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Benutzer Diskussion:Fw/Insectenfressende Pflanzen

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Textdaten
Autor: Charles Darwin
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Titel: Insectenfressende Pflanzen
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1876
Verlag: E. Schweizerbart’sche Verlagshandlung
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Erscheinungsort: Stuttgart
Übersetzer: Victor Carus
Originaltitel: Insectivorous plants
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons, Kurt Stüber’s Online Library
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[208]

Zehntes Capitel.
Über die Empfindlichkeit der Blätter und über die Übermittelungsbahnen des motorischen Impulses.

Die Drüsen und Spitzen der Tentakeln allein empfindlich. – Übermittelung des motorischen Impulses die Stiele der Tentakeln hinab und quer durch die Blattscheibe. – Zusammenballung des Protoplasma eine Reflexthätigkeit. – Erste Entladung des motorischen Impulses plötzlich. – Richtung der Bewegungen der Tentakeln. – Motorischer Impuls durch das Zellengewebe übermittelt. – Mechanismus der Bewegungen. – Natur des motorischen Impulses. – Wiederausbreitung der Tentakeln.

Wir haben in den vorausgehenden Capiteln gesehen, dasz viele weit von einander verschiedene Reizmittel, mechanische wie chemische, die Bewegung der Tentakeln anregen, ebenso wie die der Blattscheibe; und wir müssen nun zuerst betrachten, welches die Punkte sind, welche reizbar oder empfindlich sind, und zweitens, wie der motorische Impuls von einem Punkte auf den andern übermittelt wird. Die Drüsen sind beinahe ausschlieszlich der Sitz der Reizbarkeit, und doch musz sich diese Reizbarkeit eine sehr kurze Strecke weit unterhalb derselben erstrecken; denn wenn sie mit einer scharfen Scheere abgeschnitten wurden, ohne selbst berührt zu werden, so wurden die Tentakeln häufig eingebogen. Diese kopflosen Tentakeln breiteten sich häufig wieder aus; und wenn später Tropfen der beiden stärksten bekannten Reizmittel auf die Schnittenden gebracht wurden, so wurde keine Wirkung hervorgebracht. Nichtsdestoweniger sind diese kopflosen Tentakeln einer späteren Einbiegung fähig, wenn sie durch einen ihnen von der Scheibe zugesandten Impuls gereizt werden. Es gelang mir bei verschiedenen Gelegenheiten, Drüsen zwischen feinen Pincetten zu zerquetschen; dies erregte aber durchaus keine Bewegung, ebenso wenig thaten es rohes Fleisch und Ammoniaksalze, wenn sie auf solche zerquetschte Drüsen gebracht wurden. Es ist wohl wahrscheinlich, dasz sie so augenblicklich getödtet wurden, dasz sie [209] nicht mehr im Stande waren, irgend einen motorischen Impuls weiter zu senden; denn in sechs beobachteten Fällen (in zweien derselben wurde indessen die Drüse ganz weggeknippen) wurde das Protoplasma innerhalb der Zellen der Tentakeln nicht zusammengeballt, während in einigen angrenzenden Tentakeln, welche in Folge davon, dasz sie mit der Pincette roh berührt worden waren, eingebogen wurden, das Protoplasma gut zusammengeballt wurde. In gleicher Weise wird das Protoplasma nicht zusammengeballt, wenn ein Blatt durch Eintauchen in kochendes Wasser augenblicklich getödtet wird. Auf der andern Seite trat doch ein deutlicher, wenn auch mäsziger, Grad von Zusammenballung in mehreren Fällen ein, in denen die Tentakeln, nachdem ihre Drüsen mit einer scharfen Scheere abgeschnitten worden war, eingebogen wurden.

Die Stiele der Tentakeln wurden heftig und wiederholt gerieben; rohes Fleisch oder andere reizende Substanzen wurden sowohl auf die obere Fläche in der Nähe der Basis als auch an andern Stellen auf sie gelegt; es erfolgte aber keine deutliche Bewegung. Einige Stückchen Fleisch wurden, nachdem sie eine beträchtliche Zeit lang auf den Stielen gelassen worden waren, nach oben geschoben, so dasz sie die Drüsen eben berührten; und in einer Minute fiengen die Tentakeln sich zu biegen an. Ich glaube, dasz die Blattscheibe nicht empfindlich für irgend welches Reizmittel ist. Ich stiesz die Spitze einer Lancette durch die Scheiben mehrerer Blätter und eine Nadel drei oder vier mal durch neunzehn Blätter; im erstern Falle erfolgte keine Bewegung; aber ungefähr bei einem Dutzend Blätter, welche wiederholt gestochen worden waren, wurden einige wenige Tentakeln unregelmäszig eingebogen. Da indesz während der Operation ihre Rückseiten unterstützt werden muszten, so können vielleicht einige der äuszeren Drüsen ebenso wie diejenigen auf der Scheibe berührt worden sein; und dies genügte vielleicht, den unbedeutenden Grad von Bewegung, welcher beobachtet wurde, zu verursachen. Nitschke[1] sagt, dasz Schneiden und Stechen des Blattes keine Bewegung erregt. Der Blattstiel ist vollständig unempfindlich.

Die Rückseite der Blätter trägt zahlreiche äuszerst kleine Papillen, welche nicht absondern, aber die Fähigkeit der Aufsaugung besitzen. Diese Papillen sind, wie ich glaube, Rudimente früher hier existirt [210] habender Tentakeln, zusammen mit ihren Drüsen. Viele Experimente wurden angestellt, um zu ermitteln ob die Rückseite der Blätter in irgend welcher Weise gereizt werden könne; es wurden sieben und dreiszig Blätter dabei versucht. Einige wurden lange Zeit hindurch mit einer stumpfen Nadel gerieben; auf andere wurden Tropfen von Milch und andern reizenden Flüssigkeiten, rohes Fleisch, zerdrückte Fliegen und verschiedene andere Substanzen gebracht. Diese Substanzen wurden gern bald trocken, zum Beweise, dasz keine Absonderung angeregt worden war. Ich feuchtete sie daher mit Speichel, mit Ammoniaklösungen, schwacher Salzsäure und häufig mit dem Secrete aus den Drüsen anderer Blätter an. Ich hielt auch einige Blätter, auf deren Rückseite reizende Gegenstände gebracht worden waren, unter einer feuchten Glasglocke; aber bei aller meiner Sorgfalt sah ich doch niemals irgend eine wahre Bewegung. Ich wurde dadurch dazu geführt, so viele Versuche zu machen, weil, im Gegensatz zu meinen früheren Erfahrungen, Nitschke angibt [2], dasz er, nachdem er Gegenstände mit Hülfe der klebrigen Absonderung an der Rückseite der Blätter befestigt habe, wiederholt die Tentakeln (und in einem Falle sogar die Blattscheibe) zurückgebogen gesehen habe. Wenn diese Bewegung eine wirkliche gewesen ist, würde sie eine äuszerst anomale sein; denn sie setzt voraus, dasz die Tentakeln einen motorischen Impuls von einer unnatürlichen Quelle her erhalten und das Vermögen haben, sich in einer Richtung zu biegen, welche zu der ihnen sonst gewohnten genau die umgekehrte ist; dies Vermögen wäre übrigens für die Pflanze auch nicht von dem mindesten Nutzen, da Insecten nicht an der glatten Rückseite der Blätter kleben bleiben können.

Ich habe gesagt, dasz in den oben erwähnten Fällen keine Wirkung hervorgebracht worden sei; dies ist aber nicht ganz streng richtig; denn in drei Fällen wurden zu den Stückchen rohen Fleisches auf der Rückseite der Blätter, um sie eine Zeit lang feucht zu erhalten, ein wenig Syrup hinzugefügt; und nach 36 Stunden war eine Spur von Zurückbiegen in den Tentakeln eines Blattes und sicher auch in der Scheibe eines andern vorhanden. Nach zwölf weiteren Stunden fiengen die Drüsen an zu trocknen, und alle drei Blätter schienen bedeutend verletzt zu sein. Es wurden dann vier Blätter [211] unter eine Glasglocke gebracht, die Stiele in Wasser, und auf der Rückseite Tropfen von Zuckerlösung, aber ohne irgend welches Fleisch. Bei zweien dieser Blätter waren nach Verlauf eines Tages einige wenige Tentakeln rückwärts gebogen. Die Tropfen hatten nun beträchtlich an Grösze zugenommen, da sie Feuchtigkeit eingesaugt hatten, und zwar so, dasz sie die Rückseite der Tentakeln und Stiele hinab tröpfelten. Am zweiten Tage war bei einem Blatte die Scheibe bedeutend zurückgeschlagen: am dritten Tage waren die Tentakeln von zweien, ebenso wie die Scheiben aller vier, in einem bedeutenderen oder minderen Grade zurückgeschlagen. Die obere Seite des einen Blattes bot nun, anstatt wie zuerst unbedeutend concav zu sein, eine starke Convexität nach aufwärts dar. Selbst am fünften Tage schienen die Blätter nicht todt zu sein. Da nun Zucker die Drosera nicht im Mindesten reizt, so können wir das Zurückschlagen der Scheiben und Tentakeln der obigen Blätter getrost der Exosmose aus den Zellen, welche mit der Zuckerlösung in Berührung waren, und der in Folge derselben eintretenden Contraction derselben zuschreiben. Wenn Tropfen einer dicken Zuckerlösung auf die Blätter von Pflanzen gebracht werden, deren Wurzeln sich noch immer in feuchter Erde befinden, so erfolgt keine Einbiegung; denn ohne Zweifel pumpen die Wurzeln Wasser so geschwind hinauf, als es durch Exosmose verloren wird. Wenn aber abgeschnittene Blätter in Syrup oder irgend eine andere dichte Flüssigkeit eingetaucht werden, so werden die Tentakeln bedeutend, wenn schon unregelmäszig, eingebogen, wobei einige die Form von Korkziehern annehmen; auch werden die Blätter bald welk. Wenn sie nun in eine Flüssigkeit von niedrigem specifischem Gewicht eingetaucht werden, so strecken sich die Tentakeln wieder aus. Aus diesen Thatsachen können wir schlieszen, dasz auf die Rückseite von Blättern gebrachte Tropfen dichter Zuckerlösung nicht dadurch wirken, dasz sie einen motorischen Impuls anregen, welcher den Tentakeln übermittelt wird, sondern dadurch, dasz sie durch Herbeiführung von Exosmose das Zurückschlagen verursachen. Dr. Nitschke benutzte das Secret dazu, Insecten an die Rückseite von Blättern zu kleben; und ich vermuthe, er brauchte eine grosze Quantität, welche, da sie dicht war, Exosmose verursachte. Vielleicht experimentirte er auch mit abgeschnittenen Blättern oder an Pflanzen, deren Wurzeln nicht genügend mit Wasser versehen wurden.

Soweit daher unsere gegenwärtige Kenntnis reicht, können wir [212] schlieszen, dasz die Drüsen zusammen mit den unmittelbar darunterliegenden Zellen der Tentakeln der ausschlieszliche Sitz der Reizbarkeit oder Empfindlichkeit sind, mit welchen die Blätter begabt sind. Der Grad, bis zu welchem eine Drüse gereizt ist, kann nur durch die Zahl der umgebenden Tentakeln, welche eingebogen werden, und durch die Grösze und Geschwindigkeit ihrer Bewegungen gemessen werden. Gleich lebenskräftige Blätter, derselben Temperatur ausgesetzt (und dies ist eine wichtige Bedingung) werden unter den folgenden Umständen in verschiedenen Graden erregt. Eine minutiöse Menge einer schwachen Lösung bringt keine Wirkung hervor; man füge mehr hinzu, oder gebe eine etwas stärkere Lösung, und die Tentakeln biegen sich. Man berühre eine Drüse ein- oder zweimal und keine Bewegung erfolgt; man bewege sie drei- oder viermal, und die Tentakeln werden eingebogen. Aber die Beschaffenheit der den Blättern gegebenen Substanz ist ein sehr wichtiges Element: wenn gleich grosze Stückchen Glas (welches nur mechanisch wirkt), von Gelatine und rohem Fleisch auf die Scheiben mehrerer Blätter gelegt werden, so verursacht das Fleisch eine viel schnellere, energischere und weiter verbreitete Bewegung, als die zwei erstern Substanzen. Auch ruft die Zahl der Drüsen, welche gereizt werden, eine grosze Verschiedenheit im Resultate hervor: man lege ein Stückchen Fleisch auf eine oder zwei der Scheibendrüsen und nur einige wenige der umgebenden kurzen Tentakeln werden eingebogen; man lege es auf mehrere Drüsen, und die Wirkung wird sich auf viel mehr erstrecken; man lege es auf dreiszig oder vierzig, und alle Tentakeln, mit Einschlusz der äuszersten randständigen, werden dicht eingebogen. Wir sehen hieraus, dasz die von einer Anzahl von Drüsen ausgehenden Impulse einander kräftigen, sich weiter verbreiten und auf eine gröszere Anzahl von Tentakeln wirken, als der Impuls von irgend einer einzelnen Drüse.

Übermittelung des motorischen Impulses. – In einem jeden Falle hat der von einer Drüse ausgehende Impuls mindestens eine kurze Strecke weit zu den basalen Theilen des Tentakels zu wandern, da der obere Theil und die Drüse selbst einfach durch die Einbiegung des untern Theiles bewegt werden. Der Impuls wird in dieser Weise immer nahezu die ganze Länge des Stieles hinab gesandt. Wenn die centralen Drüsen gereizt und die äuszersten randständigen Tentakeln eingebogen werden, so wird der Impuls quer durch den halben Durchmesser der Scheibe übermittelt; und wenn [213] die Drüsen an einer Seite der Scheibe gereizt werden, so wird der Impuls beinahe quer über die ganze Breite der Scheibe hinübergesandt. Eine Drüse übersendet ihren motorischen Impuls viel leichter und schneller ihren eigenen Tentakel hinab nach der sich biegenden Stelle als quer über die Scheibe an benachbarte Tentakeln. Wenn hiernach eine äuszerst kleine Dosis einer sehr schwachen Ammoniaklösung einer der Drüsen der äuszeren Tentakeln gegeben wird, so verursacht sie, dasz sich derselbe biegt und die Mitte erreicht; während ein groszer Tropfen derselben Lösung, wenn er zwanzig Drüsen auf der Scheibe gegeben wird, durch deren combinirten Einflusz doch nicht die mindeste Einbiegung der äuszern Tentakeln verursachen wird. Wenn ferner ein Stückchen Fleisch auf die Drüse eines äuszeren Tentakels gethan wird, so habe ich Bewegung in zehn Secunden und wiederholt innerhalb einer Minute eintreten sehn; aber ein viel gröszeres Stück auf mehrere Drüsen auf der Scheibe gelegt, veranlaszte die äuszeren Tentakeln nicht eher sich zu biegen als bis nach Verlauf einer oder mehrerer Stunden.

Der motorische Impuls breitet sich von einer oder mehr gereizten Drüsen allmählich nach allen Seiten hin aus, so dasz die Tentakeln, welche am nächsten stehn, immer zuerst afficirt werden. Wenn daher die Drüsen im Mittelpunkte der Scheibe gereizt werden, so sind die äuszersten randständigen Tentakeln die zuletzt eingebogenen. Aber die Drüsen auf verschiedenen Theilen des Blattes übermitteln ihre motorische Kraft in einer etwas verschiedenen Art und Weise. Wenn ein Stückchen Fleisch auf die langköpfige Drüse eines randständigen Tentakels gelegt wird, so überliefert sie schnell einen Impuls dem sich biegenden Theil ihres eigenen Tentakels, niemals aber, so weit ich beobachtet habe, an benachbarte Tentakeln; denn diese werden nicht eher afficirt, als bis das Fleisch nach den centralen Drüsen hin geschafft worden ist, welche dann ihren vereinigten Impuls nach allen Seiten hin ausstrahlen. Bei vier Gelegenheiten wurden Blätter so präparirt, dasz einige Tage vorher alle Drüsen aus dem Centrum entfernt wurden, so dasz dieselben nicht durch Fleischstückchen gereizt werden konnten, welche ihnen durch die Einbiegung der randständigen Tentakeln zugeführt wurden; und nun breiteten sich diese randständigen Tentakeln nach einiger Zeit wieder aus, ohne dasz irgend ein anderer Tentakel afficirt worden wäre. Andere Blätter wurden ähnlich präparirt, und Stückchen Fleisch wurden auf die [214] Drüsen von zwei Tentakeln in der dritten Reihe von der Auszenseite her, und auf die Drüsen von zwei Tentakeln in der fünften Reihe gelegt. In diesen vier Fällen wurde der Impuls an erster Stelle seitwärts, d. h. in derselben concentrischen Reihe der Tentakeln, und dann nach dem Centrum hin weiter geschickt, aber nicht centrifugal oder nach den äuszeren Tentakeln hin. In einem dieser Fälle wurde nur ein einziger Tentakel auf jeder Seite des einen mit Fleisch afficirt. In den drei andern Fällen wurden von einem halben bis ganzen Dutzend Tentakeln, sowohl seitwärts als nach der Mitte hin, gut eingebogen oder halb eingebogen. Endlich wurden in zehn andern Experimenten minutiöse Stückchen Fleisch auf eine einzige oder auf zwei Drüsen in der Mitte der Scheibe gelegt. Damit keine andere Drüse das Fleisch berühren solle, und zwar durch die Einbiegung der dicht anstoszenden kurzen Tentakeln, war vorher ungefähr ein halbes Dutzend Drüsen rings um die ausgewählten entfernt worden. Bei acht von diesen Blättern wurden im Laufe von ein oder zwei Tagen von sechzehn bis fünf und zwanzig der kurzen umgebenden Tentakeln eingebogen, so dasz der von einer oder zwei der scheibenständigen Drüsen ausstrahlende motorische Impuls im Stande ist, so viel Wirkung hervorzubringen. Die Tentakeln, welche entfernt worden waren, sind in den angegebenen Zahlen eingeschlossen; denn da sie so dicht daneben standen, würden sie sicherlich afficirt worden sein. Bei den zwei noch übrigen Blättern wurden beinahe alle die kurzen Tentakeln auf der Scheibe eingebogen. Mit einem noch kräftigeren Reizmittel als Fleisch, nämlich ein wenig phosphorsauren Kalk mit Speichel befeuchtet, habe ich die Einbiegung sich von einer einzigen in dieser Weise behandelten Drüse noch weiter verbreiten sehen; aber selbst in diesem Falle wurden die drei oder vier äuszern Tentakelreihen nicht afficirt. Aus diesen Experimenten ergibt sich, dasz der Impuls von einer einzelnen Drüse auf der Scheibe aus auf eine gröszere Anzahl von Tentakeln wirkt, als der von einer Drüse der äuszeren verlängerten Tentakeln ausgehende; und dies ist wahrscheinlich, wenigstens zum Theil, Folge davon, dasz der Impuls, da er nur eine sehr kurze Strecke weit die Stiele der mittelständigen Tentakeln hinab zu wandern hat, im Stande ist, sich eine beträchtliche Entfernung rings herum zu verbreiten.

Als ich diese Blätter untersuchte, war ich von der Thatsache überrascht, dasz bei sechs, oder vielleicht sieben, von ihnen die Tentakeln [215] an den nächsten und entferntesten Punkten des Blattes (d. h. nach der Spitze und der Basis, oder dem Stielende zu) viel mehr eingebogen waren, als auf den beiden Seiten; und doch standen die Tentakeln auf den Seiten der Drüse, wo das Stückchen Fleisch lag, genau so nahe wie die an den beiden Enden. Es schien hiernach, als würde der motorische Impuls von dem Centrum aus quer über die Scheibe leichter in einer longitudinalen als in einer queren Richtung übermittelt; und da dies eine neue und interessante Thatsache in der Physiologie der Pflanzen zu sein schien, so wurden fünf und dreiszig frische Experimente angestellt, um ihre Richtigkeit zu prüfen. Minutiöse Stückchen Fleisch wurden auf eine einzelne oder auf einige wenige Drüsen auf der rechten oder linken Seite der Scheibe von achtzehn Blättern gelegt; während andere Stückchen von der nämlichen Grösze auf die nächsten und entfernten Ende von siebenzehn andern Blättern gethan wurden. Wenn nun der motorische Impuls mit gleicher Kraft oder mit gleicher Geschwindigkeit durch die Blattscheibe in allen Richtungen hin übermittelt würde, so müszte ein Stückchen Fleisch, welches auf eine Seite oder an das eine Ende der Scheibe gelegt wurde, gleichmäszig alle in gleicher Entfernung von ihm gelegene Tentakeln afficiren; dies war aber sicherlich nicht der Fall. Ehe ich die allgemeinen Resultate mittheile, ist es wohl der Mühe werth, drei oder vier ziemlich ungewöhnliche Fälle zu beschreiben.

1. Ein äuszerst kleines Bruchstück einer Fliege wurde auf die eine Seite der Scheibe gelegt, und nach 32 Minuten waren sieben der äuszern Tentakeln in der Nähe des Bruchstücks eingebogen; nach 10 Stunden wurden es noch verschiedene mehr und nach 23 Stunden eine noch gröszere Anzahl; jetzt wurde auch die Scheibe des Blattes auf dieser Seite einwärts gebogen, so dasz sie zu der der andern Seite im rechten Winkel aufrecht stand. Weder die Scheibe des Blattes noch ein einziger Tentakel auf der gegenüberliegenden Seite war afficirt; die Trennungslinie zwischen den beiden Hälften erstreckte sich vom Stiele bis zur Blattspitze. Das Blatt blieb drei Tage lang in diesem Zustande, am vierten Tage begann es sich wieder auszubreiten; auf der gegenüberliegenden Seite war nicht ein einziger Tentakel eingebogen worden.
2. Ich will hier einen Fall mittheilen, der nicht mit in den oben erwähnten fünf und dreiszig Experimenten eingeschlossen ist. Eine kleine Fliege wurde gefunden, welche mit ihren Füszen der linken Seite der Scheibe anhieng. Die Tentakeln auf dieser Seite bogen sich bald dicht ein und tödteten die Fliege; wahrscheinlich in Folge des Kämpfens, so lange die Fliege lebendig war, war das Blatt so sehr gereizt, dasz in [216] ungefähr 24 Stunden alle Tentakeln auf der entgegengesetzten Seite eingebogen wurden; da sie aber keine Beute fanden, – denn ihre Drüsen erreichten die Fliege nicht, – breiteten sie sich im Verlaufe von 15 Stunden wieder aus, während die Tentakeln auf der linken Seite mehrere Tage eingeschlagen blieben.
3. Ein Stückchen Fleisch, eher etwas gröszer als die gewöhnlich benutzten, wurde in der Medianlinie am basalen Ende der Scheibe in die Nähe des Stieles gelegt; nach 2 Stunden 30 Minuten waren einige der in der Nähe stehenden Tentakeln eingebogen; nach 6 Stunden waren die Tentakeln auf beiden Seiten des Blattstieles und eine Strecke weit an beiden Seiten hinauf mäszig eingebogen; nach 8 Stunden waren die Tentakeln an dem andern, ferneren oder Spitzenende mehr eingebogen als die auf beiden Seiten; nach 23 Stunden war das Fleisch ordentlich von allen Tentakeln umfaszt, ausgenommen von den äuszeren auf den beiden Seiten.
4. Ein anderes Stückchen Fleisch wurde auf das andere, entferntere oder Spitzende eines andern Blattes gelegt mit genau denselben relativen Resultaten.
5. Ein sehr kleines Stückchen Fleisch wurde auf die eine Seite der Scheibe gelegt; am nächsten Tage waren die in der Nähe stehenden kurzen Tentakeln eingebogen, ebenso wie auch drei oder vier auf der entgegengesetzten Seite in der Nähe des Stengels in einem unbedeutenden Grade. Am zweiten Tage boten diese letzteren Tentakeln Zeichen der Wiederausstreckung dar; ich that daher ein frisches Stückchen Fleisch auf nahezu denselben Fleck und nach zwei Tagen waren einige der kurzen Tentakeln auf der entgegengesetzten Seite der Scheibe eingebogen. So bald diese sich wieder auszubreiten anfiengen, fügte ich ein anderes Stückchen Fleisch zu, und am nächsten Tage waren alle Tentakeln auf der entgegengesetzten Seite der Scheibe nach dem Fleische zu eingebogen; während, wie wir gesehen haben, diejenigen auf derselben Seite durch das erste dem Blatte gegebene Stückchen Fleisch afficirt wurden.

Nun zu den allgemeinen Resultaten. Von den achtzehn Blättern, bei denen Stückchen Fleisch auf die rechte oder linke Seite der Scheibe gelegt wurden, war bei acht eine ungeheure Anzahl von Tentakeln auf derselben Seite eingebogen, und bei vier von ihnen war die Scheibe selbst auf dieser Seite gleichfalls eingebogen; während weder ein einziger Tentakel noch die Scheibe auf der entgegengesetzten Seite afficirt waren. Diese Blätter boten ein merkwürdiges Aussehn dar, als wenn nur die eingebogene Seite thätig und die andere gelähmt wäre. In den übrigen zehn Fällen wurden einige wenige Tentakeln jenseits der Mittellinie, auf der, der Seite wo das Fleisch lag entgegengesetzten Seite eingebogen; aber in einigen von diesen Fällen nur am Stiel- oder Spitzenende der Blätter. Die Einbiegung auf der entgegengesetzten Seite erfolgte immer beträchtliche Zeit [217] nach der auf derselben Seite und in einem Falle nicht vor dem vierten Tage. Wir haben auch bei No. 5 gesehen, dasz dreimal Stückchen Fleisch nachgegeben werden muszten, ehe alle die kurzen Tentakeln auf der entgegengesetzten Seite der Scheibe eingebogen wurden.

Das Resultat war sehr verschieden, wenn Stückchen Fleisch in der Medianlinie auf das nähere Stiel-, oder entferntere Spitzen-Ende der Scheibe gelegt wurde. In drei der in dieser Weise angestellten siebenzehn Versuche waren entweder in Folge des Zustandes des Blattes oder in Folge der Kleinheit des Fleischstückchens nur die unmittelbar angrenzenden Tentakeln afficirt; aber in den andern vierzehn Fällen wurden die Tentakeln an dem entgegengesetzten Ende des Blattes eingebogen, obschon diese von dem Punkte, wo das Fleisch lag ebenso entfernt waren, wie es die auf der einen Seite der Scheibe vom Fleische auf der entgegengesetzten Seite waren. In einigen der vorliegenden Fälle wurden die Tentakeln auf den Seiten durchaus gar nicht afficirt, oder in einem geringeren Grade, oder nach einem längeren Zeitverlauf als die am entgegengesetzten Ende. Eine Reihe von Experimenten verdient in ausführlicherem Detail mitgetheilt zu werden. Würfel von Fleisch, nicht völlig so klein wie die gewöhnlich angewandten, wurden auf die eine Seite der Scheibe von vier Blättern gelegt, und Würfel von derselben Grösze auf das nähere oder entferntere (Stiel- oder Spitzen-) Ende vier anderer Blätter. Wenn nun diese beiden Reihen von Blättern nach Verlauf von 24 Stunden mit einander verglichen wurden, so boten sie einen auffallenden Unterschied dar. Diejenigen, welche die Würfel auf der einen Seite trugen, waren auf der entgegengesetzten Seite sehr unbedeutend afficirt; während bei denjenigen, welche die Würfel an einem der beiden Enden hatten, beinahe jeder Tentakel am entgegengesetzten Ende, selbst die randständigen, dicht eingebogen waren. Nach 48 Stunden war der Contrast in dem Zustand der beiden Reihen noch immer grosz; doch waren bei denen, welche das Fleisch auf einer Seite hatten, die scheiben- und randständigen Tentakeln auf der entgegengesetzten Seite etwas eingebogen, und zwar in Folge der bedeutenden Grösze der Würfel. Endlich können wir aus diesen fünf und dreiszig Experimenten (die sechs oder sieben früheren gar nicht zu erwähnen) schlieszen, dasz der motorische Impuls von jeder einzelnen Drüse oder kleinen Gruppe von Drüsen durch die Scheibe der andern [218] Tentakeln leichter und wirksamer in einer Längs- als in einer Querrichtung übermittelt wird.

So lange die Drüsen erregt bleiben, und dies kann viele Tage lang andauern, selbst elf Tage, so z. B. wenn sie mit phosphorsaurem Kalk in Berührung sind, übermitteln sie beständig einen motorischen Impuls den basalen und sich biegenden Theilen ihrer eigenen Stiele, denn sonst würden sie sich ja wieder ausbreiten. Der grosze Unterschied in der Länge der Zeit, während welcher Tentakeln über anorganischen Körpern und über Gegenständen derselben Grösze, welche lösliche stickstoffhaltige Substanzen enthalten, eingebogen bleiben, beweist die nämliche Thatsache. Aber die Intensität des von einer gereizten Drüse ausgesandten Impulses, welche angefangen hat, ihr saures Secret zu ergieszen, und zu gleicher Zeit absorbirt, scheint sehr gering zu sein im Vergleich zu dem Impuls, den sie übermittelt, wenn sie zuerst gereizt wird. So z. B., wenn mäszig grosze Stückchen Fleisch auf eine Seite der Scheibe gelegt wurden, und die scheiben- und halbrandständigen Tentakeln auf der entgegengesetzten Seite wurden eingebogen, so dasz ihre Drüsen zuletzt das Fleisch berührten und Substanz aus ihm aufsaugten, so übersandten sie keinen motorischen Impuls an die äuszeren Reihen von Tentakeln auf derselben Seite; denn diese wurden niemals eingebogen. Wenn indessen Fleisch auf die Drüsen dieser nämlichen Tentakeln gelegt worden wäre, ehe sie angefangen hatten, reichlich abzusondern und zu absorbiren, so würden sie unzweifelhaft auch die äuszeren Reihen afficirt haben. Trotzdem, wenn ich etwas phosphorsauren Kalk, welcher ein äuszerst wirksames Reizmittel ist, mehreren halbrandständigen Tentakeln gab, welche bereits beträchtlich eingebogen, aber noch nicht in Berührung waren mit etwas Phosphat, was vorher auf zwei Drüsen in dem Centrum der Scheibe gelegt worden war, so trat doch eine Wirkung auf die äuszeren Tentakeln auf derselben Seite ein.

Wenn eine Drüse zuerst gereizt wird, wird der motorische Impuls innerhalb weniger Secunden entladen, wie wir aus dem Biegen der Tentakeln erkennen; und er scheint zuerst mit viel gröszerer Kraft entladen zu werden als später. So wurde in dem oben angeführten Falle, wo eine kleine Fliege von einigen wenigen Drüsen auf einer Seite des Blattes auf natürliche Weise gefangen worden war, ein Impuls langsam von jenen aus quer durch die ganze Breite des Blattes ausgesandt, welcher die entgegengesetzten Tentakeln zeitweilig sich [219] einzubiegen veranlaszte; aber die Drüsen, welche mit dem Insect in Berührung blieben, obschon sie mehrere Tage lang beständig einen Impuls ihre eigenen Stiele hinab zu der biegenden Stelle hinsandten, konnten doch nicht verhindern, dasz sich die Tentakeln auf der entgegengesetzten Seite schnell wieder ausbreiteten, so dasz der motorische Impuls zuerst kräftiger gewesen sein musz als später.

Wenn ein Gegenstand irgend welcher Art auf die Scheibe gelegt wird, und die umgebenden Tentakeln werden eingebogen, so sondern ihre Drüsen reichlicher ab und das Secret wird sauer, so dasz ihnen ein gewisser Einflusz von den scheibenständigen Drüsen zugesandt wird. Diese Veränderung in der Beschaffenheit und Menge des Secrets kann nicht von der Beugung der Tentakeln abhängen, da die Drüsen der kurzen centralen Tentakeln eine Säure absondern, wenn ein Gegenstand auf sie gelegt wird, obschon sie sich nicht selbst biegen. Ich kam daher zu dem Schlusse, dasz die Drüsen der Scheibe einen gewissen Einflusz die umgebenden Tentakeln hinauf zu deren Drüsen sendeten, und dasz diese einen motorischen Impuls rückwärts an ihre basalen Theile reflectirten; diese Ansicht erwies sich jedoch bald als irrig. Es wurde durch viele Versuche ermittelt, dasz Tentakeln, deren Drüsen mit einer scharfen Scheere abgeschnitten worden waren, häufig eingebogen werden und sich wieder ausbreiten, dabei noch immer gesund erscheinend. Einer, welcher genau beobachtet wurde, blieb augenscheinlich gesund, selbst zehn Tage lang nach der Operation. Ich schnitt daher die Drüsen von zwanzig Tentakeln zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Blättern ab, und siebenzehn davon wurden bald eingebogen, und streckten sich später wieder aus. Die Wiederausstreckung begann in ungefähr 8 oder 9 Stunden und war in von 22 bis zu 30 Stunden von der Zeit der Einbiegung an gerechnet vollendet. Nach einer Zwischenzeit von einem oder zwei Tagen wurde rohes Fleisch und Speichel auf die Scheiben dieser siebenzehn Blätter gelegt, und als sie am nächsten Tage beobachtet wurden, waren sieben von den kopflosen Tentakeln so dicht über dem Fleische eingebogen, wie die unverletzten Tentakeln an denselben Blättern; und nach weiteren drei Tagen wurde noch ein achter kopfloser Tentakel eingebogen. Das Fleisch wurde von einem der Blätter entfernt, und die Oberfläche mit einem sanften Wasserstrom gewaschen; nach drei Tagen streckte sich der kopflose Tentakel zum {SperrSchrift|zweiten}} male wieder aus. Diese Tentakeln ohne Drüsen waren [220] indessen in einem verschiedenen Zustande von den mit Drüsen versehenen, welche Substanz aus dem Fleisch absorbirt hatten; denn das Protoplasma in den Zellen der ersten hatte viel weniger Zusammenballung erlitten. Nach diesen Experimenten mit kopflosen Tentakeln ist es sicher, dasz die Drüsen, so weit der motorische Impuls in Betracht kommt, in keiner Art von Reflexthätigkeit wirken, wie die Nervenganglien bei Thieren.

Es findet sich aber eine andere Thätigkeit, nämlich die der Zusammenballung, welche in gewissen Fällen reflex genannt werden kann, und welche der einzige bekannte Fall im Pflanzenreich ist. Wir müssen im Sinne behalten, dasz der Procesz nicht von dem vorausgehenden Biegen der Tentakeln abhängt, wie wir deutlich sehen, wenn Blätter in gewisse starke Lösungen getaucht werden. Auch hängt er nicht von einer vermehrten Absonderung von den Drüsen ab; und dies zeigt sich durch mehrere Thatsachen, ganz besonders dadurch, dasz die Papillen, welche nicht absondern, doch eine Zusammenballung erfahren, wenn man ihnen kohlensaures Ammoniak oder einen Aufgusz von rohem Fleisch gibt. Wenn eine Druse auf irgend welche Weise direct gereizt wird, so wie durch den Druck eines minutiösen Stückchen Glas, so wird zuerst das Protoplasma innerhalb der Zellen der Drüse, dann das in den Zellen unmittelbar unterhalb der Drüse zusammengeballt, und so immer tiefer und tiefer die Tentakeln hinab bis zu ihren Basen; – d. h. wenn der Reiz hinreichend stark und nicht schädlich war. Wenn nun die Drüsen der Scheibe gereizt werden, so werden die äuszeren Tentakeln in genau derselben Art und Weise afficirt: die Zusammenballung beginnt immer in ihren Drüsen, obschon diese nicht direct gereizt worden sind, sondern nur von der Scheibe einen gewissen Einflusz erhalten haben, wie sich durch ihre vermehrte saure Absonderung zeigt. Das Protoplasma innerhalb der Zellen unmittelbar unterhalb der Drüsen wird zunächst afficirt und so weiter abwärts von Zelle zu Zelle bis zu den Basen der Tentakeln. Dieser Procesz verdient dem Anscheine nach eine Reflexthätigkeit genannt zu werden, in derselben Weise, wie, wenn ein sensorischer Nerv gereizt wird, derselbe einen Eindruck einem Ganglion zusendet, welches dann einen bestimmten Einflusz einem Muskel oder einer Drüse zurückgibt, welcher Bewegung oder vermehrte Absonderung verursacht; die Handlung selbst ist aber in den beiden Fällen wahrscheinlich von einer sehr verschiedenen Natur. [221] Nachdem das Protoplasma in einem Tentakel zusammengeballt worden ist, beginnt seine Wiederauflösung immer in dem unteren Theil und schreitet langsam den Stiel zur Drüse hinauf, so dasz das zuletzt zusammengeballte Protoplasma das zuerst wieder aufgelöste ist. Dies hängt wahrscheinlich davon ab, dasz das Protoplasma, je weiter und weiter in den Tentakeln hinab, um so weniger und weniger zusammengeballt ist, wie man deutlich sehen kann, wenn die Erregung gering gewesen ist. Sobald daher die zusammenballende Thätigkeit ganz und gar aufhört, beginnt naturgemäsz die Wiederauflösung in der weniger stark zusammengeballten Masse in dem untersten Theile des Tentakels und wird dort zuerst vollendet.

Richtung der eingebogenen Tentakeln. – Wenn ein Körperchen irgend welcher Art auf die Drüse eines der äuszeren Tentakeln gelegt wird, so bewegt sich derselbe ausnahmslos nach dem Mittelpunkte des Blattes zu; und dasselbe ist der Fall mit allen Tentakeln eines in irgend eine erregende Flüssigkeit eingetauchten Blattes. Die Drüsen der äuszeren Tentakeln bilden dann einen Ring rings um den mittleren Theil der Scheibe, wie es in einer früheren Figur dargestellt wurde (Fig. 4, S. 9). Die kurzen Tentakeln innerhalb dieses Ringes behalten noch immer ihre senkrechte Stellung, wie sie es auch thun, wenn ein groszer Gegenstand auf ihre Drüsen gelegt wird oder wenn sie ein Insect gefangen haben. In diesem letztern Falle kann man sehen, dasz die Einbiegung der kurzen centralen Tentakeln nutzlos sein würde, da ihre Drüsen bereits mit der Beute in Berührung sind.

Das Resultat ist sehr verschieden, wenn eine einzelne Drüse auf einer Seite der Scheibe gereizt wird, oder einige wenige zusammen in einer Gruppe. Diese senden einen Impuls an die umgebenden Tentakeln, welche sich nun nicht nach dem Mittelpunkte des Blattes hin, sondern nach dem Punkte der Reizung hin biegen. Wir verdanken diese äuszerst wichtige Beobachtung Nitschke[3]; seitdem ich vor wenigen Jahren seinen Aufsatz gelesen habe, habe ich die Beobachtung wiederholt bestätigt. Wenn ein minutiöses Stückchen Fleisch mit Hülfe einer Nadel auf eine einzelne Drüse oder auf drei oder vier zusammen, halbwegs zwischen dem Centrum und dem Umkreis der Scheibe gelegt wird, so zeigt sich die nach einem bestimmten Punkte

[222] hin gerichtete Bewegung der umgebenden Tentakeln sehr gut. Eine genaue Zeichnung eines Blattes mit Fleisch in dieser Lage wird hier mitgetheilt (Fig. 10); man sieht die Tentakeln, mit Einschlusz einiger der äuszeren, genau nach dem Punkte hin gerichtet, wo das Fleisch liegt. Eine viel bessere Methode ist aber die, ein Stückchen phosphorsauren Kalks mit Speichel angefeuchtet auf eine einzelne Drüse auf der einen Seite der Scheibe eines groszen Blattes zu legen und ein anderes Stückchen auf eine einzelne der gegenüberliegenden Seite. In vier solchen Versuchen war die Reizung nicht hinreichend stark, um die äuszeren Tentakeln zu afficiren, aber alle die den beiden Punkten nahe stehenden waren nach ihnen hingerichtet, so dasz auf der Scheibe

Fig. 10. (Drosera troundifolia.) Blatt (vergröszert), die Tentakeln über ein, auf einer Seite der Scheibe liegendes Stückchen Fleisch eingebogen.

eines und desselben Blattes zwei Räder gebildet wurden: die Stiele der Tentakeln bildeten die Speichen und die über dem Phosphate zu einer Masse verbundenen Drüsen stellten die Achsen dar. Die Genauigkeit, mit welcher jeder Tentakel nach dem Stückchen hinwies, war wunderbar, so dasz ich in einigen Fällen keine Abweichung von vollkommener Richtigkeit entdecken konnte. Wenn in dieser Weise die kurzen Tentakeln in der Mitte der Scheibe einen motorischen Impuls von irgend einem Punkte auf der einen Seite her erhalten, so richten sie sich doch, trotzdem sie sich nicht biegen, wenn ihre Drüsen in einer dierecten Art und Weise gereizt werden, gleich gut mit den Tentakeln an den Rändern der Scheibe nach dem Punkte hin.

In diesen Experimenten wurden einige der kurzen Tentakeln auf der Scheibe, welche nach dem Mittelpunkte hin gerichtet worden wären, wenn das Blatt in eine reizende Flüssigkeit eingetaucht worden wäre, nun in einer genau entgegengesetzten Richtung, nämlich nach dem Umkreis zu eingebogen. Diese Tentakeln waren daher in dem Verhältnis von 180° von der Richtung abgewichen, welche sie angenommen haben würden, wenn ihre eigenen Drüsen gereizt worden wären und welche als die normale beobachtet werden kann. Zwischen dieser gröszten möglichen Abweichung von der normalen [223] Richtung und gar keiner Abweichung konnte man an den Tentakeln auf diesen verschiedenen Blättern jeden Grad beobachten. Trotz der Bestimmtheit, mit welcher allgemein die Tentakeln gerichtet waren, waren doch die in der Nähe des Umfangs eines Blattes nicht genau nach etwas phosphorsaurem Kalk auf einem ziemlich entfernten Punkte auf der entgegengesetzten Seite der Blattscheibe hingerichtet. Es schien, als sei der motorische Impuls beim Übergang quer über beinahe die ganze Breite der Scheibe etwas von einem richtigen Laufe abgewichen. Dies stimmt mit dem überein, was wir bereits gesehen haben, dasz nämlich der Impuls weniger leicht in querer als in longitudinaler Richtung weitergeht. In einigen anderen Fällen schienen die äuszeren Tentakeln keiner so genauen Bewegung fähig zu sein, wie die kürzeren und dem Mittelpunkte näher stehenden.

Nichts konnte auffallender sein, als die äuszere Erscheinung der oben erwähnten vier Blätter, jedes mit seinen Tentakeln richtig nach den zwei kleinen Massen von Phosphat auf ihren Scheiben hinweisend. Wir könnten uns vorstellen, dasz wir ein niedrig organisirtes Thier betrachteten, was sich Beute mit seinen Armen fängt. Was die Drosera betrifft, so liegt die Erklärung dieses Vermögens genauer Bewegung ohne Zweifel darin, dasz der motorische Impuls nach allen Richtungen hin ausstrahlt; welche Seite eines Tentakels er zuerst trifft, diese Seite zieht sich zusammen: der Tentakel biegt sich folglich nach dem Punkte der Reizung hin. Die Stiele der Tentakeln sind auf dem Querschnitt abgeplattet oder elliptisch. In der Nähe der Basen der kurzen centralen Tentakeln wird die abgeplattete oder breite Seite aus ungefähr fünf Längsreihen von Zellen gebildet; bei den äuszeren Tentakeln der Scheibe besteht sie aus ungefähr sechs oder sieben Reihen und bei den äuszersten randständigen Tentakeln aus ungefähr einem Dutzend Reihen. Da die abgeplatteten Basen hiernach nur aus einigen wenigen Reihen von Zellen gebildet werden, so ist die Präcision der Bewegungen der Tentakeln um so merkwürdiger; denn wenn der motorische Impuls die Basis eines Tentakels in einer sehr schrägen Richtung in Bezug auf ihre breite Fläche trifft, so können kaum mehr als eine oder zwei Zellen nach dem einen Ende hin zuerst afficirt werden und die Contraction dieser Zellen musz den ganzen Tentakel in die gehörige Richtung ziehen. Es ist vielleicht eine Folge des Umstands, dasz die äuszeren Tentakelstiele bedeutend abgeplattet sind, dasz sie sich nicht völlig so genau nach [224] dem Punkte der Reizung hin biegen, wie es die centraleren thun. Die gehörig gerichtete Bewegung der Tentakeln ist kein einzeln dastehender Fall im Pflanzenreich, denn die Ranken vieler Pflanzen krümmen sich nach der Seite hin, welche berührt wird; der Fall mit der Drosera ist aber bei weitem interessanter, da hier die Tentakeln nicht direct gereizt werden, sondern einen Impuls von einem entfernten Punkte her erhalten; nichtsdestoweniger biegen sie sich genau nach diesem Punkte hin.

Über die Natur der Gewebe, durch welche der motorische Impuls übermittelt wird. – Es wird nothwendig sein, zuerst kurz den Verlauf der hauptsächlichen Gefäszbündel (Fibrovasalstränge)

Fig. 11. (Drosera rotundifolia.) Schematische Darstellung der Verbreitung der Gefäszbündel in einem kleinen Blatte.

zu beschreiben. Diese sind in der beistehenden Skizze eines kleinen Blattes dargestellt (Fig. 11). Kleine Gefäsze treten von den benachbarten Bündeln aus in alle die vielen Tentakeln ein, mit denen die Oberfläche bedeckt ist; diese sind aber hier nicht wiedergegeben. Der mittlere Stamm, welcher den Stiel hinaufläuft, theilt sich in der Nähe der Mitte des Blattes gabelförmig, und jeder Zweig gabelt sich wieder und wieder entsprechend der Grösze des Blattes. Tief unten gibt dieser centrale Stamm an jeder Seite einen zarten Zweig ab, welche der sublaterale Zweig genannt werden kann. Es findet sich auf jeder Seite ein Hauptseitenzweig oder -bündel, welcher sich in derselben Weise wie die andern gabelförmig theilt. Die Gabelung bringt nicht mit sich, dasz irgend ein einzelnes Gefäsz sich theilt, sondern nur, dasz sich ein Bündel in zwei spaltet. Blickt man auf jede Seite des Blattes, so sieht man, dasz ein Zweig von der groszen centralen Gabeltheilung aus mit einem Zweige des seitlichen Bündels zusammenmündet und dasz sich noch eine kleinere Verbindung zwischen den beiden hauptsächlichsten Zweigen des Seitenbündels findet.

Der Verlauf der Gefäsze ist bei der gröszeren Zusammenmündung sehr complicirt; und hier bilden sich häufig den nämlichen Durchmesser beibehaltende Gefäsze durch die Vereinigung der stumpf zugespitzten Enden zweier Gefäsze, ob aber [225] diese Spitzen sich mit ihren an einander gelegten Flächen in einander öffnen, weisz ich nicht. Mitte ist dieser beiden Zusammenmündungen werden alle die Gefäsze auf einer und derselben Seite des Blattes in eine gewisse Art von Zusammenhang gebracht. In der Nähe des Umfangs der gröszeren Blätter kommen auch die sich gabelnden Zweige in nahe Verbindung und trennen sich dann wieder, eine Zickzacklinie von Gefäszen rings um den ganzen Blattumfang bildend. Es scheint aber die Verbindung der Gefäsze in dieser Zickzacklinie viel weniger innig zu sein als an der Hauptzusammenmündung. Es musz übrigens noch hinzugefügt werden, dasz der Verlauf der Gefäsze in verschiedenen Blättern etwas verschieden ist, selbst auf den beiden entgegengesetzten Seiten eines und desselben Blattes, die Hauptzusammenmündung ist aber immer vorhanden.

Es traf sich nun in meinen ersten Versuchen mit Stückchen Fleisch, welche auf die eine Seite der Scheibe gebracht wurden, dasz nicht ein einziger Tentakel auf der gegenüberliegenden Seite eingebogen wurde, und als ich sah, dasz die Gefäsze auf einer und derselben Seite sämmtlich durch die beiden Zusammenmündungsstellen mit einander in Zusammenhang waren, während nicht ein Gefäsz auf die entgegengesetzte Seite hinübertrat, so schien es mir wahrscheinlich zu sein, dasz der motorische Impuls ausschlieszlich den Gefäszen entlang geleitet würde.

Um diese Ansicht zu prüfen, theilte ich mit der Spitze einer Lancette quer die centralen Stämme bei vier Blättern, gerade unterhalb der Hauptgabeltheilung; und zwei Tage darauf brachte ich ziemlich grosze Stückchen rohen Fleisches (ein äuszerst kräftiges Reizmittel) in die Nähe der Mitte der Scheibe oberhalb des Einschnitts, – d. h. ein wenig nach der Spitze des Blattes zu – mit den folgenden Resultaten: –

1. Dies Blatt erwies sich als ziemlich torpid; nach 4 Stunden 40 Minuten (in allen Fällen von der Zeit an gerechnet, wo das Fleisch gegeben wurde) waren die Tentakeln am entfernten, Spitzen-, Ende ein wenig eingebogen, aber sonst nirgendwo anders; sie blieben drei Tage lang so und streckten sich am vierten Tage wieder aus. Das Blatt wurde dann zergliedert und der Stamm ebenso wie die beiden sublateralen Zweige wurden durchschnitten gefunden.
2. Nach 4 Stunden 30 Minuten waren viele der Tentakeln am entfernten Blattende gut eingebogen. Am nächsten Tage waren die Scheibe und alle Tentakeln an diesem Ende stark eingebogen und wurden durch [226] eine deutliche quere Linie von der basalen Hälfte des Blattes getrennt, welche nicht im mindesten afficirt war. Am dritten Tage waren indessen einige der kurzen Tentakeln auf der Scheibe in der Nähe der Basis unbedeutend eingebogen. Bei der Zergliederung ergab sich, dasz der Einschnitt sich quer über das Blatt erstreckte wie im letzten Falle.
3. Nach 4 Stunden 30 Minuten war starke Einbiegung der Tentakeln am Spitzenende vorhanden, welche sich während der nächsten zwei Tage nicht im Allermindesten nach dem basalen Ende zu verbreitete. Der Einschnitt war wie früher.
4. Dies Blatt wurde nicht vor Verlauf von 15 Stunden beobachtet und dann wurden alle Tentakeln, mit Ausnahme der äuszersten randständigen, gleichmäszig rings um das ganze Blatt gut eingebogen gefunden. Bei sorgfältiger Untersuchung ergaben sich die Spiralgefäsze des centralen Stammes als sicher durchschnitten; aber der Einschnitt war auf der einen Seite nicht durch das fasrige, die Gefäsze umgebende Gewebe hindurchgegangen, obgleich er auf der andern Seite durch das Gewebe durchgedrungen war[4].

Das von den Blättern 2 und 3 dargebotene Aussehen war sehr merkwürdig und kann passend mit dem eines Menschen verglichen werden, dessen Rückgrat gebrochen ist und dessen untere Extremitäten gelähmt sind. Ausgenommen, dasz die Trennungslinie zwischen den beiden Hälften hier quer war, statt longitudinal zu sein, waren diese Blätter in demselben Zustande wie einige der in den früheren Versuchen benutzten, mit Stückchen Fleisch, die auf die eine Seite der Scheibe gelegt waren. Der Fall mit Blatt Nr. 4 beweist, dasz die Spiralgefäsze des Hauptstammes durchschnitten sein können und dasz trotzdem der motorische Impuls vom Spitzen- zum Stiel-Ende des Blattes übermittelt werden kann. Dies führte mich zuerst zu der Vermuthung, dasz die motorische Kraft durch das dicht umgebende Fasergewebe fortgeleitet werde, und dasz, wenn die eine Hälfte dieses Gewebes ungetrennt erhalten wird, sie zur vollständigen Übermittelung genüge. Aber in Widerspruch zu dieser Schluszfolgerung steht die Thatsache, dasz keine Gefäsze direct von einer Seite des Blattes zur andern treten und dasz doch, wie wir gesehen haben, wenn ein etwas gröszeres Stückchen Fleisch auf die eine Seite gelegt wird, der motorische Impuls, wenn auch langsam und unvollkommen, in einer queren Richtung über die ganze Breite des Blattes hinübergeschickt wird. Man kann diese letztere Thatsache auch nicht dadurch erklären, [227] dasz man annimmt, die Übermittelung werde durch die zwei Zusammenmündungen oder durch die am Blattumfang hinziehende Zickzacklinie der Gefäszverbindungen bewirkt; denn wäre dies der Fall gewesen, so würden die äuszeren Tentakeln auf der gegenüberliegenden Seite der Scheibe eher als die centraleren afficirt worden sein, was niemals vorkam. Wir haben auch gesehen, dasz die äuszersten randständigen Tentakeln die Fähigkeit nicht zu besitzen scheinen, einen Impuls den benachbarten Tentakeln zu übermitteln; und doch gibt das kleine Bündel von Gefäszen, welches in jeden randständigen Tentakel eintritt, einen äuszerst kleinen Zweig an die zu beiden Seiten ab, und dies habe ich bei keinen andern Tentakeln beobachtet. Es sind daher die randständigen Tentakeln inniger durch Spiralgefäsze mit einander in Zusammenhang als die übrigen, und doch haben sie viel weniger Fähigkeit, einen motorischen Impuls einander mitzutheilen.

Aber auszer diesen verschiedenen Thatsachen und Argumenten haben wir noch bündige Beweise, dasz der motorische Impuls wenigstens nicht ausschlieszlich durch die Spiralgefäsze oder durch das dieselbe unmittelbar umgebende Gewebe fortgeleitet wird. Wir wissen, dasz, wenn ein Stückchen Fleisch auf eine Drüse (nach Entfernung der unmittelbar benachbarten) auf irgend einem Theile der Scheibe gebracht wird, sich alle die kurzen umgebenden Tentakeln beinahe gleichzeitig mit groszer Präcision nach ihm hin biegen. Nun gibt es Tentakeln auf der Scheibe, z. B. in der Nähe der Enden der sublateralen Gefäszbündel (Fig. 11), welche mit Gefäszen versehen werden, die nicht mit den in die umgebenden Tentakeln eintretenden Zweigen, ausgenommen durch einen sehr langen und äuszerst umschweifigen Verlauf, in Berührung kommen. Wenn ein Stückchen Fleisch auf die Drüse eines Tentakels dieser Art gelegt wird, so werden sämmtliche umgebende nichtsdestoweniger mit groszer Präcision nach ihm hin eingebogen. Es ist natürlich möglich, dasz ein Impuls auf einem langen und weiten Umwege fortgeleitet werden kann, es ist aber offenbar unmöglich, dasz hierdurch die Richtung der Bewegung mitgetheilt werden könnte, so dasz alle umgebenden Tentakeln genau nach dem Punkte der Reizung sich biegen müszten. Der Impuls wird ohne Zweifel in geraden strahlenförmig ausgehenden Linien von der gereizten Drüse nach den umgebenden Tentakeln übermittelt; er kann daher nicht den Gefäszbündeln entlang fortgeleitet werden. Die [228] Wirkung der Durchschneidung der centralen Gefäsze in den obigen Fällen, welche sich in der gehinderten Übermittelung des motorischen Impulses von dem Spitzen- nach dem Stiel-Ende eines Blattes äuszerte, kann dem Umstande zugeschrieben werden, dasz ein beträchtlicher Baum des Zellgewebes durchschnitten wurde. Wir werden später, wenn wir von Dionaea handeln, sehen, dasz diese selbe Schluszfolgerung –, dasz nämlich der motorische Impuls nicht durch die Gefäszbündel übermittelt wird, – deutlich bestätigt wird; auch Professor Cohn ist in Bezug auf Aldrovanda – beides Mitglieder der Familie der Droseraceae – zu demselben Schlusse gelangt.

Da der motorische Impuls nicht den Gefäszen entlang fortgeleitet wird, bleibt für seine Leitung nur das Zellgewebe übrig; und die Structur dieses Gewebes erklärt es bis zu einem gewissen Grade, woher es kommt, dasz der Impuls die langen äuszeren Tentakeln so schnell hinabgeht und so viel langsamer quer über die Scheibe des Blattes geht. Wir werden auch sehen, warum er die Scheibe viel schneller in einer longitudinalen als in einer queren Richtung durchläuft, obschon er, ist ihm Zeit gelassen, in jeder Richtung hinübergehen kann. Wir wissen, dasz ein und dasselbe Beizmittel Bewegung der Tentakeln und Zusammenballung des Protoplasma verursacht und dasz beide Einflüsse innerhalb desselben kurzen Zeitraums in den Drüsen ihren Ursprung nehmen und von den Drüsen ausgehen. Es erscheint daher als wahrscheinlich, dasz der motorische Impuls in dem ersten Anfang einer molecularen Veränderung in dem Protoplasma besteht, welche, wenn sie ordentlich entwickelt ist, deutlich sichtbar wird und als Zusammenballung bezeichnet worden ist; auf diesen Gegenstand werde ich aber noch zurückkommen. Wir wissen ferner, dasz bei der Übermittelung des Processes der Zusammenballung der hauptsächlichste Aufenthalt durch den Übergang durch die queren Zellenwände verursacht wird; denn wie die Zusammenballung die Tentakeln hinabgeht, scheint der Inhalt jeder der aufeinanderfolgenden Zellen beinahe zu einer wolkigen Masse aufzublitzen. Wir können daher schlieszen, dasz der motorische Impuls in gleicher Weise hauptsächlich beim Übergang durch die Zellenwände aufgehalten wird.

Dasz der motorische Impuls mit gröszerer Geschwindigkeit die langen äuszeren Tentakeln hinab geleitet wird, als quer über die Scheibe, kann zum groszen Theile dem Umstande zugeschrieben werden, duz er dort dicht in den engen Stiel eingeschränkt ist, während [229] er auf der Scheibe nach allen Seiten ausstrahlt. Aber abgesehen von dieser Einschränkung, sind die äuszeren Zellen der Tentakeln völlig zweimal so lang wie diejenigen der Scheibe, so dasz auf eine gegebene Länge eines Tentakels nur die halbe Anzahl von queren Scheidewänden kommt, welche zu durchsetzen sind, im Vergleich mit einem gleich groszen Raum auf der Scheibe; in demselben Verhältnis wird auch eine geringere Verlangsamung des Impulses eintreten. Überdies weisen Durchschnitte der äuszeren Tentakeln, welche Dr. Warhing} mitgetheilt hat[5], nach, dasz die parenchymatösen Zellen noch mehr verlängert sind; und diese würden die allerdirecteste Communicationsbahn von der Drüse nach der Beugungsstelle des Tentakels hin sein. Wenn der Impuls die äuszeren Zellen hinabgeht, so würde er zwischen zwanzig und dreiszig Zellscheidewände zu durchsetzen haben, dagegen etwas weniger, wenn er durch das innere parenchymatöse Gewebe hinabläuft. In beiden Fällen ist es merkwürdig, dasz der Impuls im Stande ist, in zehn Secunden durch so viele Scheidewände nahezu die ganze Länge des Stiels hinabzugehen und auf die Beugungsstelle zu wirken. Warum der Impuls, nachdem er einen der äuszersten randständigen Tentakeln (von ungefähr 1/20 Zoll Länge) so schnell hinabgelaufen ist, niemals, so weit ich es gesehen habe, die angrenzenden Tentakeln afficirt, verstehe ich nicht. Es kann vielleicht zum Theil dadurch erklärt werden, dasz bei der Schnelligkeit der Übermittelung viel Energie verwandt worden ist.

Die meisten Zellen der Scheiben, sowohl die oberflächlichen als auch die gröszeren Zellen, welche die darunterliegenden fünf oder sechs Schichten bilden, sind ungefähr viermal so breit wie lang. Sie sind beinahe longitudinal angeordnet, vom Stiele strahlenförmig ausgehend. Wenn daher der motorische Impuls quer über die Scheibe gesandt wird, so hat er nahezu viermal so viel Zellwandungen zu durchsetzen, wie wenn er in einer Längsrichtung übermittelt wird; er wird daher im erstern Falle bedeutend aufgehalten werden. Die Zellen der Scheibe convergiren nach den Basen der Tentakeln zu und sind daher geeignet, ihnen den motorischen Impuls von allen Seiten her zuzuführen. Im Ganzen wirft die Anordnung und die Form der Zellen, sowohl derjenigen der Scheibe als auch der der Tentakeln, viel Licht auf die Geschwindigkeit und Verbreitungsweise des motorischen Impulses. [230] Warum aber derselbe von den Drüsen der Tentakeln der äuszeren Reihen seitwärts und nach dem Centrum des Blattes zu, und nicht centrifugal fortzuschreiten neigt, ist durchaus nicht klar.

Mechanismus der Bewegungen und Natur des motorischen Impulses. – Was auch immer die Mittel der Bewegung sein mögen, die äuszeren Tentakeln werden, in Anbetracht ihrer Zartheit, mit bedeutender Kraft eingebogen. Eine Borste, so gefaszt, dasz ein 1 Zoll langes Stück aus dem Griff hervorragte, gab nach, als ich versuchte, damit einen eingebogenen Tentakel aufzuheben, welcher etwas dünner als die Borste war. Auch der Betrag oder die Ausdehnung der Bewegung ist grosz. Völlig ausgestreckte Tentakeln durchlaufen, wenn sie eingebogen werden, einen Winkel von 180°; und wenn sie vorher noch zurückgebogen sind, wie es häufig vorkommt, so ist der Winkel beträchtlich gröszer. Es sind wahrscheinlich die oberflächlichen Zellen an der Beugungsstelle, welche sich hauptsächlich oder ausschlieszlich zusammenziehen; denn die inneren Zellen haben sehr zarte Wandungen und sind der Zahl nach so wenig, dasz sie kaum die Beugung eines Tentakels mit Präcision nach einem bestimmten Punkte hin verursachen können. Obschon ich sorgfältig nachgesehen habe, habe ich doch niemals irgend eine Faltenbildung der Oberfläche der Beugungsstelle entdecken können, selbst nicht in dem Falle, wo sich unter später noch zu erwähnenden Umständen ein Tentakel abnormerweise zu einem vollständigen Kreis gekrümmt hatte.

Nicht alle Zellen erfahren eine Einwirkung, wennschon der motorische Impuls durch sie hindurchgeht. Wenn die Drüse eines der langen äuszeren Tentakeln gereizt wird, so werden die oberen Zellen nicht im mindesten afficirt: ungefähr halbwegs hinab findet eine unbedeutende Biegung statt, aber die hauptsächlichste Bewegung ist auf einen kurzen Raum in der Nähe der Basis beschränkt, und kein Theil der inneren Tentakeln biegt sich, ausgenommen der basale Theil. Was die Scheibe des Blattes betrifft, so kann der motorische Impuls vom Mittelpunkte nach dem äuszeren Umfange zu durch viele Zellen fortgeleitet werden, ohne dasz sie im geringsten afficirt werden; oder es kann sich eine Wirkung auf sie sehr stark äuszern und die Scheibe kann bedeutend eingebogen werden. Im letztern Falle scheint die Bewegung zum Theil von der Stärke des Reizes, zum Theil von seiner Beschaffenheit abzuhängen, z. B. wenn Blätter in gewisse Flüssigkeiten eingetaucht werden. [231] Das Bewegungsvermögen, welches verschiedene Pflanzen besitzen, wenn sie gereizt werden, ist von bedeutenden Autoritäten dem rapiden Austritt von Flüssigkeit aus gewissen Zellen zugeschrieben worden, welche in Folge ihres vorausgehenden Spannungszustandes sich sofort zusammenziehen[6]. Mag dies nun die primäre Ursache solcher Bewegungen sein oder nicht, so musz allerdings Flüssigkeit aus geschlossenen Zellen austreten, wenn sie sich zusammenziehen oder wenn sie in einer Richtung zusammengedrückt werden, vorausgesetzt, dasz sie nicht in derselben Zeit sich in irgend einer anderen Richtung ausdehnen. So kann man z. B. sehen, dasz Flüssigkeit aus der Oberfläche eines jeden jungen und lebenskräftigen Schöszlings herausquillt, wenn er in einem Halbkreise gebogen wird[7]. Was Drosera betrifft, so findet sicherlich viel Bewegung von Flüssigkeit durch die ganzen Tentakeln statt, während sie Einbiegung erleiden. Es lassen sich viele Blätter finden, an denen die purpurne Flüssigkeit innerhalb der Zellen auf der obern und untern Seite der Tentakeln von einer gleichmäszig dunklen Färbung ist und sich auch auf beiden Seiten gleichmäszig bis in die Nähe der Basen hinaberstreckt. Wenn die Tentakeln eines solchen Blattes zur Bewegung gereizt werden, so wird man allgemein nach einigen Stunden finden, dasz die Zellen der concaven Seite viel blasser sind, als sie vorher waren, oder dasz sie ganz farblos sind, während die auf der convexen Seite viel dunkler geworden sind. In zwei Fällen, wo Stückchen Haar auf Drüsen gelegt worden waren und wo im Laufe von 1 Stunde 10 Minuten die Tentakeln halbwegs nach dem Centrum des Blattes hin gekrümmt worden waren, war diese Veränderung der Färbung auf den beiden Seiten ganz auffallend deutlich. In einem andern Falle wurde, nachdem ein Stückchen Fleisch auf eine Drüse gelegt worden war, beobachtet, wie die purpurne Färbung in Zeitabsätzen langsam von dem obern nach dem untern Theile, an der convexen Seite des sich biegenden Tentakels hinabwanderte. Es folgt aber aus diesen Beobachtungen nicht, dasz die Zellen auf der convexen Seite mit mehr Flüssigkeit während des Actes der Einbiegung erfüllt wurden, als sie vorher enthielten; denn während der ganzen Zeit kann Flüssigkeit in die Scheibe oder in die Drüsen eintreten, welche nun reichlich absondern. [232] Die Beugung der Tentakeln, wenn Blätter in eine dichte Flüssigkeit eingetaucht werden, und ihr späteres Sichwiederausstrecken, wenn sie in eine weniger dichte Flüssigkeit gebracht werden, zeigt, dasz der Übergang von Flüssigkeit aus oder in Zellen Bewegungen, ähnlich den natürlichen, verursachen kann. Aber die in dieser Weise verursachte Einbiegung ist häufig unregelmäszig; die äuszeren Tentakeln werden zuweilen spiral aufgedreht. Andere unnatürliche Bewegungen werden gleichfalls durch Anwendung dichter Flüssigkeiten verursacht, so in dem Falle, wo Tropfen dicker Zuckerlösungen auf die Rückseite von Blättern und Tentakeln gebracht werden. Derartige Bewegungen können mit den Verdrehungen verglichen werden, welche viele pflanzliche Gewebe erleiden, wenn sie der Exosmose ausgesetzt werden. Es ist daher zweifelhaft, ob sie irgend welches Licht auf die natürlichen Bewegungen werfen.

Wenn wir annehmen, dasz der Austritt von Flüssigkeit aus Zellen die Ursache der Beugung der Tentakeln ist, so müssen wir auch annehmen, dasz die Zellen vor dem Acta der Einbiegung sich in einem hohen Grade der Spannung befinden und dasz sie in einem ganz auszerordentlichen Grade elastisch sind; denn im anderen Falle könnte ihre Zusammenziehung nicht verursachen, dasz sich häufig die Tentakeln durch einen Winkel von mehr als 180° bewegen. Professor Cohn gibt in seinem interessanten Aufsatze[8] über die Bewegungen der Staubfäden gewisser Compositen an, dasz diese Organe, wenn sie abgestorben sind, so elastisch wie Fäden von Gummi elasticum sind und dasz sie dann nur halb so lang sind wie sie waren, als sie noch lebten. Er glaubt, dasz das lebende Protoplasma innerhalb ihrer Zellen sich gewöhnlich in einem Zustande der Ausdehnung befindet, dasz es aber durch Reizung gelähmt wird oder, wie man sagen kann, zeitweiligen Tod erleidet; es kommt dann die Elasticität der Zellwandungen in's Spiel und verursacht die Zusammenziehung der Staubfäden. Nur scheinen die Zellen auf der oberen oder concaven Seite des sich biegenden Theils der Tentakeln von Drosera sich nicht in einem Zustande der Spannung zu befinden, auch nicht in hohem Grade elastisch zu sein; denn wenn ein Blatt plötzlich getödtet wird oder langsam stirbt, so sind es nicht die oberen, sondern die unteren Seiten der Tentakeln, [233] welche sich durch Elasticität zusammenziehen. Wir können daher schlieszen, dasz ihre Bewegungen nicht durch die inhärente Elasticität gewisser Zellen, welcher, so lange sie lebendig und nicht gereizt sind, der ausgedehnte Zustand ihres Inhaltes entgegenwirkt, erklärt werden können.

Eine etwas verschiedene Ansicht haben andere Physiologen vorgebracht, dasz nämlich das Protoplasma, wenn es gereizt wird, sich wie die weiche Sarcode der Muskeln von Thieren zusammenzieht. Bei Drosera erscheint die Flüssigkeit innerhalb der Zellen der Tentakeln an der Beugungsstelle unter dem Mikroskope dünn und homogen, und nach der Zusammenballung besteht sie aus weichen Massen von Substanz, welche beständige Änderungen der Form erleiden und in einer beinahe farblosen Flüssigkeit schwimmen. Diese Massen werden vollständig wieder aufgelöst, wenn sich die Tentakeln wieder ausstrecken. Nun scheint es kaum möglich zu sein, dasz derartige Substanz irgend welche mechanische Kraft äuszern könne; wenn sie aber in Folge irgend einer molecularen Änderung weniger Raum einnehmen sollte als vorher, so würden sich die Zellenwandungen über ihnen schlieszen und zusammenziehen. In diesem Falle dürfte man aber erwarten, dasz die Wände Faltungen darböten; und solche konnten niemals beobachtet werden. Überdies scheint der Inhalt aller Zellen von genau derselben Beschaffenheit zu sein, sowohl vor als auch nach der Zusammenballung; und doch ziehen sich nur einige wenige der basalen Zellen zusammen, während der übrige Tentakel gerade bleibt.

Eine dritte, von einigen Physiologen vertretene Ansicht, die freilich von den meisten andern verworfen wird, ist die, dasz die ganze Zelle mit Einschlusz der Wandungen sich activ zusammenzieht. Wenn die Zellwände nur aus nichtstickstoffhaltiger Cellulose bestehen, ist diese Ansicht in hohem Grade unwahrscheinlich; es kann aber kaum bezweifelt werden, dasz sie von proteinartiger Substanz durchdrungen werden, wenigstens während sie wachsen. Auch scheint darin nicht von vornherein eine Unwahrscheinlichkeit zu liegen, dasz sich die Zellwände der Drosera zusammenziehen, wenn man den hohen Zustand ihrer Organisation in Betracht zieht: ein solcher zeigt sich, was die Drüsen betrifft, einmal in ihrem Vermögen der Aufsaugung und Absonderung, und darin, dasz sie so ausgesucht empfindlich sind, so dasz sie durch den Druck der minutiösesten Theilchen afficirt werden. [234] Auch die Zellwandungen der Stiele gestatten verschiedenen Impulsen, durch sie hindurchzugehen und damit Bewegung, vermehrte Absonderung und Zusammenballung zu veranlassen. Im Ganzen stimmt die Ansicht, dasz die Wände gewisser Zellen sich zusammenziehen, wobei zu derselben Zeit etwas von der eingeschlossenen Flüssigkeit nach auszen gedrängt wird, vielleicht am besten mit den beobachteten Thatsachen überein. Wird diese Ansicht verworfen, so ist die nächstwahrscheinlichste die, dasz der flüssige Inhalt der Zellen in Folge einer Änderung in seinem molecularen Zustande zusammenschrumpft, dem dann ein Zusammenschlieszen der Wandungen folgt. Wie dem auch sei, die Bewegung kann kaum der Elasticität der Wandungen in Verbindung mit einem vorausgehenden Spannungszustande zugeschrieben werden.

In Bezug auf die Natur des motorischen Impulses, welcher von den Drüsen aus die Stiele hinab und quer über die Scheibe gesandt wird, scheint es nicht unwahrscheinlich zu sein, dasz er mit jenem Einflusse nahe verwandt ist, welcher das Protoplasma innerhalb der Zellen der Drüsen und Tentakeln sich zusammenzuballen verursacht. Wir haben gesehen, dasz beide Kräfte in den Drüsen ihren Ursprung nehmen und innerhalb weniger Secunden derselben Zeit von den Drüsen weiter gehen und auch durch die nämlichen Ursachen erregt werden. Die Zusammenballung des Protoplasma dauert beinahe so lange, als die Tentakeln eingebogen bleiben, selbst wenn dies länger als eine Woche dauern sollte; aber das Protoplasma wird an der Beugungsstelle, kurz ehe sich die Tentakeln wieder ausstrecken, wieder aufgelöst, woraus hervorgeht, dasz die anregende Ursache des Processes der Zusammenballung dann völlig aufgehört hat. Wird das Blatt der Einwirkung der Kohlensäure ausgesetzt, so bewirkt dies, dasz der letzterwähnte Procesz, sowie der motorische Impuls die Tentakeln sehr langsam hinabgeht. Wir wissen, dasz der Procesz des Zusammenballens beim Durchschreiten der Zellwände aufgehalten wird, und haben guten Grund zu glauben, dasz dies auch für den motorischen Impuls gilt; denn hierdurch wird uns die Verschiedenheit in der Schnelligkeit der Übermittelung in einer longitudinalen und queren Richtung über die Scheibe verständlich. Unter einer starken Vergröszerung ist das erste Zeichen der Zusammenballung das Erscheinen einer Wolke und bald danach von äuszerst feinen Körnchen in der homogenen purpurnen Flüssigkeit innerhalb der Zellen; und dies ist [235] allem Anscheine nach eine Folge der Vereinigung von Moleculen von Protoplasma. Nun scheint es keine unwahrscheinliche Ansicht zu sein, dasz dieselbe Neigung, – nämlich die der Molecule sich einander zu nähern, – auch der inneren Oberfläche der Zellwandungen mitgetheilt wird, welche mit dem Protoplasma in Berührung stehen; und ist dies der Fall, so würden sich ihre Molecule einander nähern und die Zellenwandung würde sich zusammenziehen.

