Beschreibung des Oberamts Tübingen/Kapitel A 2

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II. Natürliche Beschaffenheit.


1. Bildung (Beschaffenheit) der Oberfläche im allgemeinen.

Um ein anschauliches Bild von der Beschaffenheit der Oberfläche entwerfen zu können, müssen wir nothwendig die geognostischen Verhältnisse, nach denen sich die Terrainformen strenge richten, in ihren allgemeinen Umrissen zu Grunde legen; nach denselben zerfällt die Physiognomie des Bezirks in 4 ganz verschiedene Charakterzüge, in die des Keupers, des schwarzen (Lias), des braunen und des weißen Jura.

1. Die Gruppe des Keupers erscheint hauptsächlich an den Thalgehängen des Neckars, der Ammer, theilweise der Steinlach, der Echaz, der Schaich und des Golderbachs, wie auch an den Seitenthälern dieser Gewässer. Im Schönbuch verbreitet sich der Keuper auch stellenweise über die Hochebene, wie in den Walddistrikten Erlen, Dickenberg etc.; auch auf der rechten Seite des Neckar-Thals greift er noch bei Kirchentellinsfurth und Oferdingen in die Hochebene ein. Der zwischen dem Neckar- und Ammerthal liegende seltsam geformte Ammerberg (Spitzberg) mit dem Österberg gehört durchaus der| Keuperformation an. Die Thäler des Keupers sind mit Ausnahme des Neckar-Thals und des unteren Steinlach-Thals eng und beginnen mit mehrfach verzweigten Schluchten. An den ziemlich hohen, meist steilen, vielfältig durch Seitenthälchen und Schluchten unterbrochenen Thalgehängen, treten je zwischen zwei Schluchten oder Thälchen wohlgerundete, gegen die Thalsohlen hufförmig sich erbreiternde Vorsprünge auf, an denen sich die anstehenden Keuperschichten durch Absätze (Terrassen) kennzeichnen. Von den Hochflächen brechen die Gehänge nicht plötzlich, sondern allmählig und gerundet gegen die Thäler und Schluchten ein; nur an dem Ammerberg beginnen die oberen Gehänge an einzelnen Stellen mit schroffen Kanten an der Rückenebene.

Die Keupergruppe dient vorzugsweise dem Waldbau, an den südlich geneigten Abhängen des Neckar- und des Ammerthals dem Weinbau und nur an einzelnen mäßig geneigten Abhängen, oder am Fuße der Steilgehänge und auf den Höhen bei Hagelloch, Kirchentellinsfurth, Oferdingen, Dettenhausen etc. dem Feldbau.

Die mittlere Erhebung des Keupers über die Meeresfläche beträgt im disseitigen Bezirk etwa 1400′; seine bedeutendste Erhebung findet er auf dem Dickenberg (Mark. Hagelloch) 1641′, seine geringste bei Oferdingen mit 1109′. Hieraus ergibt sich das namhafte Einfallen der Gebirgsschichten von Westen nach Osten.

2. Über den Keupergehängen erhebt sich eine mehr oder minder geneigte Stufe (Terrasse), mit welcher der schwarze Jura (Lias) beginnt; er bildet meist eine flachwellige, mit einzelnen unbedeutend eingefurchten Thälchen durchzogene, fruchtbare Hochebene, die mit Ausnahme des Schönbuchwaldes für den Feldbau benützt wird. Die engen Thäler schneiden schroff und kantig in die Liashochebenen ein; ihre Gewässer sind weniger gekrümmt, als die des Keupers und vereinigen sich meist unter spitzen Winkeln, während die Einmündungswinkel der Keupergewässer sich mehr einem rechten nähern. Der Lias verbreitet sich hauptsächlich über die weit gedehnten Hochebenen auf beiden Seiten des Neckar- und des Steinlachthals. Die mittlere Erhebung des Lias über die Meeresfläche beträgt etwa 1500′. Die bedeutendste ist auf dem Eckberg südlich von Dettenhausen mit 1779′, die geringste bei Rommelsbach mit 1293′.

3. Geht man auf der Liasebene in der Richtung gegen die Alb, so erscheint auf den Markungen Nehren und Gönningen die aus den verschiedenen Gliedern des braunen Jura bestehende Vorterrasse der Alb, die sich in vielfältig getheilten kleinen Formen über die Liasebene ziemlich steil erhebt und theils für den Feldbau, theils| für den Waldbau benützt wird. Auch hier kennzeichnen sich die verschiedenen Schichten des braunen Jura durch Absätze (Stufen) an den Gehängen, von denen die der blauen Kalke (brauner Jura γ) sich nicht selten zu einer kleinen Ebene ausbilden, über die sich endlich die oberen Schichten des braunen Jura δ ε ζ erheben und an die Alb anlehnen, wo sie jedoch häufig mit weißem Juraschutt überlagert sind, hinter dem bald

4. der zusammenhängende weiße Jura, die Alb, in sehr steiler hoher Wand, die schroff, kantig, öfters felsig von der Hochebene abbricht, sich majestätisch erhebt und außer Wald und Weide keine Kultur mehr zuläßt. Nur auf der Markung Gönningen tritt noch ein kleiner Theil der Alb in den disseitigen Bezirk und ragt dort mit zwei Armen (Roßberg und Stöffelberg), zwischen denen sich das Wiesaz-Thal sehr tief und eng eingenagt hat, gegen das an ihrem Fuß sich ausdehnende fruchtbare Land. Die Erhebung des weißen Jura über die Meeresfläche beträgt auf dem Roßberg (Hauptsignal) 3047′, während der braune Jura sich 1873′ erhebt.

a. Erhebungen und Höhenbestimmungen.

Mit Ausnahme der in den Thälern gelegenen Orte und der Albhöhen bewegt sich die durchschnittliche Erhebung des Bezirks von 1300–1500 W. F. über dem Meere. Der höchste Punkt des Oberamtsbezirks ist der Roßberg mit 3047′, der tiefste an dem Ausfluß des Neckars aus dem Oberamtsbezirk (Markung Oferdingen) mit etwa 1000′ über dem Meere.

Trigonometrisch bestimmte Höhen sind:

Höhe über dem Meere.
Württ. Fuß. Par. Fuß.
Tübingen, Stadtkirchthurm, Knopf 1379,3 1216,5
      "   "   Erdfläche 1189,2 1048,8
      "       Observatorium, obere Fläche des Signalsteins 1387,3 1223,5
      "   "   Boden d. Signalsteins 1384,0 1220,6
      "       Nullpunkt am Pegel unter der Neckarbrücke 1107,0 976,3
      "       Erdfläche vor der Krone 1123,0 990,4
      "       Erdfläche vor der Traube 1162,0 1025,0
      "       Bahnhof, Schwellenhöhe 1122,5 989,9
      "       Erdfläche am Gewächshaus des botanischen Gartens 1143,5 1008,5
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Höhe über dem Meere.
Württ. Fuß. Par. Fuß.
Tübingen Österberg, Erdfl. am Signalstein[1] 1526,6 1346,3
      "   "   höchster Rücken 1531,0 1350,3
      "   "   Markstein am Scheideweg 1366,5 1205,0
      "       Arbeitskelter, Erdfläche 1199,0 1057,4
      "       Niveau der Ammer an der Einmündung des Weilerbachs 1163,4 1026,1
      "       Weilerhalde, Signalstein 1546,0 1363,7
      "       Schwärzloch, Erdfläche an der östlichen Giebelseite 1290,0 1137,7
      "       Ödenburg, Signalstein 1423,7 1255,6
      "       Ammern, Thürmchen, Knopf 1312,2 1157,3
      "   "   Erdfläche an der Kirche 1236,9 1091,0
      "       Viehweide, Signalstein 1569,3 1384,0
      "       Wanne, Signalstein 1705,7 1504,3
      "       Gaishalde, höchste Stelle 1712,0 1509,9
      "       Steinenberg, Signalstein 1711,1 1509,1
      "       Heuberg, Signalstein 1688,0 1488,8
Altenburg, Kirchthurm, Knopf 1213,2 1070,0
      "       Kirchthurm, Erdfläche 1144,4 1009,4
      "       Niveau des Neckars bei der Fähre 1042,3 919,3
Bebenhausen, Klosterkirchthurm, Hahn 1422,0 1254,1
  "   Klostergebäude, Erdfläche 1284,3 1132,8
  "   Forstrathsgarten, Signalstein 1265,5 1116,1
  "   Weihersteig, Psilonotenbank an der Straße 1269,3 1119,3
  "   Rothgraben, Signalstein, Pentacrinitenbank 1527,0 1346,8
  "   Waschwiese, Signalstein 1222,0 1077,7
  "   Niveau des Goldersbachs am Einfluß des Seebachs 1198,0 1056,6
  "   "   "   Goldersbachs am Einfluß des Kirnbachs 1162,0 1024,8
  "   "   "   Goldersbachs unter der Brücke im hintern Thal 1232,5 1087,0
  "   "   "   Golderbachs an der Einmündung des Arabachs 1268,6 1118,8
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Höhe über dem Meere.
Württ. Fuß. Par. Fuß.
Bebenhausen, Niveau des großen Goldersbachs am Einfluß des kleinen 1357,0 1196,8
  "   Wasserspiegel des kleinen Goldersbachs unter d. Klaftersteiglesbrücke 1450,0 1278,8
  "   Herrengarten, Signalstein 1400,2 1234,9
  "   Kirnberg, Erdfläche an der großen Eiche 1520,0 1340,6
  "   Langwiese, Signalstein 1188,5 1048,2
  "   Sauwasen, Signalstein 1156,6 1020,1
  "   am Hägig, Signalstein 1176,1 1037,2
  "   Langenrücken, höchste Stelle 1635,0 1442,0
  "   Schwefelbrunnen, Signalstein 1274,5 1124,0
  "   Schwefelbrunnen, Wasserspiegel am Ursprung 1307,0 1152,7
  "   Trompeterwasen, Kreuzstraße 1602,0 1412,9
  "   Waldhausen, Scheuer des G. Klenk, östliche Giebelspitze 1750,0 1543,4
  "   bei Waldhausen, Signalstein 1707,6 1506,0
  "   Sand, Signalstein 1568,9 1383,8
Degerschlacht, Kirchthurm, Knopf 1460,3 1287,9
  "   Kirchthurm, Erdfläche 1390,4 1226,2
  "   Höhe, Signalstein 1432,2 1263,2
  "   Birkäcker, Signalstein 1343,7 1185,2
Derendingen, Kirchthurm, östl. Giebelspitze 1252,9 1105,0
  "   Kirchthurm, Erdfläche 1168,7 1030,7
  "   Riedern I. Signalstein 1425,5 1257,1
Dettenhausen, Kirchthurm, Knopf 1526,0 1345,9
  "   Kirchthurm, Erdfläche 1443,5 1273,2
  "   Niveau der Schaich unter der Brücke 1365,0 1203,8
  "   Gasthaus zur Post, Erdfläche 1401,2 1235,8
  "   Höhe, Signalstein 1474,5 1300,4
  "   Weinhalde, Signalstein 1637,0 1443,8
  "   Mühlhau, Signalstein 1385,8 1310,4
  "   Sauwasen, Signalstein 1523,6 1343,8
  "   Stelle, Kreuzstraße 1520,3 1340,9
  "   Bebenhauser Fußweg, Signalstein 1673,0 1475,5
  "   Eckberg, höchster Punkt an d. Straße 1779,0 1569,0
  "   Eichenfürstbächle, Niveau unter der Straßenbrücke 1633,0 1440,3
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Höhe über dem Meere.
Württ. Fuß. Par. Fuß.
Dettenhausen, Grund, Signalstein 1491,4 1315,3
  "   Störrenäcker, Signalstein 1428,0 1259,4
  "   Weißenhau, Posthaltershäuschen 1670,5 1473,3
  "   Mutterfeld, Signalstein 1664,0 1467,6
Dörnach, Kirchthurm, Knopf 1427,7 1259,1
  "   Kirchthurm, Erdfläche 1360,1 1199,5
  "   Wasserspiegel am Einfluß des Mühlbachs in den Merzenbach 1218,0 1074,2
Dußlingen, Kirchthurm, Giebelspitze 1523,6 1343,8
  "   Erdfläche an der Kirche 1403,0 1237,4
  "   Niveau der Steinlach unter der unteren Brücke 1296,5 1143,4
  "   untere Mühle, Erdfläche am Eingang 1315,0 1159,7
  "   Pulvermühle, Erdfläche am östlichsten Laboratorium 1272,5 1122,3
  "   Einmündung d. Wiesaz in d. Steinlach 1257,0 1108,6
  "   St. Ottilia, Signalstein 1570,2 1384,9
Gniebel, Kirchthurm, westliche Giebelspitze 1512,5 1334,0
  "   Kirchthurm, Erdfläche 1447,4 1276,7
Gönningen, Kirchthurm, Knopf 2036,6 1796,2
  "   Kirchthurm, Erdfläche 1873,2 1652,1
  "   Gschleifbuckel, Signalstein 2175,0 1918,2
  "   Roßberg, Hauptsignal 3047,0 2687,5
  "   Hundrücken II. Signalstein 1970,8 1738,2
  "   Rain, höchster Punkt 2235,0 1971,2
  "   Plattach, Signalstein 1921,0 1694,2
  "   obere Mühle, nördliche Giebelseite, Erdfläche 1746,0 1540,0
  "   Burghalde, Signalstein 2107,1 1858,4
  "   Barm, Signalstein 2323,0 2048,8
  "   Oberdesseläcker, Signalstein 2162,0 1907,2
  "   Öschingerrain, Signalstein 2191,5 1932,8
Hagelloch, Kirchthurm, Knopf 1616,2 1425,4
  "   Kirchthurm, Erdfläche 1539,3 1357,6
  "   Dobel, Signalstein 1654,6 1459,2
  "   Rosenau, Wohnhaus, Erdfläche an der östlichen Giebelseite 1557,5 1373,7
  "   Jesingerholz, Signalstein 1661,3 1465,1
  "   Dickenberg 1641,0 1447,3
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Höhe über dem Meere.
Württ. Fuß. Par. Fuß.
Hagelloch, Wasserspiegel des Goldersbachs unter der Tellerklingenbrücke 1309,0 1154,4
  "   Wasserspiegel beim Zusammenfluß der beiden Goldersbäche 1357,0 1196,8
Häßlach, Kirchthurm, Knopf 1604,8 1415,3
  "   Kirchthurm, Erdfläche 1535,6 1354,4
Jettenburg, Kirchthurm, Fahne 1410,1 1243,6
  "   Kirchthurm, Erdfläche 1334,9 1177,3
Immenhausen, Kirchthurm, Knopf 1536,3 1355,1
  "   Kirchthurm, Erdfläche 1444,3 1273,9
  "   Niveau des Bachs unter der Brücke 1327,0 1170,3
Kilchberg, Kirchthurm, Knopf 1252,2 1104,4
  "   Kirchthurm, Erdfläche 1163,8 1026,4
Kirchentellinsfurth, Kirchthurm, Knopf 1416,3 1249,1
  "   Kirchthurm, Erdflache 1335,6 1177,9
  "   Höhe, Signalstein 1433,2 1264,1
  "   Wasserspiegel am Einfluß der Echaz in den Neckar 1070,6 944,2
  "   Kirchäcker, Signalstein 1343,7 1185,2
  "   Einsiedel, Försterhaus, östl. Giebelspitze 1537,5 1356,2
  "   Einsiedel, Meiereigebäude, Erdfläche 1497,5 1320,7
  "   Schafweide, Signalstein 1595,7 1407,4
Kusterdingen, Kirchthurm, Knopf 1545,0 1362,8
  "   Kirchthurm, Erdfläche 1428,7 1260,0
  "   Bergäcker, Signalstein 1473,5 1299,6
  "   Rübenäcker, Signalstein 1449,4 1278,2
Lustnau, Kirchthurm, Knopf 1323,2 1166,9
  "   Kirchthurm, Erdfläche 1174,3 1035,6
  "   Einmündung der Ammer in den Neckar 1092,3 963,4
  "   Einmündung des Goldersbachs in die Ammer 1107,4 976,6
  "   Herlesberg, Signalstein 1349,3 1190,0
  "   Bierkeller, Erdfläche an der nördlichen Giebelseite 1236,8 1090,8
  "   Engelhardsäcker, Signalstein 1518,6 1339,4
  "   Engelhardsäcker, Brunnen am ob. Rand 1482,4 1307,5
  "   Denzenberg II. Signalstein 1393,4 1228,9
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Höhe über dem Meere.
Württ. Fuß. Par. Fuß.
Lustnau, Salzwasen, Signalstein 1194,6 1053,6
  "   Sophienpflege, Erdfläche am Eingang 1140,8 1006,1
  "   Niveau des Goldersbachs oben im Ort 1121,9 989,4
Mähringen, Kirchthurm, Knopf 1545,2 1363,0
  "   Kirchthurm, Erdfläche 1438,3 1268,5
  "   auf der Schwaig, Signalstein 1516,0 1337,1
Nehren, Kirchthurm, Giebelspitzen 1572,5 1387,0
  "   Erdfläche an der südwestl. Ecke der Kirche 1485,0 1309,7
  "   Steinlachthal, Mühle, Erdfl. im Hof 1384,5 1221,2
Oferdingen, Kirchthurm, östliche Giebelspitze 1210,2 1067,3
  "   Kirchthurm, Erdfläche 1109,5 978,4
Pfrondorf, Kirchthurm, Kreuz 1610,9 1420,7
  "   Kirchthurm, Erdfläche 1519,0 1339,8
  "   Weiher, Signalstein 1566,0 1381,1
  "   Rohrschlatt, Zeitungseiche, Erdfläche 1626,5 1433,5
  "   Eichenfürst, höchster Punkt der Straße 1742,0 1536,4
  "   Dreispitz, Niveau des Becklesklingenbachs am Straßenübergang 1659,0 1463,1
Pliezhausen, Kirchthurm, Knopf 1265,5 1116,1
  "   Kirchthurm, Erdfläche 1182,7 1043,1
  "   Hölläcker, Signalstein 1117,5 985,5
  "   Juchten, Signalstein 1248,3 1100,9
  "   Tellerhecke, Signalstein 1414,0 1247,0
Rommelsbach, Kirchthurm, Kreuz 1382,5 1219,4
  "   Kirchthurm, Erdfläche 1283,0 1131,6
  "   Rathhaus, Erdfläche 1293,0 1140,4
  "   Hardt I., Signalstein 1361,0 1200,3
  "   Langenlau, Signalstein 1284,0 1132,5
Rübgarten, Kirchthurm, Knopf 1468,4 1295,0
  "   Kirchthurm, Erdfläche 1392,7 1228,4
  "   Steig, Signalstein 1433,2 1264,1
Schlaitdorf, Brückle, Signalstein 1532,5 1351,7
  "   vordere Hägazwiesen, Zehentgrenzstein 1218,3 1074,5
  "   Wasserspiegel des Höllbachs 1170,4 1032,2
Sickenhausen, Kirchthurm, Knopf 1439,7 1269,6
  "   Kirchthurm, Erdfläche 1360,6 1199,9
  "   Bildstöckle, Signalstein 1401,4 1235,9
  "   Hau II. Signalstein 1333,7 1176,3
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Höhe über dem Meere.
Württ. Fuß. Par. Fuß.
Walddorf, Kirchthurm, Knopf 1558,0 1374,1
  "   Kirchthurm, Erdfläche 1442,0 1271,8
  "   Hungerberg, Signalstein 1470,2 1296,6
  "   vorderer Fuchswasen, Markstein 1641,0 1447,3
Wankheim, Kirchthurm, Knopf 1568,0 1382,9
  "   Kirchthurm, Erdfläche 1487,8 1312,2
Weilheim, Kirchthurm, südwestl. Giebel 1245,0 1098,1
  "   Kirchthurm, Erdfläche 1141,0 1006,3
  "   neues Wirthshaus, Erdfläche 1130,0 996,6
  "   Eckhof, Erdfläche an der östlichen Giebelseite des südöstlichsten Hauses 1662,0 1465,8
  "   oberes Steinholz, Wagscheide 1664,0 1467,7
  "   Cresbach, Kapelle, Kopf 1645,5 1451,3
  "   Cresbach, Schloß, Erdfl. am Eingang 1605,0 1415,5
  "   Baumwiesen, Niveau des Neckars unter dem Steg 1122,1 989,6


b. Abdachung und Wasserscheiden.

Nach dem Lauf der bedeutenderen Gewässer (Neckar, Ammer, Schaich) hat der Bezirk im allgemeinen eine Abdachung von Südwesten nach Nordosten, der Richtung von Westen nach Osten sich nähernd, während zugleich das Terrain des Bezirks neben der allgemeinen Abdachung auf der rechten Seite des Neckars gegen Norden, auf der linken gegen Süden einfällt.

Da der Bezirk in das Flußgebiet des Neckars und somit in das Stromgebiet des Rheins gehört, so berührt ihn die europäische Wasserscheide nicht, übrigens führt diese unweit der nördlichen Bezirksgrenze (Markung Gönningen) vorüber und nähert sich ihr an einer Stelle bis auf etwa 200 Schritte.

Von untergeordneten Wasserscheiden nennen wir:

1) Die zwischen Neckar und Schaich; sie führt aus dem Oberamt Böblingen in dem Walde Ochsenschachen an der nördlichen Bezirksgrenze in den diesseitigen Oberamtsbezirk und zieht in östlicher Richtung auf dem langgestreckten Bergrücken fort über den Eckberg, den Erlenbusch und Fuchswasen, einige 100 Schritte nördlich an den Orten Häßlach und Schlaitdorf vorüber, um 1/4 Stunde östlich von letzterem Ort den Bezirk zu verlassen und bei der Vereinigung der Schaich mit dem Neckar bei Nürtingen zu enden.

| 2) Die Wasserscheide zwischen dem Neckar und der Ammer führt in östlicher Richtung über den Rücken des Ammerbergs, wo sie einige 100 Schritte nördlich von der Ödenburg in den Bezirk eintritt und über den schmalen Rücken des Burgholzes bis zu dem Tübinger Schloß hinläuft, von da zieht sie über die Stadtkirche und über den Österberg bis zur Einmündung der Ammer in den Neckar. Diese Wasserscheide ist jedoch durch den von der Ammer abgleiteten Mühlkanal künstlich unterbrochen.

3) Die Wasserscheide zwischen dem Neckar und der Steinlach auf der linken Seite des letzteren Flusses tritt auf der Markung Dußlingen über die südliche Bezirksgrenze, führt in nördlicher Richtung etwa 1/2 Stunde westlich an Dußlingen vorüber, wendet sich dann gegen Nordwesten und zieht in den Bühlerwald, von hier an in nordöstlicher Richtung über den Eckhof aus die Ramshalde, wo sie sich gegen Norden wendet und an Cresbach westlich, an Derendingen östlich vorüber bis zur Einmündung der Steinlach in den Neckar.

4) Die Wasserscheide zwischen dem Neckar und der Echaz, beziehungsweise der Steinlach und der Echaz, überschreitet die Bezirksgrenze auf dem Stöffelberg, von dem sie hinabzieht und nahe der Stelle, wo die Straße von Gönningen nach Reutlingen in die von Bronnweiler nach Reutlingen eingeht, den Oberamtsbezirk eine zeitlang verläßt und in den Oberamtsbezirk Reutlingen eingeht; hier nimmt sie ihre Richtung über den Kugelberg, den Hornwasen, den Kreuzwald, westlich an Ohmenhausen vorüber, auf den Schamberg, von da auf die Schelmenäcker, wo sie den diesseitigen Bezirk wieder erreicht. Von hier zwischen Immenhausen und Mähringen durch, westlich an Wankheim vorüber bis in den Aspenhau; bis hieher bildet sie zugleich die Wasserscheide zwischen Echaz und Steinlach. Von hier an ändert sie ihre Richtung in eine nordöstliche, zieht nördlich an Wankheim vorüber über die Flur Steinach, berührt beinahe das südliche Ortsende von Kusterdingen und läuft vollends bis zur Vereinigung der Echaz mit dem Neckar.

c. Erdfälle und Höhlen

kommen im Bezirk nicht vor.


2) Gewässer.

Der Flächeninhalt sämtlicher Gewässer, d. h. der Flüsse, Bäche, Seen und Weiher beträgt 1707/8 Morgen, davon kommen auf Seen und Weiher 21/8 Morgen, auf Flüsse und Bäche 1686/8 Morgen.

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a. Brunnquellen.

Der Bezirk ist im allgemeinen quellenreich, nur die Liashochebene hat verhältnißmäßig weniger Quellen als der übrige Theil des Oberamtsbezirks, dagegen lassen sich hier leicht Pump- und Ziehbrunnen in unbedeutender Tiefe anlegen. Mit Ausnahme von Degerschlacht, das sein Wasser nur aus Pump- und Schöpfbrunnen bezieht, sind sämtliche Orte mit laufenden und nebenbei mit Pump-, Schöpf- Und Ziehbrunnen versehen. Gönningen allein erhält sein reichliches Wasser ausschließlich mittelst laufender Brunnen. Nur in ganz trockenen Jahrgängen haben einige Orte, wie Degerschlacht, Jettenburg, Kirchentellinsfurth, Nehren, Schlaitdorf und Wankheim Mangel an Wasser. In Schlaitdorf wurden in neuerer Zeit zwei weitere Brunnen gegraben, die dem Wassermangel beinahe ganz abgeholfen haben. Das Trinkwasser ist im allgemeinen gut und gesund; besonders gutes und frisches Wasser haben die Orte Gönningen, Bebenhausen, Dettenhausen und Derendingen; minder frisch aber gesund sind die Wasser auf der Liasebene mit Ausnahme von Wankheim, wo das Wasser gering ist und einen Beigeschmack hat.

b. Mineralquellen.

