Beschreibung des Oberamts Leonberg/Kapitel B 27
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Wimsheim ist ein ziemlich kleines, etwas unregelmäßig gebautes Pfarrdorf, 41/2 Stunden nordwestlich von Leonberg – nur 1/2 Stunde von der badenschen Grenze entfernt gelegen; es hat eine freundliche, etwas geschützte Lage an einem schmalen Bergrücken, der sich gegen das unbedeutende Hagenbach-Thälchen sanft hinzieht, in dessen Thalebene noch ein Theil des Dorfs liegt. Eine gesunde, übrigens etwas rauhe Luft weht aus dem nur 1/4 Stunde entfernt gelegenen Hagenschieß, der zugleich eine Wetterscheide bildet, so daß Hagelschlag zu den Seltenheiten gehört. Die Ernte tritt um 10 Tage später, als in den Gegenden um Stuttgart und Eßlingen ein. Mit gutem Trinkwasser, welches 3 Pumpbrunnen liefern, ist der Ort hinreichend versehen, überdieß befinden sich auf der Markung außer mehreren periodischen, drei nie versiegende Quellen.
12) Glocken, die eine 1709, die andere 1788 gegossen. Die Baulast der Kirche liegt jetzt der Gemeinde ob; früher hatte das Kloster Frauenalb das Chor zu unterhalten, welche später auf die Domänenverwaltung Pforzheim übergegangene Last von dieser in neuester Zeit abgelöst wurde.
Der frühere Begräbnißplatz, welcher um die Kirche lag, ist noch theilweise mit einer Mauer umfriedigt und gegenwärtig zu einer der Gemeinde gehörigen Baumschule angelegt; der neue 3/4 Morgen große Gottesacker wurde im Jahr 1838 etwa 1000 Schritte südlich vom Ort mit einem Aufwand von 1100 fl. angelegt. Die auf dem Lerchenhof (s. Mönsheim) wohnenden Mennoniten, welche nach Wimsheim eingepfarrt sind, haben einen besonderen Begräbnißplatz in dem östlich vom Lerchenhof gelegenen Wald „Kirchhöfleshau."
Das mit allen ökonomischen Bequemlichkeiten versehene, gut erhaltene Pfarrhaus, welches der Staat zu unterhalten hat, liegt frei und angenehm | hinter der Kirche. Das Schulhaus mit Lehrerwohnung wurde 1844—45 schön und zweckmäßig erbaut; an der Schule unterrichtet nur 1 Lehrer. Eine Industrieschule besteht seit 1833. Das Rathhaus wurde 1823 neu erbaut und befindet sich in gutem Zustande; ein Gemeindebackhaus besteht seit 1842, ein Gemeindewaschhaus ist schon längst vorhanden.Die mittelmäßig begüterten Einwohner sind gesund, abgehärtet, fleißig und geordnet. Neben Feldbau und Viehzucht sind ihre Erwerbsquellen Holzmachen, Holz- und Saamenhandel. Die Güter der mäßig ausgedehnten Feldmarkung liegen theils eben, zum größeren Theil aber an nicht sehr steilen Abhängen und haben im Durchschnitt einen unfruchtbaren, schweren, thonigen Boden, der meist aus den Verwitterungen des Wellenmergels und Wellendolomits besteht; den weit kleineren Theil der Markung bildet ein fruchtbarer Diluviallehm, auch treten zuweilen die rothen Thone des Schieferlettens der bunten Sandsteinformation auf.
Die Landwirthschaft wird bei den ungünstigen Bodenverhältnissen so gut als möglich im Dreifeldersystem betrieben; der Suppinger Pflug ist allgemein, die Mistjauche wird sorgfältig benützt, der Anlegung verbesserter Düngerstätten steht aber, da der Ort sehr enge gebaut ist, die beschränkte Räumlichkeit im Wege. Von den gewöhnlichen Getreidearten werden 2/3 Dinkel und 1/3 Hafer gebaut; in der zu 1/4 angeblümten Brache zieht man Kartoffeln, an Futterkräutern Klee und Esper, Angersen, Ackerbohnen, Mohn, Flachs selten und Hanf in ziemlicher Ausdehnung. Die Aussaat beträgt per Morgen 6 Sri. Dinkel und 4 Sri. Hafer, der mittlere Ertrag wird zu 8 Schfl. Dinkel und 6—7 Schfl. Hafer angegeben. Der höchste Ackerpreis ist per Morgen 550 fl., der mittlere 160 fl. und der geringste 60 fl. Dinkel und Hafer werden sowohl in das Inland, als in das benachbarte Baden abgesetzt. Die Wiesen, obgleich sie nicht bewässert werden können, sind ergiebig. Die Preise bewegen sich von 200 bis 600 fl. per Morgen.