Dieser Ansicht kann mit Recht entgegen gehalten werden, dasz, wenn Blätter in verschiedene starke Lösungen eingetaucht oder einer Wärme von über 54,4° C. (130° F.) ausgesetzt werden, Zusammenballung zwar eintritt aber keine Bewegung erfolgt. Ferner verursachen verschiedene Säuren und einige andere Flüssigkeiten rapide Bewegung, aber keine Zusammenballung, oder nur eine solche von abnormer Beschaffenheit, oder nur nach Verlauf langer Zeit; da aber die meisten dieser Flüssigkeiten mehr oder weniger schädlich sind, so dürften sie den Procesz der Zusammenballung durch Verletzung oder Tödtung des Protoplasma unterbrechen oder verhindern. Es besteht auch ein anderer und bedeutungsvollerer Unterschied zwischen den beiden Processen: wenn die Drüsen auf der Scheibe gereizt werden, so senden sie einen Einflusz die umgebenden Tentakeln hinauf, welcher auf die Zellen an der Beugungsstelle wirkt, aber nicht eher Zusammenballung herbeiführt, bis er die Drüsen erreicht hat; diese senden dann einen andern Einflusz zurück, welcher die Zusammenballung des Protoplasma verursacht und zwar zuerst in den oberen und dann in den unteren Zellen.

Das Wiederausstrecken der Tentakeln. – Diese Bewegung ist immer langsam und allmählich. Wenn die Mitte des Blattes gereizt, oder ein Blatt in eine passende Lösung eingetaucht wird, so biegen sich alle Tentakeln direct nach der Mitte zu und später direct von ihr zurück. Wenn aber die Reizungsstelle auf einer Seite der Scheibe liegt, so biegen sich die umgebenden Tentakeln nach ihr hin, und daher mit Bezug auf ihre normale Richtung schräg; wenn sie sich später wieder ausstrecken, so biegen sie sich schräg zurück, so dasz sie ihre ursprüngliche Stellung wieder erlangen. Die von einem gereizten Punkt am weitesten abstehenden Tentakeln, wo sie auch stehen mögen, sind die zuletzt und am wenigsten afficirten, und wahrscheinlich in Folge hiervon sind sie die ersten, welche sich [236] wieder ausstrecken. Die gebeugte Stelle eines dicht eingebogenen Tentakels findet sich in einem Zustande activer Zusammenziehung, wie sich aus dem folgenden Experimente ergibt. Es wurde Fleisch auf ein Blatt gebracht; nachdem die Tentakeln dicht eingebogen waren und vollständig aufgehört hatten sich zu bewegen, wurden schmale Streifen der Scheibe, an denen einige wenige äuszere Tentakeln saszen, herausgeschnitten und unter das Mikroskop gebracht. Nach mehrfachem Mislingen gelang es mir, die convexe Oberfläche des gebogenen Theils eines Tentakels abzuschneiden. Die Bewegung begann sofort wieder, und die bereits stark gebogene Stelle fuhr fort sich zu biegen, bis sie einen vollkommenen Kreis bildete; dabei gieng der entferntere gerade Theil des Tentakels an der einen Seite des Streifens hin. Die convexe Oberfläche musz sich daher vorher in einem Spannungszustande befunden haben, welcher hinreichend stark war, dem der concaven Oberfläche das Gegengewicht zu halten, welche, als sie frei wurde, sich zu einem vollständigen Ring aufrollte.

Die Tentakeln eines ausgebreiteten und nicht gereizten Blattes sind mäszig steif und elastisch; wenn sie mit einer Nadel gebogen werden, so gibt das obere Ende leichter nach als der basale und dickere Theil, welcher allein fähig ist, eingebogen zu werden. Die Rigidität dieses basalen Theiles scheint eine Folge der Spannung der äuszeren Oberfläche zu sein, welche einem Zustande der activen und beständigen Contraction der Zellen der inneren Oberfläche das Gleichgewicht hält. Dasz dies der Fall ist, glaube ich deshalb, weil, wenn ein Blatt in kochendes Wasser getaucht wird, die Tentakeln plötzlich zurückgebogen werden; dies weist allem Anscheine nach darauf hin, dasz die Spannung der äuszeren Oberfläche mechanisch ist, während die der inneren Fläche lebendig ist und durch das kochende Wasser augenblicklich zerstört wird. Wir können hiernach auch verstehen, warum die Tentakeln, wenn sie alt und schwach werden, langsam stark zurückgebogen werden. Wenn ein Blatt mit dicht eingebogenen Tentakeln in kochendes Wasser getaucht wird, so erheben sich die Tentakeln ein wenig, aber breiten sich durchaus nicht vollständig aus. Dies mag eine Folge davon sein, dasz die Hitze die Spannung und Elasticität der Zellen der convexen Oberfläche schnell zerstört; ich kann aber kaum glauben, dasz ihre Spannung zu irgend einer Zeit hinreichen würde, die Tentakeln, oft sogar durch einen Winkel von über 180° in ihre ursprüngliche Stellung zurückzuführen. Wahrscheinlicher [237] ist es, dasz Flüssigkeit, von der wir wissen, dasz sie während des Actes der Einbiegung die Tentakeln entlang strömt, langsam wieder in die Zellen der convexen Oberfläche eingezogen wird, wodurch deren Spannung allmählich und beständig vermehrt wird.

Eine Recapitulation der hauptsächlichsten Thatsachen und Erörterungen dieses Capitels wird am Schlusse des nächsten Capitels gegeben werden.

[238]

Elftes Capitel.
Recapitulation der hauptsächlichsten Beobachtungen an Drosera rotundifolia.

Da Zusammenfassungen bei den meisten Capiteln gegeben worden sind, wird es genügen, hier so kurz als ich es thun kann, die hauptsächlichsten Punkte zu recapituliren. Im ersten Capitel wurde eine vorläufige Skizze von der Structur der Blätter und von der Art und Weise gegeben, in welcher sie Insecten fangen. Dies wird durch Tropfen äuszerst klebriger Flüssigkeit, welche die Drüsen umgibt, und durch die Einwärtsbewegung der Tentakeln bewerkstelligt. Da die Pflanzen ihre meiste Nahrung durch diese Mittel erlangen, sind ihre Wurzeln nur sehr spärlich entwickelt; auch wachsen sie häufig an Stellen, wo kaum irgend eine andere Pflanze, mit Ausnahme von Moosen, bestehen kann. Die Drüsen haben auszer der Fähigkeit der Absonderung auch noch die der Absorption. Sie sind äuszerst empfindlich für verschiedene Reizmittel, nämlich für wiederholte Berührungen, den Druck äuszerst kleiner Körperchen, die Absorption animaler Substanz und verschiedener Flüssigkeiten, für Wärme und Galvanismus. Man hat beobachtet, dasz ein Tentakel mit einem Bischen rohen Fleisches auf der Drüse in 10 Secunden sich zu biegen begann, dasz er in 5 Minuten stark eingebogen war, und in einer halben Stunde die Mitte des Blattes erreichte. Die Scheibe des Blattes wird häufig so stark eingebogen, dasz sie einen Becher bildet, der jeden auf sie gelegten Gegenstand einschlieszt.

Wenn eine Drüse gereizt wird, so sendet sie nicht nur einen gewissen Einflusz ihren eigenen Tentakel hinab, der diesen zu biegen verursacht, sondern ebenso an die umgebenden Tentakeln, welche einwärts gekrümmt werden; die Beugungsstelle kann daher eine Einwirkung von einem aus den entgegengesetzten Richtungen herrührenden Impuls erhalten, nämlich von der Drüse am Gipfel des nämlichen [239] Tentakels und von einer oder mehreren Drüsen der benachbarten Tentakeln. Sind Tentakeln eingebogen, so strecken sie sich nach einiger Zeit wieder aus, und während dieses Processes sondern die Drüsen weniger reichlich ab oder werden trocken. So bald sie wieder abzusondern anfangen, sind die Tentakeln bereit, wieder in Thätigkeit zu treten; und dies kann mindestens dreimal, wahrscheinlich viel häufiger, wiederholt werden.

Im zweiten Capitel wurde gezeigt, dasz animale Substanzen, auf die Blattscheiben gelegt, eine viel raschere und energischere Einbiegung verursachen, als unorganische Körper derselben Grösze oder blosze mechanische Reizung; es besteht aber ein noch ausgesprochenerer Unterschied in der gröszeren Länge der Zeit, während welcher die Tentakeln über Körpern, welche lösliche und ernährende Substanzen darbieten, eingebogen bleiben, in Vergleich zu solchen Körpern, welche derartige Substanzen nicht enthalten. Wenn äuszerst minutiöse Stückchen Glas, Kohlen, Haar, Faden, präcipitirte Kreide u. s. w. auf die Drüsen der äuszeren Tentakeln gethan werden, so werden diese sich zu biegen veranlaszt. Wenn ein Körperchen nicht durch die Absonderung hindurchsinkt und factisch die Oberfläche der Drüse mit irgend einem Punkte berührt, so bringt es durchaus keine Wirkung hervor. Ein kleines Stückchen dünnen menschlichen Haars, 8/1000 Zoll (0,203 Mm.) lang und nur 1/78740 Gran (0,000822 Milligr.) wiegend, reichte hin, obschon es reichlich von dem dichten Secrete unterstützt wurde, Bewegung zu veranlassen. Es ist nicht wahrscheinlich, dasz der Druck in diesem Falle ein Milliontel Gran betragen haben kann. Selbst kleinere Stückchen verursachen eine unbedeutende Bewegung, wie durch eine Lupe gesehen werden konnte. Noch gröszere Stückchen, als diejenigen, deren Maszverhältnisse hier mitgetheilt wurden, verursachen keine Empfindung, wenn sie auf die Zunge, einen der empfindlichsten Theile des menschlichen Körpers, gelegt werden.

Bewegung erfolgt, wenn eine Drüse drei- oder viermal für einen Augenblick berührt wird; wird sie aber nur ein- oder zweimal berührt, wenn auch mit beträchtlicher Gewalt und mit einem harten Gegenstand, so biegt sich der Tentakel nicht. Die Pflanze wird hierdurch vor vieler nutzloser Bewegung bewahrt, da es kaum ausbleiben kann, dasz die Drüsen während eines starken Windes gelegentlich von den Blättern umgebender Pflanzen wie gebürstet werden. Obschon [240] sie für eine einzelne Berührung unempfindlich sind, so sind sie doch, wie oben angegeben, für den leichtesten Druck, wenn er nur einige wenige Secunden anhält, ausgesucht empfindlich; und diese Fähigkeit ist offenbar für die Pflanzen beim Fangen kleiner Insecten von Nutzen. Selbst Mücken werden, wenn sie sich mit ihren zarten Füszen auf den Drüsen niederlassen, schnell und sicher gefangen. Die Drüsen sind gegen das Gewicht und die wiederholten Schläge schwerer Regentropfen unempfindlich; hierdurch wird gleicherweise den Pflanzen viel unnütze Bewegung erspart.

Die Beschreibung der Bewegungen der Tentakeln wurde im dritten Capitel unterbrochen, um den Procesz der Zusammenballung zu beschreiben. Dieser Procesz beginnt immer in den Zellen der Drüsen, deren Inhalt zuerst wolkig wird; dies ist innerhalb 10 Secunden, nachdem eine Drüse gereizt worden war, beobachtet worden. Soeben noch unter einer sehr starken Vergröszerung auflösbare Körnchen, erscheinen bald, zuweilen innerhalb einer Minute, in den Zellen unterhalb der Drüsen, und diese ballen sich dann zu kleinen Kugeln zusammen. Der Procesz schreitet dann die Tentakeln hinab, wobei er bei jeder queren Scheidewand für eine kurze Zeit aufgehalten wird. Die kleinen Kugeln verschmelzen zu gröszern Kugeln oder zu ovalen, keulenförmigen, faden- oder perlschnurartigen oder sonst verschieden geformten Protoplasma-Massen, welche, in beinahe farbloser Flüssigkeit suspendirt, unaufhörliche freiwillig eintretende Formveränderungen darbieten. Diese verschmelzen häufig miteinander und trennen sich wieder. Wenn eine Drüse kräftig gereizt worden ist, so werden alle Zellen bis zur Basis des Tentakels hinab afficirt. In Zellen, besonders wenn sie mit dunkel rother Flüssigkeit gefüllt sind, ist der erste Schritt in diesem Vorgang die Bildung einer dunkel rothen, sackartigen Masse von Protoplasma, welche sich später theilt und die gewöhnlichen wiederholten Formveränderungen erleidet. Ehe irgend welche Zusammenballung angeregt worden ist, flieszt eine Schicht farblosen, Körnchen enthaltenden Protoplasmas (der Primordialschlauch Mohl's) rings um die Wandungen der Zellen; und dies wird noch deutlicher, nachdem sich der Inhalt theilweise zu Kugeln oder sackähnlichen Massen zusammengeballt hat. Nach einiger Zeit aber werden die Körnchen nach den centralen Massen hingezogen und verbinden sich mit ihnen; und dann kann die circulirende Schicht [241] nicht mehr erkannt werden, doch ist noch immer ein Strom durchsichtiger Flüssigkeit innerhalb der Zellen vorhanden.

Zusammenballung wird beinahe durch alle die Reizmittel angeregt, welche Bewegung veranlassen: so wenn die Drüsen zwei- oder dreimal berührt werden, durch den Druck minutiöser unorganischer Körperchen, die Absorption verschiedener Flüssigkeiten, selbst langes Eintauchen in destillirtes Wasser, Exosmose und Wärme. Von den vielen versuchten Reizmitteln ist kohlensaures Ammoniak das allerenergischste und am schnellsten wirkende: eine Dose von 1/13400 Gran (0,00048 Milligr.) einer einzigen Drüse gegeben, reicht hin, in einer Stunde wohl ausgesprochene Zusammenballung in den oberen Zellen des Tentakels zu verursachen. Der Procesz dauert nur so lange fort, als sich das Protoplasma in einem lebendigen, kräftigen und sauerstoffhaltigen Zustande befindet.

Das Resultat ist in allen Beziehungen genau das nämliche, wenn eine Drüse direct gereizt worden ist, oder wenn sie von andern und entfernt stehenden Drüsen her einen Reiz erhalten hat. Doch findet sich ein wichtiger Unterschied: wenn die centralen Drüsen gereizt werden, so senden sie centrifugal einen Reiz die Stiele der äuszern Tentakeln hinauf an deren Drüsen; aber der factische Procesz der Zusammenballung schreitet centripetal fort, von den Drüsen der äuszeren Tentakeln aus ihre Stiele hinab. Der erregende Einflusz, welcher von einem Theile des Blattes dem andern übermittelt wird, musz daher von dem verschieden sein, welcher thatsächlich Zusammenballung herbeiführt. Der Procesz hängt nicht davon ab, dasz die Drüsen reichlicher absondern als vorher, und ist auch unabhängig von der Einbiegung der Tentakeln. Er dauert so lange fort, als die Tentakeln eingebogen bleiben, und sobald diese wieder vollständig ausgestreckt sind, sind auch die kleinen Massen von Protoplasma sämmtlich wieder aufgelöst; die Zellen werden wieder von homogener purpurner Flüssigkeit erfüllt, wie sie es waren ehe das Blatt gereizt wurde.

Da der Procesz der Zusammenballung durch einige wenige Berührungen oder durch den Druck unlöslicher Körperchen angeregt werden kann, so ist er offenbar unabhängig von der Absorption irgend welcher Substanz und musz von einer molecularen Natur sein. Selbst wenn er durch die Absorption des kohlensauren oder eines andern Salzes von Ammoniak, oder eines Aufgusses von Fleisch verursacht [242] wird, scheint der Procesz von genau derselben Natur zu sein. Die protoplasmatische Flüssigkeit musz sich daher in einem eigenthümlich unstäten Zustand befinden, um durch solche unbedeutende und verschiedenartige Ursachen beeinfluszt zu werden. Physiologen glauben, dasz, wenn ein Nerv berührt wird und er einen Einflusz andern Theilen des Nervensystems übermittelt, eine moleculare Veränderung in ihm angeregt wird, auch wenn sie uns nicht sichtbar ist. Es ist daher ein sehr interessantes Schauspiel, die Wirkungen des Druckes eines Stückchens Haar auf die Zellen einer Drüse zu beobachten, welches nur 1/78700 Gran wiegt und groszentheils von der dichten Absonderung der Drüse getragen wird; denn dieser ganz auszerordentlich unbedeutende Druck verursacht bald eine sichtbare Veränderung in dem Protoplasma, welche Veränderung die ganze Länge des Tentakels hinab geleitet wird, demselben endlich ein geflecktes Ansehen gebend, was selbst für das blosze Auge zu unterscheiden ist.

Im vierten Capitel wurde gezeigt, dasz Blätter, welche für eine kurze Zeit in Wasser von einer Temperatur von 43,3° C. (110° F.) gelegt werden, etwas eingebogen werden; sie werden dadurch für die Einwirkung von Fleisch empfindlicher gemacht als sie vorher waren. Werden sie einer Temperatur von zwischen 46,1° und 51,6° C. (115° und 125° F.) ausgesetzt, so werden sie schnell eingebogen und ihr Protoplasma ballt sich zusammen; werden sie später in kaltes Wasser gelegt, so breiten sie sich wieder aus. Werden sie 54,40°C. (130°F.) ausgesetzt, so tritt keine sofortige Einbiegung ein, sondern die Blätter werden nur zeitweilig paralysirt; denn wenn sie in kaltem Wasser gelassen werden, werden sie häufig noch eingebogen und breiten sich später wieder aus. Bei einem in dieser Weise behandelten Blatte sah ich deutlich das Protoplasma in Bewegung. Bei andern in der nämlichen Weise behandelten und dann in eine Lösung von kohlensaurem Ammoniak eingetauchten Blättern erfolgte starke Zusammenballung. Wurden Blätter, nachdem sie einer so hohen Temperatur wie 62,7° C. (145° F.) ausgesetzt worden waren, in kaltes Wasser gelegt, so wurden sie zuweilen unbedeutend, wenn auch langsam, eingebogen; und später wurde der Inhalt ihrer Zellen durch kohlensaures Ammoniak stark zusammengeballt. Es ist aber die Dauer der Einbuchung ein wichtiges Element; denn werden sie so lange in Wasser von 62,7° C. (145° F.) oder nur von 60° C. (140° F.) gelassen, bis es abgekühlt ist, so werden sie getödtet und der Inhalt der Drüsen [243] wird weisz und opak. Dies letztere Resultat scheint eine Folge der Gerinnung des Eiweiszes zu sein; es wurde beinahe immer herbeigeführt, wenn die Blätter auch nur kurze Zeit einer Temperatur von 65,5° C. (150° F.) ausgesetzt wurden; aber verschiedene Blätter und selbst die einzelnen Zellen in einem und demselben Tentakel weichen in ihrem Vermögen der Wärme zu widerstehen beträchtlich von einander ab. Wenn nicht die Wärme hinreichend stark war, das Eiweisz zum Gerinnen zu bringen, bewirkt kohlensaures Ammoniak später Zusammenballung.

Im fünften Capitel wurden die Resultate der Versuche mitgetheilt, wo Tropfen verschiedener stickstoffhaltiger und nicht stickstoffhaltiger organischer Flüssigkeiten auf die Scheiben von Blättern gethan wurden; und es wurde gezeigt, dasz die Blätter mit beinahe irrthumsfreier Sicherheit die Gegenwart von Stickstoff entdecken. Eine Abkochung von grünen Erbsen oder von frischen Kohlblättern wirkt beinahe so kräftig als ein Aufgusz von rohem Fleisch, während ein Aufgusz von Kohlblättern, der nur so gemacht wurde, dasz man die Blätter eine lange Zeit in warmem Wasser liegen liesz, bei weitem weniger wirksam ist. Eine Abkochung von Grasblättern ist weniger wirksam als eine von grünen Erbsen oder Kohlblättern.

Diese Resultate führten mich darauf, zu untersuchen, ob Drosera das Vermögen besäsze, solide animale Substanz aufzulösen. Die Experimente, welche beweisen, dasz die Blätter einer wirklichen Verdauung fähig sind, und dasz die Drüsen die verdaute Substanz aufsaugen, sind im sechsten Capitel im Detail mitgetheilt. Diese sind vielleicht die interessantesten von allen meinen Beobachtungen über Drosera, da es früher nicht ausdrücklich bekannt war, dasz ein solches Vermögen im Pflanzenreiche existire. Es ist gleichfalls eine interessante Thatsache, dasz, wenn die Drüsen der Scheibe gereizt werden, sie einen gewissen Einflusz den Drüsen der äuszern Tentakeln übermitteln, welcher bewirkt, dasz sie reichlicher absondern und dasz die Absonderung sauer wird, als ob sie direct durch irgend einen auf sie gelegten Gegenstand gereizt worden wären. Der Magensaft der Thiere enthält, wie allgemein bekannt ist, eine Säure und ein Ferment, welche beide zur Verdauung unentbehrlich sind. Dasselbe ist der Fall mit der Absonderung der Drosera. Wenn der Magen eines Thieres mechanisch gereizt wird, so sondert er eine Säure ab, und wenn Stückchen Glas oder andere derartige Gegenstände auf die [244] Drüsen der Drosera gelegt wurden, so nahm das Secret, ebenso wie das der umgebenden und nicht berührten Drüsen an Menge zu und wurde sauer. Der Angabe Schiff's zufolge sondert aber der Magen eines Thieres sein eigenthümliches Ferment, das Pepsin, nicht eher ab, als bis gewisse Substanzen, welche er Peptogene nennt, absorbirt sind; und aus meinen Experimenten an Drosera scheint hervorzugehen, dasz etwas Substanz von den Drüsen absorbirt werden musz, ehe sie das ihnen eigenthümliche Ferment absondern, Dasz das Secret ein Ferment enthält, welches nur in Gegenwart einer Säure auf feste animale Substanzen wirkt, wurde ganz klar durch den Zusatz äuszerst kleiner Dosen eines Alkali bewiesen, welche den Procesz der Verdauung gänzlich zum Stillstand brachten, während derselbe sofort wieder begann sobald das Alkali durch etwas schwache Salzsäure neutralisirt wurde. Nach Versuchen, die mit einer groszen Anzahl von Substanzen angestellt wurden, hat sich herausgestellt, dasz auf diejenigen, welche das Secret der Drosera entweder vollständig, oder nur theilweise oder durchaus gar nicht auflöst, auch der Magensaft in genau der nämlichen Art und Weise einwirkt. Wir können daher schlieszen, dasz das Ferment der Drosera dem Pepsin der Thiere nahe analog oder mit ihm identisch ist.

Die Substanzen, welche von der Drosera verdaut werden, wirken sehr verschieden auf die Blätter. Einige verursachen eine viel energischere und rapidere Einbiegung der Tentakeln als andere und halten sie auch eine viel längere Zeit hindurch eingebogen. Wir werden hierdurch zu der Annahme geführt, dasz die ersteren nahrhafter sind als die letzteren, wie es bekanntlich mit einigen der nämlichen Substanzen der Fall ist, wenn sie Thieren gegeben werden; so z, B. Fleisch in Vergleich mit Gelatine. Da Knorpel eine so zähe Substanz ist und Wasser so wenig auf ihn einwirkt, so ist seine rasche Auflösung durch die Absonderung der Drosera und seine spätere Absorption vielleicht einer der auffallendsten Fälle. Es ist dies aber in der That nicht merkwürdiger als die Verdauung von Fleisch, welches durch dies Secret in derselben Art und Weise und in denselben Stadien aufgelöst wird, wie durch den Magensaft. Das Secret löst Knochen auf und selbst den Schmelz der Zähne; dies ist aber einfach eine Folge der groszen Menge abgesonderter Säure, was allem Anscheine nach dem Bedürfnis der Pflanze nach Phosphor zuzuschreiben ist. Was den Fall mit Knochen betrifft, so tritt das Ferment nicht [245] eher in Wirksamkeit als bis der ganze phosphorsaure Kalk zersetzt worden und freie Säure vorhanden ist, worauf dann die fasrige Grundsubstanz schnell aufgelöst wird. Endlich greift das Secret auch lebende Samen an und löst Substanz aus ihnen auf; dabei tödtet es oder verletzt es dieselben zuweilen, wie aus dem kränklichen Zustand der Sämlinge hervorgeht. Es absorbirt auch Substanz aus Pollen und aus Bruchstücken von Blättern.

Das siebente Capitel war der Wirkung der Ammoniaksalze gewidmet. Dieselben verursachen alle die Einbiegung der Tentakeln und häufig auch der Blattscheibe und die Zusammenballung des Protoplasma. Sie wirken mit sehr verschiedener Kraft; das citronensaure Salz ist das am wenigsten wirksame, und das phosphorsaure ist, ohne Zweifel in Folge der Gegenwart von Phosphor und Stickstoff, bei weitem das wirksamste. Es wurde aber die relative Wirksamkeit von nur drei Ammoniaksalzen sorgfältig bestimmt, nämlich vom kohlensauren, salpetersauren und phosphorsauren. Die Experimente wurden so angestellt, dasz halbe Minims (0,0296 Cub. Cent.) von Lösungen verschiedener Stärkegrade auf die Scheibe der Blätter gebracht wurden, – dasz ein äuszerst kleiner Tropfen (ungefähr 1/20 Minim oder 0,00296 Cub. Cent.) einige wenige Secunden lang an drei oder vier Drüsen gehalten wurde, – und dasz ganze Blätter in eine abgemessene Menge eingetaucht wurden. In Bezug auf diese Experimente war es zuerst nothwendig, die Wirkungen destillirten Wassers zu ermitteln, und es stellte sich, wie im Detail beschrieben worden ist, heraus, dasz die empfindlicheren Blätter von ihm afficirt werden, aber nur in einem unbedeutenden Grade.

Eine Lösung des kohlensauren Salzes wird von den Wurzeln aufgesaugt und bewirkt Zusammenballung in ihren Zellen, afficirt aber die Blätter nicht. Der Dampf wird von den Drüsen absorbirt und verursacht Einbiegung ebensowohl wie Zusammenballung. Ein 1/960 Gran (0,0675 Milligr.), in einem Tropfen einer Lösung enthalten, ist die geringste Menge, welche, wenn sie auf die Drüsen der Scheibe gebracht wird, die äuszeren Tentakeln zum Einwärtsbiegen anregt. Wenn aber ein äuszerst kleiner, 1/14400 Gran (0,00445 Milligr.) enthaltender Tropfen einige wenige Secunden lang an die eine Drüse umgebende Absonderung gehalten wird, so verursacht er die Einbiegung dieses nämlichen Tentakels. Wenn ein in hohem Grade empfindliches Blatt in eine Lösung eingetaucht wird, und es ist reichlich Zeit zur Absorption [246] vorhanden, so ist 1/268800 Gran (0,00024 Milligr.) genügend, einen einzigen Tentakel zur Bewegung zu reizen.

Das salpetersaure Ammoniak veranlaszt Zusammenballung des Protoplasma viel weniger schnell als das kohlensaure, ist aber wirksamer in Bezug auf das Verursachen von Einbiegung. Ein 1/2400 Gran (0,027 Milligr.) enthaltender, auf die Scheibe gebrachter Tropfen wirkt kräftig auf alle äuszeren Tentakeln, welche selbst nichts von der Lösung erhalten haben, während ein Tropfen mit 1/2800 Gran nur einige wenige dieser Tentakeln sich zu biegen veranlaszte, aber etwas deutlicher die Blattscheibe afficirte. Ein wie vorhin angebrachter und 1/28800 Gran (0,0025 Milligr.) enthaltender minutiöser Tropfen verursachte eine Biegung des diese Drüse tragenden Tentakels. Durch die Eintauchung eines ganzen Blattes wurde bewiesen, dasz die Absorption von 1/691200 Gran (0,0000937 Milligr.) durch eine einzelne Drüse genügte, denselben Tentakel in Bewegung zu setzen.

Das phosphorsaure Ammoniak ist viel wirksamer als das salpetersaure. Ein 1/3840 Gran (0,0169 Milligr.) enthaltender, auf die Scheibe eines empfindlichen Blattes gelegter Tropfen bewirkt, dasz die meisten der äuszeren Tentakeln, ebenso wie die Scheibe des Blattes eingebogen werden. Ein minutiöser, 1/153600 Gran (0,000423 Milligr.) enthaltender, einige wenige Secunden an eine Drüse gehaltener Tropfen wirkt, wie es sich durch die Bewegung des Tentakels zeigt. Wenn ein Blatt in dreiszig Minims (1,7748 Cub. Cent.) einer Lösung von einem Gewichtstheil Salz auf 21,875,000 Wasser eingetaucht wird, so genügt die durch eine Drüse erfolgte Aufsaugung von nur 1/19760000 Gran (0,00000328 Milligr.), d. i. von ein wenig mehr als einem Zwanzigmilliontel Gran, den diese Drüse tragenden Tentakel zum Biegen nach dem Mittelpunkte des Blattes hin zu veranlassen. In diesem Versuche kann wegen des Vorhandenseins von Crystallisationswasser nur weniger als ein Dreiszigmilliontel Gran der wirksamen Elemente absorbirt worden sein. Darin, dasz solche minutiöse Quantitäten von den Drüsen absorbirt werden, liegt nichts Merkwürdiges, denn alle Physiologen geben zu, dasz die Ammoniaksalze, welche in noch geringeren Mengen mit einem einzelnen Regenschauer zu den Wurzeln gebracht werden, von diesen aufgesaugt werden. Es ist auch nicht überraschend, dasz Drosera in den Stand gesetzt ist, aus der Absorption dieser Salze Vortheil zu ziehen; denn Hefe und andere niedere pilzartige Formen gedeihen ganz gut in Ammoniaklösungen, wenn die [247] andern nothwendigen Elemente vorhanden sind. Es ist aber eine staunenerregende Thatsache, über welche ich mich hier nicht wieder verbreiten will, dasz eine so unbegreiflich kleine Menge wie ein Zwanzigmilliontel Gran von phosphorsaurem Ammoniak irgend eine Veränderung in einer Drüse der Drosera herbeiführen kann, welche genügt, das Hinabsenden eines motorischen Impulses die ganze Länge des Tentakels hinab zu verursachen, wobei noch dieser Impuls häufig eine Bewegung durch einen Winkel von über 180° erregt. Ich weisz nicht, ob diese Thatsache am meisten anzustaunen ist, oder jene andere, dasz die Gegenwart eines äuszerst kleinen, von dem dicken Secrete getragenen Stückchen Haars schnell eine augenfällige Bewegung verursacht. Überdies ist diese ganz extreme Empfindlichkeit, welche die des zartesten Theils des menschlichen Körpers übertrifft, ebenso wie die Fähigkeit, verschiedene Impulse von einem Theile des Blattes nach einem andern hin zu übermitteln, ohne das Dazwischentreten eines Nervensystems erlangt worden.

Da gegenwärtig nur wenig Pflanzen bekannt sind, welche speciell zur Aufsaugung angepaszte Drüsen besitzen, so schien es der Mühe werth zu sein, auszer den Ammoniaksalzen noch die Wirkungen verschiedener anderer Salze und verschiedener Säuren zu versuchen. Wie im achten Capitel beschrieben worden ist, stimmt ihre Wirkung durchaus nicht streng mit ihren chemischen Verwandtschaften überein, wie aus der gewöhnlich angenommenen Classification gefolgert wurde. Die Natur der Basis ist bei weitem einfluszreicher als die der Säure; und man weisz, dasz dies auch bei Thieren gilt. Es verursachten z. B. neun Natronsalze sämmtlich gut ausgesprochene Einbiegung und keines derselben war in kleinen Dosen giftig, während sieben von den neun entsprechenden Kalisalzen keine Wirkung hervorbrachten, zwei nur unbedeutende Einbiegung verursachten. Überdies waren kleine Dosen einiger der letzteren Salze giftig. Wenn die Salze von Natron und Kali in die Adern lebender Thiere eingespritzt werden, weichen sie gleichfalls in ihrer Wirkungsweise sehr von einander ab. Die sogenannten erdigen Salze bringen auf Drosera kaum irgend welche Wirkung hervor. Auf der andern Seite verursachen die meisten Metallsalze rapide und starke Einbiegung und sind in hohem Grade giftig; von dieser Regel gibt es aber einige merkwürdige Ausnahmen; so verursachten Blei- und Zink-Chlorid, ebenso wie zwei Barytsalze keine Einbiegung und waren auch nicht giftig. [248] Die meisten Säuren, welche versucht wurden, wirkten, obschon sie sehr verdünnt (ein Theil auf 437 Theile Wasser) und in kleinen Dosen gegeben wurden, kräftig auf Drosera ein; neunzehn von den vierundzwanzig veranlaszten die Tentakeln sich mehr oder weniger einzubiegen. Die meisten von ihnen, selbst die organischen Säuren, sind giftig, häufig in hohem Grade; und dies ist merkwürdig, da die Säfte von so vielen Pflanzen Säuren enthalten. Benzoesäure, welche für Thiere unschädlich ist, scheint für Thiere so giftig zu sein wie Blausäure. Auf der andern Seite ist Salzsäure weder für Thiere noch für Drosera giftig und führt nur einen mäszigen Grad von Einbiegung herbei. Viele Säuren reizen die Drüsen so, dasz sie eine auszerordentliche Menge von Schleim absondern; das Protoplasma innerhalb ihrer Zellen scheint oft getödtet zu werden, wie man daraus schlieszen kann, dasz die umgebende Flüssigkeit bald rosa wird. Es ist fremdartig, dasz verwandte Säuren sehr verschieden von einander wirken: Ameisensäure bewirkt nur sehr unbedeutende Einbiegung und ist nicht giftig, während Essigsäure von derselben Stärke äuszerst kräftig wirkt und giftig ist. Milchsäure ist gleichfalls giftig, verursacht indesz Einbiegung nur nach Verlauf beträchtlicher Zeit. Äpfelsäure wirkt unbedeutend, während Citronen- und Weinsteinsäure gar keine Wirkung hervorbringen.

Im neunten Capitel wurden die Wirkungen der Absorption verschiedener Alkaloide und gewisser anderer Substanzen beschrieben. Obgleich einige derselben giftig sind, so können wir doch, da mehrere derselben, welche auf das Nervensystem von Thieren mächtig einwirken, auf Drosera keine Wirkung hervorbringen, schlieszen, dasz die äuszerste Empfindlichkeit der Drüsen und ihre Fähigkeit, einen, Bewegung oder modificirte Absonderung oder Zusammenballung verursachenden Einflusz andern Theilen des Blattes zu übermitteln, nicht von dem Vorhandensein eines verbreiteten, dem Nervengewebe verwandten Elements abhängt. Eine der merkwürdigsten Thatsachen ist die, dasz langes Eintauchen in das Gift der Cobra-Schlange die freiwilligen Bewegungen des Protoplasma in den Zellen der Tentakeln nicht aufhält, sondern eher noch reizt. Lösungen verschiedeger Salze und Säuren verhalten sich sehr verschieden in Bezug auf das Verzögern oder vollständige Unterbrechen der spätern Einwirkung einer Lösung von phosphorsaurem Ammoniak. In Wasser aufgelöster Campher wirkt als ein Reizmittel, wie es auch kleine Dosen gewisser ätherischer [249] Öle thun, denn sie verursachen rapide und starke Einbiegung. Alkohol ist kein Reizmittel. Die Dämpfe von Campher, Alkohol Chloroform, Schwefel- und Salpeter-Äther sind in mäszig groszen Dosen giftig, dienen aber in kleinen Dosen als Narcotica oder Anaesthetica, welche die folgende Einwirkung von Fleisch bedeutend aufhalten. Einige dieser Dämpfe wirken aber auch als Reizmittel, rapide, beinahe krampfhafte Bewegungen in den Tentakeln erregend. Kohlensäure ist gleichfalls ein Narcoticum und verzögert die Zusammenballung des Protoplasma, wenn später kohlensaures Ammoniak gegeben wird. Der erste Zutritt von Luft zu Pflanzen, welche in dieses Gas eingetaucht gehalten worden sind, wirkt zuweilen als Reizmittel und führt Bewegung herbei. Es würde aber, wie früher schon bemerkt, eine specielle Pharmocopöe nothwendig sein, die verschiedenartigen Wirkungen verschiedener Substanzen auf die Blätter der Drosera zu beschreiben.

Im zehnten Capitel wurde gezeigt, dasz die Empfindlichkeit der Blätter gänzlich auf die Drüsen und auf die unmittelbar darunterliegenden Zellen beschränkt zu sein scheint. Es wurde ferner gezeigt, dasz der motorische Impuls und andere von den Drüsen, wenn sie gereizt werden, ausgehende Kräfte oder Einflüsse durch das Zellgewebe und nicht den fibrovasalen Bündeln entlang gehn. Eine Drüse sendet ihren motorischen Impuls mit groszer Rapidität den Stiel des nämlichen Tentakels nach dem basalen Theil hinab, welcher allein sich biegt. Der dann weiter gehende Impuls breitet sich nach allen Seiten auf die umgebenden Tentakeln aus, zuerst diejenigen afficirend, welche am nächsten und dann die, welche weiter wegstehn. Aber dadurch, dasz er auf diese Weise verbreitet wird, und weil die Zellen der Scheibe nicht so verlängert sind wie die der Tentakeln, verliert er an Kraft und schreitet hier viel langsamer fort, als die Tentakelstiele hinab. In Folge der Richtung und der Form der Zellen läuft er auch mit gröszerer Leichtigkeit und Geschwindigkeit in einer longitudinalen Richtung über die Scheibe als in einer queren. Der von den Drüsen der äuszersten randständigen Tentakeln ausgehende Impuls scheint nicht Kraft genug zu haben, die nächststehenden Tentakeln zu afficiren; und dies dürfte zum Theil Folge ihrer Länge sein. Der Impuls von den Drüsen der nächsten wenigen inneren Reihen breitet sich hauptsächlich nach den Tentakeln auf jeder Seite und nach der Mitte des Blattes hin aus; aber der von den Drüsen [250] der kürzeren Tentakeln auf der Scheibe ausgehende strahlt beinahe gleichmäszig nach allen Seiten hin aus.

Wenn eine Drüse durch die Quantität oder Qualität der auf sie gebrachten Substanz stark gereizt wird, so schreitet der motorische Impuls weiter fort als von einer nur unbedeutend gereizten Drüse; und wenn mehrere Drüsen gleichzeitig gereizt werden, so vereinigen sich die Impulse von allen und verbreiten sich noch weiter. Sobald eine Drüse gereizt wird, entladet sie einen Impuls, welcher sich eine beträchtliche Entfernung weit erstreckt; nachher aber, während die Drüse absondert und aufsaugt, reicht der Impuls nur hin, den nämlichen Tentakel eingebogen zu halten, wenn schon die Einbiegung viele Tage dauern kann.

Wenn die Beugungsstelle eines Tentakels einen Impuls von seiner eigenen Drüse erhält, so ist die Bewegung immer nach der Mitte des Blattes hingerichtet; dasselbe ist mit allen Tentakeln der Fall, wenn ihre Drüsen durch Eintauchen in eine passende Flüssigkeit gereizt werden. Die kurzen in dem mittleren Theile der Scheibe müssen ausgenommen werden, da sich diese durchaus gar nicht biegen, wenn sie so gereizt werden. Wenn auf der andern Seite der motorische Impuls von einer Seite der Scheibe herkommt, so biegen sich die umgebenden Tentakeln, mit Einschlusz der kurzen auf der Mitte der Scheibe, sämmtlich mit Präcision nach dem Reizungspunkte hin, wo nur immer derselbe gelegen sein mag, Dies ist auf alle Fälle eine merkwürdige Erscheinung; denn das Blatt erscheint irrthümlich so, als sei es mit den Sinnen eines Thieres begabt. Es ist nur um so merkwürdiger, da, wenn der motorische Impuls die Basis eines Tentakels schräg in Beziehung auf seine abgeplattete Oberfläche trifft, die Zusammenziehung der Zellen auf ein, zwei oder sehr wenig Reihen an dem einen Ende beschränkt sein musz. Und der Einflusz musz auf verschiedene Seiten der umgebenden Tentakeln einwirken, damit sich alle mit Präcision nach dem Reizungspunkte hin biegen.

Wie sich der motorische Impuls von einer oder mehreren Drüsen aus über die Scheibe verbreitet, tritt er in die Basen der umgebenden Tentakeln ein und wirkt unmittelbar auf die Beugungsstelle. Er geht an erster Stelle nicht die Tentakeln zu den Drüsen hinauf, um diese zu reizen, dasz sie einen Impuls zurück auf ihre Basen reflectiren. Trotzdem wird aber doch etwas Einflusz zu den Drüsen hinauf geschickt, da ihre Absonderung bald vermehrt und sauer wird; und [251] sind die Drüsen in dieser Weise gereizt, dann schicken sie irgend einen andern Einflusz zurück, (der weder von vermehrter Absonderung noch von der Einbiegung der Tentakeln abhängt), welcher die Zusammenballung des Protoplasma in Zelle unter Zelle verursacht. Dies mag eine Reflexthätigkeit genannt werden, obschon sie wahrscheinlich von der von einem Nervenganglion eines Thieres ausgehenden sehr verschieden ist; es ist auch der einzige bekannte Fall einer Reflexthätigkeit im Pflanzenreich.

Über den Mechanismus der Bewegungen und die Natur des motorischen Impulses wissen wir sehr wenig. Während des Actes der Einbiegung läuft sicherlich Flüssigkeit von einem Theile der Tentakeln zu anderen. Aber die Hypothese, welche am besten mit den beobachteten Thatsachen übereinstimmt ist die, dasz der motorische Impuls seiner Natur nach mit dem Procesz der Zusammenballung verwandt ist, und dasz hiernach die Moleküle der Zellwandungen sich einander zu nähern veranlaszt werden, in derselben Weise wie es die Moleküle des Protoplasma innerhalb der Zellen thun, so dasz sich die Zellwände zusammenziehn. Aber einige starke Einwendungen können gegen diese Ansicht erhoben werden. Das Wiederausstrecken der Tentakeln ist zum groszen Theile Folge der Elasticität ihrer äuszeren Zellen, welche in Thätigkeit tritt, sobald die Zellen auf der inneren Seite aufhören, sich mit überwiegender Kraft zusammenzuziehn; wir haben aber Grund zu vermuthen, dasz während des Actes der Wiederausstreckung die äuszeren Zellen beständig und langsam Flüssigkeit anziehn und dadurch ihre Spannung vermehren.

Ich habe nun eine kurze Recapitulation der hauptsächlichsten von mir in Bezug auf die Structur, die Bewegungen, Constitution und Gewohnheiten der Drosera rotundifolia beobachteten Punkte gegeben; wir sehen daraus, wie wenig ermittelt ist in Vergleich zu dem, was noch unerklärt und unbekannt bleibt.

[252]

Zwölftes Capitel.
Über den Bau und die Bewegungen einiger anderen Arten von Drosera.

Drosera anglica. – Drosera intermedia. – Drosera capensis. – Drosera spathulata. – Drosera filiformis. – Drosera binata. – Schluszbemerkungen.

Ich untersuchte sechs andere Species von Drosera, einige von ihnen Bewohner ferner Länder, hauptsächlich zum Zwecke, um zu ermitteln, ob sie Insecten fiengen. Dies schien um so nothwendiger zu sein, als die Blätter von einigen der Arten in einem auszerordentlichen Grade der Form nach von den abgerundeten der Drosera rotundifolia abweichen. In ihrer functionellen Fähigkeit weichen sie indesz sehr wenig von einander ab.

Drosera anglica Hudson[9]. – Die Blätter dieser Species, welche mir von Irland zugeschickt wurde, sind sehr verlängert und verbreitern sich allmählich vom Stiele aus bis zu dem stumpf zugespitzten Spitzenende. Sie stehen beinahe aufrecht und ihre Scheiben sind zuweilen über 1 Zoll lang, während ihre Breite nur 1/3 Zoll beträgt. Die Drüsen aller Tentakeln haben denselben Bau, so dasz die äuszersten randständigen nicht von den andern abweichen, wie es bei Drosera rotundifolia der Fall ist. Wenn sie durch eine derbe Berührung oder durch den Druck äuszerst kleiner anorganischer Körperchen oder durch die Berührung mit animaler Substanz oder durch die Absorption von kohlensaurem Ammoniak gereizt werden, werden die Tentakeln eingebogen; der basale Theil ist der hauptsächliche Sitz der Bewegung. Schneiden oder Stechen der Blattscheibe regte keine Bewegung an. Sie fangen häufig Insecten und die Drüsen der eingebogenen Tentakeln ergieszen viel saure Absonderung. Stückchen gerösteten Fleisches wurden auf einige Drüsen gelegt, und in 1 Minute oder 1 Minute 30 Secunden fiengen die Tentakeln an, sich zu bewegen und erreichten in 1 Stunde 10 Minuten die Mitte des Blattes. Zwei [253] Stückchen gekochten Korks, eines von gekochtem Garn und zwei Stückchen aus dem Feuer genommener Kohlenasche wurden mit Hülfe eines Instruments, welches in kochendes Wasser eingetaucht worden war, auf fünf Drüsen gelegt; diese überflüssigen Vorsichtsmaszregeln waren in Folge der Angaben Ziegler's genommen worden. Eines der Kohlenstückchen verursachte in 8 Stunden 45 Minuten etwas Einbiegung, das andere Kohlenstückchen, das Stückchen Faden und beide Korkstückchen thaten es nach 23 Stunden. Drei Drüsen wurden ein halbes Dutzend mal mit einer Nadel berührt; einer der Tentakeln wurde in 17 Minuten gut einbogen und streckte sich nach 24 Minuten wieder aus; die beiden andern bewegten sich niemals. Die homogene Flüssigkeit innerhalb der Zellen der Tentakeln erleidet Zusammenballung, nachdem dieselben eingebogen worden sind, besonders wenn ihnen eine Lösung von kohlensaurem Ammoniak gegeben wurde; ich beobachtete die gewöhnlichen Bewegungen in den Protoplasma-Massen. In einem Falle folgte Zusammenballung in 1 Stunde 10 Minuten, nachdem ein Tentakel ein Stückchen Fleisch nach der Blattscheibe geschafft hatte. Nach diesen Thatsachen ist es klar, dasz sich die Tentakeln der Drosera anglica so wie die der Drosera rotundifolia verhalten.

Wenn ein Insect auf die centralen Drüsen gebracht wird oder in naturgemäszer Weise dort gefangen worden ist, so rollt sich die Spitze des Blattes einwärts. Es wurden beispielsweise todte Fliegen auf drei Blätter in die Nähe ihrer Basen gelegt, und nach 24 Stunden waren die vorher geraden Spitzen so vollständig eingerollt, dasz sie die Fliegen umfaszten und verbargen; sie hatten sich daher durch einen Winkel von 180° bewegt. Nach drei Tagen fieng die Spitze eines Blattes, zusammen mit den Tentakeln, sich wieder auszustrecken an. So weit ich es aber gesehen habe, – und ich habe viele Versuche gemacht, – sind die Seiten des Blattes niemals eingebogen, und dies ist der eine functionelle Unterschied zwischen dieser Species und Drosera rotundifolia.

Drosera intermedia Hayne. – Diese Species ist in einigen Theilen von England völlig so gemein wie Drosera rotundifolia. Sie weicht, so weit die Blätter in Betracht kommen, von Drosera anglica nur in deren geringerer Grösze und darin ab, dasz ihre Spitzen allgemein ein wenig zurückgebogen sind. Sie fangen eine grosze Anzahl von Insecten. Die Tentakeln werden durch alle oben einzeln aufgeführten Ursachen zur Bewegung angeregt, und Zusammenballung tritt mit der Bewegung der protoplasmatischen Massen ein. Ich habe durch eine Lupe gesehen, wie sich ein Tentakel in weniger als einer Minute zu biegen begann, nachdem ein Stückchen rohen Fleisches auf die Drüse gebracht worden war. Die Spitze des Blattes rollt sich über einen reizenden Gegenstand in derselben Weise ein wie bei Drosera anglica. Saures Secret wird reichlich über gefangene Insecten ergossen. Ein Blatt, welches eine Fliege mit allen seinen Tentakeln umfaszt hatte, breitete sich nach nahezu drei Tagen wieder aus.

Drosera capensis. – Diese Art, am Vorgebirge der Guten Hoffnung eingeboren, wurde mir von Dr. Hooker geschickt. Die Blätter sind verlängert, entlang der Mitte unbedeutend concav und verschmälern sich nach der Spitze zu, welche stumpf zugespitzt und zurückgebogen ist. Sie [254] erheben sich von einer beinahe holzigen Achse, und ihre gröszte Eigenthümlichkeit besteht in ihren blättrigen grünen Stielen, welche beinahe so breit und selbst noch länger sind als die drüsentragende Scheibe. Diese Species zieht daher wahrscheinlich mehr Nahrung aus der Luft und weniger aus gefangenen Insecten als die anderen Arten der Gattung. Nichtsdestoweniger sind doch die Tentakeln auf der Scheibe zusammengedrängt und sind äuszerst zahlreich, die an den Rändern sind viel länger als die mittleren. Alle Drüsen haben eine und dieselbe Form; ihr Secret ist äuszerst klebrig und sauer.

Das Exemplar, welches ich untersuchte, hatte sich soeben erst von einem schwachen Gesundheitszustande erholt. Dies dürfte es erklären, dasz die Tentakeln sich sehr langsam bewegten, wenn Stückchen Fleisch auf die Drüsen gelegt wurden, und vielleicht auch die Thatsache, dasz es mir niemals gelang, irgend eine Bewegung durch wiederholte Berührung derselben mit einer Nadel zu verursachen. Aber bei allen Arten der Gattung ist dies letztere Reizmittel das wenigst wirksamste von allen. Stückchen von Glas, Kork, Kohlenasche wurden auf die Drüsen von sechs Tentakeln gebracht; und einer allein bewegte sich nach Verlauf von 2 Stunden 30 Minuten. Trotzdem aber waren zwei Drüsen äuszerst empfindlich gegen sehr kleine Dosen von salpetersaurem Ammoniak, nämlich gegen ungefähr 1/20 Minim einer Lösung (ein Theil auf 5250 Theile Wasser), welches nur 1/115200 Gran (0,000562 Milligr.) des Salzes enthielt. Fragmente von Fliegen wurden auf zwei Blätter in die Nähe ihrer Spitzen gelegt; in wenig Stunden umfaszten sie die Tentakeln auf jeder Seite, und in 8 Stunden war das ganze Blatt direct unterhalb der Fliege ein wenig quer gebogen. Am nächsten Morgen, nach 23 Stunden, war das Blatt so vollständig eingerollt, dasz die Spitze auf dem oberen Ende des Stieles lag. In keinem Falle wurden die Seiten des Blattes eingebogen. Eine zerquetschte Fliege wurde auf den blattartigen Stiel gelegt, brachte aber keine Wirkung hervor.

Drosera spathulata (von Dr. Hooker mir geschickt). – Ich habe nur einige wenige Beobachtungen über diese australische Art gemacht, welche lange, schmale, sich allmählich nach der Spitze zu verbreiternde Blätter hat. Die Drüsen der äuszersten randständigen Tentakeln sind verlängert und weichen von den übrigen ab, wie es bei Drosera rotundifolia der Fall ist. Eine Fliege wurde auf ein Blatt gelegt, und in 18 Stunden war sie von den angrenzenden Tentakeln umfaszt. Gummiwasser auf mehrere Blätter getropft, brachte keine Wirkung hervor. Ein Bruchstück eines Blattes wurde in einige Tropfen einer Lösung von einem Theil kohlensauren Ammoniaks auf 146 Theile Wasser eingetaucht; alle Drüsen waren augenblicklich geschwärzt; man konnte sehen, wie der Procesz der Zusammenballung sehr schnell die Zellen der Tentakeln hinabgieng; die Protoplasma-Körnchen vereinigten sich bald zu Kugeln und verschieden geformten Massen, welche die gewöhnlichen Bewegungen darboten. Ein halbes Minim einer Lösung von einem Theil salpetersauren Ammoniaks auf 146 Theile Wasser wurde dann auf die Mitte eines Blattes gebracht; nach 6 Stunden waren einige randständige Tentakeln auf beiden Seiten eingebogen, und nach 9 Stunden trafen sie sich in der Mitte. Auch die seitlichen Ränder des Blattes wurden einwärts gekrümmt, [255] so dasz es einen Halbcylinder bildete; aber in keinem meiner wenigen Versuche wurde die Spitze des Blattes eingebogen. Die obige Dose des salpetersauren Salzes (nämlich 1/320 Gran, oder 0,202 Milligr.) war zu stark, denn im Verlaufe von 23 Stunden starb das Blatt ab.

Drosera filiformis. – Diese nordamericanische Species wächst in Theilen von Neu-Jersey in solchen Massen, dasz sie beinahe den Boden bedeckt. Sie fängt, der Angabe der Mrs. Treat zufolge[10], eine auszerordentliche Anzahl kleiner und groszer Insecten, – selbst grosze Fliegen aus der Gattung Asilus, Nacht- und Tagschmetterlinge. Das mir von Dr. Hooker geschickte Exemplar, welches ich untersuchte, hatte fadenähnliche Blätter, von 6 bis 12 Zoll Länge, mit der oberen Fläche convex und der unteren flach und unbedeutend canellirt. Die ganze convexe Oberfläche bis hinab zu den Wurzeln, – denn es ist kein deutlicher Stiel vorhanden, – ist mit kurzen drüsentragenden Tentakeln bedeckt, wobei die an den Rändern die längsten und zurückgebogen sind. Stückchen Fleisch auf die Drüsen einiger Tentakeln gelegt, bewirkten in 20 Minuten eine unbedeutende Einbiegung derselben; die Pflanze war aber in keinem recht lebenskräftigen Zustande. Nach 6 Stunden bewegten sie sich durch einen Winkel von 90° und erreichten in 24 Stunden die Mitte. In dieser Zeit fiengen die umgebenden Tentakeln an, sich einwärts zu krümmen. Endlich wurde ein groszer Tropfen äuszerst klebriger, leicht saurer Absonderung aus den vereinigten Drüsen über das Fleisch ergossen. Mehrere andere Drüsen wurden mit ein wenig Speichel berührt und die Tentakeln wurden in weniger als 1 Stunde einwärts gebogen und streckten sich nach 18 Stunden wieder aus. Stückchen von Glas, Kork, Kohlen, Garn und Goldblättchen wurden an zwei Blättern auf zahlreiche Drüsen gelegt; in ungefähr 1 Stunde wurden vier Tentakeln gekrümmt und vier andere nach Verlauf von weiteren 2 Stunden 30 Minuten. Es gelang mir nicht ein einziges mal, irgend eine Bewegung durch wiederholtes Berühren der Drüsen mit einer Nadel zu veranlassen, und Mrs. Treat machte um meinetwillen ähnliche Versuche ohne Erfolg. Kleine Fliegen wurden auf mehrere Blätter in die Nähe ihrer Spitzen gelegt, aber die fadenähnliche Scheibe wurde nur bei einer Gelegenheit sehr unbedeutend direct unterhalb des Insects gebogen. Vielleicht deutet dies an, dasz die Scheiben lebenskräftiger Pflanzen sich über gefangene Insecten einbiegen, und Dr. Canby theilt mir mit, dasz dies der Fall ist; die Bewegung kann aber nicht stark ausgesprochen sein, da sie von Mrs. Treat nicht beobachtet wurde.

Drosera binata (oder dichotoma). – Ich bin der Lady Dorothy Nevill für eine schöne Pflanze dieser beinahe gigantischen Species aus Australien sehr verbunden, welche in einigen interessanten Punkten von den bis jetzt beschriebenen abweicht. An diesem Exemplar waren die binsenartigen Stiele der Blätter 20 Zoll lang. Die Blattscheibe theilt sich gabelförmig an ihrer Verbindung mit dem Stiel, und später noch zwei oder dreimal, sich dabei in einer unregelmäszigen Art und Weise umherwindend. Sie ist schmal, nur 3/20 Zoll in der Breite messend. Die eine Scheibe war 7 1/2 Zoll lang, so dasz das ganze Blatt mit Einschlusz [256] des Stengels über 27 Zoll an Länge masz. Beide Flächen sind unbedeutend ausgehöhlt. Die obere Fläche ist mit, in abwechselnden Reihen angeordneten Tentakeln bedeckt; diejenigen in der Mitte sind kurz und dicht zusammengedrängt, diejenigen nach den Rändern zu sind länger, selbst zwei- oder dreimal so lang wie die Scheibe breit ist. Die Drüsen der äuszeren Tentakeln sind von einem viel dunkleren Roth als die der centralen. Die Stiele von allen sind grün. Die Spitze der Blattscheibe ist verschmälert und trägt sehr lange Tentakeln. Dr. Copland theilt mir mit, dasz die Blätter einer Pflanze, welche er einige Jahre lang hielt, allgemein mit gefangenen Insecten bedeckt waren, ehe sie verwelkten.

Die Blätter weichen in keinen wesentlichen Punkten der Structur oder der Function von denen der früher beschriebenen Species ab. Stückchen Fleisch oder ein wenig Speichel auf die Drüsen der äuszeren Tentakeln gebracht, verursachten gut ausgesprochene Bewegung in 3 Minuten, und Stückchen Glas wirkten in 4 Minuten. Die Tentakeln mit den letztern Körperchen streckten sich nach 22 Stunden wieder aus. An einem Stücke eines Blattes, welches in einige wenige Tropfen einer Lösung von einem Theil kohlensauren Ammoniaks in 437 Theilen Wasser eingetaucht war, waren in 5 Minuten alle Drüsen geschwärzt und alle Tentakeln eingebogen. Ein Stückchen rohen Fleisches auf mehrere Drüsen in der mittleren Furche gelegt, war in 2 Stunden 10 Minuten von den randständigen Tentakeln auf beiden Seiten ordentlich eingeschlossen. Stückchen gerösteten Fleisches und kleine Fliegen wirkten nicht ganz so schnell, und Eiweisz und Faserstoff noch weniger schnell. Eines der Stückchen Fleisch erregte so starke Absonderung (welche immer sauer ist), dasz das Secret eine Strecke weit die mittlere Furche hinabflosz und die Einbiegung der Tentakeln auf beiden Seiten verursachte, so weit es sich erstreckte. Stückchen Glas auf die Drüsen in der mittleren Furche gelegt, reizten dieselben nicht stark genug, dasz irgend ein motorischer Impuls zu den äuszeren Tentakeln gesandt worden wäre. In keinem Falle war die Scheibe des Blattes, selbst nicht die verschmälerte Spitze, irgendwie eingebogen.

Auf beiden Flächen der Blattscheibe, der oberen und unteren, finden sich zahlreiche minutiöse, beinahe sitzende Drüsen, welche aus vier, acht oder zwölf Zellen bestehen. Auf der unteren Fläche sind sie blasz purpurn, auf der oberen grünlich. Nahezu ähnliche Organe kommen auf den Blattstielen vor, sie sind da aber kleiner und häufig in einem verschrumpften Zustand. Die minutiösen Drüsen auf der Scheibe können rapid aufsaugen: so wurde ein Stück eines Blattes in eine Lösung von einem Theile kohlensauren Ammoniaks in 218 Theilen Wasser (1 Gran auf 1/2 Unze) eingetaucht, und in 5 Minuten waren sie alle so bedeutend gedunkelt, dasz sie beinahe schwarz waren, auch war ihr Zelleninhalt zusammengeballt. So weit ich es zu beobachten im Stande war, sondern sie nicht aus freien Stücken ab; aber in einer Zeit von zwischen 2 und 3 Stunden, nachdem ein Blatt mit einem Stückchen, mit Speichel angefeuchteten rohen Fleisches gerieben worden war, schienen sie reichlich abzusondern; und diese Schluszfolgerung wurde später noch durch andere Erscheinungen unterstützt. Sie sind daher mit den später zu beschreibenden sitzenden Drüsen an den Blättern von Dionaea und Drosophyllum homolog. In der letzt genannten Gattung sind sie, wie in dem vorliegenden [257] Falle mit Drüsen vergesellschaftet, welche spontan absondern, d. h. ohne dasz sie gereizt werden.

Drosera binata bietet eine andere und noch merkwürdigere Eigenthümlichkeit dar, nämlich die Anwesenheit einiger weniger Tentakeln auf dem Rücken der Blätter in der Nähe ihrer Ränder. Sie sind ihrem Baue nach vollkommen; Spiralgefäsze laufen die Stiele hinauf; ihre Drüsen sind von Tropfen klebrigen Secrets umgeben und sie haben die Fähigkeit der Aufsaugung. Diese letztere Thatsache zeigte sich dadurch, dasz die Drüsen sofort schwarz und das Protoplasma zusammengeballt wurde, als ein Blatt in ein wenig Lösung von einem Theile kohlensauren Ammoniaks auf 437 Theile Wasser gelegt wurde. Diese rückenständigen Tentakeln sind kurz, sie erreichen auch nicht nahezu die Länge der randständigen auf der oberen Fläche; einige von ihnen sind so kurz, dasz sie beinahe in die minutiösen sessilen Drüsen übergehen. Ihre Anwesenheit, Zahl und Grösze variirt an verschiedenen Blättern; sie sind ziemlich unregelmäszig angeordnet. Auf dem Rücken eines Blattes zählte ich einundzwanzig der einen Seite entlang.

Diese rückenständigen Tentakeln weichen in einer wichtigen Beziehung von denen der obern Fläche ab, nämlich darin, dasz sie durchaus keine Fähigkeit sich zu bewegen besitzen, in welcher Weise sie auch gereizt werden mögen. So wurden Stücke von vier Blättern zu verschiedenen Zeiten in Lösungen von kohlensaurem Ammoniak gebracht (ein Theil auf 437 oder 218 Theile Wasser) und alle Tentakeln auf der oberen Fläche wurden bald dicht eingebogen; aber die rückenständigen bewegten sich nicht, obschon die Blätter viele Stunden lang in den Lösungen gelassen wurden und obgleich ihre Drüsen, ihrer schwarzen Färbung nach zu urtheilen, offenbar etwas von dem Salz absorbirt hatten. Für derartige Versuche sollten ziemlich junge Blätter ausgewählt werden; denn wenn die rückenständigen Tentakeln alt werden und zu verwelken beginnen, neigen sie sich häufig spontan nach der Mitte des Blattes zu. Hätten diese Blätter die Fähigkeit der Bewegung besessen, so würden sie dadurch der Pflanze nicht nutzbarer geworden sein; denn sie sind nicht lang genug, um sich um den Rand des Blattes herum zu biegen, so dasz sie ein auf der oberen Seite gefangenes Insect erreichen könnten. Auch würde es von keinem Nutzen gewesen sein, wenn sich diese Tentakeln nach der Mitte der unteren Fläche zu hätten bewegen können; denn dort finden sich keine klebrigen Drüsen, mit welchen Insecten gefangen werden könnten. Obgleich sie nicht die Fähigkeit der Bewegung haben, so sind sie wahrscheinlich dadurch von etwas Nutzen, dasz sie aus irgend einem minutiösen Insect, welches etwa von ihnen gefangen wäre, animale Substanz aufsaugen, und dasz sie Ammoniak aus dem Regenwasser absorbiren. Aber ihre schwankende Anwesenheit und Grösze und ihre unregelmäszige Stellung weisen darauf hin, dasz sie nicht von bedeutendem Nutzen sind und dasz sie sich dem Verkümmern zuneigen. In einem spätern Capitel werden wir sehen, dasz Drosophyllum mit seinen verlängerten Blättern wahrscheinlich den Zustand eines frühen Urerzeugers der Gattung Drosera repräsentirt; und keine Tentakeln von Drosophyllum, weder die auf der obern, noch diejenigen an der unteren Fläche der Blätter sind nach Reizung einer Bewegung fähig, obschon sie zahlreiche Insecten fangen, welche [258] zur Nahrung dienen. Es scheint demnach, dasz Drosera binata Überreste gewisser vorelterlicher Charactere behalten hat, – nämlich einige wenige bewegungslose Tentakeln auf der Rückseite der Blätter und ziemlich gut entwickelte sitzende Drüsen –, welche von den meisten oder allen übrigen Arten der Gattung verloren worden sind.

Schluszbemerkungen. – Nach dem, was wir nun gesehen haben, kann kein Zweifel darüber bestehen, dasz die meisten oder wahrscheinlich alle Species von Drosera so eingerichtet sind, dasz sie Insecten mit nahezu denselben Mitteln fangen. Auszer den beiden oben beschriebenen australischen Arten wird angegeben[11], dasz zwei andere Arten dieses Landes, nämlich Drosera pallida und Drosera sulphurea, "ihre Blätter mit groszer Rapidität über Insecten schlieszen: dieselbe Erscheinung wird von einer indischen Species, Dr. lunata, und von mehreren der Arten vom Vorgebirge der Guten Hoffnung, besonders von Dr. trinervis dargeboten." Eine andere australische Art, Drosera heterophylla (welche Lindley zu einer besonderen Gattung, Sondera, macht), ist merkwürdig wegen der eigenthümlich geformten Blätter; ich weisz aber nichts von ihrer Fähigkeit, Insecten zu fangen, denn ich habe nur getrocknete Exemplare gesehen. Die Blätter bilden äuszerst kleine abgeplattete Becher, die Stiele sind nicht an dem einen Rande, sondern am Boden derselben befestigt. Die innere Fläche und die Ränder der Becher sind dicht mit Tentakeln besetzt, welche Gefäszfaserbündel einschlieszen, ziemlich verschieden von denen, die ich in irgend welchen andern Arten gesehen habe; denn einige von den Gefäszen sind gestreift und punktirt, anstatt spiral zu sein. Die Drüsen sondern reichlich ab, nach der Menge ihnen anhängenden eingetrockneten Secrets zu urtheilen.

[259]

Dreizehntes Capitel.
Dionaea muscipula.

Structur der Blätter. – Empfindlichkeit der Filamente. – Rapide Bewegung der Lappen, durch Reizung der Filamente verursacht. – Drüsen, ihr Absonderungsvermögen. – Langsame Bewegung durch Absorption animaler Substanz verursacht. – Beweis der Aufsaugung in dem zusammengeballten Zustand der Drüsen. – Verdauende Kraft des Secrets. – Wirkung von Chloroform, Äther und Blausäure. – Die Art und Weise, wie Insecten gefangen werden. Nutzen der randständigen Spitzen. – Arten der Insecten, die gefangen werden. – Die Übermittelung des motorischen Impulses und der Mechanismus der Bewegungen. – Wiederausbreitung der Lappen.

Diese gewöhnlich Venusfliegenfalle genannte Pflanze ist wegen der Rapidität und Kraft ihrer Bewegungen eine der wunderbarsten in der Welt[12]. Sie ist ein Glied der kleinen Familie der Droseraceen und wird nur in dem östlichen Theil von Nord-Carolina, in feuchten Situationen wachsend, gefunden. Die Wurzeln sind klein; die einer mäszig schönen Pflanze, die ich untersuchte, bestanden aus zwei ungefähr 1 Zoll langen Zweigen, welche von einer knolligen Verdickung entsprangen. Sie dienen wahrscheinlich, wie bei Drosera, nur zur Aufsaugung von Wasser; denn ein Gärtner, welcher mit der Cultur dieser Pflanze sehr erfolgreich gewesen ist, zieht sie, wie eine schmarotzende Orchidee, in gut durchlassendem feuchten Moose ohne irgend welche Erde[13]. Die Form des zweilappigen Blattes mit seinem blattartigen Stiele ist in der umstehenden Figur dargestellt (Fig. 12). Die beiden Lappen stehen in etwas weniger als einem rechten Winkel zu einander. Drei sehr kleine zugespitzte Fortsätze oder Filamente,

[260] die im Dreieck gestellt sind, springen von der oberen Fläche eines jeden vor; ich habe aber zwei Blätter gesehen mit vier Filamenten auf jeder Seite und ein anderes mit nur zweien. Diese Filamente sind wegen ihrer äuszersten Empfindlichkeit gegen eine Berührung merkwürdig, wie sie sich nicht durch ihre eigene Bewegung, sondern durch die der Lappen zeigt. Die Ränder des Blattes sind in scharfe

Fig. 12. (Dionaea muscipula.) Blatt im ausgebreiteten Zustande von der Seite gesehen.

starre Vorsprünge ausgezogen, welche ich Spitzen (oder Speichen) nenne; in jede derselben tritt ein Bündel von Spiralgefäszen ein. Dieselben haben eine solche Stellung, dasz, wenn sich die Blattlappen schlieszen, sie ineinander greifen wie die Zähne einer Rattenfalle. Die Mittelrippe des Blattes ist auf der unteren Seite stark entwickelt und vorspringend.

Die obere Fläche des Blattes ist, ausgenommen nach den Rändern zu, dicht mit minutiösen Drüsen von einer röthlichen oder purpurnen Färbung besetzt, während das Übrige des Blattes grün ist. An den Speichen finden sich keine Drüsen, ebenso wenig an dem blattartigen Stengel. Die Drüsen werden aus zwanzig bis dreiszig polygonalen Zellen gebildet, die mit purpurner Flüssigkeit gefüllt sind. Ihre obere Fläche ist convex. Sie stehen auf sehr kurzen Stielen, in welche keine Spiralgefäsze eintreten, in welcher Beziehung sie von den Tentakeln der Drosera abweichen. Sie sondern ab, aber nur, wenn sie durch die Absorption gewisser Substanzen gereizt werden; und sie haben die Fähigkeit der Absorption. Minutiöse Vorsprünge, die aus acht divergirenden Armen einer röthlich-braunen oder orangenen Färbung gebildet werden und unter dem Mikroskope wie elegante kleine Blumen erscheinen, sind in beträchtlicher Anzahl über den Stengel, die Rückenfläche der Blätter und die Speichen zerstreut; auch finden [261] sich einige wenige auf der oberen Fläche der Lappen. Diese achttheiligen Vorsprünge sind ohne Zweifel mit den Papillen auf den Blättern der Drosera rotundifolia homolog. Es sind auch noch einige wenige sehr minutiöse, einfache, zugespitzte Haare, ungefähr 7/12000 Zoll (0,0148 Mm.) lang auf der Rückseite der Blätter vorhanden.

Die empfindlichen Filamente werden aus mehreren Reihen verlängerter, mit purpurähnlicher Flüssigkeit gefüllter Zellen gebildet. Sie sind ein wenig mehr als 1/20 Zoll lang, sind dünn und zart und verjüngen sich zu einer Spitze. Ich untersuchte die Basen von mehreren, indem ich Durchschnitte von ihnen machte, es war aber keine Spur des Eintritts irgend eines Gefäszes zu sehen. Die Spitze ist zuweilen zwei- oder selbst dreitheilig, in Folge einer leichten Trennung zwischen den endständigen zugespitzten Zellen. Nach der Basis zu findet sich eine Einschnürung, die aus breiteren Zellen gebildet wird, unterhalb deren ein von einer verbreiterten, aus verschiedentlich geformten polygonalen Zellen bestehenden Basis getragenes Gelenk liegt. Da die Filamente in rechten Winkeln zu der Oberfläche des Blattes vorspringen, so würden sie sehr leicht abgebrochen werden, sobald sich nur immer die Lappen zusammenschlieszen, wenn ihnen nicht dies Gelenk gestattete, sich platt niederzulegen.

Diese Filamente sind von ihren Spitzen bis zu ihren Basen ganz ausgesucht empfindlich für eine momentane Berührung. Es ist kaum möglich, sie überhaupt je so leicht oder so schnell mit irgend einem harten Gegenstande zu berühren, ohne das Schlieszen der Lappen zu verursachen. Ein 2½ Zoll langes Stückchen sehr zarten menschlichen Haares, welches über einem Filamente hängend gehalten und hin und her geschwungen wurde, so dasz es dasselbe berührte, erregte keine Bewegung. Wenn aber ein ziemlich dicker baumwollener Garnfaden von derselben Länge ähnlich geschwungen wurde, schlossen sich die Lappen. Prisen feinen Weizenmehls, aus einer ziemlichen Höhe fallen gelassen, brachten keine Wirkung hervor. Das oben erwähnte Haar wurde dann in einem Handgriff befestigt und so weit abgeschnitten, dasz 1 Zoll vorragte; dieses Stück war lang genug und hinreichend steif, sich in einer nahezu horizontalen Linie zu halten. Das Ende wurde nun durch eine langsame Bewegung seitlich mit der Spitze eines Filaments in Berührung gebracht, und augenblicklich schlosz sich das Blatt. Bei einer andern Gelegenheit waren zwei oder drei Berührungen derselben Art nöthig, ehe irgend eine Bewegung erfolgte. [262] folgte. Wenn wir bedenken, wie biegsam ein feines Haar ist, so können wir uns eine Idee davon machen, wie leicht die von dem Ende eines 1 Zoll langen, langsam bewegten Stückes verursachte Berührung gewesen sein musz.

