Beschreibung des Oberamts Gaildorf/Kapitel B 21
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Zum Forstamte Comburg sind Bröckingen, Kieselberg und Münster, zum Forstamte Lorch die übrigen Parzellen eingetheilt. Die Vermögensverhältnisse der Gemeindepflege sind nicht ungünstig, die der Stiftungspflege mittelmäßig. Für die Armen der Pfarrei Münster hat 1788 die Fürstin Christine Wilh. von Leiningen 736 fl. gestiftet. Die Schulverhältnisse sind nach den Kirchensprengeln geregelt. Zehentherren waren bisher: in Bröckingen und Münster die Standesherrschaften Limpurg-Gschwend und Limpurg-Waldeck und die Pfarrei Münster; in Unter-Roth die beiden erstern; in Reippersberg die Standesherrschaft Limpurg-Gschwend, in Schönberg die Standesherrschaft Limpurg-Waldeck; in Kieselberg, das vom großen Zehenten frei ist, die Pfarrei Münster hinsichtlich des kleinen Zehenten.
| Sämmtliche Parzellen gehörten bis 1806 zur Herrschaft Limpurg-Gaildorf-Wurmbrand, Landamts Gaildorf, mit Ausnahme einiger Theile von Unter-Roth und Reippersberg, welche unter dem Stabsamt Comburg standen und 1808 vom Oberamt Vellberg zum Oberamt Gaildorf kamen.Von den einzelnen Orten im Besondern:
a) Unter-Roth, früher auch Niedern-Roth, 5/8 St. südwestlich von Gaildorf im Kocherthale an dem Fuße des Miedbergs und den oben erwähnten Straßen. Ein reinlich gehaltener, von dem Spitzelbach bewässerter, zunächst der Roth gelegener Ort, mit ansehnlichen Gebäuden. Die Gemeinde-Angelegenheiten werden in einem Privathause verhandelt. Zu dem Orte gehört das schön gelegene Chausseehaus am Miedberg und die Ölmühle an der Roth.
Früher waren Comburg und Limpurg Herren des Ortes. Limpurg kauft 1338 von Walther Haugg von Wöllstein einen Hof; 1398 von Seyfried von Michelfeld seine Güter, die zuvor die Gregg besessen und bis dahin von den Herren von Weinsberg Lehen waren; im Jahr 1473 stifteten die Schenken Friederich und Wilhelm an die ewige Messe in der Capelle zu Adelmannsfelden „die Weilerstatt Unterrot an der Rodt gelegen“, die Schenk Friederich von Junker Ulr. von Schechingen erkauft hatte; um 1488 kauft Limpurg von den Gmünder Bürgern im Steinhaus ein Gut und von Bauern einige freie Güter; 1509 von Wilhelm und Erkinger von Rechberg die Vogtei über ein dem Kloster Lorch zustehendes Gut im Steigersbach. Auch ein 1467 durch die Caplanei Gebenweiler von Balthasar von Hausen erworbenes Gut, 2 Lehen des Heiligen zu Münster und 4 Güter, die nur 1 Fastnachthenne und 1 Gulden zu Schirmgeld reichten, standen unter Limpurg. Comburg hatte 6 Güter, davon 5 den Schenken, 1 Comburg vogtbar waren; auf letzterem saßen 1804 4 Unterthanen. – Der Mordbrenner, welche im spanischen Erbfolgekriege hier niedergemacht wurden, ist S. 110 gedacht.
Wann der vorgedachte Ort Steigersbach abgegangen, ist unbekannt.
b) Bröckingen, 5/8 St. östlich von U. (Unter-Roth) am Waldrande des rechtseitigen Kocherufers, östlich und westlich von Bergen umgeben. Unter den Orten, welche Graf Heinrich von Rotenburg 1091 von den Brüdern von Altdorf erhält, um sie dem Kloster Comburg abzutreten (s. Eutendorf), wird auch Drezenwilare genannt (welches das Würt. Urk.-Buch I. 399 für einen abgegangenen Ort hält), womit wohl dieser Ort gemeint seyn kann. Limpurg besaß 1374 den Zehenten und 21/2 Güter. Es kaufte 1384 von dem Haller Bürger Seyfried Heffner von | Sontheim 1 Hube, 1477 von Gottfried von Bachenstein 4 Höfe, 1488 von Ulrich von Münkheim 1 Hof, der auch 1483 1 Hof an die Pfarrei Sulzbach am Kocher verkaufte. Von 1484 bis 1535 machen mehrere Bauern ihre freien Güter den Schenken gültbar, vogtbar, gerichtbar und dienstbar. Ein Gut gehörte dem Heiligen zu Gaildorf, ein anderes der Capelle zu Heerberg.c) Hohnkling, 1 St. südwestlich von U. auf dem Walde. Der Ort war eine Zugehörde der Burg Röthenberg. Die Zehenten erwarb Limpurg 1563 vom Kloster Murrhardt. Ein Lehen gehörte der Pfarrei Vichberg. Die Einwohnerzahl war 1785 nur 129.