Der Weinbau ist längst abgegangen (siehe hienach).
Die in bedeutender Ausdehnung betriebene Obstzucht ist noch im Zunehmen; an Kernobst zieht man neben den gewöhnlichen Sorten die Rauhbirne, die einen ausgezeichneten Most liefert; an Steinobst Zwetschgen und Pflaumen, sogenannte Zipparten, aus welchen ein vorzüglicher, dem Kirschengeist gleichkommender Branntwein bereitet wird. In guten Jahrgängen kommt viel Obst vom Baume weg in die Umgegend zum Verkauf. Der Kernobstertrag wurde in den Jahren 1847 und 1849 je zu 25.000 Sri. geschätzt.
Die Gemeinde besitzt 525 Morgen meist mit Nadelholz gut bestockte Waldungen, welche jährlich 380 Klafter und 7000 Stück Wellen abwerfen; | hievon erhält jeder Bürger 1 Klafter und etwa 30 St. Wellen; aus dem übrigen zum Verkauf kommenden Holz werden für die Gemeindekasse jährlich 1300 bis 1400 fl. erlöst. Unter dem gedachten Waldeigenthum sind 413 Morgen begriffen, mit welchen der Staat im Jahr 1841 die Gemeinde um ihre Holzrechte in einem vormaligen Maulbronner Klosterwald abgefunden hat. Übrigens kaufen einzelne Einwohner nicht nur in den Gemeindewaldungen, sondern auch in dem baden’schen Hagenschieß Bau- und Brennholz, womit sie in das Strohgäu und nach Stuttgart Handel treiben.Pferde werden nicht gezüchtet; bei dem Einkauf der Arbeitspferde wird auf einen tüchtigen Landschlag gesehen. Die Rindviehzucht, welche sich mit einer guten Landrace beschäftigt, ist in gutem Zustande; Zuchtstiere werden von der Gemeinde und von einigen Widdumhöfebesitzern gehalten. Die Schafzucht wird von den Einwohnern nicht betrieben, sondern die Weide ist an einen fremden Schäfer dermalen um 180 fl. jährlich verpachtet, woneben die Pferchnutzung der Gemeindekasse ungefähr 250 fl. einbringt. Die Schweinezucht findet in ziemlich großer Ausdehnung statt; vorherrschend sind die Landschweine, mit denen ein lebhafter Handel in die benachbarten Orte getrieben wird. Die Bienenzucht, welche früher eifrig und mit Glück betrieben wurde, nimmt gegenwärtig ab.
Was die Gewerbe betrifft, so dienen diese nur dem örtlichen Bedürfnisse, mit Ausnahme der Schreiner, welche in die benachbarten Orte sowie auf die Messen nach Stuttgart und Karlsruhe arbeiten.
Im Ort befinden sich 3 Schildwirthschaften, 3 Branntweinbrennereien und 2 Krämer.
Zur Vermittlung des Verkehrs gehen Vicinalstraßen nach Wurmberg, Friolzheim und den badischen Ort Tiefenbronn.
Auf der Markung befinden sich mehrere Brüche im bunten Sandstein, aus denen nicht nur für den Ort, sondern auch für die Umgegend treffliche Bau- und Werksteine gewonnen werden. Töpfererde, womit sich die Töpfer auf mehrere Stunden im Umkreis versehen, kommt häufig vor, ebenso Thonerde, aus der steinernes Geschirr verfertigt wird; früher bestand im Ort eine Fabrik, welche diese Erde verarbeitete.
Außer den Einnahmen aus Wald, Weide etc. hat die Gemeinde auch noch Zinse aus Activkapitalien zu beziehen, so daß sie einen Gemeindeschaden nicht umzulegen braucht.
