Beschreibung des Oberamts Leonberg/Kapitel B 26

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Weil dem Dorf. [1])
Gemeinde II. Kl. mit 1570 Einw. a. Weil, Pfarrd., 1516 Einw. b. Bergheim, W., 43 Einw. c. Fasanengarten (Herdle), 11 Einw. — Ev. Pfarrei.

Das ansehnliche, mit reinlichen, größtentheils gekandelten Straßen versehene Pfarrdorf, liegt ziemlich eben, 2 Stunden östlich von Leonberg und 11/2 Stunden nordwestlich von Stuttgart, an dem südöstlichen Saume des Strohgäus in dem ganz unbedeutenden Thälchen des durch den Ort fließenden Diepbachs. Die Wohnungen sind meist aus Holz gebaut und mit steinernem Unterstock versehen.

Gutes Trinkwasser, welches übrigens nur aus Pumpbrunnen gewonnen wird, ist hinreichend vorhanden und überdieß, auf den Fall von Feuergefahr, eine Wette im südlichen Theile des Orts angelegt. | Außer einigen unbedeutenden Bächen, welche die Markung durchziehen, liegt auf derselben, 1/4 Stunde nordöstlich vom Ort, der 51/8 Morgen 31 Ruthen im Meß haltende „große Tachensee“, welcher den Eigenthümern des anstoßenden Waldes zugehört und von diesen zur Zucht von Blutegeln verpachtet ist, die gewöhnlich in die Apotheken nach Stuttgart verkauft werden. Ein vorhanden gewesener weiterer See, der „kleine Tachensee", ist seit 15 Jahren entwässert und nun mit Erlen ausgepflanzt.

Die Pfarrkirche liegt etwas erhöht unfern der breiten, der Länge nach durch den Ort führenden Hauptstraße; sie ist im Spitzbogenstyl erbaut, hat übrigens an ihrer ursprünglichen Bauweise Veränderungen erlitten, indem das Ganze dem Styl des über dem Eingang bezeichneten Jahres 1472 nicht mehr entspricht. Die Fenster und Eingänge sind zwar spitzbogig, jedoch ohne alle Füllung und Schmuck; einige oblonge Fenster wurden erst in neuester Zeit eingerichtet. An der Nordseite ist ein gut gearbeitetes Steinbild, die Grablegung Christi darstellend, in die Wand eingemauert. Das Innere der Kirche hat, außer einem sehr alten, übrigens roh gearbeiteten Taufstein und einem hölzernen Bilde des Gekreuzigten, nichts Bemerkenswerthes. Der viereckige, nicht hohe Thurm, dessen unterstes Stockwerk den Chor bildet, soll nach der Sage viel höher gewesen und durch einen Blitzstrahl bis auf das unterste Stockwerk zerstört worden seyn. An seinem zweiten Stockwerke steht die Jahreszahl 1595; im dritten, nur aus Holz erbauten Stockwerke hängen zwei Glocken, in den Jahren 1702 und 1796 gegossen. Auf dem Glockengestell ist die Jahreszahl 1594 angebracht. Die Unterhaltung der Kirche hat die Stiftungspflege; bei bedeutenderen Kosten übernimmt die Gemeinde die Hälfte derselben.

Statt des um die Kirche gelegenen, festen Begräbnißplatzes, der längst aufgegeben wurde, ist an dem südlichen Ende des Dorfs ein neuer angelegt und im Jahr 1826 bedeutend erweitert worden.

Das gut unterhaltene, bequem und geräumig eingerichtete Pfarrhaus nebst ummauertem Hofraum und den nöthigen Ökonomie-Gebäuden liegt in der Nähe der Kirche, an der Straße nach Ditzingen; die Baulast desselben hat der Staat. Ganz in der Nähe des Pfarrhauses steht das geräumige, wohleingerichtete Schulhaus, das in den Jahren 1816 und 1844 bedeutend erweitert und verbessert wurde. Die Lehrerwohnung ist getrennt von der Schule und befindet sich in einem der Gemeinde gehörigen Hause.

