Beschreibung des Oberamts Balingen/Kapitel B 13
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Hossingen liegt auf dem hinter dem Gräbelesberg sich erstreckenden, gegen das Burtelbachthal sich einwärts senkenden Albplateau, genau auf der Wasserscheide zwischen Donau und Neckar, zum größeren Theil in einer Einsenkung, zum kleineren frei. Die benachbarten Erhebungen, namentlich gegen Osten am Oberbuch gestatten herrliche Ausblicke, gegen Süd auf die von Thälern durchschnittenen Höhen des Heubergs, gegen Nord besonders auf die Felswände des Lautlinger und Margrethauser Thals, auf Burgfelden und die Schalksburg, weiterhin auf das von einzelnen Bergen gekrönte Plateau zu beiden Seiten des Schmiechthals (Ebinger Schloßfels, Braunhardsberg, Burg und so weiter). Der Ort selbst ist freundlich, reinlich, mit chaussirten Straßen und meist weiß getünchten Häusern.
| In der Mitte des Orts steht das bescheidene, aus einer früheren Kapelle im 17. Jahrhundert hergestellte Kirchlein. Von jener stammt noch die Ostseite mit einem gothischen Fenster und dem Rest eines Sakramenthäuschens; für die Zeit der Vergrößerung spricht die an einem Thürpfosten angebrachte Jahreszahl 1668, sowie die Inschriften der beiden auf dem viereckigen mit Zeltdach versehenen Thurm der Westseite befindlichen Glocken, welche die eine (gegossen von Hans Conrad Flach in Schaffhausen) dem Jahre 1660, die andere dem Jahre 1688 zuweisen. Der alte Gottesacker umgibt die Kirche, unterhalb welcher zwei alte Lindenbäume malerisch an einem Quellbrunnen stehen; ein neuer Friedhof wurde außerhalb des Orts angelegt. Die Kirchenbaulast hat die Stiftung. Pfarrhaus ist, da Hossingen Filial von Meßstetten, keines vorhanden. Das anständige Schulhaus für eine Schulklasse und einen Lehrer wurde 1832 erbaut, das Rathhaus 1850 angekauft.Der Gemeinde gehören ferner 2 Backhäuser samt Waschküche und ein Schafhaus.
Drei gute Vizinalstraßen verbinden den Ort mit Meßstetten, Thieringen und Ober-Digisheim.
Im Ort entspringt eine starke Quelle, die ihr Wasser durch den Lauterbach dem Neckar zusendet. Ein Theil wird durch eine hölzerne Teuchelleitung einem Ziehbrunnen zugeleitet, außer dem noch 4 Pumpbrunnen, 6 Schöpfbrunnen und eine Wette Wasser geben. In trockenen Jahren wird auch die starke, eine Viertelstunde südlich gelegene Burtelquelle zur Benützung beigezogen. Dort, am Fuße der „Burg“, auf den Wiesen „Weiherle“, war ehemals ein künstlicher See angelegt, dessen Spuren noch deutlich zu erkennen sind.
Die Einwohner, ein kräftiger Menschenschlag (3 über 80 Jahre alt), verdienen das Zeugnis des Fleißes, der Sparsamkeit, geordneten und kirchlichen Sinnes. Die älteren tragen noch zum Theil die alte Bauerntracht. Bei Hochzeiten wird gewöhnlich getanzt.
Die Vermögensverhältnisse sind günstig. Der vermöglichste Einwohner besitzt 50 Morgen, der Mittelmann 25, Ärmere zum Theil noch 3 Morgen; auch kommen jedem Bürger 2 Morgen Allmand zu gut, und es besitzen die meisten Güterinhaber noch Güter auf fremder Markung, etwa ein Viertel so viel als auf der eigenen.
| Das Gewerbe ist unbedeutend, außer was die viel verbreitete Manchesterweberei für Ebinger Fabrikanten betrifft. Drei Schildwirthschaften, eine mit Brauerei, sind vorhanden, und zwei Spezereikrämer. Eine Industrieschule wird im Winter gehalten.Die mittelgroße, gut abgerundete Markung ist nicht allzu uneben, abgesehen vom Abstieg gegen das Burtelbachthal. Der Boden ist mittelfruchtbar, aus den Zersetzungen des mittleren weißen Juras entstanden, meist leicht und steinig, zum geringeren Theil lehmig, im Thal einige nasse Wiesen.
Von Getreide gedeiht am besten sog. weißer Dinkel, besonders aber Haber. Von feineren Gewächsen gedeihen in guten Jahren Bohnen vortrefflich.
Doch ist das Klima rauh, mit kalten Nächten und Frühlingsfrösten, sehr starken Winden, selten Hagel. Als Wetterscheide gilt der Weichenwang gegen Meßstetten.
