Beschreibung des Oberamts Waldsee/Kapitel A 7
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Strabo, welcher zu der Zeit des Augustus und Tiberius lebte, nennt die Bewohner des Landbezirks, wozu unser Oberamt gehörte, Vindelizier; er sagt von ihnen, daß sie die Gegend vom Lech bis an den Bodensee und zwar die Hochebenen (planities montanas) bewohnen. Von den Römern durch Drusus und Tiberius überwunden, wurde der Landstrich der römischen Provinz Rhätien zugetheilt. Die Hauptniederlassungen der Römer in Oberschwaben befanden sich zwar an den Ufern des Bodensees, der Donau und der Iller, und es wäre vergeblich, in den dazwischen liegenden Gegenden bei der frühern Beschaffenheit derselben bedeutende Niederlassungen der Römer aufsuchen zu wollen. Doch mußte den Römern viel daran gelegen seyn, Verbindungen zwischen ihren Niederlassungen in möglichst gerader Richtung herzustellen, und zur Sicherheit mit Wartthürmen, befestigten Militärposten etc. zu versehen. Wirklich finden sich auch, wie wir nachher sehen werden, noch Spuren davon in unserem Oberamte, und vielleicht weist der Name Waldsee selbst auf römisches Alterthum hin, s. u.
Die Römer wurden aus ihren Niederlassungen durch den mächtigen Völkerbund der Allemannen vertrieben. Wie nun der Volksstamm geheißen, der sich in Waldsee’s waldiger Gegend niederließ, dieses zu bestimmen, dürfte sehr schwer fallen. Gewiß aber gehörte er dem Allemannischen Völkerbunde, wahrscheinlich dem ausgebreiteten Stamme der Lentienser an. Allein erst als das allemannische Herzogthum durch die Karolinger (743–50) aufgehoben, die Macht der Herzoge in die Hände der königl. Abgeordneten und der Gaugrafen gekommen war, und die Religiosität, wohl auch die Politik der Merowinger und Karolinger, das Heidenthum auch in unsern deutschen Gauen ausgerottet, und mit dem Christenthum auch die Klöster begründet hatten, da erst beginnt die Geschichte unserer Gegend, besonders durch die im Kloster St. Gallen| aufbewahrten Urkunden, sich einigermaßen aufzuhellen. Die erste Urkunde, die unsern Bezirk berührt, ist von 680–90; nach ihr schenkt ein gewisser Aloin dem Kloster Gallen 3 Huben zu Athorinswanc (Otterswang)und 4 zu Gundlisesburia (Gaisbeuren). Im Jahr 786 kommt Knetzenweiler, 797 kommen Essendorf und Heidgau, 802 Gwigg, 808 Ziegelbach, und nun allmählig immer mehrere Orte vor, s. Neugart Cod. Dipl.Die Gaue, zu welchen unser Bezirk eingetheilt war, sind der Argengau, der Nibelgau und theilweise auch der Ertgau und der Ramachgau, wozu noch als Untergaue der Schussengau und der Heistergau kommen dürften.
Der Argengau, der seine Benennung von dem Argenflusse hatte, ist mit den auf der südöstlichen Grenze des Oberamts gelegenen Orten Gwigg, Ziegelbach und Himbach beurkundet. Im J. 802 schenkt der Priester Dingmund dem Kloster St. Gallen sein Besitzthum in dem Orte Cawica, Gwigg; 808 wird des Neubruchs zu Segalpah, Ziegelbach, gedacht, 815 schenkt Hadubert dem Kloster St. Gallen Güter zu Ziagalpach, eben demselben 838 Scutolf Güter zu Hemminbach. S. Neugart Cod. Dipl. No. 144. 165. 183. 288.
