Beschreibung des Oberamts Gaildorf/Kapitel B 16
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Die Nahrungsquellen der in mittleren Vermögensumständen stehenden Einwohner sind Fruchtbau und Viehzucht. Die Markung umfaßt 28657/8 M., worunter 6426/8 M. Wald und 861/8 M. Weide und Öden, daher 11/2 M. Baufeldes auf den Kopf kommen. Der Ackerbau gewährt im Ganzen einen ziemlich guten Ertrag an Roggen, Dinkel, Haber und Gerste. Es sind viele Gärten, namentlich Baumgärten, vorhanden; der Obstbau, dem auch der Boden nicht genug tiefgründig ist, wird nicht sorgfältig gepflegt. Der günstigen Lage des Ortes ungeachtet sind die Gewerbe nicht namhaft. Außer einer Apotheke sind 2 Mahlmühlen, 2 Ziegeleien, einige Kaufläden, 2 Gerbereien, 2 Färbereien, 2 Conditoreien und einige Bierbrauereien zu erwähnen. Der Ort ist 3 Jahrmärkte zu halten berechtigt.
Das Vermögen der Gemeindepflege ist nach Verhältniß nicht klein; noch günstiger ist das der Stiftungspflege. Von Seiten der Grundherrschaft werden stiftungsmäßig unter die Armen wöchentlich 45 Pfund Brod vertheilt. Das Kirchen-Patronat und die Besetzung der Schulstellen steht seit 1848 der Krone ausschließlich zu. An der Schule, die 25 fl. Stiftungen und 85 fl. 7 kr. Fonds hat, stehen ein, früher „Cantor“ genannter, Schulmeister und ein Gehilfe.
An Wohlthätigkeits-Anstalten sind der Hospital und das vormalige Waisenhaus zu erwähnen. Der Hospital, zuerst von dem 1450 gestorbenen Schenk Wilhelm in Unter-Limpurg errichtet, wurde 1541 von da hierher verlegt und sein Grundstock allmälig vergrößert. Bei der Theilung 1772 wurde die Natural-Verpflegung aufgehoben, die Anstalt aber als eine den 5 Linien gemeinschaftliche aufrecht erhalten. Die Zahl der Pfründen wurde von 12 auf 6 herabgesetzt, welche a) wegen der Herrschaft Speckfeld von den Grafen von Rechtern zu 30/60, b) wegen der Herrschaften Gröningen, Schmiedelfeld und Ober-Sontheim von der Krone zu 16/60, c) wegen der letztern und Limpurg-Sontheim-Michelbach von dem Fürsten von Löwenstein-Werthheim-Freudenberg zu 8/60, d) wegen Limpurg-Sontheim-Gaildorf von dem Grafen von Pückler zu 6/60 vergeben werden. Die Stiftung beträgt 13.297 fl. Activ-Capitalien, Gebäude, Feld-Güter und Waldungen, und hat seit | Aufhebung der Natural-Verpflegung jährlich 166 fl. 551/2 kr. von der Gemein-Herrschaft Ober-Sontheim zu empfangen. – Das von dem Hofprediger Müller 1700 gegründete, von Schenk Vollrath mit einem Garten und Bauholz beschenkte, durch Collecten und Beiträge der Ortsheiligen unterhaltene, Waisenhaus war gleichfalls für die Sontheim’schen Orte gemeinschaftlich, und hatte bald einen so guten Fortgang, daß Capitalien ausgeliehen und zumal 40 Pfleglinge aufgenommen werden konnten. Wegen Verminderung der Einnahmen mußte aber später die Zahl der Letzteren auf 10–12 herabgesetzt werden. Im Jahr 1811 wurde die Anstalt ganz aufgehoben und das in 400 fl. Capitalien, Haus und Gütern bestehende Vermögen der Gemeinde Ober-Sontheim zu Schulzwecken überlassen. – Der Begräbniß-Platz wurde 1618 auf einer südwestlichen Höhe außerhalb des Ortes angelegt.Der Ort ist alt. Am 1. Juli 1002, bei seinem Zuge von Worms nach Bamberg, hielt sich Kaiser Heinrich II. in Suntheime auf, welches nach Stälin’s Vermuthung (I. 469) dieser Ort ist. Im Jahr 1383 wurden vor dem Gericht zu Hall H. von Kottsbühl und W. von Enslingen wegen der Bühler zu Ober-Sontheim vertragen, welche als ein „gemein Wasser“ bezeichnet wird. Seitz von Kottsbühl und Ulrich von Enslingen, Bürger zu Hall, sind 1390 Zehentherren. Der Haller Bürger Hans Speltacher verkauft 1462 an die Präsenz zu St. Michael in Hall 2 Güter. Das Schloß, einst der Sitz des rittermäßigen Geschlechtes von Suntheim, wovon wir schon mehrere Glieder getroffen, war, als es erstmals genannt wird, im Besitze der von Crailsheim. Im Jahr 1487 ist die Rede von einer Caplanei zu St. Peter „in Castro Suntheim.