Der Fruchtkasten, ein großes, mit steinernem Unterstock versehenes Gebäude, das über das ganze Dorf emporragt, ist Eigenthum der| Universität Tübingen; es wurde 1798 erbaut, nachdem das frühere ein Jahr zuvor abbrannte.

Im Jahr 1844 wurden 2 Gemeinde-Backhäuser erbaut; ein öffentliches Waschhaus besteht schon lange Zeit.

Bei den körperlich gut gebauten, kräftigen Einwohnern trifft man im Allgemeinen vielen Fleiß, Sparsamkeit, kirchlichen Sinn und Wohlthätigkeit gegen Bedürftige; ihre Vermögensumstände sind zum Theil gut, die Mehrzahl ist jedoch in mittelmäßigen Umständen und nicht selten sogar verarmt. Die Haupterwerbsquellen bestehen in Feldbau und Viehzucht.

Das Klima ist gesund und mild; die Ernte tritt wie im Strohgäu ziemlich früh ein, übrigens einige Tage später als in Hemmingen, dagegen etwas früher als in Leonberg. Hagelschlag kommt selten vor, auch ist der Regen nicht so häufig wie in der Umgegend, da der im Süden der Markung liegende bewaldete Höhenzug eine Wetterscheide bildet. Die Felder liegen meist eben und haben im Allgemeinen einen sehr fruchtbaren, etwas schweren, tiefgründigen Thonboden, der größtentheils Keupermergel und nur in der Richtung gegen Ditzingen, wo der Lehm vorherrscht, Muschelkalk-Dolomit zur Unterlage hat.

Unter diesen günstigen klimatischen und Bodenverhältnissen hat sich bei dem Fleiß der Einwohner die Landwirthschaft auf eine blühende Stufe gehoben, wozu das von dem früheren Pächter Reinhard zu Bergheim, einem tüchtigen Landwirth, gegebene Beispiel viel beitrug. Namentlich wurden verbesserte Geräthe, wie der Suppinger und flandrische Pflug, einfache Joche statt des doppelten u. s. w., eingeführt. Auch wird außer dem gewöhnlichen Dünger sehr häufig die Jauche, zuweilen auch Gyps und Compost zur Besserung des Bodens angewendet.

Im üblichen Dreifeldersystem baut man hauptsächlich Dinkel, Hafer, Gerste, weniger Einkorn, Weizen und Roggen. In der zu 2/3 angeblümten Brache werden Kartoffeln, Futterkräuter, Angersen, Ackerbohnen und etwas Hanf gezogen; Kraut (Spitzkohl) wird hauptsächlich in Ländern gebaut. Auf einen Morgen rechnet man Aussaat 6 Sri. Dinkel, 4 Sri. Hafer, 3 Sri. Gerste, 4 Sri. Einkorn, 2 Sri. Weizen und 3 Sri. Roggen. Der durchschnittliche Ertrag wird per Morgen angegeben zu 7-8 Schfl. Dinkel, 5-6 Schfl. Hafer, 4 Schfl. Gerste, 5-6 Schfl. Einkorn, 3 Schfl. Weizen und eben so viel Roggen. Dinkel, Hafer und Gerste wird viel nach Außen verkauft; von den Bracherzeugnissen kommen Kartoffeln und von Handelsgewächsen Mohn zum Verkauf. Die höchsten Ackerpreise sind 400 fl.; die mittlern 300 fl. und die geringsten 100 fl. per Morgen.

Die Wiesen, welche nicht bewässert werden können, geben in mehr nassen als trockenen Jahrgängen reichlichen Ertrag. Der Morgen liefert | im Durchschnitt 20 Ctr. Heu und etwa 8 Ctr. Öhmd. Futter wird viel nach Außen verkauft. Die Preise der Wiesen bewegen sich von 100 bis 320 fl. per Morgen.

Weinbau wird an vier Stellen betrieben, die beste Lage ist ein südlicher Abhang an einem Ausläufer des Lembergs, die geringste ein nördlicher Abhang gegen Kornthal. Die vorherrschenden Rebsorten sind Silvaner, etwas Elblinge und Trollinger; sie werden über den Winter bezogen und liefern in guten Jahrgängen einen angenehmen, jedoch nicht sehr haltbaren Wein (Schiller), welcher in der Nachbarschaft Absatz findet. Der durchschnittliche Ertrag eines Morgens wird auf 4 Eimer und der Erlös zu 20-30 fl. per Eimer angegeben. Ein Morgen Weinberg kostet 200-240 fl.