d) Kieselberg, 1/2 St. nordwestlich von U. auf einer Ecke des Kieselbergs, von wo aus sich eine schöne Aussicht in das untere Kocher-Thal und in’s Hohenlohe’sche eröffnet. Der Hof war ehemals ein Kammergut mit einem Herrenhaus.
e) Münster, 1/2 St. östlich von U. zu den Füßen des östlich sich erstreckenden Waldgebirges, nahe am rechten Kocherufer, in welchen hier der das Dorf bewässernde Dahnbach fällt, sehr schön und angenehm gelegen. Über den Kocher führt eine bedeckte Brücke. Der Pfarrweiler ist größtentheils wohl gebaut und war bis 1820 der Sitz der Gemeindebehörden. Der Pfarrer wohnt in Gaildorf, das nur 1/8 St. entfernt ist. Die Kirche, ganz von Quadern, liegt auf der nordöstlichen Seite mitten in dem, seine Umgebungen etwas überragenden, auf der südlichen Seite in Garten-Anlagen umgewandelten, nach Norden hin aber noch gebrauchten Kirchhof, und verdient eine nähere Betrachtung.
Das Schiff bildet ein in der Richtung von West nach Osten gestelltes längliches Viereck, im Lichten etwa 56′ lang und 30′ breit, mit flacher, früher hölzerner, jetzt vergipster Decke; es hat 2 Eingänge, über dem westlichen Portal ein Rundfenster mit Kreuzfüllung und gegen Mittag 3 hohe Spitzfenster. Östlich am Langhaus steht der dreiseitig geschlossene Chor, im Lichten 23′ breit und 25′ tief, ebenfalls mit platter Decke und nach dem Schiffe hin durch einen zugespitzten Bogen geöffnet. In den 3 Schlußseiten, so wie gegen Mittag hin, befindet sich je ein hohes, von einem senkrechten Stabe gleichmäßig abgetheiltes, im Bogenfelde mit einfachen Ornamenten gefülltes Spitzbogenfenster. Auf der nördlichen Seite des Chors, an das Langhaus sich anschließend, steht der, an den Außenseiten etwa 17 und 20′ im Maß haltende, viereckige Thurm, in den man vom Chor aus durch eine Spitzbogenthüre tritt; der untere Raum desselben bildet die nur spärlich erhellte Sakristei. An der nördlichen Seitenwand des Schiffes, dem südlichen Portal gegenüber, ist eine mit ganz einfachen Ornamenten gezierte Nische, in welcher sonst | die hienach erwähnten Bilder aufgestellt gewesen seyn mochten, jetzt zu einem Kirchenstand eingerichtet. Die Kanzel ruht auf einer an die südliche Seite des Eingangs in den Chor gestellten Säule. Der Chor ist durch Kirchstühle und eine Empore nebst der Orgel, die gerade vor dem mittlern Fenster steht, verunstaltet und verfinstert. An der nördlichen, blinden Seite des Chors ist ein leider der Spitze beraubtes Sacramenthäuschen angebracht: ein in die Wandung eingelassener, mit Gitterthüre verschlossener Schrank, dessen Umfassung und Aufsatz in einfachen, hübschen, in Sandstein gehauenen Ornamenten besteht. Die Umfassung enthält an den beiden obern Ecken des Kastens die Wappen von Limpurg und Montfort, dazwischen einen Engel, der das Schweißtuch vorhält. Glasmalereien finden sich im Chor keine, dagegen in einem der 3 Kirchenfenster das Bild der Madonna, ziemlich roh, im mittlern Fenster aber 2 kleine, runde, ungefähr 8″ im Durchmesser haltende Scheiben, auf deren erster die Geißelung Christi, auf der andern der heilige Sebastian, an einen Baum gebunden und von Pfeilen getroffen, in schwarzen Umrissen dargestellt sind. Der Thurm hat 4 Stockwerke; das unterste, zugleich das höchste, ist oben mit einem Kreuzgewölbe von stark hervortretenden Gurten geschlossen; in dem Schlußstein ist das Limpurgische Wappen eingehauen. In das zweite Stockwerk tritt man unter dem Dach des Chores, von wo eine Treppe vollends hinauf bis zu den Glocken führt. In den mittlern