.), April 12 kr., Mai 13 kr., Sept. 12 kr., Oet. 13 kr. '

Jm Dee. d. J. bezogen die Kaiserlichen in der Umgegend Winterquartiere. Der Winter trocken und sehr kalt.

1744. Jm Januar wurde abermals ein sehr bedeutender Komet sichtbar, dessen Licht am 1. Febr. schon heller als Sirins, am 8. Febr. heller als Jupiter und Ansangs März als Venus strahlte und der um 1 Uhr Nachmittags mit bloßem Auge gesehen werden konnte.

Am 17. Jan. erklärte Kaiser Karl VII. den jungen, 16jähr!gen Herzog Carl Eugen sür volljährig und derselbe trat die Regierung am 10. März d. J. an.

Jm April erhielt Weinsberg unverhosstes Quartier von Kön. Ungarischen Husaren und Croaten unter Commaudo des General von Wipps und Fürst Ester- hazy (Stadtr.Prot.) — Jm Mai dieses J., wo der Bogt Hochstetter (nach dem Stadtr.Prot. vom I1. Mai d. J.) wegen des Truppenmarsckes zu Remonstrationen an die schwäbischen Kreiseommissaire nach Hall geschickt wurde, bezog die östreichische Armee uuter Feldmarschall Traun ein Lager von Heilbroun über Neckarsulm bis Kochendors, sür welches auch in Weinsberg eine Fouragelieserung der Steuer nach eingezogen wurde gegen eine spatere Vouisieation von 2 sl. 30 kr< sür 1 Schssl. Haber, 48 kr. sür 1'Ctr. Heu und 3 kr. sür I Bund Stroh. — Am 29. Juni wurde hier das Kind eines Gesreiten unter Hauptmann v. Bittenselds Grenadiereompagnie, schwäb. Kreisregiments zu Fuß, das hier durchzog, getaust. Gevatter war der Feldscherer der Compagnie Henrichsen. Diese östreichische Armee schlug hieraus eine Schissbrücke über den Neckar, gieng bei Neckargartach über den Fluß und zog gegen den Rhein.

Aus die Nachricht aber, daß Preußen (10. Aug.) in Böhmen eingesallen seie, zog sie wieder eiligst zurück und that in den Garten bei Heilbrcnn aus diesem Rückzug vielen Schaden.

Am 3. Juni d. J. entstand in eines Becken, Dalmers Haus aus Achtlosigkeit Mitternachts eine Feuersbrunst, welche gegen das obere Thor sich ziehend 7 Gebäude verzehrte, darunter auch die Behausung des Diaeonus öI. Christlieb — wahrscheinlich da, wo das später Kausmann Liesching'sche, jetzt Dietz'sche

Dillenius, Wrweberg. 12

Haus steht. — Es verunglückten dabei nach dem Stad»r.Protoeoll auch 4 Stück Vieh. Dalmer durste nach dem Stadtr.Prot. nicht mehr aus demselben Platz bauen und buck 1735 im Hause seiner Mutter.

Der abgebrannte Diaeonus ^l. Christlieb war vorher Diae. in Sindelsingen, kam 1740 hieh er, wurde 1752 Dekan Oetingers Nachsolger aus der Psarrei Walddors und 1760—80 Speeial-Superintendent in Heidenheim.

Jm November und Deeember d. 0. logirte hier die verwittwete Herzogin mit ihrem Comitat. Kosten nach Stadtrechnuug 234 sl. 25 kr.

Nach Stadtr.Prot. vom 22. Juni 1744 wurde dem ?r«f. ri>ün«. J. U. Steinhoser, welcher 8 gebundene Exemplare seiner, bis 1744 gehenden württ. Chronik den hiesigen Stadt- uud Amtsvorstehern dedieirt und zugesendet, aus der Amtspsleg zu einem Doueeur zu übermachen deeretirt 1 Carolin oder 9 sl. 30 kr., »dabei ihm aber zu vernehmen gegeben, wie man wünschen mogen, daß einestheils in solchem Buch die uralte hiesige Historie der berühmten Weibertreue nicht so schlechthin und ohne genügsamen Grund als eine bloße Fabel beschrieben und an- derntheils auch des satalen 1707er Brandes, der ja sast die ganze Stadt Weinsberg in die Asche gelegt, darin gedacht worden wäre."

1745. Nach dem Abschluß des Friedens von Fuessen, 22. April, lagen die aus Bayern zurückkehrenden Franzosen mehrere Wochen lang zwischen Laussen und Bietigheim und zogen dann durch Heilbronn nach Wimpsen, wobei das Brachseld von ihnen verheert wurde. Am 25. Dee. d. J. solgte der Frieden von Dresden. Der blutige 8jahrige Krieg endete aber desinitiv erst im J. 1748, s. unt. Wegen obged. sranzös. Durchzuges lag im Juni, d. J. eine Kreis-Jnsanterie-Com- pagnie unter Major Hermann zu Weinsberg »aus Postirnng" im Quartier.

Am 9. Sept. d. J. rückte Hauptmann von Kechler vom Kreis-Jnsanterie-Regi- ment mit seiner Grenadier-Compagnie aus sürstlichen Besehl, zur Bedeckung der Stadt, wegen des baierischen und sranzösischen Durchmarsches unter v. Seckendors und Grasen v. Segur, zu Weinsberg in's Standquartier ein.

Eine Viehseuche richtete großen Schaden an.— Wein gab der Herbst dieses Jahres wenig wegen des harten, lang andauernden Winters, aber die Qualität war sehr gut. Preis bis 45 fl. — Brodtare: April 14 kr., Juli 12 kr., Aug. 10 kr. 18 Loth Weck 1 kr.

Ueber diesen Winter bis zum März des solg. J. hatte Weinsberg kaiserliches Winterquartier.

Sommer warm mck trocken; ziemlich gute Erndte. Brodtare: Mai 13 kr., Juni 11 kr., Aug. 12 kr., Sept. 13 kr., Nov. 14 kr., Dee. 15 kr. Haberaussuhr verboten. Aber Herbstertrag wenig in Folge der Winterkälte, doch gut. Preis wieder bis 45 sl,

1746. Aus tiesen Schnee und große Kälte bis zum 17. März sehr trockener Sommer, welcher die Trauben so sehr destillirte, daß »der neue Wein wie Oel vom Biet lies." Herbstertrag ziemlich viel und gut. Preis 25 sl. 30 kr. Brodtare 8 Psd. Jan. 16 kr., Febr. 15 kr., bis Juni 16 kr., Juli 17 kr., August 15 kr., Sept. ss. 14 kr.

1747. Weil die Reben im Winter und Frühling ersroren, sehr wenig Wein, aber gut. Preis bis 23 sl. 30 kr. Brodtare: Febr. 13 kr.. April 12 kr., Erndte 13 kr., August bis November 12 kr.

Obervogt von Weinsberg, Neuenstadt und Möckmühl, Oberst von Bidenbach stirbt eines plötzlichen Todes aus dem Weißenhos 25. April und wird im Chor der Kirche beigesetzt. ,. . '

1748. Der Frieden zu Aachen endigte den blutigen 8jährigen (östreich. Sueeessions-) Krieg und es solgten nun 8 köstliche Friedeusjahre.

Deponirung des Testaments der "seit 1743 allhier sejournirten Frau Reichsgräsin de la Contrey Ereellenz in dero nächst dem Rathhaus stehenden Logis, obwohl Dieselbe indessen nach dem Willen Gottes in die Ewigkeit abgesordert worden.«

Der Sommer war sehr trocken. Der Herbst gewährte ziemlich vielen Wein von mittler er Güte. Preis bis 10 sl. 30 kr. Jm Oetober Neckarüberschwemmung bei Heilbronn. Brodtare: Mai II kr., Juni 10 kr., Aug. 9 kr. (16 Loth Weck 1 kr.)

1749. Starker Frost am 1. Mai, daher äußerst wenig, aber guter Wein., Preis bis 18 sl. Brodtare: Juni 12 kr., Juli 13 uud 14 kr., August 12 kr., Oetober 13 kr., November 14 kr. , . ,.

Vom 1. Mai bis 30. Nov. lag hier ein Commando von der herzogl. Leibgarde zu Pserd unter Rittmeister v. Wöllwarth mit 1 Corpora! und 6 Gemeinen. Ob Ereeutions- oder Werbeommando, ist unbestimmt. Der Kosten dasür betrug nach Stadtr.Prot, 1086 sl. Große Heuschreckenschwärme in Süddeutschland.

eo6. 1749. Der Weißenhos kommt nach dem Tode der Gräsin de la Contrey (s, ob. 1733) an die württemberg-neuenst. Prinzessinnen Eleonore Wilhelmine Charlotte und Friederike, in deren Besitz er bis zum Tode der Letzteren 1781 blieb.

1750. Anlegung von Kunststraßen und Bepslanzung derselben mit Maulbeer-, später statt deren mit Obstbäumen. Auch kalter Winter, sehr heißer Sommer. Wein sehr gut, aber nicht viel. Brodtare März 13 kr., April 14 kr., Juni 15 kr., Oct. 12 kr.

1751. Herbstertrag ziemlich reichlich; Güte eine mittlere, weil Frühling und Sommer kühl und seucht waren. Preis bis 16 sl. Brodtare vor der Erndte 13—14 kr. nach derselben 11—13 kr. Tod von Vogt Hochstetter, s, unten Grabsteine.

1752. Der berühmte Oetinger, bisher Psarrer in Walddors (17-°/««), kommt als Speeial-Superintendent hieher.— Ziemlich viel und guter Wein. Preis 13sl. 30 kr. Bei günstiger Witterung hatten die Trauben um Johannis verblüht. Brodtare Jan. 14 kr., März 13 kr., Juli' 12 kr., August 11 kr.

1753. Quantität des Weins zusriedenstellend, da die im Mai ersrorenen Reben während des heißen Sommers nachtrieben. Qualität ausgezeichnet. Preis bis 20 sl. Brodtare März 10 kr., April 9 kr., Aug. 11 kr., Sept. bis Dee. 12 kr.

Vertrag mit Frankreich, 6000 Mann sür Frankreichs Dienste bereit zu halten, welche Frankreich besoldete.

1754 gab nicht nur wenigen, sondern auch wegen des regnerischen Sommers und schlechter Blüthe herben und sauren Wein. Preis bis 14 sl. Brodtare von April bis Seplbr. zwischen 13 und 14 Ir. schwankend.

Gewaltsame Aushebungen zum Militär. Beschwerden der Landschast darüber.

1755. Letzter Obervogt vou Weinsberg, Neuenstadt und Möckmühl Oberst Baron v. Spitznas. Aus den bisherigen Vögten wurden nach Aushebung der Obervogtstellen (derenStellung eine ähnliche war, wie die der nachherigen Landvögte, s. 1810) Oberamtmänner gemacht. Letzter Vogt allhier war Rath Hochstetter, s. oben 1737. Als erster Oberamtmann erscheint Malblank, hier seit 1751. — Wein nicht sowohl viel, als gut. Preis bis 18 sl. 30 kr. Brodtare Jan. 13 kr., Febr. 14 kr., April 13 kr, Mai 12 kr., Juli ss. 11 kr. Der Winter war sehr hart mit vielem Schnee bis Ende März. Baumblüthe in der Mitte Aprils durch einen kalten, starken Nebel verdorben. '

(1. Nov. surchtbares Erdbeben in Lissabon.)

1756 den 22. Sept. sind hier zwei Jauner hingerichtet worden ob vari» erimin»; 1) Johann Michael Schlag, vulZo Pseisser-Michel, wurde gerädert. 2) Joh. Adam Fröhlich, ?ontil., wurde mit dem Strange hingerichtet. — Zwei Compagnien kaiserl. Jnsanterie, v. Salm und Carl Lothringen waren in diesem J. aus dem Marsch von den Niederlanden nach Böhmen in Weins berg über Nacht. — Herbstertrag wenig, weil der Weinstock schon in der Blüthe Schaden litt; mittlerer Güte. Preis bis 13 sl. Brodtare Jan, 9 kr., März 8 kr., Juli 10 kr.. Oet. 11 kr., Nov. 12 kr.

Zu Ende d. J. Beginn des blutigen, siebenjährigen Krieges mit Fried- rich II., König von Preußen, welchem

1757, den 17. Jan. auch das deutsche Reich, in Verbindung mit Frankreich, Oestreich, Schweden und Rußland den Krieg erklärte. Herzog Carl mußte die Frankreich versprochenen 6000 Manu (s. 1753) stellen und zur Reichsarmee weitere 1728 Mann. Gewaltsame Aushebungen dazu. Auslehnungen vor und bei dem Ausmarsch. Desertionen. Der Herzog rückt selbst in's Feld. Verluste bei Leuthen 5. Dee., bei Fulda 30. Nov. 1759.

