Beschreibung des Oberamts Laupheim/Regglisweiler
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Etwa 1/8 Stunde westlich von der Iller liegt auf einer Anhöhe der größere Theil des Pfarrdorfes Regglisweiler, von dem sich eine mit Häusern besetzte Straße in ein kleines, durch einen Bach bewässertes Thälchen in westlicher Richtung hinabzieht, während auf der andern Seite des Baches der Ort durch eine Reihe Wohnungen noch fortgesetzt wird. Auf der östlichen Seite zieht sich das Dorf ebenfalls in ein Thälchen hinab bis zur Ulm–Leutkircher Landstraße (Illerstraße), an die noch zwei Häuserreihen hingebaut sind. Die Lage des Orts ist daher uneben, und erlaubt überdieß wegen vorliegenden Anhöhen und angrenzenden Waldungen keine freie Aussicht; ersteigt man aber eine der gegen das Iller-Thal gelegenen Anhöhen, so erschließt sich dem Auge eine äußerst liebliche und ausgedehnte Aussicht nicht nur in die Thalebene selbst, sondern auch in das jenseits der Iller sich ausbreitende bayerische Hügelland.
Der Ort ist unregelmäßig gebaut, und besteht meist aus kleinen, unansehnlichen Gebäuden, die auf den ersten Blick die nicht befriedigenden Vermögensumstände der Einwohner verrathen.
Außer der durch das Dorf führenden Landstraße geht noch eine Vicinalstraße nach Weihungszell, und weiter über Orsenhausen und Roth nach dem 31/2 Stunden westlich gelegenen Oberamtssitz Laupheim. Eine Fähre, die übrigens Bayern angehört, vermittelt die Verbindung mit der rechten Seite der Iller.| Auf der Anhöhe, beinahe in der Mitte des Orts, steht innerhalb des nun aufgegebenen Begräbnißplatzes die Pfarrkirche zum heil. Johannes Baptista, die im Jahr 1841 in einem modernen Styl erbaut wurde; der viereckige, schlanke Thurm trägt ein gedrücktes Zeltdach. Das weiß getünchte, sehr freundliche Innere der Kirche enthält viele gemalte Stationenbilder und zwei im Renaissancegeschmack gefaßte Seitenaltarblätter, von denen das eine die Kreuzigung – das andere das Opfer im Tempel in ziemlich guter Ausführung darstellt. Das von Maler Huber aus Weissenhorn im Jahr 1807 gut ausgeführte Hauptaltarblatt, die Taufe Christi darstellend, wurde bei dem Neubau der Kirche neu und sehr reich gefaßt.Die Baulast der Kirche haftet zunächst auf der Kirchenpflege und subsidiarisch auf den bisherigen Zehentherrn: der Pfarrei, dem Freiherrn v. Hermann und dem Grafen von Fugger-Kirchberg.
Statt des früher um die Kirche gelegenen Begräbnißplatzes wurde im Jahr 1840 ein neuer, mit einem Bretterzaun umfriedigter, östlich vom Dorf angelegt.
Das in der Nähe der Kirche gelegene, im Jahr 1761 erbaute Pfarrhaus ist im Jahr 1841 durchgreifend erneuert worden. Die Unterhaltung desselben, nebst Nebengebäuden und Brunnen, liegt wie die der Kirche, mit subsidiarischer Haftung der Zehentberechtigten, der Kirchenpflege ob.
Das Schulhaus, welches auch die Wohnung des Lehrers enthält, steht etwas tief hinter Bäumen und Häusern versteckt.
In Ermanglung eines Rathhauses werden die Gemeinderathssitzungen in der Wohnung des Schultheißen abgehalten.
Gesundes Trinkwasser ist im Überfluß vorhanden.
Die Einwohner sind im Allgemeinen fleißig und religiös, dagegen lassen in dieser Beziehung die sog. Freileute (Pfannenflicker, Korbmacher etc.), welche sich unter der Herrschaft des Grafen v. Fugger-Blumenthal meist in Brandenburg angesiedelt haben, noch viel zu wünschen übrig. Die Haupterwerbsquellen der Einwohner bestehen in Feldbau und Viehzucht. Unbemittelte beschäftigen sich durch Taglohnarbeiten, Holzmachen und den Winter über durch Spinnen.