Der Nibelgau, der seinen Namen von dem Flüßchen Nibel hat und hauptsächlich über das Oberamt Leutkirch sich erstreckte, kommt mit folgenden Orten von Arinane, Arnach mit dem Filial Ritilines, Riedlings, 1043 in dem Chronicon von Petershausen (Ussermann prodromus Germ. Sac. 1. 328); Otprigariot, 803, nach Neugart, Nr. 148. Kreuters, viel wahrscheinlicher aber Oppenreute. Ob unter Hettinesrioht in pago Nibalgowgensi, das in einer Urkunde von 858 (Neug. Nr. 378) vorkommt, unser Eggmanns- oder Ettmannsried zu verstehen sey, bleibt zweifelhaft.
Aus dem Ertgau und Ramachgau lassen sich zwar urkundlich keine Orte des diesseitigen Oberamts nachweisen; allein die kirchliche Eintheilung macht es um so wahrscheinlicher, daß zu dem erstern die nordwestlich auf der Seite des Oberamts| Saulgau gelegenen Orte Musbach, Unter- und Ober-Eggartsweiler, Reichenbach, Hopfenbach, Otterswang etc. dazu gehört haben, da sie später auch noch zu der aus dem Ertgau entstandenen Grafschaft Friedberg gehörten. S. u. Beschreibung des Ob. Saulgau S. 10. Zu dem Ramachgau gehörten dagegen ohne Zweifel die nördlichen Orte Steinhausen, Ingoldingen, Degernau, Schweinhausen, Stafflangen etc., welche dem Landkapitel Biberach zugetheilt waren.Zweifelhafte Gaue sind: Der Schussengau. Im J. 1152 bestätigt Herzog Heinrich der Löwe dem Kloster Weissenau Güter in villis pagi Schuzengeu Neugart Ep. Const. p. LXXVI. Vermuthlich aber war der Gau nur ein aus dem Ertgau oder Argengau entstandener Untergau, wenn anders die Benennung nicht bloß geographisch war.
Der Heistergau. Nach Neugart, No. 155, schenken die Grafen Chadoloch und Wago dem Kloster St. Gallen im J. 805 unter Anderem auch die Kirchen in Heistilingaue, Hochdorf etc. Neugart erklärt zwar ersteres durch Hailtingen, Oberamt Riedlingen, und ihm folgte auch die Beschreibung dieses Oberamts, S. 7 und 11; gleichwohl dürfte darunter eher Heisterkirch und sein Bezirk zu verstehen seyn, wo sich der Namen „Heistergau“ noch erhalten hat.[2]
| Die Benennung Heistilingau, Heistergau, rührt wahrscheinlich von einem kleinen Untergau her, woraus vermuthlich die alte Herrschaft Waldsee hervorgegangen ist. Zu diesem Untergau gehörte dann wohl auch „Heidcauve“ (Heidgau), das in derselben Urkunde von 805, sowie in Urkunden v. J. 797 und 817 vorkommt, und das in der Beschreibung von Saulgau für „Haid“ genommen worden ist. Ebenso gehörten vermuthlich auch die beiden Essendorf noch dazu, wo die oben genannten Grafen ebenfalls in den Jahren 797 und 817 Schenkungen machen. Daß unter Heistilingau ein Ort und nicht ein Gau verstanden werden müsse, wie Neugart glaubt, folgt nicht nothwendig; denn die Kirche konnte ja auch einzeln gestanden haben und die Kirche für einen ganzen Bezirk – die Kirche im Heistergau – gewesen seyn; siehe Heisterkirch.Ob der Linzgau in unser Oberamt eingegriffen habe, scheint zweifelhaft. Denn unter Scuzna,[3] das in dem Linzgau laut Urkunden vom Jahr 774 lag, ist schwerlich Schussenried zu verstehen, eher möchte noch Villa Chnuzersvilare in pago Linzgauginse, wo, nach Neugart No. 95, im Jahr 786 Chnuz 10 Jauchert verschenkt, für unser Knetzenweiler zu nehmen seyn. Eiganteswilare aber, wo das Kloster St. Gallen im Jahre 878 Güter erwirbt (Neugart No. 514) und das in einer Notitia de bonis in Eiganteswilare ad monasterium S. Galli pertinentibus als Unter- und Ober-Eggartsweiler bezeichnet ist, wird in der Urkunde nicht ausdrücklich in den Linzgau gesetzt. Wie in der Ortsbeschreibung bei Burgstock gezeigt ist, gehörte die ganze Insel auf der nordwestlichen Grenze des Oberamts noch zu der Grafschaft Friedberg, und somit ehemals zu dem Ertgau.