Württemberg mußte zwar seinen Boden nicht zu den siebenjährigen blutigen Kämpsen hergeben, — nur Einmal kam die beunruhigende Nachricht, es ,sei ein preußisches Freieorps in der Nähe — wahrscheinlich Streiseorps von dem in Franken vordringenden Prinz Heinrich, oder Oberst v. Kleist. — Aber das Land litt vielsache Verluste an Leben, Blut und Geld; wozu auch Weinsberg sein redliches Contingent stellte.

Jm März Fruchtsperre angeordnet. Brodtare stadträthliche: 8 Psund Kernen- btod März 12 kr., April 13 kr., Mai 14 kr., Aug. 12 kr. Langwierige amtliche Disserenzen zwischen Spee>Suverint. Oe tinger und Vogt Mal blank nebst Magistrat, bis zum solgenden Jahr sich hinziehend, von Oetinger aus die Kanzel und von Vogt an die höchste Behörde gebracht. . , i

Mai. dies. 1,ic Liesching von Marbach als Praetieus reeipirt. Apotheker war hier Jrnsinger.

Am 28. Oetober ist Johann Mich. Müller, Bürger und Bauersmann von Kochersteinsseld, welcher obiger Jauner (s. 1756) Zutreiber gewesen und ihnen seinen leiblichen Schwager verrathen hatte, hier mit dem Schwerdte hingerichtet worden.

Herbstertrag ein mittlerer; Qualität ziemlich gut. Stadträthl. Weinrechnung 11 sl. 52 kr. Der Winter war gelind, <er Sommer bis Mitte August warm, bann aber kam bis in den Herbst hinein dauerndes Regenwetter, wodurch die Trauben saulten. Hagelschlag im Zabergäu.

1758, Juli. Aus Antrag der Bürgermeister Ziegler und Renner wurde das bisher stücklensweise verpachtete sogenannte grasige Haag zu einem Stadt- und Baumgarten angelegt und ringsum mit Haag und Zaun eingemacht.

eo6. im September schickt Rentkammerseeretarins Oesterlen (als Auetor) seine Weinsberger Reimchronik in 30 Exemvlarien an den Magistrat und erhält dasür „pro 6i8eretion«" 5 sl. aus der Amtspslege. (Stadtr.Prot.)

eo6. wurden die Stadtgräben (aus der Bleiche?) noch gesischt und wieder besetzt.

eo6. Streit mit der Reichsstadt Heilbronn wegen Waidgangs aus der Ebene. Repressalien.» Beschluß: daß kein Bries unter dem Heilbronner Thor zur Bestellung angenommen, keine Heilbronner Advoeaten hier zugelassen werden sollen. 1759 u. 60.

eo6. Juli. Hochfürstl. Befehl, »daß 2 Weibsbilder, Afsin und Grimmin, wegen Verfündigung durch ein gottlofes Pasquill über die hiesige geistliche und weltliche Obrigkeit 8 Tage unter Abfpeifung mit Waffer und Brod ineareerirt und das origi- naliter remittirte Pasquill durch den Stadtknecht publie« verriffen werden folle." Nach Wiederbeifahung der Entflohenen exequirt (Stadtprot.).

Jahrgang: Sommer kühl und feucht. Erndte mittelmäßig. Stadträthliche Brod- tare: 8 Pfd. Kernenbrod vor der Erndte 13 kr., im September 11 kr. Herbstertrag gering; Prodnkt von mittlerer Güte. Preis bis 15 fl. 30 kr.

1759, März. Nach dem Tode des bisher gemeinfchaftlichen Stadt- und Amts- Physikus Dr. Faber in Neuenftadt wurde hier ein eigener Stadt- und Amts- Phyfikus aufgestellt in der Perfon des — oben J. 1757 — aufgenommenen Kle6. I.io. ?r»«t. Liefchina. (St.R.Prot). 12. März. Wiedererfcheinen des Halleyfchen Kometen vom Jahr 1682. Jm Frühjahr wurden auf die fogen. Bleiche Maulbeerbäume gefetzt. Anordnung ron Herzog Carl, um die Seidezucht in Aufnahme zu bringen (ibi6.). Jm Mai mußte sich auch die hiesige Jugend vom 16. Jahre an zur Auswahl in Marbach stellen, welche 8ereni»simus in eigener Perfon dort vornahm. Ebendahin mußten die tüchtigen Pferde vom 3. Jahre an gebracht werden.

en6. erfcheint hier Oberstwachtmeifter, General-Adjutant von Göllnitz — fpäter f. unt. das herzogl. Guide-Corps — um die Gegend aufzunehmen und in eine Charte zu bringen. Von Letzterem hatte die Stadt langes Quartier. Jm Herbft Durchmarfch herzogl. Truppen (gegen Preußen), denen Brod bis Möckmühl nachgeführt werden mußte. Fruchtpreife: Roggen 5 fl., Dinkel 3 fl, 20 kr. Stadträthliche Brodpreife: 6 Pfd. Kernenbrod im März 11 kr., Mai—Juni 10 kr., Sept. 11 kr.

Jahrgang 1759. Winter mild; 19. und 20. Mai Frost. 2. Hälfte des Sommers fehr heiß. Daher Wein ziemlich viel und gut. Preis 15 bis 20 fl.

Spee.-Superint. Oe tinger als folcher nach Herrenberg verfetzt. Nachfolger der bisherige Pfarrer in Ehningen, Kl. Steinhofer, hier nur 3 Jahre, f. unten 1761.

1760, 26. April. Samstag war allhier von früh 8 Uhr an ein mit Blitz und Donner und dazwifchen gefallenem starkem Regen abwechfelndes Ungewitter. Und da es fchien, als wäre die Heftigkeit deffelben bereits vorüber, ging man um halb 11 Uhr in die gewöhnliche Bibel- oder fogenannte Vefperleetion, welche Kl. Süßkind hielt als Stadtpfarrviearins (wahrfcheinlich der nachmalige Diaeon in Löchgau 1767 bis 1775 und Pfarrer dafelbst 1775 bis 1791). Da er nun diefelbe fast abfolvirt hatte und wirklich in dem Gebet der gewöhnlichen Colleete vor dem Altar begriffen war, fiel ein ganzer Feuerball mit großen Schlägen und Krachen auf die Spitze des Thurmes. Von da gieng der Schlag mit getheilten Strahlen in das Dach zu beiden Seiten, drang durch den Thurm herab und fchlug an der Wand der Saeristei herunter. Jn die Kirche felbst siel ein Klumpen Feuer bei den Glockenfeilern, gleich hinter den Stühlen der Knaben herab. Gott hielt aber feine bewahrende Hand über ihnen, daß Keiner davon befchädiget wurde.

Ein anderer Feuerftrahl gieng auf die Stühle der 3 Schulbedienten, welche nebeneinander ftanden und afsieirte alle 3 vornehmlich an den Füßen, daß sie fämmt- lich aus der Kirche getragen werden mußten, worauf man an den Beinen rothe und blaue Striemen gewahr wurde. Der deutfche Schulmeister (Johann Lautenfchläger, eopul. 20. Nov. 1731, resignirt fchon 1774) wurde davon am meisten angegriffen, indem derfelbe auch auf dem Rücken viele rothe Striemen hatte, welche ihm bis in den 3. Tag viele brennende Schmerzen verurfachten. Der Viearins (Süßkind), welcher nur 2 Schritte davon an dem Altare ftand, blieb ganz unbefchädiget und unter feinem Gebet unerfchrocken, daß er unter demüthigem Dank gegen Gott für feine gnädige Bewahrung getrost nach Haufe gehen konnte. Auch die 3 Schulbedienten, ob sie fchon nicht auf ihren Füßen ftehen konnten, waren bei fich felbst und wohlgefaßt in ihrem Gemüthe. So erzählt die Sache ein altes, in der Stadtpfarr-Regiftratur vorliegendes Blatt von 1760,

Hiezu eine vorliegende Abfchrift der im Jahr 1800, bei Reparatur des Kirchthurms und Knopfes in letzterem gefundenen und wieder dahin deponirten Schrift vom Jahr 1760, abgefchrieben von Spitalverwalter Knaus, viäim. v. Speeial Neuffer.

»Der lieben Pofterität dient zur Nachricht, daß gegenwärtiger Kirchthumsknopf im Jahr nach der gnadenreichen Geburt unferes theuren Herrn und Heilandes Jefu Christi 1760 der Urfache reparirt werden müffen *), weilen derfelbe nebst dem Hahnen den 26. April, da ein lang anhaltendes fchweres Ungewitter über hiefige Stadt aus- gebrochen, durch einen Strahl ziemlich befchädiget worden war, welcher nebft diefem nicht nur die fchwersten Quader aus dem alten, mafstven Gemäuer herausfprengte, fondern auch, weil man just in der Betstunde war, den Präeeptor, Provifor, Schul- Meister und Zollbereiter nebst einem Schulknaben theils darniederwarf, theils fo betäubte, daß fie nicht von der Stelle gehen konnten, fondern nach Haufe getragen werden mußten, wo jedoch fämmtlich diefe Perfonen nach wenigen Tagen reftituirt worden feynd. Bei alle deme hat jedoch der große Gott noch mit fonderlicher Gnade und Verfchonen über uns gewaltet, indem das Feuer, welches in dem Kirchthurm einen Balken ergriffen hatte, nicht weiter fortgeloffen, fondern leichtlich wieder zu löfchen gewefen ift; wovor auch diefer gnädige Vatter im Himmel herzlich gepriefen und inständig gebeten feyn follte, hieran ein gnädiges Genüge zu haben und in Zukunft dergleichen Unglück ferne von hiefiger Stadt abzuwenden. Wobei noch als eine göttliche Providenz nicht unberührt zu laffen, daß der dermalige Stadtpfarr-Viea- rins, Herr Kl. Süßkind, bei dem Ausbruch des Ungewitters und gefchehenem Strahlstreich noch hinter dem Altar nur etliche Schritt von obbemeldten Schulbedienten geftanden, aber nicht im mindeften befchädiget worden ist."

Zu diefer Zeit waren folgende Geiftliche und weltliche Vorfteher allhier bestellt: der Hochedelgeborne und hochgelehrte Herr Carl Lndwig Malblank, Sr. Herzogl. Durchlaucht zu Württemberg hochangefehener Oberamtmann; der Hochehrwürdig und Hochgelehrte Herr Kl. Friedrich Chriftoph Steinhofer, treueifriger Speeialis und Stadtpfarrer (Nachfolger Oetingers feit vor. Jahr); der Hochwohlehrwürdig und Hochgelehrte Herr KI. Johann Friedrich Baumann, Diaeonus und zugleich Pfarrer zu Ellhofen; der Hochedelgeftrenge und Rechtsgelehrte Herr Johann Eberhard Renz, not. o»e«. publ. auch Stadt- und Amtsfchreiber. — Sodann beede Burg er meister und zwar Herr Johann Dan. Ziegler, Amtsburgermeister und Herr Johann Georg Renner, Bauburgmeister. — (^ä>1. Präeeptor war: Gottl. Adam Holland, 17°'/«>, vorher Präeeptor in Rofenfeld 17'°/««, nachmals Pfarrer in Lichtenftern 17°'/««- — Collaborator: Johann Schwan 17"/««. - Schulmeifter: Joh. Lautenfchläger, f. oben).

  • ) Schon im Stadtr.Prot, von 1760 ist gerügt, daß der Schieferdecker das Kreuz auf den durch Blitzstrahl befchädigten und revarirten Thurm nicht ger»d und fenkrecht hinauf- gemacht. Der Meister verfprach auch, denfelben recht zu stellen. Aber die fenkrechte Linie der Thurmfpitze wird noch heutiges Tages vermißt.

»Obwohl der seit »nno 1756 sich in Europa entsponnene schwere Krieg, wobei das K. K. Haus Oestreich, die Krone Frankreich und Schweden, die Kaiserin Elisabeth« von Rußland, das Churhaus Sachsen und das ganze römische Reich sich gegen die beede königliche und chursürstliche Häuser Brandenburg und Braunschweig verbunden hatten, bis 6»to noch sortdauert und unter ernstlichen Zurüstungen sortgesetzt wird: so ist doch (dem Höchsten sei es gedankt!) nicht nur rieß Herzogthum Württemberg bis daher von allem seindlichen Ueberzug in Gnaden verschont geblieben, sondern auch hiesiger Enden noch keine sonderliche Theurung entstanden, massen ein spsündiger Laib Brod aus den heutigen Tag theurer nicht als vor 14 kr. (im Juni stieg der Preis aus 15 kr., siel aber nach der Erndte aus 14 kr.), 1 Schssl. Dinkel 3 sl. 40 kr., 1 Schssl. Haber 3 fl. bezahlt wird. Der Wein hingegen ist in solgendem Preis: 1 Eimer guter Qualität 70 sl., 1 Eimer mittlerer Gattung 30—40 sl., 1 Eimer geringerer Gattung 20—24 sl.

Vorstehendes rromsmori» hat aus oberamtlichen Besehl entworsen der allhiesig gemeiner Stadt viel wahres Glück, Heil und Segen anwünschende derzeitige Stadt- und Amtsschreiberei 3ut>stitutu8 Hiatu8 Friedrich Christoph von Berg, gebürtig von Gemmingen."