Wie die Vermögensumstände der Einzelnen im Allgemeinen gering sind, so ist auch die Gemeindepflege wenig bemittelt. Ihre jährlichen Einnahmen bestehen in etwa 140 fl. Schafweidepacht und 130 fl. aus der Pferchnutzung; auch besitzt sie einen von dem Grafen v. Fugger zum Geschenk erhaltenen, 21 Morgen großen Wald, der im 25jährigen Umtrieb bewirthschaftet wird, und nach Ablauf | dieser Periode einen Ertrag von etwa 30 Klaftern und 9000 Stück Wellen liefert. Ferner erkaufte im Jahr 1831 die Gemeinde von dem Freiherrn von Stein den 1/4 Stunde südlich vom Ort, auf der Markung gelegenen Sulzhof, dessen Gebäude sie abbrechen ließ und die Güter stückweise an Ortsbürger theils verkaufte, theils verpachtete, was ihr jährlich gegen 240 fl. Pachtgeld einträgt. Für die Ortsarmen ist ein Kapital von 2000 fl. vorhanden, das der verstorbene Pfarrer Bohrhauer im Jahr 1809 stiftete. Das Nähere über den Gemeinde- und Stiftungshaushalt s. Tabelle III.Die mittelgroße, etwa zu 1/3 mit Wald bestockte Gemeindemarkung hat im Allgemeinen eine etwas unebene Lage, indem sie von mehreren, jedoch nicht bedeutenden Thälchen durchfurcht wird, und überdieß an ihrer Westseite das Weihung-Thal, an der Ostseite aber das Iller-Thal die Grenze bildet. Gegen letzteres fällt das Terrain in einer steilen Terrasse ab, die auf eine ziemlich lange Strecke von den Fluthen des Flusses bespült wird.
Die Bodenverhältnisse sind mittelmäßig, theilweise schlecht zu nennen, daher auch der Ertrag der Felder geringer als in der nahen Umgegend erscheint.
Das Klima ist ziemlich mild, zuweilen schaden Frühlingsfröste und kalte Nebel, dagegen kommt Hagelschlag nur selten vor.
Bei dem landwirthschaftlichen Betrieb beobachtet man das Dreifeldersystem, und zieht in der zur Hälfte benützten Brache Kartoffeln, dreiblättrigen Klee, Kraut, ziemlich viel Flachs und nur wenig Hopfen, der einen mittelmäßigen Ertrag gewährt. Zur Aussaat werden 8 Simri Dinkel, 3 Simri Roggen, 3 Simri Gerste und 5 Simri Hafer auf den Morgen gerechnet; dessen durchschnittlicher Ertrag auf 3 – 4 Scheffel Dinkel, 2 – 21/2 Scheffel Roggen, ebenso viel Gerste und 3 – 4 Scheffel Hafer sich belauft. Die höchsten Ackerpreise sind pr. Morgen 250 fl., die mittleren 125 fl. und die geringsten 75 fl. Der Getreideverkauf nach Außen ist unbeträchtlich.
Die Wiesen, von denen nur ein kleiner Theil bewässert werden kann, sind mit geringer Ausnahme zweimähdig und liefern pr. Morgen im Durchschnitt 8 – 20 Centner Heu und 4 – 12 Centner Öhmd; ihre Preise bewegen sich von 75 – 350 fl.
Die ziemlich ausgedehnte und lebhaft betriebene Obstzucht beschäftigt sich hauptsächlich mit Mostsorten und etwas Zwetschgen; eine Gemeindebaumschule, aus der die Jungstämme bezogen werden, ist vorhanden.
Was die Viehzucht betrifft, so ist die Zucht der Pferde ganz gering, und die des Rindviehs mittelmäßig; eine gewöhnliche Landrace | ist die herrschende, und wird durch zwei Farren, welche die Gemeinde anschafft und einem Ortsbürger gegen Entschädigung in Verpflegung gibt, unterhalten. Der Handel mit Vieh ist von keinem Belang. Das Vieh wird noch in Staats- und Privatwaldungen, wohin die Gemeinde das Triebrecht hat, geweidet.Schaf- und Schweinezucht wird nicht betrieben, dagegen Geflügelzucht, namentlich werden viele junge Gänse aufgekauft, nachgezogen und wieder zum Verkauf gebracht.
Die Bienenzucht ist unbedeutend.
Die Fischerei in der Iller ist nicht unbedeutend, und wird von der Grundherrschaft in Wain, welche das Fischrecht besitzt, in Pacht gegeben.
An dem steilen Bergabhange gegen die Iller, namentlich an der sog. weißen Wand, kamen früher mehrere Erdrutschen vor, von denen die letzte 1844 erfolgte.
Etwa 1/4 Stunde nordöstlich von Regglisweiler befindet sich ein gegen die Iller vorgeschobener, beinahe freistehender, namhafter Hügel, der sog. Dürren, auf dem noch auffallend tiefe Gräben mit hohen Wällen von zwei ehemaligen Burgen vorhanden sind; sie werden der Teufelsgraben genannt, am Fuß des Hügels liegt die sog. Teufelswiese.
Eine weitere Burg soll aus dem Mühlberg, 3/4 Stunden westlich vom Ort, gestanden sein, von der man noch einzelne Überreste gefunden haben will; zunächst dieser Stelle trägt eine Quelle den Namen „Grafenbrunnen“.