Obgleich diese Filamente für eine momentane und zarte Berührung so empfindlich sind, so sind sie doch für länger anhaltenden Druck bei weitem weniger empfindlich als die Drüsen der Drosera. Mehreremale gelang es mir, mit Hülfe einer mit äuszerster Langsamkeit bewegten Nadel Stückchen von ziemlich dickem menschlichen Haar auf die Spitze eines Filaments zu legen, und diese regten keine Bewegung an, obschon sie mehr als zehnmal so lang waren wie diejenigen, die die Tentakeln der Drosera sich zu biegen veranlaszten; und trotzdem sie in diesem letztern Falle zum groszen Theile von der dicken Absonderung getragen wurden. Auf der andern Seite können die Drüsen der Drosera mit einer Nadel oder irgend einem harten Gegenstande einmal, zweimal oder selbst dreimal mit beträchtlicher Kraft gestoszen werden, und es folgt doch keine Bewegung. Dieser eigenthümliche Unterschied in der Natur der Empfindlichkeit der Filamente der Dionaea und der Drüsen der Drosera steht offenbar in Beziehung zu den Lebensgewohnheiten der beiden Pflanzen. Wenn ein äuszerst kleines Insect sich mit seinen zarten Füszen auf den Drüsen der Drosera niederläszt, so wird es von dem klebrigen Secrete gefangen und der unbedeutende, indessen verlängerte Druck gibt die Notiz von der Anwesenheit der Beute weiter, welche nun durch das langsame Biegen der Tentakeln gesichert wird. Auf der andern Seite sind die empfindlichen Filamente der Dionaea nicht klebrig und das Fangen der Insecten kann nur durch ihre Empfindlichkeit für eine augenblickliche Berührung gesichert werden, welcher das schnelle Schlieszen der Lappen folgt.

Wie eben angeführt wurde, sind die Filamente nicht drüsig und sondern nicht ab, Auch haben sie die Fähigkeit der Absorption nicht, wie daraus geschlossen werden kann, dasz Tropfen einer Lösung von kohlensaurem Ammoniak (1 Theil auf 146 Theile Wasser), auf zwei Filamente gebracht, keine Wirkung auf den Inhalt ihrer Zellen hervorbrachte und auch nicht die Lappen zu schlieszen veranlaszte. Wenn indessen ein kleines Stück eines Blattes mit daran haftendem Filament abgeschnitten und in die nämliche Lösung eingetaucht wurde, so wurde die Flüssigkeit innerhalb der basalen Zellen beinahe augenblicklich [263] zu purpurartigen oder farblosen, unregelmäszig geformten Massen von Substanz zusammengeballt. Der Procesz der Zusammenballung gieng allmählich von Zelle zu Zelle die Filamente hinauf bis zu ihren Spitzen; das ist also ein umgekehrter Lauf, verglichen mit dem, der in den Tentakeln der Drosera vorkommt, wenn sie gereizt worden sind. Mehrere andere Filamente wurden dicht an ihrer Basis abgeschnitten und 1 Stunde 30 Minuten lang in eine schwächere Lösung von einem Theile des kohlensauren Salzes auf 218 Theile Wasser gelegt; und dies verursachte Zusammenballung in allen Zellen, wieder wie vorher an den Basen der Filamente beginnend.

Langes Eintauchen der Filamente in destillirtes Wasser verursacht gleichfalls Zusammenballung. Es ist auch nicht selten, den Inhalt einiger wenigen endständigen Zellen in einem von selbst eingetretenen Zustand der Zusammenballung zu finden. Die zusammengeballten Massen erleiden unablässig langsame Formveränderungen, vereinigen sich und trennen sich wieder; und einige von ihnen drehen sich allem Anscheine nach rund um ihre eigene Achse. Es ist auch das Flieszen eines Stroms farblosen körnigen Protoplasmas rund um die Zellen den Wänden entlang zu sehen. Dieser Strom hört auf, sichtbar zu sein, sobald der Inhalt gut zusammengeballt ist; er dauert aber wahrscheinlich noch fort, obschon nicht länger mehr sichtbar, weil alle Körnchen in der strömenden Schicht sich mit den centralen Massen vereinigt haben. In allen diesen Beziehungen verhalten sich die Filamente der Dionaea genau so wie die Tentakeln der Drosera.

Trotz dieser Ähnlichkeit besteht doch eine merkwürdige Verschiedenheit. Wenn die Drüsen der Tentakeln der Drosera wiederholt berührt worden sind oder wenn ein Körperchen irgend welcher Art auf sie gelegt worden ist, so werden sie eingebogen und ihr Zelleninhalt wird stark zusammengeballt. Keine solche Wirkung wird durch die Berührung der Filamente der Dionaea hervorgebracht; ich verglich nach einer oder zwei Stunden einige Filamente, welche berührt worden waren, mit andern, welche es nicht waren, und noch andere nach 25 Stunden, und es fand sich in dem Inhalte der Zellen keine Verschiedenheit. Die Blätter wurden während der ganzen Zeit durch Klemmer offen gehalten, so dasz die Filamente nicht gegen den Lappen der anderen Seite angepreszt wurden.

Wassertropfen oder ein dünner, unterbrochener, aus einer gewissen Höhe auf die Filamente herabfallender Strom verursachte keinen [264] Schlusz der Blattscheiben; obschon die nämlichen Filamente später als in hohem Grade empfindlich erwiesen wurden. Ohne Zweifel ist, wie es auch bei der Drosera der Fall ist, die Pflanze gegen den schwersten Regenschauer ganz indifferent. Tropfen einer Lösung von einer halben Unze Zucker in einer flüssigen Unze Wasser wurden wiederholt aus einer gewissen Höhe auf die Filamente fallen gelassen; es wurde aber keine Wirkung hervorgebracht, wenn sie nicht an den Filamenten hängen blieben. Ferner blies ich viele male durch eine feine zugespitzte Röhre mit äuszerster Kraft gegen die Filamente, aber ohne irgend welche Wirkung; ein derartiges Blasen wurde mit so viel Gleichgültigkeit aufgenommen, wie es ohne Zweifel ein heftiger Sturmwind wurde. Wir sehen hieraus, dasz die Empfindlichkeit der Filamente von einer specialisirten Beschaffenheit ist und eher zu einer momentanen Berührung als zu einem länger andauernden Druck in Beziehung steht; auch darf der Druck nicht von Flüssigkeiten, wie z. B. Luft oder Wasser, sondern musz von irgend einem festen Gegenstande ausgehen.

Obgleich Tropfen von Wasser und von einer mäszig starken Zuckerlösung, wenn sie auf die Filamente fallen, dieselben nicht reizen, so bewirkt doch die Eintauchung eines Blattes in reines Wasser zuweilen, dasz sich die Lappen schlieszen. Ein Blatt wurde 1 Stunde 10 Minuten lang und drei andere Blätter für einige Minuten in Wasser gelassen, dessen Temperatur zwischen 15° bis 18,3° C. (59° bis 65° F.) schwankte; indessen ohne Wirkung. Als indessen eines dieser vier Blätter sanft aus dem Wasser gezogen wurde, schlosz es sich ziemlich schnell. Die drei anderen Blätter wurden als im guten Zustande befindlich nachgewiesen, da sie sich schlossen, als ihre Filamente berührt wurden. Nichtsdestoweniger schlossen sich zwei frische Blätter augenblicklich, als sie in Wasser von 23,8° und 16,9° C. (75° und 62½° F.) getaucht wurden. Diese wurden dann mit ihren Stengeln in Wasser gestellt und breiteten sich nach 23 Stunden theilweise wieder aus; bei Berührung ihrer Filamente schlosz sich das eine. Nach Verlauf von weiteren 24 Stunden breitete sich dieses letztere Blatt nochmals wieder aus, und als nun die Filamente beider Blätter berührt wurden, schlossen sich beide. Wir sehen hiernach, dasz ein kurzes Eintauchen in Wasser die Blätter durchaus nicht verletzt, sondern zuweilen die Lappen sich zu schlieszen reizt. Die Bewegung war in den oben erwähnten Fällen offenbar nicht durch die Temperatur [265] des Wassers verursacht. Es ist gezeigt worden, dasz langes Eintauchen es bewirkt, dasz die purpurne Flüssigkeit innerhalb der Zellen der empfindlichen Filamente zusammengeballt wird; und langes Eintauchen wirkt auf die Tentakeln der Drosera in der nämlichen Weise, häufig werden sie etwas eingebogen. In beiden Fällen ist das Resultat wahrscheinlich eine Folge eines leichten Grades von Exosmose.

Ich werde in dieser Annahme durch die Wirkungen des Eintauchens eines Blattes der Dionaea in eine mäszig starke Auflösung von Zucker bestärkt; das Blatt hatte vorher 1 Stunde 10 Minuten lang in Wasser gelegen ohne irgend welche Wirkung; nun aber schlossen sich die Lappen ziemlich geschwind, die Spitzen der randständigen Speichen kreuzten sich in 2 Minuten 30 Secunden und das Blatt war in 3 Minuten vollständig geschlossen. Drei Blätter wurden dann in eine Lösung von einer halben Unze Zucker in einer flüssigen Unze Wasser eingetaucht, und alle drei Blätter schlossen sich schnell. Da ich darüber zweifelhaft war, ob zur Hervorbringung dieser Wirkung die Exosmose auf die Zellen an der oberen Fläche der Lappen oder auf die empfindlichen Filamente eingewirkt habe, so wurde zuerst ein Blatt in der Weise versucht, dasz ein wenig von der nämlichen Lösung auf die Furche über der Mittelrippe zwischen den beiden Lappen, welches der hauptsächlichste Sitz der Bewegung ist, gegossen wurde. Es wurde einige Zeit da gelassen, es folgte aber keine Bewegung. Dann wurde die ganze obere Fläche des Blattes mit derselben Lösung bestrichen (ausgenommen dicht um die Basen der empfindlichen Filamente, wo ich es nicht ohne die Gefahr sie zu berühren thun konnte); es wurde aber keine Wirkung hervorgebracht. Die Zellen auf der oberen Fläche werden daher hierdurch nicht afficirt. Als es mir aber nach vielen Versuchen gelang, einen Tropfen der Lösung an einem der Filamente hängen bleiben zu lassen, schlosz sich das Blatt schnell. Wir können, wie ich meine, hieraus schlieszen, dasz die Lösung es verursacht, dasz Flüssigkeit aus den zarten Zellen der Filamente durch Exosmose austritt; und dasz dies irgend eine moleculare Veränderung in ihrem Inhalt veranlaszt, analog der, welche durch eine Berührung hervorgebracht werden musz.

Das Eintauchen der Blätter in eine Lösung von Zucker wirkt eine viel längere Zeit auf dieselben, als es Eintauchen in Wasser oder eine Berührung der Filamente thut; denn in diesen letzteren Fällen [266] fangen die Lappen an, sich in weniger als einem Tage wieder auszubreiten. Auf der anderen Seite breitete sich von den drei Blättern, welche eine kurze Zeit lang in die Lösung eingetaucht und dann mittelst einer zwischen die Lappen eingeschobenen Spritze gewaschen wurden, das eine nach zwei Tagen wieder aus, ein zweites nach sieben Tagen und das dritte nach neun Tagen. Das Blatt, welches sich in Folge davon geschlossen hatte, dasz ein Tropfen der Lösung an einem der Filamente hängen geblieben war, öffnete sich nach zwei Tagen wieder.

Ich war überrascht, bei zwei Gelegenheiten zu finden; dasz die Wärme der Sonnenstrahlen, durch eine Linse auf die Basen mehrerer Filamente concentrirt, so dasz sie versengt und entfärbt wurden, keine Bewegung verursachte, trotzdem dasz die Blätter lebendig waren, da sie sich, wenngleich etwas langsam, schlossen, als ein Filament der anderen Seite berührt wurde. Bei einem dritten Versuche schlosz sich ein frisches Blatt nach einiger Zeit, obschon sehr langsam; die Geschwindigkeit nahm nicht zu, als eines der Filamente, welches nicht verletzt worden war, berührt wurde. Nach Verlauf eines Tages öffneten sich diese Blätter wieder und waren ganz ordentlich empfindlich, als die nicht verletzten Filamente berührt wurden. Das plötzliche Eintauchen eines Blattes in kochendes Wasser bewirkt nicht, dasz es sich schlieszt. Nach der Analogie mit Drosera zu schlieszen, war in diesen verschiedenen Fällen die Hitze zu grosz und wurde zu plötzlich angewendet. Die Oberfläche der Blattscheibe ist sehr unbedeutend empfindlich; man kann sie reichlich und derb berühren, ohne dasz irgend eine Bewegung verursacht würde. Ein Blatt wurde ziemlich derb mit einer Nadel gekratzt, schlosz sich aber nicht; als aber der dreieckige Raum zwischen den drei Filamenten auf einem andern Blatte in ähnlicher Weise gekratzt wurde, schlossen sich die Lappen. Sie schlossen sich immer, wenn die Scheibe oder die Mittelrippe tief gestochen oder geschnitten wurde. Unorganische Körper, selbst von bedeutender Grösze, sowie Stückchen Stein, Glas u. s. w., – oder organische Körper, welche keine lösliche stickstoffhaltige Substanz enthalten, wie Stückchen Kork, Holz, Moos, – oder stickstoffhaltige Substanz enthaltende Körper in vollkommen trockenem Zustand, wie Stückchen Fleisch, Eiweisz, Gelatine u. s. w. können lange Zeit (und es wurden viele versucht) auf den Lappen gelassen werden, ohne dasz eine Bewegung erregt wird. Das Resultat ist indessen [267] dessen sehr verschieden, wie wir sofort sehen werden, wenn stickstoffhaltige organische Körper, wenn sie nur überhaupt etwas feucht sind, auf den Blattlappen liegen gelassen werden; denn dieselben schlieszen sich dann mit einer langsamen und allmählichen Bewegung, sehr verschieden von der, welche durch Berührung eines der empfindlichen Filamente hervorgerufen wird. Der Blattstiel ist nicht im mindesten empfindlich; man kann eine Stecknadel durch ihn hindurchstecken oder er kann durchschnitten werden, und es erfolgt doch keine Bewegung.

Die obere Fläche der Blattlappen ist, wie bereits angegeben wurde, dicht mit kleinen, purpurnen, beinahe sitzenden Drüsen bedeckt. Diese haben sowohl die Fähigkeit der Absonderung als auch die der Absorption; aber verschieden von denen der Drosera sondern sie nicht eher ab als bis sie durch Absorption stickstoffhaltiger Substanz gereizt sind. Kein anderes Reizmittel bringt, so weit ich es beobachtet habe, diese Wirkung hervor. Es können Gegenstände, wie Stückchen Holz, Kork, Moos, Papier, Stein oder Glas lange Zeit auf der Oberfläche eines Blattes gelassen werden, und es bleibt ganz trocken. Es macht auch keinen Unterschied, ob sich die Lappen über solchen Gegenständen schlieszen. Es wurden beispielsweise kleine Kugeln von Löschpapier auf ein Blatt gelegt und ein Filament berührt; und als sich nach 24 Stunden die Lappen wieder zu öffnen anfiengen, wurden die Kugeln mit Hülfe dünner Pincetten entfernt und stellten sich als vollkommen trocken heraus. Wenn auf der andern Seite ein Stückchen feuchten Fleisches oder eine zerdrückte Fliege auf die Oberfläche eines ausgebreiteten Blattes gelegt wird, so sondern nach einiger Zeit die Drüsen reichlich ab. In einem derartigen Falle war ein wenig Secret direct unter dem Fleisch in 4 Stunden vorhanden; und nach Verlauf von weiteren 3 Stunden fand sich eine beträchtliche Quantität sowohl unter ihm als auch rings um dasselbe herum. In einem andern Falle war das Stückchen Fleisch nach 3 Stunden 40 Minuten ganz nasz. Aber keine Drüse sonderte ab, ausgenommen diejenigen, welche factisch das Fleisch oder das aufgelöste animale Substanz enthaltene Secret berührten.

Wenn indessen die Blattlappen durch ein Stückchen Fleisch oder ein Insect zum Schlieszen gebracht werden, so ist das Resultat verschieden; denn nun sondern die Drüsen über die ganze Oberfläche des Blattes reichlich ab. Da in diesem Falle die Drüsen auf beiden [268] Seiten gegen das Fleisch oder das Insect angedrückt werden, so ist die Absonderung von Anfang an zweimal so bedeutend, als wenn ein bischen Fleisch auf die Oberfläche eines Lappens gelegt wird; und da die Lappen in beinahe ganz dichte Berührung kommen, so verbreitet sich die aufgelöste animale Substanz enthaltende Absonderung durch Capillarattraction und veranlasst frische Drüsen auf beiden Seiten in sich beständig erweiternden Kreisen zur Absonderung; das Secret ist beinahe farblos, leicht schleimig, und nach der Art und Weise, wie es Lackmuspapier färbte, zu urtheilen, stärker sauer als das der Drosera, Es ist so reichlich, dasz bei einer Gelegenheit, wo ein Blatt aufgeschnitten wurde, auf welches vor 45 Stunden ein kleines Eiweiszwürfelchen gelegt worden war, Tropfen vom Blatt herunterrollten, Bei einer andern Gelegenheit, wo ein Blatt, welches ein Stückchen gerösteten Fleisches eingeschlossen hatte, sich nach acht Tagen von selbst wieder öffnete, war so viel Secret in der Furche über der Mittelrippe, dasz es herabtröpfelte. Eine grosze zerdrückte Fliege (Tipula) wurde auf ein Blatt gelegt, aus welchem ein kleines Stück an der Basis des einen Lappens vorher herausgeschnitten worden war, so dasz eine Öffnung blieb; und durch diese lief das Secret neun Tage lang fortwährend den Blattstiel hinab, – d. i. während der ganzen Zeit, so lange überhaupt das Blatt beobachtet wurde. Dadurch, dasz ich den einen Lappen gewaltsam aufhob, konnte ich eine Strecke weit zwischen ihnen hinsehn; und alle Drüsen, die ich sehen konnte, sonderten reichlich ab.

Wir haben gesehen, dasz unorganische und nicht stickstoffhaltige Körper auf die Blätter gelegt keine Bewegung anregen; aber stickstoffhaltige Körper, wenn sie nur im allergeringsten Grade feucht sind, bewirken, dasz sich die Lappen nach mehreren Stunden langsam schlieszen. So wurden Stückchen von vollständig trockenem Fleisch und Gelatine auf die entgegengesetzten Ende eines und desselben Blattes gelegt und regten in 24 Stunden weder Absonderung noch Bewegung an. Sie wurden dann in Wasser getaucht, ihre Oberfläche mit Löschpapier abgetrocknet, und sie dann auf dasselbe Blatt zurückgebracht, während die Pflanze nun mit einer Glasglocke bedeckt wurde. Nach 24 Stunden hatte das feuchte Fleisch etwas saure Absonderung erregt und die Lappen waren an diesem Ende des Blattes beinahe geschlossen. Am andern Ende, wo die feuchte Gelatine lag, war das Blatt noch immer vollständig offen, auch war keine [269] Absonderung angeregt worden; so dasz, wie wir es bei Drosera sahen, Gelatine eine nicht annähernd so stark reizende Substanz ist wie Fleisch. Das Secret unterhalb des Fleisches wurde so geprüft, dasz ein Streifen Lackmuspapier unter dasselbe geschoben wurde (ohne dasz die Filamente berührt wurden), und dieser unbedeutende Reiz bewirkte es, dasz sich das Blatt schlosz. Am elften Tage öffnete es sich wieder; aber das Ende, wo die Gelatine lag, breitete sich mehrere Stunden früher als das andere Ende mit dem Fleische aus.

Ein zweites Stückchen gerösteten Fleisches, welches dem Anscheine nach trocken war, obschon es nicht absichtlich getrocknet worden war, wurde 24 Stunden lang auf einem Blatte gelassen und verursachte weder Bewegung noch Absonderung. Die Pflanze in ihrem Topfe wurde nun mit einer Glasglocke bedeckt und das Fleisch absorbirte etwas Feuchtigkeit aus der Luft; dies reichte hin, eine saure Absonderung anzuregen, und am nächsten Morgen war das Blatt dicht geschlossen. Ein drittes Stückchen Fleisch, welches so getrocknet worden war, dasz es ganz spröde und zerbrechlich war, wurde auf ein Blatt unter einer Glasglocke gelegt; auch dies wurde in 24 Stunden leicht feucht und regte etwas saure Absonderung an, aber keine Bewegung.

Ein ziemlich groszes Stück vollkommen trockenen Eiweiszes wurde auf dem einen Ende eines Blattes 24 Stunden ohne irgend welche Wirkung liegen gelassen. Es wurde dann wenige Minuten lang in Wasser eingeweicht, auf Löschpapier umhergerollt und auf das Blatt zurückgebracht; in 9 Stunden war etwas unbedeutend saure Absonderung angeregt, und in 24 Stunden war dies Ende des Blattes theilweise geschlossen. Das Stückchen Eiweisz, was nun von viel Secret umgeben war, wurde sanft entfernt, und obschon kein Filament berührt wurde, schlossen sich die Lappen. Aus diesem und dem vorhergehenden Falle scheint hervorzugehen, dasz die Aufsaugung animaler Substanz durch die Drüsen die Oberfläche des Blattes viel empfindlicher für eine Berührung macht, als sie es in ihrem gewöhnlichen Zustande ist; und dies ist eine merkwürdige Thatsache. Zwei Tage darauf fieng das Ende des Blattes, wo nichts hingelegt worden war, an sich wieder zu öffnen und war am dritten Tage viel weiter offen als das entgegengesetzte Ende, wo das Eiweisz gelegen hatte.

Endlich wurden grosze Tropfen einer Lösung von einem Theil kohlensauren Ammoniaks auf 146 Theile Wasser auf einige Blätter [270] gebracht; es erfolgte aber keine sofortige Bewegung. Ich wuszte damals nicht, dasz animale Substanz eine langsame Bewegung verursachte, sonst würde ich die Blätter eine längere Zeit hindurch beobachtet haben, und sie würden dann wahrscheinlich geschlossen gefunden worden sein, obschon die Lösung (nach Drosera zu urtheilen) vielleicht zu stark war.

Nach den vorstehend angeführten Thatsachen ist es sicher, dasz Stückchen von Fleisch und Eiweisz, wenn sie nur im allergeringsten feucht sind, nicht nur die Drüsen zu secerniren veranlassen, sondern auch die Lappen zu schlieszen. Diese Bewegung ist von dem rapiden, durch die Berührung eines der Filamente verursachten Schlieszen sehr verschieden. Wir werden ihre Bedeutung erkennen, wenn wir von der Art und Weise handeln werden, wie Insecten gefangen werden. Es besteht ein groszer Contrast zwischen Drosera und Dionaea in den, einerseits durch mechanische Reizung, andererseits durch die Absorption animaler Substanz hervorgebrachten Wirkungen. Stückchen Glas, welche auf die Drüsen der äuszeren Tentakeln der Drosera gelegt werden, erregen Bewegung innerhalb nahezu derselben Zeit, wie es Stückchen Fleisch thun, und die letzteren sind ziemlich die wirksamsten Körper; wenn aber den Drüsen der Scheibe Stückchen Fleisch gegeben worden sind, so übermitteln sie den äuszern Tentakeln einen motorischen Impuls viel schneller, als es dieselben Drüsen thun, wenn sie anorganische Theilchen tragen, oder wenn sie durch wiederholte Berührungen gereizt worden sind. Auf der andern Seite erregt bei Dionaea eine Berührung der Filamente eine unvergleichlich schnellere Bewegung als Absorption animaler Substanz durch die Drüsen. Trotzdem ist in gewissen Fällen dieses letztere Reizmittel das wirksamere von den beiden. Bei drei Gelegenheiten wurden Blätter gefunden, welche aus irgend welcher Ursache torpid waren, so dasz sich ihre Lappen nur unbedeutend schloszen, wie sehr auch ihre Filamente gereizt werden mochten; als aber zerdrückte Insecten zwischen die Lappen gebracht wurden, wurden sie in einem Tage dicht geschlossen.

Die soeben mitgetheilten Thatsachen zeigen deutlich, dasz die Drüsen die Fähigkeit der Absorption besitzen; denn im andern Falle wäre es unmöglich, dasz die Blätter von nichtstickstoffhaltigen und von stickstoffhaltigen Körpern, und von den letzteren in einem feuchten und einem trockenen Zustande so verschieden afficirt werden [271] sollten. Es ist überraschend, in wie unbedeutendem Grade ein Stückchen Fleisch oder Eiweisz feucht zu sein braucht, um Absonderung und später langsame Bewegung anzuregen, und in gleicher Weise überraschend ist es, eine wie minutiös kleine Menge animaler Substanz, wenn sie absorbirt wird, hinreicht, diese beiden Wirkungen hervorzubringen. Es erscheint kaum glaublich und ist doch sicherlich eine Thatsache, dasz ein Stückchen hart gekochten Eiereiweiszes, erst vollständig getrocknet und dann für ein paar Minuten in Wasser gelegt und auf Löschpapier herumgerollt, in wenigen Stunden genug animale Substanz an die Drüsen abgeben kann, um sie zum Absondern und später die Lappen zum Schlieszen zu veranlassen. Dasz die Drüsen die Fähigkeit der Absorption haben, zeigt sich gleichfalls in der sehr verschiedenen Länge Zeit (wie wir sofort sehen werden), während welcher die Lappen über Insecten und andern lösliche stickstoffhaltige Substanz darbietenden Körpern und über solchen, welche keine solche Substanz abgeben, geschlossen bleiben. Es liegt aber ein directer Beweis für die Absorption in dem Zustand der Drüsen, welche einige Zeit lang mit animaler Substanz in Berührung geblieben sind. So wurden Stückchen Fleisch und zerdrückte Insecten mehrere Male auf Drüsen gelegt und diese nach Verlauf einiger Stunden mit andern Drüsen von entfernten Stellen des Blattes verglichen. Die letzteren zeigten nicht eine Spur von Zusammenballung, während diejenigen, welche mit der animalen Substanz in Berührung gewesen waren, gut zusammengeballt waren. Man kann sehen, wie Zusammenballung sehr schnell eintritt, wenn ein Stückchen eines Blattes in eine schwache Lösung von kohlensaurem Ammoniak eingetaucht wird. Ferner wurden kleine Würfelchen von Eiweisz und Gelatine acht Tage lang auf einem Blatte gelassen, welches dann aufgeschnitten wurde. Die ganze Oberfläche war mit saurem Secrete benetzt, und eine jede Zelle in den vielen Drüsen, welche untersucht wurden, bot eine Zusammenballung des Inhalts dar, und zwar zeigten sich in einer wunderschönen Art dunkel oder blasz purpurne oder farblose kuglige Massen von Protoplasma. Diese erlitten unaufhörliche langsame Formveränderungen, zuweilen trennten sie sich von einander und vereinigten sich dann wieder, genau so wie in den Zellen der Drosera. Kochendes Wasser macht den Inhalt der Drüsenzellen weisz und opak, aber nicht so rein weisz und porzellanartig, wie es bei Drosera der Fall ist. Wie lebende Insecten, wenn sie auf natürliche [272] Weise gefangen sind, die Drüsen reizen, so schnell abzusondern, wie sie es wirklich thun, weisz ich nicht; ich vermuthe aber, dasz der grosze Druck, denen sie ausgesetzt sind, ein wenig Substanz aus einem der beiden Enden ihres Körpers herauszwängt; und wir haben gesehen, dasz eine äuszerst geringe Menge stickstoffhaltiger Substanz genügt, die Drüsen zu reizen.

Ehe ich auf die Frage von der Verdauung übergehe, will ich anführen, dasz ich, aber ohne Erfolg, die Verrichtungen der kleinen achttheiligen Fortsätze, mit denen die Blätter übersäet sind, zu entdecken versuchte. Nach später in den Capiteln über Aldrovanda und Utricularia mitzutheilenden Thatsachen schien es wahrscheinlich zu sein, dasz sie dazu dienten, zerfallene von den gefangenen Insecten übrig bleibende Substanz zu absorbiren; aber ihre Stellung auf der Rückseite der Blätter und auf den Stielen machte dies beinahe unmöglich. Trotzdem wurden Blätter in eine Lösung von einem Theil Harnstoff auf 437 Theile Wasser eingelegt, und nach 24 Stunden erschien die orangerothe Schicht Protoplasma in den Armen dieser Fortsätze nicht mehr zusammengeballt als in andern, in Wasser gehaltenen Exemplaren. Ich machte dann den Versuch und hieng ein Blatt in einer Flasche über einem excessiv faul riechenden Aufgusz von rohem Fleisch auf, um zu sehen, ob diese Fortsätze den Dampf absorbirten; ihr Zelleninhalt wurde aber nicht afficirt.

Verdauungskraft des Secrets[14]. – Wenn sich ein Blatt über irgend einen Gegenstand schlieszt, so kann man sagen, dasz es sich zu einem zeitweiligen Magen umbilde; und wenn der Gegenstand [273] auch noch so wenig animale Substanz abgibt, so dient dieselbe, um Schiff's Ausdruck zu brauchen, als Peptogen, und die Drüsen an der Oberfläche ergieszen ihr saures Secret, welches wie der Magensaft der Thiere wirkt. Da so viele Versuche über die verdauende Kraft der Drosera angestellt worden waren, wurden nur einige wenige mit Dionaea gemacht: sie waren aber reichlich genügend, zu beweisen, dasz sie verdaut. Überdies ist diese Pflanze nicht so für Beobachtungen eingerichtet, wie Drosera, da der Procesz innerhalb der geschlossenen Lappen vor sich geht. Wenn Insecten, selbst Käfer, mehrere Tage lang der Einwirkung des Secrets ausgesetzt waren, sind sie in überraschender Weise erweicht, obschon ihre chitinhaltigen Hüllen nicht corrodirt sind.

1. Versuch. – Ein Eiweiszwürfel von 1/10 Zoll (2,54 Mm.) Seitenlänge wurde auf das eine Ende eines Blattes gelegt, auf das andere ein längliches Stückchen Gelatine 1/5 Zoll (5,08 Mm.) lang und 1/10 Zoll breit; dann wurde das Blatt zum Schlieszen gebracht. Nach 45 Stunden wurde es aufgeschnitten. Das Eiweisz war hart und zusammengedrückt, die Kanten nur ein wenig abgerundet; das Gelatinestückchen war zu einer ovalen Form corrodirt; beide waren in einer solchen Menge sauren Secrets eingetaucht, dasz es vom Blatt herabtropfte. Der Verdauungsprocesz ist allem Anscheine nach etwas langsamer als bei Drosera, und dies stimmt mit der Länge der Zeit überein, während welcher die Blätter über verdaulichen Gegenständen geschlossen bleiben.
2. Versuch. – Ein Stückchen Eiweisz von 1/10 Zoll im Geviert, aber nur 1/20 Zoll dick, und ein Stückchen Gelatine von derselben Grösze wurden auf ein Blatt gelegt, welches acht Tage später aufgeschnitten wurde. Die Oberfläche war ganz benetzt mit einem unbedeutend klebrigen, sehr sauren Secrete, und die Drüsen fanden sich sämmtlich in zusammengeballtem Zustande. Nicht eine Spur Eiweisz oder Gelatine war übrig geblieben. Ähnlich grosze Stücke waren zu gleicher Zeit auf feuchtes Moos in demselben Topfe gelegt worden, so dasz sie annähernd ähnlichen Bedingungen ausgesetzt waren; nach acht Tagen waren dieselben braun, im Zerfall begriffen und von Moderfasern bedeckt, waren aber nicht verschwunden.
3. Versuch. – Ein Stückchen Eiweisz, 3/20 Zoll (3,81 Mm.) lang und 1/20 Zoll breit und dick, und ein Stückchen Gelatine von derselben Grösze wie vorhin, wurden auf ein anderes Blatt gelegt, welches nach sieben Tagen aufgeschnitten wurde; nicht eine Spur von einer der beiden Substanzen war übrig geblieben, und nur eine mäszige Menge von Secret fand sich auf der Oberfläche.
4, Versuch. – Stücke von Eiweisz und Gelatine von derselben Grösze wie im letzten Experiment wurden auf ein Blatt gelegt, welches sich nach zwölf Tagen von freien Stücken öffnete; und hier wiederum war nicht eine Spur von beiden übrig, und nur ein wenig Secret fand sich an dem einen Ende der Mittelrippe. [274] 5. Versuch. – Stückchen von Eiweisz und Gelatine von derselben Grösze wurden auf ein anderes Blatt gelegt, welches nach zwölf Tagen noch immer fest geschlossen war, aber angefangen hatte zu welken; es wurde aufgeschnitten und enthielt nichts, ausgenommen eine Spur brauner Masse da, wo das Eiweisz gelegen hatte.
6. Versuch. – Ein Eiweiszwürfel von 1/10 Zoll und ein Stückchen Gelatine von derselben Grösze wie vorhin wurden auf ein Blatt gelegt, welches sich nach dreizehn Tagen von selbst wieder öffnete. Das Eiweisz, welches zweimal so dick wie in den letzten Experimenten gewesen war, war zu grosz; denn die Drüsen, welche mit ihnen in Berührung waren, waren verletzt und fielen ab; es war auch ein Eiweiszhäutchen von brauner Farbe, mit Moder überzogen, übrig geblieben. Das ganze Gelatine war absorbirt und es fand sich nur ein wenig sauren Secrets auf der Mittelrippe.
7. Versuch. – Ein Stückchen halbgerösteten Fleisches (nicht gemessen) und ein Stückchen Gelatine wurden auf die beiden Enden eines Blattes gelegt, welches sich nach elf Tagen von selbst wieder öffnete; eine Spur von dem Fleische war noch übrig gelassen, und an dieser Stelle war die Oberfläche des Blattes geschwärzt; das Gelatine war ganz verschwunden.
8. Versuch. – Ein Stückchen halbgerösteten Fleisches (nicht gemessen) wurde auf ein Blatt gelegt, welches durch einen Klemmer gewaltsam offen gehalten wurde, so dasz es nur an seiner untern Fläche vom Secret (sehr sauer) befeuchtet war. Nichtsdestoweniger war es nach nur 22½ Stunden in überraschendem Grade erweicht, wenn es mit einem an dem Stückchen desselben Fleisches verglichen wurde, welches feucht gehalten worden war.
9. Versuch. – Ein Würfel von 1/10 Zoll sehr festen gerösteten Rindfleisches wurde auf ein Blatt gelegt, welches sich nach zwölf Tagen freiwillig wieder öffnete; es war so viel schwach saure Absonderung auf dem Blatte geblieben, dasz sie abtröpfelte. Das Fleisch war vollständig zersetzt, aber nicht ganz aufgelöst; es war kein Moder vorhanden. Die kleine Masse wurde unter das Mikroskop gebracht; einige der Muskelfasern in der Mitte boten noch immer Querstreifen dar, andere zeigten nicht eine Spur von Streifen; und zwischen diesen beiden Zuständen konnte man jede mögliche Abstufung verfolgen. Kügelchen, allem Anscheine nach Fett, und etwas unverdautes elastisches Fasergewebe blieb zurück. Das Fleisch fand sich daher in demselben Zustande, wie das früher beschriebene, welches von der Drosera halb verdaut war. Hier wiederum, wie in dem Fall mit dem Eiweisz, scheint der Verdauungsprocesz langsamer zu sein als bei Drosera. Auf das entgegengesetzte Ende desselben Blattes war ein fest zusammengedrücktes Brodkügelchen gelegt worden; dies war vollständig zerfallen, wie ich glaube, in Folge der Verdauung des Leimes, schien aber an Umfang nur sehr wenig abgenommen zu haben.
10. Versuch. – Ein Würfel von 1/20 Zoll von Käse und ein anderer von Eiweisz wurden auf die gegenüberliegenden Enden eines und desselben Blattes gelegt. Nach neun Tagen öffneten sich die Lappen von freien Stücken ein wenig an dem Ende, welches den Käse umschlossen [275] hatte; es war aber kaum irgend etwas davon oder gar nichts aufgelöst, obgleich er erweicht und von Secret umgeben war. Zwei Tage später öffnete sich auch das Ende mit dem Eiweisz von selbst (d. i. also elf Tage, nachdem es darauf gelegt worden war); es war eine blosze Spur davon in einem geschwärzten und trockenen Zustande übrig geblieben.
11. Versuch. – Dasselbe Experiment mit dem Käse und dem Eiweisz wurde an einem andern und etwas torpiden Blatt wiederholt. Nach Verlauf von sechs Tagen öffneten sich die Blattlappen an dem Ende, wo der Käse lag, von selbst ein wenig; das Käsewürfelchen war bedeutend erweicht, aber nicht aufgelöst, und nur wenig, wenn überhaupt, an Grösze reducirt. Zwölf Stunden später öffnete sich das Ende mit dem Eiweisz, welches jetzt aus einem groszen Tropfen durchscheinender, nicht saurer, klebriger Flüssigkeit bestand.
12. Versuch. – Ein gleicher Versuch wie die beiden letzten; hier wiederum öffnete sich das Blatt an dem Ende, wo der Käse lag, vor dem andern mit dem Eiweisz; es wurden aber keine weiteren Beobachtungen gemacht.
13. Versuch. – Ein Kügelchen von chemisch dargestelltem Casëin, ungefähr 1/10 Zoll im Durchmesser, wurde auf ein Blatt gelegt, welches sich nach acht Tagen freiwillig wieder öffnete. Das Casëin bestand nun aus einer weichen klebrigen Masse, hatte in der Grösze nur sehr wenig, wenn überhaupt, abgenommen, war aber ganz von saurem Secrete umflossen.

Diese Versuche genügen um zu zeigen, dasz das Secret aus den Drüsen der Dionaea Eiweisz, Gelatine und Fleisch auflöst, wenn keine zu grosze Stücke den Blättern gegeben werden. Fettkügelchen und elastisches Fasergewebe werden nicht verdaut. Das Secret mit der von ihm absorbirten Substanz wird später, wenn es nicht in Überschusz auftritt, wieder aufgesaugt. Obgleich aber andererseits chemisch präparirtes Casëin und Käse (wie es bei Drosera der Fall war) viel saure Absonderung anregen, wie ich vermuthe, in Folge der Absorption von etwas eingeschlossener albuminöser Substanz, so werden doch diese Substanzen nicht verdaut, und nicht wahrnehmbar, wenn überhaupt, an Umfang reducirt.

Wirkungen der Dämpfe von Chloroform, Schwefel-Äther und Blattsäure. – Eine Pflanze, welche ein Blatt trug, wurde mit einer Drachme (3,549 Cub. Cent.) Chloroform in eine grosze Flasche gebracht, deren Öffnung nur unvollkommen mit Baumwolle geschlossen wurde. Der Dampf bewirkte, dasz sich in 1 Minute die Lappen mit einer nicht wahrnehmbar langsamen Geschwindigkeit zu bewegen begannen; aber in 3 Minuten kreuzten sich die Randspitzen, und bald war das Blatt vollkommen geschlossen. Die Dosis war indessen viel zu stark; denn nach 2 bis 3 Stunden erschien das Blatt wie verbrannt und starb bald ab. [276] Zwei Blätter wurden 30 Minuten lang in einem Zwei-Unzengefäsz dem Dampfe von 30 Minims (1,774 Cub. Cent.) von Schwefel-Äther ausgesetzt. Ein Blatt schlosz sich nach einiger Zeit, ebenso das andere, während es, ohne berührt zu werden, aus der Flasche entfernt wurde. Beide Blätter waren bedeutend beschädigt. Ein anderes Blatt, welches 20 Minuten lang 15 Minims Äther ausgesetzt wurde, schlosz seine Lappen bis zu einem gewissen Grade, und die empfindlichen Filamente waren nun völlig empfindungslos. Nach 24 Stunden erhielt dies Blatt seine Empfindlichkeit wieder, war aber noch immer etwas torpid. Ein Blatt, welches in einer groszen Flasche nur 3 Minuten lang zehn Tropfen ausgesetzt war, wurde unempfindlich gemacht. Nach 52 Minuten erhielt es seine Empfindlichkeit wieder, und als eines der Filamente berührt wurde, schlossen sich die Lappen. Nach 20 Stunden fieng es an, sich wieder zu öffnen. Zuletzt wurde noch ein anderes Blatt 4 Minuten lang nur vier Tropfen Äther ausgesetzt; es wurde unempfindlich gemacht und schlosz sich nicht, als seine Filamente wiederholt berührt wurden, schlosz sich aber, als das Ende des offenen Blattes abgeschnitten wurde. Dies beweist, entweder dasz die inneren Theile nicht unempfindlich gemacht worden waren, oder dasz ein Einschnitt ein kräftigerer Reiz ist als wiederholte Berührungen der Filamente. Ob die gröszeren Dosen von Chloroform und Äther, welche die Blätter sich langsam zu schlieszen veranlaszten, auf die empfindlichen Filamente oder auf das Blatt selbst einwirkten, weisz ich nicht.

Cyankali erzeugt, wenn es in einer Flasche gelassen wird, Cyanwasserstoff- oder Blausäure. Ein Blatt wurde 1 Stunde 35 Minuten lang dem dabei gebildeten Dampfe ausgesetzt; die Drüsen wurden in dieser Zeit so farblos und zusammengeschrumpft, dasz sie kaum sichtbar waren und ich zuerst glaubte, sie wären sämmtlich abgefallen. Das Blatt war nicht unempfindlich gemacht worden; denn sobald eines der Filamente berührt wurde, schlosz es sich. Es hatte indessen gelitten, denn es öffnete sich nicht eher wieder, als bis beinahe zwei Tage vergangen waren, und war selbst dann nicht im mindesten empfindlich. Nach Verlauf eines weiteren Tages erhielt es seine Fähigkeiten wieder und schlosz sich, wenn es berührt wurde, und öffnete sich später wieder. Ein anderes Blatt verhielt sich, nachdem es diesem Dampfe eine noch kürzere Zeit ausgesetzt war, in nahezu derselben Art und Weise.

Über die Art und Weise, in welcher Insecten gefangen werden. – Wir wollen nun das Benehmen der Blätter betrachten, wenn Insecten zufällig eines der empfindlichen Filamente berühren. Dies kam in meinem Gewächshause häufig vor, ich weisz aber nicht, ob die Insecten auf irgend eine besondere Art von den Blättern angezogen werden. In dem Heimathslande der Pflanze werden Insecten in groszer Anzahl von ihr gefangen. Sobald ein Filament berührt wird, schlieszen sich beide Lappen mit staunenerregender Schnelligkeit; und da sie in einem kleineren Winkel als in einem [277] rechten zu einander stehen, so ist die Wahrscheinlichkeit, dasz sie einen Eindringling fangen, nicht gering. Der Winkel zwischen der Blattscheibe und dem Blattstiel ändert sich nicht, wenn sich die Lappen schlieszen. Der hauptsächliche Sitz der Bewegung ist in der Nähe der Mittelrippe, sie ist aber nicht auf diesen Theil beschränkt; denn wenn die bei den Lappen zusammenkommen, krümmt sich ein jeder quer über seine ganze Breite einwärts; die randständigen Speichen werden indesz nicht gekrümmt. Diese Bewegung des ganzen Lappens war an einem Blatte gut zu sehen, dem eine grosze Fliege gegeben worden war, und aus welchem am Ende des einen Lappens ein groszes Stück herausgeschnitten worden war, so dasz der Lappen der andern Seite, der an dieser Stelle auf keinen Widerstand stiesz, fortfuhr, sich weit über die Mittellinie nach innen zu krümmen. Später wurde noch der ganze Lappen, aus dem ein Stück herausgeschnitten worden war, entfernt, und nun rollte sich der gegenüberstehende Lappen vollständig über, indem er sich durch einen Winkel von 120 bis 130° bewegte, so dasz er beinahe unter rechtem Winkel zu der Stellung war, welche er eingenommen haben würde, wenn der andere Lappen noch vorhanden gewesen wäre.

In Folge der Einwärtskrümmung der beiden Lappen, bei ihrer Bewegung auf einander zu, kreuzen sich die geraden randständigen Spitzen zuerst mit ihren freien Enden und schlieszlich mit ihren Basen. Das Blatt ist dann vollständig geschlossen und umfaszt eine seichte Höhlung. Wenn es dadurch zum Schlieszen gebracht worden ist, dasz einfach eins der empfindlichen Filamente berührt worden ist, oder wenn es einen Gegenstand einschlieszt, welcher keine lösliche stickstoffhaltige Substanz abgibt, so behalten die beiden Lappen ihre nach innen concave Form, bis sie sich wieder ausbreiten. Die Wiederausbreitung unter solchen Umständen, – d. h. wenn keine organische Substanz eingeschlossen war, – wurde in zehn Fällen beobachtet. In diesen allen breiteten sich die Blätter bis auf ungefähr zwei Drittel ihrer völligen Öffnung in 24 Stunden von der Zeit der Schlieszung an gerechnet wieder aus. Selbst das Blatt, aus dessen einem Lappen ein Stück herausgeschnitten worden war, öffnete sich innerhalb der nämlichen Zeit in einem unbedeutenden Grade. In einem Falle breitete sich ein Blatt bis auf ungefähr zwei Drittel der vollständigen Öffnung in 7 Stunden, und vollständig in 32 Stunden wieder aus; doch war nur eines seiner Filamente einfach mit einem Haar eben [278] hinreichend berührt worden, das Blatt zum Schlieszen zu veranlassen. Von diesen zehn Blättern breiteten sich nur ein paar vollständig in weniger als zwei Tagen wieder aus, und zwei oder drei gebrauchten selbst noch ein wenig längere Zeit. Ehe sie sich indessen völlig wieder ausbreiteten, sind sie bereit, sich augenblicklich zu schlieszen, wenn ihre empfindlichen Filamente berührt werden. Wie viele male ein Blatt fähig ist sich zu schlieszen und wieder zu öffnen, wenn keine animale Substanz eingeschlossen bleibt, weisz ich nicht; ein Blatt wurde aber viermal zum Schlieszen gebracht und öffnete sich später innerhalb sechs Tagen. Bei der letzten Gelegenheit fieng es eine Fliege und blieb dann viele Tage lang geschlossen.

Diese Fähigkeit, sich schnell wieder zu öffnen, wenn die Filamente zufällig durch Grashalme oder vom Winde auf das Blatt gewehte fremde Körper berührt worden waren, wie es doch gelegentlich im Heimathlande der Pflanze vorkommt[15], musz für die Pflanze von einiger Bedeutung sein; denn so lange ein Blatt geschlossen bleibt, kann es natürlich kein Insect fangen.

Wenn die Filamente gereizt werden und ein Blatt wird dazu gebracht, sich über ein Insect zu schlieszen, oder über ein Stückchen Fleisch, Eiweisz, Gelatine, Casëin oder zweifelsohne über irgend einen andern, lösliche stickstoffhaltige Substanz enthaltenden Körper, drücken die Lappen, anstatt concav zu bleiben, und dabei eine Concavität einzuschlieszen, langsam ihrer ganzen Breite nach gegen einander. Wenn dies stattfindet, werden die Ränder allmählich ein wenig nach auszen gekehrt, so dasz die Speichen, welche sich zuerst kreuzten, zuletzt in zwei parallelen Reihen vorspringen. Die Lappen drücken sich mit solcher Gewalt gegen einander, dasz ich gesehen habe, wie ein Eiweiszwürfel bedeutend abgeplattet wurde und deutliche Eindrücke der kleinen vorspringenden Drüsen erhielt; der letztere Umstand dürfte aber wohl theilweise durch die anätzende Wirkung des Secrets verursacht worden sein. Die Lappen werden so fest zusammengepreszt, dasz, wenn ein groszes Insect oder ein anderer gröszerer Gegenstand gefangen ist, eine entsprechende Hervorragung auf der Auszenseite des Blattes deutlich sichtbar wird. Wenn die bei den Lappen in dieser Weise vollständig geschlossen sind, so widerstehn sie einem künstlichen Öffnen, wie z. B. durch einen dünnen zwischen sie hinein [279] getriebenen Keil, mit erstaunlicher Kraft, und werden meist eher durchbrochen, als dasz sie nachgäben. Werden sie nicht gebrochen, so schlieszen sie sich, wie mir Dr. Canby in einem Briefe mittheilt, „mit einem förmlichen lauten Schlage.“ Wenn aber das Ende eines Blattes fest zwischen Daumen und Zeigefinger oder von einem Klemmer gehalten wird, so dasz die Lappen nicht anfangen können sich zu schlieszen, so äuszern sie, während sie sich in dieser Lage befinden, sehr wenig Kraft.

Ich glaubte zuerst, dasz das allmähliche Gegeneinanderdrücken der Lappen ausschlieszlich durch gefangene Insecten verursacht würde, welche über die empfindlichen Filamente wegkröchen und sie wiederholt reizten; diese Ansicht schien mir um so wahrscheinlicher zu sein, als ich von Dr. Burdon Sanderson hörte, dasz, sobald die Filamente eines geschlossenen Blattes gereizt würden, der normale elektrische Strom gestört würde. Es ist aber trotzdem eine solche Reizung durchaus nicht nothwendig, denn ein todtes Insect, oder ein Stückchen Fleisch oder Eiweisz, alles wirkt gleichmäszig gut; es wird dadurch bewiesen, dasz es in diesen Fällen die Absorption von animaler Substanz ist, welche die Lappen reizt, sich langsam gegen einander zu drücken. Wir haben gesehen, dasz die Absorption einer äuszerst geringen Quantität solcher Substanz es auch bewirkt, dasz sich ein vollständig ausgebreitetes Blatt langsam schlieszt; und diese Bewegung ist dem langsamen Gegeneinanderdrücken der concaven Lappen offenbar analog. Diese letztere Thätigkeit ist für die Pflanze von hoher functioneller Bedeutung, denn es werden dadurch die Drüsen auf beiden Seiten mit einem gefangenen Insect in Berührung gebracht, und in Folge dessen sondern sie ab. Das Secret, welches nun animale Substanz gelöst enthält, wird dann durch Capillarattraction über die ganze Fläche des Blattes gezogen, veranlaszt alle Drüsen abzusondern und läszt sie die diffundirte animale Substanz aufsaugen. Die durch die Absorption derartiger Substanz angeregte Bewegung ist zwar langsam, aber doch für ihren endlichen Zweck ausreichend, während die durch die Berührung eines der empfindlichen Filamente angeregte Bewegung rapid ist; und dies ist zum Fangen von Insecten ganz unentbehrlich. Diese beiden, durch zwei weit von einander verschiedene Mittel angeregten Bewegungen sind daher, wie alle übrigen Functionen der Pflanze, jede in ihrer Art den Zwecken, welchen sie dienen, gut angepaszt. [280] Es besteht noch ein anderer groszer Unterschied in der Thätigkeit der Blätter, welche solche Gegenstände wie Stückchen Holz, Kork, Papierkügelchen, einschlieszen, oder deren Filamente einfach berührt worden waren, und derjenigen, welche organische, lösliche stickstoffhaltige Substanz darbietende Körper einschlieszen. Im erstern Falle öffnen sich die Blätter, wie wir gesehen haben, in weniger als 24 Stunden wieder und sind dann bereit, selbst noch ehe sie sich vollständig ausgebreitet haben, sich wieder zu schlieszen. Haben sie sich aber über stickstoffabgebenden Körpern geschlossen, so bleiben sie viele Tage lang dicht geschlossen; nachdem sie sich dann wieder ausgebreitet haben, sind sie torpid, werden nie wieder thätig oder erst nach Verlauf einer beträchtlichen Zeit. In vier Fällen öffneten sich Blätter, nachdem sie Insecten gefangen hatten, niemals wieder, sondern fiengen an zu welken, dabei immer geschlossen bleibend – in einem Falle fünfzehn Tage lang über einer Fliege, in einem zweiten vierundzwanzig Tage lang, trotzdem die Fliege klein war, in einem dritten vierundzwanzig Tage lang über einer Holzlaus, und in einem vierten fünfunddreiszig Tage lang über einer groszen Tipula. In zwei andern Fällen blieben Blätter mindestens neun Tage über Fliegen geschlossen, und wie viel länger noch, weisz ich nicht. Es musz indessen doch hinzugefügt werden, dasz in zwei Fällen, wo auf natürliche Weise sehr kleine Insecten gefangen worden waren, das Blatt sich so schnell wieder öffnete, als wenn nichts gefangen worden wäre; ich vermuthe, dies war die Folge davon, dasz derartig kleine Insecten nicht zerdrückt worden waren, oder keine animale Substanz excernirt hatten, so dasz die Drüsen nicht gereizt wurden. Kleine eckige Stückchen Eiweisz und Gelatine wurden auf die beiden Enden dreier Blätter gelegt, von denen zwei dreizehn und das dritte zwölf Tage lang geschlossen blieben. Zwei andere Blätter blieben über Stückchen Fleisch elf Tage lang, ein drittes Blatt acht Tage lang, und ein viertes (dies war indessen geknickt und beschädigt worden) nur sechs Tage lang geschlossen. Stückchen Käse, oder Casëin, wurden auf das eine Ende, und Eiweisz auf das andere Ende von drei Blättern gelegt; die Enden mit den ersteren Substanzen öffneten sich nach sechs, acht und neun Tagen, während die anderen Enden sich etwas später öffneten. Keines der obigen Stückchen Fleisch, Eiweisz u. s. w. war gröszer als ein Würfel von 1/10 Zoll (2,54 Mm.) Seitenlänge; zuweilen waren sie kleiner; und doch reichten diese kleinen Portionen hin, die [281] Blätter viele Tage lang geschlossen zu halten. Dr. Canby theilt mir mit, dasz Blätter längere Zeit über Insecten geschlossen bleiben als über Fleisch; und nach dem, was ich gesehen habe, kann ich wohl glauben, dasz dies der Fall ist, besonders wenn die Insecten grosz sind.

In allen den oben angeführten Fällen und in vielen anderen, in denen Blätter eine lange aber unbekannte Zeit über natürlich gefangenen Insecten geschlossen blieben, waren sie, wenn sie sich wieder geöffnet hatten, mehr oder weniger torpid. Meistens waren sie während vieler folgender Tage so torpid, dasz keinerlei Reizung der Filamente die geringste Bewegung bewirkte. In einem Falle indessen schlosz sich ein Blatt mit äuszerster Langsamkeit, als eines seiner Filamente berührt wurde, an dem Tage, nachdem es sich wieder geöffnet hatte; es hatte vorher eine Fliege umfaszt; und obgleich diesmal kein Gegenstand eingeschlossen wurde, so war es doch so torpid, dasz es sich das zweite mal nicht vor Verlauf von 44 Stunden wieder öffnete. In einem zweiten Falle bewegte ein Blatt, welches sich ausgebreitet hatte, nachdem es mindestens neun Tage über einer Fliege geschlossen geblieben war, als es stark gereizt wurde, nur einen seiner beiden Lappen und behielt diese ungewöhnliche Stellung die nächsten zwei Tage hindurch bei. Ein dritter Fall bietet die stärkste Ausnahme dar, welche ich beobachtet habe: nachdem ein Blatt eine unbekannte Zeit hindurch über einer Fliege geschlossen geblieben war, öffnete es sich, und als eines seiner Filamente berührt wurde, schlosz es sich wieder, wenn schon ziemlich langsam. Dr. Canby welcher in den Vereinigten Staaten eine grosze Anzahl von Pflanzen beobachtet hat, welche, obgleich nicht an ihrem eingeborenen Standorte, doch wahrscheinlich kräftiger waren, als meine Pflanzen, theilt mir mit, „dasz er mehrere male erfahren habe, wie kräftige Pflanzen ihre Beute mehreremale verschlungen hätten; gewöhnlich war zweimal, oder sehr häufig, einmal schon hinreichend, sie untauglich zu machen.“ Auch Mrs. Treat, welche in New-Jersey viele Pflanzen cultivirte, theilt mir mit, dasz „mehrere Blätter hintereinander jedes drei Fliegen fiengen, dasz aber die meisten von ihnen nicht im Stande waren, die dritte Fliege zu verdauen, sondern über dem Versuch abstarben. Fünf Blätter jedoch verdauten jedes drei Fliegen und schlossen sich über der vierten, starben aber bald nach dem vierten Fange. Viele Blätter verdauten nicht einmal ein einziges groszes Insect.“ Es scheint hiernach, als sei das Verdauungsvermögen [282] etwas beschränkt; und sicher ist es, dasz Blätter über einem Insect immer viele Tage lang eingeschlagen bleiben und ihre Fähigkeit, sich von neuem zu schlieszen, nicht vor Ablauf vieler folgender Tage wieder erhalten. In dieser Beziehung weicht Dionaea von Drosera ab, welche viele Insecten nach kürzeren Zeitintervallen fängt und verdaut.

Wir sind nun vorbereitet, den Nutzen der randständigen Spitzen zu verstehen, welche einen so auffallenden Zug in der äuszeren Erscheinung der Pflanzen bilden (s. Fig. 12, p. 260) und welche mir in meiner Unkenntnis auf den ersten Blick nutzlose Anhänge zu sein schienen. In Folge der Einwärtskrümmung der sich einander nähernden Lappen kreuzen sich zuerst die Spitzen der randständigen Speichen und schlieszlich auch ihre Basen. Bis die Ränder der Lappen in Berührung kommen, bleiben längliche Räume zwischen den Speichen, in der Breite von 1/15 bis zu 1/10 Zoll (1,693 bis 2,54 Mm.) schwankend, je nach der Grösze des Blattes, offen. Es kann daher ein Insect, wenn sein Körper nicht dicker ist als die angegebenen Masze, leicht zwischen den gekreuzten Speichen hindurch entweichen, wenn es durch die sich schlieszenden Lappen und die zunehmende Dunkelheit beunruhigt wird; und einer meiner Söhne hat factisch ein kleines Insect auf diese Weise entweichen sehen. Wenn andererseits ein mäszig groszes Insect versucht, zwischen den Riegeln durch zu entkommen, so wird es sicherlich durch die sich schlieszenden Wände in sein schauerliches Gefängnis zurückgetrieben werden, denn die Speichen fahren fort, sich immer mehr und mehr zu kreuzen, bis die Ränder der Lappen selbst in Berührung kommen. Ein sehr starkes Insect indessen würde wohl im Stande sein, sich zu befreien; und Mrs. Treat sah einen Rosenkäfer der Vereinigten Staaten (Macrodactylus subspinosus) dies wirklich ausführen. Es würde nun offenbar ein groszer Nachtheil für die Pflanze sein, viele Tage dadurch zu verlieren, dasz sie über einem minutiösen Insecte geschlossen bliebe und dann später noch mehrere weitere Tage oder Wochen brauchte, ihre Empfindlichkeit wieder zu erlangen, insofern ja ein sehr kleines Insect nur wenig Nahrung darbieten würde. Es würde für die Pflanze viel besser sein, eine Zeit lang zu warten, bis ein mäszig groszes Insect gefangen wäre, und die kleinen lieber entschlüpfen zu lassen; und dieser Vortheil ist der Pflanze durch die sich langsam kreuzenden randständigen Speichen gesichert worden, welche wie die groszen [283] Maschen eines Fischernetzes der kleinen und nutzlosen Brut gestatten, zu entschlüpfen.

Da ich besorgt war, zu erfahren, ob diese Ansicht die richtige wäre, – und da der Fall auch eine gute Erläuterung dafür gibt, wie vorsichtig wir in der Annahme sein müssen, dasz irgend ein völlig entwickeltes Gebilde nutzlos sei, wie ich es in Bezug auf die landständigen Speichen angenommen hatte, – wandte ich mich an Dr. Canby. Er besuchte den natürlichen Standort der Pflanze zeitig im Jahre, – ehe die Blätter zu ihrer vollen Grösze herangewachsen waren, und schickte mir vierzehn Blätter, welche natürlich gefangene Insecten enthielten. Vier derselben hatten ziemlich kleine Insecten gefangen, nämlich drei davon Ameisen und das vierte eine eher kleine Fliege; aber die andern zehn hatten alle grosze Insecten gefangen, nämlich fünf Elater, zwei Chrysomela, eins einen Curculio, eine dicke und breite Spinne und eine Scolopender. Unter diesen zehn Insecten fanden sich nicht weniger als acht Käfer[16], und unter den ganzen vierzehn war nur eins, nämlich ein zweiflügliges Insect, welches leicht fliegen konnte. Drosera lebt andererseits hauptsächlich von Insecten, welche gute Flieger sind, besonders von Diptern, die mitte1st ihres klebrigen Secrets gefangen werden. Aber was uns hier am meisten angeht, ist die Grösze der zehn gröszeren Insecten. Ihre mittlere Länge von Kopf zu Schwanz war 0,256 Zoll, während die Lappen der Blätter im Mittel 0,53 Zoll lang waren, so dasz die Insecten nahebei halb so lang waren wie die Blätter, in welchen sie eingeschlossen wurden. Nur einige wenige dieser Blätter hatten daher ihre Kräfte durch das Fangen kleiner Beute verschwendet, obschon es ganz wahrscheinlich ist, dasz viele kleine Insecten über sie hin gekrochen und gefangen worden, aber dann noch zwischen den Speichen hindurch entkommen waren.

Die Übermittelung des motorischen Impulses und die Mittel der Bewegung. – Es genügt, irgend eines der sechs [284] Filamente zu berühren, um beide Lappen zum Schlieszen zu veranlassen, wobei dieselben gleichzeitig ihrer ganzen Breite nach einwärts gekrümmt werden. Der Reiz musz daher von jedem der Filamente nach allen Richtungen hin ausstrahlen. Er musz auch mit groszer Geschwindigkeit quer über das Blatt gesandt werden, denn in allen gewöhnlichen Fällen schlieszen sich die beiden Lappen, so weit es das Auge beurtheilen kann, gleichzeitig. Die meisten Physiologen glauben, dasz bei reizbaren Pflanzen der Reiz den Gefäszbündeln entlang oder in nahem Zusammenhange mit ihnen fortgeleitet werde. Bei Dionaea scheint auf den ersten Blick der Verlauf dieser Gefäsze (aus spiralem und gewöhnlichem Gefäszgewebe zusammengesetzt) diese Annahme zu begünstigen; denn sie laufen die Mittelrippe in einem groszen Bündel hinauf, auf jeder Seite kleine Bündel beinahe unter rechtem Winkel abgebend. Diese spalten sich gelegentlich gabelförmig auf ihrem Verlaufe dem Rande zu, und dicht am Rande treten kleine Zweige aus benachbarten Gefäszen zusammen und laufen in die randständigen Speichen. An einigen dieser Vereinigungspunkte bilden die Gefäsze merkwürdige Schlingen, wie die bei Drosera beschriebenen. Eine zusammenhängende Zickzacklinie läuft hiernach rings um den ganzen Umfang des Blattes und in der Mittelrippe sind sämmtliche Gefäsze in dichter Berührung, so dasz alle Theile des Blattes in einen gewissen Grad von gegenseitiger Mittheilbarkeit gebracht zu sein scheinen. Nichtsdestoweniger ist aber doch die Gegenwart von Gefäszen für die Übermittelung des motorischen Impulses nicht nothwendig, denn er wird auch von den Spitzen der empfindlichen Filamente (dieselben sind ungefähr 1/20 Zoll lang), in welche keine Gefäsze eintreten, weitergeleitet; und die letzteren hätten nicht übersehen werden können, da ich dünne senkrechte Durchschnitte durch das Blatt bei den Basen der Filamente machte.

Bei mehreren Gelegenheiten wurden ungefähr 1/10 Zoll lange Schlitze mit einer Lancette dicht an der Basis der Filamente, parallel mit der Mittelrippe gemacht, daher direct quer auf den Lauf der Gefäszbündel. Dieselben wurden zuweilen auf der inneren und zuweilen auf der äuszeren Seite der Filamente gemacht; mehrere Tage, nachdem sich die Blätter wieder geöffnet, wurden nun diese Filamente derb berührt (denn sie wurden immer durch die Operation in einem gewissen Grade tropid gemacht), und die Lappen schlossen sich darauf in der gewöhnlichen Art, wennschon langsam und zuweilen nicht vor Ablauf einer [285] beträchtlichen Zeit. Diese Fälle zeigen, dasz der motorische Impuls nicht den Gefäszbündeln entlang fortgeleitet wird; sie zeigen ferner, dasz keine Nöthigung zur Annahme eines directen Communicationsweges von dem Filamente, welches berührt worden ist, nach der Mittelrippe und dem gegenüberliegenden Lappen oder nach den äuszeren Theilen eines und desselben Lappens besteht.

Es wurden nun zunächst zwei Schlitze nahe an einander und beide der Mittelrippe parallel in derselben Art und Weise, wie vorhin erwähnt, jeder auf einer Seite der Basis eines Filaments an fünf verschiedenen Blättern gemacht, so dasz ein kleiner, ein Filament tragender Streifen mit dem übrigen Blatte nur an seinen beiden Enden zusammenhieng. Diese Streifchen waren nahezu von der nämlichen Grösze; eines wurde sorgfältig gemessen: es war 0,12 Zoll (3,048 Mm.) lang und 0,08 Zoll (2,032 Mm.) breit; in der Mitte stand das Filament. Nur einer dieser Streifen welkte und starb ab. Nachdem sich das Blatt von der Operation wieder erholt hatte, trotzdem aber die Schlitze noch immer offen waren, wurden die in solche Umstände versetzten Filamente derb berührt, und beide Lappen, oder einer allein schlosz sich langsam. In zwei Fällen brachte die Berührung des Filaments keine Wirkung hervor; als aber die Spitze einer Nadel in den Blattstreifen an der Basis des Filaments eingestochen wurde, schlossen sich die Lappen langsam. In diesen Fällen nun musz der Impuls dem Streifen entlang in einem der Mittelrippe parallelen Zuge fortgeschritten und dann entweder von beiden Enden oder nur von einem Ende des Streifens über die ganze Oberfläche der beiden Lappen ausgestrahlt sein.

Es wurden ferner zwei parallele Schlitze, gleich den früheren, einer auf jeder Seite der Basis eines Filaments, aber unter rechtem Winkel zur Mittelrippe gemacht. Nachdem die Blätter (der Zahl nach zwei) sich wieder erholt hatten, wurden die Filamente derb berührt und die Lappen schlossen sich langsam; hier muss der Impuls eine kurze Strecke weit in rechtem Winkel nach der Mittelrippe zu fortgeschritten und dann nach allen Seiten über beide Lappen ausgestrahlt sein. Diese verschiedenen Fälle beweisen, dasz der motorische Impuls in allen Richtungen hin durch das Zellgewebe läuft, unabhängig vom Verlaufe der Gefäsze.

Bei Drosera haben wir gesehen, dasz der motorische Impuls in gleicher Weise durch das Zellgewebe nach allen Richtungen hin übermittelt [286] wird, dasz aber die Geschwindigkeit seines Fortschreitens in hohem Masze von der Länge der Zellen und der Richtung ihrer längeren Achsen bestimmt wird. Mein Sohn fertigte dünne Durchschnitte eines Blattes von Dionaea an, und wir fanden, dasz die Zellen, sowohl die der centralen als auch die der oberflächlicheren Schichten, bedeutend verlängert waren und ihre längeren Achsen nach der Mittelrippe hingerichtet hatten; und gerade in dieser Richtung musz der motorische Impuls mit groszer Geschwindigkeit von einem Lappen zum andern gesandt werden, da sich beide gleichzeitig schlieszen. Die centralen, parenchymatösen Zellen sind gröszer, lockerer an einander geheftet und haben zartere Wandungen als die oberflächlicheren Zellen. Eine dicke Masse von Zellgewebe bildet die obere Fläche der Mittelrippe oberhalb des groszen centralen Gefäszbündels.

Als die Filamente derb berührt wurden, an deren Basen Schlitze gemacht worden waren und zwar entweder auf beiden Seiten oder nur an einer Seite, entweder parallel mit der Mittelrippe oder in rechtem Winkel zu ihr, bewegten sich beide Lappen oder nur der eine. In einem dieser Fälle bewegte sich der Lappen auf der Seite, welche das Filament trug, das berührt worden war, in drei anderen Fällen aber bewegte sich allein der gegenüberliegende Lappen; eine Beschädigung also, welche hinreichte, die Bewegung eines Lappens zu hindern, verhinderte die Weiterleitung eines Reizes von ihm aus nicht, welcher den gegenüberliegenden Lappen sich zu bewegen anregte. Wir lernen hieraus auch, dasz, obgleich sich normal beide Lappen zusammen bewegen, jeder die Fähigkeit unabhängiger Bewegung hat. Es ist allerdings bereits der Fall von einem torpiden Blatte mitgetheilt worden, welches sich kürzlich, nachdem es eine Fliege gefangen hatte, wieder geöffnet hatte, und an dem sich ein Lappen allein bewegte, als es gereizt wurde. Überdies kann sich auch ein Ende eines und desselben Lappens schlieszen und wieder ausbreiten, unabhängig vom anderen Ende, wie wir es in einigen der vorstehend angeführten Experimente gesehen haben.

Wenn sich die Blattlappen, die ziemlich dick sind, schlieszen, so ist keine Spur von Faltenbildung auf irgend einem Theile ihrer obern Fläche zu sehen. Es müssen sich daher allem Anscheine nach die Zellen zusammenziehen. Der hauptsächlichste Sitz der Bewegung ist offenbar die dicke Zellenmasse, welche auf dem centralen Gefäszbündel in der Mittelrippe aufliegt. Um zu ermitteln, ob sich dieser [287] Theil zusammenzieht, wurde ein Blatt in einer solchen Weise an dem Tische des Mikroskops befestigt, dasz die beiden Lappen nicht vollständig geschlossen werden konnten; und nachdem ich zwei sehr kleine schwarze Punkte auf die Mittelrippe, in einer queren Reihe und ein wenig nach einer Seite hin, gemacht hatte, stellte es sich mittels des Mikrometers heraus, dasz sie 17/1000 Zoll von einander entfernt standen. Nun wurde eines der Filamente berührt und die Lappen schlossen sich; da sie aber daran verhindert waren, sich zu berühren, so konnte ich noch immer die beiden Punkte sehen, welche nun 15/1000 Zoll auseinander standen, so dasz eine kleine Partie der oberen Fläche der Mittelrippe sich in einer Querlinie um 2/1000 Zoll (0,0508 Mm.) zusammengezogen hatte.

Wir wissen, dasz die Lappen, während sie sich schlieszen, ihrer ganzen Breite nach unbedeutend nach innen gekrümmt werden. Diese Bewegung ist dem Anscheine nach eine Folge der Contraction der oberflächlichen Zellenschichten über die ganze obere Fläche hin. Um ihre Zusammenziehung zu beobachten, wurde aus dem einen Lappen ein schmaler Streifen unter rechtem Winkel auf die Mittelrippe ausgeschnitten, so dasz die Oberfläche des entgegengesetzten Lappens an dieser Stelle gesehen werden konnte, wenn das Blatt geschlossen war. Nachdem sich das Blatt von der Operation erholt und wieder ausgebreitet hatte, wurden drei kleine schwarze Flecken auf die dem Schlitz oder Fenster gegenüberliegende Fläche in einer Linie rechtwinklig auf die Mittelrippe gemacht. Die Entfernung zwischen den Flecken wurde als 40/1000 Zoll betragend ermittelt, so dasz die beiden äuszersten Punkte 80/1000 Zoll auseinander standen. Nun wurde eines der Filamente berührt und das Blatt schlosz sich. Als die Entfernungen zwischen den Punkten wiederum gemessen wurden, ergab sich, dasz die beiden der Mittelrippe am nächsten gelegenen um 1-2/1000 Zoll[WS 1] näher an einander waren als früher und die beiden ferneren Punkte um 3-4/1000 Zoll, so dasz nun die beiden äuszersten Punkte der Reihe ungefähr 5/1000 Zoll (0,127 Mm.) näher an einander standen als vorher. Wenn wir annehmen, dasz die ganze obere Fläche des Lappens, welcher 400/1000 Zoll breit war, sich in demselben Verhältnis zusammengezogen hat, so wird die Gesammtcontraction ungefähr 25/1000 oder 1/40 Zoll (0,635 Mm.) betragen haben; ob dies aber hinreichend ist, die unbedeutende Einwärtskrümmung des ganzen Lappens zu erklären, bin ich nicht im Stande zu sagen. [288] Endlich ist nun die wunderbare, von Dr. Burdon Sanderson gemachte Entdeckung[17] in Bezug auf die Bewegung der Blätter allgemein bekannt, dasz nämlich in der Blattscheibe und dem Blattstiel ein normaler elektrischer Strom besteht, und dasz, wenn die Blätter gereizt werden, der Strom in derselben Art und Weise gestört wird, wie es während der Contraction des Muskels eines Thieres stattfindet.

Die Wiederausbreitung der Blätter. – Diese wird in einem unmerkbar langsamen Tempo bewirkt, mag nun ein Gegenstand eingeschlossen sein oder nicht[18]. Ein Lappen kann sich für sich selbst wieder ausbreiten, wie es mit dem torpiden Blatte vorkam, bei dem sich nur ein Lappen allein geschlossen hatte. Auch haben wir in den Versuchen mit Käse und Eiweisz gesehen, dasz die beiden Enden eines und desselben Blattes bis zu einem gewissen Grade sich unabhängig von einander wieder ausbreiten können. Aber in allen gewöhnlichen Fällen öffnen sich beide Lappen zu der nämlichen Zeit. Die Wiederausbreitung wird nicht durch die empfindlichen Filamente bestimmt; alle drei Filamente auf einem Lappen wurden dicht an ihrer Basis abgeschnitten; und die drei so behandelten Blätter breiteten sich wieder aus und zwar das eine in theilweiser Ausdehnung in 24 Stunden, – das zweite in gleichem Grade in 48 Stunden, und das dritte, welches vorher verletzt worden war, vor dem sechsten Tage. Nach ihrer Wiederausbreitung schlossen sich diese Blätter schnell, als die Filamente auf dem andern Lappen gereizt wurden. Diese wurden dann bei einem Blatte auch noch abgeschnitten, so dasz keine mehr vorhanden waren. Dieses verstümmelte Blatt breitete sich trotz des Verlustes aller seiner Filamente in zwei Tagen in der gewöhnlichen Weise wieder aus. Wenn die Filamente durch Eintauchen in eine Zuckerlösung gereizt worden waren, so breiten sich die Lappen nicht so bald wieder aus, als wenn die Filamente blosz [289] berührt worden waren; und dies ist, wie ich vermuthe, Folge davon, dasz sie stark durch Exosmose afficirt worden sind, so dasz sie einige Zeit lang fortdauernd einen motorischen Impuls der oberen Fläche des Blattes zuleiten.