Somit war es ohne Zweifel hauptsächlich der Argengau, dem unser Oberamtsbezirk und namentlich alle Orte des alten Landkapitels Waldsee angehörten. Die Reihenfolge der Gaugrafen wird die Beschreibung des Oberamts Ravensburg| liefern. Als vormalige Grafen des Argengaues traten die Welfen in dessen erblichen Besitz ein und wurden somit die Herren von dem größten Theil des Oberamtsbezirks. Sie herrschten darin ziemlich unumschränkt, besonders nach dem Vergleiche von 1096, der sie für ihre Besitzungen von den Schwäbischen Herzogen unabhängig machte. Mit ihnen theilten sich einige edle Geschlechter in den Bezirk, theils als unabhängige Dynasten, theils als welfische Vasallen und Ministerialen durch Sold- und Amtslehen. Es waren die von Otterswang, von Schussenried, von Aulendorf, sodann die Truchseßen von Waldburg und die Schenken von Winterstetten. Dazu kamen dann noch theils früher, theils später mehrere untergeordnete edle Geschlechter, die wenigstens eine Burg mit dem dazu gehörigen Gute besaßen, wie die von Degernau, von Essendorf, von Graben, von Hummertsried, von Molpertshaus, von Moggenhaus, von Winnenden und andere längst ausgestorbene Geschlechter, deren Namen wir nachher durch die Burgen kennen lernen werden. Sodann nahmen auch mehrere Klöster und Kirchen Theil an den Besitzungen, namentlich das von den von Degernau gestiftete Kloster St. Georg auf dem Schwarzwald, die Klöster Weingarten, Schussenried, Waldsee, Ochsenhausen, Weissenau, Baindt etc.In den Besitz der Welfischen Güter traten nach einer Verfügung Welfs VI. 1180 die Hohenstaufen ein; nach dem Erlöschen der letztern aber fielen sie dem Reich anheim, und bildeten die kaiserl. Landvogtei in Ober-Schwaben.
Mit den Welfen und Hohenstaufen verschwanden auch die genannten alten edlen Geschlechter allmählig: die von Otterswang und Schussenried starben aus, die Güter der erstern, worunter auch die Herrschaft Wolfegg sich befand, kamen durch Erbschaft an die von Winterstetten und Aichelberg, die der letztern an das von ihnen 1183 gestiftete Kloster Schussenried. An die Stelle der von Aulendorf traten in den Besitz der Herrschaft Aulendorf schon frühzeitig die von| Königsegg. Die Edlen von Waldsee folgten dem Habsburg’schen Hause nach Österreich und verkauften 1331 ihre Herrschaft Waldsee, und was sie sonst hatten, an die Herzoge von Österreich. Ebenso verkauften auch die von Winterstetten theils an Österreich, theils an das Kloster Schussenried u. a. und begaben sich in Würtembergische und andere Dienste. So blieben denn von den bedeutenderen Geschlechtern neben den von Königsegg und den kleinern Gutsherren nur noch die Truchseßen von Waldburg übrig. Auch die kleinern Gutsherren verschwanden fast ganz; dagegen dehnten sich die Truchseßen und neben ihnen die Klöster immer weiter aus. Jene erwarben 1338 die Herrschaft Wolfegg, diese kauften nach und nach die kleinern Gutsbesitzer aus. Außer Schussenried war es insbesondere auch das Kloster Waldsee, das bedeutende Erwerbungen machte. Aber als reichsunmittelbares Kloster war im Bezirke nur Schussenried aufgekommen; selbst die Besitzungen der auswärtigen Reichsabteien blieben