Beschreibung des Oberamts Gmünd/Kapitel B 21

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Täferroth, mit Mäderschafhaus,
Gemeinde III. Kl. mit 708 Einw., wor. 23 Kath.; a) Täferroth, Pfarrdorf, 206 Einw., b) Buchhhof, Hof, 11 Einw., c) Rehnenmühle, Haus, 11 Einw., d) Thierhaupten, Weiler, 247 Einw., mit Koppenkreut, Hof, 11 Einw., Utzstetten, Weiler, 222 Einw. – Evang. Pfarrei; die Kath. sind nach Leinzell, beziehungsweise Zimmerbach eingepfarrt. 2 Stunden nordöstlich von Gmünd gelegen.


Gar lieblich liegt beim Zusammenmünden der beiden tiefen, waldigen Thäler der Lein und der Roth das ziemlich kleine, aber freundliche und reinliche, schön zerstreute Dorf mit großen, oft vertäfelten und roth bemalten Bauernhäusern, die schon den Baustil des Welzheimer Waldes verkünden und bei denen Wohnung und Scheune meist unter Einem Dache sind. Weite Aussichten bieten sich gerade keine, dagegen erfreut und befriedigt hier der Anblick dieser stillen, engen Thäler mit ihren dunklen Nadelwäldern an den Gehängen und den lichtgrünen Thalgründen, durch welche muntere Flüßchen, reizend gesäumt von hohen üppigen Laubbäumen, sich schlängeln.

Die hübsche, mitten im Dorf auf einem Hügel, im noch ummauerten Friedhof gelegene Kirche zur h. Afra wurde an der Stelle einer früheren ganz im spätgothischen Stil erbaut. Der zweistockige, mit mächtigem Zeltdach bekrönte Thurm steht zwischen Schiff und vieleckigem, mit Strebepfeilern versehenem Chore; die Fenster sind alle spitzbogig, und namentlich die des Chors mit schönen Maßwerken erfüllt. Über dem Südportale steht das Jahr der Erbauung 1491. Innen ist das Schiff flachgedeckt mit einer getäfelten im Spätrenaissance-Geschmack bemalten Decke, Thurm und Chor dagegen sind von herrlichen, leider dick übertünchten Netzgewölben überspannt. Im Chore finden sich sehr beachtenswerthe Alterthümer: ein großes treffliches gothisches Krucifix, ferner gothische Chorstühle, auf deren tannenen Rückenbrettern Halbfiguren, Propheten, Heilige, Könige u. s. w. höchst ausdrucksvoll und schön mit bewunderungswürdiger Meisterschaft eingeritzt und gemalt sind; die Bekrönung des Gestühls ist noch zum Theil die ursprügliche; dann findet sich ein hübsches gothisches Sakramenthäuschen, und der halbleserliche Grabstein eines Ritters von Wasenherbach, † 8. August 1604. Von den zwei Glocken zeigt eine sehr alte in gothischen Majuskeln die Namen der vier Evangelisten, die andere in gothischen Minuskeln dasselbe und die Jahreszahl 1468. Die Unterhaltung der Kirche ruht auf der Stiftungspflege.

Das ansehnliche, bei der Kirche stehende Pfarrhaus ward 1768 erbaut und ist vom Staat zu unterhalten. | Das schöne, 1842 erbaute Schul- und Rathhaus enthält neben den Gemeinderathsgelassen zwei Lehrzimmer und die Wohnung des Schulmeisters.

Gutes Trinkwasser liefern für den Mutterort stets hinreichend 12 Pumpbrunnen, für Thierhaupten 16, für Uzstetten 26 und ein laufender Brunnen; in beiden Parzellen tritt zuweilen Wassermangel ein, das Wasser wird dann von Quellen außerhalb des Orts geholt. Auch die Markung ist reich an guten Quellen, die von Täferroth hat zwei mit sehr gutem Wasser, den Krähbrunnen und den Mühlbrunnen, die von Thierhaupten mehrere, doch ohne Namen, Utzstetten den schon genannten laufenden Brunnen mit vorzüglichem Wasser.