Außer der Mineralquelle im Bläsibad (s. hier. die Ortsbeschreibung), dem Schwefelbrunnen im Goldersbachthal westlich von Bebenhausen und der Mineralquelle bei Cresbach, befinden sich sonst keine Quellen mit mineralischen Bestandtheilen im Bezirk. Von guten Wassern, die für heilsam gelten und nicht selten von Kranken getrunken werden, nennen wir das in der Tauchklinge (Markung Derendingen) entspringende und in das Gasthaus zum Waldhörnle geleitete, das Wasser der sogenannten Meiringquelle (Markung Dettenhausen), das des sogenannten Seifenbrunnens (Markung Weilheim) und das des Heilbrunnens im Schaichthal (Markung Schlaitdorf); letzteres galt früher für ein Mineralwasser, gegenwärtig wird es nicht mehr beachtet.

c. Flüsse und Bäche mit ihren Thälern.
Der Neckar erreicht 5/4 Stunden südwestlich von Tübingen die Oberamtsgrenze, die er jedoch bald wieder verläßt und erst 3/4 Stunden südwestlich von der Oberamtsstadt ganz in den Bezirk eintritt. Während seines Laufs durch den Bezirk, den der wenig gekrümmte, theilweise künstlich gerade geführte Fluß in der Richtung von Südwesten nach Nordosten zurücklegt, fließt er in einer Länge von 41/2 Stunden| (nach der Strombahn) an den Orten Tübingen, Lustnau, Kirchentellinsfurth, Altenburg, Pliezhausen und Oferdingen vorüber. Der Fall des Neckars beträgt von Rottenburg (Brücke) bis Tübingen (Brücke) auf 3,0 Stunden Strombahn 71,5 Par. Fuß oder nach der Länge der Thalbahn 0,215 Procent, von Tübingen (Brücke) bis Nürtingen (Brücke) auf 7,6 Stunden Strombahn 147,7 Par. Fuß oder nach der Länge der Thalbahn 0,179 Procent. Die Breite und Tiefe des Flusses ist sehr verschieden, erstere wechselt von 80–150′ und beträgt im allgemeinen etwa 100′. Die Tiefe bei mittlerem Wasserstande steigert sich wohl nirgends über 12–15′, die allgemeinste mag etwa 5′ und darunter betragen. Der Grund des Flußbetts besteht aus Sand und Geröllen, welche vorzugsweise aus den jurassischen Bildungen und aus dem Muschelkalk stammen, und sich nicht nur in dem Flußbett, sondern auch an den Flußufern abgelagert haben. Die mit wasserliebenden Holzarten (Erlen, Weiden, Pappeln) häufig bepflanzten Ufer sind nicht von Bedeutung, daher auch der Fluß leicht austritt und zuweilen gefährlich wird. Die höchsten Wasserstände in dem gegenwärtigen Jahrhundert kamen in den Jahren 1824 und 1851 vor.

Der Neckar ist, soweit er den Bezirk berührt, nicht schiffbar, dagegen wird die Flößerei stark auf ihm getrieben, was den an dem Fluß gelegenen Orten einigen Verkehr und Verdienst sichert. Bei den Orten Tübingen, Lustnau, Kirchentellinsfurth und Oferdingen führen Brücken über den Neckar, überdieß bestehen hölzerne Stege bei Weilheim und oberhalb Tübingen; eine Fähre ist bei Altenburg vorhanden. Die Fischerei ist gerade nicht von Bedeutung und überdieß im Abnehmen; es kommen meist Weißfische, Schuppfische, Barben und seltener Karpfen, Aale und Hechte vor. (S. auch den Abschn. Thierreich.)

Das Thal des Neckars ist im südwestlichen Theil des Bezirks bei Kilchberg, Tübingen etc. weit geöffnet und hat dort eine Breite von etwa 1/2 Stunde; unterhalb Tübingen verengt es sich allmählig, so daß die Breite desselben bei Lustnau 1/4 Stunde, bei Kirchentellinsfurth 1/8 Stunde und bei Oferdingen nur noch 1/12 Stunde beträgt. Die mäßig hohen Thalgehänge sind ziemlich steil und durch kleine Schluchten, zwischen denen sich wohlgerundete Bergvorsprünge gebildet haben, vielfältig unterbrochen; sie dienen größtentheils dem Waldbau, während die südlich geneigten Abhänge in der Gegend von Tübingen für den Weinbau benützt werden. Im allgemeinen entfaltet das Neckarthal viel Schönes und bildet in der Nähe von Tübingen eine der reizendsten Partieen des Landes; in der breiten wiesenreichen| Thalebene lagern sich freundliche Ortschaften in mäßiger Entfernung von dem mit üppigen Holzarten besaumten Fluß und auf einer schmalen Einsattelung zwischen dem Spitzberg, und dem wohlgeformten, freistehenden Osterberg liegt mit seinem ansehnlichen Schloß die altehrwürdige Stadt Tübingen, die ernst auf das anmuthige Thal hernieder schaut und der Gegend einen besondern Schmuck verleiht.

In den Neckar fließen aus der rechten Seite:

a. Der Landgrabenbach, welcher 1/2 Stunde südlich von Weilheim in einer tiefen Waldschlucht entspringt, östlich an Weilheim vorbeifließt und sich 1/8 Stunde südlich von Tübingen mit dem von der Steinlach künstlich abgeleiteten Mühlbach verbindet und bei Tübingen in den Neckar mündet.

b. Die Steinlach entspringt am Fuß der Alb bei Thalheim und erreicht den Bezirk 1/8 Stunde westlich von Nehren, fließt durch Dußlingen und mündet, nachdem sie in dem Bezirk einen Weg von 21/2 Stunden in nördlicher Richtung zurückgelegt hat, bei Tübingen ein; auf diesem Wege setzt sie eine Mühle unterhalb Dußlingen in Bewegung und der beim Bläsibad von der Steinlach abgeleitete Mühlbach treibt eine Ölmühle oberhalb Derendingen und eine Mühle im Ort selbst. In die Steinlach fließen innerhalb des Bezirks: der südlich von Nehren in mehreren Zweigen am Fuß der Alb entspringende Opizbach, welcher nach einem Lauf von einer Stunde bei Dußlingen einmündet; die Wiesaz, entspringt am Fuß der Alb in einem tief eingeschnittenen Albthälchen, 1/2 Stunde südöstlich von Gönningen, fließt durch letztern Ort und verläßt unterhalb desselben den Bezirk, welchen er nur kurz vor seiner Einmündung 1/2 Stunde nordöstlich von Dußlingen wieder erreicht und dort den Spontgraben aufnimmt. Der frische muntere Bach treibt gleich bei seinem Ursprung die Thalmühle, überdieß unterhalb Gönningen eine Mühle und unmittelbar an der Vereinigung mit dem Spontgraben eine weitere Mühle. Der Ehrenbach entspringt außerhalb des Bezirks, dessen Grenze er bald (südöstlich von Immenhausen) erreicht und nachdem er einen von Immenhausen herkommenden Bach aufgenommen hat, an der Bezirksgrenze 1/2 Stunde fortfließt bis zu seiner Einmündung in die Steinlach 1/4 Stunde oberhalb Bläsibad. Bei Dußlingen fließen in die Steinlach, die Hegnach und ein aus dem tiefen Brunnen kommender Bach, ferner 1/4 Stunde unterhalb des Orts der beim Eckhof entspringende 1/2 Stunde lange Ransbach. Überdieß erhält die Steinlach noch einige unbedeutendere| Zuflüsse, wie den Bach bei Bläsiberg und den beim Waldhörnle.

Das wiesenreiche Thal der Steinlach entfaltet sehr viel Anmuth und Abwechslung; es ist bei seinem Eintritt in den Bezirk oberhalb Dußlingen etwa 1/8 Stunde breit und mit nicht hohen, übrigens theilweise ziemlich steilen Thalwänden versehen; unterhalb Dußlingen verengt es sich, die abgestuften Thalgehänge werden bedeutender, bis es sich unterhalb der Vereinigung der Wiesaz mit der Steinlach zu einem tief eingeschnittenen engen Waldthal ausbildet, das sich jedoch bald wieder erweitert und endlich als ein beinahe 1/4 Stunde breites Wiesenthal der Neckarthalebene anschließt.

c. Der 1/2 Stunde lange Augraben (Wenfeldbach), entspringt in einer tiefen Waldschlucht 1/2 Stunde südöstlich von Tübingen, tritt bald in die Neckarthalebene und mündet am südöstlichen Fuß des Österbergs ein.

d. Die Ramslach nimmt ihren Anfang 3/4 Stunden südöstlich von Tübingen an der Burgsteig, fließt am Fuß des rechten Neckarthalabhanges fort bis in die Blaulach, deren Abfluß sich oberhalb Kirchentellinsfurth mit dem Neckar verbindet.

e. Die Echaz berührt den Bezirk nur auf eine ganz kurze Strecke, bevor sie bei Kirchentellinsfurth, wo sie eine Mühle treibt, in den Neckar einfließt.

f. Der Wieslesbach, auch Erlenbach genannt, entspringt an der Bezirksgrenze 1/4 Stunde östlich von Degerschlacht, fließt in nördlicher Richtung durch ein unbedeutendes Thälchen an Altenburg vorüber und unterhalb dieses Orts in den Neckar. Lauf 1 Stunde.

g. Der Reichenbach, entspringt außerhalb des Bezirks am Fuß der Achalm, kommt 1/2 Stunde östlich von Rommelsbach auf die östliche Bezirksgrenze, die er etwa 3/4 Stunden lang bildet und dann unterhalb Oferdingen in den Neckar fließt.

Auf der linken Seite gehen in den Neckar:

a. Die Ammer, entspringt bei Herrenberg und erreicht den Bezirk nordwestlich von Ammern (Ammerhof), fließt an der nördlichen Seite der Stadt Tübingen vorüber und beschreibt einen schönen Bogen um den Österberg, um bei Lustnau in den Neckar zu münden; ein Kanal von ihr ist durch Tübingen geführt und fließt am südöstlichen Ende der Stadt in den Neckar. Lauf außerhalb des Bezirks 3 Stunden, innerhalb 2 Stunden. Das Flüßchen treibt innerhalb des Bezirks mehrere Mühlwerke in Tübingen und eine Mühle bei Lustnau. Das wiesenreiche, gegen Osten ziehende| Ammerthal ist, soweit es den Bezirk angeht, anfangs beinahe 1/2 Stunde breit und zu beiden Seiten desselben erheben sich ziemlich hohe, steil ansteigende, durch Schluchten und Thälchen vielfältig unterbrochene Thalgehänge, die mit Reben, Ackerland, Obstgärten und Waldungen abwechselnd kultivirt sind. Im allgemeinen hat das Thal einen sehr freundlichen, milden und fruchtbaren Charakter.

Die Ammer erhält folgende Seitenzuflüsse und zwar sämtlich auf der linken Seite: den Hembach, er beginnt in tiefer Waldschlucht südöstlich von Hohen-Entringen, erreicht bald die westliche Bezirksgrenze, welche er vollends 1/2 Stunde lang bis zu seinem Einfluß zwischen Schwärzloch und Ammern bildet; sein Thal ist enge und tief eingefurcht; den bei Hagelloch entspringenden Weilerbach, welcher durch ein tiefes, enges Thälchen 1 Stunde lang fließt und 1/4 Stunde oberhalb Tübingen einmündet; den 1/2 Stunde langen Käsenbach, der in mehreren Zweigen 1/4 Stunde südwestlich von Waldhausen entspringt und bei der Tübinger Ziegelhütte einmündet; den Goldersbach, auch der große Goldersbach genannt, welcher tief in dem Schönbuch entspringt und bei der Vereinigung mit dem kleinen Goldersbach 1/2 Stunde nordwestlich von Bebenhausen in den Bezirk eingeht, er nimmt bald den Arabach auf, fließt an Bebenhausen vorbei, wo er sich durch den Seebach verstärkt; 1/4 Stunde unterhalb letzteren Orts erhält er einen bedeutenden Zufluß durch den 11/2 Stunden langen Kirnbach und mündet, nachdem er in dem Bezirk einen Weg von 13/4 Stunden zurück gelegt hat, bei Lustnau in die Ammer. Das tief eingeschnittene Thal des Goldersbaches, dessen ansehnliche Gehänge mit üppigen Laubwaldungen bestockt sind, hat einen stillen abgeschiedenen Charakter und erweitert nur bei Bebenhausen seine sonst enge mit Wiesen kultivirte Thalsohle.

b. Der Tiefenbach, beginnt bei der sogenannten Zeitungseiche, fließt durch die tief eingeschnittene waldige Brandklinge und vereinigt sich nach einem Lauf von einer Stunde bei Kirchentellinsfurth mit dem Neckar.

c. Der Schlierbach, welcher 1/4 Stunde nördlich von Einsiedel entspringt und nach einem 1stündigen Lauf, den er in einem tiefen, engen Waldthälchen zurücklegt, zwischen Kirchentellinsfurth und Altenburg einmündet.

d. Der Reichenbach, zwei Bäche, der eine aus der Heckenklinge, der andere aus der Eichenfürstklinge kommend, vereinigen sich 3/4 Stunden westlich von Walddorf und bilden den Reichenbach, der bald auch den Buchklingenbach aufnimmt und gegenüber von| Altenburg sich mit dem Neckar verbindet. Lauf 3/4 Stunden. Größtentheils durch ein nicht beträchtliches Thälchen hinziehend, das auf beiden Seiten leicht ansteigende Ackergelände begrenzen, gräbt sich der Bach, ehe er in das Neckarthal eingeht, in ein tiefes enges Waldthälchen ein und nimmt noch kurz vor seiner Einmündung einen von Gniebel herkommenden Bach auf.

e. Der Mühlbach, weiter unten Merzenbach genannt, entspringt in Walddorf, fließt in einem ganz unbedeutenden Thälchen östlich an Dörnach vorüber, kommt bald auf die östliche Bezirksgrenze, die er mit wenig Ausnahme bis zu seinem Einfluß in den Neckar bei Mittelstadt, Oberamts Urach, bildet. Lauf 1 Stunde.

f. Der 1/2 Stunde lange Höllbach nimmt seinen Anfang 1/4 Stunde südwestlich von Schlaitdorf, erreicht zunächst seines Ursprungs die Bezirksgrenze, die er bis zu seiner Einmündung unterhalb Neckartenzlingen, Oberamts Nürtingen, bildet. Lauf 1/2 Stunde.

g. Die Schaich, welche übrigens nicht unmittelbar, sondern durch Vermittlung der Aich in den Neckar geht; sie entspringt im Oberamtsbezirk Böblingen in der Nähe des Schaichhofs und geht 1/4 Stunde westlich von Dettenhausen in den diesseitigen Bezirk, fließt durch Dettenhausen, wo sie unterhalb des Orts eine Mühle treibt und bald auf die nördliche Bezirksgrenze kommt, welche sie in östlicher Richtung bis in die Nähe von Neuenhaus (O.-A. Nürtingen) bildet und sich dort mit der Aich vereinigt. Während seines dreistündigen Laufs, den der viel gekrümmte Bach in und an dem Bezirk zurücklegt, erhält derselbe aus dem Bezirk nur den 5/8 Stunden langen Hirschlandbach als Zufluß, welcher 1/2 Stunde südwestlich von Dettenhausen entspringt und bei letzterem Ort einmündet. Das Schaichthal, welches jedoch nur mit seinen rechten Thalgehängen dem Bezirk angehört, ist enge, abgeschieden und hat hohe bewaldete Abhänge.

d. Stehende Gewässer.
Außer der Blaulach (Mark. Lustnau) hat der Bezirk keinen eigentlichen See aufzuweisen. Künstlich angelegte Seen (Weiher) bestehen 3 bei Einsiedel, ferner bei Tübingen das Bassin auf dem Wöhrd und ein kleiner Weiher hinter dem Armenhaus; auch sind in Walddorf zwei Weiher durch Schwellung des Bachs angelegt. Überdieß sind in den meisten Orten Wetten für den Fall der Feuersgefahr und zum Pferdeschwemmen vorhanden. Seen und Weiher, die abgegangen, und meist in ergiebigen Wiesengrund umgewandelt sind, waren: die Altlachen bei| Kilchberg, zwei Weiher bei Bebenhausen, einer im unteren Schaichthal (Mark. Dettenhausen), einer bei Gönningen, einer bei Häßlach, einer in Mähringen, einer in Nehren (Burggraben), ein 10 Morgen großer bei Pfrondorf und zwei bei Walddorf (s. auch die Ortsbeschreibungen).
3. Naturschönheiten.

Wie schon oben (Abschn. Bildung der Oberfläche im allgemeinen) gezeigt wurde, ist die Konfiguration des Bezirks, welche durch die anstehenden Gebirgsformationen bedingt wird, eine äußerst mannigfaltige; mit ihr steht in engster Verwandtschaft der landschaftliche Charakter, der in unserem Bezirk in den herrlichsten Abwechselungen so reich an Schönheiten ist, wie wir sie selten in Württemberg in einem verhältnißmäßig so kleinen Raum zusammengedrängt finden.

Wandern wir von Norden her durch den weitgedehnten, meist mit üppigen Laubhölzern bestockten Schönbuchswald; wie wohlthuend ist hier die Waldesstille, welche nur durch das Rauschen der klaren, in tief eingeschnittenen, einsamen Waldthälern munter dahinfließenden Bäche unterbrochen wird. Nach langem Wandern überrascht plötzlich der Anblick von Bebenhausen, das mit seiner herrlichen Klosterkirche und den großartigen ehemaligen Klostergebäuden aus einer von kräftigen Waldbergen umgebenen wiesenreichen Thalweitung malerisch auftaucht. Aber immer noch befinden wir uns in einer einsamen, abgeschiedenen Waldgegend, die zu einem Klostersitz wie geschaffen erscheint, bis wir den jenseitigen Berg auf dem Fußweg nach Waldhausen erstiegen haben; hier erschließt sich dem Auge auf einmal eine neue Welt; freies wohlgebautes Ackerland tritt an die Stelle des Waldes und erlaubt einen weiten Blick über ein gesegnetes fruchtbares Land, dessen Hintergrund die schon ziemlich nahe Alb mit ihren kräftigen, scharf geschnittenen Formen und felsigen Stirnen bildet. Gehen wir weiter gegen Süden, so schweift der Blick in das Ammerthal und durch die Einsattelung zwischen dem Ammerberg und dem Österberg, in welche die Stadt Tübingen so malerisch hingebaut ist, in das schöne Neckarthal, wie auch in das von der Alb herziehende freundliche Steinlachthal. Ein herrlicher Anblick; besonders schön erscheint hier der langgestreckte Ammerberg mit der Wurmlinger Kapelle an dem westlichen Ende, der wie ein Arm zwischen den Thälern des Neckars und der Ammer riesenkräftig in die reizende Landschaft herein greift und an dessen östlichem Ende der Österberg wie eine geballte Faust den Schluß bildet. Noch entzückender ist die Aussicht auf dem Österberg selbst, wo sich eine Rundsicht über die nahe und ferne Umgebung der| Oberamtsstadt vollendet schön ausbreitet (s. hier. die Ortsbeschreibung von Tübingen). Wir verlassen diesen entzückenden Punkt und wandern hinunter in das weite, fruchtbare, mit lachenden Ortschaften belebte Neckarthal, dessen wohlgeformte Gehänge mit Reben, Baumgärten, Ackerland und Wald in ansprechender Abwechslung bebaut sind. Von hier in das anmuthige, anfänglich breite Steinlachthal, das sich bald zu einem stillen Waldthal verengert und weiter aufwärts plötzlich in eine getreidereiche Gegend sich öffnet, in der wohlansehnliche Orte an den Ufern des Flüßchens lagern. Gehen wir hinauf auf die sogenannten Härdten, so empfängt uns hier eine weite, an Obst und Getreide reiche, mit freundlichen Dörfern belebte Hochebene. Hier wird es jedem wohl zu Muthe; die friedlichen Dörfer mit ihren so freundlichen, echt ländlichen, hinter Baumgärten versteckten Häusern geben das unverfälschte Bild einer wohlhäbigen Bauerngegend, die überdieß an vielen Punkten herrliche Aussichten über das Flachland hinweg einerseits an die schon nahe gerückte Alb, andererseits über den waldreichen Schönbuch hin zuläßt. Gehen wir noch mehr gegen den Süden, so begrüßen uns bald die vielgegliederten Vorhügel, hinter denen sich der steile schroffe Nordwestabfall der Alb hochansteigend erhebt. Nur zwei Arme derselben (Roßberg und Stöffelberg) greifen noch in den Bezirk ein; zwischen ihnen liegt in dem anmuthigen Wiesazthale das freundliche Gönningen mit seinen rührigen Bewohnern. Von Gönningen in der Richtung gegen Südwesten bildet sich das Wiesazthal zu einem ausgesprochenen Gebirgsthal aus, das in zwei Arme getheilt, tief und wild in das Albgebirge eingreift und endlich auf der eintönigen, unwirthlichen Hochebene allmählig ausläuft. Welch ein Gegensatz zu den reizenden Auen des Neckarthales, zu der üppigen Waldgegend des Schönbuchs, zu dem reichen Fruchtland auf den Härdten und den mit ihnen nahe verwandten übrigen Hochebenen des Bezirks. Allein gerade diese rauheste Partie in unserem Bezirk gewährt dem Freunde des Naturschönen den reichsten Genuß; an vielen Punkten entrollen sich hier dem Beschauer die schönsten Aussichten; ersteigt man aber den kleinen Roßberg, der sich auf dem großen Roßberg als ein länglicher Hügel erhebt, so eröffnet sich auf der westlichen Spitze desselben ein Panorama, das zu den schönsten Württembergs gehört. In der nächsten Umgebung erscheinen die urkräftigen, vielfältig zerrissenen, scharf konturirten Formen der Alb, von der einerseits die Achalm, der Sattelbogen, der Neuffen, die Teck, der Rechberg, der Staufen und der Stuiffen einer hinter dem andern hervortreten, andererseits| der Filsenberg, Farrenberg, Dreifürstenstein und der Hohenzollern sichtbar sind. Richten wir aber den Blick von der Alb hinweg, so überwältigt die Aussicht in das schöne mit unzähligen Wohnorten, Hügeln, Thälern und Ebenen reich abwechselnde gesegnete Land, das von den fernen Höhen des Schwarzwaldes, des Odenwaldes, des Welzheimer-, Murrhardter- und Schurwaldes und endlich von der Alb selbst so herrlich umrahmt wird. Gegen Süden schweift das Auge in ein tiefes Albthal und über die Hochebene der Alb hinweg an die in weiter Ferne noch sichtbaren schnee- und eisbedeckten Häupter der Schweizeralpen.

Ähnliche Naturschönheiten und landschaftliche Reize zeigen sich, wenn wir den Bezirk auch nach anderen Richtungen hin durchwandern.

Außer den schon angeführten Aussichtspunkten sind noch folgende zu nennen: der Stöffelberg und der Schönberg bei Gönningen, viele Punkte auf den Härdten, wie z. B. auf dem Hardt und auf der Buchhalde bei Wankheim, ferner der Spitzberg, der Steinenberg, der Rietenberg und die Ödenburg bei Tübingen, die Anhöhe bei Hagelloch, die obere Bürge südöstlich von Kirchentellinsfurth, die Kirche in Kirchentellinsfurth, der Einsiedel, die Anhöhen bei Sickenhausen, zwischen Gniebel und Dörnach, bei Häßlach und Schlaitdorf, am Reisachwald nördlich von Pliezhausen, bei Pfrondorf, Cresbach u. s. w.