Dieser zur Grafschaft Kirchberg gehörige Ort, nach welchem sich am 1. August 1273 Ulrich und Albert de Regnolfwiler nennen (Staatsarchiv), theilte in frühester Zeit das Schicksal der Veste Brandenburg (s. unten), und war im 15. Jahrhundert unter österreichische Oberlehensherrlichkeit als sog. Schwabenlehen (Wegelin Landeshoheit 2, 138) in die Hände von Ulmer Patriciern gelangt. Von solchen, Sigmund, Kraft und Walther Ehinger, erkaufte Hans von Rechberg den 13. Juni 1481 „Reklinßwiler das Dorf und das Vogtrecht, so dazu gehörend“, nebst Brandenburg dem Schloß mit seiner Zugehörung, Dietenheim dem Markt und anderem Mehrerem (Urk. im Rechberg’schen Archiv). Von den von Rechberg ging Regglisweiler im Jahr 1539 durch Kauf an die von Fugger über (vergl. Brandenburg). Im Jahr 1806 verkaufte es Maria Joseph Fugger an Bayern; die Krone Bayern verschenkte es (1810) an den General Grafen Deroy, dessen Wittwe es mit Dietenheim im Namen ihres Sohnes am 11. Juli 1830 an den Bankier Freiherrn von Süskind in Augsburg verkaufte.| Von letzterem vererbte es sich auf den gegenwärtigen Besitzer, Freiherr v. Hermann.Im Jahr 1806 kam Regglisweiler unter bayrische, im Jahr 1810 unter württembergische Landeshoheit. Ebenso das gleich zu erwähnende Brandenburg.
Das Patronatrecht an der Kirche übte von jeher die Grundherrschaft aus, nämlich früher die Grafen von Fugger, hierauf der Graf von Deroy. Von Letzterem kam es mit Dietenheim an den Freih. von Süskind, nach dessen Ableben an den Freih. von Hermann.
Laut bischöflich constanzischen Decrets von 1761 wurden die zwei Kreuthöfe nebst 17 Familien in Regglisweiler von der Pfarrei Dietenheim getrennt und der Pfarrei Regglisweiler mit allen Rechten und Einkünften einverleibt.
Zu der Gemeinde gehören:
b. Brandenburg. Der Ort liegt ganz nahe (südöstlich) an dem Mutterort, oben an dem Steilrande gegen die Iller, die hier den Fuß des Abhangs theilweise berührt und zu der sich noch einige Häuser hinabziehen. Er besteht aus meist unansehnlichen Gebäuden mit Ausnahme des modern erbauten Schlosses, das mit seinen freundlichen, ziemlich ausgedehnten Gartenanlagen auf einem Bergvorsprung steht, von dem man eine äußerst anziehende Aussicht in das Iller-Thal und in das bayerische Hügelland, wie an die Tyroler-Alpen etc. genießt. Durch den Ort führt die Ulm–Leutkircher Landstraße.
Das früher gräflich Fugger’sche Schloß Brandenburg nebst Garten ist gegenwärtig im Besitz des Zimmermeisters Selg von Biberach.
Von der ehemaligen Burg ist nichts mehr vorhanden, als der südlich derselben, den schmalen Bergrücken quer durchschneidende, überaus tiefe Burggraben, Götzengraben genannt.
Namhaft tiefer als das Schloß liegt bei der einfach gefaßten Mineralquelle[1] die in einem Halbrund erbaute Badanstalt, und unfern derselben das Gasthaus. Zunächst der Quelle bestand früher ein Weiher.
Von den im Ort vorhandenen Gewerben sind eine namhafte Bierbrauerei und eine Ziegelhütte zu nennen. | Über die natürlichen und landwirthschaftlichen Verhältnisse s. die Beschreibung des Mutterorts.Zu dem Gut Brandenburg gehörte hauptsächlich der 1/4 Stunde entfernte Sulzhof; dieser war vor einigen Jahren in zwei Höfe, Bauhöfe genannt, getheilt, die aber jetzt zu Einem Hofgut vereinigt werden, welches von dem sog. Sulzkau, aus dessen ausgestockten Gründen es besteht, den Namen führt.
Ein früheres Schloß (ohne Zweifel die oben erwähnte Burg) wurde im Jahr 1378 im Städtekrieg durch die Ulmer zerstört (Augsburger Chronik bei Mone Anzeiger 1837, Sp. 115).