Dann fließen über die Markung die Lein, die Roth, der Sulzbach und der Laubbach; die beiden ersteren treten zuweilen verheerend aus. In Utzstetten ist ein Weiher, der abgelassen werden kann; in Thierhaupten war früher ein solcher, der nun in Wiesengrund verwandelt ist.

Durch Vicinalstraßen nach Muthlangen, Leinzell, Thierhaupten, Durlangen und Utzstetten ist der Ort mit der Umgegend in Verbindung gesetzt.

Im Orte führen eine hölzerne Brücke und zwei Stege über die Lein, eine Brücke über die Roth, dann führt außerhalb desselben ein hölzernes Brückchen über den Sulzbach und ein Steg über die Lein; die Brücken hat theilweise die Amtskorporation, die Stege aber die Gemeinde ausschließlich zu unterhalten.

Die im allgemeinen kräftig gebauten Gemeindeeinwohner, von denen gegenwärtig 3 über 80 Jahre zählen, nähren sich hauptsächlich von Feldbau und Viehzucht, während die Gewerbe nur wenig vertreten sind und nicht einmal für das örtliche Bedürfniß ausreichen.

In- und außerhalb des Ortes besteht je eine mit Sägmühle verbundene Getreidemühle von zwei Mahlgängen und einem Gerbgang; in Täferroth finden sich zwei, in den Parzellen je eine Schildwirthschaft; Kramläden sind im ganzen drei vorhanden.

Die Vermögensverhältnisse sind befriedigend; der begütertste Bürger besitzt 130–140 Morgen Feld und 45 Morgen Wald; der Mittelmann 30–40 Morgen Feld, 11 Morgen Wald, die ärmere Klasse 2–5 Morgen Feld. Auf angrenzenden Markungen liegen etwa 20 Morgen hiesigen Bürgern gehörende Güterstücke.

Die Gemeindemarkung ist mit Ausnahme der beträchtlichen, meist bewaldeten Thalgehänge eben und hat zu 2/3 einen ziemlich fruchtbaren zu 1/3 aber einen unergiebigen Boden, auf den Anhöhen größtentheils aus einem nicht tiefgründigen Lehm bestehend, der theils von Liassandstein, | theils von Liaskalk unterlagert wird und daher stellenweise leicht oder naßkalt erscheint. Oben an den Gehängen tritt ein schwerer Thonboden (Zersetzung des Knollenmergels) auf und unter diesem folgen die Zersetzungen des weißen Keupersandsteins. In den Thalebenen haben sich Alluvionen abgelagert, die theilweise, namentlich im Roththale nicht gehörig durchlassend sind und daher saures Futter erzeugen. Steinbrüche im Liaskalk und im weißen grobkörnigen Keuper sind für das örtliche Bedürfniß angelegt; auch Lehm- und Sandgruben bestehen.

Das Klima ist im allgemeinen rauh und nähert sich stark dem des Welzheimer Waldes; kalte Nebel und Frühlingsfröste schaden häufig, und die Anhöhen sind wegen ihrer nicht geschützten Lage den Winden sehr ausgesetzt. Hagelschlag kommt selten vor.

Die Landwirthschaft wird fleißig betrieben und hebt sich immer mehr, indem man den Boden durch kräftige Düngung, wobei auch Gips, Kalk und Kompost in Anwendung kommt, zu verbessern sucht; auch haben zweckmäßige Ackergeräthe, wie der gußeiserne Suppinger Pflug, die Walze, die eiserne Egge allgemein und die Repssäemaschine vereinzelt Eingang gefunden.

Zum Anbau kommen, außer den gewöhnlichen Cerealien, Kartoffeln, dreiblättriger Klee, Angersen, Kohlraben, Reps, Flachs, Hanf und Hopfen. Von den Felderzeugnissen kommen etwa 100 Scheffel Dinkel, 100 Scheffel Haber und etwas Hopfen nach außen zum Verkauf.

Der ausgedehnte Wiesenbau liefert nur mittelgutes, zum Theil saures Futter; von den durchgängig zweimähdigen Wiesen kann etwa die Hälfte bewässert werden. Futter wird noch von außen zugekauft.