4. Boden.
Die Bodenverhältnisse des Bezirks sind im allgemeinen günstig und gestatten in Verbindung mit dem milden Klima den Anbau der meisten in Württemberg üblichen Kulturgewächse. Da die Bodenverhältnisse theils aus den Zersetzungsprodukten der anstehenden Gebirgsschichten, theils aus Diluvial- und Alluvialablagerungen bestehen, so müssen wir bei der Darstellung derselben die geognostischen Verhältnisse im allgemeinen zu Grunde legen. In Folge der großen Mannigfaltigkeit der vorkommenden Gebirgsschichten sind daher auch die Bodenarten sehr verschieden; am verbreitetsten ist der Diluviallehm, welcher an Stellen, wo er eine so große Mächtigkeit erhält, daß die unter ihm lagernden Gebirgsschichten keinen Einfluß mehr auf ihn äußern können, einen sehr fruchtbaren, besonders auch dem Baumwuchs günstigen Boden abgiebt; wenn er aber unbedeutend| auftritt und von nicht gerne die Feuchtigkeit durchlassenden Gebirgsschichten, z. B. von den Kalken und Thonen des schwarzen Jura (Lias), unterlagert wird, dann erscheint häufig ein naßkalter Boden, der in trockenen Jahrgängen ergiebiger ist als in nassen. Derartige Böden kommen nicht selten auf den Härdten und theilweise auf den Hochflächen links des Neckar-Thals vor. An dem Fuße der Neckar- und Ammerthalgehänge wird der Lehm nicht selten von Geschieben und Sand unterlagert, und entwickelt alsdann eine große Fruchtbarkeit. In den Thalebenen des Neckars und der Steinlach haben sich vorherrschend Alluvionen (Geschiebe, Sand und Schlamm) abgelagert, die in Verbindung mit Humus und wenn nicht die Geschiebe und der Sand vorherrschen, einen dem Wiesenbau zuträglichen Boden liefern. Im Steinlach-Thal, besonders an dessen Eintritt in das Neckarthal, gewinnen die Geschiebe so sehr die Oberhand, daß sie den Boden unfruchtbar machen. Im Ammer-Thal erscheint meist ein schwarzer Boden, ursprünglich Moorgrund, der sich allmählig zu einem guten Wiesengrund umgestaltete und nur an einzelnen Stellen noch saures Futter erzeugt. An den unteren Gehängen des Neckar- und des Ammerthals, wie auch in den Seitenthälern treten die unteren Keupermergel auf, deren thonige Zersetzungen einen ergiebigen Fruchtboden abgeben und die wegen ihrer Tiefgründigkeit den Obst- und Luzernebau sehr begünstigen. An steilen, südlich gelegenen Abhängen wird auf den unteren Mergeln mit Vortheil Weinbau getrieben. Der feinkörnige Keuperwerkstein ist so unbedeutend verbreitet, daß seine Verwitterung zu einem leichtsandigen Boden hier nicht in Betracht kommen kann, dagegen liefern die über demselben sich entwickelnden mittleren Keupermergel wieder einen thonigen, ziemlich gebundenen, für den Wein-, Acker- und Waldbau tauglichen Boden. Weniger fruchtbar, bei Mangel an den nöthigen Beimengungen sogar unfruchtbar, sind die Zersetzungen des weißen Stubensandsteins; wenn sich aber Humus, Lehm etc. mit den Stubensandböden vermengen, dann ist auch hier ein guter Feldertrag zu erzielen; jedenfalls gedeiht unter solchen Bedingungen die Waldvegetation. Diesen grobsandigen Böden, die zuweilen auch die Hochebene bilden, sind öfters die fetten rothen Letten aufgelagert, deren thonige Zersetzungen im diesseitigen Bezirk meist nur für den Waldbau benützt werden. Die über den letzteren lagernden gelben Sandsteine liefern, falls ihnen die Beimengung anderer Bodenarten fehlt, einen mageren feinen Sandboden, der hauptsächlich nur im Schönbuch vorkommt. Die Böden an der Stufe, mit der sich der Lias über| den Keuper erhebt, bestehen aus einem schweren, meist blauen, stark gebundenen Thon, der die Feuchtigkeit nicht durchläßt, bei anhaltender trockenen Witterung aber rissig wird, so daß die auf ihm häufig angelegten Wiesen verdorren: er erzeugt daher wenig Klee und nur leichtes, zuweilen saures Futter. Die Liashochebenen sind größtentheils mit Lehm bedeckt, der, wie schon oben angeführt wurde, je nach seiner Mächtigkeit sehr fruchtbar oder etwas naßkalt ist. Über der Hochebene erscheinen auf der rechten Seite des Neckarthals die höher gelegenen Schichten des schwarzen Jura als magere, wenig fruchtbare Thone und Posidonienschiefer; die Zersetzungen der letzteren liefern einen sogenannten hitzigen Boden, der in nassen Jahrgängen ergiebiger ist als in trockenen. Von den Zersetzungen des braunen Jura liefern die Opalinusthone, wenn ihnen eine tüchtige Bebauung zukommt, einen ziemlich fruchtbaren, etwas starken Boden; die übrigen, minder fruchtbaren Schichten des braunen Jura dienen meist dem Waldbau, mit Ausnahme der blauen Kalke, deren kalkhaltige Zersetzungen mit Vortheil für den Feldbau benützt werden. Der weiße Jura berührt, wie schon oben bemerkt wurde, nur in geringer Ausdehnung den Bezirk und zwar meist mit einem Theil des Steilabfalls der Alb, der wegen seiner starken Neigung nur dem Wald zugänglich, und mit seinen kalkreichen Verwitterungen überaus günstig ist. Der Boden aus der Hochebene kann hier nicht in Betracht kommen. (Über die verschiedenen Bodenverhältnisse s. auch die Ortsbeschreibungen.)
5. Luft und Witterung.
Die Luft ist im allgemeinen rein und gesund, auf den Hochebenen frisch und meist etwas bewegt, auf den Hochebenen der Alb aber rauh, stets bewegt und häufig stürmisch. Im Schönbuch und in dessen Nähe ist die Luft wegen der herrlichen Ausdünstung der großen zusammenhängenden Waldungen sehr erfrischend und der Gesundheit besonders zuträglich. In den Thälern, namentlich in dem Neckar- und Ammerthal stellen sich nicht selten kalte Nebel ein, die auf die Obst- und Traubenblüthe, wie auch auf feinere Gewächse nachtheilig einwirken. Schädliche Frühlingsfröste kommen im allgemeinen ziemlich häufig vor, doch mehr in den Thälern und in den der Alb näher liegenden Gegenden; eine Ausnahme macht das am Fuß der Alb gelegene Gönningen, welches von hohen Bergen geschützt, weniger von Frühfrösten zu leiden hat. Hagelschlag gehört zu den| Seltenheiten, nur die Orte Dettenhausen, Pfrondorf und Nehren werden zuweilen von demselben heimgesucht, dagegen hat es z. B. in Rommelshausen seit 40 Jahren nicht mehr schädlich gehagelt. Im allgemeinen ist das Klima mild und erlaubt den Anbau aller in Württemberg eingeführten Kulturgewächse; es wird die Rebe nicht nur in dem Neckar- und Ammerthal in namhafter Ausdehnung, sondern auch in höher gelegenen Orten, wie in Gönningen und Schlaitdorf mäßig gepflegt. Überdieß hatten die meisten Orte, in denen jetzt die Rebe nur noch an den Häusern hinaufgezogen wird, früher Weinbau, der zum Theil erst in dem gegenwärtigen Jahrhundert abgieng.
Die meteorologischen Verhältnisse.[2]

Von regelmäßigen Witterungsbeobachtungen in und bei Tübingen sind aus früheren Jahren zu erwähnen: 1) eine Beobachtungsreihe von 1825–33, angestellt vom Universitätsgärtner Orthmer im botanischen Garten (1010 P. F. über dem Meere). 2) Dreijährige Beobachtungen in Bebenhausen (1146 F.) durch Hofgärtner Ammermiller von 1825–27. 3) Beobachtungen von Professor Schübler, angestellt in seiner Wohnung unterhalb des äußern Schloßthores. Nach Schübler’s im Jahre 1834 erfolgten Tod hörten in Tübingen die regelmäßigen Beobachtungen wieder auf und es konnte bis 1860 nichts veröffentlicht werden. Erst nachdem die Witterungsbeobachtungen in den Ressort des statistisch-topographischen Bureaus übergegangen waren, erhielt Tübingen wieder eine meteorologische Station, welche mit dem Telegraphenbureau verbunden, in dem Bahnhofgebäude sich befindet.

Die mittlere Jahreswärme von Tübingen stellt sich geringer heraus als die Stuttgarter um 0,98° Réaumur im botanischen Garten, um 1,37 auf der neuen Station; Bebenhausen ist um 1,70 kälter als Stuttgart. Durch Reduktion auf die 40jährigen Stuttgarter Mittel erhielt man die folgenden Mitteltemperaturen:

Bot. Garten Bahnhof. Bebenhausen. Stuttgart.
Frühling 6,58 6,19 5,73 7,73
Sommer 13,74 13,49 12,99 14,89
Herbst 7,27 6,45 6,52 7,91
Winter –0,10 –0,81 –0,79 0,66
Jahr 6,87 6,43 6,10 7,80
| Der botanische Garten ist also im Mittel wärmer als
Bahnhof Bebenhausen
im Frühling um 0,39 0,85
im Sommer um 0,25 0,75
im Herbst um 0,82 0,75
im Winter um 0,71 0,69
im Jahr um 0,44 0,77

Unter den älteren Beobachtungen war die höchste Temperatur zu 25,5 (1832, Juli 14), die niedrigste zu –25,7 (1830, Febr. 2), deren Differenz 51,2 beträgt. Die gleichzeitigen Temperaturen zu Stuttgart waren 29,0 und –21,4, also die Stuttgarter Differenz 50,4. Im Mittel zeigen sich die Tübinger Maxime um 2,1, die Minime um 3,6 tiefer als die Stuttgarter. Die neueren Maxime sind dieselben wie zu Stuttgart,[3] z. B. 29,0 (1865 Juli, 20. 21), während die Minime tiefer fallen, wie im botanischen Garten.

Am auffallendsten zeigen sich die Differenzen der Tübinger Minimalstände gegen die Stuttgarter in Fällen von excessiver Kälte (es mögen hiebei allerdings die Unrichtigkeiten der Thermometer auch einen nicht immer kleinen Beitrag liefern). Wie im Großen die Erfahrung lehrt, daß die größte Kälte in den Thälern stattfindet, während gleichzeitig auf der Höhe ein höherer Thermometerstand sich zeigt, so läßt sich dieses auch innerhalb kleinerer Gebiete nachweisen; es hat z. B. Schübler während der Februarkälte 1827 folgende gleichzeitige Temperaturen verzeichnet:

Botan. Garten Höhe 1010 –25,2
Fuß des Schloßbergs Höhe 1073 –24,5
Abhang des Schloßbergs Höhe 1119 –23,0
Schloßberg Höhe 1183 –22,8
Aus einer längeren Beobachtungsreihe ergab sich, daß im botanischen Garten die Temperatur bei Sonnenaufgang stets kleiner ist, als auf dem Schlosse, und es kann die Differenz sich während der Wintermonate im Mittel bis auf 3 Grade belaufen. Mittags 2 Uhr dagegen ist es im botanischen Garten um etwa 1/4 Grad wärmer, ausgenommen die Wintermonate, wo zuweilen die Mittagstemperatur| auf dem Schloß höher ist als im botanischen Garten. (Näheres in dem betr. Aufsatz Schübler’s: Württ. Jahrb. 1822. I. S. 214–224.)

Die normale Zahl der Frosttage, d. h. derjenigen Tage, an welchen das Thermometer mindestens bis zum Gefrierpunkt sinkt, wird für Tübingen nach den älteren Beobachtungen um 18, nach den neueren um 22 größer als zu Stuttgart und beträgt 101, beziehungsweise 105. Der letzte Frühjahrsfrost tritt im Mittel am 20. April 12 Tage später, der erste Herbstfrost am 22. Oktober 8 Tage früher ein als zu Stuttgart.

Die Zahl der Sommertage ist sowohl nach den älteren als neueren Mitteln um 11 kleiner als zu Stuttgart; damit reducirt sich die normale Zahl auf 35.

Barometerstand.

Schübler’s Barometer (in einer Höhe von 141 P. F. über dem Neckar bei der Neckarbrücke und von 64 F. unter den Beobachtungszimmern des Schlosses, 1130 P. F. über dem Meer) zeigte einen mittleren Stand von 26“ 10“‘,99 (die Länge der Quecksilbersäule auf 0° reducirt). Im botanischen Garten und am Bahnhof stellt es sich um beiläufig 2 Pariser Linien höher. Die mittlere tägliche Schwankung ergab sich im Sommer durchschnittlich zu 0,61 P. Lin.; auch fand für denselben Zeitraum der höchste Barometerstand um 9 Uhr Vormittags, der tiefste um 43/4 Uhr Nachmittags statt.

Windverhältnisse.

Bebenhausen hat übereinstimmend mit der Richtung des Thales, in welchem es liegt, vorherrschend NO.-, Nord-, SW.- und Südwinde. Ost- und NW.-Winde sind selten, da in diesen Richtungen höhere Gegenden des Schönbuchs vorliegen.

Im botanischen Garten zu Tübingen werden im Verhältniß zu den anderen Gegenden mehr Westwinde verzeichnet, entsprechend der Richtung des Ammerthals von West nach Ost; wegen des Österbergs kommen Ostwinde weit seltener vor als NO.- und Nordwinde.

(Die Zahlen für die einzelnen Winde s. Schübler’s Jahresbericht für 1827.)

Die Höhe des verdunsteten Wassers betrug

im botanischen Garten   1826: 20,45 P. Z., 1827: 28,00.
gleichzeitig in Bebenhausen 1826: 20,13 P. Z., 1827: 26,18.
| Im Mittel aus 4 Jahren beläuft sie sich für den botanischen Garten auf 23,59 P. Zoll. Die Unterschiede in den einzelnen Jahren sind zum Theil durch die verschiedene Stärke der Windströmungen zu erklären, welche die gesättigte Luft über dem Verdunstungsgefäß weg- und demselben ungesättigte zuführen. Bei Aufstellung des Verdunstungsgefässes in der Sonne fand Schübler, daß die Verdunstungshöhe im Mittel bis auf das 3fache steigen kann. – Die Umgebung der neuen Station scheint feuchter zu sein; ihre Zahlen sind durchschnittlich um 7,12 P. Z. kleiner als diejenigen zu Stuttgart, wonach sich die mittlere Verdunstungshöhe am Bahnhof auf 15,32 P.Z. stellen würde.

In Beziehung auf die Regenmenge haben wir nur von den Beobachtungen im botanischen Garten Anhaltspunkte, da die neue Station erst im Laufe des Jahres 1866 mit einem Regenmesser versehen wurde.

Aus den Differenzen gegen die gleichzeitigen Regenhöhen Stuttgarts und mittelst der Stuttgarter 40jährigen Mittel ergeben sich für den botanischen Garten folgende, in Pariser Zollen ausgedrückte Regenhöhen, in welchen je die Höhe des Schneewassers einbegriffen ist:

Bot. Garten. Stuttgart. Differenz.
Frühling 5,92 5,42 +0,50
Sommer 9,29 8,00 +1,29
Herbst 5,71 5,33 +0,38
Winter 3,41 3,73 –0,32
Jahr 24,33 22,48 +1,85

Tübingen hat demnach im Ganzen mehr Regen als Stuttgart; (weniger Regen nur im Winter). Am größten ist der Niederschlag im Sommer, am kleinsten im Winter.

Die Regenmenge ist übrigens von der Lokalität sehr abhängig, insbesondere von der Höhe des Beobachtungsortes. Die Regentropfen wachsen während des Herabfallens auf Kosten des in der durchfallenen Luftschichte enthaltenen Wassers und so muß im allgemeinen die Regenmenge für einen höher gelegenen Ort kleiner ausfallen als für einen tiefer gelegenen. Durch correspondirende Beobachtungen auf dem Schloß hat Schübler dieses für Tübingen bestimmt nachgewiesen; er bestimmte z. B. im Jahre 1828 im Mittel aus 8 Monaten das Verhältniß der auf dem Schloß gefallenen Regenmenge zu der im botanischen Garten beobachteten = 100:110, im Jahre 1833 im Mittel aus 12 Monaten = 100:124.

| Die condensirende Wirkung der Wälder zeigt sich in den Regenhöhen von Bebenhausen, welche 1826 und 1827 diejenigen von Tübingen um 5,31 und 5,63 Par. Zoll übertrafen.

Trotz der größeren Regenmenge Tübingens hat es weniger Tage mit atmosphärischem Niederschlag als Stuttgart. Aus 5 Jahren sind die Mittelzahlen für Tübingen und Stuttgart:

Regentage 97 139
Schneetage 25 30
Tage mit atmosphärischem Niederschlag 122 169

Die mittlere Zahl der Nebeltage ist 50 (Stuttgart 110), der Reife 20, der Gewitter 10 (Stuttgart 16).

Schädliche Hagelschläge sind in den 30 Jahren von 1825–54 officiell gemeldet worden aus dem Bezirk Tübingen 35, aus den Nachbarbezirken Rottenburg 21, Herrenberg 22.

Erscheinungen aus dem Pflanzen- und Thierreich.

Nach den älteren Aufzeichnungen wechselte innerhalb der Jahre 1827-33 die

Ankunft des ersten Storchen zwischen dem 11. und 28. Februar und fällt im Durchschnitt auf den 21. Februar.

Die ersten Maikäfer fliegen am 5. Mai.

Die Blüthe der Kirschen-, Pflaumen und Birnbäume fällt in die letzten Tage des April oder in den Anfang des Monats Mai.

Die Trauben an der Kammerz des botanischen Gartens blühten zwischen dem 27. Mai und 15. Juni, durchschnittlich am 6. Juni, während die allgemeine Traubenblüthe zwei bis drei Wochen später fällt.

Linden blühen Ende Juni oder Anfang Juli.

Die Dinkelernte beginnt zwischen dem 14. Juli und 1. August, im Mittel 24. Juli.

Die Weinlese am 17. October.

Die letzten Storchen werden Mitte August gesehen.

Die Vegetationsdauer zwischen Blüthe und Reife beträgt für den Dinkel durchschnittlich 40 Tage (34 im Jahr 1828, 48 im Jahr 1830) für die Wintergerste 53 Tage.

Für die Weinreben war sie

1827 1828 1831 1833 1834
117 120 121 128 134 Tage.
im Mittel 125 Tage.
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6. Gebirgsarten und Mineralien.[4]

Der älteste Formationspunkt liegt im Ammerthal bei der königlichen Domäne Ammern, er gehört den untersten Gliedern des Keupergypses an. Die ächte Lettenkohle dürfte wohl nirgends ins Oberamt hereingreifen, selbst bei dem 230′ tiefen Bohrloche des Tübinger Anatomiebrunnen wurde sie nicht erreicht. Auf dem entgegengesetzten Ende ragt über Gönningen der kleine und große Roßberg hervor, der auf seinem Gipfel die plumpen Felsen vom weißen Jura δ zeigt. Die jüngern Glieder, namentlich Dolomit und Plattenkalke, gehören schon dem benachbarten Oberamte Reutlingen an.

Der Keuper zeigt sich ungewöhnlich reich an Gyps, namentlich in dem Gebirgszuge zwischen Neckar und Ammer. Wir haben einen untern, welcher bei Ammern noch so eben über die Oberamtsgrenze herübergreift, und sich durch Knochenführende Steinmergel auszeichnet, die großen Sauriern angehören, wo zwischen sich hin und wieder einzelne Zähne von Ceratodus runcinatus finden. An den Knochen scheidet sich gern Malachit aus. Wo die Mergel blosliegen, zeigen sie eine eigenthümliche dünnplattige Zerklüftung, welche senkrecht gegen die Schichtung steht. Der obere Gyps wächst bis zum krystallisirten Sandstein herauf, scheidet sich mehr in gerundeten Klumpen aus, und läßt sich in ansehnlichen Massen auf der Neckarseite unter dem Spitzberge weg bis in die Nähe des Schlosses bei Tübingen verfolgen. Überall lagert deutlich zwischen beiden der

Schilfsandstein. Schwärzloch und die Neckarbrücke bei Tübingen stehen darauf. Im Käsenbach sind schon Steinbrüche darin eröffnet gewesen. Er zieht sich längs des Goldersbach von Lustnau bis Bebenhausen, wo Sandsteinwände von 20′ Mächtigkeit anstehen, aber zu thonig und weich, doch mit allen sonstigen Kennzeichen des ächten Stuttgarter Werksteins. Er beginnt an der Hasenbühler Steige nordwestlich Tübingen mit kleinen höchst eigenthümlichen Zäpfchen, die an der untersten Platte herabhängen und von grünem Leberkiese umhüllt sind.

Der Krystallisirte Sandstein mit vortrefflichen Wellenschlägen zeichnet sich durch ganz besondere Härte aus, die vom Gehalt an Kieselerde abhängt. Wo sie krummflächig auf einander gepackt liegen, wie bei Schwärzloch und im Elysium, führen sie auf der Unterseite Afterkrystalle von Steinsalzwürfeln. Darüber und darunter lagern die weichern bunten Mergel, die durch ihre Wechsel Wasserfälle erzeugen.| Die Steinmergel darüber enthalten einen ansehnlichen Gehalt an Bittererde, fast wie Dolomite, und sind von röthlich-weißen Schwerspathschnüren durchzogen. Der

Weiße Sandstein bildet im ganzen Keuperrevier das wichtigste Glied, und wird vielfach verwerthet. Die härtesten Lager liefern Mühlsteine, die häufig mit Kalkspath cementirt sind, dessen Blätterbruch zwischen den Quarzkörnern deutlich durchschimmert. Daraus ist ihre ungemeine Dauerhaftigkeit erklärbar. Ihnen stehen die weichen Abänderungen gegenüber, welche sich leicht kellerartig aushöhlen lassen, und den Stubensand liefern. Leider ist derselbe durch das zwischenliegende mehlartige Kaolin stark staubig. Der Derendinger Wald bis Dußlingen hin, der Schönbuch namentlich um Dettenhausen und der Tübinger Österberg sind mit der Bildung reichlich versehen, die Befestigung am Schloßberge Hohentübingen wurde durch sie wesentlich erleichert. In der untern Region lagern Conglomerate (Spitzberg, Burgholz an der Straße nach Reutlingen) mit Nuß- bis Faustgroßen Kalkmergelgeröllen, feuerfeste Thone bilden Zwischenlager und werden besonders von den Hafnern gesucht. Hin und wieder ist Bleiglanz, Malachit und Schwerspath eingesprengt, durch Flecken von schwarzem Mangansuperoxyd werden die Steine schäckig. Namentlich kommen den Arbeitern öfter die schönsten schwarzen Gagatstämme unter die Hände, welche in frühern Zeiten oft falsche Hoffnungen auf Steinkohlen weckten. Sonstige Pflanzenreste sind selten und undeutlich, doch kamen die Schafte von Equisetum vor. Berühmt, ja einzig in seiner Art, ist der Fund Phytosaurus, welcher in einem jetzt längst verlassenen Sandsteinbruche auf der Markung Rübgarten, Altenburg nordwestlich gegenüber, im untern Dürrenberge neben der alten Ruine Wildenau 1826 gefunden wurde. Man hielt ihn lange für ein pflanzenfressendes Crocodil, bis man erkannte, daß es nichts als ein Steinkern von einem Schädel sei, der jetzt unter dem Namen Belodon läuft. Die rothen Mergel darüber zeichnen sich durch ganze Lager von Knochen einer Rieseneidechse Zanclodon laevis aus, die wohl 36 Fuß Länge erreicht. Die Jächklinge bei Pfrondorf, die Weihersteige bei Bebenhausen, der Steineberg bei Tübingen, das Steinlachbett unterhalb Dußlingen und andere Punkte haben Reste geliefert. Den Schluß bildet der

Gelbe Sandstein, der Pflasterstein von Tübingen, welcher im Schönbuch an den Thalrändern gewaltige Steinmeere, wie am Steinriegel und im Stunkert oberhalb Bebenhausen, erzeugt; auf den Höhen magere Waldebene mit ausgezeichnetem Sandboden, der in| der Volkssprache längst als Silbersand bekannt ist. Unter andern deckt er auch die isolirten Kuppen des Öster- und Steineberges bei Tübingen. Bei außerordentlicher Festigkeit hat er große Neigung, dicke rohe Platten zu bilden, die auf der Pfrondorfer Höhe vielfach ausgebeutet werden. Die dickern Lager haben ein gleichartiges feines Korn, sie liefern auf dem Kreuz nördlich der Stadt einen guten Pflasterstein. Hier wurden in neueren Zeiten auch Wedel von Cycadeen gefunden, und die räthselhaften Palaeoxyris liegen nesterweis, gehören aber gewiß Pflanzenresten an, welche beweisen, daß der ganze Keuper wesentlich Süßwassergebilde sein müsse. Plötzlich stellt sich jedoch über den gelben Sandsteinen ein

Knochenlager ein, welches wegen seiner Verwandschaft mit englischem Vorkommen gewöhnlich Bonebed genannt wird. Der Jordanberg bei Bebenhausen ist schon 1714 als Fundort genannt, denn diese Dinge galten früher als ein wichtiges Arzneimittel. Die Bank erreicht dort stellenweis die Dicke von 10 bis 12 Zollen, und könnte daher wohl einmal die Aufmerksamkeit der Forst- und Landwirthe aus sich ziehen. An andern Punkten ist sie schwächer. Koprolithen, Zähne und Knochen von Plesiosaurus, Hybodus, Ceratodus, Fischschuppen und anderes liegt wirr durch einander, so daß es die Engländer mit einer Cloake vergleichen. Sie ist der Wendepunkt zur Meeresformation, welche mit dem

Lias (schwarzer Jura) beginnt. Dunkle Farbe und stellenweis ein ungeheurer Reichthum von Muschelresten, deren Namen hier nicht alle erwähnt werden können, zeichnet ihn aus. Gerade Bebenhausen war der klassische Boden für die alten schwäbischen Diluvianisten, welche in den Meeresresten die Zeugnisse der Sündfluth vermutheten. Das Niedergehen des Lias bis zu seinen jüngern Gliedern mitten im Keuper bleibt eine sehr auffallende Thatsache, deren richtige Erklärung große Schwierigkeit macht. Die Psilonoten-Bank mit Ammonites psilonotus zeigt sich auf der Waldhäuser Höhe vorzüglich deutlich, darüber die eigenthümlichen vielgenannten Nagelkalke. Der Wald und die Felder, namentlich auf den Herden zwischen Tübingen und Reutlingen, danken den Arietenkalken ihre Fruchtbarkeit. Ganze „Schneckenpflaster“ entblöst die Steinlach bei Dußlingen; gerade die Flußläufe sind in dieser Region besonders lebendig, weil sie über die Steinwälle hinstürzen, und den gewünschten Aufschluß bieten. Die harten Bänke liefern das wichtigste Straßenmaterial, leicht an den riesigen Ammonites arietis und den Millionen Schalen von Gryphaea arcuata erkennbar. Der Malmsandstein lagert überall| darunter, und ist recht auffallend an der Teufelsbrücke bei Rommelsbach. Aber gute Bausteine liefert er wenig. Ölhaltige Schiefer mit Cidaris olifex, Fischen, Krebsen etc. finden sich in der Steinlach hart bei Dußlingen, darunter ein ausgezeichneter Fundort von Pentacrinites tuberculatus mit den ältesten Belemniten. Der mittlere Lias ist besonders bei Nehren aufgeschlossen, von wo er sich über Hinterweiler im Oberamt Reutlingen fortzieht. Die gefleckten Bänke mit Ammonites Davoei würden ohne Zweifel wie bei Kirchheim einen vorzüglich hydraulischen Kalk liefern. Merkwürdig sind die grauen Mergelkalke mit vielen Belemniten und Terebratula numismalis hinter dem Kloster Bebenhausen. Ja westlich Walddorf im Nonnenhäule kommen sogar dünne Ausläufer von Amaltheenthon, Posidonienschiefer und graue Mergelkalke mit Ammonites jurensis. Diese jüngeren Ablagerungen am Rande der großen Fläche von Arietenkalken bei Walddorf, während die Höhen von Häslach und Schlaitdorf wieder gelben sandigen Malmstein mit Ammonites angulatus führen, kommen dem Geologen sehr unerwartet. Sogar südlich Pfrondorf liegt ganz in der Nähe des linken Neckarufers gletscherartig hingerutscht ein Stück Psilonoten-Bank mit Nagelkalken.

Der braune Jura mit seinen thonigen untern Lagern ist besonders südlich Nehren am Wege zur großen Eiche vertreten. Der Rand des Fürstberges schließt auf der Oberamtsgrenze mit mächtigen blauen Kalken des braunen Jura γ ab. Der braune Jura β darunter im Walde zeigt Thoneisensteinbänke und härtere sandhaltige Ausscheidungen, die sich gewöhnlich durch kleine Wasserfälle kenntlich machen. Der Zusammenhang mit Gönningen wird durch die Markungen Öschingen und Gomaringen zwar unterbrochen, aber die Markung Gönningen mit ihrem Ösch greift wieder gerade soweit im braunen Jura hinaus, so daß das Profil durch den Jura im Oberamt dennoch vollständig ist. Die blauen Kalke γ bilden nordwestlich Gönningen eine ausgezeichnete, etwas nach Süden geneigte Hochfläche, und daraus folgen dann staffelförmig die jüngern Glieder. Namentlich ist die Region des Belemnites giganteus und der Ostrea cristagalli gut vertreten. Die Ornatenthone unter dem Stöffelberge haben viele schöne verkieste Ammoniten geliefert, und vorzügliche Glieder von Pentacrinites astralis. Der thonige bei Regen sehr schlüpfrig werdende Untergrund hat eine Menge Bergrutschen erzeugt, die in zahllosen Rundbuckeln die Steilränder umkränzen, ganz besonders auffallend am Nordfuße des Schönberges an der Straße von Gönningen| nach Öschingen. Überhaupt steht das kleine Wiesazthal geognostisch keinem der andern Thäler nach.