Die Obstzucht, welche sich hauptsächlich mit Mostsorten, weniger mit Tafelobst beschäftigt, ist ziemlich ausgedehnt und überdieß noch im Zunehmen begriffen. Außer den Baumgärten und Baumäckern sind noch sämmtliche Straßen mit fruchtbaren Bäumen besetzt, auch wurden in den Jahren 1829-30 von Seiten der Gemeinde etwa 30 Morgen Gemeindeboden mit Obstbäumen angepflanzt. Das Obst gedeiht gerne und wird zum Theil nach Außen verkauft; in dem reichen Obstjahr 1847 war der Obstertrag etwa 30.000 Sri.

Die Gemeinde besitzt 4606/8 Morgen meist mit Eichen und Buchen gut bestockte Waldungen; nur jüngere Kulturen, jedoch von ganz geringer Ausdehnung, bestehen in Nadelhölzern. Bei einem bis jetzt festgesetzten 30jährigen Umtriebe beläuft sich der jährliche Ertrag auf 90 Klafter und 4000 Stück Wellen, welche über Abzug des Besoldungsholzes etc. für Rechnung der Gemeinde verkauft werden und etwa 1500 fl. jährlichen Erlös abwerfen.

Die Rindviehzucht ist beträchtlich; es wird eine gute, meist rothbraune Landrace gehalten und durch vier Farren, von denen einen die Gemeinde und drei die Zehenthof-Besitzer unterhalten, gezüchtet. Der Handel mit Mastvieh ist bedeutend, Milch kommt zum Theil unmittelbar, theils durch Feuerbacher Händlerinnen, nach Stuttgart zum Verkauf.

Die Schafzucht ist seit 1847 aufgegeben.

Eigentliche Schweinezucht findet nicht statt, dagegen werden zum Masten viele Ferkel aufgekauft und als gemästet zum Theil wieder verkauft.

Die Geflügelzucht beschränkt sich meist auf das eigene Bedürfniß, nur Gänse kommen nach Stuttgart zum Verkauf.

Die Gewerbe dienen nur den örtlichen Bedürfnissen; im Ort bestehen 4 Schildwirthschaften und eine Bierbrauerei.

In der Weinberghalde östlich vom Ort wird etwas Gyps gewonnen, | wogegen das Straßenmaterial von Außen geholt werden muß, da hiefür der in der Nähe der Hausener Wiesen früher gebrochene Muschelkalkdolomit sich nicht erprobte.

Die Poststraße von Stuttgart nach Leonberg führt durch den Ort, außer dieser vermittelt den Verkehr noch eine Vicinalstraße nach Gerlingen. Eine steinerne Brücke befindet sich an der Straße nach Feuerbach.

Die jährlichen Gemeinde-Einnahmen bestehen außer den schon angegebenen Einkünften aus den Waldungen, noch in etwa 600 fl. Pachtgeld aus Gemeindegütern; überdieß besitzt die Gemeinde noch etwa 13.000 fl. zinstragende Kapitalien; gleichwohl reichen aber ihre Einnahmen zu Bestreitung der Ausgaben nicht hin, sondern es muß noch ein ziemlicher Betrag als Gemeindeschaden umgelegt werden (s. Tab. III.). Das Vermögen der Stiftungspflege beträgt 13.500 fl. verzinsliche Kapitalien und 2191 fl. Gefällablösungs-Kapitalien; zu den besonderen Stiftungen gehört eine Stiftung zu Brod für Arme von 605 fl. Kapital, worunter 300 fl. von Freiherr Benjamin Friedrich von Münchingen begriffen sind.

Von den mit der angemeldeten Ablösung aufhörenden Zehenten einschließlich des nachbemerkten Markungstheils Bergheim etc. bezogen bisher Namens der Universität Tübingen der Staat den großen und die Besitzer des Universitäts-Zehenthofs den kleinen nebst dem Heu-Zehenten, von welch letzterem jedoch einzelne Wiesen befreit waren.

