Beschreibung des Oberamts Laupheim/Sulmingen

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Sulmingen.
Gemeinde III. Klasse mit 309 Einw. – Kath. Pfarrei.

Der ansehnliche, freundliche Ort, wird durch die Dirnach in zwei ungleiche Partieen getheilt, von denen die größere auf rechter Seite des Flüßchens, theils in der Thalebene, theils an den westlich geneigten Thalgehängen liegt, während die andere an dem östlichen, etwas steilen Thalabhange hingebaut ist. Die meist stattlichen, ländlichen Gebäude verkünden sichtlich die Wohlhabenheit der Einwohner, die man bei näherer Nachfrage auch wirklich noch antrifft, indem der Ort in öconomischer Beziehung zu den besten des Bezirks gehört; obwohl der begütertste Ortsbürger nicht über 108 Morgen Felder besitzt. Die Lage ist angenehm, gesund und ziemlich geschützt, dagegen die Aussicht, welche nur gegen Norden in das schöne Donau-Thal sich öffnet, nach anderen Richtungen beschränkt. Wie in anderen Klosterorten die Häuser meist nach Heiligen-Namen bezeichnet wurden, so hat hier jedes Haus seinen eigenen Vogelnamen, z. B. die Krähe, die Nachtigall, der Gimpel, die Lerche etc., welche Benennungen übrigens im gewöhnlichen Leben nicht mehr im Gebrauch, sondern nur noch in den Güterbüchern aufgeführt sind. Gutes Trinkwasser liefern mehrere Brunnen in hinreichender Menge.

Die dem heil. Dionysius Areopagita geweihte, sehr ansehnliche Pfarrkirche, welche im Jahr 1773 in einem modernen Styl beinahe ganz neu erbaut wurde, steht erhöht auf der rechten Seite der Rottum[ws 1] und gereicht dem Ort zur besonderen Zierde; ihre Unterhaltung wird zunächst aus dem, dermalen in 8000 fl. bestehenden Kirchenfonds bestritten, bei dessen Unzulänglichkeit der Patron der Kirche, Fürst von Thurn und Taxis, subsidiarisch eintritt. Der alte, noch aus der romanischen Periode stammende viereckige Thurm, hat sechs Stockwerke und gleicht den Thürmen in Baltringen, Mietingen etc. (s. die Ortsbeschreibungen); von den auf dem Thurme hängenden drei Glocken ist die größte im Jahr 1500 gegossen, die zwei übrigen sind aus neuerer Zeit. Das Innere der Kirche ist hell und geräumig; an der flachen Decke sind Fresken angebracht, welche sich auf die Legende des heil. Dionysius beziehen. Der dreiseitig schließende, ebenfalls flach gedeckte und mit Fresken versehene Chor, liegt um drei Stufen höher als das| Schiff und scheint viel älter als das Langhaus zu sein. Die drei Altäre und die Kanzel sind im Rococcogeschmack reich verziert.

Um die Kirche liegt der Begräbnißplatz.

Zunächst der Kirche steht das sehr ansehnliche Pfarrhaus, welches im Jahr 1765 auf Kosten des Kirchenfonds im Rococcostyl neu erbaut wurde; dasselbe bildet mit den dazu gehörigen Ökonomiegebäuden, dem Hofraume und dem Gärtchen einen angenehmen, wohlgeschlossenen Pfarrsitz; über dem Eingang befindet sich in Frontispice das in Stein gehauene Wappen des Klosters Salmansweil.

Das ebenfalls in der Nähe der Kirche stehende Schulhaus enthält außer der Volksschule auch die Wohnung des Schulmeisters, welcher ohne Gehilfen an der Schule unterrichtet.

Rathhaus ist keines vorhanden.

Die im Allgemeinen geordneten und sehr fleißigen Einwohner nähren sich von Feldbau und Viehzucht; einzelne treiben Gewerbe, die übrigens mit Ausnahme der im Ort befindlichen Mühle mit vier Mahlgängen und einem Gerbgang, einer Schildwirthschaft mit Brauerei und vier Kramläden, nur den nöthigsten örtlichen Bedürfnissen dienen.