Der weiße Jura ragt an vielen Punkten weit empor, hat in der untern häufig verstürzten Stufe mehrere Erfunde in den Lagern der Terebratula impressa geliefert, und das Plateau der wohlgeschichteten Beta-Kalke steht namentlich im Stöffelberge hochaufgeschlossen da. Auf der Grenze von α und β bildet der Fucoides Hechingensis einen festen Anhaltspunkt. Hat man endlich die Höhe erreicht, so thürmt sich nochmals der große und kleine Roßberg, dem weißen γ und δ angehörig, darauf. Wenn auch die Leitmuscheln nicht fehlen, wie Terebratula lacunosa und zahllose Schwämme, so sind die Fundorte doch gerade nicht ausgezeichnet. Nur hier oben in den festen Kalken δ sind einige mit gelbem Thon erfüllte Spalten, die den jungtertiären Bohnerzen angehören. Die Thalsohle liefert vortreffliche Tuffsteine, über welche früher die klare Wiesatz in hohen Wasserfällen hinabstürzte. Sie gehören durchaus den jüngsten Bildungen an, und tragen stellenweis durch ihren milden Boden zur Fruchtbarkeit des Thalgrundes bei.

Kies und Lehm gehören zum Diluvium. Was erstern anbetrifft, so folgt er nicht blos den Thalgründen, und zeigt den veränderten Lauf der Flüsse in historischen Zeiten, sondern er geht auch auf Höhen hinauf, die mehrere Hundert Fuß über dem heutigen Wasserspiegel liegen: so lagert der Steinlachkies oben auf der Höhe des Galgenberges südlich Tübingen, der Echazkies bei der Kirche von Kirchentellinsfurth, da er nur Jurakalk und Keuperreste enthält, so kann er nicht vom Neckar kommen. Im sogenannten Salzgarten weiter unten stehen wenigstens 100′ über dem heutigen Wasserspiegel Gerölle von Muschelkalk und bunten Sandsteinen, die ohne Zweifel der Neckar aus dem Schwarzwalde dort hingeführt haben muß. Sie backen öfter fest zusammen, und bilden dann eine förmliche Nagelfluhe, die der Pflug in Blöcken hervorfördert. Auf Höhen lagern sie so gerne wie der andere Kies, z. B. am rechten Berggehänge über dem Neckar am Wege von Kirchentellinsfurth nach Oferdingen, wo man nicht immer sicher ist, welchem Flußgebiete sie angehören mögen.

Der Lehm, ein wichtiges Baumaterial, zeigt sich doch nur sporadisch, seine Landschnecken am Ausgang des Käsenbachs nördlich Tübingen fielen schon vor anderthalbhundert Jahren dem Professor Elias Camerarius auf, da sie so tief (bis auf 30 Fuß) hinabgreifen. Hin und wieder enthält er Knochen vom Ochs, Pferd, Hirsch, aber auch vom Rhinoceros tichorhinus und Mammuth. Doch haben die| Reste gewöhnlich sehr gelitten, und liegen öfter auf secundärer Lagerstätte; denn einer der schönsten Backenzähne des Mammuth wurde beim Baden im Neckar oberhalb des Weilheimer Steges bei Tübingen gefunden. Bei Oferdingen kommen die Reste beim Abräumen der Steinbrüche nur wenige Fuß unter der Oberfläche zu Tage, und doch sind sie wohl die ältesten der Gegend, denn sie liegen unter der Lehmschicht in dem aufgerissenen, mit Sandsteinbrocken gemengten Keuper. Hohle, öfter klappernde Mergelknollen, sogenannte Lößkindle, finden sich stellenweis namentlich in Anlagen von Hopfengärten in Menge. Die harte Mergelmasse überzieht auch wohl die Knochen, und trägt so zu ihrer Erhaltung bei. Auf diese Weise hatte sich mitten im Lehm von Hagelloch ein kleines Rennthiergeweihe erhalten.


7. Pflanzen und Thierreich.
A. Pflanzen.[5]

Da die Stadt Tübingen der Sitz der Landesuniversität ist, so wurde die Flora ihrer Umgebung seit der Zeit von Leonhard Fuchs an der Gegenstand wohl vielfacherer Unternehmungen, als die Flora eines jeden anderen Theiles des Landes, auch bietet dieselbe in mancher Beziehung ein Interesse dar, indem der auf eine Entfernung von wenigen Stunden zusammengedrängte Wechsel der Gebirgsarten von den jurassischen Formationen der Alb abwärts bis zu dem vom Neckar oberhalb Rottenburg durchbrochenen Muschelkalke, so wie die auf etwa 1800 Fuß steigenden Höhedifferenzen der benachbarten Umgegend eine große Mannigfaltigkeit verschiedener Standorte und damit einen vielfachen Wechsel der vegetabilischen Decke bedingen. In Folge hievon ist die Flora, ungeachtet die Pflanzen der höheren Gebirge ihr abgehen und ungeachtet die Gesteine der Urgebirge fehlen und die Gegend im Ganzen sehr wasserarm ist, der Sümpfe beinahe völlig und der Torfmoore ganz entbehrt, durch welche Umstände der Mangel vieler Pflanzenarten bedingt wird, doch keine arme zu nennen.

Mit dieser die Umgebungen der Stadt Tübingen characterisirenden Flora fällt aber die des Oberamtes Tübingen, mit welcher wir uns hier zu beschäftigen haben, nur theilweise zusammen, indem die westliche Grenze des Oberamts nur etwa eine Stunde von der Stadt entfernt ist. Hiermit ist nicht nur das ganze Gebiet des Muschelkalkes und der Lettenkohle, sondern auch der durch seine Vegetation vielfach ausgezeichnete Bergzug des Wurmlinger und Hirschauer Berges,| sowie der größte Theil des gegen das Ammerthal gewendeten Abhanges des Schönbuches aus dem hier in Betracht kommenden Bezirk ausgeschlossen. Es wäre deshalb unrichtig anzunehmen, daß alle Pflanzen, welches in den Floren als bei Tübingen wachsend angegeben werden, auch im Oberamte Tübingen wachsen, so gehört z. B. der Standort des Orobus vernus L., welcher in ganz Deutschland nur bei Tübingen wächst, bereits dem Oberamte Rottenburg an.

Da die Umgrenzung des Oberamtes Tübingen eine rein willkührliche ist und in keinerlei Verhältniß zur natürlichen Beschaffenheit der Gegend steht, so bildet auch die Flora desselben kein abgerundetes Ganzes, welches einen Gegensatz gegen die Flora der benachbarten Bezirke bilden würde und sich durch bestimmte Züge charakterisiren ließe, sondern sie greift auf eine regellose Weise in mehrere Florengebiete ein, welche man bei einer Betrachtung der Flora des ganzen Landes von einander sondern müßte. Um daher nicht eine ganz regellose Aufzählung von Pflanzen zu geben, bin ich genöthigt, verschiedene Theile des Oberamtsbezirkes besonders zu betrachten.

Eine ziemlich charakteristische Abtheilung des Bezirkes bildet der nordwestliche Theil desselben, welcher aus den im Allgemeinen bis auf 1500′–1700′ ansteigenden, aus Keuper bestehenden, in der Höhe vielfach mit Lias bedeckten Bergen des Schönbuches besteht, und beinahe durchgängig mit Wald bedeckt ist. Wie schon der Name andeutet, so besteht dieser Wald vorherrschend aus Buchen, denen jedoch in großer Menge die Eiche, in geringerer Menge die Hainbuche und Birke beigemengt ist, während die Esche, Ulme und der Bergahorn nur eine untergeordnete Rolle spielen. Ursprünglich scheint dieser ganze Waldcomplex der Nadelhölzer ganz entbehrt zu haben; dieses ändert sich jedoch in neuerer Zeit in zunehmendem Maße, indem mehr oder weniger ausgedehnte Strecken mit Föhren oder Rothtannen, denen mitunter auch Lärchen beigemengt sind, bepflanzt werden. Diese Veränderung wird ohne Zweifel mit der Zeit manche Umänderungen in der Gesamtflora dieser Waldparthieen, namentlich in Beziehung aus cryptogamische Gewächse hervorrufen. Unter den Waldbäumen des Schönbuchs verdient in botanischer Beziehung ein einziger, welcher für unsere Gegenden eine Seltenheit ist, jedoch auch auf der Südseite des Neckars im Rammert wiederkehrt, hervorgehoben zu werden; nämlich eine auf sumpfigen Stellen wachsende Birke, deren Stamm in der Jugend mit einem braunen Periderma, im Alter nach Art einer Eiche mit einer rissigen Borke bekleidet ist, eine Form, welche von manchen Schriftstellern zu Betula pubescens Erh. gerechnet wird.

| Wenn wir vom Walde absehen, so stimmt die aus Sträuchern und Kräutern bestehende Vegetation des Schönbuches im allgemeinen mit der Vegetation der niedereren, das Neckarthal unmittelbar begrenzenden Hügelzüge überein, indem der Unterschied in der Meereshöhe zu unbedeutend ist, um einen wesentlichen Einfluß auf die Vegetation zu äußern. Es lassen sich nur ein paar Pflanzen, namentlich Arnica montana L., Daphne Cneorum L. anführen, deren Vorkommen im Schönbuche und Mangel in den niederer gelegenen Theilen des Oberamts vielleicht diesem Umstande zuzuschreiben ist. Außerdem mögen noch folgende im Schönbuche wachsende Pflanzen, welche für die hiesige Keupergegend ungewöhnlich sind, Leucojum vernum L., Iris sibirica L., Aconitum Lycoctonum L., Lemna polyrrhiza, Equisetum variegatum Schlch., E. hiemale L. genannt werden.

In hohem Grade zeichnen sich dagegen einzelne, meistens höher gelegene Strecken des Schönbuches, welche keine Bedeckung von Lias tragen und einen sehr sandigen Boden besitzen, in Hinsicht auf ihre Vegetation aus, welche in mancher Beziehung an die Vegetation des Schwarzwaldes erinnert, wie das Vorkommen folgender Pflanzen zeigt: Alsine rubra Whlbg., Hypericum humisusum L., Sarothamnus scoparius Wimm., Myosotis versicolor L., Vaccinium Vitis Idaea L., Digitalis purpurea L., Teucrium Scorodonia L., Centunculus minimus L., Juncus squarrosus L., Avena caryophyllea Wigg. Aira flexuosa L., Agrostis canina L. An einer versumpften, dieser Sandgegend angehörigen Stelle, dem sogenannten Birkensee, wuchsen noch vor wenigen Jahren Drosera rotundifolia und Lycopodium inundatum L.

Gehen wir von dem bewaldeten und nur an vereinzelten Stellen bewohnten Theile des Schönbuches zu dem den Neckar auf beiden Seiten begleitenden, zwar größtentheils der Kultur unterworfenen, doch aber auch noch an vielen Stellen mit Laub- oder Nadelwald bedeckten, aus Keuper bestehenden Hügellande über, welches bei Tübingen mehr aus isolirten Höhenzügen besteht, neckarabwärts auf beiden Seiten des Ufers in ein wellenförmiges, mit Lias bedecktes Plateau übergeht, so tritt uns eine Flora entgegen, wie sie mit geringen Änderungen dem ganzen mittleren Neckargebiete zukommt. Man kann sie im allgemeinen als eine Flora des Thonbodens bezeichnen. Da aber der Keuper in seinen verschiedenen Schichten eine sehr große Mannigfaltigkeit der mineralogischen Zusammensetzung zeigt, auf der einen Seite zu einem sehr sandreichen Boden verwittert, auf| der andern Seite reich an Kalkerde ist, so nähert sich auch die Flora des in Rede stehenden Gebietes an einzelnen Stellen, jedoch lange nicht in so ausgesprochener Weise, wie dieses bei den oben besprochenen Stellen des Schönbuches stattfindet, der Flora des Sandbodens, während sie im allgemeinen reich an kalkholden Pflanzen ist. Das letztere geht jedoch nicht so weit, daß nicht noch immerhin die Grenze zwischen der Flora des Keupers und der des Kalkes scharf gezogen bliebe, wie dieses namentlich bei Rottenburg deutlich hervortritt, wo uns mit dem Betreten des Muschelkalkes in Thalictrum minus L., Pulsatilla vulgaris Mill., Helleborus foetidus L., Cotoneaster vulgaris Lindl., Libanotis montana All., Lithospermum officinale L., Globularia vulgaris L., Convallaria verticillata L. eine Reihe von Kalkpflanzen entgegentritt, welche dem Keuperboden von Tübingen abgehen.

Da das Neckarthal bei Tübingen in nahezu 1000′ Meereshöhe liegt, so fragt sich, ob sich dieser Umstand in der Flora geltend macht, wenn man dieselbe mit der Flora der höher und der niederer gelegenen Theile des Neckarthales vergleicht. Da jedoch das Vorkommen oder Fehlen einer Pflanze in einer bestimmten Gegend von dem Zusammentreffen einer Reihe sehr verschiedener Ursachen bedingt ist, so wird sich der Einfluß, welchen die im Ganzen doch unbedeutende Höhendifferenz der verschiedenen Theile des Neckarthales auf die Vegetation ausübt, im Einzelnen nur selten mit voller Bestimmtheit nachweisen lassen. Daß jedoch dieses Moment auch bei den geringen Höhenunterschieden der hier in Betracht kommenden Gegenden maßgebend sein kann, dafür liefert das bessere oder schlechtere Gedeihen des Weinstockes einen schlagenden Beweis. Die ganze hier in Betracht kommende Strecke des Oberamtes Tübingen fällt in das Gebiet des Weinbaus. Sie liegt jedoch der Grenze desselben nahe und sowohl die Qualität des hiesigen Weines, als der Umstand, daß von Jahr zu Jahr ein weiterer Theil der Weinberge ausgerodet und anderen Kulturen überwiesen wird, beweist auf eine unzweifelhafte Weise, daß der Weinstock die Wärmemenge, welche zu seiner normalen Ausbildung nöthig ist, und die er an zahlreichen Stellen des Unterlandes in hinreichendem Maaße genießt, in der hiesigen Gegend kaum mehr und eigentlich nur noch ausnahmsweise in einzelnen ungewöhnlich warmen Jahren findet, weßhalb er auch nicht im Stande ist, sich ohne künstliche Hülfe zu erhalten und nicht wie in wärmeren Gegenden Deutschlands in verwildertem Zustande vorkommt. Daß auch diese dem Weinstocke noch halb günstigen Verhältnisse bei höherem| Aufsteigen im Neckarthale rasch ihr Ende erreichen, zeigt der Umstand, daß der Weinbau eine kurze Strecke oberhalb Rottenburgs völlig erlischt. Die gleichen Folgen, wie sie sich bei dieser Kulturpflanze aussprechen, müssen aber auch bei einzelnen wildwachsenden Pflanzen eintreten, daher ist es nicht unwahrscheinlich, daß manche Unterschiede zwischen der Flora des Unterlandes und der Tübinger Gegend der mit der höheren Lage der letzteren im Zusammenhang stehenden Wärmeabnahme zuzuschreiben sind. So fehlen von den im Unterlande vorkommenden Pflanzen in der Umgebung von Tübingen völlig: Polycnemum arvense L., Heliotropium europaeum L., Carum Bulbocastanum Koch, Mentha rotundifolia L., Calendula arvensis L. Parietaria officinalis L., Centaurea Calcitrapa L., Dictamnus rFaxinella P. Andere erreichen in der Gegend von Tübingen, oder wenigstens nicht viel weiter oben im Neckarthale ihre obere Höhengrenze, z. B. Veronica Buxbaumii Ten., Calamintha officinalis Mönch, Brassica nigra Koch, Isatis tinctoria L., Diplotaxis tenuifolia DC., Rosa gallica L., Podospermum laciniatum DC., Chondrilla juncea L., Crepis foetida L., C. pulchra L., Falcaria Rivini Host, Peucedanum officinale L., Ob hieher auch die in andern Theilen des Neckarthales noch nicht gefundenen und bei Tübingen wachsenden (Chrysocoma Linosyris L. und Cynodon Dactylon Pers. zu rechnen sind, mag dahinstehen.

Von einigen anderen, welche in der hiesigen Gegend vorkommen, in tiefer gelegenen Theilen des Landes seltener sind, oder ganz fehlen, mag umgekehrt die höhere Lage das Gedeihen befördern, z. B. Ribes alpinum L., Ranunculus platanifolius L., Tetragonolobus siliquosus Roth, Rubus saxatilis L., Lactuca perennis L., Laserpitium latifolium L., L. prutenicum L., Chaerophyllum aureum L., Alnus incana DC., Salix nigricans Fries, Poa sudetica Haenke, Lycopodium annotinum L.

Von den die große Masse der Vegetation unserer Keupergegend bildenden Pflanzen heben wir nur eine kleine Zahl von solchen Gewächsen hervor, deren Vorkommen für die Tübinger Gegend als mehr oder weniger charakteristisch betrachtet werden kann. Dahin gehören: Ranunculus lanuginosus L., R. sceleratus L., Trollius europaeus L., Fumaria Vaillantii Lois., Cardamine impatiens L., Erysimum virgatum Roth, Lepidium ruderale L., L. latifolium L. (verwildert), Coronopus Ruellii, Myagrum perfoliatum L., Neslia paniculata Dsv., Reseda lutea L., R. luteola L., Polygala comosa Schk., P. amara L., Lychnis Viscaria L.| Linum tenuifolium L., Malva Alcea L., Althaca hirsuta L., Hypericum pulchrum L., H. montanum L., Oxalis stricta L., Genista tinctoria L., G. sagittalis L., Cytisus nigricans L., Trifolium ochroleucum, T. fragiferum L., T. hybridum L., Astragalus cicer L., Oxytropis pilosa DC., Orobus Nissolia L., Potentilla alba L., Silaus pratensis Bess., Cervicaria rigida Moench, Chaerophyllum bulbosum L., Conium maculatum L., Asperula glauca Bess., Dipsacus pilosus L., Aster Amellus L., Inula hirta L., Artemisia pontica L. (verwildert), Cineraria spathulaefolia Gml., Cirsium eriophorum Scop., Centaurea nigra L., C. montana L., Tragopogon major Jacq., Scorzonera humilis L., Lactuca saligna L., Crepis praecox Balb., Campanula Cervicaria L., Gentiana cruciata L., G. verna L., Lycopsis arvensis L., Lithospermum purpureo coeruleum L., Verbascum phlomoides L., Digitalis ambigua Murr., Linaria Cymbalaria Mill., L. Elatine Mill., L. spuria Mill., Veronica praecox All., Euphrasia lutea L., Lathraea squamaria L., Calamintha officinalis Moench, Salvia sylvestris L., S. verticillata L. (Flüchtling von der Alb), Ajuga Chamaepytis Schreb., Teucrium Botrys L., Aristolochia Clematitis L., Euphorbia dulcis L., E. verrucosa Lam., Butomus umbellatus L., Cypripedium Calceolus L., Cephalanthera pallens Rich., Epipactis latifolia All., E. atrorubens Schult., E. palustris Crantz, Spiranthes autumnalis Rich., Geodyera repens R. Br., Ophrys apifera Huds., O. Arachnites Host, Orchis fusca Jacq., O. coriophora L., O. pallens L., Gymnadenia odoratissima Rich., Coeloglossum viride Hartm., Herminium Monorchis R. Br., Iris sambucina L., Lilium Martagon L., Allium fallax Koch, A. oleraceum L., A. rotundum L., A. sphaerocephalum L., Ornithogalum umbellatum L., Scilla bifolia L., Juncus compressus Jacq., Heleocharis uniglumis Link, Scirpus setaceus L., S. Tabernomontani Gm., Carex pulicaris L., C. Schreberi Schrank, C. ericetorum Poll., C. humilis Leys., C. pilosa Scop., Catabrosa aquatica P. B., Festuca heterophylla Lam., F. gigantea Vill., Poa sudetica Haenk., Melica uniflora Retz., M. ciliata L., Triodia decumbens P. B., Calamagrostis arundinacea Roth, Andropogon Ischaemum L., Equisetum Telmateja Ehrh., Ophioglossum vulgatum L. Botrychium Lunaria L., Polypodium vulgare L., P. Dryopteris L., Aspidium spinulosum Sw., Pteris aquilina L., Asplenium Adiantum nigrum L.

| Als einen weiteren sehr eigenthümlichen Theil der Flora des Tübinger Oberamtes müssen wir endlich diejenigen Pflanzen betrachten, welche auf dem kleinen Stücke der württembergischen Alb wachsen, welcher mit Gönningen und seiner Umgebung und namentlich mit dem 2687′ hohen Roßberge noch zum Tübinger Oberamte gerechnet wird. So beschränkt auch dieses Gebiet ist, so zeigt es doch bei der großen Gleichförmigkeit, welche die Vegetation der Alb auszeichnet, die charakteristischen Eigenthümlichkeiten derselben in hohem Grade und enthält einen guten Theil der diesen Gebirgszug auszeichnenden Pflanzen. Als solche mögen folgende hervorgehoben werden: Thalictrum aquilegifolium L., Hepatica triloba DC,. Pulsatilla vulgaris Mill., Ranunculus montanus Vill., R. lanuginosus L., Helleborus foetidus L., Aquilegia vulgaris L., Aconitum Lycoctonum L., Arabis arenosa Scop., Alyssum montanum L., Draba aizoides L., Thlaspi montanum L., Dianthus caesius L., Geranium sanguineum L., Cytisus nigricans L., Trifolium rubens L., T. ochroleucum L., Coronilla montana Scop., Onobrychis sativa Lam., Vicia sylvatica L., V. dumetorum L., Rosa pimpinellifolia DC., Sorbus Aria Crantz, Saxifraga Aizoon L., Astrantia major L., Bupleurum longifolium L., Libanotis montana All., Cervaria rigida Moench, Laserpitium latifolium L., Orlaya grandiflora Hofm., Asperula arvensis L., Valeriana tripteris L., Bellidiastrum Michelii Cass. Bupthalmum salicifolium L., Anthemis tinctoria L., Carduus defloratus L., Crepis alpestris Tausch, Gentiana lutea L., Calamintha Acinos Clairv, Stachis alpina L., Teucrium Botrys L., T. montanum L., Euphorbia amygdaloides L., Cypripedium Calceolus L., Cephalanthera rubra Rich., Orchis globosa L., O. pallens L., O. pyramidalis Rich., Gymnadenia odoratissima Rich., Coeloglossum viride Hartm., Herminium Monorchis R. Br., Lilium Martagon L., Muscari botryoides DC., Convallaria verticillata L., Carex humilis Leyss. Festuca glauca Lam., Poa sudetica Haenk., Sesleria coerulea Ard., Elymus europaeus L., Polypodium calcareum Sw., Cystopteris fragilis Brnh., Aspidium aculeatum Sw., Ophioglossum vulgatum L.

In Beziehung auf den ökonomischen Nutzen, welcher von den im Oberamte Tübingen wildwachsenden Pflanzen außer der gewöhnlichen forstlichen und landwirthschaftlichen Benützung gezogen wird, ist wenig zu berichten. Die Beeren (Heidelbeeren u. s. w.) sind in zu geringer Menge vorhanden, als daß sie zur Branntweinbrennerei| verwendet werden könnten. Von den zur Färberei verwendbaren Pflanzen wird nur Genista tinctoria in größerer Menge gesammelt. Außerdem verdient wohl angeführt zu werden, daß sich in neuerer Zeit eine kleine Industrie darauf gründete, daß die Blätter von Carex brizoides L. im Schönbuche in größerer Menge gesammelt und unter dem Namen des Seegrases zum Flechten von Matten und dergleichen verwendet werden.

Ebensowenig geben die medicinisch verwendbaren Pflanzen zu einer besondern Bemerkung Veranlassung, indem sie zwar wie allerwärts für den localen Bedarf der Apotheken gesammelt werden, aber keine derselben in größerer Menge in den Handel gebracht wird.

B. Tierreich.[6]

Die nähere Umgebung von Tübingen ist als die einer Universitätsstadt, wie billig, schon seit geraumer Zeit auch im Hinblick auf die Thierwelt viel durchforscht worden. Das Interesse für die Pflanzen gieng indessen voraus; denn während schon 1722 Duvernoy mit einer kleinen Flora der „circa Tubingensem arcem“ vorkommenden Pflanzen hervortrat, ist ein volles Jahrhundert nachher, 1822, durch Schübler (in Eisenbach’s Stadt und Universität Tübingen) zuerst eine Fauna „der hiesigen Umgebungen“ unternommen worden.

Seit der Zeit hat durch die Bemühungen eifriger Beobachter das Wissen über die Fauna Tubingensis reichen Zuwachs erhalten. Wenn trotzdem sich noch eine Menge Lücken finden, so begreift und entschuldigt das jeder Sachkundige. Handelt es sich doch nicht blos um die Kenntniß größerer, selbst dem Nichtzoologen öfters auffallender Thiere, sondern weit mehr um zahllose kleine, das Land und Wasser bewohnende Geschöpfe, deren Vorhandensein den meisten Menschen geradezu unbemerkt bleibt und nur nach und nach von den wenigen Fachmännern an’s Licht gezogen werden kann.

Unter den höheren Wirbelthieren mögen wohl die Vögel am besten bekannt sein; schon nicht mehr in diesem Grade die kleineren Säugethiere, wie die Fledermaus- und Spitzmausarten, sowie die Species der Gattungen Mus und Arvicola. Auch die Amphibien, von denen man bereits im Jahre 1830 annahm, daß sie „vollständig bekannt“ seien, sind, wie die Folge zeigen wird, dies nicht gewesen. – Aus den Reihen der niederen Thiere waren es, äußerer Umstände halber, die Weichthiere (Conchylien), dann die Käfer und Schmetterlinge, über welche wir genauere Verzeichnisse erhielten; alle andern Gruppen der| Arthropoden, sowie der Würmer und Protozoen, bieten noch ein weites Feld der Forschung dar, und Verfasser dieses glaubt schon in vorliegender Skizze auf manche für unsere Fauna neue Thierform hinweisen zu können. Übrigens darf nicht unbemerkt bleiben, daß insbesondere die vaterländische Entomologie mehr ausgebildet sein könnte, wenn die Zahl der Insectenkundigen so groß geblieben wäre, als sie Ende des vorigen und Anfang des jetzigen Jahrhunderts im südwestlichen Deutschland gewesen ist. Wie viele Sammler, den verschiedensten Ständen angehörig, lernt man bei Roth v. Schreckenstein kennen und wie wenig sind es gegenwärtig!