Auf die hiesige Burg wurde im 13. Jahrhundert eine Nebenlinie der Grafen von Kirchberg abgetheilt. Graf Otto, im Jahr 1256, ist der erste in dieser Familie, welcher sich nach dieser Veste schreibt. Nach ihr nennen sich, so weit sich Urkunden erhalten haben, noch ein paar Grafen Otto und ein Graf Hartmann; ein Graf Otto von Brandenburg um 1300 heißt zugleich Graf von Neuhaus (bei Holzheim an der Leibe). Nach dem Anfang des 14. Jahrhunderts erlosch diese Nebenlinie, so daß der Beiname „von Brandenburg“ nicht mehr in der gräflich kirchbergischen Familie vorkommt.
Im Jahr 1313 war die Veste Brandenburg bereits an Herzog Friedrich von Österreich (den nachherigen König Friedrich den Schönen) gelangt; solcher verpfändete sie wenigstens in diesem Jahre nebst Dietenheim an Burkhard von Ellerbach (s. Dietenheim). Von Puppelin von Ellerbach kaufte der Ulmer Patricier Kraft die Burg sammt Zugehör, ferner zwei Kreuthöfe, den Zoll auf der Iller, den Markt Dietenheim mit seinen Marktrechten und dem Kirchensatz, das Bruckenhaus, den Weiler Hörenhausen, das Dorf Regglinßweiler (Regglisweiler) nebst dem dazu gehörigen Vogtrecht als österreichisches sogenanntes Schwabenlehen im Jahr 1446 (Wegelin Landvogtei 2, 138), und wurde damit 1447 von Herzog Albrecht von Österreich belehnt. Von Sigmund Kraft und Walther Ehinger gelangte, wie bei Regglisweiler erwähnt, das Schloß den 13. Juni 1481 an Hans von Rechberg, dessen Mannsstamm in seinem Sohne Veit im Jahr 1537 erlosch. So fiel Brandenburg als eröffnetes Lehen an Österreich heim, welches diesen Besitz gleichfalls als Lehen an die Fugger veräußerte, und namentlich den 1. September 1539 Anton Fugger hiemit belehnte. Wegen Brandenburgs, sowie wegen Dietenheims steuerten die Grafen Fugger zum Ritterkanton Donau.
Des Grafen Franz Ernst Fugger zu Glött jüngerer Sohn, Ludwig Xaver (geb. 1685, † 1746), stiftete einen neuen Zweig | des Fugger’schen Hauses, der anfänglich der Stettenfels’sche, nach dem Verkauf von Stettenfels aber der Dietenheim-Brandenburgische hieß, und mit dem ehemaligen k. k. bevollmächtigten Minister am schwäbischen Kreise, Joseph Maria, Graf Fugger zu Dietenheim und Brandenburg, dem Enkel Ludwig Xavers, im Jahr 1820 erlosch. Im Jahr 1806 kam die Lehensherrschaft an die Krone Bayern. In demselben Jahre ist der Lehenverband durch ärarischen Kauf abgelöst und auf Blumenthal im bayrischen Landgericht Aichach übertragen worden (v. Raiser Guntia 96).Brandenburg selbst blieb in Fugger’schen Händen, auch nachdem die Herrschaft Dietenheim an Bayern veräußert war, bis zum Jahr 1816, in welchem es aus Veranlassung des Concurses, welcher über das Vermögen der Wittwe des Grafen Joseph Maria, Caroline, geb. Gräfin von Rindsmaul, ausbrach, verkauft wurde. Der Käufer war der Criminalrath Christmann von Ulm; spätere Besitzer wurden im Jahr 1822 der k. württembergische Landvogt und Kammerherr, Freiherr v. Stein zum Rechtenstein, welcher im Jahr 1831 an den Staat 763 Morgen Wald und an die Gemeinde Regglisweiler den Sulzhof veräußerte, 1833 ein Herr v. Bühler und 1838 ein Freiherr v. Röder, von welchem der Rest des Guts auf den obengenannten gegenwärtigen Besitzer überging.
c. Kreuthöfe, ein aus vier Häusern bestehender Weiler, welcher 1/4 Stunde nordwestlich von dem Mutterort in einer etwas abgeschiedenen Gegend liegt. Gegen Westen und Norden durch Waldungen geschützt, hat der hinter Obstgärten versteckte Ort eine gesunde, nicht unangenehme Lage.
Über seine Zutheilung zu Regglisweiler siehe oben.
- ↑ Bestandtheile der Quelle nach einer gründlichen Analyse des Apothekers Dr. Leube von Ulm: in einem bürgerlichen Pfund. 0,611 Gran Salze, bestehend aus schwefelsaurem Natron, Chlornatrium und kohlensaurem Ammoniak, 2,485 Gran doppeltkohlensaurer Kalk, 0,420 Gran doppeltkohlensaure Bittererde, 0,123 Gran kohlensaures Eisenoxydul, 0,111 Gran Kieselerde und 0,136 Gran vegetabilischer Extraktivstoff.