Beschreibung des Oberamts Nürtingen/Kapitel B 16
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Z’ Linsenhofen uffem Sand
Wachst der best im Oberland.
Die Einwohner sind thätig und betriebsam; ihr Gesundheitszustand ist im Ganzen gut, wiewohl sie an kräftigem Aussehen ihren Nachbarn in Beuren merklich nachstehen. Eine üble Sitte ist, die freilich auch anderwärts häufig anzutreffen ist, daß nicht selten sogar Kinder Branntwein zum Frühstück gereicht wird. Bei dem spärlichen und sehr zertheilten Grundbesitz hängt der ökonomische Zustand lediglich von dem Gedeihen oder Mißrathen des Obstes und des Weins ab. Die gewöhnlichen Professionen sind ziemlich vollständig hier, werden aber meistens nur im Kleinen betrieben. Am zahlreichsten sind die Weber, welche zum größeren Theile von Kirchheim aus in Baumwollenwaaren beschäftigt werden, und die Branntweinbrenner, deren 18 vorhanden sind. Ein geschickter Wagner (Albrecht Hahn) baut hübsche und solide Gefährte auf Bestellung nach den benachbarten Städten. Empfindlich fällt den ärmeren Einwohnern die Abnahme des Spinnverdienstes, – da noch kein Ersatz für diese Beschäftigung, welcher sich in den Wintermonaten Männer, Weiber und Kinder fleißig widmeten, ausfindig gemacht worden ist. Einigen Verdienst gibt im Frühjahr die hier eingerichtete Schafwäsche (oben S. 77). Noch ist ein Handelsartikel zu erwähnen, der noch immer nicht ganz unbeträchtlich ist; es werden nämlich aus andern Orten jeden Herbst viele Bienenstöcke zusammengekauft, die Bienen getödtet, und Wachs und Honig auswärts abgesetzt. Der Ort hat ein Gemeinde-Backhaus. Schildwirthschaften sind 3, Mahlmühle 1 vorhanden. – Sämmtliche Zehnten erhebt der Staat, und zwar den kleinen und Heu-Zehnten für die verwandelte Pfarrstelle. Nur an dem Fruchtzehnten hat der Hospital Nürtingen einen zu 170 fl. berechneten Antheil. Die Gemeinde hat 1843/44 sämmtliche Fruchtgülten, die auf der Markung ruhten, im Kapitalbetrag von 6000 fl. abgelöst; an Hellerzinsen, obwohl auch hievon Ablösungen Statt hatten, werden jährlich noch an den Hospital in Nürtingen 140 fl. bezahlt.
Das im Thalgrund freundlich gelegene Dorf hat ein sauberes | Aussehen und ist durch die Nürtinger Straße belebt, die sich hier in die frequentere nach Neuffen und auf die Alp, und in die Vicinalstraße nach Beuren theilt, welche in das Lenninger Thal und ebenfalls auf die Alp führt. Die Pfarrkirche steht an der Neuffener Straße; für den unvermöglichen Heiligen wird sie von der Gemeinde im Bau erhalten. Eine eigene Pfarrei besteht erst seit 1468, indem Linsenhofen früher ein Filial von Nürtingen war. Die Kirche aber ist augenscheinlich älter, und dürfte ihrer Bauart nach wenigstens der ersten Hälfte des 14ten Jahrhunderts angehören; eigenthümlich ist (wie bei der Marienkirche in Reutlingen) der rechtwinklige Chorabschluß. Im Jahr 1604 wurde das Schiff erneuert und verlängert, und dadurch unverhältnißmäßig schmal. Der Begräbnißplatz befindet sich hinter der Kirche; dieser gegenüber steht das Pfarrhaus, welches dem Staat gehört. Rathhaus und Schulhaus sind beide alt. An der Volksschule unterrichten ein Lehrer, ein Unterlehrer und ein Lehrgehilfe; auch besteht eine Kleinkinder-Bewahranstalt. Ein Liederkranz hat sich seit einiger Zeit gebildet. Der Ort selbst ist mit gutem Quellwasser nicht reichlich, im hohen Sommer sogar sehr spärlich versehen; aber ein trefflicher, vom Volk für heilkräftig gehaltener Brunnen ist der sogenannte Wasenbrunnen unterhalb des Dorfes.Am Nordostende des Ortes erhebt sich der, an seinem Südabhang mit Reben bepflanzte, Basalttuff-Hügel Bettenhart.
Linsenhofen kommt um 1100 unter den Orten vor, wo Kloster Zwiefalten Besitzungen erhielt (Berthold. Zwif. mscr. S. 41). Manegoldus de Sunemotingen, nobilis, et Mahtilt, soror comitis de Urahe, uxor ejus, nec non filii et filiae eorum monasterio Zwifaltensi inter alia dederunt apud Linsinhofen duo mansus. – Berthold Merhelt von Wurmlingen, Edelknecht zu Frickenhausen, verschafft 1358 aus seiner Wiese, gelegen bei dem alten Weg, seinen Töchtern, Adelheid und Mie, Klosterfrauen in Kirchheim, 2 Pfd. Heller. – Hier waren auch die von Hörnlingen begütert; 1443 verkaufen Heinrich von Hörnlingen und seine Schwester ihre Güter an einen Bürger in Neuffen für 500 Pfd. Heller.
Im April 1582 war hier eine große Feuersbrunst.
Dorfrecht und Ehehaften von Linsenhofen aus dem Jahr 1506 sind abgedruckt bei Fischer Erbfolge 240. – Auf dem hiesigen Rathhause findet sich ein Diplom K. Ferdinands von 1533, worin den Beamten in Nürtingen aufgegeben ist, die Bürger von Linsenhofen bei ihren Freiheiten wegen Kaufens und Verkaufens zu schirmen und zu wahren.
Mit Neuffen ist Linsenhofen, im Jahr 1301, württembergisch geworden.
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