mittelbare der K. Landvogtei unterworfene Besitzungen, mit Ausnahme des kleinen Antheils von Ochsenhausen.Inzwischen hatte sich aber auch das Habsburgische Haus durch die oben erwähnten Käufe in den Besitz eines großen Theils von dem Oberamtsbezirke gesetzt. Aber dieser Besitz war nur von kurzer Dauer, bald fingen auch hier die Verpfändungen und Veräußerungen an, wozu sich das Haus durch Kriege und üble Wirthschaft genöthigt sah, und so kam es wieder um alle seine Erwerbungen in dem Bezirke. Dagegen wuchs um so mehr das Waldburgische Haus, das durch diese Verpfändungen zu dem Besitz von Waldsee und andern Herrschaften gelangte. Indem jedoch das Österreichische Haus 1486 die Reichs-Landvogtei und später auch wieder die Stadt Waldsee an sich zog, war seine Herrschaft auch in dem diesseitigen Bezirk wieder begründet, und es theilte sich jetzt der Oberamtsbezirk in der oben S. 3. schon angezeigten Weise, und wie aus der Ortsbeschreibung näher zu ersehen ist, unter folgende fünf Herrschaften:
| 1) Österreich, als Inhaber der Landvogtei und der Stadt Waldsee etc.; 2) Waldburg; 3) Königsegg; 4) das Kloster Schussenried und 5) das Kloster Ochsenhausen, wozu dann noch die verschiedenen Gefäll-Berechtigte kamen.Dieser Zustand blieb bis zu der Auflösung des deutschen Reiches. Durch den Reichsdeputations-Schluß vom 25. Februar 1803 wurde das Kloster Schussenried mit allen seinen Besitzungen dem Grafen von Sternberg-Manderscheid, die Zugehörungen des Klosters Ochsenhausen dem Fürsten v. Metternich mit voller Landeshoheit, die Güter und Rechte des Klosters Weingarten aber dem Hause Nassau-Oranien und die des Klosters Roth dem Grafen von Wartemberg zugetheilt. Durch den Preßburger Frieden, 27sten December 1805, erhielt die Krone Würtemberg die Österreichischen Besitzungen und durch die Rheinische Bundesacte vom 12. Juli 1806 die Souveränetät über den ganzen Oberamtsbezirk. Es wurde nun im Jahr 1807 das Königliche Oberamt Waldsee gebildet und dieses anfänglich dem Kreis Altdorf, später der Landvogtei am Bodensee zugetheilt. Dem Oberamt wurden als Souveränetätsamt die 9 damaligen Patrimonialämter Gutenzell, Königsegg-Aulendorf, Ochsenhausen, Roth, Schussenried, Thannheim, Waldburg-Waldsee mit Reute, Waldburg-Wolfegg, und Waldburg-Wurzach untergeordnet. Im Jahre 1810 aber und nachdem im Jahre 1809 die Patrimonialämter aufgehoben worden waren, wurden wieder mehrere Theile davon getrennt und dem neu erworbenen Oberamte Leutkirch u. a. zugetheilt, und es erhielt das Oberamt nun denjenigen Bestand, den es noch jetzt hat.
- Die Archidiakonate und Capitel waren:
1) Land-Capitel Waldsee, später Wurzach, mit folgenden Pfarreien: Altthann, Bergatreute mit Neuthann, Dietmanns, Eberhardszell, Eggmannsried, Heisterkirch mit Gwigg und Heidgau, Hochdorf, Michelwinnenden, Molpertshaus, Mühlhausen, Reute, Röthenbach, (Unter-) Schwarzach, Unter-Essendorf mit Ober-Essendorf und Winterstetten, Waldsee mit Gaisbeuren, Volkertshaus und Steinach, Wolfegg und Ziegelbach.
2) Land-Capitel Biberach. Ingoldingen mit Degernau, Dietenwangen, Filial Mittelbuch, Schussenried, Stafflangen, Steinhausen und Schweinhausen.