Abtheilungen finden sich kleine, schmale Lichtöffnungen, im obersten Stockwerk aber nach allen 4 Seiten hin größere, je durch ein nach Innen wie nach Außen zurücktretendes Säulchen in 2 gleiche Theile getheilte, kreisrund geschlossene Fensteröffnungen. Der Thurm mag bis zur Spitze des Daches ungeführ 100′ messen , wovon beiläufig 1/3 auf das Dach kommt. Von den im Thurm hängenden 3 Glocken sind 2 alt, ohne Jahreszahl; sie zeigen in der Umschrift mit rohen Majuskeln die Namen der 4 Evangelisten (bei der einen kommt es vor, daß der in dem Wort Markus enthaltene Buchstabe k nicht aufrecht, sondern quer steht, was vermuthen läßt, daß die Schrift angegossen und dabei jener Buchstabe aus Versehen in solcher Stellung hingekommen ist). Für das hohe Alter der (früheren) Kirche sprechen die dem vorgothischen Baustyle angehörigen Thurmfenster, so wie die, aus gemischten römischen und neugothischen Majuskeln bestehenden Glockeninschriften, die im 13ten Jahrhundert schon nicht mehr gebräuchlich gewesen sind. Die Kirche, wie sie jetzt steht, stammt jedoch ihrer ganzen Anlage nach, höchstens aus dem 15. Jahrhundert. Dafür zeugen sowohl die spitzbogigen Fenster und Thürme, so wie die geschweiften Linien, die an einzelnen Ornamenten zu bemerken sind, als die an dem Sakramenthäuschen angebrachten Wappen, welche, den bis | jetzt bekannten Limpurgischen Stammtafeln nach, nicht wohl andere seyn können, als entweder die Wappen des (1482 †) Schenken Conrad und seiner Gemahlin, der Gräfin Clara von Montfort, oder der jüngern Schwester desselben, der an den Grafen Rudolph v. Montfort verheiratheten Schenkin Elisabetha. (Die letztere Annahme hat deßhalb eine größere Wahrscheinlichkeit für sich, weil dem Limpurgischen Wappen seine Stellung links, dem Montfortischen aber die seinige auf der rechten Seite des Tabernakels angewiesen worden ist.) Von den in Holz geschnitzten Bildern, welche das Innere dieser Kirche geziert haben, sind noch mehrere, aber leider höchst verwahrlost, vorhanden. [1] Diese Figuren sind: Christus am Ölberg nebst den schlafenden Jüngern, in etwas mehr als halber Lebensgröße, von meisterhafter Hand, aber zum Theil gänzlich zerstört. Sie scheinen ursprünglich bemalt gewesen zu seyn; es ist aber von den Farben kaum eine Spur mehr zu finden. Ohne Zweifel haben dieselben die oben gedachte Nische ausgefüllt. Vier weitere Figuren, sitzend, ebenfalls ursprünglich bemalt, mögen die Bilder von Kirchenpatronen oder höheren Geistlichen dargestellt haben; sie sind aber gänzlich ruinirt, indem sämmtlichen die Hände und drei davon die Köpfe abgeschlagen sind. Sodann sind auch noch einige Heiligen-Bilder vorhanden, welche die älteren Altäre (deren es 2 gewesen zu seyn scheinen) geziert haben mögen. In Ermangelung der Hände, die ihnen abgeschlagen sind, so wie aller Attribute, läßt sich aber nicht wohl bestimmen, wen sie vorgestellt haben. Auch sie sind von Künstlerhand, etwa 3′ hoch, und ursprünglich reich vergoldet und bemalt gewesen. Das besterhaltene dieser Bilder endlich ist die Maria mit dem Leichnam Christi auf dem Schoos, ein ausdrucksvolles Bild, dem ein besserer Aufbewahrungsort zu wünschen wäre, als der Kasten in der Sakristei, der es vor weiteren Beschädigungen doch nicht schützt.Unter dem Dache wird ein Todtenwagen aufbewahrt, der 1634–1637, wo die Pest wüthete, gebraucht worden seyn soll und daher noch der Pestwagen heißt. Neben der Kirche steht die unten erwähnte uralte, ganz zerfallene Capelle. Die Baulast an der Kirche hat der Ortsheilige.
