Beschreibung des Oberamts Heidenheim/Kapitel B 20
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Von einem Verein christlicher Menschenfreunde wurde im J. 1841 eine Rettungsanstalt für verwahrloste Kinder zunächst, doch nicht ausschließlich für das Oberamt Heidenheim, mit der Bestimmung errichtet, daß Kinder vom 3-14. Lebensjahr Verpflegung, Erziehung und Unterricht in derselben erhalten. Die Zahl der Kinder ist auf 50 berechnet, für welche jedoch das bisherige Lokal nicht zureichte, weswegen ganz kürzlich das ehem. Kam.-Amtsgebäude in Herbrechtingen käuflich erworben wurde. Für jedes Kind aus dem Oberamt werden jährlich 30 fl., für ein auswärtiges 40 fl., entweder aus Gemeindekassen und Stiftungsmitteln oder von wohlthätigen Privaten bezahlt. Den 24. Juni 1842 feierte die Anstalt mit guten Hoffnungen für die Zukunft ihre erste Jahresfeier. [1] Die Zahl der Kinder belief sich auf 30.
Eine Poststraße führt von Heidenheim über hier und Fleinheim nach Dischingen (Schloß Taxis), welche die Gemeinde auf ihrer Markung zu unterhalten hat. Eine kurze Unterbrechung durch bayrisches Gebiet (s. Fleinheim) steht ihrer vollständigen Herstellung im Wege.
Von Überresten aus alter Zeit ist der Römerstraße durch das Ländlethal schon gedacht worden. Grabhügel fanden sich in der Richtung nach Oggenhausen acht, wurden aber vor einiger Zeit bei Anlage der Vicinalstraße nach diesem Ort abgetragen und geebnet. Ihr Inhalt war außer den gewöhnlichen Scherben und Waffenresten nichts Besonderes. Eine viereckige Schanze, die Schweden-, auch Sachsenschanze genannt, sieht man 3/8 St. östlich vom Ort im Wald Kirchberg. Ihre Dimensionen sind folgende:
Nördl. Seite | = 460’ außen; | 400’ innen. |
Südl. " | = 470’ " | 388’ " |
Östl. " | = 575’ " | 492’ " |
Westl. " | = 544’ " | 475’ " |
40,29 " | 1755’ " |
Urkundlich bekannt wird der Ort durch die Pfalz, welche K. Otto I. daselbst hielt, schon im J. 1050 als Natta, Natten (Stälin, Wirt. Gesch. I, 618); mit der Schreibung Natta, welche die Volksaussprache wieder giebt, ist er noch in die homannische Karte eingezeichnet.
Der Kirchensatz gehörte im J. 1365 als Activlehen dem Hause Helfenstein, an das solches, wenn Gabelkhover eine Urkunde von | 1365 richtig ausgezogen hat, von den Späten von Vaymingen gekommen ist. Belehnt war hiemit im J. 1365 Peter von Scharenstetten, der ihn in diesem Jahre um 540 Pfd. Heller an Agnes von Schlüsselberg (geb. von Württemberg, in erster Ehe Gemahlin des im J. 1326 gestorbenen Grafen Ulrich von Helfenstein) und Graf Ulrich von Helfenstein verkaufte. Den 29. März 1365 „geben Agnes von Schlüsselberg und Graf Ludwig von Öttingen der Jüngere, Pfleger Graf Ulrichs von Helfenstein, dem Kloster zu Herbrechtingen den Kirchensatz ze Natten, eine Selde und den Widem zu dem Kirchensazz gehörig, von Graf Ulrichs wegen, wann er zu seinen Tagen noch nicht kommen ist“ (Reg. Boic. 9, 120). Als einverleibt genanntem Kloster wird die Nattheimer Kirche im J. 1497 aufgeführt Besold S. 959).In frühen Zeiten gehörte der Ort zur Herrschaft Heidenheim, welche laut ältesten Saalbuchs hier einen Amtmann hatte; Nattheim theilte den Wechsel der Herren mit genannter Herrschaft.
Hier bestund eine der Zollstätten des Heidenheimer Gebiets.
Güter allda hatten z. B. die Herren von Wöllwarth (Stuttg. Staatsarch.). Im J. 1430 stiftete Wolf von Westerstetten zu Staufen, Bürger zu Giengen, dem Spital daselbst ein Fruchtgefäll und den halben Theil der Gefälle aus seinem Hofe zu Nattheim, wovon sein Bruder Fritz die andere Hälfte bezog (Zeitschrift für Bayern, 2ter Jahrg. Bd. I. S. 346). – Auf Sirgenstein’schen Besitz deutet der Name eines Walddistrikts „Sirgensteinerhau,“ der auch in die Schnaitheimer Markung eingreift.
Im 30jährigen Kriege wurden in diesem Dorfe 119 Häuser eingeäschert, nur 16 blieben stehen.
Bemerkenswerth ist, daß schon im J. 1792 ein Wirth in Nattheim durch einen Neresheimer Conventual seine Wohnung mit einem. Blitzableiter versehen ließ, ein seltenes Beispiel zu einer Zeit, wo auf dem Lande noch das krasseste Vorurtheil gegen dieses Sicherungsmittel herrschte. Schw. Chron. 1792. N. 78. S. 155.
2) St. Stephan, Hof mit 6 Einw., 3/4 St. nordwestl. von Nattheim, in hoher Lage zwischen Wäldern am Anfang des Ländlethals, dem Hospital Giengen gehörig (schon längst, vor dem J. 1520, aber dem Hause Württemberg mit Erbhuldigung zugethan), mit eigener Markung. Das Volk trägt sich mit der Sage, daß in der Nähe, in dem Wald Ilgensohl, eine große Wallfahrtskirche gestanden habe, die „im Schwedenkrieg“ – denn weiter hinaus datirt das Volk seine Traditionen selten – zerstört, und deren verschüttete große Glocke durch ein Wildschwein aufgewühlt, und später nach Neresheim gebracht worden sey.
3) Wahlberg (Waldberg), Hof mit 2 kathol. Einw., 5/8 St. | südöstl. von Nattheim, an der bayrischen Gränze, rings von Waldungen umgeben, ein ansehnliches Ökonomiegut, mit Schildwirthschaft und Braugerechtigkeit, auf eigener Markung mit 1687/8 M. Gärten, Äckern, Wiesen und Waiden auf württembergischer, und 136 Tagwerken, größtentheils Waldungen, auf bayrischer Seite. Im J. 1843 wurde das Gut mit Ausnahme des bayrischen Theils von seinem letzten Besitzer, dem Freih. v. Ungelter an einen Privaten um 13.275 fl. verkauft. Die ritterschaftliche und neusteuerbare Eigenschaft, welche in Anspruch genommen wird, ist dermalen Gegenstand einer Untersuchung.4) Ziegelhütte, 1/4 St. südlich von Nattheim. Die Einwohnerzahl ist unter Nattheim begriffen. Von dem Betrieb dieser erst 1830 errichteten Hütte war oben die Rede.
5) Erzhäusle (ohne eigene, bürgerliche Einwohner), bei der Erzgrube 1834 vom Staat erbaut, 1843 auf die gegenwärtige Stelle (s. Oberamts-Karte) transferirt, dient zeitweilig dem bei der Erzgrube beschäftigten Personal.
- ↑ Erster Jahresbericht der Kinder-Rettungsanstalt in Nattheim. Heidenheim 1842. 8.
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