Jm Sommer dieses J. Quartier von 1000 Mann Wallonen, welche aus den Niederlanden nach Böhmen marschirten. Desgleichen Quartier von Baron Glasenapp- schen Husaren, wozu Abstatt Haber, Heu und Brod liesern mußte. Jm Juni d. J. Sammlung der herzog!, württemb. Truppen' in einem Lager bei Heilbronn, welches am 29. Juli ausbrach und durch Weinsberg und Nenenstadt über Oehrin- gen «. — trotz des srüheren ungünstigen Feldzuges — nach Sachsen gegen die Preußen zog. Erndte- und Herbstertrag ein reichlicher; Qualität sehr gut in Folge eines heißen und trockenen Sommers. Preis des neuen Weins bis 18 sl.

1761. Tod des Spee.-Superint. öl. Stei nhoser (s. unt. Grabst.). Nachsolger: >I. Kaps, Diae. in Winnenden. Anschassung der neuen Kirchenuhr um 500 sl. (6o6. 30 sl. sür die alte) von Hos- und Stadtuhrmacher Hasner in Stuttgart. Bei ziemlich reichlichem Weinertrag mittlere Güte. Preis 19 sl. Obst durch Raupensraß verdorben, Reben durch Frost am 30. April. Brodtare stadtr. 8Psd. Kernenbrod durchweg 13 kr. trotz Frost-, Wasser- und Hagelschadens; steigend aus 14 und 15 kr.

1762. Einrücken eines Dragoner-Regiments zu Besetzung der Landesgränze wegen Einsalls des preußischen Obersts von Kleist in Franken. Steuernachlaß von 2500 sl. wegen vorjährigen Hagelschadens. Kirchenrathsrenovator Senkeisen zum Stadt- und Amtsschreiber ernannt mit Bedingung, dem bisherigen Stadt- schreiber Renz den halben Theil von allem Verdienst zukommen zu lassen. Jn Folge der Promotion des Stadt- und Amtsphysikus Liesching aus das Landphysikat Bietigheim wurde die Stelle dem öle6. I^ioent. Harsch von Kirchheim übertragen, welcher sie 44 Jahr lang bis zu seinem Tod im Jahr 1806 bekleidete.

Jahrgang: Jan. und Febr. sehr kalt. Nachtsrost vom 6—7. Mai. Jm nachsolgenden sehr heißen Sommer zweimonatliche Dürre; ziemlich viel Wein von mittlerer Güte. Preis bis 16 sl. Dinkelpreis 4 sl. Stadträthliche Brodtare 8 Psd. Kernenbrod im Okt. 15 kr., im Nov. 16 kr.

1763. 15. Februar endete der Frieden zu Huberts burg den blutigen 7jährigen Krieg, aus welchem die Württemberger schon 1761 zurückkehrten. Von den nächsten 3 Deeennien, während welcher Ruhe in Deutschland war, gibt es — außer dem Herbstertrag :e. — wenig Erhebliches zu berichten. Weinsberg theilte das damalige allgemeine Loos des Landes und die Beschwerden des Landtages über Versassungsverletzung, gezwungene Anlehen, Diensthandel u. s. w. und mußte sich insbesondere im April des Jahrs 1763 mit Stadt und Amt Neuenstadt und Möckmühl zu einem ihm vom Herzog angesonnenen Anlehen von 30,000 sl. verstehen, wozu Stadt und Amt Weinsberg selbst in Ermanglung von Geldmitteln sür seinen Theil 15,000 sl. auszunehmen genöthigt war. Für den Zins wurden ihm die Zollrevenüen des Bezirkes angewiesen.

Trotz der hier gezeigten Dienstwilligkeit bekam die Stadt eine Schwadron vom herzoglichen Gensd'armes-Corps in's Winterquartier, zu welcher im solgenden Frühjahr auch das zu Ausnahme der Gegend eommandirte herzogl. Guide-Corps mit Ossieieren, Weibern und Kindern kam, und welche den Winter 1765 über noch hier lagen; wogegen dann doch die Gensd'armen-Schwadron aus Vorstellungen des Ma- gistrats im Novbr. 1764 der Stadt abgenommen wurde. Uebrigens kam drei Jahre später 1766 ein zweites Anlehens-Ansinnen von 25,000 sl., welchem die Stadte nnd Aemter Weinsberg, Neuenstadt und Möckmühl abermals nicht ausweichen konnten, ungeachtet die Landstande dagegen protestirten — wogegen die Hauptzölle der Bezirke und von Lausten angewiesen wurden. Wiederholte Capital-Ausnahme. (Stdtr.Prot.)

Hoftammerath Bürgermeister Ziegler wurde 1763 zum Landtags-Abgeordneten sür Stadt und Amt gewählt.

Der Januar und Februar von 1763 war zum Erstaunen kalt. Am Fastnachts- tage so kalt, daß die Ziegel aus den Dächern zersprangen. Am 12. Febr. gieng das ellendicke Grundeis mit vielem Schaden. Heizen der Stuben sast bis Psingsten nöthig.

Erndte und Herbstertrag wenig in Folge von kaltem Winter, Frühlingssrost und Hagelwetter. Brodtare 8 Psund Kernenbrod Jan- bis Mai 15 kr., Nov. 16 kr. Wein nur durch Mischung mit Obstmost trinkbar. Preis bis 14 sl. (Heilbr. Chron.)

1764. Kalt und naß während der Traubenblüthe. Daher Erndte- und Herbst- ertrag nicht viel und von kaum mittlerer Güte. Weinpreis bis 27 sl. Brodtare 8 Psund vor der Erndte 18 und 19 kr., Aug. 17 kr., Sept. 16 kr., Nov. 15 kr.

1765. Oet. Trauergottesdienst wegen des Todes von Kaiser Franz I. Ansang Februar kaltes Wetter; es gesror alle Tage bis Ende des Monats. Die

härteste Kälte etliche Tage vor Fastnacht. Der Neckar sror zu; doch brachte der allmählig ersolgende Eisgang keinen Schaden. (Heilbr. Chron.) Herbst nach Menge und Güte mittelmäßig. Preis 28 sl. Besser gerieth das Getraide. Erndte ergiebig. Brod- tare Jan. 13 kr., Mai 14 kr., Nov. II kr.

1766. Station eines Unterossieiers vom herzog!. Werbe-Commando in hiesiger Stadt, zugleich zu Desertions-Observation, zu welch letzterem Zweck in hiesigem Gränzbezirke 11, von Bürgern ost 5—6 Tage und Nächte lang zu besetzende Desertions-Observations-Posten waren. (Stdtr.Prot.)

April. Suspension des Oberamtmanns Malblank wegen verschiedener De- latorum. Untersuchungs-Commission. Amtsverweser Amtskeller von Olnhausen bis 17. Nov. d. I. wo Malblank wieder eintritt, (ibi6.)

Frühjahr: Setzen wilder Bäume, an die Straße unter den Schimmelsberg- Weinbergen zum Oehmden. (ibi6.)

Beschluß: von jedem Stück Tuch, das aus der sogenannten Bleiche gebleicht wird, 2 kr.'sür das Bürgermeisteramt zu erheben. Als Einnehmer ausgestellt Unter- Thorwart Blum. (ibi6.)

Abbruch des bisher unbewohnbaren Schulhauses aus Andringen des bisher ein eigenes Haus bewohnenden Schulmeisters Lautenschläger. Neuerrichtung desselben (der Mädchenschulmeisters-Wohnung) mit einem kirchenräthlich nroderirten Kosten von 326 sl. Jn Aeeordsbedingungen je 1. Jmi Wein aus dem Stadtkeller von den Hand. werkern einbedungen.

Jm Juli Durchmarsch k. k. Truppen von Luxemburg her, des Regiments von Plunquet und Baden-Durlach; nur über Nacht. Stadt- und Amtsschreiber Senk- eisen Miethet das Hospitalverwaltungshaus ohne Kelter und Kelterstübchen nm 25 fl. (Stdtr.Prot.)

Herbstertrag reichlich. Gewächs sehr gut. Preis bis 23 sl. Winter zwar sehr kalt und Frühling regnerisch; aber von Ansang Aug. bis Ende Deeember große Trockenheit; Brodtare 8 Psuud Febr. 12 kr', April 10 kr., Nov. 11 kr.

1767. Conflikte wegen einer damals noch vor dem oberen Thor aus einem sreien Gemeindeplatz stehenden Linde. (Stdtr.Prot.) Tod von Amtsbürgermeister, Hos- kammerrath, Landschastsmitglied Ziegler.

Wein nicht nur wenig, sondern auch sauer, da die Trauben kaum zur Halste reisten. Preis dennoch bis 22 fl. 30 kr. Winter streng, starker Schnee vom 19—21. April. Ungünstiger Sommer. Mittelm. Erndte. Brodtare: 8 Psund März bis Mai 10 kr., Juni 11 kr-, Sept. 13 kr., Nov. 14 kr.

1768. Wein nicht nur wenig, sondern auch gering. Preis bis 26 fl. Strenger Winter und regnerischer Sommer. Brodtare 8 Psd. März 15 kr., April 16 kr., Juni 17 kr., Juli 16 kr., Sept. 14 kr., Nov. 15 kr. 1. Sept. bedeutenden Wetterschlag. Steuernachlaß 600 fl. Mittelm. Erndte.

1769. Erbauung eines Bettelhauses sür Leprosi, epidemisch Kranke :e. — da der alte Spital nicht mehr Raum genug hatte — an der südwestlichen Stadtmauer, oberhalb des nachmaligen neuen unteren Thores (wurde nach Errichtung des neuen Spitals i. J. 1829 an einen Bürger verkauft). (Stdtr.Prot.)

Jm Nov. Hoshaltung Herzog Carls allhier. Ehrenpsorten. Auswartung. Quartier von Leibhusaren und sonstiger Suite.

4. August Erdbeben. Erscheinen eines Kometen mit einem über 90 Grad langen Schweise.

Wein wenig und sauer, da die Trauben'nicht gehörig reisten. Preis 20 fl. Vrodtare stadträthl. 8 Psd. Kernenbrod Febr. bis Mai 14 kr., Juni 15 kr., Aug. 12 kr., Nov. 13 kr.

Der Schloßberg gehörte in diesem Jahr durch Kaus dem Hoskammerrath Ziegler und seinem Vater. (Stdtr.Prot.) Die links vom alten Burgthor gelegene Wüstenei war zu Ansang dieses Jahrhunderts zu einem Weinberg angelegt und dem Unternehmer gestattet worden, einen Steinbruch innerhalb der Räume anzulegen, wobei aber auch Steine von der Burgruine zu den Weinbergmauern verwendet wurden.

1770. Tod des Spee.-Superintendenten Kaps; Nachsolger öl. Klüpsel, bisher Psarrer in Eberstadt. Erbvergleich zwischen Herzog Carl und dem Lande. Januar Beschluß, das Collaboraturhaus abzubrechen und neu zu bauen. (Stdtr.Prot.)

Witterung während der ersten 7 Monate sortwährend unsreundlich, naß und kalt. Daher geringer Herbstertrag und von mittlerer Güte. Weinpreis bis 25 fl. 30 kr. Schlechte Erndte. Brodtare 8 Psund im Febr. 12 kr., Mai 14 kr., Juni 16 kr., Juli 17 und 18 kr., Aug. 20 kr., Sept. und Okt. 22 kr. Nov. 23 und 24 kr. Taxation der Früchte, von denen die Stadt 100 Scheffel auflauste:

1 Schssl. Roggen nach Prep, des Dinkels 10 sl., 1 Schssl. Einkorn b sl. 15 kr., 1 Schssl. Gerste 8 sl., 1 Schssl. Haber 3 sl. 30 kr., 1 Schffl. Erbsen und Linsen 10 sl., 1 Schffl. Grundbirnen 4 fl.

Zur Sittengeschichte und zur Geschichte der Strasrechtspflege in diesem Jahr- hundert gehört hieher: den 16. November wurde hier Eva Catharina Kühnölin von Willsbach, 26jährige Waise, wegen Kindsmords mit dem Schwerdte gerichtet.

Die allgemeine Theurung, eine Folge des Mißwachses in den vorhergegangenen nassen Jahren, drückte auch Weinsberg und die Umgegend so sehr, daß im Oktober eine Brodsperre gegen Heilbronn und sonstiges Ausland angeordnet und

1771 der aus Johannis sallende Krämermarkt nicht gehalten wurde. Uebrigens jetzt häusigerer Anbau der bisher verachteten Kartoffel. Jm März großer Brod- und Früchtemangel. Etadträthliche viele Verhandlungen zu Abstellung der Noth. Hülserus an die herzogl. Früchte-Deputation um Anweisung von Flüchten, etwa bei dem Heilbronuer Pslegehos. Beschluß vom 20. März: Früchte von Oberstenselder Stistungspslege zu erkausen und solche durch je zwei Becken verbacken zu lassen, so daß sie je sür 1 Malter Dinkel 15 Leibe Brod aus das Rathhaus liesern, welche durch das Bürgermeisteramt bloß an hiesige Einwohner rertheilt werden sollten. Bitte an benachbarte Aemter um Verkaus von Früchten an hiesige Becken. Häusige Sitzungen und Deputationen an von Geinmingen, nach Stuttgart u. s. w. Sammlung bei hiesigen Einwohnern. Ausnahme von 8000 sl. hiezu. Weitere Ausnahmen, um von den im Juni aus der Psalz und von Holland kommenden und in Heilbronn gelagerten Früchten kausen zu können.