Weil dem Dorf wurde früher durch den Beisatz in Glemisgowe (Sindelfinger Urkunde von 1243, Dez. 11) von gleichnamigen Orten unterschieden.

Der Ort gelangte von den Pfalzgrafen von Tübingen wohl auf ähnliche Weise wie Gerlingen (s. d.) an Württemberg, welches nach dem 31. Oktober 1339 von Graf Ulrich von Aichelberg hier Güter und Rechte erkaufte. Im Jahr 1436 versetzten die Grafen Ludwig und Ulrich von Württemberg Wilhelm Bergern, ihrem Diener, das Dorf mit allem Zugehör um 1000 fl. (Steinhofer 2, 795).

Das Stift Sindelfingen erwarb in sehr früher Zeit hier Güter nebst der Kirche von den Grafen v. Calw. Die hiesige Kirche erhielt es durch Urkunde Bischof Heinrich’s von Constanz incorporirt den 11. Dez. 1243. Graf Ulrich von Asperg befreite im Juli 1276 zu Gunsten ebendesselben Stifts dessen Weildemdorfer Güter vom Vogtrecht, dasselbe thaten Graf Ulrich von Württemberg den 1. Juni 1331 und Graf Eberhard den 5. Juni 1471. Einen hiesigen Hof erkaufte der Sindelfinger Stiftsherr Eberhard im Jahr 1417, Oktober 9, um 320 fl. in Gold von Hans von Sachsenheim, Edelknecht, Vogt zu Neuenbürg.

Die Kirche kam mit andern Gütern des Stifts Sindelfingen an die Universität Tübingen, welcher noch das Patronatrecht zusteht.

| Etwa 1/2 Stunde westlich von Weil dem Dorf soll ein Ort „Hausen" gestanden seyn, noch heißt eine Flur „zu Hausen“, und die dort gelegenen Wiesen die „Hausener Wiesen"; ein von Ditzingen dahin ziehender Weg wird der „Hausener Weg" genannt. Im Wald „Stellerein", etwa 3/4 Stunden südlich vom Ort, befinden sich Überreste einer ehemaligen Burg, von der noch Graben und Wall, ersterer zum Theil noch 12 Fuß tief, vorhanden sind.

Auf der Markung der Gemeinde Weil dem Dorf sind noch folgende zwei Wohnsitze gelegen.

1) Bergheim, Weiler, 13/4 Stunden östlich von Leonberg und 1/2 Stunde südwestlich vom Dorf etwas abgeschieden am Fuß des Solitudebergs gelegen, aber durch die nahe liegenden, bewaldeten Berge ziemlich geschützt. Ein nie versiegender Schöpfbrunnen versieht den Ort mit gutem Trinkwasser und ein kleiner Weiher dient zur Schwemme für Pferde, überdieß fließt in geringer Entfernung vom Ort der Schnetzgraben, weiter unten Rapbach genannt. Der Weiler, welcher mit den zugehörigen Gütern in den obern und untern Hof abgetheilt wird, ist freundlich, reinlich und hat viel Ansprechendes. Auf dem obern Hof, aus der westlich gelegenen Gruppe ländlicher Wohnungen bestehend, befindet sich eine Scheune, welche über dem nördlichen Eingang die Aufschrift hat: „erbaut 1560, eingestürzt 1714, reparirt 1717." Der am östlichen Ende gelegene untere Hof, welcher Eigenthum des Finanzraths v. Märklin ist (s. u.), bildet ein geschlossenes Viereck, an dessen östlicher Seite die Wohnung des Pächters, ein solides, wohlhäbiges Bauernhaus, mit Thürmchen und Uhr auf dem First, steht. Die nördliche und westliche Seite bilden Ökonomie- und Stallgebäude, die südliche, das im städtischen Styl erbaute Wohnhaus des Eigenthümers. Von diesem Gebäudecomplex steht, getrennt durch die Solitude-Allee, in einem schön angelegten, mit Tannenhag umgebenen Garten, das erst in neuester Zeit von Dr. v. Zanth erbaute Netter’sche Landhaus.