Die folgenden Thatsachen lassen mich glauben, dasz die verschiedenen Zellenschichten, welche die untere Fläche des Blattes bilden, sich immer in einem Zustande der Spannung befinden, und dasz es eine Folge dieses mechanischen Zustandes ist – wahrscheinlich noch dadurch unterstützt, dasz frische Flüssigkeit in die Zellen gezogen wird, – dasz die Lappen sich zu trennen oder auszubreiten anfangen, so bald die Contraction der oberen Flächen sich vermindert. Ein Blatt wurde abgeschnitten und plötzlich senkrecht in kochendes Wasser geworfen; ich erwartete, dasz sich die Lappen schlieszen würden, aber statt dessen divergirten sie ein wenig. Ich nahm dann ein anderes schönes Blatt, dessen Lappen in einem Winkel von nahezu 80° zu einander standen; und als ich es wie das vorige eintauchte, erweiterte sich der Winkel plötzlich auf 90°. Ein drittes Blatt hatte sich kürzlich wieder ausgebreitet, nachdem es eine Fliege gefangen hatte, und war in Folge dessen torpid, so dasz wiederholte Berührungen der Filamente nicht die geringste Bewegung bewirkten; als es in ähnlicher Weise in kochendes Wasser getaucht wurde, giengen die Lappen trotzdem ein wenig auseinander. Da diese Blätter senkrecht in das kochende Wasser gehalten wurden, müssen beide Oberflächen und die Filamente gleichmäszig afficirt worden sein; und ich kann mir die Divergenz der Lappen nur dadurch verständlich machen, dasz ich annehme, die Zellen auf der unteren Seite hätten in Folge ihres Spannungszustandes mechanisch eingewirkt und somit die Lappen plötzlich ein wenig auseinander gezogen, sobald die Zellen auf der oberen Fläche getödtet wurden und ihr Contractionsvermögen verloren. Wir haben gesehen, dasz kochendes Wasser in gleicher Weise die Tentakeln der Drosera rückwärts biegen macht, und dies ist eine der Divergenz der Blattlappen bei Dionaea analoge Bewegung.

In einigen Schluszbemerkungen zum fünfzehnten Capitel über die Droseraceen werden die verschiedenen Arten von Irritabilität, welche die verschiedenen Gattungen besitzen, und die verschiedenen Arten, in welchen sie Insecten fangen, mit einander verglichen werden.

[290]

Vierzehntes Capitel.
Aldrovanda vesiculosa.

Fängt Krustenthiere. – Structur der Blätter im Vergleich mit denen der Dionaea. – Aufsaugung der Drüsen, der viertheiligen Fortsätze und der Spitzen an den nach innen gefalteten Rändern. – Aldrovanda vesiculosa, var. australis – Fängt sich Beute. – Aufsaugung thierischer Substanz. – Aldrovanda vesiculosa, var. verticillata. – Schluszbemerkungen.

Diese Pflanze kann eine kleine, im Wasser wachsende Dionaea genannt werden. Stein entdeckte 1873, dasz die zweilappigen Blätter, welche in Europa gewöhnlich geschlossen gefunden werden, sich unter einer genügend hohen Temperatur öffnen und wenn sie berührt werden, plötzlich schlieszen [19]. Sie breiten sich in von 24 bis 36 Stunden wieder aus; aber, wie es scheint, nur wenn unorganische Gegenstände eingeschlossen wurden. Die Blätter enthalten zuweilen Luftblasen und wurden früher für Blasen gehalten; daher der specifische Name "vesiculosa". Stein beobachtete, dasz Wasser-Insecten manchmal gefangen wurden, und Prof. Cohn hat wiederholt in den Blättern natürlich wachsender Pflanzen viele Arten von Krustenthieren und Larven gefunden [20]. Pflanzen, die in filtrirtem Wasser gehalten worden waren, wurden von ihm in ein Gefäsz, welches zahlreiche Krustenthiere der Gattung Cypris enthielt, gethan, und am nächsten Morgen wurden [291] viele gefangen gefunden, noch lebendig und in den geschlossenen Blättern herumschwimmend, aber zu gewissem Tode verurtheilt.

Gleich nachdem ich Prof. Cohn's Abhandlung gelesen hatte, erhielt ich durch Dr. Hooker's Güte lebende Pflanzen aus Deutschland. Da ich nichts zu Prof. Cohn's ausgezeichneter Beschreibung hinzufügen kann, so will ich nur zwei Abbildungen geben, die eine von einem Wirtel von Blättern aus seiner Abhandlung copirt, und die andere von einem flach offen gedrückten Blatte, von meinem Sohne Francis gezeichnet. Ich will jedoch einige Bemerkungen über die

Fig. 13. (Aldroranda esiculosa.) Obere Figur: Blattwirtel (nach Cohn). Untere Figur: ein flach offen gedrücktes Blatt, stark vergröszert.

Verschiedenheiten zwischen dieser Pflanze und der Dionaea daran knüpfen.

Aldrovanda besitzt keine Wurzeln und schwimmt frei im Wasser. Die Blätter sind in Wirteln rings um den Stamm angeordnet. Ihre breiten Stiele enden in von vier bis sechs steifen Vorsprüngen [21], jeder [292] an der Spitze mit einer steifen kurzen Borste versehen. Das zweilappige Blatt, dessen Mittelrippe gleichfalls an der Spitze mit einer kurzen Borste versehen ist, steht in der Mitte dieser Vorsprünge und wird augenscheinlich von ihnen geschützt. Die Lappen werden von einem sehr zarten Gewebe gebildet, so dasz sie durchsichtig sind; sie öffnen sich, wie Cohn sagt, ungefähr eben so viel als die beiden Klappen einer lebenden Muschelschale, daher selbst noch weniger als die Lappen der Dionaea; und dies musz das Fangen von im Wasser lebenden Thieren noch leichter machen. Die Auszenseite der Blätter und Stiele ist mit sehr kleinen, zweiarmigen Papillen bedeckt, augenscheinlich den achtstrahligen Papillen der Dionaea entsprechend.

Jeder Lappen ist etwas gröszer als ein Halbkreis in der Convexität, und besteht aus zwei sehr verschiedenen concentrischen Theilen; die innere und kleinere Partie oder die der Mittelrippe nähere ist leicht concav und wird, nach Cohn, von drei Zellenschichten gebildet. Seine obere Fläche ist mit farblosen Drüsen, gleich denen der Dionaea, aber einfacher als diese, dicht besetzt; sie werden von bestimmten Stielen, welche aus zwei Reihen von Zellen bestehen, getragen. Der äuszere und breitere Theil des Lappens ist flach und sehr dünn und wird immer von zwei Zellenschichten gebildet. Seine obere Fläche trägt keine Drüsen, aber an ihrer Stelle kleine vierspaltige Fortsätze, von denen jeder aus vier spitz zulaufenden Vorsprüngen besteht, welche sich von einer gemeinsamen Hervorragung erheben. Diese Fortsätze werden von einer sehr zarten Membran gebildet, welche mit einer Schicht von Protoplasma ausgekleidet ist; sie enthalten zuweilen zusammengeballte kuglige Massen von hyaliner Substanz. Zwei der leicht auseinander laufenden Arme sind gegen die Peripherie gerichtet und zwei gegen die Mittelrippe, sie bilden so zusammen eine Art von griechischem Kreuz. Gelegentlich werden zwei der Arme durch einen ersetzt und dann ist der Vorsprung dreitheilig. Wir werden in einem späteren Capitel sehen, dasz diese Vorsprünge in sonderbarer Weise den in den Blasen der Utricularia gefundenen gleichen, ganz besonders denen der Utricularia montana, obgleich diese Gattung nicht mit der Aldrovanda verwandt ist.

Ein schmaler Rand des breiten flachen äuszeren Theils jedes Lappen ist einwärts gebogen, so dasz, wenn die Lappen geschlossen sind, die äuszeren Oberflächen der eingefalteten Theile in Berührung kommen. Der Rand selbst trägt eine Reihe von conischen, abgeplatteten, [293] durchsichtigen Spitzen mit breiten Basen, gleich den Stacheln am Stamme eines Brombeerstrauches oder Rubus. Da der Rand eingebogen ist, so sind diese Spitzen nach der Mittelrippe zugerichtet und es scheint zuerst, als seien sie dazu angepaszt, das Entkommen der Beute zu verhindern; aber dies kann kaum ihre hauptsächliche Thätigkeit sein, denn sie bestehen aus sehr zarter und stark biegsamer Membran, welche leicht gebogen oder ganz zurückgefaltet werden kann, ohne zerbrochen zu werden. Demungeachtet müssen die eingebognen Ränder mit den Spitzen zusammen die rückgängige Bewegung irgend eines kleinen Geschöpfes verhindern, so bald die Lappen sich zu schlieszen anfangen. Der peripherische Theil des Blattes der Aldrovanda weicht hiernach sehr von dem der Dionaea ab; auch können die Spitzen auf dem Rande nicht mit den Speichen oder Spitzen rings um die Blätter der Dionaea für homolog gehalten werden, da diese letzteren Verlängerungen der Blattscheibe und nicht blosze Producte der Epidermis sind. Sie scheinen also einem ganz verschiedenen Zwecke zu dienen.

Auf dem concaven drüsentragenden Theil des Lappens und besonders auf der Mittelrippe sind zahlreiche lange, fein zugespitzte Haare, welche, wie Prof. Cohn bemerkt, ohne Zweifel gegen Berührung empfindlich sind, und, wenn berührt, es verursachen, dasz das Blatt sich schlieszt. Sie werden von zwei Reihen Zellen gebildet, oder, wie Cohn sagt, manchmal von vier, und enthalten kein Gefäszgewebe. Sie weichen auch von den sechs empfindlichen Filamenten der Dionaea dadurch ab, dasz sie farblos sind, und ebenso wohl eine mittlere als eine basale Articulation haben. Ohne Zweifel verdanken sie es diesen zwei Gelenken, dasz sie trotz ihrer Länge dem Zerbrechen beim Schlieszen der Lappen entgehen.

Die Pflanzen, welche ich in der ersten Hälfte des Oktober aus Kew erhielt, öffneten niemals ihre Blätter, obgleich sie einer hohen Temperatur ausgesetzt wurden. Nachdem ich die Structur von einigen derselben untersucht hatte, experimentirte ich nur an zweien, da ich hoffte, die Pflanzen würden wachsen; und ich bedaure nun, dasz ich nicht eine gröszere Anzahl geopfert habe.

Ein Blatt wurde entlang der Mittelrippe aufgeschnitten und die Drüsen unter starker Vergröszerung untersucht. Es wurde darauf in einige wenige Tropfen eines Aufgusses von rohem Fleisch gethan. Nach 3 Stunden 20 Minuten hatte noch keine Veränderung stattgefunden; [294] aber als es dann nach 23 Stunden 20 Minuten wieder untersucht wurde, enthielten die äuszeren Zellen der Drüsen, anstatt einer durchsichtigen Flüssigkeit, kuglige Massen von körniger Substanz, welche bewiesen, dasz Substanz aus dem Aufgusz aufgesaugt worden war. Dasz diese Drüsen eine Flüssigkeit absondern, welche thierische Substanz aus den Körpern der Geschöpfe, welche die Blätter fangen, auflöst oder verdaut, ist auch durch die Analogie der Dionaea höchst wahrscheinlich. Wenn wir derselben Analogie vertrauen dürfen, so schlieszen sich wahrscheinlich die concaven und inneren Theile der Lappen durch eine langsame Bewegung, sobald die Drüsen eine geringe Menge von schon löslicher thierischer Substanz aufgesaugt haben. Das eingeschlossene Wasser würde so heraus gedrückt werden und das Secret folglich nicht zu verdünnt zum Einwirken sein. In Bezug auf die viertheiligen Fortsätze an den äuszeren Theilen der Lappen war ich nicht im Stande zu entscheiden, ob der Aufgusz auf sie eingewirkt hatte; denn die Auskleidung von Protoplasma war etwas eingeschrumpft, ehe sie eingetaucht wurden. Bei vielen der Spitzen auf den umgebogenen Rändern war das auskleidende Protoplasma gleichfalls eingeschrumpft, und enthielt kuglige Körner von hyaliner Substanz.

Eine Lösung von Harnstoff wurde zunächst angewendet. Diese Substanz wurde zum Theil mit deshalb gewählt, weil sie von den Drüsen der Utricuraria – einer Pflanze, welche, wie wir später sehen werden, sich von zerfallener thierischer Substanz nährt, absorbirt wird. Da der Harnstoff eines der letzten Producte der chemischen im lebenden Körper vor sich gehenden Verwandlungen ist, so scheint er dazu passend zu sein, die ersten Stadien des Zerfallens des todten Körpers darzustellen. Ich wurde auch noch durch eine sonderbare kleine Thatsache, die Prof. Cohn erwähnt, darauf geführt, den Harnstoff zu versuchen, nämlich dasz, wenn ziemlich grosze Kruster zwischen den sich schlieszenden Lappen gefangen werden, sie während ihres Entkommens so stark gedrückt werden, dasz sie oft ihre wurstförmigen Excremente ausleeren, welche in den meisten der Blätter gefunden wurden. Diese Massen enthalten ohne Zweifel Harnstoff. Sie werden entweder auf den breiten äuszeren Flächentheilen der Lappen, wo die viertheiligen Fortsätze sitzen, oder in der geschlossenen Concavität gelassen. In dem letzteren Fall wird mit excrementitieller und verwesender Substanz getränktes Wasser langsam nach auszen gepreszt und die viertheiligen [295] Fortsätze umspülen, wenn ich mit der Annahme Recht habe, dasz die concaven Lappen sich nach einiger Zeit zusammenziehen, wie die der Dionaea. Faulendes Wasser wird auch zu allen Zeiten leicht ausflieszen, besonders wenn kleine Luftblasen in der Concavität enthalten sind.

Ein Blatt wurde aufgeschnitten und untersucht, und es fand sich, dasz die äuszeren Zellen der Drüsen nur durchsichtige Flüssigkeit enthielten. Einige der viertheiligen Fortsätze umschlossen einige wenige sphärische Körner, aber mehrere waren durchsichtig und leer, und deren Stellungen wurden bezeichnet. Dieses Blatt wurde nun in ein wenig Lösung von einem Theil Harnstoff auf 146 Theile Wasser oder drei Gran auf eine Unze gethan. Nach 3 Stunden 40 Minuten war noch keine Veränderung weder in den Drüsen, noch in den viertheiligen Fortsätzen da; noch war nach 24 Stunden irgend eine sichere Veränderung in den Drüsen vorhanden, so dasz, soweit ein Versuch reicht, Harnstoff nicht in derselben Weise auf die Drüsen einwirkt, wie ein Aufgusz von rohem Fleisch. Die viertheiligen Fortsätze verhielten sich anders; denn die Protoplasma-Auskleidung war, anstatt ein gleichmäsziges Gefüge darzubieten, nun leicht zusammengeschrumpft und stellte an vielen Stellen kleine, verdickte, unregelmäszige, gelbliche Flecken und Leisten dar, genau wie die, welche in den viertheiligen Fortsätzen der Utricularia erscheinen, wenn sie mit derselben Lösung behandelt wird. Überdies enthielten mehrere der viertheiligen Fortsätze, welche vorher leer waren, jetzt mäszig grosze oder sehr kleine, mehr oder weniger zusammengeballte Körnchen gelblicher Substanz, wie es gleichfalls unter denselben Umständen bei Utricularia vorkommt. Einige der Spitzen an den eingebogenen Rändern der Lappen waren genau so afficirt; denn ihre Auskleidung von Protoplasma war etwas eingeschrumpft und umschlosz gelbliche Flecken; und diejenigen, welche vorher leer waren, enthielten nun kleine Kugeln und unregelmäszige Massen von hyaliner Substanz, mehr oder weniger zusammengeballt, so dasz Beides, die Spitzen auf den Rändern und die viertheiligen Fortsätze, im Laufe von 24 Stunden Substanz aus der Lösung aufgesaugt hatten; aber ich werde auf diesen Gegenstand wieder zurückkommen. In einem andern ziemlich alten Blatt, welchem nichts gegeben, welches aber in faulem Wasser gelassen worden war, enthielten einige der viertheiligen Fortsätze zusammengeballte, durchsichtige Kügelchen. Eine Lösung von einem Theil kohlensauren Ammoniaks [296] auf 218 Theile Wasser wirkte auf diese nicht ein; und dieses negative Resultat stimmt damit überein, was ich unter gleichen Umständen bei Utricularia beobachtet habe.

Aldrovanda vesiculosa, var. australis. – Getrocknete Blätter dieser Pflanze von Queensland in Australien wurden mir von Prof. Oliver aus dem Herbarium in Kew geschickt. Ob sie als eine bestimmte Species oder als eine Varietät betrachtet werden musz, kann nicht entschieden werden, bis die Blüthen nicht von einem Botaniker untersucht worden sind. Die Vorsprünge an dem oberen Ende des Stieles (von vier bis sechs an Zahl) sind beträchtlich länger in Bezug auf die Scheibe und viel mehr verdünnt als jene der europäischen Form. Sie sind in einer beträchtlichen Ausdehnung nahe ihren Enden dicht mit nach oben gebogenen Stacheln bedeckt, welche in der letzten Form ganz fehlen, und gewöhnlich tragen sie auf ihren Spitzen zwei oder drei gerade Stacheln anstatt eines. Das zweigelappte Blatt scheint auch etwas länger und etwas breiter zu sein, und das kleine Stielchen, mit welchem es an das obere Ende des Blattstiels befestigt ist, ist etwas länger. Die Spitzen auf den umgebogenen Rändern sind gleichfalls verschieden; sie haben schmälere Basen und sind mehr zugespitzt; lange und kurze Spitzen wechseln auch mit viel mehr Regelmäszigkeit ab als in der europäischen Form. Die Drüsen und empfindlichen Haare sind in beiden Formen ähnlich. Es konnten an mehreren der Blätter keine viertheiligen Fortsätze gesehen werden, aber ich bezweifle nicht, dasz sie da waren, obgleich wegen ihrer Zartheit, und deshalb, weil sie geschrumpft waren, nicht bemerkbar; denn sie waren auf einem Blatt unter Umständen, die sofort erwähnt werden sollen, ganz deutlich.

Einige der geschlossenen Blätter enthielten keine Beute, aber in einem war ein ziemlich groszer Käfer, welcher wegen seiner abgeplatteten Schienen, wie ich vermuthe, eine wasserlebende Art, aber nicht mit Colymbetes verwandt war. Alle die weicheren Gewebe dieses Käfers waren vollständig aufgelöst und seine chitinhaltigen Hautbedeckungen waren so rein, als ob sie in ätzendem Kali gekocht worden wären, so dasz sie eine beträchtliche Zeit eingeschlossen gewesen sein müssen. Die Drüsen waren brauner und undurchsichtiger als die an andern Blättern, welche nichts gefangen hatten; und die viertheiligen Fortsätze, dadurch, dasz sie theilweise mit brauner körniger Substanz gefüllt waren, konnten deutlich unterschieden werden, was, [297] wie schon bemerkt wurde, bei den andern Blättern nicht der Fall war. Einige der Spitzen auf den eingebogenen Rändern enthielten gleichfalls bräunliche, körnige Substanz. Wir gewinnen dadurch weitere Beweise, dasz die Drüsen, die viertheiligen Fortsätze und die randständigen Spitzen alle das Vermögen haben, Substanz aufzusaugen, obgleich wahrscheinlich von verschiedener Natur.

In einem andern Blatte waren zerfallene Überbleibsel eines ziemlich kleinen Thieres, nicht eines Krustenthieres, welches einfache, starke undurchsichtige Mandibeln und eine grosze nicht gegliederte, chitinhaltige Hülle hatte, vorhanden. Stücke schwarzer organischer Substanz, möglicherweise vegetabilischer Natur, waren in zwei andern Blättern eingeschlossen; aber in einem derselben war auch ein kleiner Wurm stark verwest. Aber die Natur von theilweise verdauten und verwesten Körpern, welche flach gedrückt lange getrocknet und dann in Wasser aufgeweicht worden sind, kann nicht leicht wiedererkannt werden. Alle Blätter enthielten einzellige und andere Algen, noch von einer grünlichen Färbung, welche augenscheinlich als Eindringlinge dort gelebt hatten, in derselben Weise, wie es nach Cohn's Angabe in den Blättern dieser Pflanze in Deutschland vorkommt.

Aldrovanda vesiculosa var. verticillata. – Dr. King, Superintendent des botanischen Gartens, schickte mir gütigst einige getrocknete nahe bei Calcutta gesammelte Exemplare. Diese Form wurde, glaube ich, von Wallich als eine verschiedene Species betrachtet unter dem Namen verticillata. Sie gleicht der australischen Form viel mehr als der europäischen; nämlich darin, dasz die Vorsprünge am oberen Ende des Stieles viel mehr verdünnt und mit nach oben gebogenen Stacheln bedeckt sind; sie enden auch in geraden kleinen Stacheln. Die zweigelappten Blätter sind, glaube ich, gröszer und sicherlich breiter als selbst die der australischen Form; so dasz die gröszere Convexität ihrer Ränder augenfällig war. Die Länge eines offenen Blattes zu 100 genommen, war die Breite der bengalischen Form beinahe 173, die der australischen Form 147 und die der deutschen 134. Die Spitzen an den eingebogenen Rändern sind ähnlich denen in der australischen Form. Von den wenigen Blättern, welche untersucht wurden, enthielten drei entomostrake Krustenthiere.

Schluszbemerkungen. – Die Blätter der drei vorstehend erwähnten nahe verwandten Species oder Varietäten sind offenbar zum [298] Fangen von lebenden Geschöpfen eingerichtet. Was die Functionen der verschiedenen Theile betrifft, so kann wenig Zweifel sein, dasz die langen gegliederten Haare sensitiv sind, wie die der Dionaea, und dasz sie, wenn sie berührt werden, verursachen, dasz sich die Lappen schlieszen. Dasz die Drüsen eine wahre verdauende Flüssigkeit absondern, und später die verdaute Substanz aufsaugen, ist sehr wahrscheinlich, einmal nach der Analogie der Dionaea, – dann weil die durchsichtige Flüssigkeit in ihren Zellen in sphärische Massen zusammengeballt wird, nachdem sie einen Aufgusz von rohem Fleisch aufgesaugt hatten, – ferner, weil die Zellen des Blattes, welches lange Zeit einen Käfer eingeschlossen hatte, sich in einem undurchsichtigen und körnigen Zustand befanden, – und endlich, weil die Integumente dieses Insects, eben sowohl wie die der Kruster (wie Cohn beschrieben hat) welche lange gefangen gewesen sind, so rein waren. Ferner ist es nach der Wirkung, welche ein Eintauchen von 24 Stunden in eine Lösung von Harnstoff auf die viertheiligen Fortsätze hervorbrachte, – nach der Anwesenheit von brauner körniger Substanz in den viertheiligen Fortsätzen des Blattes, worin der Käfer gefangen worden war, – und nach der Analogie der Utricularia – wahrscheinlich, dasz diese Fortsätze excrementitielle und zerfallende thierische Substanz aufsaugen. Es ist ein noch merkwürdigerer Fall, dasz die Spitzen auf den eingebogenen Rändern augenscheinlich dazu dienen, zerfallene thierische Substanz in derselben Weise wie die viertheiligen Fortsätze aufzusaugen. Wir können hier noch die Bedeutung der eingebogenen Ränder der Lappen, die mit zarten nach innen gerichteten Spitzen versehen sind, und der breiten flachen äuszeren Theile, welche viertheilige Fortsätze tragen, verstehen; denn diese Flächen müssen dem ausgesetzt sein, von faulem Wasser benetzt zu werden, welches von der Concavität des Blattes abflieszt, wenn es todte Thiere enthält. Dieses würde aus verschiedenen Ursachen erfolgen: – wegen der allmählichen Contraction der Concavität, – weil Flüssigkeit im Übermasz abgesondert wird, – und wegen der Entstehung von Luftblasen. Mehr Beobachtungen sind über diesen Punkt nöthig, aber wenn diese Ansicht richtig ist, so haben wir den merkwürdigen Fall, dasz verschiedene Theile eines und desselben Blattes sehr verschiedenen Zwecken dienen, – der eine Theil zu wahrer Verdauung, und ein andrer zur Aufsaugung zerfallener thierischer Substanz. [299] Wir können auch hiernach verstehen, wie eine Pflanze durch den allmählichen Verlust einer der beiden Fähigkeiten, nach und nach der einen Thätigkeit angepaszt werden kann, mit Ausschlusz der andern; und es wird später gezeigt werden, dasz zwei Gattungen, nämlich Pinguicula und Utricularia, die zu derselben Familie gehören, diesen zwei verschiedenen Functionen angepaszt worden sind.

[300]

Fünfzehntes Capitel.
Drosophyllum. – Roridula. – Byblis. – Drüsige Haare anderer Pflanzen. – Schluszbemerkungen über die Droseraceen.

Drosophyllum. – Structur der Blätter. – Natur des Secrets. – Art und Weise, Insecten zu fangen. – Vermögen der Absorption. – Verdauung animaler Substanzen. – Zusammenfassung über Drosophyllum. – Boridula. – Byblis. – Drüsige Haare anderer Pflanzen, ihr Absorptionsvermögen. – Saxifraga. – Primula. – Pelargonium. – Erica. – Mirabilis. – Nicotiana. – Zusammenfassung über drüsige Haare. – Schluszbemerkungen über die Droseraceen.

Drosophyllum lusitanicum. – Diese seltene Pflanze ist nur in Portugal und, wie ich von Dr. Hooker höre, in Marocco gefunden worden. Ich erhielt lebende Exemplare durch die grosze Freundlichkeit des Herrn W. C. Tait, und später durch Herrn G. Maw und Dr. Moore. Herr Tait theilt mir mit, dasz sie sehr zahlreich an den Abhängen trockener Berge in der Nähe von Oporto wächst und dasz eine ungeheure Zahl von Fliegen an den Blättern hängt. Diese letztere Thatsache ist den Bauern wohl bekannt, welche die Pflanze "Fliegenfänger" nennen und sie zu diesem Zwecke in ihren Häusern aufhängen. Eine Pflanze in meinem Gewächshause fieng während der ersten Hälfte des April, trotzdem dasz das Wetter kalt war und Insecten selten, so viele Insecten, dasz sie in irgend einer Art und Weise starke Anziehungskraft auf dieselben ausgeübt haben musz. An vier Blättern einer jungen und kleinen Pflanze wurden 8, 10, 14 und 16 äuszerst kleine Insecten, hauptsächlich Dipteren, im Herbste ihnen anhängend gefunden. Ich versäumte es, die Wurzeln zu untersuchen; ich höre aber von Dr. Hooker, dasz sie sehr klein sind, wie es bei den früher erwähnten Gliedern der nämlichen Familie der Droseraceen der Fall ist. [301] Die Blätter entspringen aus einer beinahe holzigen Achse; sie sind linear, nach der Spitze zu bedeutend verschmälert und mehrere Zoll lang. Die obere Fläche ist concav, die untere convex, mit einem schmalen Canal der Mitte entlang. Beide Flächen sind, mit Ausnahme des Canals, mit Drüsen bedeckt, welche auf Stielen stehn und in unregelmäszigen Längsreihen angeordnet sind. Ich werde diese Organe wegen ihrer groszen Ähnlichkeit mit denen der Drosera Tentakeln nennen, obgleich sie kein Bewegungsvermögen besitzen. An einem und demselben Blatte sind sie in der Länge sehr verschieden. Auch weichen die Drüsen der Grösze nach von einander ab und sind von einer hell rosa oder purpurnen Färbung; ihre obere Fläche ist convex und ihre untere eben oder selbst concav, so dasz sie dem Aussehen nach Pilzen in Miniatur ähnlich sind. Sie werden aus (wie ich glaube) zwei Schichten zarter eckiger Zellen gebildet, welche acht oder zehn gröszere Zellen mit dickeren Zickzackwandungen einschlieszen. Innerhalb dieser groszen Zellen finden sich andere durch Spirallinien ausgezeichnete und allem Anscheine nach mit den Spiralgefäszen zusammenhängende, welche in den grünen vielzelligen Stielen hinauflaufen. Die Drüsen sondern grosze Tropfen eines klebrigen Secrets ab. Andere Drüsen von demselben allgemeinen Aussehen finden sich an den Blüthenstielen und dem Kelch.

Auszer den Drüsen, welche auf längeren oder kürzeren Stielen stehn, finden sich noch zahlreiche andere sowohl auf der obern als der untern Fläche der Blätter, welche so klein sind, dasz sie für das blosze Auge kaum sichtbar sind. Sie sind farblos und beinahe ganz sitzend, entweder kreisförmig oder oval im Umrisz: die letztere Form kommt vorzüglich auf dem Rücken der Blätter vor

Fig. 14. (Drosophyllum lusitanicum). Theil eines Blattes, siebenmal vergröszert, die untere Fläche darbietend

. Im Innern haben sie genau dieselbe Structur, wie die groszen auf Stielen getragenen Drüsen, und beide Formen gehen allerdings beinahe in einander über. Die aufsitzenden Drüsen weichen aber in einer wichtigen Beziehung von den andern ab: sie sondern nämlich niemals aus freien Stücken ab, so weit ich es gesehen habe, trotzdem ich sie an einem heiszen Tage unter einer starker Vergröszerung untersucht habe, während die auf den Stielen reichlich absonderten.

Wenn aber kleine Stückchen feuchten Albumins oder Fibrins auf diese sitzenden [302] Drüsen gelegt werden, so fangen sie nichtsdestoweniger nach einiger Zeit in derselben Weise abzusondern an, wie die Drüsen der Dionaea bei ähnlicher Behandlung. Als sie mit einem Stückchen rohen Fleisches einfach gerieben wurden, haben sie, wie ich glaube, gleichfalls abgesondert. Sowohl die aufsitzenden als auch die höheren von Stielen getragenen Drüsen haben das Vermögen, sehr schnell stickstoffhaltige Substanz zu absorbiren.

Die von den längeren Drüsen ausgehende Absonderung weicht in einer merkwürdigen Art und Weise von der der Drosera ab, nämlich darin, dasz sie sauer ist, ehe noch die Drüsen auf irgend welche Weise gereizt werden; auch ist sie, nach der Farbenveränderung des Lackmuspapier zu urtheilen, stärker sauer als die der Drosera. Diese Thatsache wurde wiederholt beobachtet; bei einer Gelegenheit wählte ich ein junges Blatt aus, welches nicht reichlich absonderte und noch niemals ein Insect gefangen hatte, und doch färbte das Secret auf allen seinen Drüsen Lackmuspapier hell roth. Wegen der Schnelligkeit, mit welcher die Drüsen im Stande sind, aus solchen Körpern, wie gut ausgewaschenem Fibrin und Knorpel, animale Substanz auszuziehen, vermuthe ich, dasz eine geringe Menge des betreffenden Ferments in dem Secrete vorhanden sein musz noch ehe die Drüsen gereizt werden, so dasz eine geringe Quantität animaler Substanz schnell aufgelöst wird,

In Folge der Beschaffenheit des Secrets oder der Form der Drüsen lassen sich die Secrettropfen mit eigenthümlicher Leichtigkeit von ihnen entfernen. Es ist selbst ziemlich schwierig, mit Hülfe einer fein zugespitzten und leicht mit Wasser befeuchteten Nadel, ein sehr kleines Theilchen irgend welcher Art auf einen der Tropfen zu legen; denn beim Wegziehen der Nadel wird meistens auch der Secrettropfen mit weggezogen; bei Drosera findet dagegen keine solche Schwierigkeit statt, obschon die Tropfen gelegentlich weggezogen werden. Wenn ein kleines Insect sich auf einem Blatte von Drosophyllum niederläszt, so bleiben in Folge dieser Eigenthümlichkeit die Tropfen an seinen Flügeln, Beinen oder seinem Körper hängen und werden von der Drüse abgezogen; das Insect kriecht dann weiter, und noch andere Tropfen bleiben an ihm hängen, so dasz es zuletzt, ganz von dem klebrigen Secret umflossen, niedersinkt, stirbt und dabei auf den kleinen sitzenden Drüsen liegt, mit denen die Oberfläche des Blattes dicht bedeckt ist. Bei Drosera wird ein an einer oder mehreren [303] von den äuszeren Drüsen klebendes Insect durch die Bewegung ihrer Tentakeln nach der Blattmitte geschafft; bei Drosophyllum wird dies durch das Weiterkriechen des Insects bewirkt, da es wegen der Belastung seiner Flügel mit Secret nicht fortfliegen kann.

Es besteht noch eine andere Verschiedenheit in der Function zwischen den Drüsen dieser beiden Pflanzen; wir wissen, dasz die Drüsen der Drosera reichlicher absondern, wenn sie gehörig gereizt werden. Als aber minutiöse Theilchen von kohlensaurem Ammoniak Tropfen einer Lösung dieses Salzes oder des salpetersauren Ammoniaks, Speichel, kleine Insecten, Stückchen rohen oder gerösteten Fleisches, Eiweisz, Fibrin oder Knorpel, ebenso wie anorganische Körperehen, auf die Drüsen von Drosophyllum gelegt wurden, schien die Menge des Secrets niemals auch nur im mindesten vermehrt zu werden. Da Insecten gewöhnlich nicht an den längeren Drüsen hängen bleiben, sondern deren Secret abziehn, so können wir einsehn, dasz es für sie von geringem Nutzen wäre, wenn sie die Gewohnheit erlangt hätten, nach einer Reizung reichlich abzusondern, während dies bei Drosera von Nutzen ist, diese Gewohnheit auch erlangt worden ist. Nichtsdestoweniger fahren doch die Drüsen von Drosophyllum, ohne gereizt zu werden, beständig fort zu secerniren, so dasz sie den durch Verdunstung eintretenden Verlust ersetzen. Als daher eine Pflanze unter eine kleine Glasglocke gestellt wurde, deren innere Fläche ebenso wie der Träger ordentlich befeuchtet wurde, trat kein Verlust durch Verdunstung ein und es sammelte sich im Laufe eines Tages so viel Secret an, dasz es die Tentakeln hinablief und grosze Stellen auf den Blättern bedeckte.

Die Drüsen, denen die oben genannten stickstoffhaltigen Substanzen gegeben wurden, sonderten, wie eben angeführt wurde, nicht reichlicher ab; im Gegentheil absorbirten sie die Tropfen ihres eigenen Secrets mit überraschender Schnelligkeit. Stückchen von feuchtem Faserstoff wurden auf fünf Drüsen gelegt, und als nach einer Zwischenzeit von 1 Stunde 12 Minuten wieder nach ihnen gesehen wurde, war das Fibrin beinahe trocken, da das Secret ganz absorbirt worden war. Dasselbe war mit drei Eiweiszwürfeln nach 1 Stunde 19 Minuten und mit vier andern Würfeln der Fall, doch wurde nach diesen letztern nicht eher nachgesehn als bis 2 Stunden 15 Minuten verflossen waren. Dasselbe Resultat erfolgte in 1 Stunde 15 Minuten bis 1 Stunde 30 Minuten, als Stückchen sowohl von Knorpel als auch [304] von Fleisch auf mehrere Drüsen gelegt wurden. Endlich wurde ein sehr kleiner Tropfen (ungefähr 1/20 Minim grosz) einer Lösung von einem Theil salpetersauren Ammoniaks auf 146 Theile Wasser auf das drei Drüsen umgebende Secret vertheilt, so dasz die Menge der eine jede umgebenden Flüssigkeit unbedeutend vermehrt wurde; und doch waren, als nach 2 Stunden nachgesehen wurde, alle drei trocken. Andererseits wurden sieben Stückchen Glas und drei Kohlentheilchen von nahezu derselben Grösze als die oben erwähnten organischen Substanzen auf zehn Drüsen gelegt; einige derselben wurden 18 Stunden lang, und andere zwei oder drei Tage lang beobachtet; es war aber nicht das geringste Zeichen vorhanden, dasz Secret absorbirt worden wäre. Es musz daher in den ersteren Fällen die Aufsaugung des Secrets Folge des Vorhandenseins irgend einer stickstoffhaltigen Substanz gewesen sein, welche entweder bereits löslich war, oder durch das Secret löslich gemacht worden war. Da das Fibrin rein war und gut in destillirtem Wasser ausgewaschen worden war, nachdem es in Glycerin aufgehoben war, und da auch der Knorpel in Wasser eingeweicht war, so vermuthe ich, dasz diese Substanzen innerhalb der oben angegebenen kurzen Zeiträume unbedeutend beeinflusst und löslich gemacht worden sein müssen.

Die Drüsen haben nicht nur das Vermögen rapider Absorption, sondern sind auch fähig, wiederum schnell abzusondern; und diese letzte Gewohnheit ist vielleicht aus dem Grunde erlangt worden, weil Insecten, wenn sie die Drüsen berühren, meistens die Secrettropfen wegziehn, welche nun wieder zu ersetzen sind. Die genaue Zeitperiode der wieder eintretenden Absonderung wurde nur in einigen wenigen Fällen notirt. Die Drüsen, auf welche Stückchen Fleisch gelegt worden waren, und welche nach ungefähr 1 Stunde 30 Minuten beinahe trocken waren, wurden nach Verlauf von weiteren 22 Stunden wieder nachgesehen; es fand sich, dasz sie absonderten; dasselbe war nach 24 Stunden mit einer Drüse der Fall, auf welche ein Stückchen Eiweisz gelegt worden war. Die drei Drüsen, auf welche ein minutiöser Tropfen einer Lösung von salpetersaurem Ammoniak vertheilt worden war, und welche nach 2 Stunden trocken wurden, fiengen nach Verlauf von nur 12 weiteren Stunden wieder abzusondern an.

Tentakeln einer Bewegung unfähig. – Es wurden viele von den langen Tentakeln, mit ihnen anhängenden Insecten, sorgfältig [305] beobachtet, und Bruchstücke von Insecten, Stückchen von rohem Fleisch, Eiweisz u. s. w, Tropfen einer Lösung von zwei Ammoniaksalzen und von Speichel wurden auf die Drüsen vieler Tentakeln gebracht; es konnte aber niemals auch nur eine Spur von Bewegung entdeckt werden. Ich reizte auch wiederholt die Drüsen mit einer Nadel und kratzte und stach die Blattscheibe, aber weder die Blattscheibe noch die Tentakeln wurden irgendwie eingebogen. Wir dürfen daher schlieszen, dasz sie einer Bewegung unfähig sind.

Über das den Drüsen eigene Absorptionsvermögen. – Es ist bereits indirect gezeigt worden, dasz die Drüsen auf Stielen animale Substanz absorbiren; dies wird auch ferner durch die Veränderung ihrer Farbe und durch die Zusammenballung ihres Zelleninhalts bewiesen, nachdem sie mit stickstoffhaltigen Substanzen oder Flüssigkeiten in Berührung gelassen worden waren. Die folgenden Beobachtungen beziehn sich sowohl auf die von Stielen getragenen Drüsen als auch auf die sehr kleinen direct aufsitzenden. Ehe eine Drüse in irgend einer Weise gereizt worden ist, enthalten die äuszern Zellen gewöhnlich nur klare purpurne Flüssigkeit; die weiter nach der Mitte hin gelegenen enthalten maulbeerförmige Massen von purpurner granulöser Substanz. Ein Blatt wurde in ein wenig Lösung von einem Theil kohlensauren Ammoniaks auf 146 Theile Wasser (3 Gran auf 1 Unze) gelegt, und augenblicklich wurden die Drüsen dunkel und sehr bald schwarz; diese Farbenveränderung war Folge der stark ausgesprochenen Zusammenballung des Inhalts ihrer Zellen, ganz besonders der inneren Zellen. Ein anderes Blatt wurde in eine Lösung (von der nämlichen Stärke) von salpetersaurem Ammoniak gethan; die Drüsen wurden unbedeutend dunkel in 25 Minuten, stärker in 50 Minuten, und nach 1 Stunde 30 Minuten waren sie so dunkel roth, dasz sie beinahe schwarz erschienen. Andere Blätter wurden in einen schwachen Aufgusz von rohem Fleisch und in menschlichen Speichel gethan; in 25 Minuten hatten die Drüsen bedeutend gedunkelt, und nach 40 Minuten waren sie so dunkel, dasz sie beinahe verdienten schwarz genannt zu werden. Selbst ein einen ganzen Tag lang währendes Einlegen in destillirtes Wasser bewirkt gelegentlich etwas Zusammenballung innerhalb der Drüsen, so dasz sie eine dunklere Färbung erhalten. In allen diesen Fällen werden die Drüsen in genau derselben Art und Weise afficirt, wie die der Drosera. Milch, welche so energisch auf Drosera einwirkt, scheint für Drosophyllum [306] weniger wirksam zu sein, denn die Drüsen waren nach einem Eintauchen von 1 Stunde 20 Minuten nur unbedeutend gedunkelt, wurden aber nach 3 Stunden entschieden dunkler. Blätter, welche 7 Stunden lang in einem Aufgusz von rohem Fleisch oder in Speichel liegen gelassen worden waren, wurden in die Lösung von kohlensaurem Ammoniak gelegt; die Drüsen wurden nun grünlich, während sie, wenn sie zuerst in die Lösung des kohlensauren Ammoniaks gethan worden wären, schwarz geworden wären. In diesem letztern Falle verbindet sich wahrscheinlich das Ammoniak mit der im Secret enthaltenen Säure und wirkt daher nicht auf die färbende Substanz; werden aber die Drüsen zuerst der Einwirkung einer organischen Flüssigkeit ausgesetzt, so wird entweder die Säure bei der Arbeit der Verdauung verbraucht oder die Zellwandungen werden durchgängiger gemacht, so dasz das unzersetzte kohlensaure Salz eintritt und auf die färbende Substanz wirkt. Wenn ein Stückchen des trockenen kohlensauren Salzes auf eine Drüse gelegt wird, so wird die purpurne Farbe schnell beseitigt, wahrscheinlich in Folge eines Überschusses des Salzes. Überdies wird die Drüse getödtet.

Wenden wir uns nun zu der Wirkung organischer Substanzen; die Drüsen, auf welche Stückchen rohen Fleisches gelegt worden waren, wurden dunkel gefärbt, und in 18 Stunden war ihr Zelleninhalt augenscheinlich zusammengeballt. Mehrere Drüsen mit Stückchen von Albumin und Fibrin wurden in der Zeit von 2 bis 3 Stunden dunkel; in einem Falle wurde aber die purpurne Farbe vollständig ausgeschieden. Einige Drüsen, welche Fliegen gefangen hatten, wurden mit andern dicht daneben stehenden verglichen; und obgleich sie in der Färbung nicht bedeutend von einander abwichen, so war doch ein ausgesprochener Unterschied in dem Zustande der Zusammenballung vorhanden. In einigen wenigen Fällen indessen war kein solcher Unterschied zu bemerken, und dies war dem Anscheine nach Folge davon, dasz die Insecten schon vor langer Zeit gefangen worden waren, so dasz die Drüsen ihren früheren Zustand wieder erlangt hatten. In einem Falle hatte eine Gruppe der direct aufsitzenden farblosen Drüsen, an denen eine kleine Fliege hieng, ein eigenthümliches Ansehn; sie waren nämlich purpurn geworden in Folge einer Auskleidung ihrer Zellenwände mit granulöser purpurner Substanz. Ich will hier nur zur Vorsicht erwähnen, dasz, bald nachdem einige meiner Pflanzen im Frühjahr von Portugal angekommen waren, Stückchen [307] Fleisch oder Insecten, oder eine Lösung von Ammoniak nicht deutlich auf die Drüsen einwirkte, – ein Umstand, den ich nicht zu erklären vermag.

Verdauung fester thierischer Substanz. – Während ich den Versuch machte, auf zwei der längeren Drüsen kleine Würfel von Eiweisz zu legen, schlüpften dieselben hinab und blieben, mit dem Secrete beschmiert, auf einigen der kleinen sitzenden Drüsen liegen. Nach 24 Stunden fand sich, dasz einer dieser Würfel vollständig verflüssigt worden war, wobei indesz noch immer einige wenige weisze Streifen sichtbar waren; der andere war bedeutend abgerundet, aber nicht völlig aufgelöst. Zwei andere Würfel wurden 2 Stunden 45 Minuten lang auf langen Drüsen gelassen, in welcher Zeit das ganze Secret absorbirt war; eine Einwirkung auf die Würfel war aber nicht bemerkbar, obschon ohne Zweifel eine geringe Menge von animaler Substanz aus ihnen absorbirt worden war. Sie wurden dann auf die kleinen sitzenden Drüsen gebracht, welche nun, da sie dadurch gereizt wurden, im Laufe von 7 Stunden reichlich absonderten. Innerhalb dieser kurzen Zeit wurde einer der Würfel bedeutend verflüssigt, und beide waren nach Verlauf von 21 Stunden 15 Minuten völlig flüssig geworden; die kleinen flüssigen Massen zeigten indessen noch immer einige weisze Streifen. Nach Verlauf von weiteren 6 Stunden 30 Minuten verschwanden diese Streifen, und am nächsten Morgen (d. h. 48 Stunden von der Zeit an, wo die Würfel zuerst auf die Drüsen gelegt wurden) war die verflüssigte Masse vollständig aufgesaugt. Es wurde ein Eiweiszwürfel auf einer andern langen Drüse gelassen, welche zuerst das Secret absorbirte und nach 24 Stunden eine frische Menge ergosz. Dieser nun von Absonderung umgebene Würfel wurde weitere 24 Stunden lang auf der Drüse gelassen; es erfolgte aber, wenn überhaupt irgend welche, nur eine sehr unbedeutende Einwirkung. Wir können daher schlieszen, entweder dasz das Secret von den hohen Drüsen, trotzdem es stark sauer ist, doch nur eine geringe Verdauungskraft hat, oder dasz die von einer einzigen Drüse ergossene Menge nicht genügt, ein Stückchen Eiweisz aufzulösen, welches innerhalb derselben Zeit von dem Secrete aus mehreren der kleinen sitzenden Drüsen aufgelöst worden sein würde. Wegen des Absterbens meiner letzten Pflanze war ich nicht im Stande zu ermitteln, welche von diesen beiden Alternativen die richtige ist. [308] Vier äuszerst kleine Stückchen reinen Fibrins wurden so gelegt, dasz jedes auf einer, zwei oder drei der längeren Drüsen ruhte. Im Laufe von 2 Stunden 30 Minuten war das Secret ganz absorbirt und die Stückchen waren beinahe ganz trocken gelassen. Sie wurden dann auf die sitzenden Drüsen geschoben. Ein Stückchen schien nach 2 Stunden 30 Minuten ganz aufgelöst zu sein, dies könnte indesz ein Irrthum gewesen sein. Als ein zweites nach 17 Stunden 25 Minuten untersucht wurde, war es verflüssigt, die Flüssigkeit liesz aber unter dem Mikroskope noch immer flottirende Körnchen von Fibrin erkennen. Die andern beiden Stückchen waren nach 21 Stunden 30 Minuten vollständig verflüssigt; aber in einem der Tropfen waren noch einige wenige Körnchen zu entdecken. Diese waren indessen nach Verlauf von weiteren 6 Stunden 20 Minuten aufgelöst; und die Oberfläche des Blattes war in einiger Entfernung rings herum mit klarer Flüssigkeit bedeckt. Hieraus ergibt sich, dasz Drosophyllum Albumin und Fibrin eher noch schneller verdaut als es Drosera kann; und dies ist vielleicht dem Umstande zuzuschreiben, dasz die Säure, wahrscheinlich in Verbindung mit einer kleinen Menge des Ferments, schon in der Absonderung vorhanden ist, ehe die Drüsen gereizt worden sind, so dasz die Verdauung sofort beginnt.

Schluszbemerkungen. – Die linearen Blätter von Drosophyllum weichen nur unbedeutend von denen gewisser Species von Drosera ab; die hauptsächlichsten Unterschiede bestehen erstens in dem Vorhandensein äuszerst kleiner, beinahe direct aufsitzender Drüsen, welche gleich denen der Dionaea nicht eher absondern, als bis sie durch die Aufsaugung stickstoffhaltiger Substanz gereizt worden sind. Aber Drüsen dieser Art sind auf den Blättern der Drosera binata vorhanden und scheinen durch die Papillen auf den Blättern der Drosera rotundifolia repräsentirt zu werden. Zweitens sind bei Drosophyllum Tentakeln auf der Rückseite der Blätter vorhanden; Wir haben aber gesehen, dasz einige wenige Tentakeln, unregelmäszig vertheilt und dem Verkümmern zuneigend, auf der Rückenseite der Blätter von Drosera binata übrig geblieben sind. Gröszere Verschiedenheiten bestehen zwischen beiden Gattungen in den Functionen; die bedeutungsvollste ist die, dasz die Tentakeln von Drosophyllum kein Bewegungsvermögen besitzen; dieser Verlust ist theilweise dadurch ersetzt worden, dasz die Tropfen klebrigen Secrets leicht von den Drüsen abgezogen werden können; so dasz ein Insect, wenn es mit [309] einem Tropfen in Berührung kommt, im Stande ist wegzukriechen, aber bald noch andere Tropfen berührt und dann, von dem Secrete erstickt, auf die sitzenden Drüsen hinabsinkt und stirbt. Ein anderer Unterschied liegt darin, dasz das Secret von den langen Drüsen, noch ehe sie in irgend einer Weise gereizt worden sind, stark sauer ist und vielleicht eine geringe Menge des gehörigen Ferments enthält. Ferner sondern diese Drüsen in Folge ihrer Reizung durch die Absorption stickstoffhaltiger Substanz nicht reichlicher ab; im Gegentheil absorbiren sie dann mit auszerordentlicher Schnelligkeit ihre eigene Absonderung. Nach kurzer Zeit fangen sie von Neuem an abzusondern. Alle diese Umstände hingen wahrscheinlich mit der Thatsache zusammen, dasz Insecten gewöhnlich nicht an den Drüsen hängen bleiben, mit denen sie zuerst in Berührung kommen, obschon dies zuweilen vorkommt, und dasz es hauptsächlich das Secret aus den sitzenden Drüsen ist, welches animale Substanz aus den Insectenkörpern auflöst.

Roridula.

Roridula dentata. – Diese Pflanze, ein Bewohner der westlichen Theile des Vorgebirges der guten Hoffnung, wurde mir aus Kew in getrocknetem Zustande geschickt. Sie hat beinahe holzigen Stamm und Zweige und erreicht allem Anscheine nach die Höhe von einigen Fuszen. Die Blätter sind linear mit bedeutend verschmälerten Spitzen. Ihre obere und untere Fläche sind concav mit einer Leiste in der Mitte, und beide sind mit Tentakeln besetzt, welche in der Länge bedeutend von einander abweichen: einige sind sehr lang, besonders die an den Spitzen der Blätter, und einige sehr kurz. Auch die Drüsen sind von sehr verschiedener Grösze und sind etwas länglich. Sie werden von vielzelligen Stielen getragen.

Es stimmt daher diese Pflanze in mehrfachen Beziehungen mit Drosophyllum überein, weicht aber in den folgenden davon ab. Ich habe keine sessilen Drüsen entdecken können: auch würden diese von keinerlei Nutzen gewesen sein, da die obere Fläche der Blätter dicht mit zugespitzten, einzelligen, aufwärts gerichteten Haaren bedeckt ist. Die Stiele der Tentakeln enthalten keine Spiralgefäsze, ebensowenig finden sich irgend welche Spiralzellen innerhalb der Drüsen. Die Blätter entspringen häufig in Büscheln und sind fiederspaltig, wobei die Blättchen unter rechten Winkeln zu der mittleren linealen Scheibe [310] entspringen. Diese seitlichen Blättchen sind oft sehr kurz und tragen nur einen einzigen endständigen Tentakel mit einem oder zwei kurzen an den Seiten. Zwischen den Stielen der langen endständigen Tentakeln und den bedeutend verschmälerten Enden der Blätter läszt sich keine bestimmte Grenzlinie ziehn. Wir können allerdings willkürlich hier den Punkt als solche herausgreifen, bis zu welchem sich die Spiralgefäsze von der Blattscheibe aus erstrecken; es ist aber keine andere Unterscheidungslinie vorhanden.

Aus den vielen Schmutztheilchen, welche an den Drüsen hiengen, gieng offenbar hervor, dasz sie viel klebrige Substanz absondern. Auch eine grosze Zahl von Insecten von vielerlei Art hieng an den Blättern. Ich konnte nirgends irgend welche Zeichen dafür entdecken, dasz die Tentakeln über den gefangenen Insecten eingebogen worden wären; und dies wäre doch wahrscheinlich selbst an den getrockneten Exemplaren zu sehen gewesen, wenn sie Bewegungsvermögen besessen hätten. In diesem negativen Character ist daher Roridula ihrem nordischen Repräsentanten, Drosophyllum, ähnlich.

Byblis.

Byblis gigantea (West-Australien). – Ein getrocknetes, ungefähr 18 Zoll hohes Exemplar mit einem starken Stamm wurde mir von Kew geschickt. Die Blätter sind einige Zoll lang, linear, unbedeutend abgeplattet, mit einer kleinen vorspringenden Rippe an der unteren Fläche. Sie sind von allen Seiten mit Drüsen von zweierlei Art bedeckt: – sitzende, welche in Reihen angeordnet sind, und andere von mäszig langen Stielen getragene. Nach den schmalen Enden der Blätter zu sind die Stiele länger als irgendwo anders, und sind hier dem Durchmesser der Blätter gleich. Die Drüsen sind purpurn, bedeutend abgeplattet und werden von einer einzigen Schicht strahlenförmig angeordneter Zellen gebildet, welche in den gröszeren Drüsen vierzig bis fünfzig an Zahl sind. Die Stiele bestehn aus einzelnen verlängerten Zellen mit farblosen, äuszerst zarten Wandungen, welche mit den feinsten sich kreuzenden Linien gezeichnet sind. Ob diese Linien das Resultat einer Zusammenziehung durch das Eintrocknen der Wände ist, weisz ich nicht; häufig war aber der ganze Stiel spiral aufgerollt. Diese drüsigen Haare sind weit einfacher in ihrem Bau als die sogenannten Tentakeln der vorher erwähnten Gattungen und weichen nicht wesentlich von denen ab, welche von unzähligen [311] andern Pflanzen getragen werden. Die Blüthenstiele tragen ähnliche Drüsen. Der eigenthümlichste Character an den Blättern ist der, dasz die Spitze zu einem kleinen mit Drüsen bedeckten Knopfe erweitert ist, welcher ungefähr um ein Drittel breiter ist als der daranstoszende Theil des verschmälerten Blattes. An zwei Stellen hiengen todte Fliegen an den Drüsen. Da kein Beispiel bekannt ist, dasz einzellige Bildungen Bewegungsvermögen besäszen [22], so fängt Byblis ohne Zweifel die Insecten lediglich mit Hülfe ihres klebrigen Secrets. Dieselben sinken dann wahrscheinlich mit dem Secret beschmiert nieder und liegen dann auf den kleinen sitzenden Drüsen, welche, wenn wir nach der Analogie mit Drosophyllum urtheilen dürfen, dann ihr Secret ergieszen, und später die verdaute Substanz aufsaugen.

Zusätzliche Bemerkungen über das Absorptionsvermögen der drüsigen Haare andrer Pflanzen. – Einige wenige Beobachtungen über diesen Gegenstand dürften passenderweise hier eingeführt werden. Da die Drüsen vieler, wahrscheinlich aller Species der Droseraceen, verschiedene Flüssigkeiten absorbiren, oder mindestens gestatten, dasz dieselben leicht eindringen [23], so schien es wünschenswerth zu sein, zu ermitteln, wie weit die Drüsen andrer Pflanzen, welche nicht speciell zum Fangen von Insecten eingerichtet sind, dasselbe Vermögen haben. Es wurden ganz nach Zufall Pflanzen versucht, mit Ausnahme zweier Species von Saxifraga, welche deshalb gewählt wurden, weil sie zu einer mit den Droseraceen verwandten Familie gehören. Die meisten Versuche wurden so angestellt, dasz die Drüsen entweder in einen Aufgusz von rohem Fleisch oder noch gewöhnlicher in eine Lösung von kohlensaurem Ammoniak eingetaucht wurden, da diese letztere Substanz so kraftvoll und schnell auf das Protoplasma wirkt. Es schien auch besonders wünschenswerth zu sein zu ermitteln, ob Ammoniak absorbirt würde, da eine geringe Menge im Regenwasser enthalten ist. Bei den Droseraceen verhindert die Absonderung einer klebrigen Flüssigkeit durch die Drüsen nicht deren Absorption, so dasz die Drüsen anderer Pflanzen wohl überflüssige Substanz ausscheiden oder eine riechende Flüssigkeit als Schutzmittel gegen die Angriffe von Insecten oder zu irgend einem [312] andern Zwecke absondern, und doch das Vermögen zu absorbiren haben könnten. Ich bedaure, dasz ich in den folgenden Fällen nicht versucht habe, ob das Secret animale Substanz verdauen oder löslich machen kann; derartige Versuche würden aber wegen der geringen Grösze der Drüsen und der geringen Menge Secret schwierig gewesen sein. Wir werden im nächsten Capitel sehen, dasz das Secret von den drüsigen Haaren der Pinguicula sicher animale Substanz auflöst.

Saxifraga umbrosa. – Die Blüthenstengel und Blattstiele sind mit kurzen Haaren bekleidet, welche rosa gefärbte Drüsen tragen, die aus mehreren polygonalen Zellen gebildet sind und deren Stiele durch Scheidewände in einzelnen Zellen abgetheilt sind; diese sind meistens farblos, aber zuweilen rosa. Die Drüsen sondern eine gelbliche klebrige Flüssigkeit ab, mit welcher zuweilen, wennschon nicht häufig, sehr kleine Diptern gefangen werden [24]. Die Zellen der Drüsen enthalten hell rosa Flüssigkeit, welche mit Körnchen oder kugligen Massen blaszröthlicher breiiger Substanz dicht erfüllt ist. Diese Substanz musz Protoplasma sein; denn wenn eine Drüse in einen Tropfen Wasser gelegt und untersucht wird, sieht man dieselbe langsame aber unaufhörliche Formveränderungen erleiden. Ähnliche Bewegungen wurden beobachtet, nachdem Drüsen 1, 3, 5, 18 und 27 Stunden lang im Wasser liegen gelassen worden waren. Selbst nach dem letzterwähnten Zeitraum behielten die Drüsen ihre helle rosa Färbung, und das Protoplasma innerhalb ihrer Zellen erschien nicht so, als sei es noch weiter zusammengeballt worden. Die beständig sich ändernden Formen der kleinen Protoplasmamassen sind nicht Folge einer Absorption von Wasser, da sie an trocken gehaltenen Drüsen gesehen wurden.

Ein noch mit der Pflanze zusammenhängender Blüthenstengel wurde (29. Mai) so gebogen, dasz er 23 Stunden 30 Minuten in einem starken Aufgusz von rohem Fleisch eingetaucht blieb. Die Farbe des Inhalts der Drüsen war unbedeutend verändert, indem er jetzt von einem trüberen und mehr purpurartigen Farbenton war wie vorher. Auch erschien der Zelleninhalt mehr zusammengeballt, denn die Zwischenräume zwischen den kleinen Protoplasma-Massen waren weiter; das letztere Resultat trat aber in einigen anderen und ähnlichen Experimenten nicht ein. Die Massen schienen ihre Form rapider zu verändern als die in Wasser, so dasz die Zellen alle 4 oder 5 Minuten eine andere Erscheinung darboten. Länglich ausgezogene Massen wurden im Laufe von 1 oder 2 Minuten sphärisch, und sphärische zogen sich aus und vereinigten sich mit andern. Minutiöse Massen nahmen rapid an Grösze zu und es wurde beobachtet, wie sich drei verschiedene zu einer vereinigten. Kurz, die Bewegungen waren genau gleich denen, welche bei der Drosera beschrieben wurden. [313] Die Zellen der Stiele wurden durch den Aufgusz nicht afficirt, ebensowenig wurden sie es in dem folgenden Versuche.

Ein anderer Blüthenstengel wurde in derselben Weise gebogen und eben so lange in eine Lösung von einem Theile salpetersauren Ammoniaks auf 146 Theile Wasser (oder ein Gran auf 1 Unze) getaucht; die Drüsen wurden in genau derselben Art und Weise entfärbt, wie durch den Aufgusz rohen Fleisches.

Ein anderer Blüthenstengel wurde ganz wie früher in eine Lösung von einem Theile kohlensauren Ammoniaks auf 109 Theile Wasser getaucht. Die Drüsen waren nach 1 Stunde 30 Minuten nicht entfärbt, aber nach 3 Stunden 45 Minuten waren die meisten schmutzig purpurn, einige von ihnen schwärzlich-grün geworden; einige wenige waren noch gar nicht afficirt. Es wurde beobachtet, dasz die kleinen Protoplasmamassen innerhalb der Zellen in Bewegung waren. Die Zellen der Stiele waren unverändert. Der Versuch wurde wiederholt; ein frischer Blüthenstengel wurde 23 Stunden lang in der Lösung gelassen und nun wurde ein bedeutender Effect hervorgebracht. Alle Drüsen waren bedeutend geschwärzt und die vorher durchsichtige Flüssigkeit in den Zellen der Stiele, selbst bis hinab zu ihren Basen, enthielten sphärische Massen körniger Substanz. Aus einer Vergleichung vieler verschiedener Haare gieng offenbar hervor, dasz die Drüsen zuerst das kohlensaure Ammoniak absorbiren, und dasz der hierdurch bewirkte Effect von Zelle zu Zelle die Haare hinabgeht. Die erste Veränderung, welche beobachtet werden konnte, war ein wolkiges Aussehen der Flüssigkeit in Folge der Bildung sehr feiner Körnchen, welche sich später zu gröszeren Massen zusammenballen. Im Ganzen genommen besteht in dem Dunkelwerden der Drüsen und in dem Hinabgehen des Zusammenballungsprocesses die Zellen der Stiele hinunter die gröszte Ähnlichkeit zu dem, was stattfindet, wenn ein Tentakel der Drosera in eine schwache Lösung desselben Salzes eingetaucht wird. Die Drüsen absorbiren aber viel langsamer als die der Drosera. Auszer den Drüsen-Haaren sind noch sternförmige Organe vorhanden, welche nicht abzusondern scheinen und welche durch die obigen Lösungen nicht im mindesten afficirt wurden.

Obschon das kohlensaure Ammoniak in den Versuchen mit den unverletzten Blüthenstengeln und Blättern nur durch die Drüsen aufgesaugt zu werden scheint, so tritt es doch durch eine Schnittfläche viel schneller ein als durch eine Drüse. Rindenstreifen eines Blüthenstiels wurden abgerissen, und man konnte selten, dasz die Zellen der Drüsenstiele nur farblose durchscheinende Flüssigkeit enthielten, die der Drüsen enthielten wie gewöhnlich etwas körnige Substanz. Die Streifen wurden nun in dieselbe Lösung wie vorher gethan (ein Theil kohlensauren Ammoniaks auf 109 Theile Wasser), und in wenig Minuten erschien körnige Substanz in den unteren Zellen aller Stiele. Die Wirkung begann ausnahmslos (denn ich wiederholte den Versuch mehreremale) in den untersten Zellen, und daher dicht an der abgerissenen Oberfläche, und gieng dann allmählich in den Haaren aufwärts, bis sie die Drüsen erreichte, in umgekehrter Richtung also zu der, welche in unverletzten Exemplaren stattfindet. Die Drüsen wurden dann entfärbt und die vorher in ihren Zellen vorhanden gewesene körnige Substanz wurde zu gröszeren Massen zusammengeballt. [314] Es wurden auch zwei kurze Stückchen eines Blüthenstengels 2 Stunden 40 Minuten lang in einer schwächeren Lösung von einem Theile des kohlensauren Ammoniaks auf 218 Theile Wasser liegen gelassen; in beiden Exemplaren enthielten nun die Stieltheile der Haare in der Nähe der abgeschnittenen Enden viel körnige Substanz und die Drüsen waren vollständig entfärbt.

Endlich wurden Stückchen Fleisch auf einige Drüsen gelegt; dieselben wurden nach 23 Stunden untersucht, ebenso wie andere, welche allem Anscheine nach nicht lange erst sehr kleine Fliegen gefangen hatten; sie boten aber durchaus keine Verschiedenheit von den Drüsen anderer Haare dar. Vielleicht war nicht Zeit genug vorhanden zur Absorption. Ich glaube dies deshalb, weil einige Drüsen, auf denen todte Fliegen offenbar schon lange gelegen hatten, von einer blassen schmutzig purpurnen Färbung oder selbst farblos waren und die körnige Substanz innerhalb derselben ein ungewöhnliches und etwas eigenthümliches Ansehen darboten. Dasz diese Drüsen wahrscheinlich durch Exosmose in die klebrige Absonderung animale Substanz aus den Fliegen aufgesaugt hatten, können wir nicht allein aus ihrer veränderten Färbung, sondern auch daraus schlieszen, dasz einige der Zellen in den Stielen, als das Präparat in eine Lösung von kohlensaurem Ammoniak gelegt wurde, mit körniger Substanz erfüllt wurden, während die Zellen anderer Haare, welche keine Fliegen gefangen hatten, nachdem sie ebenso lange Zeit mit derselben Lösung behandelt worden waren, nur eine geringe Menge körniger Substanz enthielten. Es sind aber noch weitere Beweise nöthig, ehe wir vollständig zugeben können, dasz die Drüsen der Saxifraga selbst unter Gestattung reichlicher Zeit aus den minutiösen Insecten, welche sie gelegentlich und zufällig fangen, animale Substanz absorbiren können.

Saxifraga rotundifolia (?). – Die Haare an den Blüthenstengeln dieser Species sind viel länger als die eben beschriebenen und tragen braune Drüsen. Es wurden viele untersucht; die Zellen der Stiele waren völlig durchscheinend. Ein gebogener Stamm wurde 30 Minuten lang in eine Lösung von einem Theile kohlensauren Ammoniaks auf 109 Theile Wasser eingetaucht, und zwei oder drei der obersten Zellen in den Stielen enthielten nun körnige oder zusammengeballte Substanz; die Drüsen waren nun hell gelblich-grün geworden. Es absorbiren daher die Drüsen dieser Species das kohlensaure Salz viel schneller, als es die der Saxifraga umbrosa thun, und auch die oberen Zellen der Stiele werden viel schneller afficirt. Stücke des Stammes wurden abgeschnitten und in dieselbe Lösung eingetaucht; und nun gieng der Procesz der Zusammenballung die Haare in umgekehrter Richtung hinauf, wobei die Zellen dicht an der Schnittfläche zuerst afficirt wurden.

Primula sinensis. – Die Blüthenstengel, die obere und die untere Fläche der Blätter und ihre Stiele sind sämmtlich mit einer Menge von längeren und kürzeren Haaren bekleidet. Die Stieltheile der längeren Haare sind durch quere Scheidewände in acht oder neun Zellen getheilt. Die vergröszerte endständige Zelle ist kuglig und bildet eine Drüse, welche eine schwankende Menge einer dicken, unbedeutend klebrigen, nicht sauren, bräunlich-gelben Substanz absondert. [315] Ein Stück eines jungen Blüthenstengels wurde zuerst 2 Stunden 30 Minuten lang in destillirtes Wasser getaucht; davon wurden die drüsigen Haare durchaus nicht afficirt. Ein anderes, fünfundzwanzig kurze und neun lange Haare tragendes Stück wurde sorgfältig untersucht. Die Drüsen dieses letzteren enthielten keine feste oder halbfeste Substanz; und nur die von zweien der fünfundzwanzig kurzen Haare enthielten einige Körnchen. Das Stück wurde dann zwei Stunden lang in eine Lösung von einem Theil kohlensauren Ammoniaks auf 109 Theile Wasser gethan, und nun enthielten die Drüsen der fünfundzwanzig kürzeren Haare mit zwei oder drei Ausnahmen entweder eine grosze sphärische Masse oder von zwei bis fünf kleine Massen halbfester Substanz. Drei von den Drüsen der neun längeren Haare enthielten gleichfalls ähnliche Massen. An einigen wenigen Haaren fanden sich auch Kügelchen in den Zellen unmittelbar unterhalb der Drüsen. Betrachtet man alle vierunddreiszig Haare, so konnte kein Zweifel bestehen, dasz die Drüsen etwas von dem kohlensaurem Ammoniak aufgesaugt hatten. Ein anderes Stück wurde nur 1 Stunde lang in derselben Lösung gelassen, und in allen Drüsen erschien zusammengeballte Substanz. Mein Sohn {Francis untersuchte einige Drüsen der längeren Haare, welche kleine Substanzmassen enthielten, ehe sie in irgend eine Lösung gethan wurden; diese Massen veränderten langsam ihre Form, so dasz sie ohne Zweifel aus Protoplasma bestanden. Er befeuchtete dann diese Haare 1 Stunde 15 Minuten lang, während sie unter dem Mikroskop waren, mit einer Lösung von einem Theil kohlensauren Ammoniaks auf 218 Theile Wasser; die Drüsen wurden nicht wahrnehmbar afficirt, auch konnte dies nicht erwartet werden, da ihr Zelleninhalt bereits zusammengeballt war. Aber in den Zellen der Stiele erschienen zahlreiche, beinahe farblose Kugeln von Substanz, welche ihre Form änderten und langsam verschmolzen; das Aussehen der Zellen wurde daher in aufeinander folgenden Zeitabschnitten gänzlich verändert.

Die Drüsen an einem jungen Blüthenstengel enthielten, nachdem sie 2 Stunden 45 Minuten lang in einer starken Lösung von einem Theile kohlensauren Ammoniaks auf 109 Theile Wasser liegen gelassen worden waren, eine bedeutende Menge zusammengeballter Massen; ob dieselben aber durch Einwirkung des Salzes entstanden waren, weisz ich nicht. Dies Stück wurde nochmals in die Lösung getaucht, so dasz es im Ganzen 6 Stunden 15 Minuten eingetaucht war, und nun war eine grosze Veränderung zu bemerken; denn beinahe alle die sphärischen Massen innerhalb der Drüsenzellen waren verschwunden und waren durch körnige Substanz von einem dunkleren Braun ersetzt. Dieser Versuch wurde dreimal wiederholt mit nahezu demselben Resultat. Bei einer Gelegenheit wurde das Stengelstück 8 Stunden 30 Minuten eingetaucht gelassen, und obgleich beinahe alle sphärische Massen in die braune körnige Substanz verwandelt worden waren, so blieben doch noch einige wenige übrig. Wenn die sphärischen Massen zusammengeballter Substanz ursprünglich blosz durch irgend eine chemische oder physikalische Einwirkung hervorgebracht worden wären, so würde es befremdlich erscheinen, dasz ein etwas längeres Eintauchen in dieselbe Lösung ihren Character so vollständig verändern sollte. Da aber die Massen, welche langsam und ganz von selbst ihre Form änderten, aus lebendigem Protoplasma bestanden [316] haben müssen, so liegt darin nichts überraschendes, dasz sie durch ein langes Eintauchen in eine so starke Lösung des kohlensauren Salzes, wie die angewandte, verletzt oder getödtet werden und dasz dadurch ihr Aussehen gänzlich verändert wird. Eine Lösung von dieser Stärke lähmt bei der Drosera jede Bewegung, aber tödtet das Protoplasma nicht; eine noch stärkere Lösung verhindert die Zusammenballung des Protoplasma zu den gewöhnlichen kugligen Massen der gehörigen Grösze und diese werden, wenn sie auch nicht zerfallen, granulös und undurchsichtig. In nahezu derselben Weise bewirken auch heiszes Wasser und gewisse Lösungen (so z. B. von Natron- und Kali-Salzen) zuerst eine unvollkommene Art von Zusammenballung in den Zellen der Drosera; die kleinen Massen zertheilen sich später zur Bildung körniger oder breiiger brauner Substanz. Alle die vorstehend angeführten Versuche wurden an Blüthenstengeln gemacht; es wurde aber auch ein Stück von einem Blatte 30 Minuten lang in eine starke Lösung des kohlensauren Ammoniaks (ein Theil auf 109 Theile Wasser) eingelegt, und nun erschienen in allen Drüsen, welche vorher nur klare Flüssigkeit enthalten hatten, kleine kuglige Massen von Substanz.