Das Vermögen der Stiftungspflege ist unbedeutend, s. Tab. III. Außer einer Schulstiftung von 50 fl., deren jährliche Zinse zu Schulbüchern für arme Kinder verwendet werden, bestehen noch besondere dem pium corpus einverleibte Stiftungen, aus deren Zinsen, im Betrag | von 4 fl., jedes Jahr am 1. Mai Brod für Unbemittelte angeschafft wird. Auch steht die Gemeinde mit den übrigen sog. Egonsflecken (S. auch Flacht) im Genuß einer vom Cameralamt Maulbronn zu reichenden Brodstiftung von 370 Schfl. Almosendinkel, an dem nach der seit 1832 getroffenen Austheilung Wimsheim 10 Schfl. 5 Sri. 3 Vierling 3 Ecklen jährlich zu empfangen hat, woraus in den Monaten Mai, Juni und Juli Brod an Unbemittelte, und zwar wöchentlich je 1 Laib an eine Person, ausgetheilt wird.Gülten und Frohnen, die früher dem Staats-Cameralamt zu leisten waren, sind bereits abgelöst, die Zehenten aber neuerlich zur Ablösung angemeldet. Bisher gehörte der große Zehente zur Hälfte dem Staat, zur Hälfte dem Kloster Frauenalb im Badischen, übrigens bestehen einige besonders versteinte Bezirke, auf welchen dieses Recht dem genannten Kloster und dem Meßner gemeinschaftlich zustand. Den kleinen, sowie den Heu- und Öhmdzehenten bezieht der Staat, welchem auch der Zehente von den im Jahr 1769 ausgestockten Weinbergen zukam. Neben dem Staat bezog auch die Waisenhauspflege Pforzheim grundherrliche Gefälle auf hiesiger Markung.
Das Ortswappen ist ein Hufeisen.
Der Ort wird im Jahr 1229, März 8, damals Winoldishen geschrieben, zum ersten Male erwähnt, neben Gerlingen unter den Orten, wo das Kloster Bebenhausen Güter besaß (Besold 375); im Jahr 1232 kommt er vor als Winmotesheim, im gleichen Jahre auch als Wimesheim, im Jahr 1285 als Wimitsheim. Er gelangte von den Grafen von Calw an deren Zweig, die Grafen von Vaihingen, von diesen an das Kloster Maulbronn und mit diesen an Württemberg. Genanntes Kloster Maulbronn erkaufte am 1. Februar 1232 den größeren Theil des Orts von Gottfried, Grafen von Vaihingen und dessen Sohn. Am 2. Oktober 1232 bestätigt K. Heinrich (VII.) diesen Ankauf und versprach, er werde die Vogtei über Wimsheim niemals vom Reiche veräußern.
Von Konrad Ritter von Mönsheim, genannt Wendaphaf, erwarb das erwähnte Kloster den 29. August 1260 dessen sämmtliche Güter in villa et banno Wimesheim für 26 Pfd. Heller.
Den 3. November 1275 erscheint Johannes de Winsheim miles Zeuge Graf Ulrichs von Tübingen für Walther Burggraf von Kaltenthal.
Auch die Herren von Enzberg waren hier begütert; mit ihnen verglich sich am 19. Oktober 1285 das Kloster Maulbronn, sie sollen auf allen ihren hiesigen Gütern das Vogtrecht haben, sich aber mit den alten Steuern und Diensten begnügen. Letztgenannten Herren kaufte das Kloster noch 1375 hiesigen Besitz ab.
Das Kirchenpatronat gehörte bis zum 19. April 1244 dem Kloster | Maulbronn; damals vertauschte solches dieses Patronat und zugleich das in Löchgau an das Hochstift Speyer gegen das Patronat der Kirche zu Lußheim; von Speyer brachte Württemberg den 7. Juli 1545 den hiesigen Kirchensatz gleichfalls durch Tausch an sich, wie denn auch heutzutage die Besetzung der Pfarrei dem Könige zusteht. – Ein Burchardus viceplebanus von Wimsheim ist Zeuge im November 1293.
Als Fortsetzung der dem statistisch-topographischen Büreau obliegenden Beschreibung des Königreichs ist die gegenwärtige Beschreibung des Oberamts Leonberg von dem bei dem Büreau angestellten Topographen Paulus bearbeitet, ausgenommen die sowohl dem allgemeinen als besonderen Theil einverleibten geschichtlichen Abschnitte, welche das Büreau-Mitglied Ober-Studienrath v. Stälin zum Verfasser haben.
Dabei findet sich das Büreau verpflichtet, die Mitwirkung und Unterstützung dankbarst anzuerkennen, welche der vorliegenden Arbeit von mehreren geistlichen und weltlichen Orts-Vorstehern, insbesondere aber von Seite der Herren Bezirks-Beamten: Oberamtmann Schmidlin und Oberamts-Arzt Dr. Theurer, Cameral-Verwalter Umfrid und Oberförster v. Moltke in Leonberg, sowie durch schätzbare Beiträge des Herrn Freiherrn v. Varnbüler in Hemmingen zu Theil wurden.
Die statistischen Berechnungen sind von Trigonometer Diezel und Secretär Dr. Sick gefertigt worden.
Stuttgart, im Dezember 1851.
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