Jedem, der irgend einen Fleck Erde seit längeren Jahren mit Rücksicht auf die Fauna entweder selbst ins Auge gefaßt hat oder die hierauf bezüglichen Angaben früherer Beobachter vergleicht, muß die große Veränderung, mit andern Worten, das Verschwinden vieler Formen der freien Thierwelt sich bemerkbar machen. Namentlich in der neueren Zeit geht dieses Vernichtungswerk einen sehr raschen Gang; und es sind nicht blos die Säuger, Vögel, Reptilien, Amphibien und Fische, deren Arten und Individuenzahl, wie schon dem aufmerksamen Laien nicht entgeht, sich fortwährend vermindern; sondern durch die menschliche Übervölkerung und die dadurch bedingte, immer weiter ausgreifende Kultur des Bodens, durch die namentlich seit den vierziger Jahren durchgeführte Ausfüllung aller Wassergräben, die Correction der Flußufer, durch die Behandlung des Waldes als „Forst“ sind gar manche Insecten, so z. B. gewisse Buprestiden, Lucaniden, Cerambyciden, deren Larven von abgestorbenem Holz sich ernähren, ferner Weichthiere, sowie zarte Wasserorganismen in vielen Gegenden bereits erloschen.

Gerade dieser Gesichtspunkt sollte aber, wie ich meine, bei Anfertigung faunistischer Verzeichnisse nicht unbeachtet gelassen werden. Welche Thiere waren zu einer bestimmten Zeit da? welche sind verschwunden, und durch welche Umstände? welche sind unterdessen etwa eingewandert?

Was insbesondere die hiesige Gegend betrifft, so läßt sich bei aufmerksamem Durchgehen von G. F. Rösler’s Naturgeschichte des Herzogthums Württemberg aus dem Ende des vorigen Jahrhunderts bemerken, daß nicht wenige der „öden Plätze“, der „großen Allmandplätze oder mageren Weiden“, Waldungen und Gewässer unterdessen eingegangen sind. Wie günstig für eine Menge an und im Wasser lebender Thiere scheint z. B. das Thal der Steinlach gewesen zu| sein, „ehe die Chaussee angelegt wurde und der Weg nach Tübingen an dem Wasser hinunter über viele Stege ging“!

Durch das Bemühen, solche Fragen zu beantworten in Verbindung mit dem Studium über den Zusammenhang der Thierwelt mit geognostischen Verhältnissen und der Vegetation, wird die Bedeutung der auf die Fauna bezüglichen Arbeiten vermehrt und vermag uns in den Kreis höherer morphologischer Betrachtungen überzuführen.

Die folgenden Zeilen indessen erheben sich nicht über die Geltung einer flüchtigen Skizze, welche schnell, ja theilweise aus dem Gedächtnisse niedergeschrieben werden mußte in den Rahmen eines vorgemessenen Raumes.


Die umfängliche Abtheilung der Protozoen hiesiger Gegend harrt noch ihres Bearbeiters. Die Thiere sind fast alle sehr klein und bleiben der großen Mehrzahl nach dem unbewaffneten Auge verborgen. Dem Verfasser ist es blos gelegentlich bemerkenswerth geworden, daß die hiesigen Tümpel, wohl des kälteren Wassers wegen, im Ganzen weniger belebt von solchen Geschöpfen sind, als die stehenden Wasser des ihm näher bekannten wärmeren Mainthales.

Von der größten Form, dem Süßwasserschwamm, findet sich Spongilla lacustris Lbk. in Gräben, alte Holzstücke und dergleichen überrindend; hingegen stieß ich im Neckar noch auf keine Stelle, wo Spongilla fluviatilis Lbk. (durch Form der Kieselnadeln und der Amphidisken leicht unterscheidbar) sich angesiedelt gehabt hätte, während z. B. an der Tauber und im Main sich oft Gelegenheit bietet zu sehen, wie auf ganze Strecken hin jeder Stein an der Unterseite mit diesem Schwamm besetzt ist.

Von der Klasse der ächten Rhizopoden im Süßwasser wird wahrscheinlich das Sonnenthierchen (Actinophrys Eichhornii Ehrbrg. auch hier nicht fehlen; doch ist dem Verfasser dasselbe bisher noch keineswegs zu Gesicht gekommen.

Aus der Klasse der Acinetinen (Infusoria suctoria) kommt außer kleineren Arten eine große, schon dem freien Auge zugängige Podophrya auf dem großen Wasserkäfer (Hydrophilus piceus) sehr gewöhnlich vor. – Ebenso schmarotzt aus der Klasse der Wimperinfusorien (Ciliata) auf unseren Süßwasserpolypen, wie anderwärts, die Gattung Trichodina. – Eine andere noch nicht näher bestimmte Form (Oxytricha ?) beobachtet man an den hiesigen Larven des Landsalamanders, wo sie in großer Menge und schnell auf der äußeren| Haut hin- und hereilt. – Auf fertigen Tritonen findet sich eine Vorticelline, welche mit sehr chitinisirtem, daher bräunlichem Stiel der Epidermis ansitzt. – Und da nun einmal gerade von parasitischen Infusorien die Rede ist, so sei erwähnt, daß die hiesigen Daphniden, Cyclopiden, kleinen Wasserkäfer und Wasserschnecken durch dichten Besatz mit Vorticella, Carchesium, Epistylis und a. A. die merkwürdigen Bilder dem Mikroskopiker wiederholen, wie sie z. B. Rösel vor mehr als hundert Jahren gezeichnet hat. – Ebenso wenig wie anderwärts fehlen hier im Mastdarm der Frösche die Gattungen Bursaria und Opalina; außerdem beobachtete ich schlankere Formen von Opalina im Darminhalt der noch fußlosen Larven von Rana esculenta und Bombinator igneus; sowie im Darmkanal von Lumbricinen. – Arten von Paramaecium, Stylonychia, Stentor, Tintinnus u. a. sind frei aus dem Wasser der Gräben und Lachen zufällig hin und wieder gesehen worden.




Eines der interessantesten Thiere des Süßwassers, der einzige Repräsentant der Coelenteraten in unserer Fauna, die weit verbreitete Gattung Hydra fehlt auch unserer Gegend nicht. Hydra viridis und Hydra vulgaris auct., (unter welchen letzteren Namen hier einstweilen die graubräunlichen und hellgelblichen Formen mit mäßig langen Armen gebracht sein mögen), konnte man früher zu jeder Jahreszeit, selbst im Winter, aus mehreren Localitäten in Menge sich verschaffen; namentlich in einigen jetzt nicht mehr bestehenden Tümpeln im Felde war Hydra vulgaris äußerst häufig. Hingegen ist die braune Form mit den sehr langen Armen, Hydra fusca auct., in hiesiger Gegend dem Verfasser noch niemals vorgekommen. Ich meine hier die Art, von welcher in dem bekannten Werke Trempleys eine so vorzügliche Darstellung einer ganzen Colonie, von Lyonet gezeichnet und gestochen Pl. 9, Mem. 3, sich findet. Rösel beobachtete sie im Jahr 1754 bei Nürnberg; Schäffer im gleichen Jahre bei Regensburg; Schreiber dieses fand sie bei Rothenburg in Franken, doch nicht im eigentlichen Taubergrund, sondern in einem See in der Richtung Ansbach. Im Mainthal ist sie mir nirgends zu Gesicht gekommen. Werfer (1813) und Schübler (1820) führen aus Württemberg H. fusca an, allein da beide dann nur noch H. viridis nennen, so haben sie offenbar die Bezeichnung fusca für die allgemein verbreitete vulgaris gebraucht; daß aber H. fusca doch irgendwo in Württemberg vorkommen muß, dafür| spricht ein tüchtiger Gewährsmann, G. v. Martens, der ebenfalls die fusca neben viridis, grisea und pallens nennt. Leider ist bezüglich des Wohnorts nur allgemein gesagt „Sämmtlich in ruhigem süßem Wasser an Wasserpflanzen.“

Die große Abtheilung der Würmer auf die einheimischen Arten zu erforschen, wird noch viele Zeit in Anspruch nehmen. Einstweilen Folgendes.

Aus der Gruppe der Strudelwürmer (Turbellaria) sind die Rhabdocoelen, wovon eine ganze Anzahl von kleineren Arten sich hier bei Tübingen findet, noch nicht bestimmt worden; wohl aber die dendrocoelen Formen, deren Repräsentanten sind: Polycelis nigra Müll., Planaria lactea Müll., und Planaria gonocephala Müll. Die erste (P. nigra) ist sehr häufig, mehr in ruhigen, stehenden Gewässern; weniger häufig, am ehesten zwischen Schilfblättern, findet sich die zweite Art (P. lactea). In einem Sommer, bei sehr niedrigem Wasserstand, fand sie sich in Menge unter Steinen der Steinlach, wobei an den jüngeren Thieren die durchschimmernden Darmverästelungen durchweg von schön violetter Färbung waren.[7] Es läßt sich Pl. lactea in Gläsern mit Wasserpflanzen den ganzen Herbst und Winter über lebendig erhalten; die Thiere wachsen alsdann zu einer Größe heran, wie man sie im Freien kaum sieht. Die dritte Art P. gonocephala trifft man in fast allen Bächen der Umgebung sehr zahlreich an.[8] Unter den drei genannten Arten bewegt sich Pl. lactea, wenn sie aufgeschreckt ist, am schnellsten.

Von den parasitischen Saugwürmern (Trematoda) hat Schreiber dieses bisher nur gelegentlich Notiz genommen. Es mag erwähnt sein, daß ich an den Fischen des Neckars des Diplozoon paradoxum Nordm. noch nicht ansichtig geworden bin; während das wunderliche Geschöpf an den Kiemen des Brachsen (Abramis brama) im Main gar nicht selten ist. – Ferner ist mir noch kein einziges Exemplar von Aspidogaster conchicola Baer vor die Augen gekommen, obschon ich Jahr aus Jahr ein Muscheln öffne. Auch dieser interessante Parasit ist in den Anodonten des Mains häufig. – Hingegen leidet die Muschelgattung Cyclas in hiesiger Gegend, namentlich| bei Jesingen sehr an Cercaria macrocerca; die Thiere sind oft so voll davon, daß das theilweise massenhafte Absterben des Muschelchens vielleicht daraus zu erklären sein möchte. – Das merkwürdige Leucochloridium paradoxum Carus, aus der Bernsteinschnecke, kam dem Verfasser aus der Gegend von Bebenhausen in einem Sommer zur Beobachtung. – In der Lunge des Frosches begegnet man hin und wieder dem Distomum cylindraceum R.; nicht selten ist auch in der Harnblase desselben Thieres Polystomum integerrimum R. – Ganz besonders auffällig ist mir aber das eingekapselte Distom unter der Haut von Rana temporaria, dessen bereits Günther gedacht hat. Man sieht es im Winter an Fröschen hiesiger Gegend mit freiem Auge als scharf abgegrenzte runde Körper im Bindegewebe unter der Haut, dann auch zwischen den Muskeln. (Haut des Distoms mit Häckchen; Excretionsorgane, Nieren, prall gefüllt mit weißer Masse – Analogen der Harnansammlung im Puppenleben der Schmetterlinge.) In Fröschen der Würzburger Gegend ist mir dieser Parasit niemals aufgestoßen. – Distomum squamula Rud., jüngst von Dr. Ernst Zeller aus Fröschen der Tübinger Gegend in seinem encystirten Vorkommen besprochen und hübsch dargestellt, konnte in einem Winter ebenfalls in mehren Exemplaren demonstrirt werden. –

Die Bandwurmform beim Menschen ist Taenia solium L. – Das Exemplar von Taenia mediocannellata Küchenm., welches ich der Sammlung einverleibte, wurde einem Norddeutschen, der nach seiner Annahme in Rom sich den Wurm geholt hatte, abgetrieben. – Auch die in unserer Sammlung ausgestellten Exemplare von Bothriocephalus latus L. rühren von Fremden her. – Häufig, wie überall, ist Taenia serrata, Götze, des Hundes. Leberstücke des Hasen, vollgepropft mit der erbsengroßen Finne (Cysticercus pisiformis), sind mir schon wiederholt gebracht worden. – Echinococcus hominis Rud. kam öfter zur Ansicht.

Von Kratzern (Acanthocephala) fand sich in früheren Zeiten einmal in größerer Menge Echinorhynchus gigas, Götze, aus dem Schweine. – Wie überall gewöhnlich ist Echinorhynchus proteus R. aus Fischen. – Auch die Jugendform des Ech. polymorphus, der Ech. miliarius, ist nicht selten. Verfasser kennt einen kleinen Bach bei Tübingen, wo aus fast allen Exemplaren des Gammarus pulex dieser orangerothe Parasit durchschimmert. (Von einigen Seitenbächen der Tauber könnte das Gleiche gesagt werden.)

Auch die Rundwürmer (Nematoda) sind zahlreich vertreten. In Tübingen ist der Spulwurm des Menschen Ascaris lumbricoides| L. sehr häufig; etwas seltener wird Trichocephalus dispar Rud. gefunden. – Wie an andern Orten ist Ascaris megalocephala Cloq. und Strongylus armatus Rud. beim Pferd ein gewöhnliches Vorkommniß; nicht selten ist auch die viel untersuchte Ascaris nigrovenosaR. beim Frosch. – Noch niemals, weder hier noch in Franken, wurde mir Gelegenheit den Strongylus gigas R. aus den Nieren des Menschen und gewisser Säugethiere lebend zu sehen. – Hingegen ist Trichina spiralis Ow., lange vor dem Lärm, zu dem das Thier in neuerer Zeit Veranlassung gab, auf der Anatomie zu Tübingen mehrmals in menschlichen Leichen erkannt worden. – Wie an andern Orten, stößt man auch hier bei Zergliederung von Regenwürmern und Schnecken auf die kleinen Anguillula-artigen Gattungen: Angiostoma, Leptodera, Dicelis. – Aus der Gruppe der Seitenwürmer (Gordiaceen) ist Gordius aquaticus nicht selten; mitunter sieht man, nicht ohne Staunen, lebende Thiere in kleinen vorübergehenden Pfützen mitten auf Wegen, wohin sie offenbar durch Auswanderung aus ihrem Wirth gelangt waren. – Eine vielleicht neue Mermis fand ich im Innern von Phreoryctes Menkeanus Hoffm.

Die Klasse der Ringelwürmer (Annelida) bietet, obschon sie ebenfalls erst nur theilweise studirt wurde, manches Interessante dar. Von Naiden, welche die kleinsten und niedrigsten Formen begreifen, kann ich einstweilen nennen: Nais elinguis Müll. häufig; ebenso häufig ist N. (Stylaria) proboscidea Müll. z. B. in der Blaulach, dem freien Auge als ein feines Fäserchen erscheinend. Außer diesen sind mir aber gelegentlich wenigstens 2–3 noch zu bestimmende Arten aufgestoßen. Nur des leicht kenntlichen Chaetogaster sei noch gedacht, wovon man die kleine Art: Ch. Lymnaei Baer, auf verschiedenen Wasserschnecken, z. B. an Lymnaeus, Physa, Ancylus parasitisch antrifft; die helle um vieles größere Art, Ch. diaphanus Gruith., findet man im Spätherbst, namentlich in Tümpeln mit moderndem Laub, in großer Menge. – Die Gattung Enchytraeus hat mir geliefert: E. galba Hoffm. im Monat März in den feuchten Schluchten des Burgholzes unter faulenden Blättern in großer Menge; dann eine davon stark abweichende Art, die ich an einem andern Orte fragweise auf E. ventriculosus d’Udek. bezog, von der mir aber immer wahrscheinlicher wird, daß es eine neue Art ist; E. vermicularis Henle, früher von mir hier vermißt, hat sich sehr zahlreich eingefunden. – Die einzelnen Species von Lumbricus sind noch festzustellen. Bisher unterschied ich Lumbricus agricola Hoffm., die größte Art; zur Winterszeit im Februar, beim tiefen Umgraben| der hiesigen Weinberge, erhält man sie von ungemeiner Größe und Dicke, wie die Thiere im Sommer nicht gesehen werden. Dann L. anatomicus Hoffm.; ferner L. olidus Hoffm.; endlich L. agilis, Hoffm., letztere Art in modernden Holzstücken unter der Rinde alter im Wasser aufliegender Baumäste, auch am Uferrand und im Neckar selbst unter Steinen; letztere Exemplare waren auffallend roth von dem durchscheinenden Blut. – Der merkwürdige, bis vor Kurzem noch so wenig bekannte Phreoryctes Menkeanus Hoffm. findet sich in Brunnen hiesiger Stadt und im Quellwasser des Ammerthales. – Lumbriculus variegatus Müll., weit verbreitet, kommt auch hier nicht selten vor, namentlich in der Algendecke der Tümpel; von allen einheimischen Anneliden unterscheidet er sich durch die eigenthümlich raschen Bewegungen, mit welchen er das Geflecht der Algen pfeilschnell durchschlängelt. – Saenuris variegata Hoffm. ist häufig in Lachen, z. B. auf dem Spitzberg, und zwar bis in den Spätherbst hinein; in manchen Jahren bei milder Witterung sah man dort noch um Weihnachten ausgebreitete Colonieen als dichtrothe Massen.

Von Hirudineen finden sich der allenthalben in Deutschland gemeine Aulocostomum nigrescens Moq. Tand. – Da bekanntlich der medicinische Blutegel, Hirudo medicinalis L., wohl in den meisten Gegenden Deutschlands ausgerottet ist, so war es dem Verfasser interessant zu erfahren, daß in einem Weiher bei dem einige Stunden von Tübingen entfernten Orte Kayh (Oberamts Herrenberg) das Thier sich noch findet. Vor etwa 40 Jahren war die Art wohl allgemein noch häufiger; denn Schübler (1820) sagt kurzweg: „der ächte Blutegel“ finde sich „in einzelnen Wassern“. Nach der Aufzählung bei Kurr (1863) hat es den Anschein, als ob der medicinische Blutegel mit dem Roßegel und einigen Naiden auch jetzt noch gleich häufig sei, was man nach Vorgesagtem bestreiten müßte. (Eine andere Localität, wo ich mich von dem Vorhandensein des medicinischen Blutegels selbst überzeugt, sind die Gewässer bei Maiselstein im Allgäu.) – Die weit verbreitete Art: Nephelis vulgaris Müll. ist auch hier in fließendem und stehendem Wasser häufig und die Thiere scheinen sich der Begattung halber gesellschaftlich zusammenzuthun; es läßt sich wenigstens im April und Anfang Mai beobachten, daß in abgegrenzten Wassern, von denen man vorher weiß, daß sie sehr reich an unseren Egeln sind, kein einziges Individuum trotz sorgfältigen Suchens sich zeigen will, bis man endlich auf einen Stein trifft, an dessen Unterfläche ein zahlreicher Trupp beisammensitzt. – Anstatt der Piscicola geometra L., welche an Fischen des| Mains häufig ist, erscheint hier bei Tübingen in jedem Frühjahr: Piscicola respirans Trosch. Sie schmarotzt namentlich an Barben und Weißfischen; im Aquarium, wo sie sich gerne truppweise an der dunklen Seite zusammensetzen, will es nicht gelingen, sie länger als den April und Mai hindurch am Leben zu erhalten. Wo verweilt das Thier in den übrigen Monaten? Unter Steinen im Neckar? – Von Plattegeln (Clepsine) sind bis jetzt zwei Arten zu nennen. Die eine, Cl. complanata Bergm., ist die seltenere und größere; die andere, Cl. bioculata Bergm., ist um vieles häufiger. – Der kleinste Egel der deutschen Fauna, die am Flußkrebs schmarotzende Gattung Branchiobdella, gehört unserer Gegend ebenfalls an. Man unterscheidet eine kleinere, mehr äußerlich am Krebs herumkriechende, und eine größere, in der Kiemenhöhle sich aufhaltende Form: Br. parasita Henle und Br. astaci Odier. Die Frage, ob die kleinere die Jugendform der größeren, oder ob beide zwei Arten wären, mag noch für eine offene gelten.

Die Räderthierchen (Rotatoria) der hiesigen Gegend sind so wenig wie die der württembergischen Fauna überhaupt bis jetzt studirt worden. Nur nebenbei habe ich manche der gewöhnlichen Arten mir angemerkt, so z. B. die Gattung Rotifer, parasitisch an Gammarus; die Gattung Brachionus parasitisch an Daphnia; Arten von Philodina, Notommata u. a. Doch sind mir bisher niemals jene großen und ausgezeichneten Formen, wie ich sie seiner Zeit aus der Würzburger Gegend beschrieben habe, vorgekommen. Nur Floscularia ornata Ehrenb. wohnt auch in mehreren der hiesigen Tümpel.


Die eigentlichen Krebse (Crustacea) liefern zahlreiche Repräsentanten aus den verschiedenen Gruppen, obschon man abermals sagen muß, daß auch hier unsre Kenntniß noch mangelhaft und noch Vieles zu thun ist. Dieß gilt gleich bezüglich der uralten Muschelkrebse (Ostracoda), von denen einstweilen nur Cypris ornata Müll., C. pubera Müll., C. monacha Müll., aufzuführen wären. Sie vermehren sich mitunter so massenhaft, daß sie bei ihrer räuberischen Lebensweise in einem Graben fast alles übrige Lebendige vertilgen. – Auch die Cyclopida sind unvollständig bekannt; namentlich wären die Formen festzustellen, welche auf den gegenwärtig aufgelösten Cyclops quadricornis Müll. kommen. – Doch kann ich einstweilen zwei| andere interessante Gattungen anzeigen. Die eine ist der viel berufene Cyclopsina castor Müll., welcher im ersten Frühjahr bei Tübingen häufig ist; dann Harpacticus staphylinus Müll.

Von Schmarotzerkrebsen (Parasita) ist mir kaum etwas unter die Augen gekommen, wenn wir von dem Basanistes huchonis Schrank auf der Innenseite des Kiemendeckels vom Rothfisch (Salmo hucho) absehen wollen, wie er an Exemplaren, die in hiesige Küchen geliefert werden, zeitweise in Menge gefunden wird. Den Argulus foliaceus L., so gemein an den Karpfen der Maingegend, habe ich bisher vermißt. Ebenso habe ich hier sowohl wie früher in Franken aus der Gruppe Phyllopoda den Branchipus immer vergeblich gesucht. – Erwähnenswerth ist dagegen, daß Apus cancriformis Schäffer in Lachen der Steinlach noch vor zehn Jahren gefunden wurde. Seit der Zeit ist dieser merkwürdige Krebs nach dem Trockenlegen aller Tümpel des Thals nicht mehr zum Vorschein gekommen, selbst nicht in nassen Jahren.[9] Mit Interesse liest man in Eisenbachs Geschichte der Universität Tübingen 1822, die Notizen von Schübler, daß unser Thier „in stehendem Wasser des Wörths zuweilen nach Überschwemmungen in Menge sich findet.“ Auch in seiner Heimath bei Heilbronn hatte der genannte Naturforscher den „merkwürdigen Kiefen- oder Kiemenfuß“ beobachtet.

Aus der Gruppe der Cladocera (Wasserflöhe) kommen vor: Daphnia longispina Ldg.; D. sima Müll., D. brachiata Jur., D. quadrangula Ldg., Acanthocercus sordidus Liev.; mehrere Species von Lynceus.

| Die Amphipoda (Flohkrebse) sind repräsentirt durch Gammarus. Es möchte bemerkenswert sein, daß in hiesiger Gegend nur Gammarus fossarum Koch (G. pulex Deg.) vorkommt, mitunter geradezu in erstaunlicher Menge, wovon man sich z. B. beim niedrigen Wasserstand der Steinlach überzeugen kann. In anderen Gegenden des Landes lebt offenbar auch die Art Gammarus fluviatilis Müll. (G. Rorselii Koch); sie wird bei Kurr (1863) zuerst aufgeführt, während Schübler und Martens nur G. pulex nennen. Die älteren Faunister scheinen aber auch mitunter beide Arten noch nicht auseinandergehalten zu haben. So führt z. B. der sonst sorgfältige Roth v. Schreckenstein in seinem Verzeichniß der um den Ursprung der Donau und des Neckars vorkommenden Insecten nur G. Locusta Rösel (G. fluviatilis Müll.) an. Oder sollten wirklich beide Arten an gewissen Stellen sich ausschließen? – Seit einigen Jahren ist mir auch der für die vaterländische Fauna neue und merkwürdige Gammarus puteanus Koch aus einem Brunnen von Tübingen bekannt geworden.

Von den Isopoda (Asseln) können einstweilen namhaft gemacht werden: Asellus aquaticus L., besonders im Frühjahr sehr zahlreich; Ligidium agile Panz. häufig in Wäldern, unter feuchtem Laub, an Waldbächen. – Oniscus murarius Cuv.; Porcellio scaber Brandt; P. dilatatus Brandt, gemein. Häufig ist auch Porcellio (Cylisticus Schnitzler) laevis, sonst für viele Gegenden als „selten“ bezeichnet. – Wie anderwärts ist auch hier häufig: Armadillo vulgaris und A. pulchellus, Zenk; letzterer unter Baumrinden.[10]

| Bezüglich unsers Decapoden, des Flußkrebses, war wohl der verdiente Schübler im Irrthum, wenn er meinte, in den Bächen der Tübinger Gegend fände sich außer dem Astacus nobilis Schrank auch Astacus torrentium Schrank. Ich vermag den Astacus torrentium hier nicht aufzuspüren; die Exemplare desselben in der Universitäts-Sammlung stammen aus einem See des bayrischen Hochlandes. Was man hier Steinkrebs nennt, eine alte Bezeichnung und schon bei Rösler vielfach gebraucht, ist die grau-bläuliche Form, welche Koch als Astacus saxatilis unterschieden hat.




Die Klasse der Tausendfüßer (Myriapoda) gehört ebenfalls unter die noch zu lösenden Aufgaben der vaterländischen Zoologen. Es finden sich außer den schon sehr zeitig im März auf Wegen kriechenden Julus terrestris L. und J. sabulosus L., den man nicht selten auch von Gebüschen klopft, noch mehre andere zu bestimmende Species. – Ebenso sieht man außer dem Polydesmus complanatus Leach noch weitere Arten, wovon eine dem P. macilentus Koch nahe steht. – Der kleine so eigenhaarige Polyxeus lagurus Deg., den ich vom bayrischen Hochlande her kenne, wo er in Menge unter Baumrinden lebt, ist mir hier noch nicht begegnet. Ob zufällig? Schübler wenigstens erwähnte schon (1820) eine Scolopendra lagura, aber sein Beisatz „gewöhnliche Assel“ macht fraglich, ob er damit den Polyxenus gemeint habe. Von Glomeris[11] ist die Species G. pustulata Fabr. nur sehr vereinzelt z. B. im Thal des Goldersbachs; häufig findet sich Glomeris marmorata Latr. – Von Scolopendern getraue ich mir einstweilen blos zu nennen: den weitverbreiteten, in schönen Schlangenwindungen sich bewegenden Geophilus electricus L., und Lithobius forficatus L.; Arten, welche zu anatomischen Arbeiten dienten; aber es sind auch davon noch weitere Species vorhanden. – Da durch mehrere Bücher die Angabe läuft, die merkwürdige| Cermatia araneoides Pall., bekanntlich ein mehr südliches Thier und mir z. B. von Meran bekannt, komme auch im Württembergischen vor, so habe ich eifrig darnach gesucht, aber bis jetzt keine Spur davon getroffen.