Die Feldgüter liegen ziemlich eben, zum größeren Theil gegen Norden sanft abgedacht. Die höher gelegenen Güter haben einen durch Verwitterung der Keupermergel entstandenen, stark gebundenen Thonboden, die nördlicher und tiefer gelegenen Grundstücke hingegen mehr einen fruchtbaren Diluviallehmboden. Beide Bodenarten, denen im Allgemeinen ein zum Theil mit Gyps durchzogener Keupermergel zur Unterlage dient, sind übrigens sehr kräftig und können als ergiebige Weizen- und Gerstenböden bezeichnet werden.

Was die Landwirthschaft betrifft, so gilt für den obern Hof etwa dasselbe, was bezüglich des Orts Weil dem Dorf schon oben angeführt wurde; der untere Hof aber, dessen Bewirthschaftung sich unter dem | mehrjährigen Pacht des schon erwähnten tüchtigen Ökonomen Reinhardt sichtlich gehoben hat, verdient als Musterwirthschaft für die Umgegend genannt zu werden. [2] Zweckmäßige Ackergeräthschaften und Anlagen zu verschiedenen Düngerbereitungen, kurz alle thunlichen landwirthschaftlichen Verbesserungen werden angewendet und haben sich zum großen Theil von hier aus über die Nachbarschaft verbreitet. Im System der Dreifelderwirthschaft werden die gewöhnlichen Cerealien, besonders viel Dinkel und Gerste gebaut. Auf den Morgen rechnet man Aussaat an Dinkel 7 Sri., Weizen 3 Sri., Roggen 3 Sri., Einkorn 6 Sri., Gerste 3 Sri. und Hafer 4 Sri.; der durchschnittliche Ertrag belauft sich per Morgen auf 9 Schfl. Dinkel, 3 Schfl. 5 Sri. Roggen, 3 Schfl. 5 Sri. Winterweizen, 6 Schfl. 2 Sri. Einkorn, 4 Schfl. 2 Sri. Gerste und 5 Schfl. 2 Sri. Hafer. Außer diesem zieht man Erbsen, Ackerbohnen, Grünwicken, Mohn, rothen Klee, Kartoffeln, Runkelrüben und Luzerne. Die Felderzeugnisse werden größtentheils nach Außen verkauft.

Die Wiesen, von denen nur einigen Morgen Wässerung zukommt, liefern von dem Morgen etwa 38 Ctr. vortreffliches Futter.

Die Obstzucht ist bedeutend und hat sich in neuerer Zeit sehr gehoben; sowohl Most- als Tafelobst geräth sogar in Jahrgängen, in welchen der Obstertrag in der nächsten Umgegend fehlt. Nicht nur tritt hier die Obstblüthe etwa acht Tage später als in der Umgegend ein und leidet daher seltener von Frühlingsfrösten, sondern es beherbergen auch die nahe gelegenen Waldungen viele insektenfressende Vögel, was, verbunden mit dem Schutz, welchen die Waldungen gegen Winde und Luftzüge gewähren, der Obstzucht sehr zuträglich scheint. Das Obst wird größtentheils auswärts verkauft.

Die Viehzucht ist ausgezeichnet; es werden gegenwärtig 24 Kühe von Holländer-, Limpurger- und guter Landrace, 1 Zuchtstier von Holländer- und Rigi-Kreuzung, 2 Paar Ochsen und 6 Pferde gehalten. Die Milch kommt nach Stuttgart zum Verkauf, überdieß werden durchschnittlich im Jahr 15 Kälber und 7 Stück Mastvieh (4 Ochsen und 3 Kühe) verkauft.

Auf dem ganzen Hof werden an Schafen etwa 160 Stück Hämmel gehalten, die jährlich etwa 31/4 Centner Wolle liefern; die Schafweide ist besonders verpachtet.

Der Bergheimer Hof nach seiner ursprünglichen Zusammensetzung | besteht aus 1) dem Schaf- oder Drittelhof, 2) dem Frühmeßhof (eine Nikolai-Kapelle wird vom Jahr 1420 bis 1543 erwähnt), 3) einem Theil des Widumhofs von Weil dem Dorf, 4) einzelnen eigenen Grundstücken.