| Das Schulhaus, ziemlich alt und klein, liegt im obern Theile des Dorfes und ist vom Heiligen zu bauen. Das Patronatrecht hat zu 3/4 die Standesherrschaft Limpurg-Waldeck und zu 1/4 die Standesherrschaft Limpurg-Gschwend. An der Schule mit 60 fl. Fonds steht ein Schulmeister mit einem Gehilfen. Bis 1710 wurden auch die Todten von Gaildorf hier beerdigt.Münster, das den Namen ohne Zweifel von seiner alten Kirche erhalten hat, da im Mittelalter größere Kirchen „Münster“ hießen, wird zwar 1286 erstmals genannt, ist aber gewiß noch älter. Das Kloster Lorch hatte frühe schon Vogtrechte; 1338 belehnt es einen Conrad Glashofen, Vogt zu Gaildorf, mit 2 Gütern nebst Vogtei und kauft 1362 die letztere wieder an sich. Allein schon 1374 war der Ort mit wenigen Ausnahmen Limpurgisch. Die Schenken kauften 1414 von dem Haller Bürger Hans Spieß 2 Güter und 1415 von Hans Buning ein Gut, das vormals ein Lehen Limpurg’s war. Auch Comburg war früher schon begütert, doch ohne Vogteirechte. Im Jahr 1286 wird als plebanus de Munster ein Heinricus de Brunnen genannt (Wibel IV, 20.); 1338 setzte Bischof Otto von Würzburg einen von den Schenken von Limpurg präsentirten Priester als Pfarrer ein; es war dieß Schenk Conrad II., des Patrons Bruder, der anfänglich im geistlichen Stande war. Im Jahr 1424 nennt sich der Pfarrer, Heinrich Benkler, zugleich „Dechant des Capitels zu Halle“. Daß Gaildorf bis 1433 Filial von Münster war und wie nun das umgekehrte Verhältniß eintrat, ist S. 127, und wie seit 1810 der Pfarrer zugleich Helfer von Gaildorf ist, S. 125, angegeben. Der Filial-Verband mit Gaildorf hatte 1694 aufgehört. Das stets Limpurgisch gewesene Patronat wurde 1690 zwischen Wurmbrand und Solms-Assenheim, die zugleich das Episcopat hatten, getheilt; 1819 ging der Württembergische Antheil an Waldeck und Ysenburg, 1824 aber auch der Ysenburgische Antheil an Waldeck über.
f) Reippersberg, auch Reuppersberg, 5/8 St. südwestlich auf dem Walde. Der wohlhabendste Ort der Gemeinde, zu welchem die am Steigersbach gelegene Sägemühle gehört. Er war ein Condominat Limpurgs mit Comburg. Schon 1085 schenkte Adelbert von Bielrieth Güter in Regenhereswilare an dieses Kloster (W. Urk. Buch. I, 395), welches auch 1400 von dem Gmünder Bürger Düring Nolle 2 Lehen kauft. Limpurg besaß als Zugehör der Burg Röthenburg 1374 den Zehnten und 2 Höfe und kaufte vor 1488 von den Spieß zu Hall und von denen von Adelmann je ein Gut. Der Comburgische Besitz bestand 1657 aus 4 Lehen mit Vogtei darüber, worauf 1804 – 24 Unterthanen waren. Die ganze Einwohnerzahl war 1785 56.
| g) Schönberg, 1/2 St. südöstlich von U. in einem Waldthälchen, das von dem Steigersbach, mit dem sich hier der Osterbach vereinigt, bewässert ist. Limpurg besaß schon 1374 ein Gut und erwarb ein anderes, das noch 1453 Ulrich von Rechberg gehört. Der Ort hatte aber auch eine Kirche, die jedoch schon vor 250 Jahren nicht mehr vorhanden war. Man weiß nur, daß Hans Conrad von Hirnheim zu Wöllstein 1547 an Limpurg seine Vogteirechte auf den Heiligen zu Schönberg, das Pfarrlehen und die Kirchengüter, nebst dem „Kirchensatz“, zwei Unterthanen und andere Zinsleuten, wie er das Alles von seinen Voreltern ererbt hatte, abtrat. (Limp. Acquis. Doc.) Die Pfarrei war noch 1450 besetzt.h) Wildgarten, 5/4 St. südwestlich von U. auf dem Wald, an der Staats-Straße. Hier war vor Zeiten ein herrschaftlicher Wildpark und dann ein Stuttenhof mit einigen Wohnungen. Das kleine Gut war noch zu Ende des verflossenen Jahrhunderts eine Domaine.
Bei Reippersberg lag der längst abgegangene Ort Mettelberg.
- ↑ Noch vor ungefähr 8 Jahren fand dieselben Ober-Rentamtmann Mauch, welchem wir diese Beschreibung der Kirche verdanken, theils in einer Ecke der Sakristei, hinter anderm Gerümpel, theils auf dem Dachboden zerstreut, theils – und diese waren am übelsten daran – bereits von Fäulniß angesteckt, in einem in der Nähe der Kirche befindlichen Häuschen, in welchem das Todten-Geräthe aufbewahrt wird, und das so schlecht bedeckt war, daß das Regenwasser an jenen Figuren hinablief; er ließ sie sogleich in’s Trockene, und zwar in Ermangelung eines bessern Aufbewahrungs-Ortes, auf den Boden unterm Kirchendach bringen, wo sie noch liegen.
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