Land-Capitel Saulgau. Aulendorf mit Elchenreute, Eggertsweiler (Ober- und Unter-Eggartschweiler), Otterswang mit Hopfenbach; Reichenbach und Schussenried.[4]
Land-Capitel Isny, Arnach.
Zu dem Land-Capitel Waldsee gehörten außer dem Oberamte noch 5 weitere Pfarreien, s. Neugart Ep. Const. p. CVII.
Diese Eintheilung blieb fast unverändert bis zum Übergang des Bezirks unter Würtembergische Herrschaft; im Jahr 1810 aber wurde das Land-Capitel, nunmehrige Dekanat Waldsee, in Übereinstimmung mit dem Oberamtsbezirke gebildet.
Da die ältern Pfarreien meist von großem Umfange waren, so wurden allmählig einige neue Pfarreien errichtet, so| 1794 in Röthenbach, 1803 zu Molpertshaus und zu Mühlhausen, 1805 zu Schweinhausen und 1810 zu Winterstettenstadt.Klosterstiftungen von Bedeutung hatte der Oberamtsbezirk zwei:
1) die Reichsprälatur Schussenried;
2) die Abtei der regulirten Chorherren zu Waldsee.
Dazu kommen noch: ein Chorherrenstift zu Wolfegg, ein Franziskaner-Kloster zu Waldsee und 2 Frauenklöster – zu Waldsee und Reute; siehe die Ortsbeschreibung.
Die Reformation konnte bei den politischen Verhältnissen des Bezirks keinen Eingang finden. Zwar fehlte es nicht an dem Verlangen der Einwohner darnach; allein die Versuche wurden, wo sie sich zeigten, mit Gewalt unterdrückt. So wurden zu Waldsee am Mittwoch vor Himmelfahrt 1530 ein Priester und 7 Schweizer wegen wiedertäuferischen Glaubens, und 2 Tage später 2 Weibspersonen aus demselben Grunde hingerichtet. Am Ostermontag 1531 schickte der Truchseß Georg von Stuttgart, wo er sich als Statthalter aufhielt, 40 Reiter nach Waldsee, um die Anhänger der neuen Lehre im Zaume zu halten. Sie wurden zwar alle um’s Leben gebracht; allein eine Veränderung in dem kirchlichen Zustande wurde nicht erreicht. Nur zu Stafflangen wurde unter dem Schutze der Biberacher durch den damaligen Grundherrn die lutherische Lehre mit einigem Erfolge eingeführt, allein auch hier siegte bald der Glaube der Väter wieder.
Auch während des 30jährigen Krieges war das Oberamt ein trauriger Schauplatz der Verheerungen, 1629 wurde das Kloster Schussenried, 1641 das Schloß Wolfegg durch den Schwedischen General Wrangel eingeäschert. Im Gefolge des Krieges wandelten Hand in Hand Theuerung, Hungersnoth und pestartige Seuchen, die in dieser Gegend schon im Jahr 1629 anfingen zu wüthen und gegen 7/8 der Einwohner dahin rafften. Wolfegg z. B., das im Jahr 1600 über 2000 Unterthanen zählte, hatte im Jahr 1647 noch 139, so in Schussenried etc. In dem Spanischen Successions-Kriege wurde der Bezirk in den Jahren 1702/3 von den bayrischen und französischen Truppen heimgesucht und besonders im Jahr 1704, nach der Schlacht bei Hochstädt, von der fliehenden französischen Armee hart mitgenommen. Auch in den letzten französischen Kriegen blieb der Bezirk nicht verschont; auf dem Rückzuge des Generals Moreau im Herbst 1796 fielen kleine Gefechte zwischen Otterswang und Michelwinnenden vor, wobei eine Mühle und 2 andere Gebäude zu Schwaigfurt ein Raub der Flammen wurden. Von der Grenze des Oberamts machte Moreau am Tage der Schlacht bei Biberach, 2. Oktober, seinen Haupt-Angriff.