Durch Vicinalstraßen nach Heggbach, Maselheim, Äpfingen und Baltringen ist dem Ort der Verkehr mit der Nachbarschaft hinreichend gesichert; überdieß führt die Ulm–Biberacher Landstraße nur 1/4 Stunde westlich vom Ort vorüber und die Entfernung bis zur nächsten Eisenbahnstation Langenschemmern beträgt eine Stunde, die von dem nördlich gelegenen Oberamtssitze Laupheim dagegen zwei Stunden.

Im Ort ist eine im Jahr 1838 von der Gemeinde erbaute steinerne Brücke und ein hölzerner Steg über die Dirnach angelegt.

Die mittelgroße, etwas unebene Feldmarkung, hat einen fruchtbaren Boden, der größtentheils aus einem leichten, sandigen Lehm besteht, während er aus den vom Ort südlich gelegenen Anhöhen etwas kälter, schwerer und weniger ergiebig ist. Die ergiebigsten Felder liegen in dem Baltringer Ösch und in dem Dirnach-Thale.

Das Klima ist mild und gesund; Hagelschlag kommt sehr selten vor, dagegen schaden kalte Nebel und Frühlingsfröste nicht selten in den Thalgegenden.

Die Landwirthschaft wird im üblichen Dreifeldersystem mit zu 1/3 angeblümter Brache sehr umsichtig und fleißig betrieben; außer den gewöhnlichen Cerealien, von denen der Roggen am wenigsten gerne gedeiht, kommen Kartoffeln, Futterkräuter, Kohlraben und | von Handelsgewächsen ziemlich viel Reps, Flachs etc. zum Anbau; in eigenen Ländern wird Kraut gezogen. Der durchschnittliche Ertrag eines Morgens Acker wird zu 4 – 9 Scheffel Dinkel, 21/2 Scheffel Roggen, 3 Scheffel Gerste und 4 – 5 Scheffel Hafer angegeben; die Preise eines Morgens bewegen sich von 50 – 400 fl. Getreide wird viel nach Außen, besonders auf der Schranne in Biberach abgesetzt.

Die durchgängig zweimähigen Wiesen, von denen nur ein kleiner Theil bewässert werden kann, sind im Dirnach-Thale sehr gut, übrigens nicht ausgedehnt genug, daher die Ortseinwohner auch auf den angrenzenden Markungen Baltringen, Äpfingen und Masselheim Wiesen angekauft haben. Ein Morgen Wiese, der mit 100 – 400 fl. bezahlt wird, erträgt durchschnittlich 15 – 17 Centner Heu und 8 – 10 Centner Öhmd.

Die mit den gewöhnlichen Kernobstsorten und etwas Zwetschgen sich beschäftigende Obstzucht, deren Ertrag im Orte selbst verbraucht wird, ist unbedeutend, da einerseits das Obst nicht gerne gedeiht, andererseits der Sinn für die Obstzucht noch nicht gehörig geweckt ist.

Die Gemeinde besitzt 107 Morgen Waldungen (Laub- und Nadelholz gemischt), deren Ertrag über Abzug des Schulholzes jährlich um 60 – 70 fl. verkauft wird; überdieß erhielt jeder Bürger bei einer im Jahr 1847 vorgenommenen Vertheilung eines Gemeindewaldes 73/8 Morgen Wald, so daß das Holzbedürfniß hinreichend befriedigt werden kann; wiewohl einzelne Bürger einen Theil des ihnen zugefallenen Waldes ausgestockt und mit Vortheil in Feld umgewandelt haben.

Die Brach- und Stoppelweide nährt etwa 150 Schafe, welche einem Pachtschäfer gehören; der Weidepacht trägt der Gemeindekasse etwa 150 fl., die Pferchnutzung 80 – 100 fl. jährlich.

Was die Viehzucht betrifft, so werden nicht nur tüchtige Pferde, bei denen man auch auf feinere Racen steht, gezüchtet und häufig in Handel gebracht, sondern auch ein ausgedehnter Rindviehstand gehalten; letzterer, meist aus der Allgäuerrace bestehend, bildet eine namhafte Erwerbsquelle der Einwohner und wird theils durch zwei der Gemeinde gehörige Schweizerfarren – theils durch Privatfarren (Schweizer- und Allgäuer-Bastarde) nachgezüchtet.