Die Obstzucht ist nicht sehr ausgedehnt, jedoch im Zunehmen begriffen, man zieht meist Spätobst (vorzugsweise Luiken und Goldparmäne), weil das Frühobst durch Frost und Nebel leidet. Obst wird nicht nach außen verkauft, zuweilen noch zugekauft.

Gemeindewaldungen sind nur 31 Morgen, dagegen Privatwaldungen 841 Morgen vorhanden; der jährliche Ertrag aus den Gemeindewaldungen, in 15–16 Klaftern und 150 Stück Wellen bestehend, wird zu Gunsten der Gemeindekasse verkauft.

Neben 80 Morgen eigentlicher Weide wird die Brach- und Stoppelweide um jährlich 1300–1400 fl. an fremde Schäfer verpachtet und überdies trägt die Pferchnutzung 300–350 fl. der Gemeindekasse ein.

Die vorhandenen Allmanden werden theils an Bürger, theils an fremde Schäfer verliehen, was der Gemeindekasse eine jährliche Einnahme von etwa 80 fl. sichert.

Die Pferdezucht ist von einigem Belang; man züchtet einen | mittleren Landschlag und bringt die Stuten zur Bedeckung auf die Beschälplatte in Gmünd; die Pferdehaltung ist mittelmäßig.

Von namhafter Bedeutung ist die mit der Leinthaler Race sich beschäftigende Rindviehzucht; drei Farren, je einer in den drei Orten, sind aufgestellt. Der Viehaustrieb ist wenig mehr üblich. Auf benachbarten Märkten wird einiger Handel mit Vieh getrieben. Im allgemeinen bildet die Rindviehzucht einen bedeutenden Erwerbszweig.

Auf der Markung laufen 600–700 Stücke feine Bastardschafe, die jedoch im Ort keine Überwinterung finden.

Das Fischrecht in der Lein und Roth hat der Staat, der es verpachtet; es kommen Weißfische, Hechte, Börsching und Aale, jedoch in ganz geringer Ausdehnung vor. Krebse beherbergen hauptsächlich die Seitenbäche obiger Flüßchen.

An öffentlichen Stiftungen sind vorhanden:

a) Die Stiftung der heiligen Afra mit 22 Morgen Stiftungswald und 2225 fl. Kapital für Kirchen- und Schulzwecke.

b) Die von verschiedenen Personen gestifteten Legate mit 1075 fl., deren Zinse zur Unterstützung der Armen verwendet werden.

Der frühere Name von Täferroth war Rot, Roth kurzweg und erst allmählig ist der Beinamen in allgemeinen Gebrauch übergegangen.

Auch dieser Bezirk gehörte sicherlich zur Herrschaft-Hohenstaufen-Rechberg und in die Waibelhub; Gmünder Geschlechter hauptsächlich waren Grundherrn. Von wem das Kloster Lorch eine ansehnliche Schenkung da erhielt, ist nicht bekannt, schon 1331 gehörte aber Rot zu den mit dem Kloster in württembergischen Schutz gegebenen Orten, von welchen keine Vogteigebühr durfte erhoben werden. Die Vorrechte der Kirche machten es leicht, das Klostergut fremder Gerichtsbarkeit zu entziehen. Den Kirchsatz verkauften die Herrn v. Rechberg erst 1357. Zwei Güter zu Roth hatte das Kloster Gotteszell, welches vergeblich versuchte, dieselben dem Gerichte in Roth zu entziehen 1443. Ein Gut in Täferroth, mit Obrigkeit u. s. w., in die Waibelhub gehörig, vertauschte Limburg an Gmünd, welches auch Gmündisch blieb, während die Gotteszeller Besitzungen an Lorch vertauscht wurden, so daß zuletzt, Einen Bauern ausgenommen, der ganze Ort Lorchisch und also später württembergisch geworden ist.

Hier war ein Klosteramt, welches Täferroth und Mulfingen und die Lorchischen Unterthanen in Thierhaupten und Utzstetten, Spreitbach, Thanau und Durlangen, Göppingen, Herlikofen, Iggingen und Schönhard, Muthlangen, Zimmern und Oberbettringen u. a. m. außerhalb des Oberamts umfaßte. Dieses Amt theilte nach der Reformation und Säcularisirung des Klosters Lorch die Schicksale Württembergs.

