Beschreibung des Oberamts Nagold/Kapitel B 21
« Kapitel B 20 | Beschreibung des Oberamts Nagold | Kapitel B 22 » | |||
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
| |||||
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
An der Vicinalstraße von Nagold nach Wenden und Warth hat der kleine freundliche Ort eine Stunde nordwestlich von der Oberamtsstadt auf dem Bergrücken zwischen dem Nagold-Thale und dem Minderbach-Thälchen eine freie und hohe Lage. Die im ländlichen Styl erbauten, theilweise ansehnlichen Wohnungen sind größtentheils mit steinernen Unterstöcken versehen und durchgängig mit Ziegelplatten gedeckt.
Der außerhalb (südlich) des Orts gelegene Begräbnißplatz wurde im Jahr 1798 neu errichtet; früher mußten die Verstorbenen in Nagold beerdigt werden.
Das im J. 1828 mit einem Gemeindeaufwand von 3000 fl. neu erbaute, ziemlich ansehnliche Schulhaus enthält ein Lehrzimmer, die Wohnung des Schulmeisters, die Gelasse für den Gemeinderath und eine öffentliche Backeinrichtung. Ein Armenhaus ist 1857 erbaut worden und ein Gemeindewaschhaus besteht schon längst.
Der Ort hatte früher zuweilen Wassermangel, dem aber durch einen in neuester Zeit errichteten Pumpbrunnen begegnet wurde; außer diesem sind noch 2 laufende Brunnen vorhanden.
Eine Wette ist im Ort angelegt und früher bestand 1/8 Stunde westlich vom Ort ein Weiher, der längst in Wiesengrund umgewandelt wurde.
Die Einwohner sind gut gewachsene, sehr fleißige, sparsame Leute, die sich in mittelmäßigen Vermögensumständen befinden; der vermöglichste Bürger besitzt 80 Morgen Feld und 30 Morgen Wald, der sog. Mittelmann 12 Mrg. Feld und die ärmere Klasse 11/2 Mrg. Einzelne haben gar kein Grundeigenthum und 5 Personen erhalten gegenwärtig Unterstützung von Seiten der Gemeinde. Die Haupterwerbsquellen bestehen in Feldbau und Viehzucht; viele der ärmeren Einwohner verdienen sich in reichen Samenjahren durch Einsammeln von Nadelholzsamen eine erklekliche Summe. Von den Gewerben sind, außer den nothwendigsten Handwerkern, 2 Schildwirthschaften zu nennen. Im Ort befinden sich auch einige sog. Schäufler, die in das Murgthal, besonders auch nach Gernsbach mit Frucht handeln.
Die verhältnißmäßig mittelgroße Markung, von der jedoch ein beträchtlicher Theil mit Wald bestockt ist, hat, so weit sie für den Feldbau benützt wird, eine ziemlich ebene, hohe Lage und einen im Allgemeinen mittelfruchtbaren, steinigen, düngerbedürftigen Boden, der größtentheils aus den Zersetzungen des Hauptmuschelkalks besteht.
Wegen der hohen, freien Lage ist die Luft rauh und scharf, so daß nicht allein feinere Gewächse, wie Gurken, Bohnen etc. nicht mehr gedeihen, sondern auch das Obst, welches häufig von Frühlingsfrösten | leidet, kein gutes Fortkommen zeigt. Hagelschlag kommt selten vor.Die Landwirthschaft wird den natürlichen Verhältnissen angemessen betrieben; in der üblichen Dreifeldereintheilung baut man die gewöhnlichen Cerealien und in der zu 1/4 angeblümten Brache werden Kartoffeln, Futterkräuter (vorherrschend dreiblättriger Klee) etc. gezogen. Kraut, Kohlraben, Hanf etc. baut man in Ländern. Bei einer Aussaat von 7–8 Sri. Dinkel, 4–5 Sri. Haber und 4 Sri. Gerste, wird durchschnittlich von dem Morgen 7–8 Scheffel Dinkel, 4–5 Scheffel Haber und 3–4 Scheffel Gerste geerntet. Wicken und Haber werden häufig gemischt gebaut. Die ergiebigsten Äcker kosten gegenwärtig 300 fl., die mittleren 200 fl. und die geringsten 25 fl. per Morgen. Von den Getreideerzeugnissen können über den eigenen Bedarf jährlich gegen 300 Scheffel Dinkel und 25 Scheffel Haber nach Außen abgesetzt werden.
Der Wiesenbau ist nicht ausgedehnt und die meisten Wiesen liegen überdieß auf angrenzenden Markungen; sie sind 1–2mähdig, können nicht bewässert werden und ihr durchschnittlicher Ertrag beläuft sich nur auf 12–15 Ctr. Heu und 6–8 Ctr. Öhmd per Morgen.
Die Rindviehzucht ist verhältnißmäßig bedeutend und bildet eine Haupterwerbsquelle der Einwohner, indem mit Mast- und Jungvieh ein nicht unbeträchtlicher Handel getrieben wird; man hält eine tüchtige Landrace mit Simmenthaler Kreuzung und zur Nachzucht sind 2 Farren aufgestellt, die ein Bürger gegen 70 fl. jährlich im Namen der Gemeinde hält.
Die Schafweide ist an Bürger um 40 fl. jährlich verliehen, welche etwa 120 Stück Rauhbastardschafe auf derselben unterhalten.
Schweinezucht findet nicht statt und die Ferkel (halbenglische) werden von Außen bezogen.
Die Gemeinde besitzt 230 Morgen Waldungen, von deren jährlichem Ertrag jeder Bürger 1/4 Klafter und 25 Stück Wellen erhält; der Rest wird verkauft, was der Gemeindekasse gegen 200 fl. jährlich einträgt. Überdieß sind Allmandtheile älteren Bürgern zur Benützung überlassen.
Durch den Ort führt eine Römerstraße, welche unter der Benennung „Weinstraße“ von Nagold herkommt, und von der man in den vom Ort südlich gelegenen Waldungen noch auf große Strecken, den gepflasterten Straßenwall verfolgen kann. (s. d. Allg. Theil). Auf den Fluren „Mauren und Zimmerle“ sollen Gebäude gestanden seyn.
| M. gehörte zur Herrschaft Altensteig und kam mit ihr 1603 an Württemberg.Der Ort erscheint als Mündelersbahc in einer Kloster Reuthiner Urkunde von 1295, als villa Mündlerspach im J. 1330 unter den Orten, wo das Enzklösterle Einkünfte bezog. Hiesige Güter und Rechte sammt Zehenten erkaufte Herzog Ulrich von Württemberg von dem Kloster Stein am Rhein.
« Kapitel B 20 | Beschreibung des Oberamts Nagold | Kapitel B 22 » | |||
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|