Die Landwirthschaft wird mit Eifer und Erfolg betrieben. Zum natürlichen Dünger und der sorgfältig gesammelten Jauche wird, besonders den Futtergewächsen, Gips gegeben. Der Pflug ist der „Geißfuß“. Man hat neuerer Zeit eiserne Eggen, Walzen, auch eine Dreschmaschine mit Göppel und miethet zum Haberdreschen noch Maschinen von auswärts. Der Bau geschieht in der Dreifelderwirthschaft; in der Brache wird außer Klee, Esper und etwas Futterwicken nur wenig gebaut. Zum Hausbrauch und eigenen Gespinnst baut man etwas Hanf und Flachs. Neben Dinkel und Haber kommen in zweiter Linie Gerste, Roggen, Linsen und Kartoffeln. Der Morgen verlangt an Saatfrucht 10 Sri. Dinkel, 6 Sri. Haber, 4 Sri. Gerste, 4 Sri. Roggen, und ergibt 6 Schffl. Dinkel, 4 Schffl. Haber und Gerste, 3 Schffl. Roggen. Es können 300 Schffl. Dinkel und 200 Schffl. Haber abgegeben werden, der Verkauf geht theils in Nachbarorte, theils durch Händler nach Rottweil und Tuttlingen.
Der Wiesenbau ist gering, ergibt aber auf dreimähdigen Wiesen, wovon drei Morgen bewässerbar, ein gutes Futter, der Morgen circa 26 Ctr. Heu und Öhmd. Es wird Futter zugekauft.
Gemüsebau nur für eigenen Bedarf.
Die Obstzucht ist im Zunehmen; das Obst geräth gerne, besonders Birnen (Fäßlesbirnen). Eine Baumschule und ein Baumwart sind vorhanden; das Obst wird größtentheils gemostet.
Die Gemeinde besitzt 365 Morgen Waldung, vorherrschend Laubwald, welche jährlich 256 Festmeter nebst entsprechenden | Wellen ergeben. Bisher erhielt jeder Bürger 3 Raummeter und 25 Wellen; 1000 M. etwa blieben der Gemeindekasse.Die Weiden umfassen 446 Morgen, dazu Brach- und Stoppelweide. Sie sind von guter Beschaffenheit, werden von fremden Schäfern befahren und werfen jährlich 1030 M. nebst etwa 800 M. für Pferchnutzung der Gemeinde ab.
Die Allmanden ertragen von 120 Bürgern einen Zins von 154 M., einige nicht ausgetheilte außerdem circa 60 M. 4 Farrenwiesen dienen zur Nahrung der Gemeindefarren.
Pferde sind nur 10 vorhanden und es werden ab und zu Fohlen gezogen, indem die Stuten nach Balingen geführt werden.
Die Rindviehzucht wird stark betrieben und strebt besonders nach Gelbschecken mittleren Schlags, aus denen auch die zwei Gemeindefarren womöglich genommen werden.
Stallfütterung ist allgemein, nur im Herbst werden hie und da einige Stücke auf Esper ausgetrieben.
Zum Verkauf kommen nur überzählige Stücke. Der Milchertrag wird durch die Arbeitsnutzung der Kühe verringert.
600 fremde Schafe laufen im Sommer auf der Markung; die Wolle kommt gewöhnlich auf den Wollmarkt nach Kirchheim.
Schweine, zu denen die Ferkel von außen kommen, werden hauptsächlich zum Verkauf aufgezogen. Ziegenhaltung ist selten. Hühner gibt es viele, keine Enten und Gänse. Die Bienenzucht ist im Rückgang.
Das Vermögen der Stiftung beträgt 2900 M. und reicht zu den kirchlichen Bedürfnissen nicht ganz zu, so daß die Gemeindekasse noch eintreten muß.
Zur Markung gehört der in der halben Entfernung gegen Meßstetten am Fuß des Hügels Weichenwang gelegene Riedhof.
Neuestens wurde wieder ein Grabhügel am Weichenwang, siehe oben S. 244 ff., geöffnet, in welchem sich ein Skelet mit Bronzeringen und verschiedene Thongefässe vorfanden, darunter ein großes gelbrothes mit auffallend geschmackvoller Ornamentik in flechtwerkartig angeordneten Lineamenten, die Streifen sind zum Theil mit Graphit schwarzgefärbt; bei einem zweiten schwarzgrauen Gefäß besteht der Haupttheil der Verzierung in hart neben und übereinander gesetzten Eindrücken von menschlichen Fingernägeln. – Früher ging die Sage, daß auf dem alten Schloß Burtel ein „Schimmelreiter“ zu gewissen Zeiten sichtbar gewesen sei, der den Weg vom Schlößle bis in den Lustgarten, sog. Leuzenfelder Wasen, machte.