Ich machte auch mehrere Versuche über die Wirkung des Dampfes der kohlensauren Salzlösung auf die Drüsen, will aber nur einige wenige Fälle mittheilen. Das abgeschnittene Ende des Stieles eines jungen Blattes wurde mit Siegellack bedeckt und das Blatt dann mit einer kleinen Prise kohlensauren Ammoniaks unter eine kleine Glasglocke gelegt. Nach 10 Minuten lieszen die Drüsen einen beträchtlichen Grad von Zusammenballung erkennen und das die Stielzellen auskleidende Protoplasma war ein wenig von den Wandungen gelöst. Ein anderes Blatt wurde 50 Minuten lang mit demselben Resultat eingelegt, ausgenommen, dasz die Haare in ihrer ganzen Länge bräunlich wurden. An einem dritten Blatte, welches 1 Stunde 50 Minuten dem Dampfe ausgesetzt wurde, fand sich viel zusammengeballte Substanz in den Drüsen; und einige von den Massen lieszen Anzeichen einer Zertheilung in braune körnige Substanz erkennen. Das Blatt wurde noch einmal in den Dampf gelegt, so dasz es ihm im Ganzen 5 Stunden 30 Minuten ausgesetzt wurde; und obschon ich eine grosze Anzahl von Drüsen untersuchte, fanden sich zusammengeballte Massen doch nur in zweien oder dreien; in allen übrigen waren die Massen, welche vorher kuglig gewesen waren, in braune, undurchsichtige, körnige Substanz umgewandelt. Wir sehen hieraus, dasz, wenn die Blätter eine ansehnliche Zeit lang dem Dampfe ausgesetzt werden, dies dieselben Wirkungen hervorbringt wie ein langes Eintauchen in eine starke Lösung. In beiden Fällen konnte kaum bezweifelt werden, dasz das Salz hauptsächlich oder ausschlieszlich von den Drüsen absorbirt worden war.

Bei einer anderen Gelegenheit wurden Stückchen feuchten Fibrins, Tropfen eines schwachen Aufgusses von rohem Fleisch und von Wasser 24 Stunden lang auf einigen Blättern gelassen; die Haare wurden dann untersucht, sie waren aber zu meiner Überraschung in keiner Hinsicht von andern verschieden, welche nicht mit diesen Flüssigkeiten in Berührung gekommen waren. Indessen enthielten die meisten Zellen hyaline, bewegungslose, kleine Kugeln, welche nicht aus Protoplasma zu bestehen [317] schienen, sondern, wie ich vermuthe, aus irgend einem Balsam oder ätherischem Öl.

Pelargonium zonale (die mit Weisz geränderte Varietät). – Die Blätter sind mit zahlreichen, vielzelligen Haaren bekleidet, einige sind einfach zugespitzt, andere tragen drüsige Kopfenden und weichen auch in der Länge bedeutend ab. Es wurden auf einem Stücke eines Blattes die Drüsen untersucht, und dabei fand sich, dasz sie nur klare Flüssigkeit enthielten; nun wurde das meiste Wasser von unter dem Deckplättchen entfernt und ein sehr kleiner Tropfen einer Lösung von einem Theile kohlensauren Ammoniaks auf 146 Theile Wasser zugesetzt, so dasz eine äuszerst kleine Dosis gegeben wurde. Nach Verlauf von nur 3 Minuten waren Zeichen von Zusammenballung in den Drüsen der kürzeren Haare vorhanden; und nach 5 Minuten erschienen in sämmtlichen viele kleine Kügelchen von einer blasz-braunen Färbung, während ähnliche, aber gröszere, Kügelchen in den groszen Drüsen der längeren Haare gefunden wurden. Nachdem das Präparat 1 Stunde lang in der Lösung gelassen worden war, hatten viele der kleineren Kügelchen ihre Stellungen verändert, und innerhalb einiger der gröszeren Kugeln erschienen zwei oder drei Vacuolen (oder kleine Kugeln, denn ich weisz nicht, was von beiden es war) von einer etwas dunkleren Färbung. In einigen der obersten Zellen der Stiele konnte man nun kleine Kügelchen sehen, und die protoplasmatische Auskleidung war unbedeutend von den Wandungen der untern Zellen losgetrennt. Nach 2 Stunden 30 Minuten von der Zeit des ersten Eintauchens waren die groszen Kugeln innerhalb der Drüsen der längeren Haare in Massen von dunklerer brauner granulirter Substanz verwandelt. Es kann daher nach dem, was wir bei der Primula sinensis gesehen haben, kaum darüber ein Zweifel bestehen, dasz diese Massen ursprünglich aus lebendem Protoplasma bestanden.

Ein Tropfen eines schwachen Aufgusses von rohem Fleisch wurde auf ein Blatt gelegt, und nach 2 Stunden 30 Minuten konnte man viele sphärische Massen innerhalb der Drüsen sehen. Als die Sphären nach 30 Minuten wieder angesehen wurden, hatten sie ihre Stellung und Form unbedeutend verändert und eine hatte sich in zwei getheilt; die Veränderungen glichen aber nicht völlig denen, welche das Protoplasma der Drosera erleidet. Überdies waren diese Haare nicht vor dem Eintauchen untersucht worden, und ähnliche Sphären fanden sich auch in einigen Drüsen, welche von dem Aufgusz nicht berührt worden waren.

Erica tetralix. – Einige wenige drüsige Haare springen von den Rändern der oberen Fläche der Blätter vor. Die Stiele derselben werden aus mehreren Reihen Zellen gebildet und tragen grosze kuglige Kopfenden, welche klebrige Substanz absondern, mit der gelegentlich, obschon selten, Insecten gefangen werden. Einige Blätter wurden 23 Stunden lang in einem schwachen Aufgusz von rohem Fleisch und in Wasser gelassen; dann wurden die Haare beider Gruppen verglichen, sie wichen aber sehr wenig, wenn überhaupt, von einander ab. In beiden Fällen schien der Inhalt der Zellen eher etwas körniger zu sein als vorher; aber die Körnchen boten durchaus keine Bewegung dar. Andere Blätter wurden 23 Stunden in einer Lösung von einem Theil kohlensauren Ammoniaks [318] auf 218 Theile Wasser liegen gelassen, und auch hier schien die granulöse Substanz an Menge zugenommen zu haben; aber eine derartige Masse behielt noch nach einem Zeitraum von 5 Stunden genau dieselbe Form wie vorher, so dasz sie kaum aus lebendem Protoplasma bestanden haben kann. Diese Drüsen scheinen ein sehr unbedeutendes oder gar kein Absorptionsvermögen zu besitzen, sicherlich viel weniger als diejenigen der vorher erwähnten Pflanzen.

Mirabilis longiflora. – Die Stengel und beide Flächen der Blätter tragen klebrige Haare. Junge Pflanzen in meinem Gewächshause, von 12 bis 18 Zoll Höhe, fiengen so viele äuszerst kleine Diptern, Coleoptern und Larven, dasz sie ganz bestäubt von ihnen waren. Die Haare sind kurz, von ungleicher Länge, werden aus einer einzigen Reihe von Zellen gebildet und von einer vergröszerten Zelle überragt, welche klebrige Substanz absondert. Diese endständigen Zellen oder Drüsen enthalten Körnchen und häufig Kugeln von körniger Substanz. Innerhalb einer Drüse, welche ein kleines Insect gefangen hatte, wurde eine derartige Masse beobachtet, welche unaufhörliche Formveränderungen erlitt; dabei traten gelegentlich Vacuolen auf. Ich glaube aber nicht, dasz dieses Protoplasma aus Substanz entstanden war, die aus dem todten Insect absorbirt worden war; denn als mehrere Drüsen mit einander verglichen wurden, welche Insecten gefangen und welche keine gefangen hatten, konnte nicht eine Spur von Verschiedenheit zwischen ihnen wahrgenommen werden; sie enthielten sämmtlich feine körnige Substanz. Ein Blattstück wurde 24 Stunden lang in eine Lösung von einem Theil kohlensauren Ammoniaks auf 218 Theile Wasser eingelegt, aber die Haare schienen von ihr sehr wenig afficirt zu werden, ausgenommen, dasz vielleicht die Drüsen etwas undurchsichtiger gemacht wurden. Im Blatte selbst waren indessen in der Nähe der Schnittflächen die Chlorophyllkörner in einander gelaufen, oder waren zusammengeballt. Ebensowenig waren die Drüsen an einem anderen Blatte nach einem Eintauchen von 24 Stunden in einem Aufgusz von rohem Fleisch im mindesten afficirt; aber das die Zellen der Stiele auskleidende Protoplasma war bedeutend von den Wandungen abgeschrumpft. Diese letztere Wirkung könnte eine Folge der Exosmose gewesen sein, da der Aufgusz stark war. Wir können daher schlieszen, dasz die Drüsen dieser Pflanze entweder kein Absorptionsvermögen besitzen oder dasz eine Lösung von kohlensaurem Ammoniak (und dies scheint kaum glaublich zu sein) oder ein Aufgusz von rohem Fleisch nicht auf das Protoplasma, was sie enthalten, einwirkt.

Nicotiana tabacum. – Diese Pflanze ist von unzähligen Haaren ungleicher Länge bedeckt, welche viele minutiöse Insecten fangen. Die Stiele der Haare sind durch quere Scheidewände getheilt, und die absondernden Drüsen worden aus vielen, grünliche Masse mit kleinen Kügelchen irgend einer Substanz enthaltenden Zellen gebildet. Blätter wurden 26 Stunden lang in einem Aufgusz von rohem Fleisch und in Wasser gelassen, boten aber keine Verschiedenheiten dar. Einige von den nämlichen Blättern wurden dann länger als 2 Stunden in einer Lösung von kohlensaurem Ammoniak gelassen, es wurde aber keine Wirkung hervorgebracht. Ich bedaure, dasz nicht noch andere Versuche mit noch [319] mehr Sorgfalt angestellt wurden, da Schloessing gezeigt hat[25], dasz mit dem Dampfe von kohlensaurem Ammoniak versehene Tabakspflanzen bei der Analyse eine gröszere Menge von Stickstoff ergeben als andere nicht so behandelte Pflanzen; und nach dem, was wir gesehen haben, ist es wahrscheinlich, dasz etwas von dem Dampfe von den drüsigen Haaren absorbirt worden sein könnte.

Zusammenfassung der Beobachtungen über Drüsenhaare. – Aus den vorstehenden Beobachtungen, so wenig es auch sind, sehen wir, dasz die Drüsen von zwei Arten von Saxifraga, einer Primula und eines Pelargonium das Vermögen rapider Aufsaugung besitzen, während die Drüsen einer Erica, Mirabilis und Nicotiana entweder diese Fähigkeit nicht haben, oder der Inhalt der Zellen von den angewandten Flüssigkeiten, nämlich einer Lösung von kohlensaurem Ammoniak und einem Aufgusz von rohem Fleisch nicht afficirt wird. Da die Drüsen der Mirabilis Protoplasma enthalten, welches, als es der Einwirkung der oben genannten Flüssigkeiten ausgesetzt wurde, – trotzdem dasz der Inhalt der Zellen in der Blattscheibe durch das kohlensaure Ammoniak bedeutend afficirt wurde, – nicht zusammengeballt wurde, so dürfen wir wohl schlieszen, dasz sie nicht absorbiren können. Wir dürfen ferner folgern, dasz die unzähligen von dieser Pflanze gefangenen Insecten ihr von keinem weiteren Nutzen sind, als es die sind, welche den hinfälligen und klebrigen Schuppen der Blattknospen der Roszkastanie anhängen.

Der für uns interessanteste Fall ist der der zwei Species von Saxifraga, da diese Gattung entfernt mit Drosera verwandt ist. Ihre Drüsen absorbiren Substanz aus einem Aufgusz von rohem Fleisch, aus Lösungen des salpetersauren und kohlensauren Ammoniaks und dem Anscheine nach aus zerfallenden Insecten. Dies gieng hervor aus der veränderten schmutzig purpurnen Färbung des Protoplasma innerhalb der Zellen der Drüsen, aus seinem zusammengeballten Zustande und allem Anscheine nach aus seinen rapideren selbständigen Bewegungen. Der Procesz der Zusammenballung breitet sich von der Drüse die Stiele der Haare hinab aus; und wir dürfen annehmen, dasz eine jede Substanz, welche absorbirt worden ist, schlieszlich die Gewebe der Pflanzen erreicht. Andererseits geht derselbe Procesz die Haare hinauf, sobald nur immer eine Fläche durchschnitten ist und einer Lösung von kohlensaurem Ammoniak ausgesetzt wird. [320] Die Drüsen an den Blüthenstengeln und Blättern der Primula sinensis absorbiren schnell eine Lösung von kohlensaurem Ammoniak, und das Protoplasma, welches sie enthalten, wird zusammengeballt. In einigen Fällen sah man, dasz der Procesz von den Drüsen aus in die oberen Zellen der Stiele hinaufgieng. Wurden die Drüsen 10 Minuten dem Dampfe dieses Salzes ausgesetzt, so bewirkte auch dies Zusammenballung. Wenn Blätter von 6 bis 7 Stunden in einer starken Lösung gelassen oder dem Dampfe ausgesetzt wurden, so wurden die kleinen Massen von Protoplasma zersetzt, wurden braun und körnig, und waren offenbar getödtet. Ein Aufgusz von rohem Fleisch brachte keine Wirkung auf die Drüsen hervor.

Der klare Inhalt der Drüsenzellen von Pelargonium zonale wurde in einer Zeit von 3 bis 5 Minuten wolkig und körnig, wenn sie in eine schwache Lösung von kohlensaurem Ammoniak eingetaucht wurden, und im Verlauf von 1 Stunde erschienen Körnchen in den oberen Zellen der Drüsenstiele. Da die zusammengeballten Massen langsam ihre Form veränderten und da sie Zersetzung erlitten, wenn sie beträchtliche Zeit lang in einer starken Lösung liegen gelassen wurden, so kann kaum bezweifelt werden, dasz sie aus Protoplasma bestanden. Es ist zweifelhaft, ob ein Aufgusz von rohem Fleisch irgend welche Wirkung hervorbrachte.

Die drüsigen Haare gewöhnlicher Pflanzen sind allgemein von Physiologen so angesehen worden, als fungirten sie nur als absondernde oder aussondernde Organe; wir wissen aber, dasz sie, wenigstens in einigen Fällen, das Vermögen besitzen, eine Lösung und den Dampf von Ammoniak zu absorbiren. Da Regenwasser einen unbedeutenden Procentsatz von Ammoniak und die Atmosphäre eine äuszerst geringe Menge von Kohlensäure enthält, so ist es kaum anders zu erwarten, als dasz jenes Vermögen der Pflanze vortheilhaft ist. Auch kann der Vortheil nicht völlig so unbedeutend sein, als man auf den ersten Blick glauben möchte; denn eine mäszig schöne Pflanze von Primula sinensis trägt die staunen erregende Zahl von über zwei und einer halben Million drüsiger Haare[26], welche sämmtlich im Stande [321] sind, ihnen durch den Regen zugeführtes Ammoniak zu absorbiren. Es ist überdies noch wahrscheinlich, dasz die Drüsen einiger der oben genannten Pflanzen animale Substanz aus den Insecten erlangen, welche sich gelegentlich in der klebrigen Flüssigkeit fangen.

Schluszbemerkungen über die Droseraceen.

Die sechs bekannten Gattungen, welche diese Familie bilden, sind nun in Bezug auf unsern vorliegenden Gegenstand beschrieben worden, so weit meine Mittel es gestattet haben. Sie fangen alle Insecten. Dies wird bei Drosophyllum, Roridula und Byblis allein durch die von ihren Drüsen abgesonderte klebrige Flüssigkeit bewirkt, bei Drosera durch dasselbe Mittel zusammen mit den Bewegungen der Tentakeln, bei Dionaea und Aldrovanda durch das Schlieszen der Blattlappen. In diesen beiden letztgenannten Gattungen ersetzt rapide Bewegung den Verlust des klebrigen Secrets. In allen Fällen ist es aber irgend ein Theil des Blattes, welcher sich bewegt. Bei Aldrovanda scheinen es allein die basalen Theile zu sein, welche sich zusammenziehn und die breiten, dünnen Ränder der Blattlappen mit sich ziehn. Bei Dionaea krümmt sich der ganze Lappen, mit Ausnahme der randständigen Verlängerungen oder Speichen, einwärts, obschon der hauptsächliche Sitz der Bewegung in der Nähe der Mittelrippe liegt. Bei Drosera liegt der hauptsächliche Sitz im unteren Theile der Tentakeln, welche, der Homologie nach, als Verlängerungen des Blattes angesehen werden können; aber häufig rollt sich auch die ganze Scheibe einwärts und verwandelt das Blatt in einen temporären Magen.

Es läszt sich kaum bezweifeln, dasz alle zu diesen sechs Gattungen gehörenden Pflanzen das Vermögen haben, mit Hülfe ihres Secrets, welches eine Säure und zusammen damit ein seiner Natur [322] nach mit dem Pepsin beinahe identisches Ferment enthält, animale Substanz aufzulösen, und dasz sie später die in dieser Weise verdaute Substanz absorbiren. Dies ist sicher bei Drosera, Drosophyllum und Dionaea, beinahe sicher bei Aldrovanda, und der Analogie nach sehr wahrscheinlich bei Roridula und Byblis der Fall. Wir können hiernach einsehen, woher es kommt, dasz die drei zuerst genannten Gattungen mit so kleinen Wurzeln versehen sind, und dasz Aldrovanda völlig wurzellos ist; in Bezug auf die Wurzeln der andern beiden Gattungen ist nichts bekannt. Es ist ohne Zweifel eine überraschende Thatsache, dasz eine ganze Gruppe von Pflanzen (und, wie wir gleich sehen werden, einige andere, nicht mit den Droseraceen verwandte Pflanzen) zum Theil sich dadurch erhalten, dasz sie animale Substanz verdauen und zum Theil dadurch, dasz sie Kohlensäure zersetzen, statt ausschlieszlich durch das letzte Mittel zu leben in Verbindung mit der Absorption von Substanz aus dem Boden mittelst der Wurzeln. Wir haben indessen einen in gleicher Weise anomalen Fall im Thierreich; die rhizocephalen Krustenthiere ernähren sich nicht wie andere Thiere durch den Mund, denn ihnen fehlt ein Darmcanal, sondern sie leben so, dasz sie mittelst wurzelartiger Fortsätze die Säfte der Thiere, auf welchen sie Parasiten sind, absorbiren [27].

Von den sechs Gattungen ist Drosera ganz ausser allem Vergleich die erfolgreichste in dem Kampfe um's Dasein gewesen, und ein groszer Theil ihres Erfolges kann der Art und Weise zugeschrieben werden, wie sie Insecten fängt. Es ist eine herrschende Form, [323] denn es wird angenommen, dasz sie ungefähr 100 Arten umfaszt [28], welche in der Alten Welt von den arctischen Gegenden bis nach dem südlichen Indien, nach dem Vorgebirge der Guten Hoffnung, Madagascar und Australien, und in der Neuen Welt von Canada bis zum Feuerlande verbreitet sind. In dieser Beziehung bietet sie einen auffallenden Gegensatz zu den fünf andern Gattungen dar, welche allem Anscheine nach abnehmende Gruppen sind. Dionaea enthält nur eine einzige Species, welche auf einen Bezirk in Carolina beschränkt ist. Die drei Varietäten oder nahe verwandte Arten von Aldrovanda haben wie so viele Wasserpflanzen eine weitere Verbreitung von Central-Europa bis nach Bengalen und Australien. Drosophyllum hat nur eine Species, welche auf Portugal und Marocco beschränkt ist. Roridula und Byblis haben jede (wie ich von Prof. Oliver höre) zwei Species, die der ersten Gattung auf die westlichen Theile des Vorgebirgs der Guten Hoffnung, die der letztern auf Australien beschränkt. Es ist eine befremdende Thatsache, dasz Dionaea, welche eine der am wundervollsten angepaszten Pflanzen im ganzen Pflanzenreiche ist, allem Anscheine nach auf dem Wege zum Erlöschen ist. Dies ist um so befremdender, als die Organe der Dionaea höher differenzirt sind als diejenigen der Drosera; ihre Filamente dienen ausschlieszlich als Gefühlsorgane, die Lappen zum Fangen von Insecten, und die Drüsen, wenn sie gereizt werden, zur Absonderung ebensowohl wie zur Aufsaugung, während bei Drosera die Drüsen allen diesen Zwecken dienen und absondern, ohne gereizt zu sein.

Wenn man die Structur der Blätter, den Grad ihrer Complication und ihre rudimentäre Theile in den sechs Gattungen mit einander vergleicht, so wird man zu der Schluszfolgerung geführt, dasz ihre gemeinsame elterliche Form an Characteren von Drosophyllum, Roridula und Byblis Theil hatte. Die Blätter dieser alten Form waren beinahe sicher linear, vielleicht getheilt, und trugen an ihren oberen und unteren Flächen Drüsen, welche die Fähigkeit der Absonderung und Aufsaugung hatten. Einige dieser Drüsen waren auf Stiele gestellt, andere waren beinahe sitzend, die letzteren sonderten nur ab, wenn sie durch die Absorption von stickstoffhaltiger Substanz gereizt wurden. Bei Byblis bestehn die Drüsen aus einer einzigen [324] Zellenschicht, die von einem einzelligen Stiele getragen wird; bei Roridula haben sie eine complicirtere Structur und werden von Stielen getragen, welche aus mehreren Zellenreihen gebildet werden; bei Drosophyllum enthalten sie ferner Spiralzellen und die Stiele umschlieszen ein Bündel von Spiralgefäszen, Aber in diesen drei Gattungen besitzen diese Organe kein Bewegungsvermögen, und es besteht kein Grund, daran zu zweifeln, dasz sie hier die Natur von Haaren oder Trichomen haben. Obgleich sich blattartige Organe in unzähligen Fällen bewegen, wenn sie gereizt werden, so ist doch kein Fall von einem Trichom bekannt, was eine derartige Fähigkeit hätte[29]. Wir werden hierdurch veranlaszt, zu untersuchen, auf welche Weise die sogenannten Tentakeln der Drosera, welche offenbar von derselben allgemeinen Beschaffenheit sind wie die drüsigen Haare der obigen drei Gattungen, das Vermögen sich zu bewegen erlangt haben können. Viele Botaniker behaupten, dasz diese Tentakeln aus Verlängerungen des Blattes bestehn, weil sie Gefäszgewebe einschlieszen; dies kann aber nicht länger als zuverlässiger Unterscheidungscharacter gelten[30]. Der Besitz des Bewegungsvermögens bei Reizung würde ein sichrerer Beweis gewesen sein. Wenn wir aber die ungeheure Anzahl von Tentakeln auf beiden Flächen der Blätter von Drosophyllum betrachten, ebenso wie die auf der oberen Fläche der Blätter von Drosera, so scheint es kaum möglich zu sein, dasz jeder Tentakel ursprünglich als Verlängerung des Blattes existirt haben sollte. Roridula zeigt uns vielleicht, wie wir diese schwierigen Widersprüche in Bezug auf die Homologien der Tentakeln mit einander versöhnen. Die seitlichen Abschnitte der Blätter dieser Pflanze enden in langen Tentakeln, und diese umschlieszen Spiralgefäsze, welche sich nur eine kurze Strecke weit in ihnen hinauf erstrecken, ohne eine Trennungslinie zwischen dem, was deutlich die Verlängerung des Blattes ist, und dem Stiele eines drüsigen Haares. Es würde daher nichts Anomales oder Ungewöhnliches darin liegen, wenn der basale Theil dieser Tentakeln, welche den randständigen Tentakeln der Drosera entsprechen, das Vermögen sich zu bewegen erlangte; und wir wissen, dasz es bei Drosera nur der untere Theil ist, welcher eingebogen wird. Aber [325] um nun noch zu verstehen, wie in dieser letzteren Gattung nicht blosz die randständigen, sondern auch alle inneren Tentakeln der Bewegung fähig geworden sind, müssen wir noch weiter annehmen, entweder dasz dies Vermögen nach dem Principe der correlativen Entwickelung auf die basalen Theile der Haare übertragen wurde, oder dasz die Oberfläche des Blattes an zahlreichen Punkten in Verlängerungen ausgezogen worden ist, so dasz sie sich mit den Haaren verband und damit die Basen der inneren Tentakeln bildete.

Die oben genannten drei Gattungen, nämlich Drosophyllum, Roridula und Byblis, welche einen ursprünglichen Zustand beibehalten zu haben scheinen, tragen noch immer drüsige Haare auf beiden Oberflächen ihrer Blätter; aber die an der untern Fläche sind seitdem in den höher entwickelten Gattungen verschwunden, mit theilweiser Ausnahme einer Species, Drosera binata. Die kleinen sessilen Drüsen sind gleichfalls in einigen der Gattungen verschwunden; bei Roridula sind sie durch Haare und in den meisten Species von Drosera durch absorbirende Papillen ersetzt, Drosera binata findet sich mit ihren linearen und sich gablig theilenden Blättern auf einem intermediären Zustande. Sie trägt noch einige sitzende Drüsen auf beiden Flächen der Blätter und auf der untern Fläche einige wenige unregelmäszig gestellte Tentakeln, welche nicht fähig sind, sich zu bewegen. Eine weitere unbedeutende Veränderung würde die linearen Blätter dieser letztern Art in die oblongen Blätter der Drosera anglica verwandeln, und diese dürften dann leicht in kreisförmige mit Stielen übergehen, wie die der Drosera rotundifolia, Die Blattstiele dieser letztern Species tragen vielzellige Haare, von denen wir guten Grund haben anzunehmen, dasz sie fehlgeschlagene Tentakeln repräsentiren.

Die Stammform der Dionaea und Aldrovanda scheint mit Drosera nahe verwandt gewesen zu sein, und runde, auf deutlichen Stielen getragene, und rings um ihren ganzen Umfang mit Tentakeln versehene Blätter besessen zu haben, welche letztere auch auf der oberen Fläche noch andere Tentakeln und sessile Drüsen gehabt haben. Ich glaube dies deshalb, weil die randständigen Spitzen der Dionaea dem Anscheine nach die äuszersten randständigen Tentakeln, die sechs (zuweilen acht) empfindlichen Filamente auf der oberen Blattfläche, ebenso wie die zahlreicheren bei Aldrovanda, die centralen Tentakeln der Drosera repräsentiren, deren Drüsen zwar fehlgeschlagen sind, deren Empfindlichkeit aber erhalten worden ist. Von diesem Gesichtspunkte [326] aus müssen wir noch im Auge behalten, dasz die Spitzen der Tentakeln bei der Drosera, dicht unterhalb der Drüsen, empfindlich sind.

Die drei merkwürdigsten Eigenthümlichkeiten, welche die verschiedenen Glieder der Familie der Droseraceae darbieten, bestehen darin, dasz die Blätter von einigen derselben die Fähigkeit haben, sich zu bewegen, wenn sie gereizt werden; ferner darin, dasz ihre Drüsen eine Flüssigkeit absondern, welche animale Substanz verdaut, und endlich in der Absorption der verdauten Substanz. Kann irgend welches Licht auf die Schritte geworfen werden, auf denen diese merkwürdigen Fähigkeiten allmählich erlangt wurden?

Da die Zellwände nothwendigerweise für Flüssigkeiten durchgängig sind, um den Drüsen zu gestatten abzusondern, so ist es nicht überraschend, dasz sie auch den Durchtritt von Flüssigkeiten nach innen leicht gestatten; und dieser nach innen gerichtete Durchtritt würde ein Act der Absorption genannt zu werden verdienen, wenn die Flüssigkeiten sich mit dem Drüseninhalte verbänden. Nach den oben angeführten Thatsachen zu urtheilen, können die absondernden Drüsen vieler anderer Pflanzen Ammoniaksalze absorbiren, von welchen sie aus dem Regenwasser geringe Mengen erhalten müssen. Dies ist der Fall mit zwei Species von Saxifraga; und die Drüsen einer derselben absorbiren augenscheinlich Substanz aus gefangenen Insecten und sicher aus einem Aufgusz von rohem Fleisch. Es liegt daher nichts Abnormes darin, dasz die Droseraceen das Absorptionsvermögen in einem viel höher entwickelten Grade erlangt haben.

Es ist ein bei weitem merkwürdigeres Problem, wie die Glieder dieser Familie, ferner Pinguicula, und, wie Dr. Hooker vor Kurzem gezeigt hat, Nepenthes, alle das Vermögen erlangt haben dürften, eine, animale Substanz auflösende oder verdauende Flüssigkeit abzusondern. Die sechs Gattungen der Droseraceen haben diese Fähigkeit wahrscheinlich von einem gemeinsamen Urerzeuger ererbt; dies läszt sich aber auf Pinguicula und Nepenthes nicht anwenden; denn diese Pflanzen sind durchaus nicht nahe mit den Droseraceen verwandt. Die Schwierigkeit ist aber nicht annähernd so grosz, als sie auf den ersten Blick erscheint. Erstens enthalten die Säfte vieler Pflanzen eine Säure und allem Anscheine nach dient jede Säure zur Verdauung. Zweitens sondern, wie Dr. Hooker mit Bezug auf den vorliegenden Gegenstand in seiner Hede in Belfast (1874) bemerkt hat und wie [327] Sachs wiederholt hervorhebt[31], die Embryonen einiger Pflanzen eine Flüssigkeit ab, welche eiweiszartige Substanzen aus dem Endosperm auflöst, obgleich das Endosperm nicht mit dem Embryo verbunden ist, sondern nur mit ihm in Berührung steht. Überdies haben die Pflanzen das Vermögen, eiweiszartige oder proteinartige Substanzen, wie Protoplasma, Chlorophyll, Leim, Aleurone aufzulösen und sie von einem Theil zu andern Theilen ihrer Gewebe fortzuschaffen. Dies musz durch ein Auflösungsmittel bewirkt werden, was wahrscheinlich aus einem Ferment in Verbindung mit einer Säure besteht[32]. Nun wird bei denjenigen Pflanzen, welche fähig sind, bereits lösliche Substanz aus gefangenen Insecten zu absorbiren, wennschon sie keiner wahren Verdauung fähig sind, das eben erwähnte Lösungsmittel, welches gelegentlich in den Drüsen vorhanden sein musz, gern in Verbindung mit dem klebrigen Secrete aus den Drüsen ausschwitzen, insofern ja Endosmose von Exosmose begleitet ist. Wenn eine solche Ausschwitzung je eintritt, wird das Lösungsmittel auf die innerhalb der gefangenen Insecten enthaltenen animalen Substanz einwirken, und dies wird dann ein Act wahrer Verdauung sein. Da nicht bezweifelt werden kann, dasz dieser Procesz für Pflanzen, welche in sehr armem Boden wachsen, von groszem Nutzen sein würde, so wird es danach Streben, durch natürliche Zuchtwahl immer weiter vervollkommnet zu werden. Es könnte daher jede gewöhnliche Pflanze, welche klebrige Drüsen besitzt und damit gelegentlich Insecten fängt, in dieser Weise unter günstigen Umständen in eine Species verwandelt werden, welche das Vermögen wahrer Verdauung besitzt. Es hört daher auf, irgend ein groszes Geheimnis zu sein, wie mehrere, in keiner Weise nahe mit einander verwandte Pflanzen, unabhängig von einander dieses selbe Vermögen erlangt haben.

Da mehrere Pflanzen existiren, deren Drüsen, so viel bis jetzt bekannt ist, animale Substanz nicht verdauen können, aber doch Ammoniaksalze und thierische Flüssigkeiten absorbiren können, so ist [328] es wahrscheinlich, dasz dieses letztere Vermögen die erste Stufe zur Entwickelung wirklicher Verdauung bildet. Es könnte sich indessen unter gewissen Bedingungen ereignen, dasz eine Pflanze, nachdem sie die Verdauungsfähigkeit erlangt gehabt hatte, zu einer solchen rückschreiten könnte, welche nur das Vermögen besäsze, animale Substanz in Lösung oder im Zustande des Zerfallens, oder die endlichen Zersetzungsproducte, nämlich die Ammoniaksalze, zu absorbiren. Es möchte scheinen, als sei dies factisch in einer gewissen Ausdehnung bei den Blättern der Aldrovanda eingetreten; die äuszeren Theile derselben besitzen absorbirende Organe, aber keine zur Absonderung irgend einer verdauenden Flüssigkeit eingerichtete Drüsen, während solche auf die inneren Theile beschränkt sind.

Nur wenig Licht kann über das allmähliche Erlangen der dritten merkwürdigen Eigenthümlichkeit, welche die höher entwickelten Gattungen der Droseraceen besitzen, verbreitet werden, nämlich über das Vermögen, sich zu bewegen, wenn sie gereizt werden. Man musz indessen im Sinne behalten, dasz Blätter und deren Homologa, eben sowohl wie Blüthenstiele, diese Fähigkeit in unzähligen Beispielen unabhängig von einer Vererbung von einer gemeinsamen elterlichen Form erhalten haben: so z. B. bei Rankenträgern und Blattkletterern (d. h. bei Pflanzen, deren Blätter, Blattstiele und Blüthenstiele u. s. w. zur Ergreifung modificirt sind), die zu einer groszen Zahl der allerverschiedensten Ordnungen gehören, – bei Blättern der vielen Pflanzen, welche des Abends, oder wenn sie erschüttert werden, einschlafen, – und bei den reizbaren Staubfäden und Pistillen nicht weniger Species. Wir können daher schlieszen, dasz das Bewegungsvermögen auf mehrfache Weise leicht erlangt werden kann. Derartige Bewegungen setzen Reizbarkeit oder Empfindlichkeit voraus; wie aber Cohn bemerkt hat[33], weichen die Gewebe der in solcher Weise begabten Pflanzen in keiner irgendwie gleichförmigen Weise von denen gewöhnlicher Pflanzen ab, es ist daher wahrscheinlich, dasz alle Blätter in einem unbedeutenden Grade reizbar sind. Selbst wenn sich ein Insect auf ein Blatt niederläszt, wird eine unbedeutende moleculare Veränderung wahrscheinlich eine Strecke weit quer durch sein Gewebe fortgeleitet, mit dem einzigen Unterschiede, dasz keine wahrnehmbare [329] Wirkung hervorgebracht wird. Zu Gunsten dieser Meinung haben wir einige Belege; denn wir wissen, dasz eine einmalige Berührung der Drüsen der Drosera keine Einbiegung erregt; und doch musz sie eine Wirkung hervorbringen, denn wenn die Drüsen in einer Campherlösung eingetaucht gewesen waren, so erfolgt die Einbiegung innerhalb einer kürzeren Zeit als sie der Einwirkung des Camphers allein gefolgt sein würde. So können ferner bei Dionaea die Blattscheiben in ihrem gewöhnlichen Zustande derb berührt werden, ohne dasz sie sich schlieszen; und doch musz hierdurch eine Wirkung hervorgebracht und quer über das ganze Blatt fortgeleitet werden, denn wenn die Drüsen vor Kurzem animale Substanz absorbirt hatten, veranlaszt selbst eine zarte Berührung, dasz sie sich augenblicklich schlieszen. Im Ganzen können wir schlieszen, dasz das Erlangen eines hoben Grades von Empfindlichkeit und das Bewegungsvermögen bei gewissen Gattungen der Droseraceen keine gröszere Schwierigkeit darbietet, als ähnliche aber schwächere Fähigkeiten bei einer Menge anderer Pflanzen darbieten.

Die specialisirte Beschaffenheit und Art der Empfindlichkeit, welche Drosera und Dionaea und gewisse andere Pflanzen besitzen, verdient wohl Beachtung. Eine Drüse der Drosera kann einmal, zwei oder selbst dreimal kräftig geschlagen werden, ohne dasz irgend eine Wirkung hervorgebracht wird, während der fortdauernde Druck eines äuszerst minutiösen Theilchens Bewegung erregt. Andererseits kann ein vielmal schwereres Theilchen leise auf eines der Filamente der Dionaea gelegt werden, ohne eine Wirkung; wird es aber nur einmal durch die langsame Bewegung eines zarten Haares berührt, so schlieszen sich die Blattlappen; und dieser Unterschied in der Natur der Empfindlichkeit dieser beiden Pflanzen steht in offenbarem Anpassungsverhältnis zu der Art und Weise, wie sie Insecten fangen. Dasselbe gilt für die Thatsache, dasz wenn die centralen Drüsen der Drosera stickstoffhaltige Substanz absorbiren, sie einen motorischen Impuls viel schneller nach den äuszeren Tentakeln hinsenden, als wenn sie mechanisch gereizt werden; während bei Dionaea die Absorption stickstoffhaltiger Substanz es verursacht, dasz die Blattlappen sich mit äuszerster Langsamkeit gegen einander drücken, wogegen eine Berührung rapide Bewegung erregt. Etwas analoge Thatsachen kann man, wie ich in einem andern Werke gezeigt habe, bei den Ranken verschiedener Pflanzen beobachten; einige werden durch die Berührung [330] mit feinen Fasern, andere durch Berührung mit Borsten, andere mit einer ebenen oder gefurchten Oberfläche am meisten gereizt. Die empfindlichen Organe der Drosera und Dionaea sind auch in sofern specialisirt, als sie nicht durch das Gewicht oder das Auffallen von Regentropfen oder Luftstöszen nutzlos afficirt werden. Dies kann man so erklären dasz man annimmt, diese Pflanzen und ihre Erzeuger seien an die wiederholte Einwirkung von Regen und Wind gewöhnt worden, so dasz keine molecularen Veränderungen dadurch veranlaszt werden; während sie mittelst natürlicher Zuchtwahl gegen den seltneren Auffall oder Druck fester Körper empfindlicher gemacht worden sind. Obgleich die Absorption verschiedener Flüssigkeiten durch die Drüsen der Drosera Bewegung erregt, so besteht doch ein groszer Unterschied zwischen der Wirkung verwandter Flüssigkeiten, so beispielsweise zwischen gewissen vegetabilischen Säuren und zwischen citronensaurem und phosphorsaurem Ammoniak. Die specialisirte Natur und Vollkommenheit der Empfindlichkeit bei diesen zwei Pflanzen ist um so überraschender, als Niemand vermuthet, dasz sie Nerven besitzen; und aus Versuchen an Drosera mit Substanzen, welche kraftvoll auf das Nervensystem von Thieren wirken, geht nicht hervor, dasz sie irgend eine dem Nervengewebe analoge Substanz durch den Körper diffundirt enthalten.

Obgleich die Zellen der Drosera und Dionaea vollständig so empfindlich gegen gewisse Reizmittel sind, wie die Gewebe, welche die Endigungen der Nerven in den höheren Thieren umgeben, so stehen diese Pflanzen doch niedriger als selbst tief auf der Stufenleiter stehende Thiere, und zwar darin, dasz sie nicht afficirt werden, ausgenommen durch Reize in Berührung mit ihren empfindlichen Theilen. Sie werden indessen wahrscheinlich durch strahlende Wärme beeinfluszt, denn warmes Wasser erregt energische Bewegung. Wenn eine Drüse der Drosera oder eines der Filamente der Dionaea gereizt wird, so strahlt der motorische Impuls nach allen Richtungen hin und wird nicht, wie es bei Thieren der Fall ist, nach speciellen Punkten oder Organen hingelenkt. Dies gilt bei Drosera selbst für den Fall, wenn eine reizende Substanz auf zwei Punkte der Scheibe gelegt worden ist und wenn alle Tentakeln ringsherum mit wunderbarer Genauigkeit nach diesen beiden Punkten hin eingebogen werden, Die Schnelligkeit, mit welcher der motorische Impuls fortgeleitet wird, ist, obschon rapid bei Dionaea, viel geringer als bei den meisten oder allen [331] Thieren. Diese Thatsache ebenso wie die, dasz der motorische Impuls nicht speciell nach gewissen Punkten hingerichtet wird, sind ohne Zweifel beide eine Folge des Fehlens von Nerven. Demungeachtet können wir vielleicht eine Vorbildung eigentlicher Nervenentwickelung bei Thieren darin erblicken, dasz der motorische Impuls in dem beschränkten Raume innerhalb der Tentakeln der Drosera so viel rapider abwärts geleitet wird als irgend wo anders, und etwas schneller in einer Längsrichtung als in der Richtung quer über die Scheibe. Noch deutlicher lassen diese Pflanzen ihre niedrigere Entwickelung den Thieren gegenüber in dem Fehlen jeder Reflexthätigkeit erkennen, den Fall ausgenommen, wo die Drüsen der Drosera, wenn sie aus einer gewissen Entfernung gereizt werden, einen Reiz zurücksenden, welcher es verursacht, dasz der Inhalt der Zellen hinab bis zu den Basen der Tentakeln zusammengeballt wird. Aber der bedeutendste Beweis dieser Inferiorität unter allen ist die Abwesenheit eines Centralorgans, welches fähig wäre, Eindrücke von allen Punkten her aufzunehmen, deren Wirkungen in bestimmten Richtungen fortzuleiten, sie aufzusammeln und sie zu reproduciren.

[332]

Sechszehntes Capitel.
Pinguicula.

Pinguicula vulgaris. – Bau der Blätter. – Grosze Zahl der gefangenen Insecten und anderer Gegenstände. – Bewegung der Blattränder. – Nutzen dieser Bewegung. – Absonderung, Verdauung und Aufsaugung. – Wirkung des Secrets auf verschiedene animale und vegetabilische Substanzen. – Die Wirkungen von Substanzen, welche keine löslichen stickstoffhaltigen Substanzen enthalten, auf die Drüsen. – Pinguicula grandiflora.Pinguicula lusitanica, fängt Insecten. – Bewegung der Blätter, Absonderung und Verdauung.

Pinguicula vulgaris. – Diese Pflanze wächst an feuchten Stellen, meistens auf Bergen. Sie trägt im Mittel acht, ziemlich dicke, oblonge, hellgrüne Blätter, welche kaum irgend einen Stiel haben. Ein die volle Grösze erreichendes Blatt miszt ungefähr 1½ Zoll in der Länge und ¾ Zoll in der Breite. Die jungen mittleren Blätter sind tief concav und ragen nach oben vor; die älteren, nach der Auszenseite hin stehenden, sind eben oder concav und liegen dicht am Boden, wo sie eine Rosette von 3 bis 4 Zoll im Durchmesser bilden. Die Ränder der Blätter sind einwärts gekrümmt. Ihre obere Fläche ist dicht mit zweierlei Art drüsiger Haare besetzt, welche in der Grösze der Drüsen und der Länge ihrer Stiele von einander abweichen. Die gröszeren Drüsen haben einen kreisförmigen Umfang, wenn sie von oben betrachtet werden, und sind mäszig dick; sie sind durch strahlenförmig angeordnete Scheidewände in sechszehn Zellen getheilt, welche hellgrüne, homogene Flüssigkeit enthalten. Sie werden von länglichen, einzelligen Stielen (welche einen Kern und ein Kernkörperchen enthalten) getragen, die auf leichten Hervorragungen stehen. Die kleinen Drüsen weichen nur darin ab, dasz sie nur von der halben Anzahl von Zellen gebildet werden, welche viel blässere Flüssigkeit enthalten und von viel kürzeren Stielen getragen werden. Nahe der Mittelrippe nach der Basis des Blattes zu sind die Stiele vielzellig, sind länger als irgendwo anders und tragen kleinere Drüsen. Alle Drüsen sondern eine farblose Flüssigkeit ab, welche so klebrig ist, dasz man, wie ich gesehen habe, einen Faden von 18 Zoll Länge ausziehen kann; in diesem Falle wurde aber die Flüssigkeit von einer Drüse abgesondert, [333] welche gereizt worden war. Der scharfe Blattrand ist durchscheinend und trägt keinerlei Drüsen; hier enden die aus der Mittelrippe heraustretenden Spiralgefäsze in Zellen, welche mit einer Spirallinie gezeichnet sind, denen innerhalb der Drüsen der Drosera ziemlich ähnlich.

Die Wurzeln sind kurz. Drei Pflanzen wurden in Nord-Wales am 20. Juni ausgegraben und sorgfältig gewaschen; jede hatte fünf oder sechs nicht verzweigte Wurzeln, von denen die längste nur 1,2 Zoll masz. Zwei ziemlich junge Pflanzen wurden am 28. September untersucht; diese hatten eine gröszere Zahl von Wurzeln, nämlich acht und achtzehn, sämmtlich unter 1 Zoll lang und sehr wenig verzweigt.

Ich war dadurch dazu veranlaszt worden, die Lebensweise dieser Pflanzen zu untersuchen, dasz mir Mr. W. Marshall erzählte, auf den Bergen von Cumberland hiengen viele Insecten an den Blättern derselben.

Ein Freund schickte mir am 23. Juni aus Nord-Wales neununddreiszig Blätter, welche ausgewählt worden waren, weil ihnen Gegenstände irgend welcher Art anhiengen. Von diesen Blättern hatten zweiunddreiszig 142 Insecten gefangen, oder im Mittel jedes Blatt 4,4, wobei minutiöse Bruchstücke von Insecten nicht mitgezählt wurden. Auszer den Insecten hiengen noch kleine, zu vier verschiedenen Arten von Pflanzen gehörige Blätter, unter denen die der Erica tetralix weitaus die häufigsten waren, und drei äuszerst kleine keimende Pflänzchen, die vom Winde verweht waren, neunzehn Blättern an. Eines hatte sogar zehn Blätter des Haidekrautes gefangen. Samen oder Früchte, meistens von Riedgräsern und einer von Juncus, hiengen auszer Stückchen Moos und anderem Abfall gleichfalls noch an sechs Blättern unter den neununddreiszig. Derselbe Freund sammelte am 27. Juni neun Pflanzen, welche zusammen vierundsiebenzig Blätter trugen; und diese hatten sämmtlich, mit Ausnahme von drei jungen Blättern, Insecten gefangen; auf einem Blatte wurden dreiszig Insecten gezählt, auf einem zweiten achtzehn und auf einem dritten sechszehn. Ein anderer Freund untersuchte am 22. August einige Pflanzen in Donegal in Irland und fand unter 157 Blättern Insecten auf 70; fünfzehn dieser Blätter wurden mir zugeschickt, ein jedes Blatt hatte im Mittel 2,4 Insecten gefangen. An neun derselben hiengen Blätter (meist von Erica tetralix); sie waren aber dieses letzteren Umstandes wegen ausgelesen worden. Ich will noch hinzufügen, dasz zeitig im August mein Sohn Blätter dieser selben Erica und die Früchte einer Carex an den Blättern einer Pinguicula in der Schweiz hängen fand, wahrscheinlich Pinguicula alpina; auch einige Insecten, aber nicht in groszer Anzahl, hiengen an den Blättern dieser Pflanze, welche viel besser entwickelte Wurzeln hatte als die Pinguicula vulgaris. In Cumberland untersuchte Mr. Marshall am 3. September mir zu Gefallen sorgfältig zehn Pflanzen, welche achtzig Blätter trugen; auf dreiundsechzig von diesen (d. h. auf 79 Procent) fand er Insecten, 148 an der Zahl, so dasz jedes Blatt im Mittel 2,27 Insecten hatte. Wenige Tage später schickte er [334] mir einige Pflanzen mit sechszehn Samen oder Früchten an vierzehn Blättern hängend. Es fand sich dabei ein Same auf drei Blättern einer und derselben Pflanze. Die sechszehn Samen gehörten zu neun verschiedenen Arten, welche nicht bestimmt werden konnten, ausgenommen einer von Ranunculus und mehrere zu drei oder vier verschiedenen Species von Carex gehörig. Es zeigt sich, dasz spät im Jahre weniger Insecten gefangen werden als früher; so wurden in Cumberland in der Mitte des Juli auf mehren Blättern von zwanzig bis vierundzwanzig Insecten beobachtet, während im September die mittlere Anzahl nur 2,27 betrug. Die meisten Insecten in sämmtlichen vorstehend erwähnten Fällen waren Diptem, daneben aber viele sehr kleine Hymenoptern, mit Einschlusz einiger Ameisen, einige wenige kleine Käfer, Larven, Spinnen, und selbst kleine Motten.

Wir sehen hieraus, dasz zahlreiche Insecten und andere Gegenstände von den klebrigen Blättern gefangen werden; wir haben aber kein Recht, aus dieser Thatsache zu schlieszen, dasz diese Gewohnheit wohlthätig für die Pflanze ist, ebensowenig wie in dem früher angeführten Falle bei der Mirabilis oder bei der Roszkastanie. Wir werden aber sofort sehen, dasz todte Insecten und andere stickstoffhaltige Körper die Drüsen zu vermehrter Absonderung anregen, und dasz das Secret dann sauer wird und die Fähigkeit hat, animale Substanzen, wie Eiweisz, Faserstoff u. s. w. zu verdauen. Überdies wird die aufgelöste stickstoffhaltige Substanz von den Drüsen aufgesaugt, was sich darin zeigt, dasz ihr klarer Zelleninhalt zu sich langsam bewegenden körnigen Protoplasma-Massen zusammengeballt wird. Dieselben Resultate erfolgen, wenn die Insecten auf natürlichem Wege gefangen werden, und da die Pflanze in armem Boden lebt und kleine Wurzeln hat, so kann darüber kein Zweifel sein, dasz sie von ihrer Fähigkeit, Substanz aus der gewohnheitsgemäsz in so groszen Zahlen gefangenen Beute zu absorbiren und zu verdauen, Vortheil zieht. Es dürfte indessen zweckmäszig sein, zuerst die Bewegungen der Blätter zu beschreiben.

Bewegungen der Blätter. – Dasz solche dicke, grosze Blätter wie die der Pinguicula vulgaris die Fähigkeit haben würden, sich einwärts zu krümmen, wenn sie gereizt werden, ist niemals auch nur vermuthet worden. Es ist nothwendig, zum Versuch Blätter auszuwählen, deren Drüsen reichlich absondern und welche verhindert worden sind, viele Insecten zu fangen, da alte Blätter, wenigstens diejenigen, die im Naturzustande wachsen, ihre Ränder bereits so bedeutend einwärts gekrümmt haben, dasz sie wenig Bewegungsvermögen darbieten oder sich sehr langsam bewegen. Ich will zuerst die wichtigeren [335] Experimente, welche angestellt wurden, im Detail anführen und dann einige Schluszbemerkungen machen.

1. Versuch. – Ein junges und beinahe aufrecht stehendes Blatt wurde ausgewählt, dessen beide seitlichen Blätter gleichmäszig und sehr unbedeutend einwärts gekrümmt waren. Eine Reihe kleiner Fliegen wurde dem einen Rande entlang auf das Blatt gelegt. Als es am andern Tage angesehen wurde, nach 15 Stunden, fand sich, dasz dieser Rand, aber nicht der andere, nach innen gefaltet war, wie der Rand des menschlieben Ohres, und zwar in einer Breite von 1/10 Zoll, so dasz er zum Theil auf der Reihe Fliegen drauf lag

Fig. 15. (Pingula vulgaris.)
Umriszzeichnung eines Blattes, dessen linker Rand über eine Reihe Fliegen eingebogen ist.

. Die Drüsen, auf denen die Fliegen lagen, ebenso wie diejenigen auf dem sich einfaltenden Randstück, welche mit den Fliegen in Berührung gebracht worden waren, sonderten sämmtlich reichlich ab.

2. Versuch. – Eine Reihe von Fliegen wurde auf den einen Rand eines etwas alten Blattes gebracht, welches platt auf dem Boden lag; in diesem Falle hatte sich der Rand nach Verlauf einer gleich langen Zeit, nämlich nach 15 Stunden, eben erst nach innen einzurollen begonnen; es war aber so viel Secret ergossen worden, dasz die löffelförmige Spitze des Blattes damit angefüllt war.
3. Versuch. – Stücke einer groszen Fliege wurden nahe der Spitze auf ein kräftiges Blatt gelegt, ebenso der Hälfte des einen Randes entlang. Nach 2 Stunden 20 Minuten war eine entschiedene Einwärtskrümmung eingetreten, welche während des Nachmittags noch ein wenig zunahm, aber sich am folgenden Morgen noch in demselben Zustande befand. In der Nähe der Blattspitze waren beide Ränder nach innen gebogen. Ich habe niemals einen Fall gesehen, wo sich die Spitze selbst auch nur im geringsten gegen die Basis des Blattes zu gekrümmt hätte. Nach 48 Stunden (immer von der Zeit an gerechnet, wo die Fliegen zuerst auf das Blatt gelegt wurden) hatte der Rand überall angefangen, sich wieder zu entfalten.
4. Versuch. – Ein groszes Stück einer Fliege wurde in der Mittellinie etwas unterhalb der Spitze auf ein Blatt gelegt. In 3 Stunden waren beide seitlichen Ränder wahrnehmbar, und nach 4 Stunden 20 Minuten bis zu einem solchen Grade einwärts gekrümmt, dasz das Stück von beiden Rändern umfaszt wurde. Nach 24 Stunden wurden die beiden eingefalteten Ränder in der Nähe der Spitze (denn der untere Theil des Blattes war durchaus nicht afficirt) gemessen; es fand sich, dasz sie 0,11 Zoll (2,795 Mm.) auseinander standen. Die Fliege wurde nun entfernt und ein Wasserstrom über das Blatt gegossen, um die Oberfläche zu waschen; nach 24 Stunden standen die Ränder 0,25 Zoll (6,349 Mm.) auseinander, so dasz sie also bedeutend entfaltet waren. Nach Verlauf von weiteren 24 Stunden waren sie vollständig wieder ausgebreitet. Nun wurde eine andere Fliege auf dieselbe Stelle gelegt, um zu sehen, ob sich das Blatt, auf welchem eine erste Fliege 24 Stunden gelegen [336] hatte, wieder bewegen würde; nach 10 Stunden war eine Spur von Einkrümmung vorhanden, dieselbe nahm aber während der nächsten 24 Stunden nicht zu. Desgleichen wurde ein Stückchen Fleisch auf den Rand eines Blattes gelegt, welches vier Tage früher über einem Stück Fliege stark eingekrümmt worden war und sich dann wieder ausgebreitet hatte; das Fleisch verursachte auch nicht einmal eine Spur von Einkrümmung. Im Gegentheil bogen sich die Ränder etwas zurück, als wären sie beschädigt, und blieben so die nächstfolgenden drei Tage lang, so lange das Blatt beobachtet wurde.

5. Versuch. – Ein groszes Stück einer Fliege wurde halbwegs zwischen die Mittelrippe und den einen Rand gelegt. Ein kurzer Abschnitt dieses Randes der Fliege gerade gegenüber zeigte nach 3 Stunden eine Spur von Einkrümmung, und war nach 7 Stunden stark eingebogen. Nach 24 Stunden war der einwärts gefaltete Rand nur 0,16 Zoll (4,064 Mm.) von der Mittelrippe entfernt. Der Rand fieng nun an, sich wieder auszubreiten, trotzdem die Fliege auf dem Blatte liegen gelassen

Fig. 16. (Pinguicula vulgaris)
Umrisz eines Blattes, dessen rechter rand sich gegen zwei viereckige Stückchen Fleisch eingebogen hatte.

wurde, so dasz am nächsten Morgen (d. h. 48 Stunden von der Zeit an, wo die Fliege zuerst aufgelegt wurde) der eingefaltete Rand beinahe vollständig seine ursprüngliche Stellung wieder erlangt hatte, da er nun 0,3 Zoll (7,62 Mm.) (anstatt 0,16 Zoll) von der Mittelrippe entfernt war. Indessen war immer noch eine Spur von Biegung sichtbar.

6. Versuch. – Ein junges und concaves Blatt wurde ausgesucht, dessen Ränder unbedeutend und auf natürliche Weise eingekrümmt waren. Zwei ziemlich grosze, längliche, rechteckige Stückchen gerösteten Fleisches wurden nun, 0,46 Zoll (11,68 Mm.) von einander entfernt, so aufgelegt, dasz ihre Enden den ein gefalteten Rand berührten. Nach 24 Stunden war der Rand bedeutend und gleichmäszig eingebogen (s. Fig. 16), und zwar über die ganze Strecke und noch 0,12 oder 0,13 Zoll (3,048 oder 3,302 Mm.) oberhalb und unterhalb eines jeden Stückes; es war daher der Rand zwischen den beiden Stücken in einer gröszeren Ausdehnung afficirt worden, in Folge ihrer verbundenen Einwirkung, als jenseits derselben. Die Fleischstückchen waren zu grosz, um vom Rande umfaszt werden zu können, sie wurden aufgerichtet, eines von ihnen so, dasz es beinahe senkrecht stand. Nach 48 Stunden war der Rand beinahe ausgebreitet und die Fleischstückchen waren herabgesunken. Als das Blatt nach zwei Tagen wieder untersucht wurde, war der Rand vollständig wieder ausgebreitet, mit Ausnahme des naturgemäsz eingefalteten Randes, und eines der Fleischstückchen deren Ende zuerst die Kante berührt hatte, war nun 0,067 Zoll (1,70 Mm.) von ihr entfernt, so dasz dies Stückchen um so viel quer über die Blattscheibe geschoben worden war.

7. Versuch. – Ein Stückchen Fleisch wurde dicht an den eingekrümmten Rand eines ziemlich jungen Blattes gelegt und wurde, nachdem sich der Rand wieder ausgebreitet hatte, 0,11 Zoll (2,795 Mm.) [337] vom Rande entfernt liegen gelassen. Die Entfernung vom Rande bis zur Mittelrippe des völlig ausgebreiteten Blattes betrug 0,35 Zoll (8,89 Mm.), so dasz das Fleischstückchen nahezu ein Drittel des halben Durchmessers des Blattes nach innen und quer über die Scheibe geschoben worden war.
8. Versuch. – Würfel von Schwamm, welche in einem starken Aufgusz von rohem Fleische eingeweicht worden waren, wurden in dichte Berührung mit den eingekrümmten Rändern zweier Blätter, eines jüngeren und eines älteren, gebracht. Die Entfernung von den Rändern zu den Mittelrippen wurde sorgfältig gemessen. Nach 1 Stunde 17 Minuten trat eine Spur von Einwärtskrümmung ein. Nach 2 Stunden 17 Minuten waren beide Blätter deutlich eingebogen; die Entfernung zwischen den Rändern und den Mittelrippen betrug jetzt nur halb so viel als zuerst. Die Einwärtskrümmung nahm während der nächsten 4½ Stunden unbedeutend zu, blieb aber die nächsten 17 Stunden 30 Minuten lang nahezu dieselbe. In 35 Stunden von der Zeit an, wo die Schwammstückchen auf die Blätter gelegt wurden, waren die Ränder ein wenig entfaltet, und zwar bei dem jüngeren Blatt in einem beträchtlicheren Grade als bei dem älteren. Das letztere war nicht vor dem dritten Tage vollständig ausgebreitet und nun wurden beide Schwammstückchen in einer Entfernung von 0,1 Zoll (2,54 Mm.) von den Rändern gelassen, oder ungefähr ein Viertel der Entfernung zwischen dem Rande und der Mittelrippe. Ein drittes Schwammstückchen hieng am Rande und wurde, wie sich der Rand wieder ausbreitete, rückwärts in seine ursprüngliche Stellung gezogen.
9. Versuch. – Eine zusammenhängende Reihe Fasern von geröstetem Fleisch, so dünn wie Borsten und mit Speichel befeuchtet, wurde einer ganzen Seite entlang dicht an dem naturgemäsz eingekrümmten Rande eines Blattes hingelegt. In 3 Stunden war diese Seite bedeutend seiner ganzen Länge entlang einwärts gebogen und bildete nach 8 Stunden einen Cylinder von ungefähr 1/20 Zoll (1,27 Mm.) Durchmesser, welcher das Fleisch vollständig verbarg. Dieser Cylinder blieb 32 Stunden lang geschlossen, war aber nach 48 Stunden wieder entfaltet und nach 72 Stunden so offen wie die gegenüberliegende Seite, wo kein Fleisch gelegen hatte. Da die dünnen Fleischfasern von dem Rande vollständig überdeckt wurden, so wurden sie auch durchaus nicht quer über die Blattscheibe geschoben.
10. Versuch. – Sechs Kohlsamen, welche eine Nacht hindurch in Wasser gelegen hatten, wurden in einer Reihe dicht an den schmalen eingekrümmten Rand eines Blattes gebracht. Wir werden später sehen, dasz diese Samen den Drüsen auflösliche Substanz darbieten. In 2 Stunden 25 Minuten war der Rand entschieden eingebogen; in 4 Stunden ragte er ungefähr über die halbe Breite der Samen herüber und in 7 Stunden über drei Viertel ihrer Breite, einen der innern Seite entlang nicht ganz geschlossenen Cylinder von ungefähr 0,7 Zoll (17,78 Mm.) Durchmesser bildend. Nach 24 Stunden hatte die Einbiegung nicht zugenommen, eher sogar vielleicht abgenommen. Die Drüsen, welche mit der oberen Fläche der Samen in Berührung gebracht worden waren, sonderten jetzt reichlich ab. In 36 Stunden, von der Zeit an, wo die Samen auf das Blatt gelegt worden waren, hatte sich der Rand bedeutend und nach 24 Stunden vollständig wieder ausgebreitet. Da die Samen nicht [338] mehr von dem eingerolltem Rande gehalten wurden und da die Absonderung aufzuhören begann, rollten sie eine Strecke weit in dem vom Rande gebildeten Canal hinab.

11. Versuch. – Glasstückchen wurden auf die Ränder zweier schöner junger Blätter gelegt. Nach 2 Stunden 30 Minuten wurde der Rand des einen sicher unbedeutend eingebogen; die Einkrümmung nahm aber nie zu und verschwand wieder in 16 Stunden 30 Minuten von der Zeit an, wo die Stückchen zuerst aufgelegt worden waren. Am zweiten Blatte war in 2 Stunden 15 Minuten eine Spur von Einwärtsbiegung zu sehen, welche in 7 Stunden ausgesprochen war, aber nach 19 Stunden 30 Minuten deutlich abgenommen hatte. Die Bruchstückchen erregten höchstens eine zweifelhafte und unbedeutende Zunahme der Absonderung und in zwei anderen Versuchen konnte keine Zunahme bemerkt werden. Stückchen Kohlenasche, die auf ein Blatt gelegt wurde, brachten keine Wirkung hervor, entweder in Folge ihrer Leichtigkeit oder weil das Blatt torpid war.

12. Versuch. – Ich wende mich jetzt zur Wirkung von Flüssigkeiten. Eine Reihe von Tropfen eines starken Aufgusses von rohem Fleisch wurde den Rändern zweier Blätter entlang gelegt, während mit demselben Aufgusz getränkte Schwammstückchen auf den gegenüberliegenden Rand gebracht wurden. Meine Absicht war, zu ermitteln, ob eine Flüssigkeit so energisch einwirken würde wie ein Körper, welcher dieselbe lösliche Substanz den Drüsen abgibt. Es war kein deutlicher Unterschied nachweisbar, sicherlich keiner in Bezug auf den Grad der Einwärtskrümmung; es blieb aber die Einbiegung um die Schwammstückchen länger bestehen, wie sich vielleicht aus dem Grunde hätte erwarten lassen, dasz der Schwamm längere Zeit feucht blieb und stickstoffhaltige Substanz darbot. Die Ränder mit den Tropfen wurden in 2 Stunden 17 Minuten deutlich eingebogen. Die Einwärtskrümmung nahm später etwas zu, hatte aber nach 24 Stunden bedeutend abgenommen.

13. Versuch. – Tropfen desselben starken Aufgusses von rohem Fleisch wurden der Mittelrippe eines jungen und ziemlich tief concaven Blattes entlang aufgelegt. Die Entfernung quer über den breitesten Theil des Blattes zwischen den naturgemäsz einwärts gebogenen Rändern betrug 0,55 Zoll (13,97 Mm.) In 3 Stunden 27 Minuten war die Entfernung kleiner; in 6 Stunden 27 Minuten betrug sie genau 0,45 Zoll (11,43 Mm.) und hatte daher um 1/10 Zoll (2,54 Mm.) abgenommen. Nach nur 10 Stunden 37 Minuten fieng der Rand an, sich wieder auszubreiten, denn die Entfernung von Kante zu Kante war nun eine Spur gröszer, und nach 24 Stunden 20 Minuten war sie innerhalb einer Haaresbreite so grosz, wie sie es war, als die Tropfen zuerst auf das Blatt gebracht wurden. Aus diesem Versuche sehen wir, dasz der motorische Impuls bis zu einer Entfernung von 0,22 Zoll (5,59 Mm.) in querer Richtung von der Mittelrippe nach beiden Rändern hin fortgeleitet werden kann; es würde aber sicherer sein, zu sagen, 0,2 Zoll (5,08 Mm.), da die Tropfen sich ein wenig über die Mittelrippe hinaus ausbreiten. Die hierdurch verursachte Einwärtskrümmung währte eine ungewöhnlich kurze Zeit.

14. Versuch. – Drei Tropfen einer Lösung von einem Theil kohlensauren Ammoniaks auf 218 Theile Wasser (2 Gran auf 1 Unze) [339] wurden auf den Rand eines Blattes gelegt. Diese regten eine so beträchtliche Absonderung an, dasz in 1 Stunde 22 Minuten alle drei Tropfen zusammenflossen; obgleich aber das Blatt 24 Stunden lang beobachtet wurde, trat doch keine Spur von Einbiegung ein. Wir wissen, dasz eine ziemlich starke Lösung dieses Salzes, wenngleich sie die Blätter der Drosera nicht verletzt, ihr Bewegungsvermögen lähmt, und ich zweifle nach diesem und dem folgenden Falle nicht daran, dasz dies auch für Pinguicula gilt.

15. Versuch. – Eine Reihe Tropfen einer Lösung von einem Theile kohlensauren Ammoniaks auf 875 Theile Wasser (1 Gran auf 2 Unzen) wurde auf den Rand eines Blattes gebracht. In 1 Stunde war augenscheinlich eine unbedeutende Einwärtskrümmung da, und in 3 Stunden 30 Minuten war dieselbe gut ausgesprochen. Nach 24 Stunden war der Rand beinahe vollständig wieder ausgebreitet.

16. Versuch. Eine Reihe groszer Tropfen einer Lösung von einem Theile phosphorsauren Ammoniaks auf 4375 Theile Wasser (1 Gran auf 10 Unzen) wurde dem Rande eines Blattes entlang gelegt. Es trat keine Wirkung ein, und nach 8 Stunden wurden demselben Rande entlang frische Tropfen hinzugesetzt, aber ohne den mindesten Erfolg. Wir wissen, dasz eine Lösung dieser Stärke kräftig auf Drosera einwirkt, und es ist eben möglich, dasz die Lösung zu stark war. Ich bedaure, dasz ich nicht eine schwächere Lösung versucht habe.

17. Versuch. – Da der Druck kleiner Glasstückchen Einwärtskrümmung verursacht, so kratzte ich die Ränder zweier Blätter einige Minuten lang mit einer stumpfen Nadel; es wurde aber keine Wirkung hervorgerufen. Die Oberfläche eines Blattes unterhalb eines Tropfens eines starken Aufgusses von rohem Fleisch wurde gleichfalls 10 Minuten lang mit dem Ende einer Borste gerieben, um die sträubenden Bewegungen eines Insects nachzuahmen; es bog sich aber dieser Theil des Blattrandes nicht eher als die anderen Stellen, auf denen die Aufgusztropfen ungestört gelassen wurden.

Aus den vorstehend mitgetheilten Versuchen sehen wir, dasz die Ränder der Blätter sich nach innen rollen, wenn sie durch den bloszen Druck von Gegenständen, welche keinerlei Substanz abgeben, gereizt werden, wenn sie durch Gegenstände, welche solche Substanz darbieten, und wenn sie durch einige Flüssigkeiten gereizt werden, nämlich durch einen Aufgusz von rohem Fleisch und eine schwache Auflösung von kohlensaurem Ammoniak. Eine stärkere Lösung von zwei Gran dieses Salzes auf eine Unze Wasser regt zwar eine reichliche Absonderung an, aber paralysirt das Blatt. Tropfen von Wasser oder von einer Zucker- oder Gummilösung verursachten keinerlei Bewegung. Ein einige Minuten anhaltendes Kratzen der Oberfläche des Blattes brachte keine Wirkung hervor. Es regen daher, so viel wir bis jetzt wissen, nur zwei Ursachen Bewegung an, – nämlich leichter fortdauernder Druck und die Absorption stickstoffhaltiger Substanz. [340] Es sind allein die Ränder des Blattes, welche sich biegen; denn die Blattspitze krümmt sich niemals nach der Basis zu. Die Stiele der drüsigen Haare haben kein Bewegungsvermögen. Ich beobachtete bei mehreren Gelegenheiten, dasz die Oberfläche des Blattes da, wo Stückchen Fleisch oder grosze Fliegen lange gelegen hatten, unbedeutend concav wurde; dies kann aber Folge einer durch Überreizung herbeigeführten Verletzung gewesen sein.

Die kürzeste Zeit, in welcher deutlich ausgesprochene Bewegung beobachtet wurde, war 2 Stunden 17 Minuten; und dies trat ein, wenn stickstoffhaltige Substanzen oder Flüssigkeiten auf die Blätter gebracht wurden; ich glaube aber, dasz in einigen Fällen eine Spur von Bewegung schon in 1 Stunde oder 1 Stunde 30 Minuten da war. Der Druck von Glassplitterchen erregt Bewegung beinahe ebenso schnell wie die Absorption stickstoffhaltiger Substanz, aber der Grad der hierdurch verursachten Einwärtskrümmung ist geringer. Nachdem ein Blatt ordentlich einwärts gekrümmt gewesen war und sich wieder ausgebreitet hat, antwortet es nicht bald einem frischen Reize. Der Rand wurde in der Längenrichtung, aufwärts oder abwärts, in einer Entfernung von 0,13 Zoll (3,302 Mm.) von dem gereizten Punkte, aber in einer Entfernung von 0,46 Zoll zwischen zwei gereizten Stellen, und quer über das Blatt bis zu 0,2 Zoll (5,08 Mm.) afficirt. Der motorische Impuls wird nicht, was bei Drosera der Fall ist, von irgend einer, eine vermehrte Absonderung verursachenden Einwirkung begleitet; denn wenn eine einzeln Drüse stark gereizt wurde und reichlich absonderte, so wurden die umgebenden Drüsen nicht im mindesten afficirt. Die Einwärtskrümmung des Randes ist von einer vermehrten Absonderung unabhängig; denn Glassplitterchen verursachen nur geringe oder gar keine Absonderung und regen doch Bewegung an, während eine starke Lösung von kohlensaurem Ammoniak schnell reichliche Absonderung, aber keine Bewegung erregt.

Eine der merkwürdigsten Thatsachen in Bezug auf die Bewegung der Blätter ist die kurze Zeit, während welcher sie eingekrümmt bleiben, wenn auch der reizende Gegenstand auf ihnen liegen gelassen wird. In der Mehrzahl der Fälle war eine gut ausgesprochene Wiederausbreitung innerhalb 24 Stunden von der Zeit an, wo selbst grosze Stückchen Fleisch u. s. w. auf die Blätter gelegt worden war, eingetreten und in allen Fällen innerhalb 48 Stunden. In einem Falle blieb der Rand eines Blattes 32 Stunden lang dicht rund um dünne [341] Fasern von Fleisch eingebogen; in einem anderen Falle, wo ein Stückchen in einem starken Aufgusz von rohem Fleisch eingeweichten Schwammes angewendet worden war, fieng der Rand sich in 35 Stunden wieder zu entfalten an. Glasstückchen halten den Rand kürzere Zeit eingekrümmt als stickstoffhaltige Körper; denn im ersteren Falle trat vollständige Wiederausbreitung in 16 Stunden 30 Minuten ein. Stickstoffhaltige Flüssigkeiten wirken eine kürzere Zeit als stickstoffhaltige feste Substanzen; als z. B. Tropfen eines Aufgusses von rohem Fleische auf die Mittelrippe eines Blattes gebracht waren, fieng der eingebogene Rand sich in nur 10 Stunden 37 Minuten wieder zu entfalten an, was überhaupt der schnellste Act der Wiederausbreitung war, der beobachtet wurde; es kann dies aber zum Theil Folge der gröszeren Entfernung der Ränder von der Mittelrippe, wo die Tropfen lagen, gewesen sein.

Wir werden naturgemäsz darauf geführt, zu untersuchen, was der Nutzen dieser Bewegung ist, welche nur so kurze Zeit währt. Wenn sehr kleine Gegenstände, wie Fleischfasern, oder mäszig kleine Gegenstände, wie kleine Fliegen oder Kohlsamen, dicht an den Rand gelegt werden, so werden sie entweder vollständig oder theilweise von ihm umfaszt. Die Drüsen des sich umschlagenden Randes werden dabei mit derartigen Gegenständen in Berührung gebracht und ergieszen ihr Secret, während sie später die verdaute Substanz aufsaugen. Da aber die Einwärtskrümmung eine so kurze Zeit dauert, so kann jeder derartige Vortheil nur von unbedeutender Wichtigkeit sein, vielleicht aber doch gröszer als er auf den ersten Blick erscheint. Die Pflanze lebt in feuchten Bezirken, und die Insecten, welche an allen Stellen des Blattes hängen bleiben, werden von jedem Regenschauer in den schmalen, von den natürlich einwärts gebogenen Blatträndern gebildeten Canal gewaschen. So legte z. B. mein Freund in Nord-Wales mehrere Insecten auf einige Blätter und nach zwei Tagen (in der Zwischenzeit war starker Regen gefallen) fand er, dasz einige vollständig weggewaschen worden waren, während viele andere unter den nun dicht eingebogenen Rändern in Sicherheit geborgen waren, deren Drüsen rings um die Insecten sämmtlich ohne Zweifel absonderten. Wir können auch verstehen, woher es kommt, dasz so viele Insecten und Stücke von Insecten meist innerhalb der eingekrümmten Blattränder liegend angetroffen werden.

