Beschreibung des Oberamts Göppingen/Kapitel B 35

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Gemeinde Hochdorf,[1]

evangel. Pfarrdorf mit 1108 Einw., wor. 4 Kath., liegt südwestlich 4 St. von Göppingen, an der Grenze der Oberämter Göppingen und Eßlingen, gehört ins Oberamt, Dekanatamt, Cameralamt und Forstamt Kirchheim und in die II. Classe der Gemeinden. Die Zehenten stehen größten Theils dem Staate und kleinern Theils der Gutsherrschaft von Steinbach, OA. Eßlingen, und dem Pfarrer und dem Meßner des Ortes von Amts wegen zu. An den übrigen grundherrlichen Rechten des Staats hat die Gemeinde seit 1817 für 1008 fl. 34 kr. abgekauft. (S. auch S. 84.)

Der Ort liegt im Filsthal, nicht ferne vom linken Ufer der Fils, in welche der am Dorfe vorüberfließende Dammbach oder Thalbach, der hier eine kleine Mahlmühle treibt, sich ergießt. Die Häuser (129 Haupt- und 60 Neben-Gebäude) stehen theils im Thale, theils auf kleinen Anhöhen. Die am obern Theile des Dorfes liegende Kirche zum h. Martin wurde 1775 neu gebaut, ist gut erhalten, bietet aber nichts Sehenswerthes dar. Die Baulast haben die örtlichen Kassen. Das angenehm dabei gelegene Pfarrhaus hat | der Staat zu erhalten. Das zugleich zum Rathhaus bestimmte Schulhaus hat die Gemeinde 1822 erbaut. Der Vermögensstand der fleißigen Einwohner ist nur mittelmäßig. Die Stallfütterung besteht schon längst. Flachs, welcher besonders geräth, und Hanf werden viel gepflanzt. Die Wiesen liefern gutes Futter. Die wenigen Weinberge werden mehr und mehr ausgerodet; dermalen stehen noch 21/8 M. im Ertrag. Das Kernobst geräth; edlere Sorten sind aber selten. Die Rindviehzucht gestaltet sich allmälig auch zu einem Hauptnahrungszweige; die Schafzucht ist aber weniger bedeutend. Von selteneren Gewerben können blos 1 Feldmesser, 1 Blättersetzer, 1 Beutelmacher und 1 Messerschmied genannt werden. Die zahlreichen Weber arbeiten nur noch für Fabriken um den Lohn. Eine Ziegelhütte steht 1/4 St. vom Orte nahe an der Fils.

Die Pfarrei hatte nie Filialien. Das Patronat ist königlich. An der Schule stehen ein Schulmeister und ein unabhängiger Gehülfe. Sie wurde schon 1562 (wo der Ort 55 Wohnhäuser und 250 Communicanten zählte) gegründet. Eine Strick- und Näh-Schule wurde 1828 errichtet. Der Begräbnißplatz liegt um die Kirche her.

Hochdorf wird erstmals 1199 genannt, wo das Kl. Adelberg ein Gut in Hohetorf gegen ein solches zu Holzhusin an das Kloster St. Georgen abgibt (S. auch Betzgenried S. 156.) Nach gabelkhover’schen Notizen soll der Ort schon 1300 dem Göppinger Bürgergeschlechte Wernzhäuser gehört haben, und nach Steinhofer (II. 963) trat Wernher Wernzhäuser dasselbe 1454 an Württemberg ab und erhielt dagegen das, was dieses in Klein-Eislingen (S. 259) besaß. Es kann jedoch dießfalls nur die Vogtei und Grundherrlichkeit gemeint seyn, da die Hohheit über Hochdorf wohl schon mit Kirchheim erworben worden war. An den grundherrlichen Rechten hatten aber auch noch einige Edelleute Theil. Pfaff Heinrich von Reicheneck vermacht dem Kl. Kirchheim das Gut, das genannt ist der von Wildenau Gut. Adelberg kaufte 1410 einen Hof von Wolf von Zillenhardt. So besaßen denn 1524 Württemberg 3 Höfe, 9 Lehengüter und die Mühle; die St. Barbara-Pfründe in Kirchheim 2 Höfe und 1 Lehen; unser Frauen Caplanei daselbst 1 Lehen; die Caplanei Notzingen 1 Lehengut; eine Caplanei im Kl. Kirchheim 1 Lehen, und dieses selbst 1 Lehen und sonstige Rechte; das Kl. Adelberg endlich 1 Lehen und 2 Sölden. Auch die Hospitäler Eßlingen und Kirchheim hatten damals schon seit langer Zeit einige Lehengüter. Über alle Güter aber hatte Württemberg die Hohheit und Vogtei. Hochdorf wurde, wie oben S. 95 erwähnt, 1485 vom Amtsverbande Kirchheim getrennt und Göppingen einverleibt, durch das Gesetz von 1842 aber wieder an Kirchheim zurückgegeben.

| Den Kirchensatz übergab Graf Ulrich von Württemberg 1450 dem Kl. Adelberg. (Sattler IV. Beil. S. 97.) Damit waren nur einige Zehentrechte verbunden, einen weitern Theil hatte Adelberg schon 1324 von Swiger von Wildenau erkauft; den Rest kaufte Adelberg 1462 von dem Hospital Göppingen. Von gewissen kleinen Distrikten blieb er, wie zuvor, der Pfarrei Steinbach und dem Ortsmeßner. Auch der Widdumhof kam nicht in die Hände Adelbergs, sondern blieb dem Stifte Oberhofen (vielleicht von Boll her?). Bis 1440 war Baltmannsweiler, OA. Schorndorf, Filial von Hochdorf. Die Reformation wurde hier zu gleicher Zeit wie in Göppingen eingeführt.

Nach dem mehrerwähnten Berichte von 1535 soll „nicht fern, vff der Schlaisenhalden, vor viel Jahren ein Burgstall gewest seyn, genannt Hinterburg, jetzt wird darüber zu Acker gangen.“ Auch die alten Lagerbücher gedenken mehrfach einer Burg. Hier scheint das ritterliche Geschlecht, das sich vom Orte nannte, gesessen haben. Ortwinus ac Brenemüle fratres et milites de Hochdorf kommen in Urkunden 1288 vor, und Eberlin von Hochdorf, 1324 Bürger von Eßlingen, ist desselben Geschlechts. Einen Johann von Hochdorf s. Beschr. des OA. Kirchheim 184. Von dieser Familie mögen die Wernzhäuser ihre Rechte erworben haben.




  1. Da dieser Ort bei Abfassung der OA. Beschr. von Kirchheim noch dem OA. Göppingen angehörte, so muß seine Beschreibung hier angereiht werden.
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