| Der Ort, dessen Name von zweifelhafter Ableitung ist,[1] wird das erste Mal genannt, als um die Mitte des 12. Jahrhunderts das Kloster St. Blasien vom Kloster Reichenbach den Richard von Dotternhausen und seine Schwester Rilinda von „Husingin“ ertauschte (Wirt. Urkb. 1, 411). Weiter werden hiesige Leute und Güter, welche zur Herrschaft Winzeln (siehe unten) und ebendamit zum Kloster Beuron gehörten, ausdrücklich genannt, als Graf Friedrich der Erlauchte von Zollern den 22. April 1253 die Schirmvogtei über genanntes Kloster übernahm, sowie als die Witwe des Grafen Friedrich von Zollern gen. Merckenberg, die Gräfin Udelhild, und ihr Sohn, Graf Friedrich von Zollern den 12. April 1303 / 3. Februar 1305 mit ihrer Herrschaft Mühlheim diese Schirmvogtei an den Bischof Heinrich von Constanz verpfändeten (Monum. Zolleran. 1, 69. 112. 116. 118, vergl. auch Zeitschr. f. Gesch. d. Oberrheins 6, 414 ff.). In den späteren Verkaufsbriefen der Herrschaft Mühlheim werden diese Leute und Güter nicht mehr erwähnt.[2]Dagegen erscheint Hossingen selbst in hohenbergischem Besitze, bis Graf Heinrich von Hohenberg den 20. Dezember 1347 die Dörfer Hoßingen und Mestetten, Leute und Gut und Gerichte, samt dem Maierhof zu Dürnwangen unter der Kirche und 18 Mltr. Kernen Vogtrechts zu Nusplingen um 600 Pfd. Hllr. an den Ritter Heinrich von Thierberg verkaufte (Monum. Hohenb. 397). In der Familie des Käufers verzichtete Arnold von Thierberg den 16. Juli 1342 gegenüber dem Leutpriester zu Tüngen auf alle seine Ansprüche an den hiesigen Maierhof, welcher den 26. April 1381 von dem Ebinger Bürger Heinrich Schmid um 46 Pfd. Hllr. an die Ebinger Klause verkauft wurde; weiterhin Anastasia von Thierberg, Dietrichs des Herters von Dußlingen Hausfrau, den 6. April 1385 vor dem Hofgerichte zu Rottweil gegen ihre Schwester Anna von Thierberg und deren Gemahl Konrad von Hölnstein auf ihren Antheil an Thierberg, der Feste mit dem Bau und mit dem Begriff und mit aller Zugehörde, sowie den Dörfern Metstetten, Dieringen und Hossingen mit Zugehörden, den Ebershof zu Lutlingen und den genannten | Hof zu Dürnwangen, auch 5 Mltr. Kernen Vogtrechts aus der dortigen Kirche. Der genannte Konrad und seine Tochter Engel aber verkauften den 25. März 1418 die Dörfer Tieringen mit dem Kirchensatz, Widmen und Zehnten, Hossingen, und Messtetten, alle drei mit Leuten, Gütern, Steuern, Diensten, Erbfällen, Vogtei, Vogtrechten u. s. w., sämtlichen Rechten und Zugehörden, alle ihre Theile und Rechte, um 2000 Pfd. Hllr. an Graf Eberhard (den Jüngeren) von Württemberg, ausgenommen allein 10 Mltr. Korngelds, welche Burkhard von Balgheim und seinen Geschwistern aus dem Kirchensatz zu Tieringen gingen, und ihr Haus und Hofraite ebendaselbst, welche den Verkäufern und ihren Erben bleiben sollten. Das Verkaufte blieb nunmehr württembergisch, doch besaß nach der österreichischen Jurisdiktionstabelle vom J. 1804 Österreich den Forst und die große und kleine Jagdbarkeit und wurde daher vom Orte jährlich ein Forstzins an das k. k. oberhohenbergische Rentamt bezahlt. Daraus und aus der Lage des Orts nach dem alten Hohenberger Grenzbeschrieb von 1480 wollte Österreich auch hinsichtlich der Landeshoheit, des Gesetzgebungsrechts, in dessen Besitz übrigens Württemberg ausdrücklich anerkannt wurde, des Blutbanns, Hoheitsansprüche in petitorio ableiten, während es für die Landeshoheit und den Blutbann in possessorio keine Gründe aufzubringen vermochte.
Den 23. April 1518 und wiederholt den 31. Okt. 1582 verglichen sich die Gemeinden Thieringen, Hossingen und Laufen wegen des gemeinen Viehtriebs und Weidgangs auf der Eck, auf Gräblinsteig genannt, und im Oktober 1719 die stauffenbergische Herrschaft zu Lautlingen und die Gemeinde Hossingen wegen der Art und Weise der Erhebung des jener zustehenden großen Fruchtzehnten im Orte. (Wegen des stauffenbergischen Zehnten und eines Vergleichs vom J. 1604 vergl. unten Lautlingen.)
Nach Röders Lexikon von Schwaben zählte der Ort 300 Seelen.
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