Die in Folge der Gegenwart eines reizenden Gegenstandes eintretende [342] Einwärtskrümmung musz noch auf eine andere und wahrscheinlich bedeutungsvollere Weise von Nutzen sein. Wir haben gesehen, dasz, wenn grosze Stückchen Fleisches oder in Fleischsaft eingeweichten Schwammes auf ein Blatt gelegt wurden, der Rand nicht im Stande war, sie zu umfassen, dasz er sie aber während des Actes seiner Einwärtskrümmung langsam nach der Mitte des Blattes hinschob, in einer Entfernung von der äuszeren Seite her von völlig 0,1 Zoll (2,54 Mm.), d. h. also quer über einen Raum, der zwischen einem Drittel und einem Viertel des Abstandes vom Rande bis zur Mittelrippe betrug. Ein jeglicher Gegenstand, so z. B. ein mäszig groszes Insect, würde auf diese Weise langsam in Berührung mit einer bei weitem gröszeren Anzahl von Drüsen kommen und eine viel bedeutendere Absonderung und Aufsaugung veranlassen, als es sonst der Fall gewesen sein würde. Dasz dies für die Pflanze von groszem Vortheil sein wird, dies können wir aus der Thatsache schlieszen, dasz Drosera ein bedeutend entwickeltes Bewegungsvermögen lediglich zu dem Zwecke erlangt hat, ihre sämmtlichen Drüsen mit den gefangenen Insecten in Berührung zu bringen. Wenn ferner ein Blatt der Dionaea ein Insect gefangen hat, so dient das langsame Aneinanderpressen der beiden Lappen lediglich dazu, die Drüsen beider Seiten mit jenem in Berührung zu bringen, womit gleichfalls bewirkt wird, dasz das mit animaler Substanz durchdrungene Secret durch Capillaranziehung über die ganze Oberfläche ausgebreitet wird. Was die Pinguicula betrifft, so würde, sobald ein Insect eine kleine Strecke weit nach der Mittelrippe zu geschoben worden ist, sofortige Wiederausbreitung von Vortheil sein, da die Ränder keine frische Beute fangen können, bis sie wieder ausgebreitet sind. Der durch diese schiebende Bewegung ebenso wie der durch den Umstand erlangte Vortheil, dasz die randständigen Drüsen eine kurze Zeit lang mit der Oberfläche kleiner gefangener Insecten in Berührung gebracht werden, dürfte vielleicht die eigenthümlichen Bewegungen der Blätter erklären; im anderen Falle müszten wir diese Bewegungen als einen Überrest eines höher entwickelten Bewegungsvermögens ansehen, welches die Urerzeuger der Gattung besessen hatten.

Bei den vier englischen Species und, wie ich von Prof. Dyer höre, bei den meisten übrigen oder sämmtlichen Arten der Gattung sind die Kanten der Blätter in einem gewissen Grade naturgemäsz und beständig nach innen gekrümmt. Diese Einwärtskrümmung dient, [343] wie bereits gezeigt wurde, dazu, zu verhindern, dasz Insecten von dem Regen weggewaschen werden; sie dient aber gleichfalls noch einem andern Zwecke. Wenn eine Anzahl von Drüsen durch Stückchen Fleisch, Insecten oder irgend einen andern Reiz kräftig gereizt worden ist, so sickert das Secret häufig an dem Blatte hinab und wird nun von den eingekrümmten Rändern aufgefangen, anstatt herunter zu flieszen und verloren zu gehn. Wie dasselbe den Canal hinabläuft, werden frische Drüsen in den Stand gesetzt, animale Substanz, welche aufgelöst war, zu absorbiren. Überdies sammelt sich das Secret häufig in kleinen Tümpeln innerhalb des Canals oder in den löffelförmigen Spitzen der Blätter; und ich habe ermittelt, dasz Stückchen von Eiweisz, Faserstoff und Leim hier schneller und vollständiger aufgelöst werden, als auf der Oberfläche des Blattes, wo sich das Secret nicht anhäufen kann; dasselbe wird auch mit natürlicherweise gefangenen Insecten der Fall sein. Wiederholt wurde beobachtet, wie sich das Secret in dieser Weise auf Blättern ansammelte, welche gegen Regen geschützt waren; und bei exponirten Pflanzen wird es noch viel nothwendiger sein, irgend einen Schutz zu bieten, um zu verhüten, soweit es möglich ist, dasz das Secret mit der in ihnen enthaltenen gelösten animalen Substanz vollständig verloren geht.

Es ist bereits bemerkt worden, dasz im Naturzustande wachsende Pflanzen die Ränder ihrer Blätter bei weitem stärker eingebogen haben, als die in Töpfen gezogenen, welche verhindert sind, viele Insecten zu fangen. Wir haben gesehen, dasz von allen Theilen des Blattes durch den Regen fortgewaschene Insecten häufig innerhalb der Ränder liegen, welche dadurch gereizt werden, sich noch weiter nach innen einzurollen; und wir können vermuthen, dasz diese während des Lebens der Pflanze viele male wiederholte Bewegung dazu führt, dasz die Ränder beständig und ordentlich ausgesprochen eingekrümmt werden. Ich bedaure, dasz mir diese Vermuthung nicht zeitig genug aufstiesz, um ihre Richtigkeit zu prüfen.

Wenn es auch nicht in unmittelbarer Beziehung zu dem vorliegenden Gegenstand steht, so will ich doch noch hier hinzufügen, dasz, wenn eine Pflanze ausgerissen wird, die Blätter sich sofort nach abwärts krümmen, so dasz die Wurzeln beinahe verdeckt werden, – eine Thatsache, welche viele Personen bemerkt haben. Ich vermuthe, dasz dies eine Folge desselben Strebens ist, welches die äuszern und ältern Blätter veranlaszt, sich platt auf den Boden zu legen. Ferner sind [344] auch augenscheinlich die Blüthenstiele in einem gewissen Grade reizbar, denn Dr. Johnson gibt an, dasz sie "sich rückwärts biegen, wenn sie derb angegriffen werden" [34].

Absonderung, Absorption und Verdauung. – Ich will zuerst meine Beobachtungen und Versuche mittheilen, und dann eine Zusammenfassung der Resultate geben.

Die Wirkungen von Gegenständen, welche lösliche stickstoffhaltige Substanz enthalten.

1. Fliegen wurden auf viele Blätter gelegt; sie regten die Drüsen zu reichlicher Absonderung an, wobei das Secret immer sauer wurde, trotzdem es vorher nicht sauer war. Nach einiger Zeit waren diese Insecten so weich geworden, dasz sich ihre Gliedmaszen und Körper durch eine blosze Berührung von einander trennen lieszen, ohne Zweifel in Folge der Verdauung und der Zersetzung ihrer Muskeln. Die mit einer kleinen Fliege in Berührung befindlichen Drüsen fuhren vier Tage lang fort abzusondern und wurden dann beinahe trocken. Von diesem Blatte wurde ein schmaler Streifen abgeschnitten; die Drüsen der längeren und kürzeren Haare, welche vier Tage lang mit der Fliege in Berührung gelegen hatten, und diejenigen, welche die Fliege nicht berührt hatten, wurden unter dem Mikroskope mit einander verglichen: sie boten einen wunderbaren Contrast dar. Diejenigen, welche in Berührung gestanden hatten, waren mit bräunlicher körniger Substanz erfüllt, die andern mit homogener Flüssigkeit. Es konnte daher darüber kein Zweifel bestehn, dasz die ersteren Stoffe aus der Fliege absorbirt hatten.
2. Kleine Stückchen gerösteten Fleisches verursachten, auf ein Blatt gelegt, immer im Laufe von wenig Stunden viel saure Absonderung, – in einem Falle innerhalb 40 Minuten. Wenn dünne Fleischfasern dem Rande eines Blattes entlang gelegt wurden, welches beinahe aufrecht stand, lief das Secret auf den Boden. Eckige Stückchen Fleisch, die in die kleinen Secrettümpel in der Nähe des Randes gelegt wurden, waren im Verlaufe von zwei oder drei Tagen sehr in der Grösze reducirt, abgerundet, mehr oder weniger farblos und durchsichtig geworden und so bedeutend erweicht, dasz sie bei der leisesten Berührung in Stücke zerfielen. Nur in einem einzigen Falle wurde ein sehr kleines Theilchen vollständig aufgelöst, und zwar trat dies innerhalb 48 Stunden ein. Wenn nur eine kleine Menge von Secret durch die Reizung entstanden war, wurde dies meistens in von 24 bis 48 Stunden absorbirt, wobei die Drüsen trocken zurückblieben. Wenn aber der Zuflusz von Secret reichlich war, entweder rings um ein einzelnes verhältnismäszig groszes Stück Fleisch oder um mehrere kleine Stückchen, so wurden die Drüsen vor dem Ablauf von sechs oder sieben Tagen trocken. Der rapideste Fall von Aufsaugung, den ich beobachtet habe, trat ein, als ein kleiner Tropfen eines Aufgusses von rohem Fleisch auf ein Blatt gebracht wurde, denn hier wurden die [345] Drüsen schon in 3 Stunden 20 Minuten beinahe trocken. Drüsen welche durch kleine Stückchen Fleisch gereizt wurden, und ihr eigenes Secret schnell absorbirt hatten, fiengen im Laufe des siebenten oder achten Tages von der Zelt an, wo Ihnen das Fleisch gegeben worden war, wieder abzusondern an.

3. Drei sehr kleine Würfelchen derben Knorpels von dem Schenkelbeine eines Schafes wurden auf ein Blatt gelegt. Nach 10 Stunden 30 Minuten war etwas saure Absonderung angeregt, der Knorpel erschien aber nur wenig oder durchaus gar nicht afficirt zu sein. Nach 24 Stunden waren die Würfel abgerundet und in der Grösze bedeutend reducirt; nach 32 Stunden waren sie bis zu ihrem Mittelpunkte hinein erweicht und einer war vollständig verflüssigt; nach 35 Stunden waren nur Spuren festen Knorpels noch zurück; und nach 48 Stunden konnte eine Spur davon noch immer durch eine Lupe in nur einem derselben gesehen werden. Nach 82 Stunden waren nicht blosz alle drei Würfel vollständig verflüssigt, sondern das ganze Secret war absorbirt und die Drüsen trocken geworden.

4. Kleine Würfel von Eiweisz wurden auf ein Blatt gelegt; in 8 Stunden breitete sich ein schwach saures Secret in einer Entfernung von nahezu 1/10 Zoll rund um sie aus, und die Kanten des einen Würfels waren abgerundet. Nach 24 Stunden waren die Kanten aller Würfel abgerundet, auch waren sie durchaus sehr weich geworden; nach 30 Stunden fieng die Absonderung an abzunehmen, und nach 48 Stunden waren die Drüsen trocken; es waren aber äuszerst kleine Stückchen Eiweisz noch immer ungelöst zurückgeblieben.

5. Kleinere Würfel von Eiweisz (ungefähr 1/50 oder 1/60 Zoll, oder 0,508 bis 0,423 Mm. Seitenlänge) wurden auf vier Drüsen gelegt; nach 18 Stunden war ein Würfelchen vollständig aufgelöst, die andern waren bedeutend kleiner geworden, erweicht und durchscheinend. Nach 24 Stunden waren zwei Würfelchen vollständig aufgelöst und das Secret auf diesen Drüsen war bereits beinahe ganz aufgesaugt. Nach 42 Stunden waren die zwei andern Würfel vollständig aufgelöst. Diese vier Drüsen fiengen nach acht oder neun Tagen wieder an abzusondern.

6. Zwei grosze Würfel von Eiweisz (völlig 1/20 Zoll, 1,27 Mm.) wurden, der eine in die Nähe der Mittelrippe, der andere nahe dem Rande auf ein Blatt gelegt; in 6 Stunden war reichliche Absonderung eingetreten, das Secret häufte sich nach 48 Stunden in einem kleinen Tümpel um den Würfel in der Nähe des Randes an. Dieser Würfel wurde viel bedeutender gelöst als der auf der Scheibe des Blattes, so dasz er nach drei Tagen bedeutend in der Grösze reducirt war und alle seine Kanten abgerundet hatte; er war aber zu grosz, um ganz aufgelöst zu werden. Das Secret war nach vier Tagen theilweise absorbirt. Der Würfel auf der Scheibe war viel weniger verkleinert, und die Drüsen, auf denen er lag, fiengen nach nur zwei Tagen an abzutrocknen.

7. Fibrin regt geringere Absonderung an, als Fleisch oder Eiweisz. Es wurden mehrere Versuche angestellt, doch will ich nur drei derselben mittheilen. Zwei sehr kleine Fäserchen wurden auf einige Drüsen gelegt, und in 3 Stunden 45 Minuten hatte ihre Absonderung deutlich zugenommen. Das kleinere von den beiden Fäserchen war in 6 Stunden 15 [346] Minuten vollständig verflüssigt, das andere in 24 Stunden; aber selbst nach 48 Stunden konnten noch mittelst einer Lupe einige wenige Fibrinkörnchen in beiden Secrettropfen schwimmend gesehen werden. Nach 56 Stunden 30 Minuten waren diese Körnchen vollständig aufgelöst. Ein drittes Fäserchen wurde in einem kleinen Secrettümpel nach innen vom Rande eines Blattes gelegt, auf dem ein Samenkorn gelegen hatte, und dieses war im Laufe von 15 Stunden 30 Minuten vollständig aufgelöst.

8. Fünf sehr kleine Stückchen Leim wurden auf ein Blatt gebracht, und diese regten eine so starke Absonderung an, dasz die Stückchen in die randständige Furche hinabglitten. Nach Ablauf eines Tages schienen alle fünf Stückchen in der Grösze sehr reducirt zu sein, keines aber war gänzlich aufgelöst. Am dritten Tage schob ich zwei von ihnen, welche einzutrocknen angefangen hatten, auf frische Drüsen. Am vierten Tage konnten noch immer unaufgelöste Spuren von dreien der fünf Stückchen erkannt werden, die andern beiden waren vollständig verschwunden; ich bin aber darüber zweifelhaft, ob sie wirklich vollständig aufgelöst gewesen waren. Nun wurden zwei frische Stückchen auf ein anderes Blatt gelegt, das eine in die Nähe der Mitte, das andere in die Nähe des Randes; beide regten eine auszerordentliche Menge von Secret an; das in der Nähe des Randes hatte einen kleinen Tümpel rings um sich herum und war in der Grösze viel bedeutender reducirt, als das auf der Scheibe, war aber nach vier Tagen nicht ganz vollständig aufgelöst. Es reizt daher Leim die Drüsen bedeutend, wird aber mit groszer Schwierigkeit aufgelöst, genau so wie es bei Drosera der Fall war. Ich bedaure, dasz ich diese Substanz nicht versucht habe, nachdem sie in schwacher Salzsäure gelegen hatte, da sie dann wahrscheinlich schneller aufgelöst worden wäre.

9. Ein kleines, dünnes, viereckiges Stückchen Gelatine wurde, mit Wasser angefeuchtet, auf ein Blatt gelegt und erregte in 5 Stunden 30 Minuten sehr geringe Absonderung, aber später am Tage eine bedeutendere Menge. Nach 24 Stunden war das ganze viereckige Stück vollständig verflüssigt, und dies würde nicht eingetreten sein, wenn es in Wasser liegen gelassen worden wäre. Die Flüssigkeit war sauer.

10. Kleine Theilchen von chemisch präparirtem Casëin regten saure Absonderung an, waren aber nach zwei Tagen nicht vollständig aufgelöst; auch begannen dann die Drüsen einzutrocknen. Nach dem, was wir bei der Drosera gesehen haben, hätte eine vollständige Auflösung auch nicht erwartet werden können.

11. Äuszerst kleine Tropfen abgerahmter Milch wurden auf ein Blatt gebracht, und dies veranlaszte die Drüsen reichlich abzusondern. Nach 3 Stunden zeigte sich, dasz die Milch geronnen war, und nach 23 Stunden waren die geronnenen Stücke aufgelöst. Als die nun klar gewordenen Tropfen unter das Mikroskop gebracht wurden, konnte, ausgenommen einiger Ölkügelchen, nichts erkannt werden. Das Secret löst daher frisches Casein auf.

12. Zwei Blattstückchen wurden 17 Stunden lang, ein jedes in eine Drachme einer Lösung von kohlensaurem Ammoniak von zwei Stärkegraden gelegt, nämlich von einem Theile auf 437 und auf 218 Theile Wasser. Die Drüsen der längeren und kürzeren Haare wurden dann untersucht und dabei ergab sich, dasz ihr Zelleninhalt zu einer körnigen [347] Masse einer bräunlich-grünen Farbe zusammengeballt war. Mein Sohn sah, dasz diese granulösen Massen langsam ihre Form änderten. Ohne Zweifel bestanden sie aus Protoplasma. Innerhalb der Drüsen des Blattstücks, welches der Wirkung der stärkeren Lösung ausgesetzt war, war die Zusammenballung stärker ausgesprochen, und die Bewegung des Protoplasmas rapider als in den andern. Das Experiment wurde mit demselben Resultate wiederholt; und bei dieser Gelegenheit beobachtete ich, dasz das Protoplasma ein wenig von den Wandungen der einzelnen verlängerten, die Stiele bildenden Zellen abgeschrumpft war. Um den Procesz der Zusammenballung zu beobachten, wurde ein schmaler Streifen eines Blattes auf der Kante liegend unter das Mikroskop gebracht; die Drüsen ergaben sich als völlig durchsichtig. Nun wurde ein wenig von der stärkeren Lösung, (nämlich ein Theil auf 218 Theile Wasser) unter das Deckgläschen zugesetzt; nach 1 oder 2 Stunden enthielten die Drüsenzellen sehr feine granulöse Substanz, welche langsam grobkörniger und unbedeutend opak wurde; aber selbst nach 5 Stunden war sie noch nicht bräunlich. Um diese Zeit erschienen einige wenige eher grosze durchscheinende kuglige Massen innerhalb der oberen Ende der Stielzellen, auch war das ihre Wandungen auskleidende Protoplasma ein wenig zusammengeschrumpft. Es geht sonach hieraus offenbar hervor, dasz die Drüsen der Pinguicula kohlensaures Ammoniak absorbiren; sie absorbiren es aber nicht so schnell als die Drüsen der Drosera, oder es wirkt nicht so schnell auf sie ein, wie dort.

13. Kleine Massen des orangefarbigen PoIlens der gemeinen Erbse wurden auf mehrere Blätter gelegt, und regten die Drüsen zu reichlicher Absonderung an. Selbst sehr wenig Körner, welche zufällig auf eine einzelne Drüse gefallen waren, bewirkten, dasz der dieselbe umgebende Tropfen in 23 Stunden so bedeutend an Grösze zunahm, dasz er ganz augenfällig gröszer war, als die die nebenanstehenden Drüsen umgebenden Tropfen. Tropfen, welche dem Secrete 48 Stunden lang ausgesetzt wurden, schickten ihre Schläuche nicht aus; sie waren völlig entfärbt und schienen weniger Substanz zu enthalten als vorher; die, welche zurückgeblieben war, war von einer schmutzigen Färbung und enthielt Ölkügelchen. Sie waren hiernach in ihrer äuszern Erscheinung von andern Pollenkörnern verschieden, welche eine eben so lange Zeit in Wasser liegen gelassen worden waren. Die Drüsen, welche mit den Pollenkörnern in Berührung waren, hatten offenbar Substanz aus ihnen aufgesaugt; denn sie hatten ihre natürliche blaszgrünliche Färbung verloren und enthielten zusammengeballte kuglige Massen von Protoplasma.

14. Viereckige Stückchen der Blätter von Spinat, Kohl und einer Saxifraga und die ganzen Blätter der Erica tetralix regten sämmtlich die Drüsen zu vermehrter Secretion an. Der Spinat war am wirksamsten; denn er bewirkte, dasz die Absonderung offenbar in 1 Stunde 40 Minuten zunahm und schlieszlich eine Strecke weit das Blatt hinablief; die Drüsen fiengen aber bald einzutrocknen an, nämlich nach 35 Stunden. Die Blätter der Eriea tetralix fiengen in 7 Stunden 30 Minuten zu wirken an, veranlaszten aber nie starke Absonderung, ebensowenig thaten es die Blattstückchen der Saxifraga, obschon in diesem Falle die Drüsen sieben Tage lang abzusondern fortfuhren. Aus Nord-Wales wurden mir einige Blätter [348] von Pinguicula zugesandt, denen Blätter der Erica tetralix und einer unbekannten Pflanze anhiengen. Die Drüsen, welche mit ihnen in Berührung waren, hatten ihren Zelleninhalt im zusammengeballten Zustand, als wenn sie mit Insecten in Berührung gewesen wären, während die andern Drüsen an denselben Blättern nur helle homogene Flüssigkeit enthielten.

15. Samen. – Eine beträchtliche Anzahl von Samen oder Früchten die nach Zufall ausgelesen wurden, einige frisch und einige ein Jahr alt, einige eine kurze Zeit lang in Wasser eingeweicht und andere nicht eingeweicht, wurden probirt. Die zehn folgenden Arten, nämlich Kohl, Rettich, Anemone nemorosa, Rumex acetosa, Carex sylvatica, Senf, Rüben, Kresse, Ranunculus acris und Avena pubescens, erregten sämmtlich bedeutende Absonderung, welche in mehreren Fällen geprüft wurde und sich als sauer ergab. Die fünf in der vorstehenden Aufzählung zuerst genannten Samen reizten die Drüsen mehr als die andern. Die Absonderung war selten früher reichlich als bis ungefähr 24 Stunden verflossen waren, ohne Zweifel in Folge des Umstandes, dasz die Samenhüllen nicht leicht durchgängig waren. Nichtsdestoweniger veranlaszten Kohlsamen etwas Absonderung in 4 Stunden 30 Minuten; und diese nahm in 18 Stunden so stark zu, dasz das Secret an den Blättern hinablief. Die Samen, oder richtiger die Früchte von Carex, werden viel häufiger im Naturzustand an den Blättern hängen gefunden als die irgend einer andern Gattung; und die Früchte von Carex sylvatica erregten eine so starke Absonderung, dasz das Secret in 15 Stunden die eingebogenen Ränder hinablief; nach 40 Stunden hörten aber die Drüsen auf abzusondern. Andererseits fuhren die Drüsen, auf welchen die Samen von Rumex und Avena lagen, neun Tage lang fort zu secreniren.

Die neun folgenden Arten von Samen erregten nur einen unbedeutenden Grad von Absonderung, nämlich Sellerie, Petersilie, Kümmel, Linum grandiflorum, Cassia, Trifolium pannonicum, Plantago, Zwiebel und Bromus. Die meisten dieser Samen erregten keinerlei Absonderung bis nach Verlauf von 48 Stunden, und was das Trifolium betrifft, so wirkte nur ein Samenkorn, und dies nicht vor dem dritten Tage. Obgleich die Samen der Plantago sehr wenig Absonderung hervorriefen, so fuhren doch die Drüsen sechs Tage lang abzusondern fort. Endlich riefen die fünf folgenden Samen keine Absonderung hervor, trotzdem sie zwei oder drei Tage lang auf den Blättern gelassen wurden, nämlich Salat, Erica tetralix, Atriplex hortensis, Phalaris canariensis und Weizen. Als aber die Samen des Salats, Weizens und der Melde aufgeschnitten und nun auf die Blätter gebracht wurden, wurde in 10 Stunden Secret in beträchtlicher Menge erregt, und ich glaube, dasz schon in 6 Stunden etwas hervorgerufen war. In dem Falle mit dem Samen der Atriplex lief das Secret am Rande hinab, und nach 24 Stunden erwähne ich es in meinen Notizen als »ungeheuer der Quantität nach und sauer.« Die aufgeschnittenen Samen der Kleeart und des Sellerie wirkten kräftig und geschwind, trotzdem dasz die ganzen Samen, wie wir gesehen haben, sehr wenig Absonderung und nur nach Verlauf einer langen Zeit erregten. Ein Schnittchen der gemeinen Erbse, welche indessen nicht im Ganzen versucht wurde, bewirkte Absonderung in 2 Stunden. Aus diesen Thatsachen können wir schlieszen, dasz die grosze Verschiedenheit im Grade [349] und der Schnelligkeit, mit welcher verschiedene Arten von Samen Absonderung anregten, hauptsächlich oder ganz und gar eine Folge der verschiedenen Durchlässigkeit ihrer Hüllen sind.

Einige dünne Schnittchen der gemeinen Erbse, welche vorher eine Stunde lang in Wasser aufgeweicht worden waren, wurden auf ein Blatt gelegt und riefen schnell viel saure Absonderung hervor. Nach 24 Stunden wurden diese Schnittchen unter einer starken Vergröszerung mit andern verglichen, welche eine gleich lange Zeit in Wasser liegen gelassen worden waren. Die letzteren enthielten so viele feine Körnchen von Legumin, dasz der Objectträger milchig wurde, während die Schnittchen, welche der Einwirkung des Secrets ausgesetzt gewesen waren, viel reiner und durchsichtiger waren, da sich die Leguminkörnchen offenbar aufgelöst hatten. Ein Kohlsamen, welcher zwei Tage lang auf einem Blatte gelegen und viel saures Secret veranlaszt hatte, wurde in Scheibchen zerschnitten, und diese wurden mit denen eines Samens verglichen, welche die nämliche Zeit lang in Wasser gelegen hatten. Diejenigen, welche der Einwirkung des Secrets ausgesetzt gewesen waren, waren von einer blässeren Färbung, ihre Hüllen boten die gröszten Verschiedenheiten dar, denn sie waren von einer blaszen schmutzigen Färbung, anstatt kastanienbraun zu sein. Die Drüsen, auf welchen die Kohlsamen gelegen hatten, ebenso wie die welche von dem umgebenden Secret benetzt wurden, wichen in dem Aussehn bedeutend von den andern Drüsen an demselben Blatte ab; denn sie enthielten alle bräunlich-grauliche Substanz, damit beweisend, dasz sie Stoffe aus den Samen absorbirt hatten.

Dasz das Secret auf die Samen einwirkt, zeigte sich auch dadurch, dasz einige von ihnen getödtet oder dasz die Sämlinge beschädigt wurden. Vierzehn Kohlsamen wurden drei Tage lang auf Blättern liegen gelassen und erregten starke Absonderung; sie wurden dann auf feuchten Sand gebracht unter Bedingungen, von denen bekannt war, dasz sie der Keimung günstig wären. Drei von ihnen keimten niemals; und dies war ein viel bedeutenderes Sterblichkeitsverhältnis als es bei Samen aus der selben Gruppe eintrat, welche der Einwirkung des Secrets nicht ausgesetzt, aber im Übrigen in derselben Weise behandelt worden waren. Von den elf so erzielten Sämlingen hatten drei die Ränder ihrer Cotyledonen leicht gebräunt, als wenn sie versengt wären; und die Cotyledonen des einen wuchsen zu einer merkwürdig eingeschnittnen Form heran. Zwei Senfsamen keimten; aber ihre Cotyledonen waren mit braunen Flecken gezeichnet und ihre Würzelchen waren misgestaltet. Von zwei Rettichsamen keimte keiner, während von vielen Samen derselben Partie, welche der Einwirkung des Secrets nicht ausgesetzt worden waren, alle, mit Ausnahme eines, keimten. Von den zwei Rumex-Samen starb einer ab, der andere keimte; aber sein Würzelchen war braun und verwelkte bald. Beide Samenkörner der Avena keimten; der eine wuchs ganz ordentlich weiter, am andern war das Würzelchen braun und verwelkt. Von sechs Samen der Erica keimte nicht einer, und als sie, nachdem sie fünf Monate lang auf feuchtem Sande liegen gelassen worden waren, aufgeschnitten wurden, schien nur einer allein noch lebendig zu sein. Zweiundzwanzig Samen verschiedener Arten fand man an den Blättern von im Naturzustande wachsenden Pflanzen hängen; und obgleich diese fünf Monate [350] lang auf feuchtem Sande gelassen wurden, keimte doch keiner; mehrere waren offenbar abgestorben.

Die Wirkungen von Gegenständen, welche keine lösliche stickstoffhaltige Substanz enthalten.

16. Es ist bereits gezeigt worden, dasz Stückchen Glas auf Blätter gebracht wenig oder gar keine Absonderung erregen. Die geringe Menge, welche unter den Glasstückehen lag, wurde geprüft und als nicht sauer befunden. Ein Stückchen Holz erregte keine Absonderung; ebensowenig thaten es verschiedene Arten von Samen, deren Hüllen für das Secret nicht durchgängig waren, welche daher wie anorganische Körper wirkten. Würfel von Fett, welche zwei Tage lang auf einem Blatte gelassen wurden, brachten keine Wirkung hervor.

17. Ein Stückchen weiszen Zuckers, auf ein Blatt gelegt, bewirkte in 1 Stunde 10 Minuten die Bildung eines groszen Tropfens von Flüssigkeit, welcher im Verlaufe von 2 weiteren Stunden in den natürlich eingebogenen Rand hineinlief. Diese Flüssigkeit war nicht im mindesten sauer und fieng in 5 Stunden 30 Minuten einzutrocknen an, oder war noch wahrscheinlicher aufgesaugt. Der Versuch wurde wiederholt. Es wurden Stückchen auf ein Blatt gelegt und andere ebenso grosze auf ein Glasplättchen in angefeuchtetem Zustande; beide wurden mit einer Glasglocke zugedeckt. Dies wurde deshalb gethan, um zu sehen, ob die vermehrte Flüssigkeitsmenge auf den Blättern einfach eine Folge des Zerflieszens sein könnte; es zeigte sich jedoch, dasz dies nicht der Fall war. Das Stückchen auf dem Blatte verursachte eine so starke Absonderung, dasz das Secret im Verlaufe von 4 Stunden quer über zwei Drittel des Blattes hinablief. Nach 8 Stunden war das Blatt, welches concav war, factisch mit sehr klebriger Flüssigkeit angefüllt; und es verdient noch besondere Erwähnung, dasz dieselbe, wie bei der früheren Gelegenheit, nicht im mindesten sauer war. Man kann die grosze Menge von Secret der Exosmose zuschreiben. Die Drüsen, welche 24 Stunden lang von dieser Flüssigkeit bedeckt gewesen waren, wichen, als sie unter dem Mikroskop untersucht wurden, von andern an demselben Blatte nicht ab, welche nicht in Berührung mit ihr gekommen waren. Im Gegensatz zu dem ausnahmslos beobachteten Zustande der Zusammenballung des Zelleninhalts der Drüsen, welche von dem Secrete, wenn es animale Substanz in Lösung gehalten hat, benetzt gewesen waren, ist dies eine interessante Thatsache.

18. Zwei Stückchen {{SperrSchrift|arabischen Gummi's} wurden auf ein Blatt gelegt, und in 1 Stunde 20 Minuten bewirkten sie sicher eine unbedeutende Zunahme der Absonderung. Diese fuhr in den nächsten 5 Stunden fort zuzunehmen, d. h. so lange als das Blatt beobachtet wurde.

19. Sechs kleine Stückchen Stärke, wie sie im Handel ist, wurden auf ein Blatt gelegt; eines derselben bewirkte in 1 Stunde 15 Minuten etwas Absonderung, die andern in einer Zeit von 8 bis 9 Stunden. Die Drüsen, welche hierdurch zur Absonderung gereizt worden waren, wurden bald trocken und fiengen nicht vor dem sechsten Tage wieder abzusondern an. Ein gröszeres Stück Stärke wurde dann auf ein Blatt gebracht; in 5 Stunden 30 Minuten wurde keine Secretion erregt; aber nach 8 [351] Stunden war ein beträchtlicher Zuflusz da, welcher in 24 Stunden so bedeutend zunahm, dasz er bis in eine Entfernung von 3/4 Zoll das Blatt hinablief. Dies Secret war, trotzdem es in solcher Menge erschien, nicht im mindesten sauer. Da es so reichlich erregt wurde, und da Samen nicht selten an Blättern von natürlich wachsenden Pflanzen anhängend gefunden werden, so kam mir der Gedanke, dasz die Drüsen vielleicht das Vermögen haben könnten, ein Ferment, ähnlich dem Ptyalin, abzusondern, welches im Stande ist, Stärke aufzulösen; ich beobachtete demgemäsz sorgfältig die oben erwähnten sechs Stärkestückchen während mehrerer Tage; sie schienen aber im Umfang nicht im mindesten reducirt zu werden. Es wurde auch ein Stückchen zwei Tage lang in einem kleinen Tümpel von Secret gelassen, welches von einem Stück Spinatblatt abgeflossen war; obgleich aber das Stückchen so minutiös klein war, konnte doch keine Verminderung der Grösze wahrgenommen werden. Wir können daher schlieszen, dasz das Secret Stärke nicht auflösen kann. Die Zunahme der Absonderung unter der Einwirkung dieser Substanz kann, wie ich vermuthe, der Exosmose zugeschrieben werden. Ich bin aber überrascht, dasz Stärke so schnell und so kräftig einwirkt, wennschon in einem geringeren Grade als Zucker. Es ist bekannt, dasz Colloide ein unbedeutendes Vermögen der Dialyse besitzen; als die Blätter einer Primula in Wasser, andere in Zuckerlösung und diffundirte Stärke gelegt wurden, wurden diejenigen in der Stärke welk, aber in einem geringeren Grade und in einem viel langsameren Tempo welk als die Blätter in der Zuckerlösung; die im Wasser blieben die ganze Zeit über frisch.

Aus den vorstehenden Versuchen und Beobachtungen ersehen wir, dasz Gegenstände, welche keine lösliche animale Substanz enthalten, wenig oder gar keine Kraft haben, die Drüsen zur Absonderung anzuregen. Nichtstickstoffhaltige Flüssigkeiten bewirken, wenn sie dicht sind, dasz die Drüsen eine grosze Menge klebriger Flüssigkeit ergieszen, dieselbe ist aber nicht im mindesten sauer. Andererseits ist das von Drüsen, welche durch die Berührung mit stickstoffhaltigen festen Körpern oder Flüssigkeiten gereizt sind, ausgehende Secret ausnahmslos sauer und so reichlich, dasz es häufig die Blätter hinabläuft und sich innerhalb der naturgemäsz eingerollten Ränder ansammelt. Das Secret in diesem Zustande hat die Fähigkeit, die Muskeln von Insecten, Fleisch, Knorpel, Eiweisz, Faserstoff, Gelatine und Casëin, wie es in den geronnenen Theilen der Milch existirt, schnell aufzulösen, d. h. zu verdauen. Die Drüsen werden durch chemisch präparirtes Casëin und durch Leim stark gereizt; es werden aber diese Substanzen (und zwar die letztere, wenn sie nicht in schwacher Salzsäure eingeweicht ist) nur theilweise aufgelöst, was gleichfalls bei der Drosera der Fall ist. Wenn das Secret animale Substanz in Lösung enthält, mag dieselbe [352] selbe aus festen oder flüssigen Körpern, wie z. B. einem Aufgusse von rohem Fleisch, Milch oder einer Lösung von kohlensaurem Ammoniak herrühren, so wird es schnell absorbirt; und die Drüsen, welche vorher klar und von einer grünlichen Färbung waren, werden bräunlich und enthalten Massen von zusammengeballter granulirter Substanz. Nach ihrer freiwilligen Bewegung zu urtheilen, besteht diese Substanz ohne Zweifel aus Protoplasma. Durch die Einwirkung nichtstickstoffhaltiger Flüssigkeiten wird keine solche Wirkung hervorgebracht. Nachdem die Drüsen gereizt worden sind, reichlich abzusondern, hören sie eine Zeit lang zu secreniren auf, fangen aber im Laufe weniger Tage wieder an.

Drüsen in Berührung mit Pollen, mit den Blättern anderer Pflanzen und mit verschiedenen Arten von Samen ergieszen viel saures Secret und absorbiren nachher Substanz, wahrscheinlich von einer eiweiszartigen Natur, aus ihnen. Es kann auch der dadurch erlangte Vortheil nicht bedeutungslos sein; denn es musz eine beträchtliche Menge Pollen von den vielen durch den Wind befruchteten Riedgräsern, Gräsern u. s. w., welche da wo Pinguicula lebt wachsen, auf die dicht mit klebrigen Drüsen besetzten und grosze Rosetten bildenden Blätter geweht werden. Selbst einige wenige Körner Pollen auf einer einzelnen Drüse bewirken, dasz diese reichlich absondert. Wir haben auch gesehen, wie häufig die kleinen Blätter der Erica tetralix und anderer Pflanzen, ebenso wie verschiedene Arten von Samen und Früchten, besonders von Carex an den Blättern hängen. Ein einzelnes Blatt der Pinguicula hatte zehn von den kleinen Blättern der Erica gefangen; und drei Blätter an der nämlichen Pflanze hatten jedes einen Samen gefangen. Samen, welche der Einwirkung des Secrets ausgesetzt werden, werden zuweilen getödtet oder die Sämlinge verletzt. Wir können daher schlieszen, dasz Pinguicula vulgaris mit ihren kleinen Wurzeln nicht blosz in einem hohen Grade durch die auszerordentliche Anzahl von Insecten erhalten wird, welche sie gewöhnlich fängt, sondern gleichfalls etwas Nahrung aus dem Pollen, den Blättern und Samen anderer Pflanzen zieht, welche häufig ihren Blättern anhängen. Sie ist daher zum Theil ein Pflanzenfresser, zum Theil ein Fleischfresser.

Pinguicula grandiflora.

Diese Species ist mit der letztgeschilderten so nahe verwandt, dasz sie von Dr. Hooker nur als eine Unterart classificirt wird. Sie [353] weicht hauptsächlich durch die bedeutendere Grösze ihrer Blätter und dadurch von jener ab, dasz die drüsigen Haare in der Nähe des basalen Theiles der Mittelrippe länger sind. Sie weicht aber in der Constitution ab; ich höre von Herrn Ralfs, welcher so freundlich war, mir Pflanzen aus Cornwall zu schicken, dasz sie an ziemlich verschiedenen Lagen wächst; und Dr. Moore, vom botanischen Garten in Glasnevin, theilt mir mit, dasz sie im Culturzustande viel besser zu behandeln ist, reichlich wächst und jährlich blüht, während Pinguicula vulgaris jedes Jahr erneuert werden musz. Herr Ralfs fand zahlreiche Insecten und Fragmente von Insecten beinahe an allen Blättern hängen. Dieselben waren hauptsächlich Diptern, daneben einige Hymenoptern, Homoptern, Coleoptern und eine Motte. An einem Blatte fanden sich neun todte Insecten auszer einigen wenigen noch lebenden. Er beobachtete auch einige Früchte von Carex pulicaris, ebenso wie die Samen dieser selben Pinguicula, welche an den Blättern hiengen. Ich stellte nur zwei Versuche mit dieser Species an; zuerst wurde eine Fliege in die Nähe des Randes eines Blattes gebracht, und nach 16 Stunden fand sich, dasz dasselbe ordentlich eingebogen war. Zweitens wurden mehrere kleine Fliegen in einer Reihe dem einen Rande eines andern Blattes entlang gelegt; und am nächsten Morgen war dieser ganze Rand nach innen gerollt, wie es bei der Pinguicula vulgaris der Fall war.

Pinguicuia lusitanica.

Diese Species, von welcher mir lebende Exemplare von Herrn Ralfs aus Cornwall gesandt wurden, ist von den beiden vorstehend erwähnten sehr verschieden. Die Blätter sind im Ganzen kleiner, viel durchscheinender, und sind mit purpurnen verzweigten Adern gezeichnet. Die Ränder der Blätter sind viel bedeutender eingerollt; diejenigen der älteren Blätter erstrecken sich über ein Drittel des Raumes zwischen der Mittelrippe und der äuszeren Kante. Wie in den beiden andern Species bestehn die drüsigen Haare aus zwei Formen, längeren und kürzeren, und haben dieselbe Structur; die Drüsen weichen aber dadurch ab, dasz sie purpurn sind und häufig granulöse Substanz enthalten, ehe sie gereizt worden sind. Im untern Theile des Blattes ist beinahe der halbe Raum auf jeder Seite zwischen der Mittelrippe und dem Rande ohne Drüsen; diese sind durch lange, ziemlich steife, vielzellige Haare ersetzt, welche sich über der Mittelrippe [354] kreuzen. Es dienen diese Haare vielleicht dazu, zu verhüten, dasz sich Insecten auf diesem Theile des Blattes niederlassen, wo sich keine klebrigen Drüsen finden, mittelst deren sie gefangen werden könnten; es ist aber kaum wahrscheinlich, dasz sie zu diesem Zwecke entwickelt worden sind. Die von der Mittelrippe ausgehenden Spiralgefässe endigen am äuszersten Rande des Blattes in Spiralzellen; diese sind aber nicht so gut entwickelt, wie in den beiden vorausgehenden Arten. Die Blüthenstiele, Kelchblätter und Blumenblätter sind dicht mit drüsigen Haaren bedeckt, ähnlich denen auf den Blättern.

Die Blätter fangen viele kleine Insecten, welche hauptsächlich unterhalb der eingerollten Ränder gefunden werden, wohin sie vom Regen gewaschen worden sind. Die Farbe der Drüsen, auf denen Insecten lange gelegen haben, ist verändert, sie ist entweder bräunlich oder blasz purpurn, ihr Inhalt ist grob granulirt, so dasz sie also offenbar Substanz aus ihrer Beute aufsaugen. Blätter der Erica tetralix, Blüthen eines Labkrautes, Schuppen von Gräsern u. s.. w. hiengen gleichfalls an einigen von den Blättern. Mehrere von den an Pinguicula vulgaris angestellten Versuchen wurden an der Pinguicula lusitanica wiederholt; und diese werden nun mitgetheilt werden.

1. Ein eckiges Stück Eiweisz von mäsziger Grösze wurde auf die eine Seite eines Blattes gelegt, halbwegs zwischen die Mittelrippe und den natürlich eingerollten Rand. In 2 Stunden 15 Minuten ergossen die Drüsen viel Secret und es wurde diese Seite stärker eingefaltet als die gegenüberliegende. Die Einbiegung nahm zu und erstreckte sich in 3 Stunden 30 Minuten beinahe bis zur Blattspitze hinauf. Nach 24 Stunden war der Rand zu einem Cylinder aufgerollt, dessen äuszere Oberfläche die Scheibe des Blattes berührte und bis innerhalb 1/20 Zoll von der Mittelrippe reichte. Nach 48 Stunden fieng er an, sich zu entfalten und war in 72 Stunden vollständig wieder ausgebreitet. Der Würfel war abgerundet und in der Grösze bedeutend vermindert; der Rest fand sich in einem halbverflüssigten Zustande.

2. Ein mäszig groszes Stück Eiweisz wurde in die Nähe der Spitze eines Blattes unter den natürlich einwärtsgekrümmten Rand gelegt. In 2 Stunden 30 Minuten war starke Absonderung erregt, und am nächsten Morgen war der Rand auf dieser Seite des Blattes stärker eingerollt als der entgegengesetzte, aber in keinem so bedeutenden Grade wie in dem letzten Falle. Der Rand entfaltete sich in derselben Schnelligkeit wie vorher. Ein bedeutender Theil des Eiweiszes war aufgelöst, es blieb aber noch ein Rest übrig.

3. Grosze Stückchen Eiweisz wurden in einer Reihe den Mittelrippen zweier Blätter entlang gelegt, brachten aber im Verlaufe von 24 Stunden keine Wirkung hervor; es hätte eine solche auch nicht erwartet werden können; denn selbst wenn Drüsen hier existirt hätten so würden [355] doch die langen Borsten es verhindert haben, dasz das Eiweisz mit ihnen in Berührung käme. Auf beiden Blättern wurden nun die Stückchen bis dicht an den einen Rand geschoben, und in 3 Stunden 30 Minuten wurde dieser so bedeutend eingebogen, dasz die äuszere Oberfläche die Blattscheibe berührte; dabei war der gegenüberliegende Rand nicht im mindesten afficirt. Nach drei Tagen waren die Ränder beider Blätter mit dem Eiweisz noch immer so stark eingerollt wie je, und auch die Drüsen sonderten noch reichlich ab. Bei Pinguicula vulgaris habe ich die Einbiegung niemals so lange andauern sehn.

4. Zwei Kohlsamen wurden, nachdem sie 1 Stunde lang in Wasser eingeweicht waren, in die Nähe des Randes eines Blattes gelegt und verursachten in 3 Stunden 20 Minuten verstärkte Absonderung und Einwärtskrümmung. Nach 24 Stunden war das Blatt theilweise entfaltet, die Drüsen sonderten aber noch immer reichlich ab. Dieselben fiengen in 48 Stunden an abzutrocknen und waren in 72 Stunden beinahe trocken. Die beiden Samen wurden dann auf feuchten Sand gelegt unter dem Wachsthum günstigen Bedingungen; sie keimten aber niemals und nach einiger Zeit fand sich, dasz sie gefault waren. Sie waren ohne Zweifel durch das Secret getödtet worden.

5. Kleine Stückchen eines Spinatblattes verursachten in 1 Stunde 20 Minuten vermehrte Absonderung und nach 3 Stunden 20 Minuten deutliche Einwärtskrümmung des Randes. Der Rand war nach 9 Stunden 15 Minuten ordentlich eingebogen, hatte sich aber nach 24 Stunden beinahe vollständig wieder ausgebreitet. Die mit dem Spinat in Berührung stehenden Drüsen wurden in 72 Stunden trocken. Stücke Eiweisz waren am Tage vorher auf den entgegengesetzten Rand des nämlichen Blattes gelegt worden, ebenso wie auf den Rand eines Blattes mit Kohlsamen; und diese Ränder blieben 72 Stunden lang dicht eingebogen, was bewies, um wie viel andauernder die Wirkung des Eiweiszes ist als die der Spinatblätter oder der Kohlsamen.

6. Eine Reihe kleiner Glasstückchen wurde dem Rande eines Blattes entlang gelegt; in 2 Stunden 10 Minuten war keine Wirkung hervorgebracht, aber nach 3 Stunden 25 Minuten schien eine Spur von Einbiegung da zu sein, und diese war nach 6 Stunden deutlich, wenn schon nicht scharf ausgesprochen. Die Drüsen in Berührung mit den Glasstückchen sonderten jetzt reichlicher ab als früher; so dasz sie augenscheinlich durch den Druck anorganischer Gegenstände leichter gereizt zu werden scheinen als die Drüsen der Pinguicula vulgaris. Die erwähnte unbedeutende Einbiegung hatte nach 24 Stunden nicht zugenommen; auch fiengen die Drüsen jetzt an trocken zu werden. Die Oberfläche eines Blattes wurde in der Nähe der Mittelrippe und nach der Basis zu einige Zeit lang gerieben und gekrazt, es erfolgte aber keine Bewegung. Die langen Haare, welche hier stehen, wurden in derselben Weise behandelt, aber ohne Wirkung. Der letzte Versuch wurde deshalb angestellt, weil ich glaubte, dasz die Haare vielleicht gegen eine Berührung empfindlich sein könnten, wie die Filamente der Dionaea.

7. Die Blüthenstiele, Kelch- und Kronenblätter tragen Drüsen, welche dem allgemeinen Ansehen nach denen auf den Blättern gleich sind. Es wurde deshalb ein Stück eines Blüthenstiels 1 Stunde lang in einer Lösung [356] von einem Theile kohlensauren Ammoniaks auf 437 Theile Wasser gelassen, und dies bewirkte, dasz sich die Farbe der Drüsen von einem hell Rosa in ein trübes Purpurn verwandelte; der Inhalt der Zellen bot aber keine deutliche Zusammenballung dar. Nach 8 Stunden 30 Minuten wurden sie farblos. Zwei minutiöse Eiweiszwürfel wurden auf die Drüsen eines Blüthenstiels und ein andrer Würfel auf die Drüsen eines Kelchblattes gelegt; sie wurden aber zu keiner vermehrten Absonderung angeregt; auch war das Eiweisz nach 2 Tagen nicht im mindesten erweicht. Es sind daher augenscheinlich diese Drüsen in ihrer Function bedeutend von denen auf den Blättern verschieden.

Aus den vorstehenden Beobachtungen an Pinguicula lusitanica sehen wir, dasz die schon naturgemäsz bedeutend eingekrümmten Ränder der Blätter durch die Berührung mit organischen und anorganischen Körpern dazu gereizt werden, sich noch weiter einwärts zu krümmen; dasz Eiweisz, Kohlsamen, Stückchen von Spinatblättern und Glassplitter es verursachen, dasz die Drüsen reichlicher absondern; dasz Eiweisz von dem Secrete aufgelöst wird, und dasz Kohlsamen von ihm getödtet werden; – und endlich, dasz Substanz aus den Insecten, welche mittelst des klebrigen Secrets in groszer Anzahl gefangen werden, von den Drüsen aufgesaugt wird. Die Drüsen auf den Blüthenstielen scheinen keine solche Fähigkeit zu haben. Diese Art weicht von Pinguicula vulgaris und grandiflora darin ab, dasz die Ränder der Blätter, wenn sie durch organische Körper gereizt worden sind, bis zu einem stärkern Grade eingebogen werden, und dasz die Einbiegung eine längere Zeit anhält. Auch scheinen die Drüsen leichter durch Körper, welche keine lösliche stickstoffhaltige Substanz abgeben, zu vermehrter Absonderung angeregt zu werden. In andern Beziehungen stimmen, so weit meine Beobachtungen reichen, alle drei Species hinsichtlich ihrer functionellen Fähigkeiten überein.

[357]

Siebenzehntes Capitel.
Utricularia.

Utricularia neglecta. – Structur der Blase. – Der Gebrauch der verschiedenen Theile. – Anzahl der gefangenen Thiere. – Art und Weise des Fanges. – Die Blasen können animale Substanz nicht verdauen, aber absorbiren die Producte ihres Zerfalls. – Versuche über die Aufsaugung gewisser Flüssigkeiten durch die viertheiligen Fortsätze. – Aufsaugung durch die Drüsen. – Zusammenfassung der Beobachtungen über Aufsaugung. – Entwickelung der Blasen. – Utricularia vulgaris. – Utricularia minor. – Utricularia clandestina.

Die Lebensweise und den Bau der Species dieser Gattung zu untersuchen, dazu wurde ich zum Theil dadurch geführt, dasz sie zu derselben natürlichen Familie gehört wie Pinguicula, aber noch besonders durch die Angabe Holland's, dasz "Wasser-Insecten häufig in den Blasen gefangen gehalten gefunden werden," welche, wie er vermuthet, "dazu bestimmt sind, der Pflanze als Nahrung zu dienen"[35]. Die Pflanzen, welche ich zuerst als Utricularia vulgaris aus dem New Forest in Hampshire und aus Cornwall erhielt, und mit denen ich hauptsächlich gearbeitet habe, hat Dr. Hooker als eine sehr seltene englische Art, nämlich als Utricularia neglecta Lehmann bestimmt[36]. Ich habe später die echte Utricularia vulgaris aus Yorkshire erhalten. Seitdem ich die folgende Beschreibung nach meinen [358] eigenen Beobachtungen und nach denen meines Sohnes Francis aufgesetzt habe, ist eine wichtige Abhandlung von Professor Cohn über Utricularia vulgaris erschienen[37]; und es hat mir keine kleine Genugthuung gewährt zu finden, dasz meine Schilderung beinahe vollständig mit der jenes ausgezeichneten Beobachters übereinstimmt. Ich will meine Beschreibung so veröffentlichen, wie ich sie niedergeschrieben hatte, ehe ich Prof. Cohn's Schilderung gelesen hatte und gelegentlich einige Angaben auf seine Autorität hinzufügen.

Fig. 17. (Utricularia neglecta.) Zweig mit den getheilten blasentragenden Blättern; ungefähr zweimal vergröszert.

Utricularia neglecta. – Die allgemeine Erscheinung eines Zweiges (ungefähr zweimal vergröszert) mit den gefiederten Blättern, welche die Blasen tragen, ist in der beistehenden Skizze dargestellt (Fig. 17). Die Blätter theilen sich beständig gabelig, so dasz ein erwachsenes Blatt mit von zwanzig bis dreiszig Spitzen endet. Jedes Ende trägt an seiner Spitze eine kurze gerade Borste, und leichte Vertiefungen an den Seiten der Blätter tragen ähnliche Borsten. Auf beiden Flächen finden sich viele kleine Papillen, auf deren Höhe zwei halbkugelige Zellen in dichter Berührung stehn. Die Pflanzen schwimmen in der Nähe der Oberfläche des Wassers und sind vollständig ohne [359] Wurzeln, selbst während ihrer frühesten Wachsthumsperiode[38]. Sie bewohnen gewöhnlich, wie mehr als ein Beobachter gegen mich bemerkt hat, merkwürdig faule Gräben.

Die Blasen bieten den hauptsächlich interessanten Punkt dar. Es finden sich häufig zwei oder drei an einem und demselben getheilten Blatte, meistens in der Nähe der Basis; doch habe ich auch eine einzelne aus dem Stengel entspringen sehn. Sie stehen auf kurzen Stielen. Wenn sie völlig ausgewachsen sind, sind sie nahezu 1/10 Zoll (2,54 Mm.) lang. Sie sind durchscheinend, von einer grünen Färbung und die Wandungen werden aus zwei Schichten von Zellen gebildet. Die äuszeren Zellen sind polygonal und ziemlich grosz; aber an vielen von den Punkten, wo sich die Winkel treffen, finden sich kleinere rundliche Zellen. Diese letzteren tragen kurze kegelförmige Vorsprünge, welche von zwei hemisphärischen Zellen in so dichter Aneinanderlagerung, dasz sie vereinigt zu sein scheinen, überragt werden; häufig trennen sich die letztern ein wenig von einander, wenn sie in gewisse Flüssigkeiten eingetaucht werden. Die in dieser Weise gebildeten Papillen sind denen genau gleich, welche sich auf der Oberfläche der Blätter finden. Diejenigen an einer und derselben Blase sind der Grösze nach sehr verschieden; auch finden sich einige wenige, besonders an sehr jungen Blättern, welche einen elliptischen, statt eines kreisförmigen, Umrisz haben. Die zwei endständigen Zellen sind durchsichtig, müssen aber viel Substanz in Lösung enthalten, nach der Menge zu urtheilen, welche durch längeres Eintauchen in Alkohol oder Äther zur Gerinnung gebracht wird.

Die Blasen sind mit Wasser angefüllt. Sie enthalten meistens, aber durchaus nicht immer, Luftblasen. Je nach der in ihnen enthaltenen Wasser- oder Luftmenge sind sie in der Dicke sehr verschieden, sie sind aber immer etwas zusammengedrückt. Auf einem frühern Wachsthumsstadium ist die platte oder ventrale Oberfläche nach der Axe oder dem Stengel hin gerichtet; es musz aber der Stiel in gewisses Bewegungsvermögen haben; denn an Pflanzen, welche ich in meinem Gewächshause hielt, war die ventrale Fläche meistens entweder gerade oder schräg niederwärts gedreht. Mr. H. M. Wilkinson [360] untersuchte meinetwegen Pflanzen im Naturzustande und fand, dasz dies gewöhnlich der Fall ist; aber die jüngeren Blasen hatten häufig ihre Klappen nach oben gekehrt.

Das allgemeine äuszere Ansehn einer Blase von der Seite betrachtet ist in der beistehenden Figur wiedergegeben, wobei die Anhänge der dem Beschauer zugekehrten Seite allein dargestellt sind (Fig. 18). Die untere Seite, wo der Stiel entspringt, ist

Fig. 18. (Utricularia neglecta.)) Blase, bedeutend vergröszert, c Kragen, undeutlich durch die Wandungen gesehn.

ist nahezu gerade; ich habe sie die ventrale Oberfläche genannt. Die andere dorsale Oberfläche ist convex und endigt in zwei langen, aus mehreren Reihen von Chlorophyll enthaltenden Zellen gebildeten und, hauptsächlich an der äuszeren Seite, sechs oder sieben lange, zugespitzte, vielzellige Borsten tragenden Verlängerungen. Diese Verlängerungen der Blase können passenderweise die Antennen genannt werden, denn die ganze Blase (vergl. Fig. 17) ist einem entomostraken Krustenthiere merkwürdig ähnlich, wobei der kurze Stiel den Schwanz darstellt. In Fig. 18 ist nur die nähere, dem Beschauer zu gelegene Antenne dargestellt. Unterhalb der beiden Antennen ist das Ende der Blase leicht abgestutzt und hier liegt der allerwichtigste Theil des ganzen Gebildes, nämlich der Eingang und die Klappe. Auf jeder Seite des Eingangs ragen von drei bis (selten) sieben lange, vielzählige Borsten nach auszen vor; aber nur diejenigen (vier an Zahl) auf der näheren, dem Beschauer zugekehrten Seite sind in der Zeichnung wiedergegeben. Diese Borsten bilden zusammen mit den von den Antennen getragenen eine Art von hohlem, den Eingang umgebenden Kegel.

Die Klappe senkt sich in die Höhlung der Blase hinein, oder aufwärts in Fig. 18. Sie ist auf allen Seiten an die Blase angeheftet,

[361] mit Ausnahme ihres hinteren Randes, oder des unteren in Fig. 19, welcher frei ist und die eine Seite der schlitzförmigen in die Blase führenden Mündung bildet. Dieser Rand ist scharf, dünn und glatt und ruht auf dem Rande einer Leiste oder eines Kragens, welcher tief in die Blase hineinragt, wie der Längsschnitt des Kragens und

Fig. 19. (Utricularia neglecta.) Klappe der Blase; bedeutend vergröszert.

der Klappe zeigt (Fig. 20); er ist auch bei c in Fig. 18 zu sehen. Der Rand der Klappe kann sich hiernach nur nach innen öffnen. Da beides, sowohl die Klappe als auch der Kragen, in die Blase

Fig. 20. (Utricularia neglecta.) Verticaler Längsschnitt durch den ventralen Theil einer Blase, der die Klappe und den Kragen zeigt; v Klappe; der ganze Vorsprung oberhalb e bildet den Kragen; b zweispaltige Fortsätze; s ventrale Oberfläche der Blase.

hineinragen, so bildet sich hier eine Höhlung oder Vertiefung, an deren Basis die schlitzförmige Mündung liegt.

Die Klappe ist farblos, in hohem Grade durchsichtig, biegsam und elastisch. Sie ist in querer Richtung convex, ist aber hier (Fig. 19) in abgeplattetem Zustande gezeichnet worden, wodurch ihre scheinbare Breite vergröszert ist. Sie wird nach Cohn aus zwei Schichten kleiner Zellen gebildet, welche continuirlich mit den beiden Schichten gröszerer Zellen zusammenhängen, welche die Wandungen der Blase bilden, von welchen sie offenbar eine Verlängerung ist. Zwei [362] Paar durchsichtiger spitzer Borsten, ungefähr so lang wie die Klappe selbst, entspringen in der Nähe ihres freien hinteren Randes (Fig. 19) und weisen schräg nach auszen in der Richtung der Antennen. Auch finden sich auf der Oberfläche der Klappe zahlreiche Drüsen, wie ich sie nennen will; denn sie haben die Fähigkeit zu absorbiren, obschon ich zweifle, ob sie jemals absondern. Sie bestehen aus dreierlei Arten, welche bis zu einem gewissen Grade in einander übergehen. Diejenigen, welche rund um den vorderen Rand der Klappe (obere Rand in Fig. 19) herumstehen, sind sehr zahlreich und stehen dicht gedrängt; sie bestehen aus einem oblongen Köpfchen auf einem langen Stiele. Der Stiel selbst wird von einer verlängerten Zelle gebildet, auf welcher eine kurze sitzt. Die Drüsen nach dem freien hinteren Rande zu sind viel gröszer, wenig an Zahl und beinahe sphärisch; sie haben kurze Stiele. Das Köpfchen wird durch das Verschmelzen zweier Zellen gebildet, die untere entspricht der kurzen oberen Zelle des Stiels der oblongen Drüsen. Die Drüsen der dritten Art haben quer verlängerte Köpfchen und sitzen auf sehr kurzen Stielen, so dasz sie parallel mit und dicht an der Oberfläche der Klappe stehen; sie können zweiarmige Drüsen genannt werden. Die Zellen, welche alle diese Drüsen bilden, enthalten einen Kern und sind mit einer Schicht mehr oder weniger körnigen Protoplasmas, dem Primordialschlauch Mohl's, ausgekleidet. Sie sind mit Flüssigkeit erfüllt, welche viel Substanz in Lösung halten musz, nach der Menge der geronnenen Masse nach einem langen Eintauchen in Alkohol oder Äther zu urtheilen. Die Vertiefung, in welcher die Klappe liegt, ist gleichfalls mit unzähligen Drüsen bekleidet; diejenigen an den Seiten haben oblonge Köpfchen und verlängerte Stiele, genau so wie die Drüsen auf den anstoszenden Theilen der Klappe.

Der Kragen (von Cohn Peristom genannt) wird offenbar, wie auch die Klappe, durch einen Vorsprung der Wandungen der Blase nach innen gebildet. Die die äuszere oder die nach der Klappe hinsehende Fläche zusammensetzenden Zellen haben ziemlich dicke Wände, sind von einer bräunlichen Farbe, sehr klein, sehr zahlreich und verlängert; die untern sind durch verticale Scheidewände getheilt. Das Ganze bietet ein complicirtes und elegantes Ansehen dar. Die die innere Oberfläche bildenden Zellen sind in continuirlichem Zusammenhange mit den über die ganze innere Oberfläche der Blase verbreiteten. Der Raum zwischen der äuszeren und inneren Oberfläche [363] besteht aus grobem zelligen Gewebe (Fig. 20). Die innere Seite ist dicht mit zarten zweispaltigen, hernach zu beschreibenden Fortsätzen bedeckt. Hierdurch wird der Kragen dick; und er ist so steif, dasz er denselben Umrisz beibehält, mag die Blase wenig oder viel Wasser oder Luft enthalten. Dies ist von groszer Bedeutung, da sonst die dünne und biegsame Klappe nicht gehörig fungiren würde.

Alles zusammengenommen, bietet der Eingang in die Blase, gebildet von der durchsichtigen Klappe mit ihren vier schräg vorspringenden Borsten, ihren zahlreichen verschieden geformten Drüsen, umgeben von dem Kragen, auf der Innenseite Drüsen und auf der Auszenseite Borsten tragend, in Verbindung mit den von den Antennen getragenen Borsten, eine auszerordentlich complicirte Erscheinung dar, wenn sie unter dem Mikroskop beobachtet wird.

Wir wollen nun die innere Structur der Blase betrachten. Unter einer mäszig starken Vergröszerung betrachtet zeigt sich die ganze

Fig. 21. (Utricularia neglecta.)
Kleines Stück der Innenseite der Blase, stark vergröszert, um die viertheiligen Fortsätze zu zeigen.
Fig. 22. Utricularia neglecta.)
Einer der viertheiligen Fortsätze, stark vergröszert.

innere Oberfläche, mit Ausnahme der Klappe, von einer dicht zusammengedrängten Masse von Fortsätzen bedeckt (Fig. 21). Jeder derselben besteht aus vier divergirenden Armen; daher ihr Name der viertheiligen oder vierspaltigen Fortsätze. Sie entspringen von kleinen eckigen Zellen an den Verbindungsstellen der Winkel der gröszeren Zellen, welche das Innere der Blase bilden. Der mittlere Theil der oberen Fläche dieser kleinen Zellen springt ein wenig vor und zieht sich dann zu einem kurzen und schmalen Stiel zusammen, welcher [364] die vier Arme trägt (Fig. 22). Von diesen sind zwei lang, aber häufig nicht von gleicher Länge, und springen schräg nach innen und nach dem hinteren Ende der Blase vor. Die zwei andern sind viel kürzer und springen in einem kleineren Winkel vor, d. h. sie sind mehr oder beinahe horizontal und sind nach dem vordern Ende der Blase hin gerichtet. Diese Arme sind nur mäszig scharf zugespitzt; sie werden von einer äuszerst dünnen Membran gebildet, so dasz sie in jedweder Richtung gebogen oder eingefaltet werden können, ohne zu zerbrechen. Sie werden von einer zarten Schicht von Protoplasma ausgekleidet, was gleichfalls bei den kurzen kegelförmigen Fortsätzen der Fall ist, von denen sie entspringen. Jeder Arm enthält meistens (aber nicht ausnahmslos) ein äuszerst kleines, schwach braunes Körperchen, entweder rundlich oder häufiger länglich, welches unaufhörliche Brown'sche Bewegung zeigt. Diese Körperchen ändern langsam ihre Stellung und wandern von einem Ende der Arme zum andern, werden aber gewöhnlich in der Nähe ihrer Basen gefunden. Sie sind in den viertheiligen Fortsätzen junger Blasen vorhanden, wenn diese nur ungefähr ein Drittel ihrer vollen Grösze erreicht haben. Gewöhnlichen Zellenkernen sind sie nicht ähnlich; ich glaube aber, dasz es Kerne in einem modificirten Zustande sind; denn wenn sie fehlen, konnte ich gelegentlich an ihrer Stelle eben noch eine zarte Wolke von Substanz erkennen, welche einen dunkleren Fleck einschlosz. Überdies enthalten die viertheiligen Fortsätze von Utricularia montana eher etwas gröszere und viel regelmäsziger sphärische, aber im Übrigen ähnliche Körperchen, welche den Kernen in den, die Wandungen der Blasen bildenden Zellen sehr ähnlich sind. Im vorliegenden Falle fanden sich zuweilen zwei, drei, oder selbst noch mehr nahezu ähnliche Körperchen innerhalb eines einzelnen Arms; es scheint indessen, wie wir nachher sehen werden, die Gegenwart von mehr als einem immer mit der Absorption sich zersetzender Substanz zusammenzuhängen.

Die innere Seite des Kragens (s. die frühere Fig. 20) wird von mehreren dicht aneinander gedrängten Reihen von Fortsätzen bedeckt, welche in keiner wichtigen Beziehung von den viertheiligen abweichen, ausgenommen darin, dasz sie nur zwei Arme tragen anstatt vier; sie sind indessen eher etwas schmäler und zarter. Ich werde sie die zweispaltigen Fortsätze nennen. Sie springen in die Blase vor und sind nach deren hinterem Ende zu gerichtet. Die viertheiligen und [365] zweispaltigen Fortsätze sind ohne Zweifel den Papillen auf der Auszenseite der Blase und der Blätter homolog; und wir werden sehen, dasz sie sich von äuszerst ähnlichen Papillen aus entwickelt haben.

Der Gebrauch der verschiedenen Theile. – Nach der vorausgehenden langen, aber nothwendigen Beschreibung der einzelnen Theile wollen wir uns zu ihrem Gebrauche wenden. Einige Autoren haben vermuthet, dasz die Blasen als Schwimmapparate wirken; aber Zweige, welche keine Blasen trugen, und andere, von denen die Blasen entfernt worden waren, flottirten vollkommen, und zwar in Folge der in den Intercellularräumen enthaltenen Luft. Blasen, welche todte und gefangene Thiere enthalten, schlieszen gewöhnlich Luftblasen ein; dieselben können aber nicht allein durch den Zersetzungsprocesz entstanden sein, da ich häufig Luft in jungen, reinen und leeren Blasen gesehen habe; andererseits hatten manche alte Blasen mit viel sich zersetzender Substanz keine Luftblasen.

Die wirkliche Function der Blasen ist, kleine Wasserthiere zu fangen, und dies thun sie in einem groszen Maszstabe. Von der ersten Anzahl Pflanzen, welche ich zeitig im Juli von dem New Forest erhielt, umschlossen verhältnismäszig viele der völlig erwachsenen Blasen Beute; bei einer zweiten Sendung, welche ich anfangs August erhielt, waren die meisten der Blasen leer; es waren indessen Pflanzen ausgewählt worden, welche in ungewöhnlich reinem Wasser wuchsen. Von der ersten Sendung untersuchte mein Sohn siebenzehn Blasen, welche Beute irgend welcher Art umschlossen, und acht derselben enthielten entomostrake Krustenthiere, drei Insectenlarven, von denen eine noch lebendig war, und sechs so stark zersetzte Überreste von Thieren, dasz ihre Natur nicht mehr unterschieden. werden konnte. Ich wählte fünf Blasen heraus, welche sehr voll zu sein schienen, und fand in ihnen vier, fünf, acht und zehn Krustenthiere und in der fünften eine einzige sehr lang gestreckte Larve. In fünf anderen Blasen, welche ich gewählt hatte, weil sie Überreste enthielten, welche aber nicht sehr voll erschienen, fanden sich ein, zwei, vier, zwei und fünf Krustenthiere. Eine Pflanze von Utricularia vulgaris, welche in beinahe reinem Wasser gehalten worden war, wurde von Cohn eines Abends in Wasser gethan, in welchem zahllose Kruster umherschwärmten, und am nächsten Morgen enthielten die meisten Blasen diese Thiere gefangen und immer fort im Kreise in ihren Gefängnissen umherschwimmend. Sie blieben mehrere Tage lang lebendig, giengen [366] aber endlich zu Grunde, an Erstickung, wie ich vermuthe, da der ganze Sauerstoff des Wassers verbraucht worden war. Auch Süszwasser-Würmer wurden von Cohn in einigen Blasen gefunden. In allen Fällen waren die Blasen mit zerfallenen Thierresten voll von lebenden Algen vieler Arten, von Infusorien und anderen niederen Organismen, welche offenbar als Eindringlinge dort lebten.

Die Thiere gelangen in der Weise in die Blase, dasz sie den hintern freien Rand der Klappe abbiegen, welcher sich dann, da er in hohem Grade elastisch ist, augenblicklich wieder schlieszt. Da die Kante äuszerst dünn ist und dicht an den Rand des Kragens sich anlegt, wobei beide in die Blase vorspringen (s. Fig. 20), so wird es offenbar für alle Thiere sehr schwierig sein, wieder herauszukommen, wenn sie sich einmal gefangen haben; und allem Anscheine nach entschlüpfen sie niemals. Um zu zeigen, wie dicht der Rand schlieszt, will ich erwähnen, dasz mein Sohn eine Daphnia fand, welche eine ihrer Antennen in den Schlitz gesteckt hatte; und dadurch wurde sie einen ganzen Tag lang fest gehalten. Bei drei oder vier Gelegenheiten habe ich lange schmale Larven, sowohl todte als auch lebendige, zwischen die Klappe und den Kragen eingekeilt gefunden, wobei ihre Körper halb innerhalb und halb auszerhalb der Blasen waren.

Da es mir sehr schwierig war, einzusehen, wie derartige minutiöse und schwache Thiere, wie sie so häufig gefangen werden, sich ihren Eintritt in die Blasen erzwingen können, habe ich viele Versuche angestellt, um zu ermitteln, wie dies ausgeführt wird. Der freie Rand der Klappe biegt sich so leicht, dasz man keinen Widerstand fühlt, wenn eine Nadel oder eine dünne Borste eingeführt wird. Ein dünnes menschliches Haar, an einen Griff befestigt und so weit abgeschnitten, dasz es kaum 1/4 Zoll vorsprang, gieng mit etwas Schwierigkeit hinein; ein längeres Stück gab nach, anstatt einzugehn. Bei drei Gelegenheiten wurden äuszerst kleine Stückchen blauen Glases (um leicht erkannt zu werden) auf Klappen gelegt, während sie unter Wasser waren; als ich leise versuchte, sie mit einer Nadel zu bewegen, verschwanden sie so plötzlich, dasz ich, da ich nicht sah, was passiert war, glaubte, ich hätte sie fortgeschnellt; als ich aber die Blasen untersuchte, fand ich sie ganz sicher eingeschlossen. Dasselbe passirte meinem Sohne, welcher kleine Würfelehen von grünem Buchsbaumholz (von ungefähr 1/60 Zoll oder 0,423 Mm. Seitenlänge) auf einige Klappen legte; und dreimal kam es während des Actes, sie [367] aufzulegen oder sie leise auf eine andere Stelle zu bewegen, vor, dasz sich die Klappe plötzlich öffnete und sie verschluckt waren. Er legte dann ähnliche Stückchen Holz auf andere Klappen und bewegte sie eine Zeit lang auf ihnen herum; sie giengen aber nicht in die Blase. Ferner brachte ich Stückchen von blauem Glas auf drei Klappen und äuszerst minutiöse abgeschabte Stückchen Blei auf zwei andere Klappen; nach 1 oder 2 Stunden war keines eingetreten, aber in einer Zeit von 2 bis 5 Stunden waren sie alle fünf eingeschlossen. Eines der Glasstückchen war ein langer Splitter, dessen eines Ende schräg auf der Klappe ruhte; nach wenig Stunden fand man es fixirt, halb innerhalb der Blase und halb nach auszen vorspringend; wobei der Rand der Klappe rings herum dicht anschlosz mit Ausnahme des einen Winkels, wo eine kleine Stelle offen gelassen war. Es war so fest eingekeilt, ähnlich der oben erwähnten Larve, dasz die Blase von dem Zweig abgerissen und geschüttelt werden konnte, ohne dasz der Splitter herausgefallen wäre. Mein Sohn legte auch kleine Würfelchen (ungefähr 1/65 Zoll oder 0,391 Mm.) von grünem Buchsbaumholz, welche gerade schwer genug waren, um in Wasser unterzusinken, auf drei Klappen. Dieselben wurden nach 19 Stunden 30 Minuten untersucht und wurden noch immer auf den Klappen liegend gefunden; nach 22 Stunden 30 Minuten waren sie aber eingeschlossen. Ich will hier erwähnen, dasz ich in einer Blase an einer in natürlichen Verhältnissen wachsenden Pflanze ein Körnchen Sand und in einer andern Blase drei Körnchen fand; diese müssen durch irgend welchen Zufall auf die Klappen gefallen und dann wie die Glastheilchen in die Blasen gelangt sein.