Brodtare sistirt bis nach der Ernde. Erst im Sept 8 Psund Brod wieder tarirt zu 20 kr., Ende Sept. 18 kr., Ende Okt. 20 kr. (Stdtr.Prot.)

Jm Mai d. J. rückte das k. k. Lothringsche Jnsant.-Regiment und das Schog- rische Grenadier-Bataillon, aus den Niederlanden kommend, in die Gegend ein. Weinsberg bekam aber, nach der Conserenz des Oberamtmanns Malblank mit dem Kreismarsch-Commissär, Hosrath Heugelin von Heilbronn, lein Quartier, sondern mußte nur starke Vorspann stellen. 11. August Erdbeben.

Herbstertrag nach Quantität gering, nach Qualität etwas besser als im vorigen Jahr. Preis bis 37 sl. Seelenzahl in diesem Jahr 1,261.

1772. Epidemische Fi eber in Folge der vorangegangenen Theurung. Gestorben 85/ Brodtare sür 8 Psund Kernenbrod Jan. 21 kr., Febr. 22 kr., März 28 kr., Mai 19 kr., Juni 20 kr., Juli 22 und 21 kr., Aug. 20 kr., Sept. 19 kr., Oet. 20 kr., Dee. 19 kr. Herbstertrag ziemlich reichlich; Güte mittlere. Ossie. Weinrechnung von Weinsberg 27 fl. 12 kr. Preis bis 34 fl. Aus einen kalten Winter solgte ein heißer Sommer. Erndte, gut. Apotheker war um diese Zeit Irnsinger.

1773. Jm August d. J. wurde hier ein eoneessionirter Frucht-, Psahl- und Holzmarkt errichtet und ein vereideter Fruchtmesser ausgestellt. Zum Meßplatz wurde der untere Rathhausöhrn, zu Ausstellung des Unverkausten die nächste Material-Kammer bestimmt. Beschluß: die Errichtung in die nächsten »ausländischen« Orte: Heilbronn, Wimpsen, Kochendors, Kirchhausen, Schwaigern, sodann nach Hall und Oehringen, und ausser dem hiesigen Oberamt in die benachbarten »ausländischen" Orte: Weiler, Aichelberg, Assaltrach, Eschenau und Lehrensteinsseld auszuschreiben.

Erndte zieml. gut. Brodtare 8 Psund Kernenbrod Januar bis April 18 kr., Juni 17 kr-, Juli und Aug. 18 kr., Sept 16 kr. Weit um Stuttgart herum verderblicher Hagel am 16. Juni. Im Zabergäu Schaden durch viele, außerordentlich große Mäuse. Wein wegen regnerischer Blüthezeit wenig und von mittlerer Güte. Preis wie im vorigen Jahr 34 sl.

1774. Jm Jan. übergibt Lieent. und Hosgerichtsadvokat Malblan! »seine jüngst eum m»ximo »ppl»u«u abgelegte Dissertation der magistratischen Gewogenheit" und erhält dasür „un»n!miter" deeretirte eommunordnnngsmäßige 2 Dueaten.

Vermöge Beschlusses vom Februar d. J, wurde das schadhaste Langhaus der Kirche reparirt und'der Boden ob dem Kirchengetäser neu belegt. Jm März wurde der obere Kirchhos »gegen Eindringen der Schweine und Turbirung der Gräber" sowohl vorn als hinten mit einem Gatter versehen.

Trockener heißer Sommer. Ergiebige Erndte; aber in Weinsberg und Amt Wetterschlag, weßwegen Stadt und Amt im solgenden Jahr 1,440 sl. Steuer-Nachlaß erhielten. Vrodtare Jan. 15 kr., April 13 kr., Mai bis Juli 12 kr., August 13 kr., September 12 kr. Wein: Vei einem kleinen Ertrag ein gut Gewächs. Weinrechnung ossie- 27 sl. 12 kr.; andd. Orte bis 31 sl. — Am 10. Sept. verspürte man ein Erdbeben. — Jm Deeember wurde das Collabor.Haus vollends ausgebaut.

1775. Jm März Regulirung der Preise von den Stadtsrüchten des vor. J. 1 Malter Roggen 4 fl. 45 kr., 1 Malter Dinkel, wettergeschlagener 2 fl. 45 kr., nicht vom Wetter geschlagener 3 sl., 1 Malter Haber 2 sl. — Kalter Winter; Schnee noch am 20. Mai. Sommer veränderlich. Frucht brandig. Brodtare: 8 Psd. Kernen- brod im Mai 14 kr., Juni 16 kr., Juli 14 kr., nach der Erndte August 12 kr. Herbstertrag sehr reichlich; Qualität mittelmäßig. Weinrechnung ossie. von Weinsberg v. 29. Nov. 26 fl.

Jm Juli Reparatur des Schieserdaches vom Kirchthurm. Jm Deeember verkaust Apotheker Jrnsinger seine Apotheke an Apotheker Salzer.

1776. Juni. Errichtung einer Bleiche und Baumwollensabrik nebst Walke aus der Herrschastwiese unter dem Schemmelsberg durch den Handlungsbeslissenen Kleinknecht von Hölzern. — Das Gebäude des jetzigen neuen Spitals s. unt. 1.1828. — Die Fabrik hatte bald in vielen, selbst ausländischen Orten Faetors.

eo6. wird Ludwig Spring, Eberstatter Bürgerssohn, hier ansässig, erhält Coneession zu Errichtung einer Tabakssab rik und 6jährige Aeeisesreiheit I1. Nov.

2. Sept. wird das der Stadt zugestandene Privileginm eines Frucht-, Psahl- und Holzmarktes (s. ob. 1773) aus 3 Jahre verliehen und bleibt dem Gerichts- verwandten Käpplinger um jährliche 17 sl. 30 kr.

Jahrgang: strenger Winter; ungünstige Witterung im Frühling und Sommer. Wetterschlag. Mißrathen von Obst und Wein. Wein wenig und schlecht. Weinrechnung ossie. vom 29. Nov. I Eim. 16 sl., anderswo 18 fl. Brodtare: 8 Psd. Mai 11 kr., Juli 10 kr., August 9 kr., September 10 kr., November 11 kr.

1777. Am 3. Febr. präsidirt dem Stadtgericht zum Letztenmal« Oberamtmann Malblank (f hier 1785). Als Oberamtsverweser erscheint Amtskeller von Olnhausen. Am 22. Sept. der neueingetretene Oberamtmann Hosrath Fetzer.

Am 3. März erhält die Stadt wegen im vor. J. erlittenen Wetterschadens 230 sl. Nachlaß von der Ordinaristeuer.

Am 17. Nov. ist Johann Peter Leisterer, 27jähriger Weingärtnerssohn von hier, welcher am 2. Juni 1774 eine ledige Dienstmagd, Catharine Dieterich in einem Weinberge mit einer Reuthaue umgebracht, und am 15. Juni ». o. an einer Bürgerstochter zu Hinterbüchelberg einen Mord versucht hatte, nach seiner Beisahung mit dem Schwerdte hingerichtet, der Kops aus einen Psahl gesteckt und der Leib aus's Rad gestechten worden.

Jahrgang: Heißer Sommer. Gedeihen von Heu und Frucht. Herbstertrag ein mittlerer; das Gewächs aber ausgezeichnet, da die wässerigen Theile durch starke Kälte am 9. Ott. aussroren. Weinpreis bis 28 fl. 30 kr. Brodtare: 8 Psd. Mai 12 kr., Juni 13 kr., September 14 kr-, November 15 kr.

1778. Am I1. Febr., dem 51. Geburtstage Herzog Carls, Verlesung seines merkwürdigen Bußreseripts vou der Kanzel (durch Spee.Sup. Klüpsel), wie von allen Kanzeln des Landes.

eo6. m»e. werden die 3, zur Fischzucht taugliche Stadtgräben aus 9 Jahre (später aus 18 Jahre prolongirt) gegen ein Pachtgeld von 32 sl. an David Hardten verpachtet. Derselbe besteht den sog. Stadtsee aus 18 Jahre bis 1796.

Die noch vorhandenen vielen Zieh- und Schöpsbrunnen werden mit bretternen Deckeln verwahrt- — Die durch das Gewässer gebrochene, in den unteren Stadtgraben gesallene Mauer am untern Thor wurde mit einem Kosten von 31 fl. wieder hergestellt.

Am 8. Mai sind puneto r»pin»« (Raubs) Johann Busch von Poppenweiler und Joh. Heinrich Müller von Oehringen mit dem Schwerdt hingerichtet und ihre Körper aus's Rad geflochten worden. Jm Ganzen wurden in diesem 18. Jahrhundert hier hingerichtet: 11 Männer, 2 Weiber. 13 Personen.

Heu und Obst geriethen gut, minder die Früchte. Brodtare: April 16 kr., August 14 kr., September 13 kr., Oetober 14 kr., November 15 kr. Jm Ottober große Ueberschwemmung im Neckarthale. Wein gab es nicht vielen wegen Trauben- säulniß, doch ziemlich guten. Preis bis 28 fl.

> 1779. Jm April starb der Metzgerzunstmeister Sieb er am Biß eines wüthi- gen Hundes. Jm Mai besaß die Stadt noch eine Gerbhütte vor dem unteren Thore, welche an einen Gerber verpachtet war. Weil dieser das Handwerk nicht mehr trieb, so wurde sie ihm abgenommen und dem Thorwart zu einem Stalle gegeben gegen Miethzins. Jm September wurde die Verleihung des Psahlmarkts an Rathsverwandten David Hardten aus 3 Jahre um jährliche 10 sl. genehmiget.

Oetober. Das nachmals sog. Wolss hosle gehörte in diesem Jahre noch der Stadt und wurde unter dem Namen Stadthösle sür Rechnung der Stadt verpachtet.

eo6. wurden die »Seidenbäume" (Maulbeerbäume, s. oben 1759) als abgängig abgehauen, um sruchtbaren Bäumen Platz zu machen. Bei ziemlich heißem Sommer geriethen Heu, Obst und Früchte. Spärlicher war der Herbstertrag, aber das Produtt gut. Weinpreis bis 28 fl. Brodtaxe: März 15 kr., Mai 14 kr., Juni 13 kr., Juli 12 kr., August 11 kr., September 10 kr.

1780. Januar. Jn Folge der vorangegangenen guten Erndte galt der Scheffel Dinkei zu Ansang d. J. 1 fl. 52 kr., 8 Psd. Kernenbrod 9 kr., April sogar 8 kr., 16 Loth Weck 1 kr. (ein Gewicht, das von nun an nie mehr vorkommt) Juli schon wieder 10 kr., September 11 und 12 kr. Veränderlicher Frühling. Heißer Sommer. Ungeachtet der ergiebigen Erndte stieg der Dinkelpreis im September wieder aus 3 fl. 15 kr., das Brod wie oben aus 12 kr. .H erbstertrag ziemlich viel von mittelmäßiger Güte. Weinrechnung ossie. v. 29. Nov. 18 fl. pr. Eim., anderswo bis 20st.

Jm April wurde die Bleiche von der Stadt um 4 fl. an einen Bürger verliehen. Amtsbürgermeister war: Auer. Stadtrechner: Käpplinger. Schulmeister, zugleich Meßner: Valet. — Ob die in diesem J. unter dem Namen »des Bundes der Rechtschassenheit« zu Heilbronn sich bildende geheime Gesellschast, wegen welcher Herzog Carl ein scharses Deeret in sein Land ergehen ließ, sich auch im benachbarten Weinsberg, wie bei anderen württemb. Unterthanen, Anhänger zu erschaffen und ihnen Geld abzuschwatzen wußte, — Jäger, Gesch. der Stadt Heilbronn, p. 263 — ist um der Nähe willen nicht unwahrscheinlich, kann aber nicht sicher er- mittelt werden. Aus die Klage des Herzogs bei dem Rath Heilbronn wurden die Ansührer eingethürmt und mit ihrem Anhange verjagt.

1781. Bei einem anhaltend warmen, gewitterreichen Sommer gab es nicht nur sehr vielen, sondern auch guten Wein. Weinrech uu na,, ossie. vom 29. Nov. 34 sl, per Eimer, anderswo 20 sl. — Heu- und Getraide-Erndte gut. Brvdtare: August 11 kr., Oetober 12 kr. — Am 5. Deebr. Erdstöße — unschädlich.