Der Drittelhof war zu Anfang des 15. Jahrhunderts im Besitz der von Gültlingen; Wilhelm und Balthasar von Gültlingen verkauften ihn für 660 fl. am 20. September 1434 an die Grafen Ludwig und Ulrich von Württemberg. Er wurde 1462 von Graf Eberhard als Schafhof zu Bauernlehen gegeben mit der Verpflichtung, den dritten Theil der wachsenden Früchte an den herrschaftlichen Kasten in Leonberg abzuliefern. Vermuthlich im Bauernkrieg wurde dieser Hof getheilt und von Herzog Christoph im Jahr 1555 hiezu nachträglich Erlaubniß ertheilt; hiedurch entstund der obere und untere Hof, wovon der obere wiederholt getheilt, der untere aber 1704 mit dem Frühmeßhof verbunden wurde. Im Jahr 1793 kam der untere Hof nach vielem Besitzwechsel an die Notter’sche Familie von Calw, im Jahr 1840 an Finanzrath Märklin in Stuttgart.

Die lehenbare Eigenschaft des obern und untern Hofes wurde 1822 durch Ablösung aufgehoben und dabei auch das Schafweiderecht von fast allen Gemeinden abgelöst.

Der Fasanenhof war ursprünglich Theil des Gültlingen’schen Hofes.

2) Der Fasanengarten liegt 1/4 Stunde westlich von dem Dorf Weil und besteht aus dem 1096/8 Morgen 40,7 R. großen, mit einem Bretterzaun umfriedigten Wald Herdle; er ist theils mit Feldern, theils mit Weinbergen umgeben und nimmt einen Flachrücken ein, welcher sich gegen Norden, Süden und Westen sanft abdacht. Der zur Fasanenzucht hergerichtete Wald ist Staatseigentum und gehört zur Ausstattung der Civilliste des Königs; die Fasanerie steht unter der Verwaltung des Hofjägermeisteramts. Auf dem höchsten Punkte und ziemlich in der Mitte des Waldes befindet sich die zweistockige Wohnung des Fasaneriemeisters, ein einfaches, in einem ansprechenden Styl gehaltenes, massives Gebäude, in dessen unteren Räumen ein Absteigzimmer für den Hof eingerichtet ist. Rückwärts des Wohnhauses auf der nordwestlichen Seite steht die Scheune und an die östliche Seite desselben ist die Brutstube angebaut; an diese lehnt sich die aus Holz erbaute Aufzughütte, von der man in den sog. Auslauf gelangt, welcher gegen einen umfriedigten Rasenplatz offen ist. Dem Wohnhause gegenüber steht auf einem freien Raume ein zwölfseitiger Pavillon, dessen Äußeres und Inneres sehr freundlich – jedoch ohne alle Verschwendung ausgestattet ist. Von dem Pavillon gehen nach allen Seiten Richtstätten aus, welche schnurgerade bis an den Zaun der Fasanerie hinziehen; mehrere von diesen sind auf nahe gelegene Ortschaften und Punkte, wie nach der Solitude, dem Bergheimer Hof, nach | Gerlingen u. s. w. orientirt und gestatten freundliche Aussichten dahin, was in Verbindung mit der stillen, abgeschiedenen, nächsten Umgebung einen angenehmen Eindruck hervorbringt. In dieser Fasanerie werden jährlich gegen 600 Fasanen in der Weise gezüchtet, daß die Eier der frei im Walde laufenden Fasanen Ende April und Anfangs Mai gesammelt und Truthühnern, deren etwa 30 nöthig sind, zum Ausbrüten unterlegt werden; die Jungen füttert man etwa 1/4 Jahr im Hofraum, bis sie sich nach und nach im Walde verbreiten.
  1. Weilemdorf gesprochen, Weil im Dorf unrichtig geschrieben; s. Schott, Ursprung der deutschen Ortsnamen, §. 5.
  2. S. hierüber: die Bewirtschaftung des Bergheimer Hofes von J. F. G. Reinhardt, Stuttgart 1843; und: Ertrags-Anschlag des Bergheimer Hofes von Weber, 1849.
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