Die langsame Biegung der Klappe unter dem Gewicht der Glasstückchen und selbst der Buchsbaumholzwürfelchen, trotzdem sie in hohem Masze vom Wasser getragen werden, ist, wie ich vermuthe, der langsamen Biegung colloider Substanzen analog. Es wurden beispielsweise Glasstückchen auf verschiedene Stellen schmaler Streifen von angefeuchteter Gelatine gelegt; und diese gaben mit äuszerster Langsamkeit nach und bogen sich. Es ist viel schwerer zu verstehen, woher es kommt, dasz das leise Hin- und Herbewegen eines Stückchens von einem Theile der Klappe zu einem andern dieselbe veranlaszt, sich plötzlich zu öffnen. Um zu ermitteln, ob die Klappen mit Irritabilität begabt wären, wurde die Oberfläche mehrerer mit einer Nadel gekratzt oder mit einem feinen Camelhaarpinsel bestrichen, um [368] die kriechende Bewegung kleiner Crustaceen nachzuahmen; die Klappe öffnete sich aber nicht. Einige Blasen wurden, ehe sie gepinselt wurden, eine Zeit lang in Wasser verschiedener Temperaturen zwischen 26,6° bis 54,4° C. (80°-130° F.) gelegt, da dies, nach einer weit verbreiteten Analogie zu urtheilen, dieselben gegen Reizung empfindlicher gemacht oder für sich selbst schon Bewegung erregt haben könnte; es wurde aber keine Wirkung hervorgebracht. Wir können daher schlieszen, dasz Thiere einfach dadurch in die Blase gelangen, dasz sie sich einen Eingang durch die schlitzförmige Öffnung erzwingen; ihr Kopf dient dabei als Keil. Ich bin aber darüber überrascht, dasz so kleine und schwache Geschöpfe, wie häufig gefangen werden, (so z. B. der Nauplius eines Krustenthieres und ein Tardigrade) stark genug sein sollten, in dieser Weise vorzugehen, wenn ich daneben bedenke, dasz es schwer war, das Ende eines 1/4 Zoll langen Stückchen Haares hineinzubringen. Demungeachtet ist es gewisz, dasz schwache und kleine Geschöpfe wirklich eindringen; Mrs. Treat in New-Jersey ist erfolgreicher als irgend ein anderer Beobachter gewesen und hat häufig bei der Utricularia clandestina den Vorgang mit angesehen[39]. Sie sah ein tardigrades Thier langsam um eine Blase herumgehen, wie zum Recognosciren; endlich kroch es in die Vertiefung, in welcher die Klappe liegt, und dann gieng es leicht hinein. Sie war auch Zeuge von dem Fangen verschiedener sehr kleiner Krustenthiere. (Cypris "war ganz schlau, wurde aber dem ungeachtet häufig gefangen. Kam sie bis an den Eingang in die Blase, dann hielt sie für einen Augenblick still und schosz dann hinweg; andere male kam sie ganz nahe heran und wagte sich selbst ein Stückchen Wegs in den Eingang hinein, kehrte aber zurück, als fürchtete sie sich. Eine andere, unbedachtsamere, öffnete die Thüre und gieng hinein; sobald sie indessen drin war, zeigte sie Unruhe, sie zog ihre Füsze und Antennen ein und schlosz ihre Schale." Wenn Larven, dem Anscheine nach von Mücken, "in der Nähe des Eingangs fraszen, so rannten sie ziemlich gewisz mit ihren Köpfen in das Netz, aus dem es kein Entrinnen gab. Ehe eine grosze Larve verschluckt wird, dauert es zuweilen drei oder vier Tage lang; der ganze Vorgang rief mir das Bild in das Gedächtnis, was ich erhielt, als eine kleine Schlange einen groszen Frosch verschlang." Da aber die Klappe [369] nicht im mindesten reizbar zu sein scheint, so musz der langsame Procesz des Verschlingens die Folge der Vorwärtsbewegung der Larve sein.

Es ist schwer, sich darüber eine Vermuthung zu bilden, was wohl so viele Geschöpfe, fleisch- und pflanzenfressende Krustenthiere, Würmer, Tardigraden und verschiedene Larven anreizen kann, in die Blasen zu gehen. Mrs. Treat sagt, dasz die eben erwähnten Larven von Pflanzennahrung leben und eine besondere Liebhaberei für die langen Borsten rings um die Klappe haben; dieser Geschmack kann aber den Eintritt von fleischfressenden Krustenthieren nicht erklären. Vielleicht versuchen kleine im Wasser lebende Thiere gewohnheitsgemäsz in jeden kleinen Spalt einzutreten, wie in den zwischen Klappe und Kragen, um Nahrung oder Schutz zu suchen. Es ist nicht wahrscheinlich, dasz die merkwürdige Durchsichtigkeit der Klappe ein zufälliger Umstand ist; der dadurch entstehende lichte Punkt könnte als Führer dienen. Die langen Borsten rings um den Eingang dienen allem Anscheine nach demselben Zwecke. Ich glaube deshalb, dasz dies der Fall ist, weil die Blasen einiger epiphytisch und auf Marschboden lebender Species von Utricularia, welche entweder in verfilzter Vegetation oder in Schlamm leben, keine Borsten um den Eingang haben; diese würden unter solchen Bedingungen von keinem Nutzen als Führer sein. Demungeachtet springen bei diesen epiphytischen auf Marschboden lebenden Arten zwei Paare Borsten von der Oberfläche der Klappe wie in den wasserlebenden Arten vor; ihre Function ist wahrscheinlich die, gröszere Thiere von einem Versuche, in die Blase einzudringen, abzuhalten, damit nicht dadurch die Mündung eingerissen werde.

Da unter günstigen Umständen die meisten Blasen im Fangen von Beute Erfolg haben (in einem Falle selbst zehn Krustenthiere), – da die Klappe so gut dazu angepaszt ist, den Thieren den Eingang zwar zu gestatten, aber ihr Entweichen zu verhindern, – und da die Innenseite der Blase eine so eigenthümliche Structur darbietet, in ihrer Auskleidung mit unzähligen viertheiligen und zweigespaltenen Fortsätzen, so läszt sich unmöglich daran zweifeln, dasz die Pflanze speciell für das Fangen von Beute eingerichtet worden ist. Nach Analogie mit der zu derselben Familie gehörigen Pinguicula erwartete ich natürlich, dasz die Blasen ihre Beute verdauen würden; dies [370] ist aber nicht der Fall, es sind auch keine zur Absonderung der gehörigen Flüssigkeit angepaszte Drüsen vorhanden. Nichtsdestoweniger wurden, um ihre Verdauungsfähigkeit auf die Probe zu stellen, minutiöse Fragmente gerösteten Fleisches, drei kleine Würfelchen von Eiweisz und drei dergleichen von Knorpel durch die Mündung in die Blasen kräftiger Pflanzen geschoben. Sie wurden einen bis drei und einen halben Tage lang darin gelassen und die Blasen dann aufgeschnitten; aber keine einzige der erwähnten Substanzen liesz auch nur das mindeste Zeichen von Verdauung oder Auflösung erkennen; die Kanten der Würfel waren so scharf wie je. Diese Beobachtungen wurden später gemacht als die an Drosera, Dionaea, Drosophyllum und Pinguicula, so dasz ich mit der äuszern Erscheinung dieser Substanzen, wenn sie sich in den früheren oder letzten Stadien der Verdauung befinden, wohl vertraut war. Wir können daher schlieszen, dasz Utricularia die Thiere, welche sie gewohnheitsgemäzs fängt, nicht verdauen kann.

In den meisten Blasen sind die gefangenen Thiere so stark zersetzt, dasz sie eine blaszbraune, breiige Masse bilden, während ihre chitinhaltigen Hüllen so zart geworden sind, dasz sie mit der gröszten Leichtigkeit in Stücke zerfallen. Der schwarze Farbstoff der Augenflecke erhält sich besser als irgend etwas anderes. Gliedmaszen, Kiefer u. s. w. werden häufig vollständig losgetrennt gefunden; und dies ist, wie ich vermuthe, die Folge des vergeblichen Sträubens der später gefangenen Thiere. Ich bin zuweilen über das geringe Verhältnis gefangener Thiere in einem frischen Zustande verglichen mit den gänzlich zerfallenen überrascht gewesen. Mrs. Treat gibt mit Bezug auf die oben angeführten Larven an, dasz "gewöhnlich in weniger als zwei Tagen, nachdem eine grosze Larve gefangen war, der flüssige Inhalt der Blasen ein wolkiges oder trübes Aussehen anzunehmen begann und dasz er oft so dick wurde, dasz die Umrisse des Thieres aus dem Gesichte verschwanden." Diese Angabe regt die Vermuthung an, dasz die Blasen irgend ein Ferment absondern, welches den Procesz des Zerfalls beschleunigt. An und für sich liegt in dieser Vermuthung nichts unwahrscheinliches, wenn man bedenkt, dasz Fleisch, welches 10 Minuten lang in, mit dem milchigen Safte des Traubenbaums (papaw) gemischtem Wasser eingeweicht wird, völlig weich wird und, wie Browne in seiner Naturgeschichte von Jamaica bemerkt, bald in einen Zustand von Fäulnis übergeht. [371] Mag der Zerfall der gefangen gehaltenen Thiere auf irgend eine Weise beschleunigt werden oder nicht, so ist doch sicher, dasz durch die viertheiligen und zweigespaltenen Fortsätze Stoffe aus ihnen absorbirt werden. Die äuszerst zarte Beschaffenheit der Membran, von welcher diese Fortsätze gebildet werden, und die grosze Oberfläche, welche sie darbieten, – in Folge ihrer groszen dicht gedrängt über die ganze innere Fläche der Blase verbreiteten Zahl, – sind Umstände, welche alle den Procesz der Aufsaugung begünstigen. Viele vollkommen reine Blasen, welche niemals irgend welche Beute gefangen hatten, wurden geöffnet; es konnte aber mit einem Hartnack'schen Objectivglas Nr. 8 innerhalb der zarten structurlosen, protoplasmatischen Auskleidung ihre Arme nichts unterschieden werden, ausgenommen das in jedem vorkommende einzelne gelbliche Körperchen oder der modificirte Kern. Zuweilen waren zwei oder selbst drei derartige Körperchen vorhanden; in diesem Falle aber konnten meist Spuren zerfallender Substanz entdeckt werden. Andererseits boten die Fortsätze in Blasen, welche entweder ein groszes oder mehrere kleinere zerfallene Thiere enthielten, ein gänzlich verschiedenes Ansehen dar. Sechs derartige Blasen wurden sorgfältig untersucht: eine enthielt eine langgestreckte, aufgerollte Larve, eine andere ein einzelnes groszes entomostrakes Krustenthier, und die übrigen von zwei bis fünf kleinere, sämmtlich in einem zersetzten Zustande. In diesen sechs Blasen enthielt eine grosze Zahl der viertheiligen Fortsätze durchsichtige, häufig gelbliche, mehr oder weniger zusammenflieszende sphärische oder unregelmäszig geformte Massen von Substanz. Einige von den Fortsätzen enthielten indessen nur fein granulirte Substanz, deren Theilchen so klein waren, dasz sie mit dem System Hartnack Nr. 8 nicht deutlich definirt werden konnten. Die zarte, ihre Wandungen auskleidende Schicht von Protoplasma war in einigen Fällen etwas eingeschrumpft. Bei drei Gelegenheiten wurden die eben erwähnten Substanzmassen beobachtet und nach kurzen Intervallen gezeichnet; sie hatten ganz sicher ihre Stellungen im Verhältnis zu einander wie zu den Wandungen der Arme geändert. Einzelne Massen flossen zuweilen zusammen und theilten sich dann wieder. Eine einzelne kleine Masse schickte einen Fortsatz ab, welcher sich nach einiger Zeit lostrennte. Es konnte daher daran kein Zweifel sein, dasz diese Massen aus Protoplasma bestanden. Bedenkt man aber, dasz viele reine Blasen mit gleicher Sorgfalt untersucht wurden, [372] und dasz diese keine solche Erscheinung darboten, so können wir getrost annehmen, dasz in den oben erwähnten Fällen das Protoplasma durch die Aufsaugung stickstoffhaltiger Substanz aus den sich zersetzenden Thieren sich erzeugt hatte. In zwei oder drei Blasen, welche anfangs völlig rein erschienen, fanden sich nach sorgfältigem Suchen einige wenige Fortsätze, deren Auszenseite mit etwas brauner Substanz bedeckt war, woraus hervorgieng, dasz irgend ein kleines Thier gefangen war und sich zersetzt hatte: hier schlossen die Arme sehr wenige mehr oder weniger sphärische und zusammengeballte Massen ein; die Fortsätze an anderen Stellen der Blasen waren leer und durchscheinend. Andererseits musz noch angegeben werden, dasz in drei, todte Krustenthiere enthaltenden Blasen die Fortsätze gleichfalls leer waren. Diese Thatsache kann dadurch erklärt werden, dasz die Thiere nicht hinreichend weit zersetzt waren oder dasz für die Bildung von Protoplasma nicht genug Zeit gelassen worden war, oder dasz es später absorbirt und anderen Theilen der Pflanze zugeführt worden war. Wir werden nachher sehen, dasz in drei oder vier andern Species von Utricularia die viertheiligen Fortsätze in Berührung mit zerfallenden Thieren gleichfalls zusammengeballte Massen von Protoplasma enthielten.

Über die Absorption gewisser Flüssigkeiten durch die viertheiligen und zwei gespaltenen Fortsätze. – Diese Versuche wurden angestellt, um zu ermitteln, ob gewisse Flüssigkeiten, welche zu diesem Zwecke passend zu sein schienen, dieselben Wirkungen auf die Fortsätze hervorbringen würden, wie die Absorption zerfallner thierischer Substanz. Derartige Experimente sind indessen mühsam; denn es ist nicht hinreichend, einen Zweig einfach in die Flüssigkeit einzulegen, da die Klappe so dicht schliest, dasz die Flüssigkeit dem Anscheine nach sobald nicht, wenn überhaupt, eindringt. Selbst als Borsten in die Mündungen gesteckt wurden, wurde sie in mehreren Fällen so dicht ringsum von dem dünnen biegsamen Rande der Klappe umgeben, dasz die Flüssigkeit allem Anscheine nach ausgeschlossen wurde. Die beste Methode würde gewesen sein, die Blasen anzustechen; hieran dachte ich aber nicht eher, ausgenommen in einigen wenigen Fällen, als bis es zu spät war. In allen derartigen Versuchen kann es indessen nicht positiv ermittelt werden, ob die Blase, obschon sie durchscheinend ist, nicht irgend ein minutiöses Thier auf dem letzten Stadium des Zerfalls enthalte. Es wurden [373] daher die meisten meiner Experimente so angestellt, dasz die Blasen längsweise in zwei Hälften zerschnitten wurden; die viertheiligen Fortsätze wurden dann mit dem System Hartnack Nr. 8 untersucht und, während sie unter dem Deckgläschen lagen, mit wenig Tropfen der zum Versuche dienenden Flüssigkeit befeuchtet, in einer feuchten Kammer erhalten und nach bestimmten Zwischenräumen mit derselben Vergröszerung wie vorher wieder untersucht.

Vier Blasen wurden zuerst, als Controlversuch, in der so eben geschilderten Weise in einer Auflösung von einem Theil arabischen Gummis auf 218 Theile Wasser, und zwei Blasen in einer Auflösung von einem Theil Zucker auf 437 Theile Wasser versucht; in keinem der beiden Fälle war nach 21 Stunden weder in den viertheiligen noch in den zweitheiligen Fortsätzen irgend eine Veränderung bemerkbar. Vier Blasen wurden dann in derselben Weise mit einer Lösung von einem Theile salpetersauren Ammoniaks auf 487 Theile Wasser behandelt und nach 21 Stunden wieder untersucht. In zweien von diesen erschienen nur die viertheiligen Fortsätze voll von sehr fein granulirter Substanz, und ihre protoplasmatische Auskleidung oder der Primordialschlauch war ein wenig geschrumpft. In der dritten Blase schlossen die viertheiligen Fortsätze deutlich sichtbare Körnchen ein, und der Primordialschlauch war nach nur 8 Stunden ein wenig geschrumpft. In der vierten Blase war der Primordialschlauch in den meisten der Fortsätze hier und da in kleinen unregelmäszigen, gelblichen Flecken verdickt; und nach den Abstufungen, welche in diesen und andern Fällen verfolgt werden konnten, schienen diese Flecke die gröszeren freien Körnchen entstehen zu lassen, welche innerhalb einiger der Fortsätze enthalten waren. Andere Blasen, welche, so weit es beurtheilt werden konnte, niemals irgend eine Beute gefangen hatten, wurden angestochen und in der nämlichen Lösung 17 Stunden lang liegen gelassen; ihre viertheiligen Fortsätze enthielten nun sehr fein granulirte Substanz.

Eine Blase wurde in zwei Hälften geschnitten, untersucht und mit einer Lösung von einem Theile kohlensauren Ammoniaks auf 487 Theile Wasser betropft. Nach 8 Stunden 30 Minuten enthielten die viertheiligen Fortsätze ziemlich viele Körnchen und der Primordialschlauch war etwas geschrumpft; nach 23 Stunden enthielten die viertheiligen und zweigespaltenen Fortsätze viele Kugeln hyaliner Substanz; in einem Arm wurden vierundzwanzig derartige Kugeln von mäsziger Grösze gezählt. Zwei durchgeschnittene Blasen, welche vorher 21 Stunden lang in der Gummiauflösung (ein Theil auf 218 Theile Wasser) liegen gelassen worden waren, ohne afficirt worden zu sein, wurden mit der Lösung von kohlensaurem Ammoniak benetzt; und in beiden wurden die viertheiligen Fortsätze in nahezu derselben Art und Weise modificirt wie oben beschrieben wurde, und zwar in der einen nach nur 9 Stunden und in der andern nach 24 Stunden. Zwei Blasen, welche noch niemals irgend eine Beute gefangen zu haben schienen, wurden angestochen und in die Lösung gelegt; die viertheiligen Fortsätze der einen wurden nach 17 Stunden untersucht [374] und leicht opak gefunden; die viertheiligen Fortsätze der andern hatten bei ihrer Untersuchung nach 45 Stunden mehr oder weniger geschrumpfte Primordialschläuche mit verdickten gelblichen Flecken, denen ähnlich, welche in Folge der Einwirkung des salpetersauren Ammoniaks auftraten. Mehrere unverletzte Blasen wurden in derselben Lösung, eben so wie in einer schwächeren von einem Theile auf 1750 Theile Wasser, oder 1 Gran auf 4 Unzen, liegen gelassen; nach zwei Tagen waren die viertheiligen Fortsätze mehr oder weniger opak, ihr Inhalt fein granulirt; ob aber die Lösung durch die Mündung eingetreten ist oder von der äuszern Seite absorbirt worden war, weisz ich nicht.

Zwei durchschnittene Blasen wurden mit einer Lösung von einem Theil Harnstoff auf 218 Theile Wasser benetzt; als aber diese Lösung angewandt wurde, vergasz ich, dasz sie einige Tage lang in einem warmen Zimmer gehalten worden war und daher wahrscheinlich etwas Ammoniak erzeugt hatte; wie dem auch sein mag, nach 21 Stunden waren die viertheiligen Fortsätze so afficirt, als wenn eine Auflösung von kohlensaurem Ammoniak gebraucht worden wäre; denn der Primordialschlauch war in Flecken verdickt, welche in sich lösende Körnchen überzugehen schienen. Die durchschnittenen Blasen wurden auch mit einer frischen Lösung von Harnstoff benetzt; nach 21 Stunden waren die viertheiligen Fortsätze viel weniger afficirt als in dem ersteren Falle; nichtsdestoweniger war der Primordialschlauch in einigen der Arme ein wenig geschrumpft und in andern in zwei beinahe symmetrische Schläuche getheilt.

Drei durchschnittene Blasen wurden, nachdem sie untersucht worden waren, mit einem fauligen und sehr stark übel riechenden Aufgusse von rohem Fleische benetzt. Nach 23 Stunden waren in den viertheiligen und zweigespaltenen Fortsätzen aller drei Exemplare ungemein viel minutiöse, sphärische Massen vorhanden, und einige von den Primordialschläuchen waren etwas geschrumpft. Drei durchschnittene Blasen wurden auch mit einem frischen Aufgusz von rohem Fleisch benetzt; und zu meiner Überraschung erschienen in einer von ihnen nach 23 Stunden die viertheiligen Fortsätze fein granulirt, der Primordialschlauch etwas geschrumpft und mit verdickten gelblichen Flecken gezeichnet, so dasz die Flüssigkeit in derselben Art und Weise auf sie gewirkt hatte wie der faulende Aufgusz oder die Ammoniaksalze. In der zweiten Blase hatte die Flüssigkeit in ähnlicher Weise, wennschon in einem sehr unbedeutenden Grade, auf die viertheiligen Fortsätze eingewirkt, während die dritte Blase durchaus nicht afficirt war.

Nach diesen Experimenten ist es klar, dasz die viertheiligen und zweigespaltenen Fortsätze das Vermögen haben, kohlensaures und salpetersaures Ammoniak, und Substanz von irgend welcher Art aus einem faulenden Aufgusse von rohem Fleische zu absorbiren. Es wurden Ammoniaksalze zum Versuche gewählt, weil bekannt ist, dasz sie sich bei der Zersetzung thierischer Substanz in Gegenwart von Luft und Wasser auszerordentlich schnell erzeugen und sich daher auch innerhalb der, gefangene Beute enthaltenden Blasen bilden werden. [375] Der auf die Fortsätze durch Einwirkung dieser Salze und eines faulenden Aufgusses von rohem Fleisch hervorgebrachte Erfolg weicht von dem durch die Zersetzung der auf natürlichem Wege gefangenen Thiere hervorgebrachten nur darin ab, dasz die zusammengeballten Massen von Protoplasma im letztern Falle von bedeutenderer Grösze sind; es ist aber wahrscheinlich, dasz die feinen Körnchen und die kleinen hyalinen Kugeln, welche die Lösungen erzeugen, zu gröszeren Massen verschmelzen würden, wenn man ihnen genug Zeit liesze. Wir haben bei Drosera. gesehen, dasz die erste Wirkung einer schwachen Auflösung von kohlensaurem Ammoniak auf den Zelleninhalt die Erzeugung der feinsten Körnchen ist, welche sich später zu gröszeren, mehr oder weniger abgerundeten Massen zusammenballen, und dasz die Körnchen in der Protoplasmaschicht, welche rings um die Zellen wände herumflieszt, schlieszlich mit diesen Massen verschmelzen. Veränderungen dieser Art sind indessen bei Drosera viel rapider als bei Utricularia. Da die Blasen nicht das Vermögen besitzen, Eiweisz, Knorpel oder geröstetes Fleisch zu verdauen, so war ich überrascht, dasz, mindestens in einem Falle, aus einem frischem Aufgusse von rohem Fleisch Substanz absorbirt wurde. Auch war ich, nach dem, was wir sofort in Bezug auf die Drüsen rings um die Mündung sehen werden, überrascht, dasz eine frische Auflösung von Harnstoff nur eine mäszige Wirkung auf die viertheiligen Fortsätze ausübte.

Da die viertheiligen Fortsätze sich aus Papillen entwickelt haben, welche anfangs denen auf der Auszenseite der Blasen und auf der Oberfläche der Blätter sehr ähnlich sind, so will ich hier noch anführen, dasz die zwei halbkugligen Zellen, welche auf der Spitze dieser letztern Papillen stehen und welche in ihrem natürlichen Zustande vollkommen durchsichtig sind, gleichfalls kohlensaures und salpetersaures Ammoniak absorbiren; denn nach einem 23 Stunden langen Eintauchen in Auflösungen von einem Theile dieser beiden Salze auf 437 Theile Wasser waren die Primordialschläuche ein wenig geschrumpft und von einer blasz-braunen Färbung, auch zuweilen fein granulirt. Dasselbe Resultat erfolgte, als ein ganzer Zweig nahezu drei Tage lang in eine Auflösung von einem Theile des kohlensauren Salzes auf 1750 Theile Wasser gelegt worden war. Auch wurden die Chlorophyllkörner in den Zellen der Blätter an diesem Zweige an vielen Stellen zu kleinen grünen Massen zusammengeballt, welche häufig durch die feinsten Fäden mit einander verbunden wurden. [376] Über die Absorption gewisser Flüssigkeiten durch die Drüsen an der Klappe und dem Kragen. – Die Drüsen rund um die Mündungen der Blasen, welche noch jung sind oder welche lange in mäszig reinem Wasser gehalten worden sind, sind farblos; und der Primordialschlauch in ihren Zellen ist nur unbedeutend oder kaum irgend wie körnig. Aber in der Mehrzahl der Pflanzen im Naturzustande – und hier müssen wir uns daran erinnern, dasz sie meistens in sehr fauligem Wasser wachsen – und in Pflanzen, welche in einem Aquarium mit faulem Wasser gehalten werden, sind die meisten Drüsen von einer blasz-bräunlichen Färbung; der Primordialschlauch ihrer Zellen war mehr oder weniger geschrumpft, zuweilen gerissen und der ganze Zelleninhalt häufig grob granulirt oder zu kleinen Massen zusammengeballt. Dasz dieser Zustand der Drüsen eine Folge davon ist, dasz sie Stoffe aus dem umgebenden Wasser absorbirt haben, daran kann ich nicht zweifeln, denn wie wir sofort sehen werden, tritt dasselbe Resultat ein, wenn sie wenige Stunden lang in verschiedene Lösung gelegt werden. Es ist auch nicht wahrschein­lich, dasz diese Aufsaugung nutzlos ist, wenn wir sehen, dasz sie bei Pflanzen, welche im Naturzustande wachsen, die Fälle ausgenommen, wo das Wasser merkwürdig rein ist, beinahe ganz allgemein ist.

Die Stiele der Drüsen, welche dicht an der schlitzförmigen Mündung sowohl auf der Klappe als auch auf dem Kragen stehen, sind kurz; während die Stiele der entfernter stehenden Drüsen sehr verlängert sind und nach innen vorspringen. Hiernach sind die Drüsen ganz gut dazu angeordnet, dasz sie von jeder, durch die Mündung aus der Blase tretenden Flüssigkeit umspült werden. Nach den Erfolgen eines Einlegens unverletzter Blasen in verschiedenartige Lösungen zu urtheilen, schlieszt die Klappe so dicht an, dasz es zweifelhaft ist, ob irgend welche faulige Flüssigkeit für gewöhnlich nach auszen tritt. Wir müssen uns aber daran erinnern, dasz eine Blase meistens mehrere Thiere fängt, und dasz jedes Mal, wenn ein frisches Thier in dieselbe eintritt, ein Stosz fauligen Wassers austreten und die Drüsen umspülen musz. Überdies habe ich wiederholt gefunden, dasz, wenn man Blasen, welche Luft enthalten, sanft drückt, äuszerst kleine Luftbläschen durch die Mündung nach auszen getrieben werden; und wenn eine Blase auf Löschpapier gelegt und leicht gedrückt wird, so quillt Wasser heraus. Sobald in diesem letzteren Falle mit dem Drucke nachgelassen wird, wird Luft eingezogen und die Blase erhält [377] ihre frühere Form wieder. Wenn sie nun unter Wasser gelegt und wieder leicht gedrückt wird, so kommen sehr kleine Luftbläschen zu der Öffnung und nirgends anders heraus, wodurch bewiesen wird, dasz die Wände der Blase nicht gesprengt sind. Ich erwähne dies deshalb, weil Cohn eine Angabe von Treviranus anführt, dasz Luft nicht aus einer Blase herausgepreszt werden könne, ohne sie zu zersprengen. Wir können daher schlieszen, dasz, wenn überhaupt Luft in einer bereits mit Wasser erfüllten Blase abgesondert wird, etwas Wasser langsam durch die Mündung ausgetrieben werden wird. Ich kann daher kaum daran zweifeln, dasz die rings um die Mündung dicht gedrängt stehenden Drüsen dazu angepaszt sind, Stoffe aus dem fauligen Wasser zu absorbiren, welches gelegentlich aus Blasen, die zerfallende Thiere enthalten, ausflieszen wird.

Um diese Schluszfolgerung zu prüfen, stellte ich Versuche mit verschiedenen Flüssigkeiten an den Drüsen an. Wie bei den viertheiligen Fortsätzen wurden auch hier Ammoniaksalze versucht, da sich diese bei dem endlichen Zerfall thierischer Substanz unter Wasser erzeugen. Unglücklicherweise können die Drüsen nicht sorgfältig untersucht werden, während sie noch an den Blasen in ihrem unverletzten Zustande angeheftet sind. Es wurden daher die Scheitel der Blasen, welche die Klappe, den Kragen und die Antennen enthielten, aufgeschlitzt und der Zustand der Drüsen beobachtet; sie wurden dann, während sie unter einem Deckgläschen lagen, mit den Lösungen benetzt und nach einiger Zeit mit der nämlichen Vergröszerung wie vorher, nämlich mit dem System Hartnack Nr. 8, wieder untersucht. In dieser Weise wurden die folgenden Experimente angestellt.

Zu einem Controlversuch wurden zuerst Auflösungen von einem Theile weiszen Zuckers und von einem Theile Gummi auf 218 Theile Wasser benutzt, um zu sehen, ob diese in den Drüsen irgendwelche Veränderungen hervorrufen. Es war auch nothwendig, darüber Beobachtungen anzustellen, ob die Drüsen durch das Abschneiden der Gipfel der Blasen afficirt waren. Es wurden in dieser Weise vier Blasenscheitel versucht; der eine wurde nach 2 Stunden 30 Minuten und die andern drei nach 23 Stunden untersucht; es war aber in den Drüsen nicht eines einzigen von ihnen eine ausgesprochene Veränderung eingetreten.

Zwei Blasenscheitel, welche völlig farblose Drüsen trugen, wurden mit einer Lösung kohlensauren Ammoniaks von derselben Stärke (nämlich ein Theil auf 218 Theile Wasser) benetzt, und in 5 Minuten war der Primordialschlauch der meisten Drüsenzellen etwas zusammengezogen; er war auch in Flecken oder Punkten verdickt und hatte eine blasz-bräunliche Färbung angenommen. Als die Drüsen nach 1 Stunde 80 Minuten wieder betrachtet wurden, boten die meisten von ihnen ein etwas verschiedenes Ansehen dar. Ein drittes Präparat wurde mit einer schwächeren Lösung, von einem Theile des kohlensauren Salzes auf 487 Theile [378] Wasser, behandelt, und nach 1 Stunde waren die Drüsen blasz braun und enthielten zahlreiche Körnchen.

Vier Scheitel wurden mit einer Lösung von einem Theile salpetersauren Ammoniaks auf 487 Theile Wasser benetzt. Der eine wurde nach 15 Minuten untersucht, wo die Drüsen etwas afficirt zu sein schienen; nach 1 Stunde 10 Minuten war die Veränderung bedeutender; der Primordialschlauch war in den meisten Zellen etwas geschrumpft und enthielt viele Körnchen. In dem zweiten Exemplar war nach 2 Stunden der Primordialschlauch in den Zellen beträchtlicher eingeschrumpft und bräunlich. Ähnliche Wirkungen wurden in den beiden übrigen Exemplaren beobachtet; doch wurden diese nicht vor Ablauf von 21 Stunden untersucht. Die Kerne vieler der Drüsenzellen hatten augenscheinlich an Grösze zugenommen. Fünf Blasen an einem Zweige, welcher lange Zeit in mäszig reinem Wasser gehalten worden war, wurden abgeschnitten und untersucht; ihre Drüsen waren sehr wenig modificirt. Der Rest dieses Zweiges wurde in die Lösung des salpetersauren Salzes gelegt, und nach 21 Stunden wurden zwei Blasen untersucht; alle ihre Drüsen waren bräunlich, der Primordialschlauch ihrer Zellen etwas geschrumpft und fein granulirt.

Der Scheitel einer andern Blase, deren Drüsen sich in einem wunderschönen klaren Zustande befanden, wurde mit einigen wenigen Tropfen einer gemischten Lösung von salpetersaurem und phosphorsaurem Ammoniak, jede von einem Theile auf 437 Theile Wasser, benetzt. Nach 2 Stunden waren einige wenige von den Drüsen bräunlich. Nach 8 Stunden waren beinahe sämmtliche oblonge Drüsen braun und viel opaker als sie vorher gewesen waren; ihr Primordialschlauch war etwas eingeschrumpft und enthielt ein wenig zusammengeballte granulöse Substanz. Die sphärischen Drüsen waren noch immer weisz, aber ihre Primordialschläuche waren in drei oder vier hyaline Kugeln aufgebrochen, mit einer unregelmäszig zusammengezogenen Masse in der Mitte des basalen Theils. Diese kleineren Kugeln änderten im Laufe einiger wenigen Stunden ihre Form, und einige von ihnen verschwanden. Am nächsten Morgen, nach 23 Stunden 30 Minuten, waren sie sämmtlich verschwunden und die Drüsen waren braun; der Primordialschlauch der Zellen bildete nun eine kuglige zusammengeschrumpfte Masse in der Mitte. Der Primordialschlauch in den Zellen der oblongen Drüsen war sehr wenig geschrumpft, der Inhalt war aber etwas zusammengeballt. Endlich wurde der Scheitel einer Blase, welche vorher 21 Stunden lang mit einer Lösung eines Theils Zucker auf 218 Theile Wasser ohne irgend welche Wirkung benetzt worden war, mit der erwähnten gemischten Lösung behandelt; und nach 8 Stunden 30 Minuten wurden alle Drüsen braun, ihr Primordialschlauch unbedeutend geschrumpft.

Vier Scheitel wurden mit einem fauligen Aufgusse von rohem Fleisch benetzt. Einige Stunden lang wurde in den Drüsen keine Veränderung bemerkbar; aber nach 24 Stunden waren die meisten derselben bräunlich geworden und opaker und körniger als sie vorher gewesen waren. In diesen Exemplaren, ebenso wie in den mit den Ammoniaksalzen befeuchteten, schienen die Kerne sowohl an Grösze als auch an Festigkeit zugenommen zu haben, sie wurden aber nicht gemessen. Fünf Scheitel wurden auch mit einem frischen Aufgusse von rohem Fleisch benetzt; von [379] diesen waren drei in 24 Stunden durchaus gar nicht afficirt; die Drüsen der beiden andern waren aber vielleicht etwas körniger geworden. Eines der Exemplare, welches nicht afficirt worden war, wurde dann mit der gemischten Lösung des salpetersauren und phosphorsauren Ammoniaks benetzt und nach nur 25 Minuten enthielten die Drüsen von vier oder fünf bis zu einem Dutzend Körnchen. Nach weiteren 6 Stunden war ihr Primordialschlauch bedeutend geschrumpft.

Der Scheitel einer Blase wurde untersucht und sämmtliche Drüsen farblos gefunden, auch war der Primordialschlauch ihrer Zellen durchaus nicht eingeschrumpft; doch enthielten viele von den oblongen Drüsen kleine, mit dem System Hartnack No. 8 gerade noch auflösbare Körnchen. Er wurde dann mit einigen wenigen Tropfen einer Lösung von einem Theil Harnstoff auf 218 Theile Wasser benetzt. Nach 2 Stunden 25 Minuten waren die sphärischen Drüsen noch immer farblos, während die länglichen und zweiarmigen von einer bräunlichen Färbung und ihre Primordialschläuche bedeutend geschrumpft waren, auch einige deutlich sichtbare Körnchen enthielten. Nach 9 Stunden waren einige der kugligen Drüsen bräunlich und die oblongen Drüsen waren noch mehr verändert, sie enthielten aber weniger einzelne Körnchen; andererseits erschienen ihre Kerne gröszer, als wenn sie Körnchen absorbirt hätten. Nach 23 Stunden waren sämmtliche Drüsen braun; der Primordialschlauch ihrer Zellen war bedeutend geschrumpft und in vielen Fällen durchbrochen.

Es wurde nun mit einer Blase ein Versuch gemacht, welche bereits etwas von dem umgebenden Wasser afficirt worden war; denn obschon die sphärischen Drüsen farblos waren, war doch der Primordialschlauch in ihren Zellen unbedeutend geschrumpft: auch waren die oblongen Drüsen bräunlich und deren Primordialschläuche bedeutend, aber unregelmäszig eingeschrumpft. Der Scheitel wurde mit der Harnstoffauflösung behandelt, wurde aber in 9 Stunden wenig von ihr afficirt; nichtsdestoweniger waren in 23 Stunden die sphärischen Drüsen braun, der Primordialschlauch ihrer Zellen mehr geschrumpft; mehrere von den andern Drüsen waren noch brauner und ihr Primordialschlauch in unregelmäszige kleine Massen zusammengezogen.

Zwei andere Scheitel, deren Drüsen farblos und deren Primordialschläuche nicht geschrumpft waren, wurden mit derselben Harnstofflösung behandelt. Nach 5 Stunden boten viele der Drüsen einen Stich in's Braune dar, auch war der Primordialschlauch unbedeutend geschrumpft. Nach 20 Stunden 40 Minuten waren einige wenige von ihnen ganz braun und enthielten unregelmäszig zusammengeballte Massen; andere waren noch immer farblos, trotzdem der Primordialschlauch geschrumpft war; aber die gröszere Anzahl war nicht bedeutend afficirt. Dies war ein gutes Beispiel dafür, wie ungleich die Drüsen an einer und der nämlichen Blase zuweilen afficirt werden; wie es auch häufig bei Pflanzen vorkommt, die in faulem Wasser wachsen. Zwei andere Scheitel wurden mit einer Auflösung behandelt, welche während mehrerer Tage in einem warmen Zimmer gehalten worden war; als sie nach 21 Stunden untersucht wurden, waren ihre Drüsen durchaus gar nicht afficirt.

Eine schwächere Auflösung von einem Theile Harnstoff auf 437 Theile Wasser wurde dann an den Scheiteln von sechs Blasen versucht, [380] welche sämmtlich sorgfältig untersucht wurden, ehe sie benutzt wurden. Der erste wurde nach 8 Stunden 30 Minuten untersucht: die Drüsen, mit Einschlusz der sphärischen, waren braun; bei vielen von den oblongen Drüsen war der Primordialschlauch der Zellen bedeutend geschrumpft und umschlosz Körnchen. Der zweite Scheitel war, ehe er mit der Lösung benetzt wurde, etwas von dem umgebenden Wasser afficirt worden, denn die sphärischen Drüsen waren in ihrer äuszeren Erscheinung nicht völlig gleichförmig; auch waren einige wenige der oblongen braun und ihr Primordialschlauch geschrumpft. Von den oblongen Drüsen waren diejenigen, welche vorher farblos gewesen waren, in 3 Stunden 12 Minuten nach der Benetzung braun, der Primordialschlauch schrumpfte zusammen. Die sphärischen Drüsen wurden nicht braun, aber ihr Zelleninhalt wurde dem Aussehn nach verändert und war nach 28 Stunden noch mehr verändert und granulirt. Die meisten der oblongen Drüsen waren jetzt dunkel braun, aber ihre Primordialschläuche waren nicht sehr eingeschrumpft. Die vier andern Präparate wurden nach 3 Stunden 20 Minuten, nach 4 Stunden und nach 9 Stunden untersucht; es wird genügen, kurz ihren Zustand zu schildern. Die sphärischen Drüsen waren nicht braun, einige von ihnen aber waren fein körnig. Viele von den andern Drüsen waren braun; und bei diesen, ebenso wie bei andern, welche noch immer farblos blieben, war der Primordialschlauch in den Zellen mehr oder weniger geschrumpft, bei einigen unter ihnen enthielt er kleine zusammengeballte Massen von Substanz.

Zusammenfassung der Beobachtungen über Absorption. – Nach den jetzt mitgetheilten Thatsachen kann darüber kein Zweifel sein, dasz die verschiedenartig geformten Drüsen auf der Klappe und rings um den Kragen die Fähigkeit haben, Stoffe aus schwachen Auflösungen von gewissen Ammoniaksalzen und von Harnstoff und aus einem fauligen Aufgusse von rohem Fleisch zu absorbiren. Professor Cohn glaubt, dasz sie eine schleimige Substanz absondern; ich war aber nicht im Stande, irgend eine Spur einer solchen Thätigkeit wahrzunehmen, ausgenommen, dasz nach Eintauchen in Alkohol zuweilen äuszerst feine Linien sich strahlenförmig auf ihren Oberflächen verbreitend gesehen werden konnten. Die Drüsen werden durch die Aufsaugung verschiedenartig afficirt; sie werden oft braun, zuweilen enthalten sie sehr feine Körnchen oder mäszig grosze Körner, oder unregelmäszig zusammengeballte kleine Massen; zuweilen scheinen die Kerne an Grösze zugenommen zu haben; der Primordialschlauch ihrer Zellen ist meistens mehr oder weniger geschrumpft und zuweilen durchbrochen. Genau die nämlichen Veränderungen sind an den Drüsen von Pflanzen zu beobachten, welche in faulem Wasser wachsen und gedeihn. Die sphärischen Drüsen werden meistens etwas [381] verschieden afficirt von den oblongen und zweiarmigen. Die erstern werden nicht so gewöhnlich braun und die Einwirkung auf dieselben ist langsamer. Wir können daher schlieszen, dasz sie in ihren natürlichen Functionen etwas von einander abweichen.

Es ist merkwürdig, wie ungleichmäszig die Drüsen an den Blasen an einem und demselben Zweige und selbst die Drüsen der nämlichen Art an einer und derselben Blase durch das faulende Wasser, in welchem die Pflanzen gewachsen sind, ebenso wie durch die Lösungen, welche zur Anwendung kommen, afficirt werden. Im erstgenannten Falle vermuthe ich, dasz dies Folge ist entweder von kleinen, Stoffe zu einigen Drüsen aber nicht zu andern hinzuführenden Strömungen, oder von unbekannten Verschiedenheiten in ihrer Constitution. Wenn die Drüsen an der nämlichen Blase verschiedentlich von einer Lösung afficirt werden, so können wir vermuthen, dasz einige von ihnen vorher schon eine geringe Menge von Substanz aus dem Wasser absorbirt hatten. Wie sich dies aber auch verhalten mag, wir haben auch gesehn, dasz die Drüsen an einem und demselben Blatte der Drosera sehr ungleich afficirt wurden, ganz besonders, wenn sie der Einwirkung gewisser Dämpfe ausgesetzt wurden.

Wenn Drüsen, welche bereits braun geworden waren und deren Primordialschlauch bereits eingeschrumpft war, mit einer der wirksamen Lösungen benetzt werden, so erfolgt gar keine oder nur eine unbedeutende und langsame Einwirkung. Ich habe niemals irgend eine Erscheinung gesehn, welche es wahrscheinlich machte, dasz Drüsen, welche durch die Absorption von Substanz irgend welcher Art stark afficirt waren, ihren ursprünglichen, farblosen und homogenen Zustand und das Absorptionsvermögen wieder zu erlangen im Stande wären.

Nach der Natur der zu den Versuchen dienenden Lösungen nehme ich an, dasz von den Drüsen Stickstoff absorbirt wird; aber weder ich selbst noch mein Sohn haben jemals gesehn, dasz der modificirte, bräunliche, mehr oder weniger eingeschrumpfte und zusammengeballte Inhalt der oblongen Drüsen jene spontanen Formveränderungen erlitten hätte, welche characteristisch für das Protoplasma sind. Andererseits trennte sich der Zelleninhalt der gröszeren sphärischen Drüsen häufig in kleine hyaline Kügelchen oder unregelmäszig geformte Massen, welche ihre Form sehr langsam veränderten und schlieszlich verschmolzen, um eine centrale zusammengeschrumpfte Masse zu bilden. Was auch immer die Natur des Zelleninhalts der verschiedenen Drüsenarten [382] sein mag, so ist es, nachdem faulendes Wasser oder eine der stickstoffhaltigen Lösungen eingewirkt haben, wahrscheinlich, dasz die in dieser Weise erzeugte Substanz für die Pflanze von Nutzen ist und schlieszlich nach andern Theilen weiter geschafft wird.

Die Drüsen absorbiren augenscheinlich schneller als die viertheiligen und zweigespaltenen Fortsätze: und nach der oben aufgestellten Ansicht, nämlich dasz sie Substanz aus dem gelegentlich aus den Blasen abflieszenden faulenden Wasser absorbiren, müssen sie auch schneller wirken als die Fortsätze; die letzteren bleiben ja in beständiger Berührung mit gefangenen und sich zersetzenden Thieren.

Die Schluszfolgerung endlich, zu welcher wir durch die vorstehend geschilderten Experimente und Beobachtungen geführt werden, ist die, dasz die Blasen nicht die Fähigkeit haben, animale Substanz zu verdauen, obschon augenscheinlich die viertheiligen Fortsätze von einem frischen Aufgusse von rohem Fleisch etwas afficirt werden. Es ist sicher, dasz die Fortsätze innerhalb der Blasen und die Drüsen auszerhalb derselben Substanz aus Ammoniaksalzen, aus einem faulenden Aufgusz von rohem Fleisch und aus Harnstoff absorbiren. Eine Auflösung von Harnstoff wirkt augenscheinlich stärker und ein Aufgusz von rohem Fleisch weniger stark auf die Drüsen ein als auf die Fortsätze. Die Thatsache mit dem Harnstoff ist besonders interessant, weil wir gesehen haben, dasz er auf Drosera keine Wirkung hervorbringt, deren Blätter dazu angepaszt sind, frische animale Substanz zu verdauen. Aber die bedeutungsvollste Thatsache von allen ist, dasz in der vorliegenden wie in den folgenden Arten die viertheiligen und zweigespaltenen Fortsätze von Blasen, welche zerfallene Thiere enthalten, kleine Massen von sich spontan bewegendem Protoplasma einschlieszen, während derartige Blasen in vollkommenen reinen Blasen niemals zu sehen sind.

Entwickelung der Blasen. – Mein Sohn und ich verwandten viel Zeit auf diesen Gegenstand, aber mit geringem Erfolge. Unsere Beobachtungen beziehen sich auf die vorliegende Art und auf Utricularia vulgaris, wurden aber hauptsächlich an der letzteren angestellt, da dort die Blasen zweimal so grosz sind wie an der Utricularia neglecta. In der ersten Zeit des Herbstes endigen die Stengel in groszen Knospen, welche abfallen und während des Winters ruhend auf dem Boden liegen. Die jungen, diese Knospen bildenden Blätter tragen Blasen auf verschiedenen Stufen früher Entwickelung. Wenn [383] die Blasen der Utricularia vulgaris ungefähr 1/100 Zoll (0,254 Mm.) im Durchmesser haben (oder 1/200 Zoll bei Utricularia neglecta), so haben sie einen kreisförmigen Umrisz, eine schmale, beinahe geschlossene, quere Mündung, welche in eine mit Wasser gefüllte Höhle führt; die Blasen sind aber schon hohl, wenn sie noch viel unter 1/100 Zoll Durchmesser haben. Die Mündungen sehen nach innen oder nach der Axe der Pflanze hin. Auf diesem früheren Stadium sind die Blasen in der Ebene, in welcher die Mündung liegt, und daher rechtwinklig auf die Stellung der reifen Blasen abgeplattet. Sie sind äuszerlich mit Papillen verschiedener Grösze bedeckt, von denen viele einen elliptischen Umrisz haben. Ein aus einfachen verlängerten Zellen gebildetes Gefäszbündel läuft den kurzen Stiel hinauf und theilt sich an der Basis der Blase. Ein Zweig desselben erstreckt sich die Mitte der dorsalen Fläche, das andere die Mitte der ventralen Fläche hinauf. Bei völlig ausgewachsenen Blasen theilt sich das ventrale Bündel dicht unterhalb des Kragens und die beiden Zweige laufen an jeder Seite bis nahe zu der Stelle, wo sich der Kragen mit den Winkeln der Klappen vereinigt; diese Zweige konnten aber an jungen Blasen nicht erkannt werden.

Die beistehende Figur (Fig. 23) stellt einen Durchschnitt dar, welcher zufällig genau durch die Mitte gieng, den Stiel hinauf und zwischen den sich entwickelnden Antennen einer Blase von Utricularia vulgaris von 1/100 Zoll im Durchmesser. Das Exemplar war weich

Fig. 23. (Utricularia vulgaris.)
Längsdurchschnitt durch eine junge Blase, 1/100 Zoll lang, mit weit offener Mündung.

und die junge Klappe löste sich vom Kragen in einem bedeutenderen Grade ab, als es natürlich ist, und wurde so dargestellt. Wir sehn hier deutlich, dasz die Klappe und der Kragen faltenartige Verlängerungen der Wandungen der Blase nach innen sind. Selbst in diesem frühen Alter konnten Drüsen an der Klappe entdeckt werden. Der Zustand der viertheiligen Fortsätze wird sofort beschrieben werden. Die Antennen bestehen auf dieser Entwickelungsperiode aus sehr kleinen zelligen Vorsprüngen (in der obigen Figur nicht mit gezeichnet, da sie nicht in der mittleren Ebene liegen), welche bald Ansätze von Borsten tragen.

In fünf Fällen waren die jungen Antennen nicht von vollständig gleicher Länge; und diese Thatsache ist verständlich, wenn ich in der Annahme [384] Recht habe, dasz sie zwei Abtheilungen des Blattes entsprechen, welche vom Ende der Blase ausgehn; denn bei echten Blättern sind, so lange sie sehr jung sind, nach dem, was ich gesehen habe, die Fiedertheile niemals genau einander gegenüber gestellt. Sie müssen sich daher eine nach der andern entwickeln, und das wird auch mit den bei den Antennen der Fall sein.

Auf einem viel früheren Stadium, wenn die halb entwickelten Blasen nur 1/300 Zoll (0,0846 Mm.) Durchmesser haben oder wenig mehr, bieten sie ein gänzlich verschiedenes Ansehn dar. Eine solche ist auf der linken Seite der beistehenden Figur dargestellt (Fig. 24).

Fig. 24. (Utricularia vulgaris.) Junges Blatt aus einer Winterknospe, welches auf der linken Seite eine Blase in ihrem frühesten Entwicklungsstadium zeigt.

Die jungen Blätter haben in diesem Alter breite abgeplattete Segmente, an welchen die späteren Theilungen durch Vorragungen angedeutet sind, wie auf der rechten Seite der Figur eine solche gezeichnet ist. In einer groszen Anzahl von Präparaten, welche mein Sohn untersucht hat, erschienen die jungen Blasen so, als würden sie durch das schräge Überschlagen der Spitze und des mit einer Vorragung versehenen einen Randes gegen den gegenüberstehenden Rand gebildet. Die kreisförmige Höhlung zwischen der eingefalteten Spitze und der eingefalteten Vorragung zieht sich augenscheinlich zu der engen Mündung zusammen, worin die Klappe und der Kragen entwickelt wird, während die Blase selbst durch den Zusammenflusz der einander gegenüberliegenden Ränder des übrigen Blattes gebildet wird. Gegen diese Ansicht lassen sich aber schwere Einwendungen erheben; denn wir müssen in diesem Falle vermuthen, dasz die Klappe und der Kragen unsymmetrisch von den Seiten der Spitze und Vorragung aus entwickelt [385] werden. Überdies haben sich Bündel von Gefäszgewebe in Zügen zu bilden, welche zu der ursprünglichen Form des Blattes in gar keiner Beziehung stehn. So lange noch nicht die Existenz von Übergangsformen zwischen diesem frühesten Stadium und einer jungen, aber doch vollkommen entwickelten Blase nachgewiesen werden kann, musz die Sache zweifelhaft bleiben.

Da die viertheiligen und zweispaltigen Fortsätze eine der gröszten Eigenthümlichkeiten dieser Gattung darbieten, beobachtete ich deren Entwickelung bei Utricularia neglecta. Bei Blasen von ungefähr 1/100 Zoll Durchmesser ist die innere Oberfläche dicht mit Papillen bedeckt, welche sich von kleinen, an der Verbindungsstelle gröszerer stehenden Zellen aus erheben. Diese Papillen bestehn aus einem zarten conischen Vorsprung, welcher sich in einen sehr kurzen Stiel verschmälert und an seiner Spitze zwei äuszerst kleine Zellen trägt. Sie nehmen danach dieselbe relative Stellung ein, wie die Papillen an der Auszen­seite der Blasen und auf den Flächen der Blätter, sind diesen auch sehr ähnlich, ausgenommen dasz sie kleiner und eher etwas vorspringender sind. Die zwei endständigen Zellen der Papillen verlängern sich zuerst in einer der inneren Oberfläche der Blase parallelen Richtung. Dann wird eine jede durch eine Längsscheidewand getheilt. Bald trennen die sich hierdurch bildenden halben Zellen von einander; wir haben nun vier Zellen vor uns oder einen beginnenden viertheiligen Fortsatz. Da für die zwei neuen Zellen kein Platz vorhanden ist, in ihrer ursprünglichen Ebene an Breite zuzunehmen, gleitet die eine theilweise unter die andere. Ihre Art zu wachsen verändert sich nun, und anstatt ihrer Spitzen fahren nun ihre äuszeren Seiten zu wachsen fort. Die zwei untern Zellen, welche theilweise unter die beiden oberen geglitten sind, bilden das längere und aufrechter stehende Fortsatzpaar, während die beiden oberen Zellen das kürzere und horizontalere Paar bilden, so dasz nun alle vier zusammen einen vollkommenen viertheiligen Fortsatz bilden. Eine Spur der anfänglichen Theilung zwischen den beiden Zellen auf dem Scheitel der Papillen kann man noch zwischen den Basen der längeren Fortsätze sehn. Die Entwickelung der viertheiligen Fortsätze wird sehr leicht unterbrochen. Ich habe eine 1/50 Zoll lange Blase gesehn, welche nur ursprüngliche Papillen umschlosz, und eine andere Blase, ungefähr von der halben vollen Grösze, in welcher die viertheiligen Fortsätze sich noch auf einem frühen Entwickelungsstadium befanden. [386] Soweit ich es ermitteln konnte, entwickeln sich die zweispaltigen Fortsätze in der nämlichen Weise wie die viertheiligen, ausgenommen dasz die zwei endständigen Zellen sich niemals theilen und nur an Länge zunehmen. Die Drüsen auf der Klappe und dem Kragen erscheinen in einem so frühen Alter der Blase, dasz ich ihre Entwickelung nicht verfolgen konnte; wir können aber vernünftigerweise vermuthen, dasz sie sich aus Papillen entwickeln ähnlich denen auf der Auszenseite der Blase, aber ohne dasz sich ihre terminalen Zellen in zwei theilen. Die beiden, die Stiele der Drüsen bildenden Segmente entsprechen wahrscheinlich der conischen Protuberanz und dem kurzen Stiel der viertheiligen und zweitheiligen Fortsätze. Ich werde in dieser Annahme, dasz sich die Drüsen aus Papillen entwickeln, welche denen an der Auszenseite der Blase gleich sind, durch die Thatsache bestärkt, dasz sich bei Utricularia amethystina die Drüsen der ganzen ventralen Oberfläche der Blase entlang bis dicht an den Stiel hin erstrecken.

Utricularia vulgaris.

Ich erhielt durch Dr. Hooker lebende Pflanzen aus Yorkshire. Diese Art weicht von der vorhergehenden darin ab, dasz die Stengel und Blätter dicker und gröber sind; ihre Fiedertheilungen bilden einen spitzeren Winkel gegen einander; die Einschnitte an den Blättern tragen drei oder vier kurze Borsten anstatt einer, und die Blasen sind zweimal so grosz, oder ungefähr 1/5 Zoll (5,08 Mm.) im Durchmesser. In allen wesentlichen Beziehungen sind die Blasen denjenigen der Utricularia neglecta ähnlich, aber die Seiten des Peristoms sind vielleicht ein wenig mehr vorspringend und tragen immer, so weit ich es gesehen habe, sieben oder acht lange vielzellige Borsten. An jeder Antenne finden sich elf lange Borsten, mit Einschlusz des terminalen Paares. Fünf, Beute irgend welcher Art enthaltende Blasen wurden untersucht; die erste enthielt fünf Cypris, einen groszen Copepoden und einen Diaptomus, die zweite eine Cypris, die dritte ein einziges ziemlich groszes Krustenthier, die vierte sechs und die fünfte zehn Crustaceen. Mein Sohn untersuchte die viertheiligen Fortsätze in einer Blase, welche die Überreste von zwei Krustenthieren enthielt und fand einige derselben voll von sphärischen und unregelmäszig geformten Massen von Substanz, welche in Bewegung und Verschmelzung beobachtet wurden. Es bestanden daher diese Massen aus Protoplasma.

Utricularia minor.

Diese seltene Art wurde mir durch die Freundlichkeit des Mr. John Price im lebenden Zustande aus Cheshire geschickt. Die Blätter und Blasen sind viel kleiner als die der Utricularia neglecta. Die Blätter tragen weniger und kürzere Borsten und die Blasen sind kugliger. Die Antennen sind, anstatt vorn vor den Blasen vorzuspringen, unter die Klappe gebogen und mit zwölf oder vierzehn äuszerst langen vielzelligen, meistens paarweise angeordneten Borsten bewaffnet. Dieselben bilden mit

[387] sieben oder acht langen Borsten an beiden Seiten des Peristoms eine Art von Netz über der Klappe, welches allen Thieren, ausgenommen sehr kleinen, den Eintritt in die Blase verwehren dürfte. Die Klappe und der Kragen haben dieselbe wesentliche Structur wie in den beiden vorigen Species; aber die Drüsen sind nicht ganz so zahlreich: die oblongen sind eher etwas mehr verlängert, während die zweiarmigen eher etwas kürzer sind. Die vier Borsten, welche schräg vom untern Rande der Klappe vorspringen, sind kurz. Ihre Kürze, verglichen mit denen an den Klappen der vorausgehenden Species, ist verständlich, wenn meine Ansicht richtig ist, dasz sie dazu dienen, zu grosze Thiere daran zu hindern, sich einen Eingang durch die Klappe zu erzwingen und sie dabei zu verletzen; denn die Klappe wird bereits in einem gewissen Grade durch die eingebogenen Antennen,

Fig. 25. (Utrricularia minor). Viertheiliger Fortsatz, stark vergröszert.

in Verbindung mit den seitlichen Borsten beschützt. Die zweispaltigen Fortsätze sind denen in den vorausgehenden Species gleich; aber die viertheiligen sind dadurch von jenen verschieden, dasz die vier Arme (Fig.25) nach der nämlichen Seite hingerichtet sind; die zwei längeren stehn in der Mitte und die beiden kürzeren an der äuszeren Seite.

Die Pflanzen wurden in der Mitte des Juli gesammelt; es wurde der Inhalt von Blasen untersucht, weiche wegen ihrer opaken Beschaffenheit voll von Beute zu sein schienen. Die erste enthielt nicht weniger als vierundzwanzig kleine Süszwasser-Crustaceen, von denen die meisten aus leeren Schaalen bestanden, oder nur einige wenige Tropfen rother öliger Substanz einschlossen; die zweite enthielt zwanzig, die dritte fünfzehn, die vierte zehn, unter denen einige gröszer als gewöhnlich waren; und die fünfte, welche ganz voll gestopft zu sein schien, enthielt nur sieben, aber von diesen waren fünf von ungewöhnlich bedeutender Grösze. Nach diesen fünf Blasen zu urtheilen besteht daher die Beute ausschlieszlich aus Süszwasser-Crustaceen, von denen die meisten von den in den Blasen der zwei früheren Arten gefundenen verschiedene Species zu sein scheinen. In einer Blasen enthielten die viertheiligen Fortsätze, welche mit einer zerfallenden Masse in Berührung standen, zahlreiche Kugeln granulirter Substanz, welche langsam ihre Form und Stellung änderten.

Utricularia clandestina.

Diese nordamericanische Species, welche gleich den drei vorhergehenden im Wasser lebt, ist von Mrs. Treat in New Jersey beschrieben worden, deren ausgezeichnete Beobachtungen bereits vielfach angeführt wurden. Ich habe bis jetzt noch keine ausführliche Beschreibung der Blase durch Mrs. Treat gesehen, es scheint aber, als sei sie mit viertheiligen Fortsätzen ausgekleidet. Eine ungeheure Anzahl gefangener Thiere wurde innerhalb der Blasen gefunden, einige davon waren Crustaceen, aber die grosze Mehrzahl waren zarte, gestreckte Larven, ich vermuthe von Culiciden. An einigen Stengeln »enthielten reichlich neun unter je zehn Blasen derartige Larven oder ihre Überreste.« Die Larven »boten noch Lebenszeichen dar in einer Zeit von vierundzwanzig bis sechsunddreiszig Stunden, nachdem sie gefangen worden waren,« und giengen dann schnell zu Grunde.

[388]

Achtzehntes Capitel.
Utricularia (Fortsetzung).

Utricularia montana. – Beschreibung der Blasen an den unterirdischen Wurzelstöcken. – Beute, welche die Blasen bei Pflanzen im Culturzustande und im Naturzustande fangen. – Absorption durch die viertheiligen Fortsätze und durch die Drüsen. – Knollen, welche als Wasserbehälter dienen. – Verschiedene andere Arten von Utricularia. – Polypompholyx. – Genlisea: verschiedene Natur der Falle zum Fangen von Beute. – Verschiedenartige Methoden, durch welche sich Pflanzen ernähren.

Utricularia montana. – Diese Species bewohnt die tropischen Theile von Süd-America und soll epiphytisch leben; aber nach dem Zustande der Wurzeln einiger getrockneten Exemplare in dem Herbarium

Fig. 26. (Utricularia montana.) Wurzelstock in einen Knollen angeschwollen; die Zweige tragen sehr kleine Blasen; natürliche Grösze.

in Kew zu urtheilen, gedeiht sie gleichfalls in der Erde, wahrscheinlich in Felsenspalten. In englischen Gewächshäusern wird sie in Torfboden gezogen. Lady Dorothy Nevill war so freundlich, mir eine schöne Pflanze zu geben, und eine andere erhielt ich von Dr. Hooker. Die Blätter sind ganz, anstatt wie in den vorhergehenden, im Wasser lebenden Species sehr zertheilt zu sein. Sie sind verlängert, ungefähr 1 1/2- Zoll breit, und mit einem deutlichen Stiel versehn. Die Pflanze bringt zahlreiche farblose Rhizome hervor, so dünn wie Fäden, welche kleine Blasen tragen und gelegentlich zu Knollen anschwellen, wie später beschrieben werden wird. Diese Rhizome erscheinen genau wie Wurzeln, aber schicken gelegentlich grüne Schöszlinge ab.

Sie durchdringen das Erdreich gewöhnlich bis zur Tiefe von mehr als 2 Zoll; aber wenn die Pflanze als Epiphyt [389] wächst, müssen sie zwischen dem Moos, den Wurzeln, verwester Rinde etc., mit welchen die Bäume jener Länder dicht bedeckt sind, zwischen durchkriechen.

Da die Blasen an die Rhizome befestigt sind, so sind sie jedenfalls unterirdisch. Sie werden in auszerordentlicher Anzahl hervorgebracht. Eine meiner Pflanzen, obgleich jung, musz mehrere hundert getragen haben; denn ein einziger Zweig aus einem verwirrten Haufen hatte zweiunddreiszig, und ein anderer Zweig, ungefähr 2 Zoll lang, (aber sein Ende und ein Seitenzweig war abgebrochen), hatte dreiundsiebzig Blasen[40]. Die Blasen sind zusammengedrückt und abgerundet; ihre untere Fläche, oder die zwischen der Spitze des langen zarten Stieles und der Klappe, ist auszerordentlich kurz (Fig. 27).

Fig. 27. (Utricularia montana.) Blase, ungefähr 27 mal vergröszert.

Sie sind farblos und beinahe so durchsichtig wie Glas, so dasz sie kleiner erscheinen als sie wirklich sind; die gröszte war unter 1/20 Zoll (1,27 Mm.) in ihrem längeren Durchmesser. Sie werden von ziemlich groszen eckigen Zellen gebildet, an deren Verbindungen oblonge Papillen vor­springen, welche denen auf der Oberfläche der Blasen bei den vorhergehenden

[390] Species entsprechen. Gleiche Papillen sind in groszer Menge auf den Rhizomen und selbst auf den ganzen Blättern vorhanden, aber sie sind etwas breiter auf den letzteren. Gefäsze, die mit parallelen Balken, anstatt mit einer Spirallinie gezeichnet sind, laufen die Stiele hinauf und treten gerade in die Basen der Blasen; aber sie theilen sich nicht gabelförmig und erstrecken sich nicht die dorsalen und ventralen Flächen hinauf wie in den vorhergehenden Arten.

Die Antennen sind von mäsziger Länge und laufen in eine feine Spitze aus; sie sind von den vorher beschriebenen in so fern augenfällig verschieden, dasz sie nicht mit Borsten bewaffnet sind. Ihre Basen sind so plötzlich gebogen, dasz ihre Spitzen gewöhnlich eine auf jeder Seite der Mitte der Blase liegen, aber manchmal nahe dem Rand. Ihre gekrümmten Basen bilden so ein Dach über der Höhlung, in welcher die Klappe liegt; aber es ist immer auf jeder Seite ein kleiner runder Gang in die Höhlung frei gelassen, wie in der Zeichnung zu sehen ist, ebenso wie ein schmaler Gang zwischen den Basen der beiden Antennen. Da die Blasen unterirdisch sind, würde die Höhlung, in welcher die Klappe liegt, wenn nicht das Dach vorhanden wäre, leicht mit Erde und Abfällen verstopft werden; so dasz die Krümmungen der Antennen eine nützliche Einrichtung ist. Es sind keine Borsten auf der Auszenseite des Kragens oder Peristoms vorhanden, wie in den vorhergehenden Species.

Die Klappe ist klein und steil geneigt und stöszt mit ihrem freien hinteren Rand gegen einen halbkreisförmigen, tief niedersteigenden Kragen an. Sie ist mäszig durchsichtig und trägt zwei Paar kurze steife Borsten, in derselben Stellung wie in den andern Arten. Das Vorhandensein dieser vier Borsten, im Gegensatz zu der Abwesenheit jener an den Antennen und dem Kragen, zeigt an, dasz sie von functioneller Wichtigkeit sind, nämlich, wie ich glaube, um zu verhindern, dasz grosze Thiere sich einen Eintritt durch die Klappe erzwingen. Die vielen Drüsen verschiedener Formen, welche an die Klappe und ringsum den Kragen in den vorhergehenden Species geheftet sind, fehlen hier, mit Ausnahme von ungefähr einem Dutzend der zweiarmigen oder quer verlängerten Art, welche nahe dem Rand der Klappe sitzen und auf sehr kurze Stiele geheftet sind. Diese Drüsen sind nur 3/4000 Zoll (0,019 Mm.) lang; obgleich sie so klein sind, fungiren sie doch als aufsaugende Organe. Der Kragen ist dick, [391] steif und beinahe halbkreisförmig; er wird von demselben sonderbaren bräunlichen Gewebe gebildet, wie in den früheren Species.

Die Blasen sind mit Wasser gefüllt, und schlieszen manchmal Luft ein. Sie tragen innen ziemlich kurze, dicke, viertheilige Fortsätze in annähernd concentrischen Reihen angeordnet. Die zwei Paar Arme, aus denen sie gebildet werden, variiren nur wenig in der Länge, und stehen in einer eigenthümlichen Stellung (Fig. 28); die zwei längeren bilden eine Linie und die zwei kürzeren eine andere

Fig. 28. (Utricularia montana.) Einer der viertheiligen Fortsätze; stark vergröszert.

parallele Linie. Jeder Arm schlieszt eine kleine kuglige Masse von bräunlicher Substanz ein, welche, wenn sie zerdrückt wird, in eckige Stücke zerbricht. Ich habe keinen Zweifel daran, dasz diese Kugeln Kerne sind, denn sehr nahe ähnliche sind in den Zellen vorhanden, welche die Wände der Blasen bilden. Zweispaltige Fortsätze, welche ziemlich kurze ovale Arme haben, erheben sich in der gewöhnlichen Stellung von der inneren Seite des Kragens.

Diese Blasen gleichen daher in allen wesentlichen Theilen den gröszeren der vorhergehenden Species. Sie weichen von ihnen hauptsächlich in der Abwesenheit der zahlreichen Drüsen auf der Klappe und rings um den Kragen herum ab, indem nur einige wenige, kleine einer Art an der Klappe vorhanden sind. Noch augenfälliger sind sie durch die Abwesenheit der langen Borsten an den Antennen und an der Auszenseite des Kragens von jenen verschieden. Die Anwesenheit dieser Borsten in den früher erwähnten Arten hängt wahrscheinlich mit dem Fangen von Wasserthierchen zusammen.

Es schien mir eine interessante Frage zu sein, ob die kleinen Blasen der Utricularia montana wie in den vorhergehenden Arten dazu dienten, Thiere zu fangen, welche in der Erde oder in der dichten, die Bäume, auf denen diese Art epiphytisch wächst, bedeckenden Vegetation leben; denn in diesem Falle würden wir eine neue Unterrasse von fleischfressenden Pflanzen haben, nämlich solche, die sich unterirdisch ernähren. Es wurden daher viele Blasen untersucht, und zwar mit den folgenden Resultaten: [392] 1) Eine kleine Blase, weniger als 1/30 Zoll (0,847 Mm.) im Durchmesser, enthielt eine kleine Masse voll brauner sehr verwester Substanz; und in dieser wurde ein Tarsus mit vier oder fünf Gliedern, mit einer doppelten Klaue endend, deutlich unter dem Mikroskop unterschieden. Ich vermuthe, dasz es ein Überbleibsel von einem der Thysanuren war. Die viertheiligen Fortsätze, welche in Berührung mit diesen verwesten Überbleibseln waren, enthielten entweder kleine Massen durchscheinender gelblicher Substanz, gewöhnlich mehr oder weniger kuglig, oder feine Körner. In entfernten Theilen derselben Blase waren die Fortsätze durchsichtig und ganz leer, mit Ausnahme ihrer soliden Kerne. Mein Sohn machte nach kurzen Zwischenräumen Skizzen von den oben erwähnten zusammengeballten Massen, und fand, dasz sie unaufhörlich und vollständig ihre Form änderten, manchmal sich von einander trennend und wieder vereinigend. Augenscheinlich war Protoplasma durch die Aufsaugung von irgend einem Elemente aus der verwesenden thierischen Substanz erzeugt worden.

2) Eine andere Blase umschlosz einen noch kleineren Fleck von verwester brauner Substanz, und die anstoszenden viertheiligen Fortsätze enthielten zusammengeballte Substanz genau wie im letzten Fall.

3) Eine dritte Blase umschlosz einen gröszeren Organismus, welcher so sehr verwest war, dasz ich nur erkennen konnte, dasz er stachelig oder haarig war. Die viertheiligen Fortsätze waren in diesem Fall nicht sehr afficirt, ausgenommen, dasz die Kerne in den verschiedenen Armen in der Grösze sehr verschieden waren; einige derselben enthielten zwei Massen, welche ein ähnliches Ansehn hatten.

4) Eine vierte Blase enthielt die Überreste eines Gliederthieres, denn ich sah deutlich die Reste eines Glieds, welches in einer Klaue endigte. Die viertheiligen Fortsätze wurden nicht untersucht.

5) Eine fünfte umschlosz sehr verweste Substanz, augenscheinlich von einem Thier, aber ohne wieder erkennbare Züge. Die viertheiligen Fortsätze in Berührung mit ihr enthielten zahlreiche Kugeln von Protoplasma.

6) Einige wenige Blasen auf der Pflanze, welche ich von Kew erhielt, wurden untersucht; in einer war ein wurmförmiges Thier, sehr wenig verwest, zusammen mit dem deutlichen Rest eines ähnlichen stark verwesten, vorhanden. Mehrere Arme von den Fortsätzen, welche in Berührung mit diesen Resten standen, enthielten zwei solche kuglige Massen wie der einfache solide Kern, welcher eigentlich in jedem Arm gefunden wird. In einer andern Blase war ein kleines Körnchen Quarz, welches mich an zwei gleiche Fälle bei der Utricularia neglecta erinnerte.

Da es mir wahrscheinlich schien, dasz diese Pflanze in ihrem Geburtslande eine gröszere Anzahl Thiere fangen würde, als im Zustande der Cultur, erhielt ich Erlaubnis, kleine Theilchen der Rhizome von getrockneten Exemplaren in dem Herbarium in Kew zu entfernen. Zuerst merkte ich nicht, dasz es räthlich war, die Rhizome zwei oder drei Tage lang aufzuweichen und dasz es nöthig war, die Blasen zu öffnen und ihren Inhalt auf Glas auszubreiten; wegen des Zustandes von Verwesung, in dem dieser sich befand, und da er getrocknet und gepreszt war, konnte nämlich seine Natur anderweitig nicht erkannt werden. Mehrere Blasen [393] von einer Pflanze, welche in Neu-Granada in schwarzer Erde gewachsen war, wurden zuerst untersucht; und vier dieser umschloszen Thierreste. Die erste enthielt einen haarigen Acarus, so sehr verwest, dasz nichts übrig war als seine durchsichtige Haut; auch ein gelber chitinisirter Kopf von irgend einem Thier mit einer inneren Gabel, an welcher der Oesophagus aufgehangen war; ich konnte aber keine Mandibeln sehen; ferner die doppelte Kralle des Tarsus irgend eines Thiers; dann ein längliches, stark verwestes Thier; und endlich ein sonderbarer flaschenförmiger Organismus, dessen Wände von gerundeten Zellen gebildet wurden. Professor Claus hat diesen letzten Organismus angesehn und denkt, dasz es die Schale eines Rhizopoden, wahrscheinlich einer Arcellide ist. In dieser Blase sowohl wie in mehreren andern fanden sich einige einzellige Algen und eine vielzellige Alge, welche ohne Zweifel als Eindringlinge dort gelebt hatten.