1782. Der nach dem, zu Neuenstadt im J. 1781 ersolgten Tode der Prinzessin Friederike von Württemberg-Neuenstadt, dem regierenden herzoglichen Hause als Familiengut heimgesallene Weissenhos bei Weinsberg mit 270 Morgen Gütern wurde in diesem Jahre zum erstenmal« von der Kellerei Weinsberg verpachtet.

Jm März wurden die der Stadt gehörigen, einige Zeit her meist öde und wüst gelegenen Rappenwaidegüter, 48V« Morgen, und 1 Morgen Stadtacker um 1663 sl. 30 kr. an den Hospitalbeständer Kolb verkaust. Kolb wurde sosort mit Weib und Kindern in's Bürgerrecht ausgenommen und erhielt zu Erbauung eines Hauses und einer Scheuer, denen vom Magistrat der Name Rappen hos beigelegt wurde, eichene Schwellen, aus dem Stadtwalde. Vom Erlös wurde ein bleibendes Kapital von 1000 fl. sür die Stadt angelegt und der auch sonst vielsach um die Stadt verdiente Oberamtmann Fetzer erhielt sür seine vielen Bemühungen mit höchster Genehmigung 4 Dueaten aus der Stadtkasse.

Der am 25. August durch Blitzstrahl abgebrannten Stadt Göppingen wurden am 4. September durch einen eigenen Wagen 2 Eimer 81er Wein und das Mehl von 10 Malter Früchten geschickt. Das Rathhausthürmchen wurde in diesem Jahr reparirt. — Ertrag des Herbstes ziemlich viel, aber Qualität gering. Weinrechnuug, offie. vom 29. Nov. 12 sl. 48 kr. Anderswo bis 17 fl. Obst gab es nicht viel. Heu und Frucht geriethen besser. 1 Schssl. Dinkel galt zwischen Martini und Lichtmeß 3 fl. 30 kr. Brodtare im September 13 kr., November 14 kr. — Seelenzahl in diesem Jahr 1314.

1783. Bauten: Jm Januar wurde mit einem Pslästerer aeeordirt, uuter der Glückenhälden nach einem Steinbruch von harten Kalksteinen, zum Pflästern und zu Wegen nöthig, zu suchen. — Jm Mai wurde aus Veranlassung des Göp- pinger (und Neuenbürger) Brandes beschlossen, da die vorhandenen 2 einzigen Thore nicht genügen, oben beim Kirchhos ein Loch in die Mauer zu brechen und ein Noth- th or einzusetzen; daher die noch jetzt übliche Benennung »Feuerthor«. Der Beschluß wurde im Juni solgenden Jahres abgeändert und ein solches Thor in die untere Stadtmauer, unweit des Säuthurmes, hier Kühthurm genannt, eingesetzt. Das obere Feuerthor (bei der Kirche) wurde erst später, im Jahr 1811, doch auch ausgesührt, s. unten. Zugleich wurde dem Stadschreiber Zeller gestattet, in seinem Garten hinter seinem Hause (jetzt Diaeonathaus) eine Oeffnung machen und eine starke Thüre einsetzen zu lassen, mit der Bedingung, daß er den Schlüssel wohl verwahre und keinen Mißbrauch gestatte.

Jahrgang: warmer Frühling; heißer und gewitterreicher Sommer. Besonders starker Höhenrauch um den 19. Juni bei schwüler Hitze. Viel Obst und Getraide. Tressliches Weinjahr. Nicht nur reichliche Menge, sondern auch ausgezeichnete Güte. Weinrechnung vom 29. Nov. 1 Eimer 13 sl. Anderswo bis 16 sl. Fruchtpreis- regulirung im Nov. 1 Tchssl. Roggen 4 sl. 30 kr., Dinkel 3 fl., Haber 2 fl. 30 kr. Brodtare: 8 Psd. Kernenbrod im Februar 13 kr., im September 12 kr. Ruhr und hitzige Fieber solgten der Sommerhitze. Die Einwohnerzahl betrug in d. 1.1314.

1784. Der Zug einer östreichischen Armee gegen Holland äußerte nur insosern eine Rückwirkung aus Weinsberg und seinen Bezirk, als in der benachbarten Reichsstadt Heilbronn sür diese Armee ein großes Fruchtmacftizin von eirea 300,000 Maltern Früchte angelegt wurde, was die Preise steigern mußte, aber auch viel Geld in's Land brachte. Doch stieg die Brodtare nur um 1 kr. über die vorjährige. Sie war im März 12 kr., April 13 kr., Mai 14 kr., Juni 13 kr., September 12 kr., November 13 kr., Deeember 14 kr.

Aus einen sehr kalten Winter vom 23. Deeember vor. Js. bis 24. Febr. dss. Js. solgte eine Ueberschwemmung beim Thcmen, aber ein trockener, warmer Sommer mit einer guten Erndte. Der Herbst ertrug vielen Wein von mittlerer Güte. Wein- rechnung ossie. vom 29. Nov. 13 sl. per Eimer. Anderswo 16 fl. — Am 29. November unschädlicher Erdstoß.

Am 1. Deeember stürzte J. G. Eckard von Gellmersbach, Dienstknecht hier, in der Scheune, wo er Garben herabwersen wollte, aus die Tenne herab, wurde wegen schwerer Kopsverletzung gleich sinnlos und starb nach 6 Stunden.

1785. Starke Winterkälte, mit Unterbrechung bis in den April dauernd. Nasser und kalter Sommer. Erndte spät, erst im September und schlecht. Wein eben so wenig als schlecht- Weinrechnung vom 29. Nov. 1 Eimer 12 fl., anderswo 14 fl. 30 kr. Brodtare: 8 Psd. Februar 13 kr., April 14 kr., Juli 13 kr., August 14 kr. September bis Deeember 13 kr.

Tod des quieseirten Oberamtmanns Malblank (s. unten Grabsteine).

1786. Winter kalt, schneereich, den Reben verderblich; Frühling spät; Sommer regnerisch. Erndte nur mancher Orten gut. Herbstertrag unbedeutend. Qualität gering. Preis bis 23 sl. — Jm September einreißende Viehseuche. — Tod von Stadt- und Amtsschreiber Renz (s. unten Grabsteine). Seelen zahl in d. J. 1353.

1787. Unter den 2 Bataillonen, welche nach Vertrag des Herzogs Carl mit der holländisch-ostindischen Compagnie Ende Februars zur Besetzung des Caps der guten Hoffnung nach Vliessingen abmarschirten, war auch ein Freiwilliger (oder Angeworbener) aus Weinsberg, Namens Hamm. Aus dem Oberamtsbezirke war als Lieutenant darunter Gerold von Böhringsweiler, Sohn des dortigen Amtmanns. Jedensalls machte die Sache auch hier, wie im ganzen Lande, großes Aussehen. Schuberts Caplied wurde Volkslied.

Kälte vom Oetober vor. Js, bis Februar dss. Is. Sommer heiß. Ziemlich gute Erndte. 26. August Erdbeben. Herbstertrag nicht viel, aber ziemlich gut. Preis 29 fl.

1788. Sehr warmer Frühling mit vielen Gewittern. Günstiger Sommer. Obst in Uebersluß. Erndte und Weinlese ausgezeichnet gut. Tressliches Weinjahr. Herbstertrag nicht blos in reicher Menge, > sondern auch bei vollkommener Zeitigung der welschen und anderer rothen Traubensotten von vorzüglicher. Güte. Preis 18 sl. Sehr kalter Winter vom November an. S. solg. J.

1789. Gegen den Ausstand in Belgien sah man östers östre ich ische Truppen, besonders auch Ungarn, durch Heilbronn nach den Niederlanden ziehen.

Ausbruch des Revolutions-Sturmes in Paris. Eroberung der Bastille 14. Juli u. s. s.

Jahrgang: Strenge Kälte vom November vor. Js. bis in den März dss. Js. Ersrieren der Reben und Obstbäume. Sommer kühl und regnerisch. Verderbliches Hagelwetter in Weinsberg am 20. Juni. Ueberschwemmung bei Heilbronn. Mißrathen von Frucht und Wein. Herbstertrag weder reich noch gut. Preise des Weins 24-25 sl. ., ^ '

1790. Januar. Der Magistrat nimmt 8-9000 sl. zu Früchteeinkaus aus, weil der vorjährige Wetterschlag eine Theurung veranlaßt hatte. Jm Febr. Abgabe dieser Früchte an die Bürger gegen 6 sl. 24 kr. sür Dinkel, 12 sl. sür Roggen, 16 sl. sür Kernen, 12 sl. sür Erbsen per Schssl. Jm März erhält die Stadt wegen dieses vorjährigen Wetterschlages 830 fl. Steuernachlaß. Juni. Vierwöchiges Trauerläuten wegen Kaiser Josephs II. Tod. — Jahrgang: Winter mild, im Januar schon begannen die Bäume zu blühen. Sommer warm, Erndte gut. Vrod preise: 8 Psd. Januar 20 kr., März 21 kr., April 23 kr. Nach der Erndte August 19 kr., September 18 kr., Oetober 17 kr., November wieder 18 kr. Herbst: Bei etwas mehr als mittelmäßigem Ertrag ein gut Gewächs. Weinrechnung ossie. v. 29. November 28 fl. per Eimer. — Seelen zahl in diesem Jahr 1348.

1791. Die bisherigen Allmandplätze an der Chaussee unter dem Schemmelsberg werden zu den Weinbergen hinzugesügt und am Chausseegraben mit Mauern versehen.

Herb stertrag in Folge von Frühlingssrost wenig. Qualität wegen später solgender naßkalter Sommerwitterung nur mittelmäßig. Weinrechnung, ossieielle per Eimer-30 sl., anderswo bis 36 sl. Obst mißrieth. Getraide-Erndte nur ziemlich gut. Reiche Kartosselerndte. Brodtaxe: Januar 16 kr., Februar 15 kr., Mai 14 kr., Juni 16 kr., nach der Erndte: August 13 kr.; September 12 kr.

1792. Der Revolutionssturm von 1789 und seine Folgen brachten am 27. Febr. dieses Jahres 400 emigrirte Franzosen, ausgewanderte Edelleute, nach Heilbronn, welche im benachbarten Flein und Böckingen untergebracht wurden, hernach Ansangs März weitere 1500 Mann, welche Alles baar bezahlten und gute Manns- zucht hielten. Bereinigt unter dem Prinzen von Conds — daher auch Cond^er genannt — wollten sie unter der weißen Fahne Frankreich wieder erobern. Von Heilbronn aus zogen sie über Weinsberg in das benachbarte Hoheulohe-Wal- denburg, dessen Fürsten eine treue Anhänglichkeit an das bedrängte Haus Bourbon bewährten und die Emigrirten gastsreundlich ausnahmen. Hier organisirten sie sich zu einer Legion Mirabeau in Compagnieen von Jägern, Husaren, Dragonern und Lb»u«8eu>'« K ebev»I -7- welch letztere in der Gegend von Neudenau von einem Grasen Bissy gebildet wurden — und verstärkten sich mit 2 unter den Hoheulohern selbst angeworbenen Regimentern. Am 2. August zog dieses Corps, 1800 Mann und 400 Pserde stark, aus dem Hohenlohe'schen zurück nach Heilbronn und von da an den Oberrhein, wo sich die Schaaren der sranzösischen Auswanderer so sehr ver- mehrten, daß bald hier und in den Niederlanden bei 60,000 Mann bereit standen, mit Hülse der europäischen Machte in Frankreich einzusallen. — 20. April Kriegserklärung der Franzosen gegen Franz II., Kaiser von Oestreich. Kriegserklärung Preußens an Frankreich. 19. August Einrücken der beiden Verbündeten in Frankreich. Rückzug Oetober. — Schon im September d. Js. verbreitete der Einsall des sranzösischen Generals Custine mit 15,000 Mann und seine Eroberung von Speier, Mainz und Franksurt um so mehr Schrecken in unserer Gegend, als die Kaiserlichen in Heilbronn Magazine hatten und bei der Nachricht von Custine's Vordringen abzogen. Es blieb aber sür dießmal bei dem Schrecken, da Custine von den Preußen wieder über den Rhein zurückgeworsen wurde.

Jahrgang: Frühling warm, aber wieder Frost am 21. und 22. April. Sommer heiß; häusiger Hagel. Deßwegen Brodtare steigend: März 13 kr., Juni 15 kr., Juli 16 kr., August 15 kr., September 14 kr., Deeember 15 kr. Der Herbst gab sehr wenig und schlechten Wein. Weinrechnung ossie. 34 sl., besser in den vom Hagel verschonten Gegenden. Preis bis 42 sl. 30 kr. — Seelenzahl in diesem Jahr 1417.