Vor der Schlacht bei Ostrach 1799 sammelte sich die Kaiserlich Österreichische Armee bei Schussenried unter dem Erzherzog Karl, der sein Quartier in einem Bauernhause zu Otterswang hatte. Ebenso belästigten auch die Heerzüge vor dem Treffen bei Mößkirch, 5. Mai 1800, die Gegend ungemein, und nach dem Treffen fielen neue Gefechte darin vor. General Lecourbe hatte seine Stellung an der Schussen| genommen, ehe das Treffen bei Biberach am 9. Mai gegen den Kaiserlichen General Gray Statt fand.
Straßen. Wirkliche Spuren oder Überreste von römischen Straßen sind bis jetzt noch nicht gefunden worden. Dessen ungeachtet ist nicht zu bezweifeln, daß verschiedene römische Straßenzüge durch den Oberamtsbezirk geführt haben, da derselbe rundum – an dem Bodensee, der Argen, der Iller und der Donau – von römischen Niederlassungen umgeben war, deren Verbindungsstraßen durch das Oberamt laufen mußten. Dies ist um so weniger zu bezweifeln, als in dem Oberamtsbezirke selbst noch mehrere Punkte gefunden werden, welche auf römisches Alterthum hinweisen.
Gebäude. Das gräflich Königseggische Schloß, und zwar das älteste der drei mit einander in Verbindung stehenden Schlösser zu Aulendorf, ist ohne Zweifel römischen Ursprungs. Es ist den römischen Thürmen zu Hatzenthurn, Frohnhofen und Zußdorf ganz ähnlich, und von ungeheuren aufeinander gethürmten Felsenmassen errichtet. Ebenso der Thurm zu Gaisbeuren; siehe oben.
Unweit Aulendorf wurden im Jahr 1825 die Fundamente eines weitläufigen Gebäudes ausgegraben und hierbei zugleich verschiedene Gegenstände, als gebrannte Röhren, thönerne Gefäße, theils von gemeiner Art, theils von dem bekannten röthlichen Tafelgeschirre, und mehrere Geräthschaften etc. aufgefunden, welche, sowie die aus den Fundamenten erkennbare ehemalige Einrichtung, unzweifelhaft einen römischen Ursprung beurkunden. Siehe das Nähere darüber in den Würtembergischen Jahrbüchern, 1826, Seite 17 und folgende.
Außer diesen Punkten erregen auch noch die Orte Gaisbeuren, Otterswang, Schussenried, Winterstetten Stadt, Michelwinnenden und, wie schon bemerkt worden, Waldsee selbst die Aufmerksamkeit des Alterthumsforschers. Zu Gaisbeuren, einem schon in den ältesten Urkunden vorkommenden| Orte, steht ein Thurm, der den anerkannt römischen Thürmen ganz ähnlich ist. Ebenso standen in den gleich alten Orten Otterswang und Schussenried Thürme, welche nach Allem, was die ältesten Nachrichten davon melden, nicht den deutschen zugeschrieben werden können. Wegen Winterstetten-Stadt, Michelwinnenden und Waldsee verweisen wir auf die Ortsbeschreibung.Münzen. 1694 wurden auf dem Felde bei Waldsee von einem Hirtenknaben mehrere römische Münzen, worunter 1 Trajan, 1 Gordian, aufgefunden. Auch 1824 wurde bei Waldsee eine Goldmünze von Kaiser Constant. sehr gut erhalten gefunden.
Grabhügel und Münzen. In der Nähe des Steeger Sees befindet sich in dem Wald Seeschachen, auf einer Höhe – der Heidenbühl genannt – ein großer runder Hügel, der beim ersten Anblick als ein Werk menschlicher Hände erkannt wird. Er ist mit einem Graben umgeben, in der Mitte etwas eingesunken, und mit Buchen und Fichten bewachsen. Sein Umfang, in der Mitte des Grabens gemessen, beträgt 160 Schritte, seine Höhe vom Gipfel bis zur Grundfläche des Grabens in senkrechter Linie ungefähr 30′. Der um die Beförderung der Vaterlandskunde mannigfaltig verdiente Herr Domänen-Inspektor Meßmer zu Aulendorf ließ ihn kürzlich durchgraben; es fanden sich Kohlen, Bruchstücke eines ganz gemeinen unglassirten Thon-Geschirres und in der Tiefe von ungefähr 14 Schuhen ein großes Messer, das die Form eines Streitmessers der alten Deutschen (Spatha) hat. Der Hügel scheint eher deutschen als römischen Ursprungs, und ein Grabhügel zu seyn.