Die Klasse der spinnenartigen Thiere (Arachnida) ist abermals ein weites noch unangebautes Feld. Von den Tardigrada (Bärthierchen) kann man öfters einen Macrobiotus zwischen Algen unbehülflich sich durchschieben sehen. – Haarsackmilben (Demodex s. Acarus folliculorum) habe ich hier beim Menschen, beim Hund und der Katze beobachtet. – Ebenso sind Arten von Krätzmilben (Sarcoptes) bei der Katze, beim Schafe, beim Menschen nichts Seltenes. – Aus der Gruppe der Zecken (Ixodes) ist außer I. ricinus L. und I. plumbeus Deg., welche man leicht von dürrem Gras und Gesträuch kötschert, auch im ersten Frühjahr aus dem Mulm der Eichen siebt, noch besonders I. lacertae zu erwähnen, der auch hier zu Lande auf Lacerta crocea Wolf häufig, namentlich hinter den Vorderbeinen zu drei und mehreren angesiedelt, sich zeigt. – Unter den Wassermilben ist, wie in anderen Gegenden, die in Muscheln lebende Hydrachna concharum Baer, auch hier gemein; ebenso Hydrachna cruenta Müll.Trombidium holosericeum, Gamasus coleptratorum L., Uropoda vegetans Deg. (auf Aas-, Mist-, Stutzkäfern) etc.

Einem besonderen Studium möchten die Afterspinnen (Phalangida) zu empfehlen sein. Außer dem überall häufigen Phalangium opilio L. sah ich Ph. horridum Block. – Im Frühjahr, unter Laub und Gestrüpp an Heckenrändern, auch wieder im feuchten Spätherbst, ist das schöne Ph. bimaculatum Fbr.[12] häufig. – Die nirgends häufige, seltsam aussehende Gattung Trogulus[13] ist mir bis jetzt hier in fünf Exemplaren (T. nepaeformis Latr. und eine andere Art) im Frühjahr und Herbst unter etwas feucht liegenden Steinen, im „Wankheimer Thale“ zum Beispiel, zu Gesicht gekommen.

| Ächte Spinnen (Araneae) kommen dem mit dem Insectenfang Beschäftigten beim Umwenden der Steine, beim Sieben von Laub, beim Abklopfen der Büsche von den allerersten Frühlingstagen bis tief in den Herbst hinein in Menge und ausgezeichnet durch Gestalt und Farbe zur Ansicht, können aber bekanntlich wegen Weichheit und Zartheit ihres Körpers nicht wie Insecten aufgesteckt werden, weswegen ihr Studium schwieriger und zeitraubender ist. Auch Verfasser kann sich nicht berühmen, diese Gruppe bisher näher studirt zu haben und vermag nur Einiges vorzulegen. – Wir haben zahlreiche schön gefärbte Arten von Salticus. – Dolomodes fimbriatus L. (marginatus Panz.) findet sich an Wassergräben im Goldersbacher Thal. – Lycosa saccata L. ist in trockenen Waldungen gemein. – Dann habe ich ein paarmal im Herbst eine mir sehr auffallende fast 6′′′ große Lycosa von durchweg schwarzer Farbe unter Steinhaufen, die seit Jahren unberührt gelegen haben mochten, auf der Waldhäuser Höhe getroffen. – An Stämmen der Föhren des Schloßberges ist nicht selten der auffällige Artamus jejunus Panz., aber von solcher Schnelligkeit der Bewegungen, daß es sehr schwer hält, ihn zu haschen. – Wie überall gemein ist Thomisus citreus Walk. auf Blumen; Sparassus smaragdula Fabr. in Wäldern. – Erwähnungswerth möchte sein, daß die Kreuzspinne (Epeira diadema L.) hier bei Tübingen nicht entfernt in der Menge getroffen wird, als solches im Spätsommer und Herbst in wärmeren Strichen der Fall ist. – Vermißt habe ich auch bisher in hiesigen Gewässern die Argyroneta aquatica L., durch ihr glockenförmiges Gewebe bekannt; im Mainthal ist sie häufig.

Nachträglich zu den Afterspinnen sei bemerkt, daß in den alten Häusern Tübingens nicht selten Chelifer cancroides L. den Blick auf sich zieht; dann beim Sieben von Moos und Laub an Heckenrändern, des Mulms der Bäume kommen außer Obisium muscorum Leach, und zwar schon im März, noch mehrere andere Species vor, welche ich zwar, in Canadabalsam eingeschlossen, als saubere Präparate vor mir habe, die aber bisher noch auf Determinirung warten. (Durch genannte Fangart verschafft man sich auch die Thiere gleich in ziemlicher Menge, während man ihnen sonst bekanntlich nur hin und wieder vereinzelt begegnet.[14]

| Das zahlreichste Contingent zu unserer Thierbevölkerung liefert die Welt der Insecten. Die hiesige Gegend ist reich daran zu nennen, wovon freilich das folgende eine kaum schwache Vorstellung zu geben vermag.

Als Küchenschabe, um mit den Orthopteren zu beginnen, findet sich bei Tübingen nur Periplaneta orientalis L. – Die Blatta germanica Fabr. (Russen) scheint durch erstere wirklich aus vielen Gegenden verdrängt zu sein.[15] – In Wäldern und Gebüschen kommen außer Bl. lapponica L., welche sehr häufig ist, noch einige der kleineren, zarten Arten, z. B. Bl. hemiptera. vor. – Sehr merkwürdig ist mir bei Schübler, aus dem Jahr 1820, die Mantis religiosa L. (Gottesanbeterin) als ein in Württemberg einheimisches Insect aufgeführt zu finden. In der Tübinger Gegend, auf welche der Genannte doch zumeist sich bezieht, kommt das Thier, welches bekanntlich im allgemeinen ein südeuropäisches ist, nicht vor; dazu ist auch schon die Gegend zu rauh. Aber geradezu annehmen zu wollen, daß Schübler in der Diagnose sich geirrt, kann ich mich nicht entschließen, da das Thier groß und so auffälliger Art ist, daß es an den verschiedensten Orten volkstümliche Namen hat, in manchen wärmeren Orten Österreichs „Weinhasel“ , in Meran „Marinkele“ u. dergl. Wenn ich daher überlege, daß die Art noch im vorigen Jahrhundert bei Frankfurt a. M. vorkam, woher Rösel seine Exemplare erhielt, dann auch bei Würzburg und gegenwärtig noch auf dem Kaiserstuhl und dem Schloßberg bei Freiburg in Baden lebt, so kann die Angabe Schübler’s doch einen Grund haben. Sollte nicht in den wärmeren weinreichen Strichen des Landes, welche sich gegen das Rheinthal öffnen, Mantis religiosa vorgekommen sein oder noch jetzt vorkommen? Die vaterländischen Zoologen übergehen einfach die Schübler’sche Angabe; mir schiene es doch der Mühe werth zu sein, diese Frage durch erneutes Nachforschen zu erledigen. – Gryllotalpa vulgaris Latr. gemein. – Ungemein häufig ist auch die Feldgrylle, Acheta campestris L., vom ersten Frühjahr an, noch flügellos an sonnigen Rainen und Abhängen vor ihren Löchern sitzend,| später, – um Mitte Mai – geflügelt und die Gegend durch ihr Schrillen, welches von gebildeten Nichtzoologen nicht selten irrthümlich „als Gesang der Cicaden“ gedeutet wird, in angenehmer Weise belebend. – Auch das eigentliche Heimchen, Acheta domestica L. fehlt hier nicht, kann vielmehr aus einigen Häusern hiesiger Stadt das ganze Jahr, selbst mitten im Winter, beschafft werden. – Außer diesen Arten habe ich hier aber auch Acheta sylvestris Fabr. aufgefunden. Von dieser äußerst behenden, wie eine Heuschrecke hüpfenden Grylle leben die Männchen unter Steinen, die Weibchen aber schweifen frei herum, also ähnlich wie bei Acheta campestris.[16] – Von Laubheuschrecken (Locustina) sind wie überall verbreitet: Locusta viridissima L. und Decticus verruciovrus L., welche man jung und winzig klein schon im Anfang Mai beim Abkötschern von Grasplätzen, Rainen u. dgl. häufig erhält; in hiesiger Gegend hört man erst um Ende Juli die Männchen von Locusta abendlich zirpen. Gemein ist auch Thamnotrizon cinereus Zetterst.[17] (apterus aliorum). – Meconema varium Fabr. ist spärlich, hingegen trifft man im Spätsommer nicht selten die zierliche Phaneroptera falcata Scop., z. B. auf dem Hirschauer Berg, Gegend der Weilerburg. – Xiphidium fiscum Fabr. ist an den Gräben einer hiesigen Waldwiese mit quelligem Boden zahlreich.[18] Unter den Acridina (Feldheuschrecken) ist wie in Europa überall gemein: Tetrix subulata L. und T. bipunctata L., und schon im ersten Frühjahr an sonnigen Stellen, Wiesen, Feldrändern lebendig. – Gomphocerus lineatus, Panz., G. rufus L., Oedipoda coerulescens L., auch die Form mit mennigrothen Hinterflügeln (Oedipoda germanica Latr.), O. stridula L. sind alle häufig. Seltener, z. B. in den Waldungen des Schloßbergs| ist Caloptenus italicus L. – Die Wanderheuschrecke, welche man auch noch in den letzteren Jahren vereinzelt an mehreren Orten des Landes, z. B. bei Stuttgart, bei Reutlingen bemerkt hat, ist mir in hiesiger Gegend noch nicht in die Hände gekommen. – Ganz vergeblich habe ich auch bisher nach dem Boreus hyemalis (Gryllus proboscideus Panz.) gespäht. – Forficula auricularia L., Thrips physopus, die nächtliche Lepisma saccharina L. wie überall häufig. – Gemein ist auch Machilis polypoda L. und selbst im Winter an sonnigen geschützten Stellen unter Steinen anzutreffen und alsdann wegen geringerer Bewegungsfähigkeit leichter zu fangen als in der guten Jahreszeit. Von Podura giebt es hier wie anderwärts zahlreiche Arten; die schöne P. villosa kommt beim Abklopfen der Gebüsche häufig in den Schirm.

Aus der Gruppe der Netzflügler (Neuroptera) verdient hervorgehoben zu werden, daß neben kleinen Eintagsfliegen (Ephemera) auch die große Palingenia longicauda Oliv., die zwar in ganz Europa, aber doch nur stellenweise sich findet, hier vorkommt. Ich habe wenigstes Larven im Ufer der Steinlach gefunden, welche ich nur auf diese Art beziehen kann. – Agrion puella L.; Gomphus vulgatissima L.; Aeshna grandis L.; Libellula depressa L.; L. cancellata L. (letztere an Gräben im Ammerthal) etc. – Arten von Phryganea, von Hemerobius; eine Species der letzteren Gattung erscheint in den Häusern von Tübingen schon im Vorfrühling, Mitte Februar, zeigt sich wohl dortselbst auch den ganzen Winter bei milderem Wetter. – Semblis; Larven der Perlfliege (Perlaria), sehr häufig an der Unterseite der Steine in hiesigen Bächen. – Panorpa communis L. wie überall häufig im Gebüsch. – Raphidia ophiopsis (im älteren Sinn), im Mai nicht selten von Pappeln, von Eichen, vom Ahorn geklopft, wo das Thier Jagd auf andere Insecten macht. – Den Ameisenlöwen, Myrmeleon formicarius L., welcher in vielen Gegenden Deutschlands mit lockerem Sandboden lebt, hat Schübler (1820) „auf der Bergkette zwischen dem Schloß- und Spitzberg und am Abhang der Wurmlinger Kapelle“ beobachtet, jüngst auch Herr Herm. Krauß bei Roseck. – Hingegen ist auffallend, daß Schübler des schönen Ascalaphus italicua Fabr. (wohl richtiger macaronius Scop.) noch nicht gedenkt; ich habe ihn auf dem Berg über Hirschau gefangen. Da dieses Insekt nicht zu übersehen ist, so darf man annehmen, daß es sich dazumal dort noch nicht eingestellt hatte. Zwanzig Jahre später (1841) erwähnt zuerst G. v. Martens desselben mit dem Beisatz: „eines unserer schönsten und seltensten| Insecten, bis jetzt nur in den Albthälern der Blau und der Erms gesehen.“ Ich möchte auch in Erinnerung bringen, daß unser Ascalaphus schon am Anfang des Jahrhunderts (1802) durch „Herrn Canonicus Meyer um Rottweil“ gesammelt wurde, wie man bei Roth v. Schreckenstein lesen kann. Außer bei Tübingen, habe ich das Thier und zwar nicht selten auf verschieden Puncten der Alb, z. B. bei Urach, bei Pfullingen auf der Wanne beobachtet. Dies Insect geht noch nördlicher; ich habe es vor Jahren im Vorbachthal bei Rottenburg a. d. T. gefangen. – Nicht selten ist auch der zarte Osmylus maculatus Fabr. (chrysops L.), z. B. am Fuß der Nordseite des Österberges.

Unter den Hemipteren habe ich bisher vergeblich in hiesiger Gegend die Fulgora europaea L. (europäischer Laternträger) gesucht, obschon er vorzüglich in Süddeutschland vorkommen soll. In Werfers Topographie von Gmünd führt Pfarrer Kunkel das Thier aus der dortigen Gegend auf; auch besitzt die hiesige Sammlung zwei Exemplare, angeblich aus „Württemberg.“ Roth v. Schreckenstein sagt: „wir können die Art noch nicht in Schwaben.“ – Von kleineren Cicaden, welche in zahlreichen Arten vertreten sind, verdient herausgehoben zu werden: Cercopis sanguinolenta L., welche in manchen Jahren sehr häufig auf Wiesen an Grasstengeln, auch auf Eichen und im Gebüsch sich findet. – Die mittelgroße Ledra aurita L. habe ich bisher erst zweimal und zwar nur in der noch flügellosen Larvenform von Eichen geklopft. – Centrotus cornutus L. gemein. – Unter den großen oder Singcicaden findet sich hier Tettigonia montana Scop. (concinna, auctor). Schon früher einmal hatte ich im Wald des Spitzbergs den Gesang einer Cicade gehört, verwandt demjenigen der Tettigonia plebeja Scop. (haematodes auct.), welche ich in Würzburg, wo sie den Weingärtnern unter dem Namen „Lauer“ bekannt ist, häufig zu beobachten Gelegenheit hatte; doch war der Schall in Stärke und Qualität etwas verschieden davon. Es gelang mir aber nicht in dem Sonnenschein des heißen Junitages der Sängerin habhaft zu werden. Da wurde mir aus dem Schönbuch bei Bebenhausen von einem damaligen Zuhörer (Hrn. Karrer) die Tettingonia montana Scop. eingeliefert: später fing ich sie selbst auf dem Waldhäuserberg. In historischer Beziehung mag nicht unerwähnt bleiben, daß diese Singcicade, zur Zeit als sie sonst noch nicht aus Deutschland bekannt war, zuerst bei Tuttlingen durch Fueslin, dann bei Immendingen durch „Herrn Garrand, ehemaligen Hofmeister bei den jungen Herren Baronen v. Schreckenstein“ gefunden| wurde. – Aus den äußerst zahlreichen wanzenartigen Insecten sei genannt z. B. die schöne Tetyra nigrolineata Fabr., auf der Weilerburg, doch immer vereinzelt. – Reduvius cruentus vom Hirschauer Berg. – Eine Wanze, Lygaeus apterus L., welche durch ihre lebhaft rothe Färbung und Zusammenleben in großer Gesellschaft auch die Aufmerksamkeit der Nichtentomologen rege zu machen im Stande ist, findet sich, wie überall in Deutschland, so auch hier an den Wurzeln der Lindenbäume; von den ersten warmen Februartagen an bis dahin, wo ernstliche Fröste sich einstellen. – Acanthia clavicornis Fabr. im April von Heckenrändern gesiebt. – Acanthia crassips Fabr., deren Vorderbeine zu Fangbeinen umgewandelt sind, öfters gekötschert, z. B. auf dem Steineberg. – Coreus hirticornis Fabr. in mehreren Exemplaren im April am Aas auf dem Schindanger beobachtet. – In Häusern findet sich der nächtliche Reduvius personatus L. (Kothwanze).

Ein sehr kleiner grüngelber Pteromalus tritt regelmäßig und oft in großer Menge, an den Fenstern hiesiger Häuser schon im Februar auf und eröffnet das Erscheinen der Hymenopteren. – Bald darauf läßt sich an trockenen Hecken unter Laub ein flügelloses kleines Hymenopteron: Pezomachus cursitans Panz. (?) sehen. – Zur Zeit der Stachelbeerblüthe umfliegt in etwas leisem, aber raschem Fluge die fuchsrothe Osmia bicornis L. die Stöcke. Selbst an rauhen Tagen des März, wo sich z. B. keine Hummel sehen läßt, umschwärmt in auffällig hastiger Weise Anthophora pilipes Fabr. die Blüthen der Frühlingspflanzen. – Von den Holzwespen ist dem Schreiber dieses Sirex juvencus L. im Zimmer aus einem schon mehrere Jahre alten Möbel ausgekrochen. – Sirex gigas L. nicht selten. – Xylocopa violacea Fab., von welcher seiner Zeit Panzer nur anzugeben wußte: „habitat in Silesia“, ist unterdessen an vielen Orten Deutschlands nachgewiesen; bei Würzburg z. B. ist sie häufig, auch für Gmünd nennt sie Kunkel, doch hier bei Tübingen habe ich sie bis jetzt noch nicht bemerkt; wohl aber Megachile muraria Fabr., auf sandige Wege am Spitzberg anfliegend, auch im botanischen Garten an Lupinus sich niederlassend; ist von sehr scheuem Wesen. – Die merkwürdige, zwar in Europa weit verbreitete, aber überall ziemlich seltene Schenkelwespe Chalcis femorata Fabr. am Bachrande im Thal von Hagelloch. – Die Erdhäufchen, welche sich auf stark betretenen, ganz harten Wegen um hiesige Stadt bemerklich machen, rühren von Grabwespen, wahrscheinlich von Colletes fodiens Fabr. her. – Von Crabro hat Schreiber dieses die große schöne Crabro| grandis L., welche er im wärmeren Mainthal nicht selten gefangen, bisher hier vermißt. – Aus der Gruppe der so zahlreichen Ichneumoniden habe ich ein einzigesmal hier in der Schlucht hinter dem Gutleuthaus im Oktober die stattliche Rhyssa persuasoria L. erbeutet. – Von Ameisen ließen sich einstweilen nennen: Formica herculeana L. (die große oder Roßameise); F. rufa L. Waldameise; Lasius fuliginosus Latr. Holzameise; L. niger Latr. kleine schwarze Ameise; L. flavus Fabr. kleine gelbe Ameise; Formica sanguinea Latr. blutrothe Ameise; Myrmica rubra Latr. rothe Ameise. – Das flügellose Weibchen von Mutilla europaea L. habe ich öfters angetroffen auf Waldwegen, das geflügelte Männchen erst ein einzigesmal im Juni im hiesigen botanischen Garten auf einem ausländischen Bärenklau.[19] – Zu der einheimischen Honigbiene (Apis mellifica L.) gesellt sich auch bei uns immer mehr die eingeführte italienische Biene (A. ligustica Spin.)

Die fliegenartigen Insekten (Diptera) der Fauna Württembergs überhaupt sind bisher einzig und allein von Roser studirt worden. Auch Schreiber dieses hat zwar Manches gesammelt, ist aber noch nicht zum Verarbeiten des Materials gekommen. – Wie überall sind auch hier Larven von Oestrus gemein, aber die Fliege ist im Freien eine äußerst seltene Erscheinung. – Species von Tipula auf unseren feuchten Wiesen allenthalben; auffallend ist, daß die Schnacken (Culex pipiens L.) hiesiger Gegend wenig blutdürstig sind, während diese Thiere bekanntlich an vielen andern Orten an warmen Sommerabenden Einem zur unerträglichen Störung werden können. – Hingegen sind die Bremsenarten (Tabanus) im Hochsommer auch hier äußerst zahlreich und beschwerlich. – Von schönen aber schwierig zu fangenden Trauerfliegen (Anthrax) giebt es an stark besonnten Wegen und Mauern mehrere Arten. – Aus der Gruppe der Waffenfliege verdient die in Deutschland nirgends gemeine Clitellaria ephippium Fabr. besonders genannt zu werden; auf der Nordseite des Österbergs und im Walde von Niedernau hat Verfasser sie bereits mehrmals gefangen. – Eine Reihe schöner, doch auch sonst gemeiner Arten von Syrphidae, für welche nebst anderen Dipteren und Hymenopteren| die Blüthen unseres Bärenklau im Spätsommer wahre Tummelplätze werden. – Große Asilus (crabriformis L., A. ephippium L.) im Hoch- und Spätsommer nicht selten am Rand der Kieferwaldungen, an Baumstämmen sich sonnend. – Von den durch ihre Fortpflanzung merkwürdigen Tachinen habe ich mich bisher vergeblich in hiesiger Gegend nach Tachina grossa L. umgesehen; die anderen kleinen Arten sind vorhanden. Ebenso schön gefärbte Species von Phasia. – Die Larven von Eristalis tenax L., mitunter in großer Menge auf feuchtem Boden an Pfützen, Abtritten lebend, erregen durch Größe und seltsame Gestalt (Rattenschwanzmaden) Aufmerksamkeit, öfters noch Widerwillen. – Zarte Bombylius, schon mit den ersten Blüthen erscheinend von schönwalligem Aussehen sind in mehreren Species vertreten. – Nycteribia Latreillii Curt. nicht selten auf Vespertilio murinus. – Braula coeca Nitzsch auf der Honigbiene; hiesige Bienenzüchter wollen versichern, schon ein halb Dutzend (?) auf einer einzigen Biene angetroffen zu haben.

Es wäre jetzt noch auf zwei Insektenordnungen hinzuweisen, welche weitaus die meisten Verehrer zählen, die Coleopteren und Lepidopteren. Der glänzende Käfer und der buntgeflügelte Schmetterling sind es, welche auf Jung und Alt einen unwiderstehlichen Reiz ausüben, und mit ihnen hat auch eigentlich die entomologische Literatur für die Tübinger Gegend begonnen. Man darf vielleicht die Dissertation Kölreuters: de Insectis coleopteris, Tubingae, 1755, hier nennen; obschon sie im Grunde keine faunistische Aufzählung gibt, sondern eine gut gefaßte, allgemeine Charakteristik der damaligen Hauptgattungen zum Gegenstande hat, mit eingestreuten biologischen Bemerkungen. Doch gedenkt er gelegentlich des „Carabus“, daß er den Brachinus crepitans L. (dazumal Cicindela) „initio Martii ann. 1752 Tubingae gregatim sub lapidibus“ gefangen habe; bei „Blatta“ erfährt man, daß mit Periplaneta orientalis L. schon dazumal „in Suevia nostra omnia fere domicilia lignis constructa iis repleantur.“ Der „Carabus maximus in pratis frequentissimus“ ist wohl Procrustes coriaceus Fabr. (noch jetzt hier häufig); auch hat er „Meloë“ eingesammelt „ad margines agrorum et in collibus soli expositis, mense Majo“[20]. In unserem| Jahrhundert hat alsdann in Eisenbach’s Beschreibung und Geschichte der Stadt und Universität Tübingen, 1822, Prof. Baur (der hier vor einigen Jahren in hohem Alter verstorbene Professor und Prosector Baur?) eine „Aufzählung der hiesigen Käfer“ niedergelegt, eine Arbeit, die ich schon öfters mit Antheil durchgegangen habe. Dort werden nämlich verschiedene Käfer namhaft gemacht, die in hiesiger Gegend sich gewiß nicht mehr finden. Er nennt z. B. Scarabaeus typhoeus und Sc. nasicornis. Daß der letztere Käfer, im allgemeinen mehr dem nördlichen Europa angehörend, wenn auch immerhin als „einer der seltensten Käfer“, in den schwäbischen Gegenden vorgekommen ist, ersieht man aus Roth von Schreckenstein’s Verzeichniß; und auch Kunkel zählt die Art für die Gegend von Gmünd (1813) auf. Da die Larve in morschem Holz, namentlich der Eichen lebt, die Wälder aber unterdessen in strenge Pflege genommen worden sind und faule Stämme nicht mehr geduldet werden, so kann man es begreiflich finden, daß das Thier, schon ursprünglich selten, nach und nach verschwinden mußte. Aber bezüglich des Sc. typhoeus, der bekanntlich im Kuhmist lebt, läßt sich nicht einsehen, was dessen Erlöschen, wenn er wirklich da war, verursacht hat.[21] Bei Roser (1838) kommen im Hinblick auf die Käferfauna Württembergs überhaupt beide Arten nicht mehr vor. Baur erwähnt auch des Sc. (Onthophagus) taurus; ebenso führt ihn auch noch Roser| (1838) auf; der neueste Zusammensteller der Käfer Württembergs (1864) bezeichnet die Art als eine solche, welche seit Roser nicht mehr beobachtet worden sei. Ich habe indessen im Juni des vorigen Sommers ein schönes Männchen, hier in Tübingen, im Schafmist gefangen und einige Wochen lebend erhalten. – Unter den größeren Laufkäfern steht bei Baur als einheimisch Carabus glabratus, der mir hier bis jetzt noch nie zu Gesicht gekommen ist. (Ich sammelte ihn bei Brückenau in der Röhn, dann auf dem Pfänder bei Bregenz, endlich auf dem Grünten.) Wenn Baur für Tübingen, Kunkel für Gmünd den C. clathratus aufführen, der entschieden unserer Gegend mangelt, so erklärt sich dieses aus Roth von Schreckenstein’s Schrift, wo zu ersehen ist, daß die älteren süddeutschen Entomologen den wahren C. clathratus[22] nicht kennen, sondern diese Bezeichnung irrig auf eine Form aus der Gruppe des C. granulatus anwenden. – Von andern Käfern, die unser Tübinger Sammler hier gefunden, mir und Andern aber noch niemals zu Gesicht gekommen sind, mögen noch erwähnt sein: Necrophorus germanicus, Melolontha villosa, Prionus serrarius (P. Faber L.), dann insbesondere Lucanus tenebrioides. Da unser Autor ausdrücklich nach Panzer bestimmt, dort aber dieser interessante Käfer gut abgebildet ist, so lag schwerlich eine Verwechslung vor.