Die Schweinezucht dient nur für den eigenen Bedarf; mit Gänsen und Hühnern aber wird einiger Handel getrieben.

Die Bienenzucht ist im Abnehmen, obgleich die Gegend sich für dieselbe gut eignen würde. | Das Fischrecht gehört dem Grafen v. Plettenberg, der es verleiht.

Über den Haushalt der Gemeinde und der Stiftungen s. Tabelle III. Außer einer Schulstiftung von 1500 fl. für unbemittelte Kinder zu Schulgeldern und Schulbüchern besteht eine Armenstiftung von 200 fl., deren jährliche Zinsen an Ortsarme vertheilt werden.

An der Mühlhalde, 1/8 Stunde südlich vom Ort, ist ein Molassesandsteinbruch angelegt.

Im Jahr 1277 verkaufte Konrad, genannt von Sulmingen, Sohn Hermanns von Sulmingen, einen Hof an das Kloster Heggbach; wenigstens gab Graf Ulrich von Berg unter dem 30. Januar d. J. seine Zustimmung hiezu. Eben dieses Kloster erkaufte den 5. Januar 1291 hiesige Besitzungen, welche Walther Truchseß von Warthhausen von den Grafen von Kirchberg, diese von dem König Rudolf zu Lehen trugen; am 13. Dezember 1290 hatte König Rudolf seine Genehmigung ertheilt zu der Veräußerung an das Kloster Heggbach in Beziehung auf die Lehen, welche die Grafen von Kirchberg selbst von ihm trugen, und zum Theil an die genannten Truchsessen zu Afterlehen gegeben hatten. Weitere Besitzungen erkaufte das Kloster den 30. April 1298, und brachte so nach und nach den ganzen Ort an sich. Im Jahr 1296 verlieh noch Walther Truchseß von Warthausen ein paar Lehen. Von hiesigem Ortsadel kommt noch vor Heinrich von Sulmingen in den Jahren 1342, 1370 und 1381.

Kloster Heggbach, welches bis zum Jahr 1802 im Besitz des Ortes blieb, hatte die niedere Obrigkeit, während die hohe Obrigkeit dem Kloster Salem als ein von der Landvogtei Schwaben rührendes Lehen zustund (Wegelin Landeshoheit 2, 160).

Im gegenwärtigen Jahrhundert hatte Sulmingen dasselbe Schicksal wie Mietingen (welch’ letzteres nachzusehen ist), und kam namentlich im Jahr 1803 an die Grafen v. Plettenberg, im Jahr 1806 unter die Landeshoheit von Württemberg.

Der Pfarrsprengel hatte drei Stunden im Umkreis und umschloß die Pfarreien Laupertshausen, Äpfingen, die Hälfte der Pfarrei Baltringen (diese bis 1491), den Ort Simisweiler, einen Theil des Weilers Zillishausen und einige Höfe als Filialien.

Durch Bulle Pabst Urbans VI. von 1384 wurde die hiesige Pfarrei sammt aller Zugehör dem Kloster Salem einverleibt. Dieser Incorporation zu Folge sah sich von dieser Zeit an jeder Abt des Klosters als Pfarrer von Sulmingen an, bezog fast den ganzen Großzehnten und wies dem Säcularpriester, welcher nur als Pfarrvicarius | betrachtet wurde, Kleinzehnten und einige entferntere Großzehnten als Competenz an.

Das Patronat hatte Kloster Salem, seit 1803 Baden, seit 1819, in Folge eines Vertrags mit Baden, der Fürst Thurn und Taxis.

Vor der Ablösung gehörte der Großzehente meistentheils dem Fürsten Thurn und Taxis, zu kleineren Theilen dem Grafen Waldbot-Bassenheim und der Pfarrei.

Anmerkungen [WS]
  1. Fehler: Es muss Dürnach bzw. Dirnach heißen.