Ferner wurde 1830 in dem Etter zu Michelwinnenden ein ganzer Hafen voll altdeutscher kleiner silberner Münzen, sogenannte Bracteaten, gefunden, wovon in Waldsee noch eine beträchtliche Anzahl aufbewahrt wird. Sie sind| aus den Zeiten der Hohenstaufen. Die meisten derselben haben das gekrönte Haupt der Kaiser, den schreitenden Löwen (Schwäbische Wappen) die infulirten Köpfe der Bischöfe von Constanz, das Lamm von St. Gallen, die Lindenblätter der Stadt Lindau, die Thore der Stadt Ravensburg.Burgen und Burgruinen. Auch das Oberamt Waldsee war voll von Burgen und Schlösser. Erhalten sind aber jetzt nur noch die Schlösser zu Aulendorf, Waldsee und Wolfegg; als Ruinen sind nur noch vorhanden die von Winterstetten, Linden, Graben, Michelwinnenden und Hummertsried. Alle übrigen sind verschwunden, und ihr Andenken hat sich nur noch in einzelnen Resten, oder in schriftlichen Documenten erhalten. Hieher gehören: Waldsee, Neuwaldsee, Eberhardszell (die Burg Neideck bei Heinrichsburg), Schwarzach, Braunsberg (Burgstock), Degernau, Essendorf, Mittelbuch, Himmenweiler, Berg (bei Schweinhausen), Stafflangen, Eichen, Luizen, Altthann, Neuthann, Otterswang (Burg) etc., wovon theilweise noch Spuren vorhanden sind, ferner Hornstolz, Gaisbeuren, Magenhaus, Moggenhaus, Molpertshaus, Möllenbronn, Michelwinnenden etc.
Abgegangene Orte. Die fast allenthalben im Oberamtsbezirk noch jetzt statt findende Vereinödung ist ohne Zweifel der Grund, warum fast keine Spuren abgegangener oder verschwundener Orte zu finden sind. Die einzigen Namen abgegangener Orte, deren Spuren man noch findet, sind: Alt-Otterswang und Neubronn bei Hopfenbach, bei andern haben nur die Namen gewechselt.
- ↑ Bei diesem Überblick verweisen wir theils auf die Geschichte der einzelnen Orte, theils auf die des Oberamts Ravensburg.
- ↑ Es ist dies der Fall hauptsächlich auch in dem „Heistergauer Forst“, der als vormaliges Schwabenlehen im Besitze des Fürsten von Waldburg-Wolfegg-Waldsee sich befindet. Der Forst umfaßte mehrere Quadratmeilen, wovon ein Theil ehemals zur Landvogtei gehörte. Durch Vergleich vom 20. September 1587, bestätigt vom Kaiser Rudolph II. 1591, kam er an das Waldburgische Haus gegen Verzichtleistung auf die forstliche Ober- und Jagdbarkeit im Altdorfer Walde und zu und um Waldburg und Abtretung des Dorfs Baienfurt. Theile davon gingen mit Vorbehalt für den Heimfall an Schussenried und später auch an Aulendorf über. Dieser Forst umfaßte nach einer Karte, die in Folge eines 1511 zu Insbruck mit der Landvogtei geschlossenen Vertrags aufgenommen wurde, gerade den Bezirk Heisterkirch und mit ihm fast alle diejenigen Orte, welche zu der alten Herrschaft Waldsee gehörten, s. Heisterkirch.
- ↑ S. Schussenried.
- ↑ Kommt auch im Land-Capitel Biberach vor. Auch der Gau war schwankend.