Zu den allerhäufigsten Käfern unserer Gegend, so daß er sich geradezu massenhaft von blühenden Sträuchern in den Schirm klopfen läßt, gehört die hübsche Hoplia farinosa L; sonst sind hier von Lamellicorinern noch sehr häufig: Cetonia hirta Fabr. und C. hirtella L., sehr spärlich hingegen C. fastuosa und nur im Walde; Cetonia marmorata Fabr. früher als man noch alte hohle Bäume stehen ließ, nicht selten, gegenwärtig aber so spärlich, daß dem Verfasser erst einmal im Mulm einer Eiche eine Puppe dieses Käfers aufstieß; ähnlich verhält es sich mit Trichius eremita L., während Tr. nobilis im Juli und August namentlich auf Blüthen von Spiraea ulmaria in Menge das Auge ergötzt. Dendrophilus punctatus Hrbst. zugleich mit Paromalus flavicornis Hbrst, doch letzterer selten, im Mulm von Obstbäumen. – Einer der größten Käfer der deutschen Fauna, Hydrophilus piceus L. ist in Altwassern bei Rommelsbach nicht selten; im Spätjahr 1866 z. B. wurden sie von dorther zu wiederholten| Malen hieher gebracht. – Orectochilus villosus Fabr. findet sich in der Steinlach, bei Tage verborgen, gesellschaftlich unter Steinen und Holzstücken des Ufers. An gleichem Orte sind Arten von Elmis zahlreich. – Lomechusa paradoxa Gr. im Frühjahr in Colonien der rothen Ameise, unter Steinen, an Waldränden; Staphylinus hirtus L. ist hier nicht allzuselten und erscheint zweimal im Jahr, im Mai und im September; Oxyporus maxillosus Fabr. wurde vom Obertribunalrath Steudel[23] in einem Baumschwamm in Menge gesammelt. Ganz vergeblich haben wir bisher nach dem in Ameisencolonien lebenden Claviger foveolatus Müll. gesucht; die andern kleinen nahestehenden Arten von Bryaxis und Pselaphus sind wie überall durch Sieben leicht zu erhalten. – Ein sehr seltener Laufkäfer der hiesigen Umgebung ist Carabus nitens L., von dessen Dasein ich mich zum erstenmal im vorigen Sommer durch Auffinden einer Flügeldecke in einem Baumstumpen des Schönbuchs, oberhalb Bebenhausen, überzeugt habe. C. intricatus L. an gleichem Orte nicht allzuselten. Dort hat auch Steudel den C. irregularis in einem einzigen Exemplar entdeckt, zu dem sich aber bisher trotz vielem Nachsuchen kein zweites hat finden lassen.[24] C. consitus Panz. nicht sehr selten im Ammerthal, auch im Thälchen der Schinderhütte. Den Sträuche und Bäume erkletternden Calosoma sycophenta L. haben wir immer vermißt, hingegen den Cal. inquisitor L. nicht selten auf Eichen getroffen, z. B. auf dem Anger hinter Bläsiberg. Dromius linearis Fabr. in Laub und Gestrüpp; Metabletus truncatellus Fabr. mehrmals in großer Anzahl gefunden, z. B. auf dem Galgenberg, dann auch an einer sonnigen, sandigen Stelle des Ammerthales; Diachromus germanus L. selten unter Steinen bei Kirchentellinsfurth; Chlaenius agrorum Oliv., nur aus wenigen deutschen Gegenden bekannt, an den Ufern der Blaulach. Ob, gewissermaßen als Repräsentant der Höhlenkäfer, auch in dunkeln Kellerräumen unserer Gegend Sphodrus leucophthalmus L. sich vorfindet, ist noch ungewiß. – Ein Beispiel, wie ein Käfer aus einer Gegend verschwinden kann, liefert auch die spanische Fliege (Lytta vesicatoria Fabr.). Schübler theilt (1820) mit, daß bei Tübingen das genannte Insect so| häufig gefunden werde, „daß selbst ein Handel in’s Ausland getrieben wird.“ Ich selbst habe während eines zehnjährigen Aufenthaltes und bei zahlreich angestellten Excursionen auch nicht einmal mehr eine spanische Fliege angetroffen. (In großer Menge wird sie noch z. B. bei Heilbronn gesammelt.) Dicerca berolinensis Fabr. im Schönbuch bei Bebenhausen an Buchenstämmen bei glühender Mittagshitze; Lampra rutilans Fabr. an den Stämmen der Linden-Allee bei Tübingen; im Juni 1864 binnen einigen Tagen 7 Exemplare gefangen; die Stämme, welche von Larven bewohnt waren, erkennt man leicht an den querovalen, dem Durchschnitt des Käferleibes entsprechenden Löchern. Ancylocheira octoguttata L., ein einziges Exemplar innerhalb zehn Jahren gesehen. – Molytes dirus Hbst. auf dem Schloßberg; Grypedius equiseti Fabr. nicht selten an unserm größten Schachtelhalm auf einer feuchten Wiese unter Lustnau. – Daß Arten von Bostrychus in hiesiger Gegend durch ihre Menge besonderen Schaden den Waldbäumen zugefügt hätten, ist nicht bekannt geworden; wohl aber haben wir selber Äpfelbäume durch Eccoptogaster pruni Rtz. kranken sehen. – Von Bockkäfern mag erwähnt sein: Mesosa nebulosa Fabr.; der große Hammaticherus heros Fabr., dessen Larven in manchen Gegenden Deutschlands schon mitunter die Eichenstämme übel zugerichtet haben, fand sich auch in dem früher bestandenen Eichenhain zwischen Jettenburg und Betzingen. Anstatt des auf Kalkboden sehr häufigen Dorcadion fuliginator ist hier bei Tübingen, vom April bis Juni und selbst später, namentlich an Wegrändern, gemein die schön gestreifte Form D. lineola Ill. Muls. bei Kunkel, Baur und selbst Roser als Lamia lineata Fabr. bezeichnet, was auch mich in einer entomotomischen Arbeit früher irreleitete, diesen Namen für den Käfer zu gebrauchen; aber offenbar ist bei Fabricus unter lineata eine ganz andere Art verstanden. – Lina 20 punctata Scop. hier auf einer feuchten Waldwiese zugleich mit dem Grypedius equiseti und der ebenfalls erwähnten Heuschrecke Xiphidium fuscum zuweilen sehr häufig. Häufig auch ist Cassida austriaca Fabr. und schon im März vorhanden; Endomychus coccineus L. hie und da im Schönbuch bei Bebenhausen.[25]

| Die Großschmetterlinge hiesiger Gegend sind wohl so ziemlich durch ältere und neuere zusammenstellende Verzeichnisse bekannt geworden. Da noch in der jüngsten Aufzählung (1861) von Parnassius Apollo L. es bezüglich des Fundorts nur heißt: „überall auf Felskuppen der Alb“, so mag bemerkt werden, daß dieser schöne Falter auch die Muschelkalkfelsen bei Rottenburg (Niedernauer Thal) in heißen Julitagen in seiner ihm eigenen trägen Weise umflattert. Prof. v. Mohl machte den Verfasser zuerst darauf aufmerksam, welcher sich dann durch mehrmaligen Besuch überzeugte, daß der Schmetterling in Menge dort vorhanden ist und sich auch gerne auf den Blüthen von Sambucus ebulus niederläßt. Papilio Podalirius L. in den der Stadt zunächst gelegenen Thälern, doch nicht häufig; die freien Höhen in der ferneren Umgebung, z. B. die Weilerburg, die Achalm, wird man an schönen Frühlings- und Sommertagen kaum besteigen, ohne auf ihnen des Papilio Machaon L., der dort Standquartier hält, ansichtig zu werden. – An Waldrändern, Waldfuhrwegen fliegt hin und wieder der große Eisvogel Limenitis populi L. – Im Spätsommer, wenn die Zahl fliegender Schmetterlinge schon eine sehr geringe geworden, erfreut uns hier, an manchen Stellen sogar in Menge, der schöne pomeranzgelbe Coleas Edusa L. Hr. Präparator Bauer, ein eifriger Schmetterlingssammler, gibt mir die Notiz, daß Argynnis Adippe Fabr. der Gegend zu fehlen scheine, während die ihr sehr ähnliche Niobe L. vorhanden sei. Ebenso sei Saturys Phaedra L. an einer Waldstelle bei Bebenhausen häufig, deßgleichen Erebia und Ligea L. im Walde hinter der Schinderhütte. – Der Todtenkopf (Acherontia Atropos L.) ist nicht allzu selten und erscheint als Falter in hiesiger Gegend immer im Herbst; daß er erst im Frühling sich entwickelt hätte, ist mir nicht bekannt geworden. Ebensowenig, ob Deilephila nerii L. seine Wanderungen auch in die Tübinger Gegend jemals gerichtet habe. – Bis tief in den Herbst hinein sieht man an Grasplätzen, Rainen die große haarige Raupe von Gastropacha rubi L., sehr werthvoll für den Entomotomen, da um diese Zeit große Insekten selten geworden sind. – Herr Bauer fand die bekanntlich von Sammlern sehr geschätzte Chelonia matronula im Wankheimer Thälchen. Nach Genanntem ist Odezia chaerophyllaria L., ein fast schwarzer Spanner, im Bebenhäuser Thal sehr häufig. –

Ein trefflicher Anfang zur Kenntniß der Kleinschmetterlinge geschah durch Frölich mit seiner Dissertation Enumeratio tortricum Wuerttembergiae, Tubingae 1828; es ist die erfreuliche Aussicht vorhanden, daß durch die Bemühungen gegenwärtiger Beobachter,| insbesondere des Hrn. Dr. med. Steudel in Kochendorf, auch dieser Zweig der vaterländischen Entomologie zu weiterer Ausbildung gelangen wird.

Der einzige Repräsentant der Bryozoen in der Tübinger Gegend ist der Federbuschpolyp (Plumatella repens Gm.) Es gab einen kleinen Tümpel, seit einigen Jahren verschwunden, in welchem er alle am Boden liegenden Holzstücke, Steine, Scherben u. dergl. überzogen hatte. In einem Jahr zeigte er sich auch im Bassin des botanischen Gartens, wo er in Menge an der Unterseite der Blätter der Seerose angesiedelt war.

Die Muscheln und Schnecken, diese stillen, ruhigen Bewohner des Landes und Süßwassers gehören zu den Thieren, welche auch in hiesiger Gegend schon seit Langem manchen Sammler angezogen haben. Bekannt ist die unter dem Präsidium von Schübler erschienene Dissertation von Klees, sowie die sorgfältigen, nach Form und Inhalt gleich ausgezeichneten Arbeiten von Georg v. Martens und Eduard v. Martens. Doch vermag Schreiber dieses doch noch Einiges aus hiesiger Gegend aufzuführen, was den beiden eben Genannten sich entzogen hat.

Von kleinen Muscheln leben bei uns Cyclas cornea L. und C. calyculata Drap., letztere besonders zahlreich in den Tümpeln bei Jesingen; dann von Pisidium die Art P. obliquum, Lam. und P. fontinale (im älteren Sinn), diese an Quellen und Feldbrunnen. An größeren Muscheln ist die Gegend nicht reich; es kommen blos Unio batavus Pfr. in den Zuflüssen des Neckars und Anodonta cellensis Pfr. in der Blaulach und den Altwassern bei Rommelsbach vor.

Aus der Gruppe der Kiemenschnecken haben wir Valvata piscinalis Müll. und V. cristata; Bythinia tentaculata L., ist eine der häufigsten Wasserschnecken; es fehlt aber Paludina vivipara. Zur Zeit als Klees (1818) die Schneckenarten der Tübinger Gegend sammelte, war das vielleicht anders, denn derselbe läßt diese umfangreichste Süßwasserschnecke Europa’s in den Sümpfen am Wege von Jesingen nach Entringen wohnen. Oder hat am Ende der Genannte sich einfach eines Gedächtnißfehlers schuldig gemacht?

| Ancylus ist den beiden Species: lacustris L. und fluviatilis Müll. vorhanden. Die erstere ist hier die seltenere, und es vergingen Jahre, wo in den bekannten Plätzen (Tümpel des Neckarthals) kein einziges Exemplar aufzutreiben war. Die Art fluviatilis ist häufig, z. B. im Goldersbach. – Lymnaeus auricularius Drap.; in der Blaulach hie und da die Varietät Gulnaria ampla Hartm. in prächtiger Ausbildung; Lymnaeus stagnalis Drap., L. palustris Drap., L. pereger L.; L. minutus Drap. Übrigens wechselt in den wenigen noch übrigen Altwassern (Tümpeln) des Neckars die Fauna der Weichthiere durch Überschwemmungen und vielleicht auch andere Einflüsse so völlig, daß z. B. L. stagnalis, sonst eine der gewöhnlichsten Schnecken, schon Jahre lang gemangelt hat und trotz genauen Nachsehens kein einziges Exemplar zu anatomischen Zwecken zu erhalten war; dann erschien er wieder plötzlich und in Menge. – Planorbis contortus Müll., Pl. vortex Müll., Pl. marginatus, Pl. nitidus Müll.; auch Planorbis corneus L. wurde seit Klees (1818) lange Zeit als der hiesigen Fauna zugehörig genannt; doch kommt diese große Schnecke an der bezeichneten Stelle: „in paludibus prope Jesingen, Hirschau etc.“ nicht vor, wobei es dahingestellt sein mag, ob innerhalb der nahezu fünfzig Jahre, welche zwischen damals und jetzt liegen, die Sümpfe manche Veränderungen erlitten, oder ob, was warscheinlicher ist, hier ein Fehler des genannten Autors vorliegt. Physa fontinalis Drap. in der Ammer; Physa hypnorum in Altwässern des Neckars. Beide Arten nichts weniger als häufig. Succinea amphibia Drap. und S. Pfeifferi Rossm.[26] – Von Carychium minimum Müll. lassen sich hier lebende Exemplare am leichtesten am feuchten Rand der Tümpel, an modernden Holzstücken und Steinen, antreffen. Leere Gehäuse gewinnt man nicht selten beim Durchsieben des Mulms von Baumstöcken, noch häufiger in den Anspülungen des Neckars. – In geringer Anzahl von Arten scheint die Gattung Pupa vertreten zu sein. Häufig ist Pupa muscorum L., zugleich mit den Formen P. edendula Dr. und P. marginata Dr.; man kann sie bis tief in den November hinein, wenn bereits mehrmals die Temperatur bei Nacht –7° R. gewesen war, lebend unter Steinen, besonders gern solchen mit rauher löcheriger| Fläche, finden. Klees bezeichnet für Tübingen unter anderem auch Pupa cinerea Drap. und sagt von ihr mit den Worten Draparnaud’s: „ad muros vineta cingentes sub Jungermaniis et Lichenibus haud varo obvia.“ Nach Draparnaud, Lamark, Jan, Hartmann u. A. ist genannte Art in Südfrankreich, Italien und Schweiz gemein und es spricht auch gegen ihr Vorkommen bei Tübingen, daß sie als „kalkstet“ gilt. Wie schon Andere früher angenommen, möchte auch ich in der Klees’schen Pupa cinerea die Pupa (Bulimus) tridens Müll. vermuthen, bin jedoch bis jetzt nicht so glücklich gewesen, letztere Art hier zu sehen; auch klappen die angegebenen Charaktere nicht ganz. E. v. Martens denkt in seiner neuesten Arbeit an P. frumentum. – Vertigo minutissima Hartm., V. pusilla Müll., nicht häufig. – Balea fragilis Dr. wird schon von Klees als Bewohnerin der Alb („in monte Rossberg et vicinis“) angezeigt. (Hier mag auch erwähnt sein, daß nach meiner Beobachtung das Thier im Taubergrund, an der alten Kirchhofmauer von Dettwang bei Rothenburg, zahlreich lebt.) – Die hiesige Clausilie ist Cl. similis Charp., zwar bei trockenem Wetter nur vereinzelt unter Steinen zu finden; bei Regenwetter in zahlloser Menge an den Weinbergsmauern des Österbergs. Wirklich nur vereinzelt an Baumstrünken, im Burgholz, Schlucht im Elysium, trifft man die „glatte Erdschraube“, Cl. bidens Dr. (C. laminata, Montagu). Ein einziges, aber lebendes Exemplar von Cl. orthostoma Menke fand ich im Walde hinter der Kleemeisterei. C. plicatula Drap., C. nigricans Pult., Achatina lubrica Brug. wie überall häufig; A. acicula Müll. als leere Gehäuse nicht selten, in frischem Zustande aber, weil das Thier unter der Erde lebt, ist es nur wenigen Zoologen unter die Augen gekommen. (Ein Freund des Verfassers fand einmal eine Anzahl an faulenden Wurzeln des Gartensalates und schickte sie dem verstorb. Friedr. Sturm nach Nürnberg, der diese Schnecke dadurch auch zum erstenmal lebend sah.) – Bulimus obscurus Müll. häufig. Bulimus montanus Drap., in gar manchen Gegenden Deutschlands zu den Seltenheiten gehörend, ist in den feuchten Laubwaldungen Tübingens (z. B. um die Kleemeisterei herum, ebenso im Hintergrunde des Wankheimer Thälchens) reichlich zu sammeln. Er sitzt gerne an Buchenstämmen und kriecht an Busch- und Strauchwerk bis zu den Blättern hinaus, weßhalb er oft in den Schirm beim Abklopfen der Gebüsche fällt. Hingegen fehlt, wenigstens gegenwärtig, in der näheren Umgebung Tübingens: Bulimus radiatus Brug.; Klees will „circa villam Ammerhof et sacellum Wurmlingense“| ihn gefunden haben. E. v. Martens bezeichnet als nächsten Fundort von Tübingen die Weilerburg, was ich bestätigen kann, indem ich dort (im Sommer 1865) unsern Bulimus an Sträuchern klebend in Menge beobachtete. – Helix candidula Stud. an trockenen Rasen der Mittagseite des Ammerthales; die Form H. costulata Ziegl. auf der Waldhäuser Höhe bei Tübingen (nach v. Seckendorf der einzig bekannte Fundort in Württemberg). Helix ericetorum Müll. (bei Klees H. cespitum Dr.) wie überall gemein. H. arbustorum L., eine Schnecke der kälteren und feuchteren Gegenden, daher die gemeinste Schnecke am ganzen Nordabhang der Alb, läßt sich hier schon im ersten Frühjahr an nassen Stellen finden, wenn andere Helicinen noch nicht erwacht sind. Die Thiere in der näheren Umgebung der Stadt sind stark dunkel gefärbt, was sich auch auf die inneren Theile erstreckt, während die Individuen, welche z. B. den feuchten Berghang bei Kirchentellinsfurth bewohnen, in Schale und Weichtheilen heller sind; auch sonst in Größe, Dicke, Höhe der Schale sehr wechselnd. Von Helix hortensis Müll. und Helix nemoralis L. ist erstere die entschieden häufigere Art. Von H. pomatia L. kam die links gewundene Varietät, H. pomaria Müll., aus hiesiger Gegend bisher nur in einem einzigen Exemplar in meine Hände. Die scharfkantige H. lapicida L. sehr häufig, namentlich nach Regen an den Weinbergsmauern. Helix fruticum Müll. nicht selten, am meisten die einfach strohgelbe Form, seltener die blaßrothe und nur hin und wieder diese mit einem dunkleren Band. H. strigella Drap. nicht häufig, z. B. im Gestrüpp der Mittagseite des Schloßberges; bei Urach habe ich diese nirgends gemeine Schnecke im Juni 1865 an einer buschigen sonnigen Berghalde in ziemlicher Menge frisch gefunden. H. circinata Stud. zahlreich bei Tübingen, z. B. im Burgholz; alle von Farbe braun und kleiner als die hell hornfarbige, welche bei Urach in der Nähe des Wasserfalls so zahlreich lebt. H. hispida Müll. z. B. im Schönbuch. (In ganz unglaublicher Menge kommt sie bei Urach beim Abkötschern der Wiesen in den Beutel). Helix incarnata häufig an feuchten Waldrändern. Besonders hervorgehoben zu werden verdient Helix Kobresiana Alt. (H. monodon Fer.); in Oberbayern und Tyrol häufig, ist sie nach v. Martens in Württemberg „hauptsächlich um Ulm lebend und in Anspülungen vorgekommen.“ Ein todtes Exemplar fand genannter Conchyliolog „einst auf der Höhe der Alb an den Lochen, oberhalb Balingen, also an der Grenze des Donaugebietes.“ Nun hatte ich schon vor Jahren hier bei Tübingen, in dem Thälchen| hinter der Kleemeisterei, die leere Schale dieser Schnecke gefunden und im April 1866 traf ich zu meiner Freude vier frische Exemplare an gleicher Stelle, die ich längere Zeit lebend erhielt. H. obvoluta Müll. häufig, z. B. im Burgholz, im Wald unter Lustnau; H. personata Lam. an gleichen Orten, etwas seltener. H. aculeata Müll. von Klees „in truncis fagineis emortuis“ gefunden, ist dem Schreiber dieses weder in hiesiger Gegend noch sonst wo bisher vor die Augen gekommen. Helix pulchella Dr. nebst der Form costata Müll. ist nicht selten auf feuchtem Grasboden, auch unter Steinen in der Nähe des Wassers lebend anzutreffen.[27] H. rotundata Müll. häufig. Von Zonites ist nicht selten Z. nitens Mich., z. B. im Burgholz, Schlucht im Elysium, Bebenhausen; den eigentlichen Z. cellarius Müll. hat Verfasser noch nicht bemerkt, wohl aber wieder Z. lucidus Drap. oft sehr häufig unter Ufersteinen, an gleichem Orte auch Z. fulvus Müll. – Die interessanten Vitrinen, ein Bindeglied zwischen den Nacktschnecken und den Gehäusschnecken, trifft man im allgemeinen nur vereinzelt an. Aber nach dem kühlen Sommer 1864 zeigten sie sich in hiesiger Gegend, vom Oktober bis in den Dezember hinein, in großer Menge; so auf der Nordseite des Schloßberges, wo man sie leicht zu Dutzenden sammeln konnte, wobei die Vitrina diaphana Dr. die entschieden häufigere war. Im botanischen Garten waren sie noch zahlreicher und zwar dort Vitrina pellucida Müll. In den feuchten Waldstrecken bei Weilheim glaubt Verfasser auch die Vitrina elongata Dr. einmal gefunden zu haben.

Von den lange vernachlässigten und auch jetzt noch nicht befriedigend gekannten Nacktschnecken sind zu nennen: Limax agrestis L, wie überall häufig; Limax marginatus Müll. (L. arborum Bouchard., L. sylvaticus Drap.) hier in den Laubwaldungen nicht selten gesellschaftlich an Buchenstämmen namentlich nach dem Regen; auch am Österberg an Mauern; im November in besonders großen Exemplaren. Den auffälligen und erst in neuerer Zeit wieder durch Heynemann’s Bemühungen bekannter gewordenen Limax (Amalia) carinatus Leach. (L. marginatus Draparnaud) habe ich hier bei Tübingen noch nicht gefunden, obschon er nach E. v. Martens| auch hier vorkommen soll.[28] Unsere hiesige umfänglichste Nacktschnecke ist Limax cinereo-niger Wolf (Sturm), welche sich in den feuchten Laubwaldungen zu ganz besonderer Größe und Schönheit entwickelt. Um den Österberg herum beobachten wir seit mehreren Jahren eine über den ganzen Rücken hin helle, wie abgebleichte Form; (auf der Bauchseite sind dagegen die zwei dunkeln Seitenfelder von derselben Sättigung der Farbe, wie bei den in Wäldern wohnenden. Den eigentlichen Limax cinereus Müll. (L. maximus L.), mit einfarbiger Sohle und geflecktem Mantel (nach den Unterscheidungen Heynemann’s) trifft man hier nicht an, wenigstens habe ich in Kellern hiesiger Stadt vergeblich darnach gesucht und Andere suchen lassen. (Auch im Schwarzwald ist mir überall nur L. cinero-niger aufgestoßen.) – Im Sommer 1865 fand ich auch den kleinen, von Anderen noch nicht angeführten, Limax brunneus Dr. unter Steinen und Holzstücken, welche zum Theil im Wasser der Steinlach lagen.[29]Arion tenellus Müll. (Heynemann) im Frühjahr (März, April), dann wieder im Spätherbst, z. B. im Goldersbacher Thal unter Steinen und Moos, doch immer nur spärlich. Arion hortensis Fer. ist z. B. im botanischen Garten zu Tübingen immer anzutreffen. Eine von E. v. Martens als Arion subfuscus Drap., unterschiedene Art findet sich auf dem hiesigen Wöhrd. Gemein wie überall ist Arion empiricorum Fer., seiner Zeit von Schübler als Limax ater und rufus aufgezählt.




Über die Fische des Neckars besitzen wir die bekannte, sehr schätzbare Arbeit von Günther.[30] Schon Schübler, dem wir| die ersten Aufzeichnungen verdanken, bemerkt, daß dem Neckar hier bei Tübingen „mehrere Fische der Donau bei Ulm, des untern Neckars bei Heilbronn und des Bodensees ganz fehlen.“ Der Flußbarsch (Perca fluviatilis L.) findet sich in der Blaulach, selten im Neckar. – Der Kaulbarsch (Acerina cernua L.), häufig im Main bei Würzburg, fehlt dem Neckar hiesiger Gegend. — Cottus gobio L. an Stellen des Neckars mit steinigem Grund häufig. — Den kleinsten Fisch unserer Fauna, den Stichling (Gasterosteus aculeatus L) bezeichnet bereits Schübler vor langen Jahren richtig als Bewohner der Ammer; von da kommt er gegenwärtig auch in das Bassin des botanischen Gartens.