1793. Jm Januar und Februar zog eine kaiserlich königliche Armee durch die Umgegend von Heilbronn an den Mittelrhein und auch die Conds'sche Legion, gegen 800 Mann staek, zog im April hier durch — dem kaiserlichen Heere zu. — Das deutsche Reich erklärte am 22. März — nach der Hinrichtung Königs Ludwig XVl. am 21. Jan. d. Js. — dem nunmehrigen sranzösischen Freistaate ebensalls den Krieg und die württembergischen Truppen stießen zu denen des schwäbischen Kreises im Frühjahr d. Js. unter General von Stein. Gegen Ende dieses Jahres drohte ein neuer Einsall der seindlichen Republikaner, welche am Christsest die Rheinschanze, Mannheim gegenüber genommen hatten. — Am 24. Oetober T o d des Herzogs Carl in Hohenheim nach nahezu 50jähriger Regierung.

Unter Herzog Ludwig Eugen 1793—1795.

Jhm solgte nach in der Regierung sein Bruder: Ludwig Eugen, schon 63jährig, verheirathet, Vater von 2 Töchtern. Aushebung der hohen Carlsakademie :e.

Jahrgang: Schnee noch im Mai und am Ansang Juni's. Doch der nachsolgende Sommer heiß und trocken. Herbst kühl. Obst und Getreide geriethen mittelmäßig. Daher steigende Preise. Brodtare 8 Psd. Kernenhrod: Januar 16 kr., Februar 18 kr., März 19 kr., April wieder 18kr., August 16 kr., September 17 kr., Oetober 18 bis 20 kr., November 21 kr. — Herbstertrag nicht bedeutend; Qualität aber recht gut. Weinrechnung ossie. am 29. November 1 Eimer 52 fl. Jn anderen Weinorten des Landes bis 58 fl. 30 kr.

1794. Januar. Stadt und Amt Weinsberg hat zur Auswahl, wegen der sranzösischen Vorschritte am Rhein, 35 Mann zu stellen. Aus den Beschluß des schwä- bischen Kreises, ein allgemeines Ausgebot zu veranstalten, wurde von Herzog Ludwig Eugen, neben der eingesührten Auswahl zum Militair, im Februar eine Land- miliz (von 14,000 Mann) errichtet, welche auch Stadt und Amt Weinsberg in große Bewegung setzte und häusige Wassenübungen veranlaßte. Das 10. Bataillon der 2. Brigade, unter Commando des Oberstlieutenants v. Buttler, sührte den Namen: Bataillon Weinsberg. Der Brigadier v. Buttler wurde nach dem Stadtprotokoll vom Juli d. J. bei der Jnspeetion des Bataillons sreigehalten. Der Hauptmann von Weinsberg hieß Reinhard; Lieutenant war der nachmalige Notar Fr aas. ^- Unter dem östreichischen Heere von 100,000 Mann, welches von der türkischen Grenze an den Rhein geschickt wurde und von welchem mehrere Abthei- luugen auch durch Heilbronn und Umgegend zogen, machten sich besonders bemerklich die sogenannten Rothmäntel (Seressaner) durch Kleidung und Bewassnung, sowie durch ihre Rohheit und Habsucht, so daß überall Schrecken vor ihnen hergieng, da die Mannszucht auch in Freundesland kaum bei ihnen zu handhaben war. — Am 14. Februar kam (nach Stadtrathsprotokoll) der k. k. Hauptmann v. Schell en- hos mit einem herzoglichen Anweisungsbesehl hie her und verlangte erst sür 6 bis 700 Mann, dann aus dringende Gegenvorstellungen sür 250 Mann ein Lazareth einzurichten, sür welches man in gänzlicher Ermanglung anderer Räumlichkeiten die von ihm ausgewählten Häuser, das Rathhaus, das Deeanathaus, Präeeptorat- und deutsche Schulhaus einräumen mußte. Es war dieß eine Abtheilung des Lazareths am Oberrhein. Unterabtheilungen desselben lagen in Neuenstein und anderen Orten der Gegend. Das Haupt-Feldspital-Commando lag in der Stadt Weinsberg. Mit ihm kam ein Feldpater mit 2 Pserden und Kalesche. — Deean Klüpsel wurde in dem besonders dazu eingerichteten Hospital-Niddumshaus, der Kellereiamtsverweser Bauer in einem kleinen Sommerstübchen des Oberaeeisers v. Olnhausen'schen Hauses, die Registratur in der Oberamtei, Präeeptor Benz, Collaborator Rocker in Privat- häusern gegen Hauszins untergebracht. Das Ausräumen der betressenden Häuser hatte aus Kosten der Stadt zu geschehen, welche auch 2 besonders verlohnte Wasserträger auszustellen hatte. Die Gegenvorstellungen durch eine eigene Deputation waren sruchtlos. Die deutsche Schule war während 18 Monaten in einem Saal von Conrad Kistuers vi6. Haus, der deutsche Schulmeister in Conrad Bipsen Haus, Präeeptor Lang bei Fabrikant Kleinknecht außerhalb der Stadt. Da gleich im März 17 Soldaten starben, so wurde der äußere Kirchhos (n. Prot. v. 10. März) durch Ankaus von 16'/< Rth. von Beck Huberlen erweitert (s. ob. 1617). — Dem Spitoleommando, Rittmeister, Hauptmann, Kriegseommissär und Stabschirurgen wurden, »um sie bei gutem Willen zu erhalten (nach Prot, vom 25. April) je 12 Flaschen Beerwein« zum Präsent gemacht. — Vom April bis Juni sind noch 11 gestorbene kaiserliche Soldaten im Todtenbuch eingetragen, die übrigen aber nicht mehr verzeichnet und nur am Schluß von 1795 bemerkt, daß im Ganzen 120—130 k. k. östreichische Soldaten in diesem Lazareth gestorben und hier begraben seien. Erst Ende Augusts des solgenden Jahres 95 wurden die noch übrigen Kranken nach Heidelberg gebracht, das Canzleipersonale aber und die meisten Chirurgen nach Villingen verlegt.

Seelenzahl in diesem Jahr 1418. — Der Herbst dieses Jahres 1794 lieserte vielen und guten Wein. Weinrechnung, ossie. 29 sl. Anderswo bis 39 fl. Auch die Erndte siel gut aus. Dennoch war die Brodtare im Mai 20 kr., Juni 21 kr., August 22 kr., September 23 kr., Oetober 26 kr., November 27 kr., Deeember 28 kr.

1795. April. Preußen sagt sich von der Coalition los uud schließt Frieden mit der Republik Frankreich. — Amtmann Ans von Prestenek kaust den Rappenhos und wird Weinsberger Bürger. — Jm März dieses Jahres wurde der sogen. Güßübel am verkausten Stadtzeughaus abgebrochen und an eine Stadtb, ütte angebracht. — 20 Mai. Plötzlicher Tod des Herzogs Ludwig Eugen in Ludwigs- burg durch Schlag. — Jhm solgt sein Bruder Friedrich Eugen, 63 J. alt, Gemahl einer Nichte Friedrichs d'es Großen, Stammhalter des württembergischen Hauses. , Unter Herzog Friedrich Eugen 1795—1797.

Gegen Ende dieses Jahres kamen gesangene Franzosen, von den sür sie unglücklichen Assairen bei Handschuchsheim, Heidelberg, Höchst, Mainz und Mannheim her, nach und durch Weinsberg und Neuenstadt. Die Durchziehenden eam- pirten aus dem Markt und um das Rathhaus, von wo — nach den Rechnungen — «der Unrath aus össentliche Kosten aus der Stadt geschasst wurde.« Ein gesangener Franzose starb aus dem Rathhause und wurde, in Stroh eingebunden, aus den äußern Kirchhos gebracht. Die Bleibenden lagen im Stadtmagazin uud halsen (nach Titot) die Chaussee gegen Heilbronn anlegen. Der in Mannheim gesangene sranzösische Divisionsgeneral Montaigu und einige andere Ossiziere dursten in Heilbronn bleiben. Ende Deeembers trat Wassenstillstand ein. Durch die Anlegung östreichischer

Dttlenins, Weinsberg. ' 13

Magazine in Heilbronn, wobei nach Titot mit östreichischen Mehlwagen aus Ungarn die Wanderratte (mu« «leoum»nu») als bleibender Gast bei uns eingesührt wurde, entstand eine außerordentliche Theurung der Früchte, so daß im Juni dieses Jahres ein Heilbronner Malter Korn (etwas weniger als 1 württ. Schessel) 18 sl., Dinkel 12 sl., Haber II sl. galt. Daher sortwährend steigende Brodtare. Jm Januar 29 kr., Februar 30 kr., März 32 kr., April 33 kr., Juni 36 kr., Juli 38 kr., September und Oetober 36 kr., November 38 kr. Da die Oestreicher damals noch Vieles baar bezahlten, so bereicherten sich dabei viele Lieseranten, Fuhrleute und Bauern und die Feldgüter erlangten einen nie erhörten Preis. Aus der andern Seite aber flößte die Nähe des Kriegsschauplatzes, von welchem man bei Westwind den Donner des Geschützes hören konnte, um so mehr stete Besorgnisse ein, als man von den republikanischen Heeren, ihren maßlosen Requisitionen und Plünderungen und Gewaltthätigkeiten aus den von ihnen besetzten Rheingegenden hörte. Jm Oetober hatte Weinsberg 77 Frohnsuhren zu Absührung des k. k. Monturdepots nach Heilbronn zu stellen.— Zu verwundern ist, daß dasLazareth von 94/95 nicht wie gewöhnlich mehr Seuchen mit sich brachte. Es starben in diesem Jahr nur 60 Personen, darunter besonders viel im Sommer an der Ruhr, und erst im solgenden Jahr 1796, wo die Blattern einrissen und vom Oetober an 31 Personen wegrafften, 111 Menschen. Jndessen kam mit diesen Durchzügen, bei welchen Weinsberg im November Ein- quartirung vom Depot des k. k. Regiments Erzherzog Carl hatte, ein anderes Unglück, die Viehseuche, welche durch ungarische, der kaiserlichen Armee zugetriebene Ochsen eingeschleppt wurde und sich so verbreitete, daß der Viehmarkt zu Heilbronn in den solgenden Jahren 96, 97 und noch 99 nicht gehalten werden konnte, und daß es nicht möglich war, die Vorspann von 1080 paar Ochsen zu stellen, welche die Oestreicher im Juli 96 zum Weitertransport eines kaiserlichen Artillerie- Parks und einer Menge von eisernen Kugeln von Heilbronn nach Hall — neben 576 Pserden verlangten. — Strenger Winter bis Ansang Februar. Frostnacht 14/15. Mai. Sommer ziemlich warm. Mittelmäßige Erndte. S. oben Brodtare. Der Herbstertrag dieses Jahres war gering, diu Qualität aber noch besser als voriges Jahr. Weinrechnung gestiegen. Preis 72 sl, bis 79 sl. 50 kr. — Deean M. Klüpsel -j- 10. Mai. 8uee. Ps. Gratianus v. Osterdingen.

1796. Jm milden Winter von 95/96 lag hier 1 Compagnie vom Fürstenberg- schen Kreis'Jusanterieregiment nebst einer vom Regiment Wolsegg, um das zu Heilbronn stehende Belagerungsgeschütz zu bewachen. Von Ersterer starb hier den 27. Februar ein Soldat Kohn; und da — bemerkt das Todtenbuch — der katholische Hauptmann v. Braun beide Compagnieen, sast lauter Katholiken, den ganzen Winter alle Sonntage mit einer Wachtparade in die Predigt gesührt, so wurde auch dieser Soldat ritibu» ne>8tr»e eede«!»« mit Ehren beerdiget. Sie lagen noch am 2. Mai hier. — Die Theurung der Früchte hielt noch an, so daß an Georgii 1 Heilbronner Malter Korn 15 fl. 44 kr., Dinkel 9 fl., Haber 10 fl. 40 kr. kostete. Brodtare: Februar 37 kr., März 36 kr., Mai 34 kr., Juni 32 kr., August 26 kr., September 24 und 22 kr., Oetober 24 kr., Deeember 26 kr. — Vom 17. bis 21. Mai lag hier 1 kais. kon. Exeeutionseommando von 1 Ossieier und 34 Mann wegen nicht geleisteter Holz- und Strohlieserung, was ausserordentliche Kosten verursachte.

