Beschreibung des Oberamts Geislingen/Kapitel B 20
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a) Mühlhausen, katholisches Pfarrdorf mit 464 kath. und 12 (nach Gruibingen eingepfarrten) protestantischen, also zusammen 474 Einwohnern im Wiesensteiger Thal, welches hier schon überall Obstpflanzung hat, 4 Stunden südwestlich von der Oberamtsstadt gelegen. Im Orte selbst scheiden sich die Vicinalstraßen nach Wiesensteig und nach Gruibingen. Er gehört in das Dekanat Eybach, Kameralamt Wiesensteig, Forstamt Kirchheim. Gleich unter dem Orte vereinigt sich der Hollbach, welcher aus dem Gruibinger Thal kommt, und durch den Schönbach einen unbedeutenden Zufluß von Nordosten her erhält, mit der Fils, welche den Ort durchfließt.
Den großen Zehnten, an die Gemeinde mehrjährig verpachtet, bezieht die Herrschaft, früher das Kollegiatstift Wiesensteig mit Ausnahme von 10 Morgen, welche schon nach Altwürttemberg zehntpflichtig waren, den kleinen die Pfarrei.
Der Ort ist freundlich, wiewohl zwischen hohen Bergen gelegen und zählt 113 Haupt- und Nebengebäude, welche großentheils mit Stroh gedeckt sind. Die Einwohner, welche nicht sonderlich wohlhabend sind, leben theils vom Ackerbau, theils sind es Maurer und Gipser, welche im Sommer ihr Brod auswärts verdienen, und im Winter Spindeln (jährlich im Ganzen etwa 20.000) verfertigen; ein Fabrikant verfertigt Aderlaßschnäpper und Schröpfköpfe. Mehrere Freileute (S. 49) sind nach Mühlhausen eingewiesen.
Die Ortsmarkung begreift 17204/8 Morgen, von denen aber der größere Theil an den Bergen und auf der Alp | liegt, und einen steinigten Boden hat; oberhalb des Ortes ist ein bedeutender Tuffsteinbruch.Die Gemeinde hat schöne Waldungen, und noch etwas Schulden, welche übrigens in kurzer Zeit vollends abgetragen werden.
Es bestehen 54 Realgemeinderechte, deren jedes 2–3 Klafter Holz, 2–300 Wellen und einen Antheil am Ertrag des Pförchs und der Schaafweide abwirft.
Die Stiftung hat unbedeutendes Vermögen und nur etwa 180 fl. jährlicher Einkünfte, sie hat die Baulast der Kirche, welche im Jahr 1715 fast neu gebaut wurde. Ihre Schutzheilige ist die h. Margaretha. Das Patronat der Pfarrei hatte früher das Kollegiatstift zu Wiesensteig, jetzt der Staat, welchem auch die Baulast des Pfarrhauses obliegt. Die Pfarrei wurde bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts als Filial vom Kollegiatstift versehen, und dann zu einer Lokalkaplanei, später einer eigenen Pfarrei erhoben.
Die Gemeinde hat ein eigenes Schul-, Meßner- und Rathhaus, welches in den Jahren 1834 und 1835 erbaut wurde.
Mühlhausen mit einer dortigen St. Quintinskirche erscheint schon im Jahr 812 und f. unter den Besitzungen des Kl. Lorsch an der Bergstraße. (Mulinhusen, Cod. Laur. Nr. 3213. 3208. 3226, wird wenigstens in der Verbindung, in welcher der Ort hier vorkommt, am sichersten auf dieses Mühlhausen gedeutet.) Im Wiesensteiger Stiftungsbrief vom Jahr 861 kommt Mulenhusen unter den Orten vor, in welchen das Stift den Zehntbezug erhielt.
Nach dem Wiesensteiger Amtsgrundbuch stund in Mühlhausen ein Schloß, welches erst im vorigen Jahrhundert abgebrochen und in früherer Zeit von dem kaiserlichen Notar Missenhardt bewohnt wurde. Dasselbe war helfensteinisches Eigenthum und stand hinter der Pfarrkirche auf der Ebene abseits der Straße in der Richtung gegen die Exenmühle.
Vor ein Paar Jahren ereignete sich bei Mühlhausen ein großer Felssturz in der Buchsteige.
| b) Dotzburg (d. i. Mariä Todsburg) mit 11 Einwohnern, 1/4 Stunde vom Orte entfernt, in einer einsamen Bergbucht, besteht jetzt nur noch aus einem einzigen Hause. In früherer Zeit stund hier eine Kapelle, nach der Tradition eine Stiftung des Weltpriesters Konrad Wahrenheinz vom Jahr 1389, welche durch Wallfahrten sehr bekannt war und als eine Expositur zu Stift Wiesensteig gehörte. Im Jahr 1805 wurde diese Kapelle abgebrochen und das wunderthätige Marienbild nach Wiesensteig versetzt, worauf die große Wallfahrt aufgehört hat.Friedrich Graf von Helfenstein († 1483) schenkte am St. Thomastag 1482 der Kapelle zu unserer lieben Frau zu Dotzburg seinen Zehnten zu Ganslosen, Reichenbach und Hausen an der Fils, wie auch auf dem Wasserberg, doch daß man daselbst alle Freitag an der Frohnfasten für 2 Gulden Brod und Wein den armen Leuten zu Wiesensteig ausspende (Kerler Geschichte S. 123). Unter manchen frommen Stiftungen zeichnete sich das jährlich zwischen Ostern und Pfingsten abgehaltene Jägerfest aus. Bei einem feierlichen Hochamte versammelten sich sämmtliche Wiesensteiger Forstbeamte und Jäger. Der jüngste Jägerbursche eröffnete mit dem Leithunde den ersten Opfergang, darauf folgte das gesammte Forstpersonal in voller Uniform, und nach ihnen sämmtliche Jägersfrauen und Töchter. Beim 2ten Opfergang paradirte ein anderer Leithund, an den sich dann sämmtliche Jagdliebhaber geistlichen und weltlichen Standes anschlossen. Das beträchtliche Opfer fiel der Kirche zu.
Nach der Volkssage soll sich in alten Zeiten zu Dotzburg ein fürchterliches Burgverließ gefunden haben, worinnen die Besitzer der Ritterburg, welche dort gestanden habe, die Opfer ihrer Raub- und Fehdegierde dem Hungertode, dem Ungeziefer und dem Verfaulen bei lebendigem Leibe preisgaben.
In der Nähe von Dotzburg ist ein großer Kalktuffsteinbruch, aus dem man gute, brauchbare Steine gewinnt, daselbst findet man schöne Versteinerungen. – Über die Dotzburger Höhle ist S. 13 nachzusehen.
| c) Der Eselhof mit 8 Einwohnern, ohne eigene Markung, ist ein Bauernhof, 1/2 Stunde entfernt, auf der Alp gelegen.Mühlhausen nebst den Parzellen gehörte von alten Zeiten her zur Herrschaft Wiesensteig, deren Schicksale es theilte.
Ganz von der Mühlhauser Markung umschlossen ist die zwischen Mühlhausen und Gosbach gelegene Exenmühle, welche nach Gruibingen (O.A. Göppingen) gehört.
In dem Wiesensteiger Stiftungsbriefe kommt der Ort Tiufental vor, welcher an das noch heut zu Tag so genannte Tiefenthal erinnert, das der Schönbach bewässert, und welches bei der Exenmühle von Nordosten her in das Filsthal einstreicht.
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