Eine zweite Blase enthielt einen viel weniger als der frühere verwesten Acarus, dessen acht Beine erhalten waren; ebenso auch die Überreste von mehreren andern Gliederthieren. Eine dritte Blase enthielt das Ende des Abdomen mit den beiden hinteren Gliedmaszen eines Acarus, wie ich glaube. Eine vierte enthielt Reste von einem deutlich gegliederten borstigen Thier, und von mehreren anderen Organismen sowohl als viel dunkel braune organische Substanz, deren Natur nicht erkannt werden konnte.

Einige Blasen von einer Pflanze, welche als ein Epiphyt auf Trinidad in Westindien gelebt hatte, wurden zunächst untersucht, aber nicht so sorgfältig wie die andern; auch waren sie nicht lange genug aufgeweicht worden. Vier derselben enthielten viel braune durchscheinende körnige Substanz, augenscheinlich organisch, aber mit keinen unterscheidbaren Theilen. Die viertheiligen Fortsätze in zweien derselben waren bräunlich und ihr Inhalt körnig; und es war augenscheinlich, dasz sie Substanz aufgesaugt hatten. In einer fünften Blase war ein flaschenförmiger Organismus, wie der oben erwähnte, vorhanden. Eine sechste enthielt ein sehr langes, stark verwestes, wurmförmiges Thier. Endlich enthielt eine siebente Blase einen Organismus, aber von welcher Art, konnte nicht entschieden werden.

Nur ein Experiment wurde an den viertheiligen Processen und den Drüsen in Bezug auf ihr Aufsaugungsvermögen angestellt. Eine Blase wurde fein angestochen und 24 Stunden lang in einer Lösung von einem Theil Harnstoff auf 437 Theile Wasser gelassen; die viertheiligen und zweispaltigen Fortsätze wurden stark afficirt gefunden. In einigen Armen war nur eine einzige symmetrische kuglige Masse, gröszer als der gewöhnliche Kern, vorhanden, welche aus gelblicher Substanz bestand, meistentheils durchscheinend, aber zuweilen körnig; in andern waren zwei Massen von verschiedener Grösze, die eine grosz und die andere klein; und in noch anderen waren unregelmäszig geformte Körner, so dasz es schien, als ob der flüssige Inhalt [394] der Fortsätze, in Folge der Aufsaugung von Substanz aus der Lösung, um den Kern herum zusammengeballt worden wäre, zuweilen auch zu separaten Massen, und als ob diese dann sich wieder zu vereinigen strebten. Der Primordialschlauch oder das Protoplasma, welches die Fortsätze auskleidete, war auch hie und da zu unregelmäszigen und verschiedentlich geformten Flecken von gelblicher durchsichtiger Substanz verdickt, wie es bei Utricularia neglecta bei einer ähnlichen Behandlung vorkam. Diese Flecken veränderten augenscheinlich ihre Form nicht.

Die kleinen zweiarmigen Drüsen auf der Klappe wurden auch durch die Lösung afficirt; denn sie enthielten nun mehrere, manchmal bis zu sechs oder acht, beinahe kuglige Massen von durchsichtiger Substanz, mit einem Stiche in's Gelbe, welche ihre Formen und Stellungen langsam veränderten. Solche Massen wurden niemals in diesen Drüsen in ihrem gewöhnlichen Zustande beobachtet. Wir können daher folgern, dasz diese zum Aufsaugen dienen. Sobald nur immer etwas Wasser aus einer Blase, welche Thierreste enthält, ausgetrieben wird (durch die früher speciell angeführten Mittel, besonders durch die Erzeugung von Luftblasen), wird es die Höhlung, in welcher die Klappe liegt, füllen; und so werden die Drüsen fähig sein, verweste Substanz, welche andernfalls sonst nutzlos sein würde, zu verwerthen.

Da endlich zahllose kleine Thiere von dieser Pflanze in ihrem Heimathslande und wenn sie cultivirt wird, gefangen werden, so kann kein Zweifel darüber sein, dasz die Blasen, trotzdem sie so klein sind, sich durchaus nicht in einem rudimentären Zustande befinden; im Gegentheil stellen sie sehr wirksame Fallen dar. Ebensowenig kann ein Zweifel darüber sein, dasz Substanz aus der verwesten Beute durch die viertheiligen und zweispaltigen Fortsätze aufgesaugt wird, und dasz Protoplasma hierdurch gebildet wird. Was die Thiere so verschiedener Arten verführt, sich in die Höhlung unter den gebognen Antennen zu begeben, und dann ihren Weg durch das kleine schlitzartige Loch zwischen der Klappe und dem Kragen in die mit Wasser gefüllten Blasen zu erzwingen, darüber kann ich nicht einmal eine Vermuthung äuszern.

Knollen. – Diese Organe, deren eines in einer früheren Figur (Fig. 26) in natürlicher Grösze dargestellt ist, verdienen einige wenige Bemerkungen. Es wurden zwanzig auf den Rhizomen einer einzigen [395] Pflanze gefunden, aber sie können nicht genau gezählt werden; denn auszer den zwanzig waren alle möglichen Abstufungen von einer kurzen, eben bemerkbar geschwollnen Strecke eines Rhizoms und einer so stark geschwollnen Strecke vorhanden, dasz sie zweifelhafterweise schon ein Knollen genannt werden könnte. Wenn gut entwickelt, sind sie oval und symmetrisch, mehr als es in der Figur erscheint. Der gröszte, den ich sah, war 1 Zoll (25,4 Mm.) lang und 0,45 Zoll (11,48 Mm.) breit. Sie liegen gewöhnlich nahe der Oberfläche, aber einige sind bis zur Tiefe von 2 Zoll begraben. Die begrabnen sind schmutzig weisz, aber die dem Lichte theilweise ausgesetzten werden durch die Entwicklung von Chlorophyll in ihren oberflächlichen Zellen grünlich. Sie enden in einem Rhizom, aber dies verwelkt manchmal und fällt ab. Sie enthalten keine Luft und sinken im Wasser unter; ihre Oberflächen sind mit den gewöhnlichen Papillen bedeckt. Das Bündel Gefäsze, welches in jedem Rhizom hinaufläuft, theilt sich, sobald es in den Knollen eintritt, in drei verschiedene Bündel, welche sich am entgegengesetzten Ende wieder vereinigen. Ein ziemlich dicker Schnitt eines Knollen ist beinahe so durchsichtig wie Glas, und besteht aus groszen eckigen Zellen voll Wasser, welche weder Stärke noch irgend eine andere solide Substanz enthalten. Einige Schnitte wurden mehrere Tage in Alkohol liegen gelassen; aber nur einige wenige auszerordentlich kleine Körnchen Substanz schlugen sich an den Wänden der Zellen nieder; und diese waren viel kleiner und der Zahl nach weniger als diejenigen, welche sich an den Zellen wänden der Rhizome und Blasen niederschlugen. Wir können daher schlieszen, dasz die Knollen nicht als Nahrungsbehälter dienen, sondern als Wasserbehälter während der trocknen Jahreszeit, welcher die Pflanze wahrscheinlich ausgesetzt ist. Die vielen kleinen mit Wasser gefüllten Blasen würden demselben Zwecke dienen.

Um die Richtigkeit dieser Ansicht zu prüfen, wurde eine kleine Pflanze, welche in leichtem Torfboden in einem Topfe (nur 4 1/2 zu 4 1/2 Zoll äuszeres Masz) wuchs, häufig begossen, und dann ohne einen Tropfen Wasser im Gewächshause gelassen. Zwei der oberen Knollen wurden vorher unbedeckt und gemessen und dann wieder leicht zugedeckt. Nach der Zeit von vierzehn Tagen schien die Erde in dem Topf auszerordentlich trocken zu sein; aber nicht vor dem fünfunddreiszigsten Tage wurden die Blätter im geringsten afficirt; sie wurden dann leicht zurückgebogen, obgleich sie noch weich und grün [396] waren. Diese Pflanze, welche nur zehn Knollen trug, würde ohne Zweifel der Trockenheit noch eine viel längere Zeit widerstanden haben, wenn ich nicht vorher drei von den Knollen entfernt und mehrere lange Rhizome abgeschnitten hätte. Als am fünfunddreiszigsten Tage die Erde aus dem Topfe geschüttet wurde, war sie so trocken, wie der Staub auf der Landstrasze. Alle Knollen hatten sehr gerunzelte Oberflächen anstatt platt und straff zu sein. Sie waren alle eingeschrumpft, aber ich kann nicht genau angeben, um wie viel; denn da sie anfangs symmetrisch oval waren, masz ich nur ihre Länge und Dicke; sie zogen sich aber der Quere nach viel mehr in einer Richtung als in einer andern zusammen, so dasz sie bedeutend abgeplattet wurden. Einer der zwei Knollen, welche gemessen worden waren, hatte nun nur drei Viertel seiner ursprünglichen Länge, und zwei Drittel seiner ursprünglichen Dicke in der Richtung, in welcher er gemessen worden war; aber in einer andern Richtung nur ein Drittel seiner früheren Dicke. Der andere Knollen war ein Viertel kürzer und ein Achtel weniger dick in der Richtung, in welcher er gemessen worden war, und nur halb so dick in einer andern Richtung.

Ein Scheibchen wurde von einem dieser zusammengeschrumpften Knollen ausgeschnitten und untersucht. Die Zellen enthielten noch viel Wasser und keine Luft, aber sie waren abgerundeter und weniger eckig als vorher; auch waren ihre Wände nicht so gerade; es war daher klar, dasz sich die Zellen zusammengezogen hatten. Die Knollen haben, so lange sie lebendig bleiben, eine starke Anziehungskraft für Wasser; der zusammengeschrumpfte, von welchem eine Scheibe abgeschnitten worden war, wurde 22 Stunden 30 Minuten lang in Wasser gelassen, und seine Oberfläche wurde so glatt und so straff wie sie ursprünglich gewesen war. Auf der andern Seite schwoll ein geschrumpfter Knollen, welcher durch Zufall von seinem Rhizome getrennt worden war, und abgestorben schien, nicht im Geringsten an, obgleich er mehrere Tage in Wasser gelassen wurde.

Bei vielen Arten Pflanzen dienen ohne Zweifel die Knollen, Zwiebeln u. s. w. theilweise als Behälter für Wasser; aber ich weisz von keinem Fall, auszer dem vorliegenden, wo solche Organe allein zu diesem Zweck entwickelt worden wären. Prof. Oliver theilt mir mit, dasz zwei oder drei andere Arten von Utricularia mit diesen Anhängen versehen sind; und die Gruppe, welche diese umfaszt, hat in Folge davon den Namen orchidioides erhalten. Alle die andern Arten [397] von Utricularia sowohl als von gewissen nahe verwandten Gattungen sind entweder Wasser- oder Marsch-Pflanzen; es wird daher nach dem Grundsatze, dasz nahe verwandte Pflanzen gewöhnlich von gleicher Constitution sind, ein niemals versiegender Vorrath von Wasser wahrscheinlich von groszer Bedeutung für unsere vorliegende Art sein. Wir können hiernach die Bedeutung der Entwickelung ihrer Knollen und deren groszen Zahl auf einer und derselben Pflanze, die in einem Falle bis zu wenigstens zwanzig anstieg, verstehen.

Utricularia nelumbifolia, amethystina, Griffithli, caerulea, orbiculata, multicaulis.

Da ich zu ermitteln wünschte, ob die Blasen auf den Rhizomen andrer Arten von Utricularia und von Arten gewisser nahe verwandter Gattungen dieselbe wesentliche Structur, wie diejenigen der Utricularia montana hätten und ob sie Beute fiengen, bat ich Prof. Oliver, mir Stücke aus dem Herbarium in Kew zu schicken. Er suchte freundlichst einige von den verschiedensten Formen aus, welche ganze Blätter haben, und von denen man glaubt, dasz sie marschigen Boden oder Wasser bewohnen. Mein Sohn, Francis Darwin, untersuchte sie und hat mir folgende Beobachtungen mitgetheilt; aber man musz im Auge behalten, dasz es auszerordentlich schwer ist, die Structur solcher kleiner und zarter Gegenstände, nachdem sie getrocknet und gepreszt worden waren, zu erkennen[41].

Utricularia nelumbifolia (Orgel-Berge, Brasilien). – Der Wohnort dieser Art ist merkwürdig. Seinem Entdecker, Herrn Gardener[42], zufolge lebt sie im Wasser, aber "wird nur in dem Wasser wachsend gefunden, welches sich auf dem Grunde der Blätter einer groszen Tillandsia ansammelt, welche sehr reichlich auf luftigen felsigen Theilen der Berge in einer Höhe von ungefähr 5000 Fusz über dem Meeresspiegel vorkommt. Auszer der gewöhnlichen Methode durch Samen pflanzt sie sich auch durch Ausläufer fort, welche sie von der Basis des Blüthenstiels ausschickt; diesen Ausläufer findet man immer nach der nächsten Tillandsia hingerichtet, wo er seine Spitze [398] in das Wasser bringt, und so die Entstehung einer neuen Pflanze verursacht, welche dann ihrerseits andere Schöszlinge aussendet. Auf diese Weise habe ich nicht weniger denn sechs Pflanzen verbunden gesehen." Die Blasen gleichen denen der Utricularia montana in allen wesentlichen Beziehungen, selbst in der Anwesenheit einiger kleiner zweiarmigen Drüsen auf der Klappe. Innerhalb einer Blase war der Rest von dem Abdomen irgend einer Larve oder eines Krusters von bedeutender Grösze, welche an der Spitze eine Bürste von langen scharfen Borsten hatte. Andere Blasen umschlossen Reste von gegliederten Thieren, und viele derselben enthielten abgebrochene Stücke eines merkwürdigen Organismus, dessen Natur von Niemand, dem er gezeigt wurde, erkannt wurde.

Utricularia amethystina (Guiana). – Diese Art hat kleine ganze Blätter, und ist augenscheinlich eine Marsch-Pflanze; aber sie musz in Gegenden, wo Kruster existiren, wachsen, denn es fanden sich zwei kleine Arten solcher innerhalb einer der Blasen. Die Blasen sind beinahe von derselben Form wie die der Utricularia monana, und sind auszen mit den gewöhnlichen Papillen bedeckt; aber sie weichen in merkwürdiger Weise darin von jenen ab, dasz die Antennen auf zwei kurze Spitzen reducirt sind, welche durch eine in der Mitte ausgehöhlte Membran verbunden sind. Diese Membran ist von unzähligen, länglichen, auf langen Stielen stehenden Drüsen bedeckt, von denen die meisten in zwei nach der Klappe zu convergirenden Reihen angeordnet sind. Einige sitzen indessen an den Rändern der Membran; auch ist die kurze ventrale Oberfläche der Blase, zwischen dem Stiel und der Klappe, dicht mit Drüsen bedeckt. Die meisten der Köpfe waren abgefallen und nur die Stiele waren geblieben, so dasz die ventrale Oberfläche und die Mündung, unter schwacher Vergröszerung betrachtet, wie mit feinen Borsten bekleidet erschien. Die Klappe ist schmal und trägt ein Paar beinahe sessiler Drüsen. Der Kragen, gegen welchen der Rand schlieszt, ist gelblich und bietet die gewöhnliche Structur dar. Nach der gröszeren Anzahl Drüsen auf der ventralen Fläche und um die Mündung ist es wahrscheinlich, dasz diese Art in sehr faulem Wasser lebt, von welchem es ebenso wohl wie aus der gefangenen und verwesenden Beute Substanz aufsaugt.

Utricularia Griffithii (Malay und Borneo). – Die Drüsen sind durchsichtig und klein; eine, welche gemessen wurde, war nur 28/1000 Zoll (0,711 Mm.) im Durchmesser. Die Antennen sind von mäsziger [399] Länge, und springen gerade vor; sie sind eine kurze Strecke an ihren Basen durch eine Membran verbunden und tragen eine mäszige Anzahl von Borsten oder Haaren, nicht wie bisher einfache, sondern mit Drüsen versehene. Die Blasen sind auch darin merkbar von denen der vorhergehenden Arten verschieden, dasz innen keine viertheiligen, sondern nur zweispaltige Fortsätze vorhanden sind. In einer Blase war eine kleine wasserbewohnende Larve; in einer andern fanden sich die Reste von irgend einem gegliederten Thier, und in den meisten Sandkörner.

Utricularia caerulea (Indien). – Die Blasen sind denen der letzten Art ähnlich, sowohl in dem allgemeinen Character der Antennen, als auch dadurch, dasz die Fortsätze innen ausschlieszlich zweispaltig sind. Sie enthielten Reste von entomostraken Krustern.

Utricularia orbiculata (Indien). – Die kreisförmigen Blätter und die Stämme, welche die Blasen tragen, schwimmen augenscheinlich im Wasser. Die Blasen sind nicht sehr von denen der zwei letzten Arten verschieden. Die Antennen, welche eine kurze Strecke an ihren Basen verbunden sind, tragen an ihren äuszern Flächen und Gipfeln zahlreiche lange vielzellige Haare, welche Drüsen an ihrer Spitze tragen. Die Fortsätze in den Blasen sind viertheilig, und die vier divergirenden Arme sind von gleicher Länge. Die Beute, welche sie gefangen hatten, bestand aus entomostraken Krustern.

Utricularia multicaulis (Sikkim, Indien, 7000 bis 11,000 Fusz). – Die Blasen, welche an die Rhizome geheftet sind, sind wegen der Structur der Antennen merkwürdig. Diese sind breit, abgeplattet und von bedeutender Grösze; sie tragen an ihren Rändern vielzellige Haare mit Drüsen an ihren Spitzen. Ihre Basen sind zu einem einzigen ziemlich schmalen Stiel verbunden, und sie erscheinen dadurch wie eine grosze fingerförmige Ausbreitung an einem Ende der Blase. Innen haben die viertheiligen Fortsätze divergirende Arme von gleicher Länge. Die Blasen enthielten Reste von gegliederten Thieren.

Polypompholyx.

Diese Gattung, welche auf das westliche Australien beschränkt ist, ist dadurch characterisirt, dasz sie einen "viertheiligen Kelch" hat. In andrer Hinsicht ist sie, wie Prof. Oliver bemerkt[43], "ganz eine Utricularia." [400] Polypompholyx multifida. – Die Blasen sind in Wirteln rings um die Spitzen steifer Stiele angeordnet. Die zwei Antennen werden durch eine kleine membranöse Gabel dargestellt, deren basaler Theil eine Art Kappe über der Mündung bildet. Diese Kappe breitet sich in zwei Flügel auf jeder Seite der Blase aus. Ein dritter Flügel oder Kamm scheint durch die Ausbreitung der dorsalen Fläche des Stiels gebildet zu werden; aber die Structur dieser drei Flügel konnte in Folge der Beschaffenheit der Exemplare nicht klar ermittelt werden. Die innere Oberfläche der Kappe ist mit langen einfachen Haaren ausgekleidet, welche zusammengeballte Substanz enthalten, wie die in den viertheiligen Fortsätzen der früher beschriebenen Species, wenn sie in Berührung mit verwesten Thieren gekommen waren. Diese Haare schienen daher als aufsaugende Organe zu dienen. Eine Klappe wurde gesehen, aber ihre Structur konnte nicht ermittelt werden. Auf dem Kragen um die Klappe finden sich anstatt der Drüsen zahlreiche einzellige Papillen, welche sehr kurze Stiele haben. Die viertheiligen Fortsätze haben divergirende Arme von gleicher Länge. Reste von entomostraken Krustern wurden in den Blasen gefunden.

Polypompholyx tenella. – Die Blasen sind kleiner als jene der letzten Art, aber haben dieselbe allgemeine Structur. Sie waren voll zerfallner, augenscheinlich organischer Substanz, aber es konnten keine Reste von Gliederthieren darin unterschieden werden.

Genlisea.

Diese merkwürdige Gattung wird, wie ich von Prof. Oliver höre, technisch dadurch von Utricularia unterschieden, dasz sie einen fünftheiligen Kelch hat. Arten davon werden in mehreren Theilen der Welt gefunden, und gelten für "herbae annuae paludosae."

Genlisea ornata (Brasilien). – Diese Art ist von Dr. Warming beschrieben und abgebildet worden[44], welcher angibt, dasz sie zwei Arten Blätter trägt, die er spatelförmig und schlauchtragend nennt. Die letzteren umschlieszen Höhlungen; und da diese von den Blasen der vorhergehenden Arten sehr verschieden sind, so wird es zweckmäszig sein, von ihnen als "Schläuchen" zu sprechen. Die beistehende Abbildung (Fig. 29) eines der schlauchtragenden Blätter, ungefähr dreimal vergröszert, wird die folgende Beschreibung von meinem Sohn illustriren, welche in allen wesentlichen Punkten mit der von [401] Dr. Warming gegebenen übereinstimmt.

Der Schlauch (b) wird von einer unbedeutenden Erweiterung der schmalen Scheibe des Blattes gebildet. Ein hohler Hals (n), nicht weniger als fünfzehn Mal so lang wie der Schlauch selbst, bildet einen Gang von der schrägen schlitzartigen Mündung (o) in die Höhlung des Schlauchs. Ein Schlauch, welcher in seinem längeren Durchmesser 1/36 Zoll (0,705 Mm.) masz,

Fig. 29. (Genlisea ornata.)
Schlauchtragendes Blatt.
ungefähr dreimal vergröszert.
l Oberer Theil der Blattscheibe.
b Schlauch oder Blase.
n Hals des Schlauches.
o Mündung.
a Spiral gewundne Arme, ihre Enden abgebrochen.

hatte einen Hals, welcher 15/36 Zoll (10,583 Mm.) lang und 1/100 Zoll (0,254 Mm.) breit war. Auf jeder Seite der Mündung ist ein langer spiraler Arm oder eine Röhre (a), deren Bauart am Besten durch folgende Erklärung verstanden werden wird. Man nehme ein schmales Band und winde es spiral um einen dünnen Cylinder, so dasz seine Ränder der ganzen Länge entlang in Berührung kommen, dann drücke man die bei den Ränder etwas zusammen, so dasz sie eine kleine Leiste bilden, welche sich natürlich um den Cylinder windet, wie ein Faden um eine Schraube. Wenn der Cylinder nun entfernt wird, wird man eine Röhre haben, welche einem der spiralen Arme gleich ist. Die zwei vorspringenden Ränder sind nicht thatsächlich verbunden, und eine Nadel kann leicht zwischen ihnen durchgeschoben werden. Sie sind in der That an vielen Stellen ein wenig von einander getrennt, dadurch schmale Einlässe in die Röhre bildend; aber dies kann das Resultat des Trocknens der Exemplare sein. Die Platte, aus der die Röhre gebildet wird, scheint eine seitliche Verlängerung der Lippe der Mündung zu sein; und die spirale Linie zwischen den zwei vorspringenden Kanten steht mit dem Winkel der Mündung in continuirlichem Zusammenhange. Wenn eine feine Borste einen der Arme hinunter gestoszen wird, so geht sie in die Spitze des hohlen Halses ein. Ob die Arme an ihren Enden offen oder geschlossen sind, konnte nicht ermittelt werden, da alle Exemplare zerbrochen waren; es scheint auch, als hätte sich Dr. Warming nicht über diesen Punkt vergewissert.

So viel über den äuszeren Bau. Innerlich ist der untere Theil [402] des Schlauchs mit sphärischen, aus vier Zellen (manchmal acht, nach Dr. Warming) gebildeten Papillen bedeckt, welche augenscheinlich den viertheiligen Fortsätzen in den Blasen der Utricularia gleichkommen.

Diese Papillen verbreiten sich eine kleine Strecke die dorsale und ventrale Fläche des Schlauchs hinauf; und nach Dr. Warming können einige wenige in dem oberen Theil gefunden werden. Diese obere Region ist durch viele quere Reihen, eine über der andern, von kurzen, dicht an einander stehenden Haaren bedeckt, welche mit den

Fig. 30. (Genlisea ornata.)
Theil der Innenfläche des in den schlauch führenden Halses; stark vergröszert; zeigt die mit ihren Spitzen abwärts gerichteten Borsten und die kleinen viertheiligen Zellen oder Fortsätze.

Spitzen nach unten gerichtet sind. Diese Haare haben breite Basen und ihre Spitzen werden durch je eine besondere Zelle gebildet. Sie fehlen im unteren Theil des Schlauches, wo die Papillen äuszerst zahlreich vorhanden sind. Der Hals ist gleichfalls durch seine ganze Länge mit queren Reihen von langen, dünnen, durchsichtigen Haaren ausgekleidet, welche breite bulböse (Fig. 30) Basen und ähnlich gebaute scharfe Spitzen haben. Sie entspringen von kleinen vorspringenden Leisten, welche aus rechtwinkligen Epidermis-Zellen gebildet werden. Die Haare variiren ein wenig in Länge, aber ihre Spitzen reichen meistens hinunter bis zu der zunächst darunter befindlichen Reihe, so dasz, wenn der Hals aufgeschlitzt und flach auseinander gelegt wird, die innere Oberfläche einem Stecknadelbriefe gleicht: die Haare stellen die Nadeln, und die kleinen schrägen Leisten die Papierfalten, durch welche die Nadeln gestoszen sind, dar. Diese Reihen Haare sind in der vorhergehenden Figur (Fig. 29) durch zahlreiche quere, den Hals kreuzende Linien angedeutet. Das Innere des Halses ist auch mit Papillen besetzt; jene im unteren Theil sind sphärisch und werden von vier Zellen gebildet, wie im unteren Theil des Schlauchs; jene im oberen Theil werden von zwei Zellen gebildet, welche nach abwärts unterhalb ihres Befestigungspunktes sehr verlängert sind.

Diese zweizelligen Papillen entsprechen augenscheinlich den zweispaltigen Fortsätzen im [403] oberen Theil der Blasen der Utricularia. Die schmale quere Mündung (o, Fig. 29) liegt zwischen den Basen der zwei spiralen Arme. Keine Klappe konnte hier entdeckt werden; auch hat Dr. Warming keine irgend derartige Bildung hier gesehen. Die Lippen der Mündung sind mit vielen kurzen, dicken, scharf zugespitzten, etwas eingebognen Haaren oder Zähnen bewaffnet.

Die zwei vorspringenden Ränder der spiral gewundenen Platte, welche die Arme bilden, sind mit kurzen eingebognen Haaren oder Zähnen, genau gleich denen auf den Lippen, versehen. Diese springen nach innen im rechten Winkel zu der Spirallinie der Verbindung zwischen den beiden Rändern vor. Die innere Oberfläche der Platte trägt zweizellige verlängerte Papillen, welche denen im oberen Theil des Halses gleich sind, aber Dr. Warming zufolge darin leicht von ihnen verschieden sind, dasz ihre Stiele von Verlängerungen groszer Epidermis-Zellen gebildet werden, während die Papillen im Halse auf kleinen, zwischen die gröszeren eingelassenen Zellen ruhen. Diese spiralen Arme bilden einen auffallenden Unterschied zwischen der vorliegenden Gattung und Utricularia.

Endlich ist ein Bündel von Spiralgefäszen da, welches den unteren Theil des linearen Blattes hinauf laufend sich dicht unter dem Schlauche theilt. Ein Zweig erstreckt sich die dorsale und der andere die ventrale Seite sowohl des Schlauches als des Halses hinauf. Von diesen zwei Zweigen tritt einer in den einen spiralen Arm, der andere Zweig in den andern Arm.

Die Schläuche enthielten viel Abfall oder schmutzige Substanz, welche organisch zu sein schien, obgleich keine bestimmten Organismen erkannt werden konnten. Es ist in der That kaum möglich, dasz irgend ein anderer Gegenstand in die kleinen Mündungen eintreten und den langen schmalen Hals hinunter gehen könnte, auszer einem lebenden Wesen. In den Hälsen jedoch von einigen Exemplaren wurde ein Wurm mit zurückgezognen hörnigen Kinnladen, das Abdomen irgend eines Gliederthieres, und Flecke von Schmutz, wahrscheinlich die Reste von andern kleinen Geschöpfen, gefunden. Viele der Papillen sowohl in den Schläuchen als in den Hälsen waren misfarbig, als ob sie Substanz aufgesaugt hätten.

Aus dieser Beschreibung geht zur Genüge hervor, wie Genlisea sich ihrer Beute versichert. Kleine Thiere, welche in die schmale Mündung eintreten – (aber was sie bewegt, da hinein zu gehen, ist [404] ebenso wenig bekannt, wie im Fall der Utricularia) – werden ihren Wiederaustritt durch die scharfen eingebogenen Haare auf den Lippen erschwert finden, und sobald sie ein kleines Stück den Hals hinuntergegangen sind, wird es für sie kaum möglich sein umzukehren in Folge der vielen queren Reihen von langen geraden, mit den Spitzen nach unten gerichteten Haaren, zusammen mit den Leisten, von welchen diese vorspringen. Solche Geschöpfe werden daher entweder in dem Hals oder im Schlauche umkommen; und die viertheiligen und zweispaltigen Fortsätze werden aus ihren zerfallenen Resten Substanz aufsaugen. Die queren Reihen Haare sind so zahlreich, dasz sie blosz um das Entkommen der Beute zu verhindern, überflüssig scheinen, und da sie dünn und zart sind, so fungiren sie wahrscheinlich als weitere aufsaugende Organe, in derselben Weise, wie die biegsamen Borsten auf den eingebogenen Rändern der Blätter von Aldrovanda. Die Spiralarme fungiren ohne Zweifel als accessorische Fallen. Bis nicht frische Blätter untersucht worden sind, kann man nicht sagen, ob die Verbindungslinie der spiral gewundenen Platte ihrem ganzen Verlaufe entlang oder nur stellenweise etwas offen ist, aber ein kleines Geschöpf, welches seinen Weg an irgend einem Punkt in die Röhre erzwang, würde durch die eingebogenen Haare am Entkommen verhindert werden, und würde einen offenen Pfad nur die Röhre hinunter in den Hals und dadurch in den Schlauch finden. Wenn das Geschöpf in den Spiralarmen umkäme, würden seine verwesenden Reste von den zweispaltigen Papillen aufgesaugt und verwerthet werden. Wir sehen hieraus, dasz Thiere von Genlisea gefangen werden, nicht mittelst einer elastischen Klappe wie in den vorgehenden Arten, sondern durch eine, einer Aal-Falle ähnliche, wenngleich complicirtere Einrichtung.

Genlisea africana (Süd-Africa.) – Reste der schlauchtragenden Blätter dieser Art boten dieselbe Bauart dar, wie die der Genlisea ornata. Ein beinahe vollkommener Acarus wurde in dem Schlauch oder Hals eines Blattes gefunden, aber in welchem von den beiden Theilen wurde nicht berichtet.

Genlisea aurea (Brasilien). – Ein Rest des Halses eines Schlauches war mit queren Reihen von Haaren ausgekleidet und mit verlängerten Papillen versehn, genau so wie die im Hals der Genlisea ornata. Es ist demzufolge wahrscheinlich, dasz der ganze Schlauch ähnlich gebaut ist.

Genlisea filiformis (Babia, Brasilien). – Viele Blätter wurden [405] untersucht, und keine wurden mit Schläuchen versehen gefunden, während solche Blätter in den drei vorhergehenden Arten ohne Schwierigkeit gefunden worden waren. Auf der andern Seite tragen die Rhizome Blasen, welche dem wesentlichen Character nach denen an den Rhizomen der Utricularia ähnlich sind. Diese Blasen sind durchsichtig und sehr klein, nämlich nur 1/100 Zoll (0,254 Mm.) lang. Die Antennen sind an ihren Basen nicht verbunden und tragen augenscheinlich einige lange Haare. Auf der Auszenseite der Blasen sind nur einige wenige Papillen und innerlich sehr wenig viertheilige Fortsätze vorhanden. Diese letzteren jedoch sind von ungewöhnlich bedeutender Grösze im Verhältnis zu der Blase; ihre vier divergirenden Arme sind von gleicher Länge. In diesen kleinen Blasen war keine Beute zu sehen. Da die Rhizome dieser Art mit Blasen versehen waren, wurden die der Genlisea africana, ornata und aurea sorgfältig untersucht, aber es waren keine zu finden. Was sollen wir aus diesen Thatsachen schlieszen? Besaszen die drei eben genannten Arten, wie ihre nahen Verwandten, die verschiedenen Arten der Utricularia, ursprünglich Blasen an ihren Rhizomen, welche sie später verloren, wogegen sie an ihrer Stelle schlauchtragende Blätter erhielten? Um diese Ansicht zu unterstützen, könnte hervorgehoben werden, dasz die Blasen der Genlisea filiformis wegen ihrer geringen Grösze und wegen der geringen Zahl ihrer viertheiligen Fortsätze, auf dem Wege zu verkümmern begriffen zu sein scheinen; aber warum hat diese Art nicht schlauchtragende Blätter erhalten, wie ihre Gattungsgenossen?

Schlusz. – Es ist nun gezeigt worden. dasz viele Arten von Utricularia und zweier nahe verwandter Gattungen, welche die von einander entferntesten Theile der Welt – Europa, Africa, Indien, den malayischen Archipel, Australien, Nord- und Süd-America – bewohnen, wunderbar schön dazu angepaszt sind, auf zwei Methoden kleine wasser- oder landlebende Thiere zu fangen, und dasz sie die Produkte von deren Zerfall aufsaugen.

Gewöhnliche Pflanzen der höheren Classen verschaffen sich die nöthigen unorganischen Elemente aus dem Boden mittelst ihrer Wur­zeln und absorbiren Kohlensäure aus der Luft mittelst ihrer Blätter und Stengel. Wir haben aber in einem früheren Theile dieses Werkes gesehen, dasz es eine Classe von Pflanzen gibt, welche thierische [406] Substanz verdauen und nachher aufsaugen, nämlich alle Droseraceae, Pinguicula und, wie Dr. Hooker entdeckt hat, Nepentes; und dieser Classe werden beinahe sicher bald noch andere Arten hinzugefügt werden. Diese Pflanzen können Substanz aus gewissen vegetabilischen Stoffen, wie Pollen, Samen und Stückchen von Blättern auflösen. Ohne Zweifel saugen ihre Drüsen gleichfalls die ihnen vom Regen zugeführten Ammoniaksalze auf. Es ist auch gezeigt worden, dasz einige andere Pflanzen Ammoniak durch ihre drüsenartigen Haare aufsaugen können; und diese werden auch aus dem ihnen vom Regen angeführten Nutzen ziehen. Es ist auch noch eine zweite Classe von Pflanzen da, welche, wie wir so eben gesehen haben, nicht verdauen können, aber die Produkte des Zerfalls von Thieren, welche sie fangen, aufsaugen, nämlich Utricularia und ihre nahen Verwandten; und nach den ausgezeichneten Beobachtungen von Dr. Melichamp und Dr. Canby kann kaum ein Zweifel darüber bestehen, dasz Sarracenia und Darlingtonia dieser Classe zugefügt werden können, obgleich die Thatsache bis jetzt noch kaum als vollständig bewiesen angesehen werden kann. Es gibt eine dritte Classe Pflanzen, welche, wie nun allgemein zugegeben wird, von Produkten des Zerfalls vegetabilischer Substanz leben, wie z. B. eine Orchidee (Neottia) u. s. w. Endlich findet sich noch die bekannte vierte Classe von Parasiten (so z. B. die Mistel), welche sich von den Säften lebender Pflanzen ernähren. Die meisten jedoch der Pflanzen, welche zu diesen vier Classen gehören, erhalten einen Theil ihres Kohlenstoffes wie die gewöhnlichen Arten aus der Luft. Dieses sind die verschiedenen Mittel, durch welche, so weit bis jetzt bekannt ist, höhere Pflanzen ihren Unterhalt gewinnen.

[407]

Register.


A.
Absorption bei Dionaea, 267; bei Drosera, 15; bei Drosophyllum, 305; bei Pinguicula, 344; durch drüsige Haare, 311; durch Drüsen bei Utricularia, 376, 380; durch viertheilige Fortsätze bei Utricularia, 372, 380; bei Utricularia montana, 393.
Aether, Wirkung auf Dionaea, 275; Wirkung auf Drosera, 198.
Aggregation, s. Zusammenballung.
Alaunsalze, Wirkung auf Drosera, 166.
Alkohol, verdünnter, Wirkung auf Drosera, 69, 196.
Aldrovanda vesiculosa, 290; Absorption und Verdauung, 293; Varietäten, 296.
Algen, Zusammenballung in Blättern, 57.
Alkalien hemmen den Verdauungsprocesz bei Drosera, 84.
Ameisensäure, Wirkung auf Drosera, 172.
Ammoniak, Menge im Regenwasser, 154;
-, kohlensaures, Wirkung auf erwärmte Blätter von Drosera, 60; Kleinheit der Dosen, die bei Drosera Zusammenballung bewirken, 128; Wirkung auf Drosera, 125; Dampf von den Drüsen der Drosera absorbirt, 125; Kleinheit der Dosen, die bei Drosera Einbiegung bewirken, 128, 151.
-, phosphorsaures, Kleinheit der Dosen, die bei Drosera Einbiegung bewirken, 136, 151; Grösze der Theilchen, welche Drosera afficiren, 155.
-, salpetersaures, Kleinheit der Dosen, die bei Drosera Einbiegung verursachen, 131, 151.
-, -Salze, Wirkung auf Drosera, 120; Wirkung durch vorheriges Eintauchen in Wasser und verschiedene Lösungen beeinflusst, 192; bewirken Zusammenballung bei Drosera, 38.
Ammoniak, verschiedene Salze, bewirken Einbiegung bei Drosera, 149.
Antimon, weinsteinsaures, Wirkung auf Drosera, 166.
Äpfelsäure, Wirkung auf Drosera, 175.
Arsenige Säure, Wirkung auf Drosera, 167.
Atropin, Wirkung auf Drosera, 183.
B.
Barytsalze, Wirkung auf Drosera, 164; Basen der Salze. vorwiegende Wirkung der - auf Drosera, 168.
Belladonna-Extract, Wirkung auf Drosera, 74.
Bennett, A. W., über Drosera, 1. Anm.; Schalen der Pollenkörner von Insecten nicht verdaut, 103.
Benzoesäure, Wirkung auf Drosera, 175.
Bernsteinsäure, Wirkung auf Drosera, 175,
Berührungen, wiederholte, bewirken Einbiegung bei Drosera., 30.
Bewegung, Ursprung des Vermögens der -, 328.
Bewegungen der Blätter von Pinguicula, 335; der Tentakeln von Drosera, Mittel, 280; der Dionaea, Mittel, 283.
Binz, über die Wirkung von Chinin auf die weiszen Blutkörperchen, 181; über die giftige Wirkung des Chinins auf niedrige Organismen, 182.
Blätter, Rücken der Drosera nicht empfindlich, 209.
Blausäure, Wirkung auf Dionaea, 275; Wirkung auf Drosera, 176,
Bleichlorid, Wirkung auf Drosera, 166.
Borsäure, Wirkung auf Drosera, 172.
Brillenschlange, Wirkung des Giftes auf Drosera, 186.

[408]

Brunton, Lauder, über Verdauung von Gelatine, 98; über die Zusammensetzung des Casein, 102; über die Verdauung von Harnstoff, 110; über die Verdauung von Chlorophyll, 111; über die Verdauung von Pepsin, 109.
Byblis, 310.
C.
Cadmium-Chlorid, Wirkung auf Drosera, 165.
Caesium-Chlorid, Wirkung auf Dro­sera, 163.
Campher, Wirkung auf Drosera, 188.
Canby, Dr, über Dionaea, 272, 279, 283; über Drosera filiformis, 255,
Carbolsäure, Wirkung auf Drosera, 173.
Casein, verdaut von Drosera, 101.
Cellulose, nicht von Drosera verdaut, 110.
Chinin, Wirkung des - auf weisze Blutkörperchen, 181; giftige Wirkung auf niedere Organismen, 182;
- -Salze, Wirkung auf Drosera, 181.
Chitin, nicht von Drosera verdaut, 110.
Chloroform, Wirkung auf Dionaea, 275; Wirkung auf Drosera, 197.
Chlorophyll, die Körner in lebenden Pflanzen von Drosera verdaut, 111; reines, nicht von Drosera verdaut, 111.
Chondrin, verdaut von Drosera, 99.
Chromsäure, Wirkung auf Drosera, 167.
Citronensäure, Wirkung auf Drosera, 175.
Cobra, Wirkung des Gifts auf Drosera, 186, s. auch 188, 203.
Cohn, Prof., über Aldrovanda, 290; über contractile Gewebe bei Pflanzen, 328; über Bewegungen der Staubfäden der Compositen, 232; über Utricularia, 357.
Colchicin, Wirkung auf Drosera, 184.
Crystallin, verdaut von Drosera, 106.
Curare, Wirkung auf Drosera, 184.
Curtis, Dr., über Dionaea. 272.
D.
Darwin, Francis, über die Wirkung eines inducirten galvanischen Stromes auf Drosera, 32: über die Verdauung von Chlorophyllkörnern, 111; über Utricularia, 397.
Delpino, über Aldrovanda, 290; über Utricularia, 357.
Dentin, verdaut von Drosera, 94.
Digitalin, Wirkung auf Drosera, 182.
Dionaea muscipula, geringe Grösze der Wurzeln, 259; Structur der Blätter, 260; Empfindlichkeit der Filamente, 261; Absorption, 266; Absonderung, 267; Verdauung, 272; Wirkung des Chloroforms auf -, 275; Art Insecten zu fangen, 276; Fortleitung des motorischen Impulses, 283; Wiederausbreitung der Lappen, 288.
Dohrn, Dr, A., über rhizocephale Kruster, 322.
Donders, Prof., geringe Menge von Atropin, welche die Iris des Hundes afficirt, 155.
Drosera anglica, 252.
-, binata vel dichotoma, 255;
-, capensis, 253;
-, filiformis, 265;
-, heterophylla, 258;
-, intermedia, 253;
-, rotundifolia, Structur der Blätter, 3; Wirkung stickstoffhaltiger Flüssigkeiten, 67; Wirkung der Wärme, 58; ihr Verdauungsvermögen, 76; Rücken der Blätter nicht empfindlich, 209 Fortleitung des motorischen Impulses, 212; allgemeine Zusammenfassung, 238;
-, spathulata, 254.
Droseraceae, Schluszbemerkungen, 321; ihre Empfindlichkeit mit der der Thiere verglichen, 330.
Drosophyllum, Structur der Blätter, 301; Absonderung, 302; Absorption, 305; Verdauung, 307.
Drüsenhaare, Absorption durch -, 311; Zusammenfassung über -, 319.
E.
Eisenchlorid, Wirkung auf Dro­sera, 167.
Eiweisz, von Drosera verdaut, 82; flüssiges, Wirkung auf Drosera, 70.
Elastisches Fasergewebe, nicht von Drosera verdaut, 108.
Empfindlichkeit, Localisirung der -, bei Drosera, 208; der Dionaea, 262; der Pinguicula, 335.
Erbsen, Abkochung von -, Wirkung auf Drosera, 73.
Erica tetralix, Drüsenhaare, 317.
Ernährung, verschiedene Mittel der - bei Pflanzen, 405.
Essigsäure, Wirkung auf Drosera, 172.
Euphorbia, Zusammenballung in den Wurzeln, 56.
Exosmose, an dem Rücken der Blätter bei Drosera, 210.

[409]

F.
Faserknorpel, von Drosera verdaut, 92.
Faserstoff, s. Fibrin.
Fayrer, Dr., über die Natur des Giftes der Cobra; 186; über die Wirkung des Cobra-Giftes auf thierisches Proto­plasma, 188; über die lähmende Wir­kung des Cobra-Giftes auf Nerven­centren; 203.
Ferment, Natur des -s im Secret der Drosera, 83, 86.
Fett, nicht von der Drosera verdaut, 112.
Fibrin, von Drosera verdaut, 100.
Fleisch, Aufgusz von -, bewirkt Zusammenballung bei Drosera, 44; Aufgusz von -, Wirkung auf Drosera, 70; verdaut von Drosera, 87.
Flüssigkeiten, stickstoffhaltige, Wirkung auf Drosera, 67.
Fortleitung des motorischen Impulses bei Dionaea, 283; bei Drosera, 212.
Fournier, über Säuren, die in den Staubfäden der Berberis Bewegung verursachen, 177.
Funkland, Prof., über die Natur der Säure im Secret der Drosera, 79.
G.
Gallussäure, Wirkung auf Drosera, 175.
Galvanismus, ein Strom erzeugt Einbiegung bei Drosera, 32; Wirkung auf Dionaea, 288.
Gardner, über Utricularia montana, 397.
Gefäsze in Blättern von Dionaea, 225; -, in Blättern von Drosera, 284.
Gelatine, reines, verdaut von Drosera, 98; unreines, Wirkung auf Drosera, 71.
Genlisea africana, 404;
-, filiformis, 404;
-, ornata, Structur, 400; Art Beute zu fangen, 403.
Geruch nach Pepsin, an den Blättern von Drosera, 79.
Gewebe, durch welche der motorische Impuls fortgeleitet wird, bei Dionaea, 283; bei Drosera, 224.
Gift der Cobra und Otter, Wirkung auf Drosera, 186.
Globulin, von Drosera verdaut, 106.
Glycerin, bewirkt Zusammenballung bei Drosera, 45; Wirkung auf Drosera, 192.
Gold-Chlorid, Wirkung auf Drosera, 166.
Gorup-Besanez, über das Vorhandensein eines Lösungsmittels in Wickensamen, 327.
Gras, Abkochung von -, Wirkung auf Drosera, 74.
Gray, Asa, über Droseraceae, 2. Anm.
Grönland, über Drosera, 1, 5, Anm.
Grundsubstanz, fibröse, der Knochen, von Drosera verdaut, 96.
Gummi, Wirkung auf Drosera, 68.
H.
Haematin, von Drosera verdaut, 107.
Haare, drüsige, Absorption, 311; Zusammenfassung über -, 318.
Harn, Wirkung auf Drosera, 70.
Harnsäure, Wirkung auf Drosera, 176.
Harnstoff, nicht von Drosera verdaut, 109.
Hausenblase, Lösung von -, Wirkung auf Drosera, 71.
Heckel, Staubfäden der Berberis nach Reizung, 37.
Hippursäure, Wirkung auf Drosera, 176.
Hofmeister, Druck hemmt die Bewegungen des Protoplasma, 54.
Holland, über Utricularia, 357.
Hooker, Dr., über fleischfressende Pflanzen, 2; über das Verdauungsvermögen von Nepenthes, 86; Geschichte der Beobachtungen an Dionaea, 259.
Hyoscyamus, Wirkung auf Drosera, 185.
I.
Jod- und Jodwasserstoffsäure, Wirkung auf Drosera, 171.
Johnson, Dr., über Bewegung des Blüthenstiels bei Pinguicula, 344.
K.
Kali-Salze, Wirkung auf Drosera,161; bewirken Zusammenballung bei Drosera, 44.
-, phosphorsaures, durch Drosera nicht zersetzt, 168.
Kalk, kohlensaurer, präcipitirt, bewirkt Einbiegung bei Drosera, 28.
-, phosphorsaurer, Wirkung auf Drosera, 97.Gesperrt
Kalk-Salze, Wirkung auf Drosera, 164.
Käse, von Drosera verdaut, 103.
Klein, Dr., über das mikroskopische Aussehn halbverdauten Knochens, 93; über den Zustand halbverdauten Faser­knorpels , 93; über die Grösze von Mikrocokken, 155.

[410]

Knight, über das Füttern von Dionaea, 272.
Knochen, von Drosera verdaut, 93.
Knochen, von Utricularia montana, 394.
Knorpel, von Drosera verdaut, 91.
Kobalt-Chlorid, Wirkung auf Drosera, 167.
Kohl, Abkochung von-, Wirkung auf Drosera, 73.
Kohlensäure, Wirkung auf Drosera, 200; verzögert Zusammenballung bei Drosera, 51.
Körperchen, minutiöse Grösze der-, welche Einbiegung bei Drosera bewirken, 24, 28.
Kossmann, über rhizocephale Kruster, 322.
Kreide, präcipitirte, bewirkt Einbiegung bei Drosera, 28.
Kümmel-Oel, Wirkung auf Drosera, 191.
Kupfer-Chlorid, Wirkung auf Drosera, 167.
L.
Legumin, von Drosera verdaut, 103.
Lemna, Zusammenballung in den Blättern von, 56.
Leim, verdaut von Drosera, 104.
Libelle von Drosera gefangen, 2.
Lithion-Salze, Wirkung auf Drosera, 163.
M.
Magnesia-Salze, Wirkung auf Drosera, 164.
Mangan-Chlorid, Wirkung auf Drosera, 167.
Marshall, W., über Pinguicula, 333.
Milch, bewirkt Zusammenballung bei Drosera, 45; Wirkung auf Drosera, 70; von Drosera verdaut, 100.
Milchsäure, Wirkung auf Drosera, 174.
Mirabilis longiflora, Drüsenhaare, 318.
Mittel der Bewegung bei Dionaea, 283; bei Drosera, 130.
Moggridge, Traherne, über Säuren, die Samen verletzen, 113.
Moore, Dr., über Pinguicula, 353.
Morphium, essigsaures, Wirkung auf Drosera, 185.
Motorischer Impuls bei Dionaea, 212, 234; bei Drosera, 283.
Mucin, nicht von Drosera verdaut, 108.
Müller, Fritz, über rhizocephale Kruster, 322.
N.
Natron-Salze, bewirken Zusammenballung bei Drosera, 158; Wirkung auf Drosera 44.
- phosphorsaures, von Drosera zersetzt; 168.
Nepenthes, Verdauungsvermögen, 86.
Nelken-Oel, Wirkung auf Drosera; 191.
Nickel-Chlorid, Wirkung auf Drosera, 167.
Nicotiana tabacum, Drüsenhaare, 318.
NicotinWirkung auf Drosera, 183.
Nitschket Dr., Hinweise auf seine Arbeiten über Drosera, 1; über Empfindlichkeit des Blattrückens bei Drosera. 210; über die Richtung der eingebogenen Tentakeln bei Drosera, 221; über Aldrovanda, 291.
Nuttall, über Wiederausbreitung bei Dionaea; 288.
O.
Oel, Oliven-, Wirkung auf Drosera, 69, 112.
Oelsäure, Wirkung auf Drosera, 173.
Oliver, Prof., über Utricularia, 397-400.
Otter, Gift-, Wirkung des Giftes auf Drosera, 186.
Oxalsäure, Wirkung auf Drosera, 175.
P.
Papaw; s. Traubenbaum.
Pelargonium zonale, Drüsenhaare, 317.
Pepsin, Geruch von, bei Drosera, 79; nicht von Drosera verdaut, 109; von Thieren nur nach Absorption abgesondert; 114.
Peptogene, 114.
Phosphorsäure, Wirkung auf Drosera, 172.
Pinguicula grandiflora, 352.
-, lusitanica, 353.
-, vulgaris, Structur der Blätter und Wurzeln, 332; Zahl der gefangenen Insecten, 333; Bewegungsvermögen, 334; Absonderung und Absorption, 344; Verdauung, 344; Wirkung des Secrets auf lebende Samen; 352.
Platin-Chlorid, Wirkung auf Drosera, 167.
Pollen, von Drosera verdaut, 103; Schalen der -körner von Insecten nicht verdaut, 103.
Polypompholyx, Structur; 399.
Price, John, über Utricularia, 386.
Primula sinensis, Drüsenhaare, 314; Zahl der Drüsenhaare; 320.

[411]

Propionsäure, Wirkung auf Drosera, 173.
Protoplasma, Zusammenballung bei Drosera, 33; bei Drosera durch kleine Dosen kohlensauren Ammoniaks bewirkt, 129; bei Drosera eine Reflexwirkung, 220.
-, zusammengeballtes, Wiederauflösung, 47.
-, Zusammenballung bei verschiedenen Species von Drosera, 252; bei Dionaea, 262, 272; bei Drosophyllum, 305, 306; bei Pinguicula, 334, 352; bei Utricularia, 371, 374, 386, 389, 392.
Q.
Quecksilber-Superchlorid, Wirkung auf Drosera, 165.
R.
Ralfs, über Pinguicula, 353.
Ransom, Dr. Wirkung von Giften auf den Dotter von Eiern, 204.
Regenwasser, Ammoniakmenge in, 154.
Richtung der eingebogenen Tentakeln bei Drosera, 221.
Roridula, 309.
Rubidium-Chlorid, Wirkung auf Drosera, 163.
S.
Sachs, Prof. Wirkung der Wärme auf Protoplasma, 58. 61; über die Auflösung von Proteinverbindungen in den Geweben von Pflanzen, 327.
Salpeter-Aether, Wirkung auf Drosera, 199.
Salpetersäure, Wirkung auf Drosera, 170.
Salze und Säuren, verschiedene Wirkung auf die spätere Anwendung von Ammoniak, 194.
Salzsäure, Wirkung auf Drosera, 171.
Samen, lebende, Wirkung der Drosera auf, 112; Wirkung der Pinguicilla auf, 348. 352.
Sanderson, Burton, über Eiweiszgerinnung durch Hitze, 65; über die die Salzsäure bei der Verdauung ersetzenden Säuren, 79; über die Verdauung der fasrigen Grundsubstanz der Knochen, 96; über die Verdauung von Leim, 105; über die Verdauung von Globulin, 106; über die Verdauung von Chlorophyll, 111; über die verschiedene Wirkung von Kali und Natron auf Thiere, 168; über elektrische Ströme bei Dionaea, 288.
Säure, Natur der, im verdauenden Secret der Drosera, 78; Natur der - in der verdauenden Flüssigkeit verschiedener Arten von Drosera, Dionaea, Drosophyllum und Pinguicula, 252, 273, 307, 344.
Säuren, verschiedene, Wirkung auf Drosera, 169; der Essigreihe ersetzen Salzsäure bei der Verdauung, 79.
-, arsenige und Chrom-, Wirkung auf Drosera, 167.
-, verdünnte, veranlassen negative Osmose, 178.
Saxifraga umbrosa, 312.
Schieszbaumwolle, nicht von Drosera verdaut, 110.
Schiff, Salzsäure löst geronnenes Eiweisz auf, 77; über die Art der Eiweiszverdauung, 82; über Veränderungen im Fleisch während der Verdauung, 88; über Milchgerinnung, 101; über Verdauung von Casein, 102; über Verdauung von Schleim, 109; über Peptogene, 114.
Schleim, Wirkung auf Drosera, 70.
Schloesing, über Stickstoffabsorption bei Nicotianea, 318.
Schwefeläther, Wirkung auf Dionaea, 275; Wirkung auf Drosera, 198.
Schwefelsäure, Wirkung auf Drosera, 172.
Scott, über Drosera, 1.
Secret der Drosera, allgemeine Schilderung, 11; seine antiseptische Kraft, 13; wird bei Reizung sauer, 77; Natur seines Ferments, 83. 86.
- der Dionaea, 266.
- von Drosophyllum, 302.
- von Pinguicula, 344.
Silber, salpetersaures, Wirkung auf Drosera, 163.
Sondera heterophylla, 258.
Sorby, über Farbstoffe der Drosera, 4, Anm.
Spectroskop, seine Kraft verglichen mit Drosera, 153.
Speichel, Wirkung auf Drosera, 71.
Stärke, Wirkung auf Drosera, 69, 112.
Stein, über Aldrovanda, 290.
Strontiumsalze, Wirkung auf Drosera, 165.
Strychnin-Salze, Wirkung auf Drosera 179.
Syntonin, Wirkung auf Drosera, 90.
T.
Tait, über Drosophyllum, 300.
Tanninsäure, Wirkung auf Drosera, 175.

[412]

Taylor, Alfred, über die Entdeckung äuszerst kleiner Menge von Giften, 153.
Tentakel der Drosera bewegen sich, wenn die Drüsen abgeschnitten werden, 31. 208; Richtung der Einbiegung, 221; Mittel der Bewegung, 230; Wiederausbreitung, 235.
Terpentin-Oel, Wirkung auf Drosera, 192.
Thee, Aufgusz von, Wirkung auf Drosera, 69.
Thein, Wirkung auf Drosera, 184.
Traube, über künstliche Zellen, 195.
Traubenbaum, Saft des, beschleunigt Fäulnis, 370.
Treat, Mrs., über Drosera filiformis, 265; über Dionaea, 281; Utricularia, 369. 387.
Trécul, über Drosera, 1. 5, Anm.
U.
Utricularia clandestina, 387.
- minor, 386.
- montana, Structur der Blasen, 389; Thiere von ihr gefangen, 391; Absorption, 393; Knollen als Reservoirs, 394.
- taeglecta, Structur der Blasen, 358; Thiere von ihr gefangen, 365; Absorption, 372; Zusammenfassung über Absorption, 380; Entwickelung der Blasen, 382.
Utricularia, verschiedene Species, 397.
- vulgaris, 386.
V.
Veratrin, Wirkung auf Drosera, 184.
Verdauung verschiedener Substanzen von Dionaea, 273; von Drosera, 76; von Drosophyllum, 307; von Pinguicula, 344.
-, Ursprung des -svermögens, 326.
Vogel, über Wirkungen des Campher auf Pflanzen, 188.
W.
Wärme, bewirkt Zusammenballung bei Drosera, 46; Wirkung auf Drosera, 58; Wirkung auf Dionaea, 266. 289.
Warming, Dr., über Drosera, 1, 6; über Wurzeln von Utricularia, 359; über Trichome, 324; über Genlisea, 400 ; über Parenchymzellen in den Tentakeln der Drosera, 229.
Wasser, Tropfen bewirken keine Zusammenballung bei Drosera, 31; seine Kraft bei Drosera Zusammenballung zu bewirken, 46; seine Kraft bei Drosera Einbiegung zu bewirken, 123; und verschiedene Lösungen, Wirkung auf spätere Einwirkung von Ammoniak, 192.
Weinsteinsäure, Wirkung auf Drosera, 175.
Wiederausbreitung kopfloser Tentakeln bei Drosera, 208; der Tentakeln bei Drosera, 235; bei Dionaea, 288.
Wilkinson, über Utricularia, 359. 360.
Wurzeln der Drosera, 15; Zusammenballung, 53; absorbiren kohlensaures Ammoniak, 125.
- der Dionaea, 259.
- von Drosophyllum, 300.
- von Pinguiculla, 333.
Z.
Zahnbein, von Drosera verdaut, 94.
Zahnschmelz, von Drosera verdaut, 94.
Zellgewebe, von Drosera verdaut, 91.
Ziegler, seine Angaben in Bezug auf Drosera, 21, Anm.; Versuche mit Gefäszdurchschneidung bei Drosera, 226.
Zink-Chlorid, Wirkung auf Drosera, 165.
Zinn-Chlorid, Wirkung auf Drosera, 166.
Zuckerlösung, Wirkung auf Drosera, 68; bewirkt Zusammenballung bei Drosera, 45.
Zusammenballung des Protoplasma bei Drosera, 33; durch Ammoniaksalze bewirkt, 38; durch kleine Dosen kohlensauren Ammoniaks bewirkt, 145; als Reflexwirkung, 220; bei verschiedenen Arten von Drosera, 252; bei Dionaea, 263, 272; bei Drosophyllum, 305, 306; bei Pinguicula, 334, 352; bei Utricularia, 371, 374, 386, 387, 392.


Druck der E. Schweizerbart'schen Buchdruckerei in Stuttgart


Fußnoten:

  1. Botanische Zeitung, 1860, p. 234.
  2. Botanische Zeitung, 1860, p. 437.
  3. Botanische Zeitung, 1860, p. 240.
  4. Ziegler hat ähnliche Versuche mit Durchschneiden der Spiralgefäsze bei Drosera intermedia angestellt (Comptes rendus, 1874, p. 417), ist aber zu, von meinen ganz verschiedenen Schluszfolgerungen gelangt.
  5. Videnskabelige Meddelelser fra de naturhist. Forening; Kopenhagen, 1872, Nr. 10-12. Holzschnitt IV und V.
  6. Sachs, Lehrbuch der Botanik, 4. Aufl.. 1874. p. 860. Diese Ansicht sprach, glaube ich, zuerst Lamarck aus.
  7. Sachs, ebenda, p. 751.
  8. Abhandlungen der Schlesischen Gesellsch. für vaterländ. Cultur, 1861. Heft 1. Ein ausgezeichneter Auszug aus diesem Aufsatz ist in den Annals and Magazine of Nat. Hist., 3. Ser., 1863, Vol. XI, p. 188-197 gegeben.
  9. Mrs. Treat hat in "The American Naturalist", December, 1873, p. 705, eine ausgezeichnete Schilderung der Drosera longifolia (was zum Theil ein Synonnym von Drosera anglica ist), Drosera rotundifolia und Drosera filiformis gegeben.
  10. The American Naturalist, December 1873, p. 705.
  11. Gardener's Chronicle, 1874, p. 209.
  12. Dr. Hooker hat in seiner Adresse an die British Association in Belfast, 1874, einen so ausführlichen historischen Bericht über die Beobachtungen, welche über die Lebensweise dieser Pflanze veröffentlicht worden sind, gegeben, dasz es überflüssig für mich wäre, sie zu wiederholen.
  13. Gardener's Chronicle, 1874, p. 464.
  14. Dr. W. M. Canby von Wilmington, dem ich für Information in Bezug auf Dionaea in ihrem Heimathlande sehr verbunden bin, hat in "The Gardener's Monthly", Philadelphia, August, 1868, einige interessante Beobachtungen veröffentlicht. Er ermittelte, dasz das Secret animale Substanz, wie den Inhalt der Insectenkörper, Stücken Fleisch u. s. w., verdaut und dasz die Absonderung wieder aufgesaugt wird. Er wuszte auch ganz gut, dasz die Lappen eine viel längere Zeit geschlossen bleiben, wenn sie mit animaler Substanz in Berührung waren, als wenn sie durch eine blosze Berührung zum Schlieszen gebracht wurden, oder über Gegenständen, die keine lösliche Nährsubstanz darbieten, ebenso, dasz in diesem letztern Falle die Drüsen nicht absondern. Dr. Curtis beobachtete zuerst die Absonderung aus den Drüsen (Boston Journal Nat. Bist. Vol. I. p. 123). Ich will hier nur noch hinzufügen, dasz, wie man sagt, ein Gärtner, W. Knight, gefunden haben soll (Kirby and Spence's Introduction to Entomology, 1818, V 01. I. p. 295), dasz ein Exemplar der Dionaea, "auf deren Blätter er Fäden rohen Rindfleisches gelegt habe, in seinem Wachsthum viel üppiger gewesen sei, als andere nicht so behandelte."
  15. Nach der Angabe des Dr. Curtis in Boston Journal Nat. Hist. Vol. 1. 1837, p. 123.
  16. Dr. Canby bemerkt (Gardener's Monthly, August, 1868), dasz "der allgemeinen Regel nach Käfer und Insecten dieser Art zu hartschalig zu sein scheinen, um zur Nahrung zu dienen, und dasz sie nach kurzer Zeit wieder ausgeworfen werden." Ich bin über diese Angabe überrascht, wenigstens in Bezug auf solche Käfer wie die Elater; denn die fünf, welche ich untersuchte, waren in einem äuszerst zerbrechlichen und leeren Zustande, als wenn alle ihre inneren Theile verdaut worden wären. Mrs. Treat theilt mir mit, dasz die Exemplare, welche sie in New-Jersey cultivirte, hauptsächlich Diptern gefangen hätten.
  17. Proceed. Royal Society, Vol. XXI, p. 495, und Lecture at the Royal Institution, June 5, 1874, mitgetheilt in "Nature", 1874, p. 105 und 127.
  18. Nuttall sagt in seinen Genera of American Plants, p. 277 (Anmerkung): "ich hatte (während ich diese Pflanze in ihrer eigentlichen Heimath sammelte) Gelegenheit zu beobachten, dasz ein losgetrenntes Blatt wiederholte Anstrengungen machte, sich dem Einflusse der Sonne auszusetzen; diese Versuche bestanden in einer wellenförmigen Bewegung der randständigen Wimpern, welche von einem theilweisen Öffnen und darauf folgenden Zusammensinken der Blattscheibe begleitet wurde und endlich in einer vollständigen Ausbreitung und einer Zerstörung der Empfindlichkeit ausgieng." Ich bin dem Professor Oliver für dies Citat verbunden; ich verstehe aber nicht, was hier stattfand.
  19. Seit seiner ersten Publication hat Stein gefunden, dasz die Reizbarkeit der Blätter von De Sassus beobachtet worden ist, was im "Bullet. Soc. de Bot. de France", 1861, mitgetheilt wird. Delpino gibt in einem, 1871 publicirten Aufsatz an (Nuovo Giornale Bot. Ital. Vol. III, p. 74), dasz "una quantità di chioccioline e di altri animalcoli acquatici" gefangen und von den Blättern erstickt werden. Chioccioline sind Süszwasser-Schalthiere. Es wäre interessant, zu wissen, ob ihre Schalen überhaupt von der Säure des verdauenden Secrets angegriffen wurden.
  20. Ich bin diesem ausgezeichneten Naturforscher zu Dank verpflichtet, dasz er mir seine Abhandlung Über Aldrovanda noch vor ihrer Veröffentlichung in den "Beiträgen zur Biologie der Pflanzen" 5. Heft, 1875, p. 71 geschickt hat.
  21. Man hat die homologen Beziehungen dieser Vorsprünge unter den Botanikern vielfach erörtert. Dr. Nitschke (Botan. Zeitung, 1861, p. 146) glaubt, dasz sie den gefransten schuppenartigen Körpern, die sich an den Basen der Blattstiele bei Drosera finden, entsprechen.
  22. Sachs, Lehrbuch der Botanik. 4. Aufl., 1874, p.852.
  23. Der Unterschied zwischen echter Absorption und bloszer Durchdringung oder Imhibition ist durchaus nicht klar erkannt; s. J. Müller's Handbuch der Physiologie. 1. Bd. 1844, p. 193.
  24. In Bezug auf Saxifraga tridactylites sagt Druce (Pharmaceutical Journal. May, 1875), dasz er einige Dutzend Pflanzen untersucht und beinahe in jedem einzelnen Falle Reste von Insecten an den Blättern hängend gefunden habe. Dies ist auch, wie ich von einem Freunde höre, mit dieser Pflanze in Irland der Fall
  25. Comptes rendus, 15. Juni, 1874. Ein guter Auszug dieses Aufsatzes ist in "The Gardener's Chronicle", July 11, 1874, gegeben.
  26. Mein Sohn Francis zählte die Haare auf einem mittelst des Micrometers gemessenen Raume und fand, dasz auf einem Quadratzoll der oberen Fläche eines Blattes 35336 und auf der unteren Fläche 30035 standen; d. h. also ungefähr in dem Verhältnis von 100 auf der oberen zu 85 auf der unteren Fläche. Auf einem Quadratzoll beider Flächen standen 65371 Haare. Eine mäszig schöne Pflanze, welche zwölf Blätter trug (von denen die gröszeren ein wenig mehr als 2 Zoll im Durchmesser maszen) wurde nun ausgewählt und die Oberfläche aller Blätter zusammen mit ihren Stielen (ohne Einschlusz der Blüthenstengel) mittelst eines Planimeters als 39,285 Quadratzoll grosz ermittelt, so dasz der Flächeninhalt beider Oberflächen 78,75 Quadratzoll betrug. Es musz hiernach die Pflanze (mit Ausschlusz der Blüthenstengel, die staunenerregende Zahl von 2,568,099 drüsiger Haare getragen haben. Die Haare wurden spät im Herbste gezählt; und im folgenden Frühjahre (Mai) fand sich, dasz die Blätter einiger andern Pflanzen derselben Sammlung von ein Viertel bis ein Drittel breiter und länger als früher waren, so dasz auch ohne Zweifel die drüsigen Haare an Zahl zugenommen hatten und wahrscheinlich nun weit über drei Millionen betrugen.
  27. Fritz Müller, Für Darwin. Leipzig, 1864, p. 68. Die Wurzelfüszer sind mit den Rankenfüszern verwandt. Es ist kaum möglich, sich einen gröszern Unterschied vorzustellen als den zwischen einem Thiere mit greifenden Gliedmaszen, einem gut gebildeten Mund und Nahrungscanal, und einem, welchem alle diese Theile fehlen, und welches sich durch Aufsaugung mittelst verästelter wurzelartiger Fortsätze ernährt. Wenn ein seltner Cirripede, Anelasma squalicola, extinct geworden wäre, so wurde es sehr schwierig gewesen sein zu vermuthen, auf welche Weise eine so enorme Veränderung allmählich bewirkt worden sein könnte. Wir haben aber, wie Fritz Müller bemerkt, in Anelasma ein Thier vor uns, welches sich in einem beinahe genau intermediären Zustand befindet; denn seine wurzelartigen Fortsätze sind in der Haut des Haies eingebettet, auf dem es parasitisch lebt, und seine prehensilen Cirren und sein Mund (in meiner Monographie der Lepadiden, Ray Society, 1851, p. 161), beschrieben) sind in einem äuszerst schwachen und rudimentären Zustand. Dr. R. Kossmann hat eine sehr interessante Erörterung über diesen Gegenstand gegeben in seinen "Suctoria und Lepadidae", 1873. S. auch Dohrn, Der Ursprung der Wirbelthiere, 1875. p. 77.
  28. Bentham and Hooker, Genera Plantarum. Australien ist der Mittelpunkt der Gattung, indem, wie mir Prof. Oliver mittheilt, einundvierzig Arten von dort beschrieben sind.
  29. Sachs. Lehrbuch der Botanik, 4, Aufl. 1874. p, 852.
  30. Dr. Warming, Sur la Différence entre les Trichomes etc. Copenhague. 1873. p. 6. Auszug aus den "Vilenskab. Meddelelser fra de Naturhist. Forening. No. 10-12, 1872.
  31. Lehrbuch der Botanik, 4. Aufl, 1874, p, 688. Wegen der folgenden Thatsachen s. auch p. 57, 63, 678, 679,
  32. Nachdem dieser Satz geschrieben war, habe ich einen Aufsatz von Gorup Besanez erhalten (Berichte der deutschen chem. Gesellschaft, Berlin. 1874, p. 1478), welcher mit Unterstützung des Dr. Will factisch die Entdeckung gemacht hat, dasz die Samen der Wicke ein Ferment enthalten, welches, wenn es mit Glycerin ausgezogen ist, albuminöse Substanzen, so z. B. Fibrin, auflöst und sie in echte Peptone umwandelt.
  33. s. den Auszug aus seiner Abhandlung über die contractilen Gewebe der Pflanzen, in den "Annals and Mag. of Nat. Hist." 3. Series. Vol. XL p. 188.
  34. English Botany, by Sir J. E. Smith, with coloured figures by J. Sowerby; 1882; Tab. 24, 25, 26.
  35. Quart. Magaz. of the High Wycombe Nat. Hist. Soc., July, 1868, p. 5. Delpino (Ult. Osservaz. sulla Dicogamia etc.. 1868-1869, p. 16.) citirt auch Crouan als einen, der (1858) Kruster in den Blasen der Utricularia vulgaris gefunden habe.
  36. Ich bin Herrn H. M. Wilkinson in Bistern sehr dafür verbunden, dasz er mir mehrere schöne Gruppen dieser Species aus dem New Forest geschickt hat. Auch Mr. Ralfs war so freundlich, mir lebende Pflanzen der nämlichen Species aus der Nähe von Penzance in Cornwall zu schicken.
  37. Beiträge zur Biologie der Pflanzen, 3. Heft, 1875
  38. Dasz dies der Fall ist, schliesze ich aus der Zeichnung eines Sämlings, welche Dr. Warming in seinem Aufsatze, "Bidrag til Kundskaben om Lentibulariaceae", gegeben hat in den "Videnskabelige Meddelelser etc." Kopenhagen, 1874, No. 3-7, p.33-58.
  39. New York Tribune, wieder abgedruckt in The Gardener's Chronicle, 1875, p. 303.
  40. Prof. Oliver hat eine Pflanze von Utricularia Jamesoniana abgebildet (Proceed. Linn. Soc. Vol. IV. p. 169), welche ungetheilte Blätter und Rhizome gleich denen unserer Species hat; aber die Ränder der terminalen Hälften einiger Blätter sind in Blasen verwandelt. Diese Thatsache weist deutlich darauf hin, dasz die Blasen auf den Rhizomen der gegenwärtigen und der folgenden Arten modificirte Segmente des Blattes sind; sie werden dadurch mit den an die getheilten und schwimmenden Blätter der in Wasser lebenden Arten gehefteten Blasen in Übereinstimmung gebracht.
  41. Prof. Oliver hat (Proc. Linn. Soc. Vol. IV, p. 169) Abbildungen von den Blasen zweier südamericanischer Species, nämlich Utricularia Jamesoniana und peltata gegeben; er scheint aber diesen Organen keine besondere Aufmerksamkeit gewidmet zu haben.
  42. Travels in the Interior of Brazil, 1836-41, p. 527.
  43. Proceed. Linn. Soc. Vol. IV, p, 171.
  44. Bidrag til Kundskaben om Lentibulariaceae. Copenhagen, 1874.

Anmerkungen Wikisource:

  1. Vorlage: Zol