Nach Auskündigung des Waffenstillstandes (21. Mai), wo Erzherzog Carl 20,000 Mann von seinen Kerntruppen gegen Bon aparte nach Jtalien schicken mußte, und die dadurch geschwächte deutsche Armee am Rhein sich nur desensiv verhalten konnte, brach General Moreau —den 24. Juni —bei Kehl über den Rhein, stürmte den 2. Juli den Kniebis und drängte die Oestreicher und die Reichsarmee nach Schwaben zurück. Aus die Nachricht davon mußte auch die Landmiliz (s. 1794) mit den württembergischen Truppen gegen den Schwarzwald marschiren, erhielt aber schon im Hinmarsch die Nachricht, daß die Franzosen die Kniebisschanze genommen und die Oestreicher ihnen Freudenstadt überlassen haben; woraus sich der sie eommandirende General ooNtzHügel nach Stuttgart zurückzog (7. Juli). Sie wurde in Folge des vom Herzog mit den Franzosen geschlossenen Wassenstillstandes (17. Juli) nach Hause entlassen und versah während des Wassenstillstandes und während der Durchmärsche sremder Truppen durch das Herzogthum in den Städten und Dörsern die Wachen. Diese Anstalt wurde aber im Deeember 1799 wieder ausgelost und ihre Waffen wurden dem regulären Militär übergeben, (v. Stadlinger, Gesch. des württ. Kriegswesens. 1856. S. 468 ss.) Der Wassenstillstand mußte von Württemberg mit 4 Millionen Franken, 100,000 Ctrn. Brodsrüchten, 50,000 Säcken Haber. 50,000 paar Schuhen, 100,000 Ctrn. Heu und 4200 Pserden erkaust werden. An den Schuhen hatte das Oberamt Weinsberg im Oetober 400 Paare zu liesern. Auch Baden und die übrigen Stände des schwäbischen Kreises erhielten um noch theureren Preis Wassenstillstand. Aber der Krieg zwischen den Oestreichern und Franzosen dauerte noch sort. Doch zog sich Erzherzog Carl vor Moreau von Psorzheim aus nicht über Heilbronn und unsere Gegend, wie man sürchtete, sondern über Vaihingen, Cannstadt, Cßlingen, Geißlingen — sechtend nach Nördlingen und über den Lech zurück, woraus er sich gegen den, über Würzburg und Nürnberg vorrückenden General Jourdan wandte und diesen bei Amberg (24. August) und Würzburg (3. Sept.) zurückschlug, so daß sich auch Moreau aus Schwaben zurückziehen mußte.

Aus diese Art wurde unsere Gegend, deren Bewohnern das Oberamt bei vorkommender sranzösischer Einquartierung »Geduld und Klugheit« empsahl, in diesem Jahr von keinem Haupteorps berührt und die Kriegsdrangsale, welche die plündernden Republikaner brachten, wurden nur vom Mittel- und Oberlande her vernommen, wo es selbst bei der Hauptstadt und noch mehr bei Cannstadt zu einem Zusammentressen beider seindlichen Heere kam (13, und 21. Juli). — Jm August grassirte hier das Schleim- und Nervensieber. Herzog Friedrich Eugen, dessen ganzes Land nach dem Rückzug der Oestreicher von sranzösischen Truppen besetzt war, schloß am 7. August einen besonderen Frieden mit Frankreich, was sodann die im Oe- tober wiederkehrenden und das Land überschwemmenden kaiserlichen Heere veranlaßt«, das Land durch unerschwingliche Forderungen zu drücken. Sie hatten das Requiriren von den Franzosen gelernt, bemerkt Titot, auch in Beziehung aus die Reichsstadt Heilbronn, in seinen Beiträgen zur Geschichte Heilbronns, S. 26. — Jm September d. Js. wurde Amtsbürgermeister Käpplinger als Deputirter zum Landtag gewählt. — Einwohnerzahl 1398. — Die Reben litten durch Frost im April. Jm Mai deßhalb aus herzogliches General-Reseript Räuchern der Weinberge mit 10 Büscheln Rebholz per Morgen angeordnet. Sommer warm und trocken. Der Herbst dieses Jahres gab ziemlich vielen Wein von mittlerer Güte. Weinrechnung vom 20. Nov.'72sl. Preis bis82sl. Reichliche Getraide-Erndte. Daher Sinken der Preise.

1797. Rückwirkung der großen Mund- und Futtervorrähe, welche die Oestreicher schon im Januar zu Heilbronn anlegten, aus Weinsberg und seinen Bezirk. Früchte, auch Schuhe, Hosen, Holz :e. wurden nach Mannheim hinab ge

liesert. — Brodtare: Februar 24 kr., Mai 23 kr., Juni 22 kr., Juli 24 kr, August 22 kr., Oetober 23 kr., Deeember 22 kr. — Einige 100 kraule und blessirte Oestreicher kamen im Januar und Mai nach Heilbronn und wurden dort im Waisenhaus untergebracht. Aus östreichische Requisition wurde eisrig am Chausseebau von Heilbronn nach Weinsberg gearbeitet, so daß Heilbronn vom 14. Februar solgenden Jahres aus dieser Straße Chausseegeld erhob. April. Schulwesen: Nach dem Tode des Schulmeisters Valet Trennung der Knaben und Mädchen. Colla- borator Rökher neben seiner Collaboratur zum Knabeuschulmeister gewählt mit Aus- trag, die älteren deutschen Knaben in Realkenntnissen zu unterrichten. Zugleich Beschluß: einen deutschen Provisor, der zugleich Meßner und Cantor ist, zu den jüngeren Knaben zu berusen; einen besonderen Mädchenschulmeister, der zugleich Musik und Orgel zu versehen hat, anzustellen; daneben eine Jndustrieschule zu errichten. (Gemeinschastliches Oberamt. Fetzer. Gratianus.) Genehmigt vom Consistorio im Dezember l. J. — Jm April bedrohte Moreau, nach seinem Rheinübergang bei Bi- schosssheim, das Land mit einem neuen (wenn auch nach geschlossenem Frieden vom vorigen Jahr nicht seindlichen) Einsall und sein Vortrab unter General Vandamme stand schon an den Glänzen, als die Nachricht von dem durch Bonapartes siegreiche Fortschritte in Jtalien erzwungenen Präliminarsrieden von Leoben (18. April) eintras, welchem der Frieden von Campo -Formio (17. Okt.) solgte, vermöge dessen die Oestreicher Ansangs Dezember Württemberg, die Franzosen das rechte Rheinuser räumten. Der Schaden, den das Land nur in diesen 2 Jahren 96 und 97 erlitten, wurde aus nicht weniger, als 18 Millionen Gulden berechnet.

Jahrgang: Kalter, lange dauernder Winter; unsreundlicher Frühling. Nasser Sommer. Uberschwemmungen. Herbstertrag ziemlich reichlich, Güte sehr mittelmäßig. Preis bis 77 sl. Weinrechnung hier 66 sl. — 23. Dee. Plötzlicher Tod des Herzogs Friedrich Eugen zu Hohenheim durch Schlag.

Unter Herzog Friedrich n, 1797-1803. Chursürst 1803-1806. König 1806-18l6.

Regierungsantritt seines ältesten evangelisch erzogenen Sohnes, Friedrich IL, Stisters des württ. Königshauses. — Eröffnung des Friedens-Congresses zu Rastadt sür das deutsche Reich. Unglückliches Ende desselben erst im April 1799.

1798. Jm Januar d. Js. Schulwahl hier. Unter 3 Competenten Weiß zum Mädchenschulmeister, Reuther zum Stadtprovisor, Cantor und Meßner gewählt. Ruhe in Deutschland, während Bonaparte in Aegypten und Syrien kämpste und im November der Krieg wieder in Jtalien ausbrach. Neue Coalitionen gegen Frankreich. Schon hörte man vom Anzug Suwarows mit 60,000 Russen (Dezember) und mit Zagen sah man dem Schlusse des verhängnißvollen Jahrhunderts entgegen. — Jm Dezember läßt Oberamtmann Fetzer die Heilbronner Chaussee mit Obstbäumen besetzen. Herbst: ziemlich viel und recht guter Wein. Preis 55 sl. Weinrechnung hier: 42 sl. Vom 9. Dez. an große Kälte. Ersrieren der unbezogenen Reben. Brodtare: Januar 20 kr., Februar 18 kr., April 20 kr., Mai 19 kr., Juni 20 kr., August u. s. s. 18 kr.

1799. 6. Jan. Tod des Spee.-Sup. öl. Gratianus, s. 1795. — Jm April dieses Jahres erbaut Schlossermeister Mall ein Haus vor dem obern Thore (Vorstadt), nunmehr Gasthos zur Traube, aus einen Gemeindeplatz von 12 Ruthen, wosür er 108 sl. bezahlt, it. im April wurde beschlossen, zu Abzug des stinkenden Wassers in den Stadtgräben, einen Graben von 8—12' Breite zu ziehen, um das Wasser in Fluß zu bringen. — Stadtviear war nach dem Tode des Deeans Gratianus öl. Klein; Diaeonus öl. Neusser rückt als Deean vor im Mai. eo6. zieht der neue Diaeonus, Repetent Bischer aus.

Der neuentbrannte Krieg zwischen Frankreich und Deutschland, an welchem jetzt auch Württemberg thätigeren Antheil nahm, begann im März d. Js. zwischen der oberen Donau und dem Bodensee, wo die Heere des bei Straßburg über den Rhein gegangenen sranzösischen Generals Jourdan und des von Augsburg herziehenden Erzherzogs Carl aus einander stießen. Jourdan wurde bei Ostrach, Stockach und Tuttlingen geschlagen und mußte sich mit den Trümmern seines Heeres hinter den Rhein zurückziehen. Aber als Erzherzog Carl sich, mit Zurücklassung eines Beobachtungseorps unter General Sztarray, meist aus schwerer Ca- vallerie bestehend, gegen die Schweiz wandte, gieng eine sranzösische Heeresabtheilung am 26. Aug. bei Mannheim über den Rhein und rückte schnell gegen Heilbronn vor, wo ein Bataillon Würzburger Jnsanterie (über 1000 Mann stark),und eine Abtheilung östreichischer Cürassiere und Husaren lagen. Es war am 28. Aug. gerade Krämer- und Roßmarkt aus dem Schießplatze (der Rindviehmarkt war wegen der Viehseuche abbestellt worden), als sich aus einmal Vormittags das Gerücht vom Anrücken der^Franzosen verbreitete. Da entstand eine beispiellose Verwirrung. Die Krämer packten eiligst ein; die Obsthändler stürzten ihre Körbe um, um desto leichter sortzukommen; das Zugvieh wurde mit Schreien und Schlagen sortgetrieben. Die Fremden, worunter natürlich auch Viele von Weinsberg, drängten sich durch die damals sehr enge Thore hinaus und brachten die Schreckensbotschast mit in ihre Heimath. Die Einwohner von Heilbronn flüchteten in ihre Häuser und verschleßen alle Läden und Thüren. Die ausgeschickten östreichischen Husaren zogen sich nach kurzem Plänkeln in die Stadt zurück. Die Würzburger Jnsanterie gerieth so in Angst, daß ihr Commandant es nicht wagen konnte, sie dem Feinde entgegenzusühren. Unter dem Gespött der Czeckler, die sie »Herrgottssoldaten» nannten, marschirten sie eiligst ab. Der östreichischen Cavallerie, die sich von der Jnsanterie verlassen sab, blieb nun nichts übrig, als die Stadt ebensalls zu räumen, woraus General Ney mit seinem kleinen sliegenden Corps, aus elsässischen blauen Husaren, Grenadieren uud Voltigeurs bestehend, Mittags zwischen 11—12 Uhr vor dem Brückenthor erschien und überrascht, daß man das Thor sogleich össnete, vorsichtig und einen Hinterhalt sürchtend, in ganz kleinen Abtheilungen mit gespanntem Hahnen in die Stadt einzog. Ney quartierte sich im Gasthos zur Rose ein, legte 160 Grenadiere in die Schulen, die Ossieiere in Bürgerhäuser, und ließ seine Truppen an der Franken- bacher Höhe lagern. Nun gieng es an's Requiriren. Außer Unisormen, Schuhen, Weißzeug :e. sür die Soldaten, mußten 130,000 Frks., dem General selbst 5000 Frks., seinem Kammerdiener 10, dem Commissä'r 16, dem Commandanten 15 Louisdor bezahlt werden. Daneben erlaubten sich die Soldaten alle möglichen Bedrückungen und Gewaltthaten gegen die Einwohner und ihre Wirthe. Weinsberg sah nur einzelne Vorposten, welche gegen die Nachhut der abziehenden Szeckler-Husaren durch die Stadt plänkelten, aber sich gleich wieder aus Heilbronn zurückzogen, da Ney schon nach 2 Tagen (am 30. August) wegen des Vorrückens der württembergischen Truppen bis Laus sen (4 Jnsanteriebataillons, 1 Detachement Chevaurlegers und 1 Batterie von 8 Dreipsündern) unerwartet schnell über Frankenbach und Fürseld nach Kirchhard abmarschirt war, wo er 8 Tage mit seinem Corps stehen blieb und von dort aus andere Gemeinden in Contribution setzte. Am 7. September griff er, von Frankenbach über Böckingen ziehend, bei Nordheim undLaussen die Württem- berger au, die sich mit den unter Oberst Wolsskehl stehenden Oestreichern und den obgedachten Würzburgern vereinigt hatten, wurde aber tapser von ihnen empsangen und zog sich nach kurzem Gesecht wieder zurück, Heilbronn zum zweitenmal heimsuchend, wo er zum zweitenmale eine Contribution von 100,000 Fres. in Geld, 5000 Ellen seine Tücher, 5000 Ellen Leinwand, 4000 Psd. Brod, 4000 Psd. Fleisch, 4000 Ctr. Heu, 4000 Rationen Haber, 50 Reit- und 100 Zugpserde binnen 24 Stun- den verlangte; sonst lasse er 8000 Mann einmarschiren. Aus die Gegenvorstellungen des Senats wurden 9 der ersten Bürger um Mitternacht mit 1Ossieier und 14 Mann in ihren Häusern abgeholt und als Geisel in einem Zimmer der Rose sestgehalten mit der Bedrohung, wenn die ganze Requisition nicht bis Morgen geliesert sei, sie nach Landau abzusühren. Endlich hatte man 35,000 Frks. theils haar, theils in Silbergeschirren («, 1 sl. 12 kr. per Loth), theils mit Wechseln aus Mannheim, Straßburg und Franksurt beisammen. Den Adjutanten und Ossieieren mußten überdies) gegen 400 Ellen blaues Tuch zu Röcken und Mänteln nnd dem General Ney 2 Zugpserde nebst einer Chaise geliesert werden. Was diesen williger machte, sich statt der verlangten 100,000 Franks mit 35,000 Frks. zu begnügen, war die in der Nacht vom 7/8. Sept. erhaltene Nachricht von dem Heranrücken des ans der Schweiz herbeieilenden Erzherzogs Carl, vor welchem er zurückweichen mußte und deßhalb in der Nacht vom 7/8. Septbr über Neckarsulm und Kochendors, andererseits über Fürseld nnd Sinzheim Heidelberg zu abmarschirte, wobei überall noch so viel als möglich erpreßt wurde; so in Kochendors gegen 3 Geisel 1500 sl., in Bonseld gegen 1 Geisel 440 sb. Zu Nord he im wurden viele Häuser geplündert und die Einwohner mißhandelt. Als hier die Reihe auch an das Psarrhaus kam, und die Plünderer Alles, was Werth hatte, zusammenzurassen ansiengen, that Psarrer Hos er ganz dasselbe und plünderte sür sich selbst; welcher originelle Einsall den Franzosen so wohl gesiel, daß sie lachend dem Psarrherrn Alles ließen, was er einmal weggenommen hatte*). Der Erzherzog tras am 11. September in Baihingen ein, entsetzte hieraus das schwer- bedrängte Philippsburg, stürmte am 18. das verschanzte Lager der Franzosen bei Mannheim, drang mit diesen in Mannheim ein und jagte sie wieder über den Rhein; wobei sich die durch das Zusammenschießen der Schissbrücke abgeschnittenen 1800 Mann mit 2 Generalen, 65 Ossizieren und 23 Kanonen sammt vieler Bagage ergeben mußten. Von diesen Gesangenen kamen schon am 20. Sept. die 65 Ossieiere und am 22. September 1600 Soldaten nach Heilbronn zurück, woruuter Viele, welche wenige Tage zuvor die Städter mit Siegesübermuth geplagt hatten. Doch hatten die Heilbronner Achtung vor dem Unglück und ein Knabe, der aus Franzosenhaß vor einem solchen Gesangenen ausspuckte, wurde sogar in der Schule dasür gezüchtiget. — So nahe dießmal das Ungewitter Weinsberg gestanden war, so kam . die Stadt doch mit dem aus dem Heilbrcnner Markt am 28. August geholten Schrecken und einer leichten Vorpostenplänkelei durch die Hauptstraße (s. oben) davon, da der Verlaus ein so rascher war, und da die Franzosen sich beidemale nur 2 Tage in Heilbronn oder jenseits Heilbronn ausgehalten hatten, so daß der besürchtete seind-