Weil häufige Überschwemmungen der Roth und Lein oftmals | allen Verkehr und Wandel hinderten, zu großem Schaden auch der Leute „auf dem Wald“, so vereinigten sich Lorch, Gotteszell und Gmünd 1560 zu Erbauung einer neuen Brücke über die Roth und zu Herstellung eines neuen Wegs für dieselbe. Wollen die Leute vom Wald diese Straße nicht bis zur Brücke erhalten, so mögen sie den alten Umweg fahren.

Die Kirche und unser Wydeme zu Rot und Donolzbrunnen (früheres Filial, Oberamt Gaildorf, S. 210) samt Zubehörden verkauften Ulrich v. Rechberg zu Gröningen und seine Söhne an das Kloster Lorch um 550 Pfund Heller a. 1357. Die Pfarrei hatte einen großen Umfang und wurde von Württemberg reformirt, ja 1574 wurden die zerstreuten Lorcher Unterthanen in der Umgegend alle von ihren bisherigen Pfarrkirchen weg an die zu Täferroth gewiesen mit ihren kirchlichen Akten und Sakramenten, späterhin auch noch Lindach.

Während des 30jährigen Kriegs wurde sogar die Pfarrei Frickenhofen mit Täferroth verbunden, was 1652 noch bestand. Neuerdings – 1835 – wurde im Filial Rupertshofen (Oberamts Gaildorf, S. 270) eine eigene Pfarrei errichtet.

Die frühere Parzelle Mäderhaus ist eingegangen.

Zu der Gemeinde gehören.

b) Buchhof, 1/4 Stunde nördlich von Täferroth oben am Abhange gegen das Sulzbachthal gelegen.

c) Rehnenmühle (s. oben), liegt an der Roth 1/2 Stunde nordwestlich vom Mutterort.

Die Rehnenmühle an der Roth wird z. B. 1587 als Lorchische Rennmühle genannt.

Eine Vischenz in der Rot bei des Stribeles Mühle uf dem Wage überließ der Gmünder Bürger H. Kurz an das Augustinerkloster.

d) Thierhaupten mit Koppenkreut, ein ansehnlicher Weiler, der 1/2 Stunde nordöstlich von Täferroth auf der Hochebene zwischen dem Sulzbachthal und dem Roththal eine sehr freundliche Lage hat.

Im Weiler Thierhaupten waren nachweisbar auch Gmünder Geschlechter begütert, welche z. B. 1443 dem Dominikanerkloster eine Gült von ihrem Gut zu Thierhaupten schenkten, 1482 ein Gut an die Heiligenpflege St. Johannis verkauften. Der Spital zu Gmünd kaufte Güter 1438 und 1494 und erwarb 1559 ein Fallgut des Klosters Gotteszell. Ein Gut der Maria-Magdalenenpflege zu Gmünd forderte Lorch 1443 mit Erfolg vor sein Gericht in Täferroth, Limburg aber verwechselte zwei eigene Güter und eine Gült des Heiligen zu Eschach, gerichtbar, vogtbar, schatzbar, dienstbar, zur Waibelhub gehörig, an Gmünd 1557. Diese zwei Güter blieben der Stadt | der ganze übrige Ort wurde Lorchisch, mit Gericht und Steuer u. s. w.

Der gemeine Viehtrieb wurde 1569 geordnet.

e) Utzstetten; der schöne Ort hat 1/2 Stunde nordöstlich vom Mutterort auf der Hochebene zwischen dem Sulzbach- und dem Götzenbachthal, gerade am Anfang des Laubbachthals, eine hohe reizende Lage.

In Utzstetten waren gleichfalls Gmünder Geschlechter begütert und stifteten z. B. 1468 eine Gült von da ins Dominikanerkloster. Eine Hube mit Gericht und Obrigkeit hat Limburg 1557 an Gmünd verwechselt, welche auch Gmündisch blieb, während der übrige Ort dem Kloster Lorch gehörte und deßwegen ins Gericht nach Täferroth gewiesen war und die Schicksale des Hauptorts theilte, wie Thierhaupten auch.



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