“ Georg von Crailsheim zu Schönbronn verkauft dasselbe, wie es seine Eltern besessen, mit 7 Gütern 1475 an Schenk Wilhelm, der 1477 von Anna Geyer, Heinrich Berler’s Wittwe 9 Güter, worunter die Badstube, kauft. Limpurg kaufte ferner: 1478 von Seitz Künlin 5 Güter, 1479 von Hans von Stetten 1 Hof, 1483 von Hans von Vellberg die Vogtei zu Ober-Sontheim, die dieser von Hohenlohe zu Lehen hatte, und 1 Gut, 1541 von der Stadt Hall 10, 1557 von Hans Wolf von Rechberg zu Heuchlingen 3 Güter, 1562 und 1599 von der Stadt Hall alle Zehenten, 1563 von Conrad von Vellberg 4, 1575 von Markgraf Friedrich zu Brandenburg 3 Güter und 1578 vom Stift Ellwangen mit der hiesigen Frühmesse mehrere Caplanei- und Heiligen-Güter. Von Bauern hatten die Schenken in den Jahren 1479–1575 13 freie Güter erworben. Im Jahr 1583 kauften sie von den von Gaisberg’schen Erben den von ihren Voreltern ererbten Sitz zu Ober-Sontheim, wie derselbe allenthalben umfangen und begriffen ist. Auf diese Weise wurde der Ort ganz Limpurgisch; 1563 wurde auch von Kaiser Ferdinand die | Errichtung eines Halsgerichtes mit Stock und Galgen nebst dem Rechte zu 3 Jahrmärkten gestattet und Schenk Friedrich mit dem Blutbann belehnt. Die Hafner von Sontheim (s. Bröckingen) saßen in Unter-Sontheim. Die politischen Geschicke der Herrschaft Ober-Sontheim sind im allgemeinen Theile dargelegt. Im Jahr 1741 waren hier 18 herrschaftliche und 123 bürgerliche Wohnhäuser mit 145 Unterthanen (Familien), wozu 5 herrschaftliche Räthe und Officianten, und 14 Kirchen- und Gemeinde-Diener kamen. Dieß käme einer Einwohnerzahl von etwa 900 gleich; 1785 war dieselbe 1100.
Die älteren kirchlichen Verhältnisse erhellen aus einer Urkunde des damaligen Abtes von Ellwangen von 1448, worin er sagt, es habe das Dorf, seitdem die Capelle daselbst erbaut worden, eine ansehnliche Summe Gülten zusammengebracht, um eine Frühmesse in dieselbe zu stiften. Da das Dorf in die Pfarrei Unter-Sontheim gehöre, die selbst ein Filial von Bühlerthann sey, beide aber Ellwangen zu verleihen habe, so genehmige er die Stiftung mit der Bestimmung, daß die zugehörigen Güter, wovon 8 in Ober-Sontheim, unvogtbar und die darauf sitzenden Leute Ellwangen gerichtbar seyn sollen. Die Capelle war dem heil. Cyriacus geweiht und stand auf dem Marktplatz. Limpurg erwechselte 1578 von Ellwangen das Besetzungsrecht zur Caplanei, brach die Capelle ab und fing den Kirchenbau an, scheint aber schon 1550 die Pfarrei errichtet zu haben, und berief bereits 1561 den ersten evangelischen Geistlichen hierher. Von 1613 an bekleidete der Pfarrer zugleich das Amt eines Superintendenten, auch war er Hofprediger. Die 1601 errichtete Stelle eines Diaconus („Caplans“) ward 1773 wieder aufgehoben. Bis 1848 stand das Patronat der Herrschaft und nachmaligen standesherrlichen Gemeinschaft Ober-Sontheim zu. – Schon 1620 ist vom „alten Schulhause“ die Rede.
Ober-Sontheim wurde im dreißigjährigen Kriege durch kaiserliche, französische und schwedische Truppen dreimal geplündert (Prescher), das Schloß namentlich 1634. Im September 1632 wurde eine Truppe Kaiserlicher, die den Ort besetzt hatte, von den Schweden geschlagen. Ende Septembers 1645 schlugen hier die Bayern eine französisch-schwedische Abtheilung von 400 Mann und machten sie allermeist nieder. – Noch 1720 waren bei dem Orte 4 Seen; 1481 kaufte Schenk Wilhelm eine „Seestatt“, der „neue Kottspühel“ genannt.
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