  • ) Titot, Veiträge :e, S. 47. Wer den Franzosen zum Lachen bringen kann, hat ihn gewonnen. Es mahnt dieß übrigens an eine andere Plünderungsgeschichte in Schwaben, wo ein gutmüthiger Republikaner den stumm und betrübt dem Plündern zusehenden Hausvater selbst sreundlich einlud: »Bauer, gripp au mit!"

liche Befuch unterblieb. Dagegen war im September diefes Jahres bereits Ordre gegeben, das königl. kaifert. östreichifche Hauptfeldfpital wieder hier einzurichten. Der k. k. Spitalverwalter Glöckner, der Regimentsarzt und der Spital- eommandant trugen aber, nach genommenem Augenfchein, Vieles zur Abwendung bei und änderten das fchon anbefohlene Einrücken des Spitalperfonals und der Spital- requifiten ab. Der östreichifche Feldfpital wurde ohnehin plötzlich nach Rottenburg am Neckar zurückgezogen, weßwegen das fchon befchloffene Weinpräfent an obige Perfonen von je 1 Dutzend Bonteillen unterblieb. — Aber die Niederlage des ruffi- fchen Generats Korfakow bei Zürich (25. September) nöthigte den Erzherzog Carl, von Mannheim wieder der Schweiz zuzuziehen mit Hinterlaffung eines fchwa- chen Beobachtungseorps unter General Fürften von Schwarzenberg. Diefen Abzug benützte der französifche General Leeourbe, am 4. Okt. über den Rhein zu gehen, das Schwarzenberg'fche Corps zurückzndrängen, Mannheim und Heidelberg zu befetzen, Philippsburg zu blockiren und den General Ney wieder mit 6000 Mann gegen Württemberg vorzufchicken, um die östreichifchen Magazine zu zerstören, Württemberg zu brandfchatzen und das öftreichifche Heer in Oberfchwaben in feinem Rücken zu bedrohen. Ney's Colonne rückte am 31. Oktober von Fürfeld her (zum drittenmal in diefem Jahr) in Heilbronn ein, während viele Einwohner gerade mit der Weinlefe befchäftigt waren. Abermals wurde fogleich eine Contribnticn von 150,000 Frs. und vielen Naturalien verlangt; abermals 12 Kaufleute als Geifel ausgehoben und in einem Zimmer des Gasthofs zum Falken eingefperrt. Die Contribution wurde aber von dem eommandirenden Brigadegeneral Rouyes endlich auf 10,000 Franks, ermäßigt, weil fich die Franzofen abermals nicht lange hier behaupten konnten und Ronyes auf die Nachricht von Ney's Unterliegen und Rückzug in der Nacht vom 3/4. November abmarfchiren mußte. Ney war nämlich bereits an die Enz bei Bie- tigheim vorgedrungen, als sich ihm die Oestreicher unter dem Prinzen von Hohen- lohe-Waldenburg-Bartenstein (demfelben, der früher eines der Regimenter Hohenlohe bei dem Conds'fchen Corps eommandirte) mit den württembergifchen Hülfs- truppen nnter den Generalen von Phull und v. Seeger entgegenfetzten und ihm am 3. November bei Löchgau, Erligheim und Bönnigheim ein Treffen lieferten, in deffen Folge Ney (und der von ihm durch das Bottwarthal gegen Lndwigsburg detafchirte General-Adjutant Ruffin) mit großem Verlust gegen den Rhein fliehen mußten. Während die Franzofen bei diefem letzten, dritten Einfall Heilbronn fchonender behandelten als früher, fuchten fie um fo mehr die benachbarten Orte, Neckarfulm, Wimpfen, Veilstein, Oberstenfeld, Großbottwar, Lauffen heim. Aus beiden letzteren Städten fchleppten fie Geifel mit sich fort, bis diefe von ihren Gemeinden mit Geld ausgelöst wnrden. Das Bottwarthal lag ihnen — auf dem Zuge Ruffins gegen Lndwigsburg, wo er fich mit Ney wieder vereinigen wollte — auf dem Wege. Weinsberg war feitwärts gegen Franken und außerhalb ihres Strebeziels, das diefesmal im Herzen von Württemberg lag. So hieng bei diefer, von jeher gefährlichen Nachbarfchaft das Damoklesfchwerdt mit allen feinen Schrecken dreimal über dem Scheitel von Weinsberg, ohne verderbend niederzufallen. Doch wurden, außer der täglichen Angst, die Rückwirkungen, wie oben bemerkt, mehr oder weniger fühlbar. — Noch im November diefes Jahres, wo der französifche General Leeourbe mit Verstärkangen die Oestreicher unter 'Prinz Carl von Lothringen bei Bruchfal zurückdrängte und Ney fechtend nach Sinzheim und Eppingen zog, drohte die Gefahr eines vierten Einfalls. Aber der östreichifche Feldmarfchalllieutenant Graf Sztarrai rückte von Oberfchwaben mit einem starken Corps den Franzofen entgegen und fchlug fie in den Gefechten bei Sinzheim und Nußloch (2. und 3. Dee.), von wo der Kanonendonner fchreckend herüberfcholl, fo daß Württemberg von der Gefahr einer feindlichen Befetzung am Schluß des Jahrhunderts abermals befreit wurde. Seit dem 5. Nov. hatten die Oeftreicher Heilbronn wieder in Befitz genommen, wobei ein Commando Szecklerhufaren 12 Tage zu Weins berg auf Vorposten lag. Die Stadt Heilbronn hatte die Magazine derfelben zu füllen, ihre Kranke und Bleffirte zu pflegen und zum Schleifen der Feftungswerke von Mannheim 50—ION Handarbeiter zu stellen. Dee. 7. Abds. und 8. Einrücken eines fogen. Affistenz- eommandos von k. k. Cüraffieren in Weinsberg behufs der Einlieferung des neulich angefetzten Mehls und Fonrage nach Cannstadt, welches fich als Ereeutionseommando betrachtet. —Dee. Einführung der Sonntagsfchulen auch im Winter. Heizung und 1 fl. Zulage für den Lehrer von der Stadt befchloffen. — Dee. Starke Spuren von der Viehfeuche (Uebergalle). Obrigkeitliche Maßregeln. Unkoften davon noch im August folg. Js. deeretirt. Vom Dee. dfs. Js. bis Mai folg. Js. hatte Weinsberg Standquartier von ohgedachten Kaifereüraffiren. — Jahrgang: Schnee und Frost noch im April. Sommer naßkalt mit wenig heißen Tagen. Der Herbst d. Is. gab nicht fehr vielen und fehr fchlechten Wein. Weinrechn. hier: 38 fl. Sonstiger Preis 44 fl. Beffer geriethen Frucht und Obft. Vrodtare: 8 Pfd. Mai 22 kr., Juni 28 und 30 kr., Juli 28 kr., erst im Deeember fallend auf 26 kr. .

s ^. s

Jm Laufe diefes denkwürdigen 18. Jahrhunderts lebten zu Weinsberg nach den noch vorhandenen Grabsteinen: als Obervogt in den drei Städten und Aemtern Neuenstadt, Weinsberg und Möckmühl: Herkules Felir v. Bidenbach von Treufels, fürstl. württemb. Oberst, Herr zu Osweil (inftallirt 31. Auguft 1744), f 25. April 1747 auf dem Weißenhof (Grabstein im Chor); als Stadt- und Amtsvogt: Ferdinand Conrad Hochstetter, geboren 1692, 1- 1751; als Vogt, nunmehr feit 1755 Oberamtmann: Carl Lndwig Malblank, geb. in Stuttgart 1708, f 1785, (Grabstein im Chor.) Nach Kirchenbuch: »vir inßsnio, eruäitione, worum «uavitate et »niini Iiber»litkt« »ä »Uorum u«^uo inviäinm pi'»s»t»n»." Als Speeial- Superintendent und Stadtpfarrer: ül. Jofeph Malblank, f 1727, 16. Ferd. Christ. Steinhofer, f 1761, f. das Verz. der Geistlichen; als Stadt- und Amts- fchr eiber: Johann Eberhard Renz, geb. 1708, 1- 1786; als Kellereigegenfchreiber nnd Amtsbürgermeister: Georg Jakob Kümmerlin, geb. 1708, f 1742; als Amtsbürger meist er, zugleich Hauptzoller, Hofkammerrath, Landfchaftsmitglied: Johann Dan. Ziegler, geb. 1710, f 1767; als Verwalter des Stifts Obersten- feld: Georg Friedr. Mofer, geb. 1713, 1- 1750; als Bürgermeister und zugleich Apotheker: Johann Georg Werner (nach Epitaph, fr. Frau. Jahr fehlt); als Ge- richtsherren: Johann Michael Reyfcher, geb. 1654, f 1726, Johann Friedrich Auer um 1733, Johann Friedrich Scheuermann, zugleich Handelsmann, f 1735, alt 44 Jahre; Johann Renner, zugleich Sonnenwirth, geb. 1716, f 1776.

Nach den Kirchenbüchern und anderen Nachrichten waren in diefem 18. Jahrhundert evangel. Stadtpfarrer, von 1710 zugl. Speeialfuperintendenten: (Ueber ihre frühere Anstellung f. unten Reihenfolge «.) 1) U. Joh. David Hermann, 1703—10, Speeial 1710—14, im Chor der Kirche nach Grabftein begraben 1714; 2) Jofeph Malblank. 1714-27, ftoben; 3) U. Friedr. Wilhelm Schmid, 1727—42, f hier 1742; 4) Kl. Philipp Gottfried Faber, 1742-52, verfchwindet