Der echte Karpfe (Cyprinus carpio L.) fehlt hier im Neckar. War das wohl immer so? Von einem Nebenfluß des Neckars, der Aich, meldet Rösler (1791), daß man dort „Karpfen zu 6 bis 8 Pfd.“ fange. (Auch bei Würzburg, wo sonst der „Mainkarpf“ sehr häufig war, ist er, wie mir die dortigen Fischer erzählen, zu einer großen Seltenheit geworden.) — Die Karausche oder „Bauernkarpfe“ bei Ulm (C. carassius L.) ist, sowie die den Schlammgrund liebende Schleihe (Tinca vulgaris Cuv.) dem Schreiber dieses bisher aus dem hiesigen Neckar noch nicht zugebracht worden; doch gehören beide nach Günther dem Neckar an. — Der gemeinste Tafelfisch für hiesige Stadt ist die Barbe (Barbus fluviatilis Agas.) – Der sehr häufige Gräßling (Gobio fluviatilis Cuv.), welchen man anderwärts massenhaft gebacken verspeist, wird hier kaum gegessen. — Gemein ist Phoxinus laevis Ag. (Pfelle, Pfrille, Ellritze). Das Männchen entwickelt im Hochzeitkleid (April) die weißen Hornhöcker am Kopfe in ausnehmend starker Weise. – Der von Günther aus dem Neckar bei Tübingen nachgewiesene und von Eder trefflich gezeichnete Leuciscus muticellus Bonap. (Hasel der hiesigen Fischer) ist nach v. Siebold’s Kritik nicht richtig bestimmt, es wäre vielmehr Telestes Agassizii Heck.Squalius leuciscus L. häufig; ebenso S. dobula Schrank, letzterer hier eine beliebte Speise des gemeinen Mannes. – Leuciscus rutilus L. wie überall in Mitteleuropa gemein. – Zu den allerhäufigsten Fischen der hiesigen Neckarstrecke gehören der kleine Alburnus bipunctatus L. und A. lucidus Heck., hier „Silberling“. – Gerne wird auch gegessen, obschon man das Fleisch schlecht nennen darf, der beträchtlich große Chondrostoma nasus Agas., für den man hier ausschließend die Bezeichnung „Weißfisch“ anwendet. — Von Grundeln kommt nur Cobitis barbatula| L. vor. – Der sehr geschätzte Hecht (Esox lucius L.) ist nicht gerade selten, erreicht aber nur geringe Größe.

Hin und wieder fangen hiesige Fischer im Neckar eine Forelle (Salmo fario L.), z. B. im Juli 1864 „eine Prachtforelle von mehreren Pfunden“ (Tübinger Chronik 16. Juli 1864). Am Ende des vorigen Jahrhunderts, als der fleißige Rösler das Land durchforschte, scheint in vielen Zuflüssen des Neckars die Forelle heimisch gewesen zu sein; er gibt sie an z. B. von der Eyach, Steinlach, Echatz. In den beiden letzteren Zuflüssen kam sie noch in den zwanziger Jahren bei Kirchentellinsfurth und bei Ofterdingen häufiger vor. – Ein seltener Fang ist auch die Äsche (Thymallus vulgaris Nils.). – Nicht selten ist der Aal (Anguilla vulgaris Flemm.) und wird zum Theil in sehr stattlichen Exemplaren erbeutet.

Petromyzon Planeri Bloch (nicht fluviatilis!), kleines Neunauge, repräsentirt für die hiesige Gegend die Cyclostomen und ist so gut wie dessen Jugendform Ammocoetes branchialis L. in der Ammer nicht selten. Zu Schübler’s Zeiten hatte man dieses Fischchen hier noch nicht bemerkt. „Es soll sich in der Blau bei Ulm finden, wo es vom Landmann für eine giftige Blindschleiche gehalten wird.“ Später, in den vierziger Jahren, kennt man es laut Zeugniß G. v. Martens, „nur im Taubergebiet bei Mergentheim.“


Von geschwänzten Batrachiern besitzt die Gegend außer dem allgemein in Europa verbreiteten Triton cristatus Laur. und Tr. taeniatus Schneid., noch den Triton alpestris Laur., sowie den bis jetzt in Deutschland nur im Taunus aufgefundenen Tr. helveticus Raz. (Triton palmatus Schneid.)[31] – Der gefleckte Landsalamander (Salamandra maculosa Laur.) ist häufig.

| Ungeschwänzte Batrachier: Hyla arborea L. nicht selten; Rana esculenta L. wegen Mangels größerer stehender Gewässer keineswegs häufig; häufiger ist Rana temporaria L. und zwar die Form platyrhinus, den eigentlichen oxyrhinus (nach der Unterscheidung Steenstrup’s) kenne ich noch nicht; alle Exemplare von Fröschen hiesiger Gegend, welche man allenfalls für oxyrhinus ansprechen möchte, sind nach näherer Untersuchung nur jüngere Exemplare des platyrhinus. – Der gemeinste Batrachier, welcher alle Gräben und Lachen, auch wenn sie nur sehr vorübergehend und trübe sind, bevölkert, ist Bombinator igneus Merr. Bei diesem ist die Zahl der Weibchen größer als die der Männchen. Sollte nicht dieß in Verbindung damit, daß das Thier mehrere Bruten hat, die erste schon Anfang Mai, der Grund seiner ungemeinen Menge sein? Auch scheint er vom Storch, wohl wegen seines scharfen Hautsecretes, in Ruhe gelassen zu werden. Früher war er nach Schübler in hiesiger Gegend „seltener“. – Den Pelobates fuscus Laur. auszuspähen, ist bisher hier nicht gelungen. — Von eigentlichen Kröten ist Bufo variabilis Gm. äußerst selten geworden; mir ist innerhalb zehn Jahren und zwar in einer Straße der Stadt ein einziges zerquetschtes Exemplar zu Gesicht gekommen. – Hingegen läßt sich Bufo calamita L. an mehren Punkten auffinden, und die Larven kann man bis tief in den Oktober hinein noch im Freien beobachten. Ob ebenfalls zweite Brut? – Bufo cinereus Schneid. ist noch in ziemlicher Menge vorhanden; die Zahl der Männchen ist – wenigstens hier – um vieles größer als die der Weibchen.

Die nächste Umgebung der Stadt hat keine Giftnatter, sondern die unschädliche Tropidonotus natrix L., welche hie und da noch in sehr stattlichen Exemplaren gefangen wird; sowie die zwar bissige, aber ebenfalls ungiftige Coronella laevis Merr. Ich möchte in historischer Beziehung nicht unerwähnt lassen, daß Schübler diese Schlange, welche von Manchem mit der Kreuzotter verwechselt wurde, für die Abhänge der hiesigen Berge bereits im Jahre 1822 nachweist und über ihre Farbenvarietäten Nachricht gab. Gegen die Alb[32] hin tritt die Giftnatter Pelias berus L.) auf; und wenn man mündlichen Mittheilungen trauen darf, würde Dußlingen die Gegend bezeichnen, von wo an genannte Art beginnt. In den zwanziger Jahren war| man noch ungewiß, ob die giftige Viper im Württemberger Land überhaupt vorkomme. Schübler sagt: „Coluber berus soll schon bei Urach und Göppingen gefangen worden sein, auch in der Gegend von Neresheim soll sich die giftige Natter finden, doch bedürfe dieß alles einer näheren Prüfung.“

Unsere Saurier sind: die weitverbreitete Anguis fragilis L., ferner Lacerta agilis L.[33], endlich Lacerta (Zootoca) vivipara Jacq. Dieses letztgenannte niedliche Thier findet sich z. B. im Wald über Derendingen, im Schönbuch unweit Bebenhausen; gelangt auch öfters, da es gerne seinen Aufenthalt unter Baumrinde nimmt, mit frisch gefälltem Holze in die Straßen hiesiger Stadt. Auch die Abänderung L. (Zootoca) nigra Wolf. fing Verfasser am Goldersbach, wo sie ihre Wohnung unmittelbar am Wasser, unter einem Wurzelstumpen, aufgeschlagen hatte; wie denn überhaupt diese Eidechse ganz im Gegensatze zu L. agilis, welche trockene sonnige Plätze bewohnt, beschattete, feuchte, ja selbst nasse Orte vorzieht.




Daß einer der größeren geierartigen Raubvögel: Vultur fulvus L, Vultur cinereus L oder ein Gypaëtos barbatus[34] sich jemals in hiesige Gegend verflogen habe, ist mir nicht bekannt geworden; hingegen wurde schon hin und wieder ein Seeadler (Haliaëtos albicilla Briss.) oder ein Steinadler (Aquila fulva L.) bei Tübingen bemerkt oder geschossen, so z. B. 1820 ein schönes Exemplar des Seeadlers. – Der Flußfischadler (Pandion haliaetos L.) scheint in früherer Zeit, nach den Mittheilungen des um die vaterländische Vogelkunde sehr verdienten Chr. Lud. Landbeck[35] nicht selten gewesen zu sein und| hat in der Nähe von Tübingen in den am Wasser gelegenen Wäldern, z. B. bei Kilchberg, gebrütet. Ob dieses gegenwärtig noch geschehe, hat Verfasser nicht in Erfahrung bringen können. – Wie in vielen andern deutschen Gegenden ist der Mäusebussard (Buteo vulgaris Bechst.) auch hier der häufigste Raubvogel; im Sommer gerne in den Vorwäldern, im Herbst und gelinden Wintern an Feldern; namentlich in sogenannten Mäusejahren. – Nicht gerade selten ist auch der rothe Milan (Milvus regalis Briss.); das Nest des schwarzbraunen Milan (M. ater L.) hatte vor mehr als 30 Jahren Landbeck bei Tübingen auf Eichen angetroffen. – Der Zwergfalke (Falco aesalon L.) streicht hie und da durch. – Der Thurmfalke (F. tinnunculus, L.) ebenfalls Zugvogel, ist gemein und blieb in gelinden Wintern bei Tübingen mehrmals ganz da. – Der „allerschädlichste unserer Raubvögel“, der Hühnerhabicht (Astur palumbarius L.), ist sehr selten geworden. — Häufiger hat sich der Finkenhabicht (Astur nisus L.) erhalten. – Des Falco subbuteo L. (Baumfalke) und des Falco lagopus L., welcher übrigens hier nicht brütet, sondern nur überwintert, gedenkt Schübler aus dem Jahr 1822 als „zwei der schöneren Raubvögel hiesiger Gegend“. – Die und zwar zu jeder Zeit gemeinste und schönste Eule hiesiger Gegend ist die Schleiereule (Strix flammea L.) – In der Häufigkeit wird sich anschließen der Waldkauz (S. aluco L.) – Ziemlich häufig ist auch noch der Steinkauz (Strix passerina Auctor. L., S. noctua Bech.) – Von dem seltenen Zwergkauz (S. pygmaea Bechst.) und dem Nachtkauz (S. tengmalmi L.) hatte Landbeck seiner Zeit aus der Tübinger Gegend Eier des brütenden Vogels erhalten. Auch der Katalog der hiesigen zoologischen Sammlung erwähnt Strix Tengmalmi noch aus dem Jahre 1851. – Von den Ohreulen wird die Waldohreule (S. otus L.) nicht selten angetroffen. – Nach Angabe des schon mehrmals genannten Ornithologen hat sogar die südeuropäische Zwergohreule (S. scops L., S. carniolica Scopoli) bei Tübingen gebrütet.

Von den Würgern sind der große (Lanius excubitor L.) und der rothrückige (L. spinitorquus Bechst.) nicht selten. – Aus der Gruppe der schwalbenartigen Vögel läßt sich wie zu Landbeck’s Zeit, so auch jetzt noch, der interessante Ziegenmelker (Caprimulgus europaeus L.) im Frühling und Sommer auf Waldblößen bei Cresbach antreffen. – Cypselus murarius Tem. am hiesigen Schloß gemein. – Von den ächten Schwalben mag erwähnt sein: die Uferschwalbe (Hirundo riparia L.) – Den prächtigen Eisvogel führen seine Streifereien im Winter bis an die Wasser des hiesigen Wöhrd,| – Der Kukuk (Cuculus canorus L.) ist einzeln, doch in allen Waldungen gewöhnlich. – Die schöne, uns nur auf kurze Zeit besuchende Goldamsel (Oriolus galbula L.) hat Schreiber dieses zu wiederholten Malen in hiesigen Wäldern gesehen, wo der männliche Vogel auf dem gründunkeln Hintergrund des Laubes mit seinem äußerst reinen, leuchtenden Gelb eine fesselnde Erscheinung ist. Daß er auch bei Tübingen brütet, beweisen Eier der hiesigen Sammlung. – Auch die Blauracke wurde nach L. bei Tübingen schon erlegt. – Der gewöhnlichste Rabe bei uns ist das ganze Jahr hindurch die Rabenkrähe (Corvus corone L.); den Kolkraben (C. corax L.) habe ich hier noch nie gesehen; eine Dohlencolonie beherbergt die hiesige Stiftskirche. – Die den Gebirgen Südeuropas bis zu den süddeutschen Alpen angehörige Alpenkrähe (Pyrrhocorax alpinus Cuv.) wurde von Günther im März 1851 in zwei Stücken bei Tübingen angetroffen.

Der immer nur vereinzelt vorkommende Schwarzspecht (Picus martius L.), welcher weder auf der Alb noch im Schönbuch vorkommt, brütet nach Landbeck in hiesiger Gegend bei Eck, Cresbach, Weilheim, bis wohin er sich vom Schwarzwald her erstreckt. – Der den süddeutschen Gebirgen angehörige Mauerläufer (Tichodroma muraria L.) wurde schon im Schloßhof von Tübingen geschossen. – Der Wiedehopf (Upupa epops L.) wird in der frühern Zeit als sehr häufig bezeichnet, er verminderte sich aber nach und nach, wahrscheinlich zum Theil durch Einführung der Stallfütterung und Umbruch der Viehtriften; doch kann man noch alle Jahre einzelner im April im Neckar- und Steinlachthal ansichtig werden. – Schon seit längerer Zeit ist der Seidenschwanz (Bombycilla garrula Briss.) nicht mehr in Schaaren zu uns gekommen, sondern nur vereinzelt, z. B. im Januar 1864. Im Anfang der zwanziger Jahre hatte ein Paar im hiesigen botanischen Garten auf einer Weihmuthskiefer ein Nest gebaut und Eier gelegt. – Muscicapa luctuosa Temm. beobachtete Günther (April 1852) hier an den Ufern des Neckars. (Ob M. parva L., ein in Franken äußerst seltener Vogel, schon jemals in der Tübinger Gegend gesehen wurde, ist mir unbekannt.) – Der Kirschkernbeißer (Coccothranstes vulgaris L.) ist in Kirschgärten nicht selten und in harten Wintern schon mehrmals, besonders aus der Dußlinger Gegend, lebend eingebracht worden. — Die Feldlerche (Alauda arvensis L.) im Neckarthal, Steinlach- und Ammerthal, doch nur da gern, wo sich größere Flächen ausweiten. – Anthus aquaticus Bechst. und A. pratensis Bechst. ist jedes Jahr gesellig vom Oktober bis Ende Winters an der Steinlach bei Tübingen anzutreffen.| (Günther.) – Mit der Nachtigall (Sylvia luscinia L.) hat sich hier eine ähnliche Veränderung zugetragen, wie sie an mehreren Orten, z. B. in den Thälern des fränkischen Jura, beobachtet wurde. Bei Muggendorf z. B. brütete früher das Thier; jetzt kommt es dort nur auf dem Zuge vor. So ist es auch hier; vor etwa 30 Jahren brütete der Vogel auf dem Wöhrd, was gegenwärtig nicht mehr geschieht; ja Schreiber dieses hat während seines hiesigen Aufenthaltes die Nachtigall überhaupt nicht mehr bemerkt, er erfährt jedoch durch Prof. Dursy, daß sie hin und wieder hier noch gefangen werde. (Aus der Gegend von Nürnberg und Erlangen ist sie, wie man sagt, ebenfalls verschwunden.) Doch haben wir noch in ziemlicher Menge von eigentlichen Sängern, z. B das Schwarzplättchen (Sylvia atricapilla L.), die graue Grasmücke (Sylvia hortensis L), den Gartenlaubvogel Sylvia hypolais L. u. a. Auch erfreut schon im ersten Frühling, zur Zeit der Blüthe der Saalweide, ein trefflicher Sänger das Ohr, die Singdrossel (Turdus musicus L.) Die sonst verbreiteteren Drosselarten, wie Turdus merula L., T. viscivorus L., T. pilaris sind nicht selten; einige nur auf dem Zug, andere Arten brütend; am wenigsten häufig ist die Rothdrossel (T. iliacus L.) – Vom Wasserstaar (Cinclus aquaticus L.) besitzt unsere Sammlung Eier aus der Tübinger Umgebung. – Zu den Singvögeln gesellt sich auch häufig der Rohrschilfsänger (Motacilla arundinacea L.) in den Uferbüschen und im Schilfe des Neckars. – Den niedlichen munteren Zaunkönig (Troglodytes parvulus Koch) kann man leicht im Spätherbst und im Winter im entlaubten Gesträuch um die Stadt her erblicken; nicht allzuselten stößt man auch zur Sommerszeit in hiesigem Nadelholz auf das Goldhähnchen (Regulus cristatus Koch).

Da wir hier keine großen Ebenen haben, ist die Wachtel (Ortygion coturnix L.) nicht häufig; am ehesten da, wo das Neckarthal eine größere Weitung hat; so hört man ihren schönen Schlag z. B. auf der Markung zwischen Derendingen und Weilheim. – An den Ufern der Steinlach stellen sich mehre Arten von Regenpfeifern (Charadrius) ein. – Der weiße Storch (Ciconia alba L.) hält sich in der Gegend in mehreren Paaren auf; der schwarze Storch (Ciconia nigra L.) wurde hier in den zwanziger Jahren, 1823 und 1827, in mehreren Exemplaren, zuletzt noch 1851, erlegt. – Kraniche (Grus cinerea Bechst.), welche man noch in den dreißiger Jahren truppweise über Tübingen wegziehen sah, scheinen auszubleiben. Das Exemplar der hiesigen Sammlung wurde bei Biberach) 1841 erlegt. –| Nicht selten ist der graue Reiher (Ardea cinerea Lath.), von welchem aus dem Ende des vorigen Jahrhunderts Rösler meldet: „Die Steinlach wird täglich von Reihern besucht, welche wahrscheinlich ziemlich weit herkommen und hier Fische holen, weil der Fluß an manchen Orten sehr breit und flach fließt.“ Wie verschieden ist dieses Bild von dem der Gegenwart! – Den schönen Purpurreiher (Ardea purpurea L.) hat Landbeck im Winter 1829–30 am Neckar bei Tübingen gesehen; ebenso einige Jahre früher den ebenfalls südlichen Nachtreiher (Ardea nycticorax L.) – Die Rohrdommel (Ardea stellaris L) wird schon von Rösler (1788) aus dem Thal der Steinlach erwähnt; Landbeck sah sie noch 1830 bei Eck, unweit Cresbach in einem sumpfigen Walde brüten. – Die kleine Rohrdommel (Ardea minuta L.) wurde hier bei Tübingen als große Seltenheit geschossen. – Ein in den feuchten Wiesen des Ammerthales durch seine unschöne Stimme wohl bekannter Vogel ist der Wiesenschnarrer (Crex pratensis Bechst.).

Von der Möve (Larus), der Wasserschwalbe (Sterna) sind auf ihren Wanderungen schon manche Arten bei Tübingen angetroffen worden. – Den Singschwan (Cygnus musicus L.) hat man bei Kilchberg im Winter 1788—89 und 1829 in mehreren Stücken geschossen. – Fast jeden Winter kommt auch jetzt noch zu uns der Mergus merganser L. Eine Zeitlang (zu Schübler’s Zeit 1820) „zogen blos die Weibchen dieses Schwimmvogels über die Gegend von Tübingen.“ – Auf der Blaulach ist nebst dem Rohrhuhn (Gallinula chloropus L.) der kleine Steißfuß (Podiceps minor L.) häufig. – Im November 1848 wurde Eudytes septentrionalis L. bei Tübingen erlegt. Daß dieser und andere hochnordische Vögel zuweilen sich auch hier zufällig sehen lassen, darf nicht Wunder nehmen, wenn man bedenkt, daß alle diese Säger, Taucher u. s. w. im Winter tief nach Südeuropa und darüber hinaus sich verfliegen.




Und was nun schließlich die Säugethiere betrifft, so sind deren Arten und Individuenzahl, abgesehen von den in der Pflege und im Dienste des Menschen stehenden, selbstverständlich auch bei uns eine sehr geringe geworden. Gar manche, welche dem Menschen in irgend einer Weise im Wege standen, sind im Kampfe um’s Dasein geradezu erloschen, andere wie in allen Kulturländern zur Seltenheit geworden. Am meisten halten sich, aus leicht begreiflichen Gründen, die Glieder| der sog. Mikromammalogie: Fledermäuse, Spitzmäuse und die kleineren Nager.

Die Zahl der hier vorkommenden Vespertilionen läßt sich noch nicht bestimmen; die gewöhnlichste ist Vespertilio murinus L., ab und zu erhält man Vesperugo serotinus Daub. und V. noctula Daub., dann V. discolor Natt., ferner die Zwergfledermaus (Vesperugo pipistrellus Schreb.). Vesperugo Leisleri Kuhl., eine auch in Bayern äußerst seltene Fledermaus, hat Günther hier (1854) erbeutet. Plecotus auritus L., breitöhrige Fledermaus ist nicht selten; die nirgends häufige Synotus barbastellus Schreb. wurde 1857 gefangen. Die große und die kleine Hufeisennase, Rhinolophus ferrum equinum Schreb. und Rh. hipposideros Bechst. (letztere schon 1853 von Günther „in alten Gebäuden Tübingens“ beobachtet) ist mir in den letzteren Jahren ebenfalls mehrfach zugebracht worden.

Aus der Gruppe der Spitzmäuse sind bekannt geworden: Sorex (Crossopus) fodiens Pall. (Wasserspitzmaus); S. tetragonurus Herm. (Waldspitzmaus); S. (Crocidura) leucodon Herm. (Feldspitzmaus), und S. (Crocidura) araneus Schr. (Hausspitzmaus). Alle diese Arten sind bekanntlich nichts weniger als leicht zu beschaffen, obgleich manche, wie z. B. Sorex fodiens, nicht selten sind, weßhalb gar wohl auch in hiesiger Gegend die Zwergspitzmaus (Sorex pygmaeus Pall.) vorhanden sein kann, ohne daß sie bis jetzt gesehen worden wäre; freilich wurde das gewiß trefflichste Mittel, sich über das Vorkommen der kleineren Säuger einer Gegend zu unterrichten, das Durchsuchen der Gewölle der Eulen nämlich, noch nicht in Gebrauch gezogen. – Der Maulwurf (Talpa europaea L.) ist häufig; lichtgraue, weiße oder hellgelbliche Individuen sind hier äußerst selten. Schübler gedenkt vom Jahr 1820 eines hier gefangenen gelblichweißen Maulwurfs.[36] – Nicht sehr selten ist auch noch der Igel (Erinaceus europaeus L.).

Der Dachs (Meles taxus Schr.) fand sich in den zwanziger Jahren „ziemlich häufig in den hiesigen Umgebungen, namentlich an den Seitenbergen der Steinlach und am Kreuzberg bei Roseck“; auch jetzt kommt er immer noch einzeln vor. Die beiden Exemplare der hiesigen Sammlung sind im Cresbacher Jagdgebiet geschossen; das eine| davon ist eine weiße Varietät. – Der Edelmarder (Mustela martes L.) findet sich im Schönbuch, wo dem Schreiber dieses auf Excursionen sich schon zweimal Gelegenheit bot, die schönen, gewandten Bewegungen dieser Thiere im Freien zu bewundern. Die Exemplare des Schönbuchs sollen durchweg keine dottergelbe, sondern nur eine weißliche, schwach gelblich gefärbte Kehle haben. – Häufiger ist, wie das für die meisten Gegenden gilt, der Hausmarder (Mustela foina L.); er wird gar nicht selten in der Stadt selbst, während er sich durch Scheunen, Ställe oder auf den Dächern herumtreibt, überrascht. – Nur hin und wieder wird uns ein Iltis (Mustela putorius L.) angeboten. – Von den beiden einheimischen Wieseln kommt das kleine (Mustela vulgaris Briss.) noch eher vor als das große (Mustela erminea L.); aber im Ganzen sind beide Thierarten doch eigentlich selten zu nennen. – Vom Fischotter (Lutra vulgaris Erxl.), der sich an den Ufern des Neckars und der Ammer noch erhalten hat, wird fast alle Jahre ein oder das andere Exemplar im Tellereisen gefangen. In früheren Zeiten fand sich der Fischotter bei Kirchentellinsfurth nicht selten. Die mir zugebrachten waren meist Männchen. – Noch recht häufig ist der Fuchs (Canis vulpes L.), und fast alljährlich kann man hier die fruchtlosen Versuche sich erneuern sehen, jung ausgenommene, noch wollige Füchse ordentlich zu zähmen. – Auch die Wildkatze (Felis catus L.) ist in den Waldungen unserer Gegend, wenn schon als Seltenheit, vorhanden; das letzte mir bekannt gewordene Exemplar wurde im November 1865 bei Bebenhausen geschossen.

Aus der Gruppe der Nager habe ich die Schermaus, Erdwolf (Arvicola terrestris L.) nicht blos selbst im Wankheimer Thal beobachtet, sondern öfters frische Exemplare durch Maulwurffänger erhalten; nach Schübler ist sie nicht selten im Schönbuch. – Die in Süddeutschland wohl überall spärliche Waldwühlmaus (Arv. glareolus Schreb.) fehlt hier so gut wie in den meisten Gegenden Bayerns; in Franken kommt sie indessen an manchen Orten vor.[37] – Ob die Feldmaus (Arvicola arvalis Pall.), welche gerne durch Häufigkeit zur Landplage wird, sich auch in hiesiger Gegend jemals so über alle Maßen vermehrt hat, als dieses in der Mitte der zwanziger Jahre| in Franken und am Niederrhein der Fall war, wo die Felder auch am Tage buchstäblich von Mäusen wimmelten, finde ich nicht aufgezeichnet; Schübler wenigstens spricht nicht davon. – Hingegen erfährt man von Genanntem, daß in Tübingen die Hausratte (Mus rattus L.) schon vor etwa vierzig Jahren durch die Wanderratte (Mus decumanus Pall.) vertrieben worden ist. In der Schweiz war die Wanderratte bis 1809 unbekannt; nach dieser Zeit scheint sie dort wie hier eingetroffen zu sein, so daß gegen 1820 hin die Hausratte in Tübingen zur großen Seltenheit geworden war.[38] Die durch ihren künstlichen Nestbau berühmt gewordene Zwergmaus (Mus minutus Pall.) ist in hiesiger Gegend noch nicht gefangen worden; das Exemplar der Sammlung stammt von Berlin. – Aus der Gruppe der Schläfer, welche nur Nachts oder am frühen Morgen zum Vorschein kommen, wird der große graue Schläfer (Myoxus glis L.) für die Tübinger Gegend schon von Schübler aufgeführt: „findet sich hie und da auf Feldern.“ Ich habe ihn ebenfalls schon einigemal aus den hiesigen Wäldern bekommen und längere Zeit am Leben erhalten; auch die Exemplare der hiesigen Sammlung sind laut Handschrift des Hrn. Prof. v. Rapp von Tübingen; was alles ausdrücklich bemerkt sein mag, da ein genauer Schriftsteller, G. v. Martens, von unserm Thier sagt, es finde sich nur in Wäldern der wärmeren Gegenden Württembergs, z. B. bei Mergentheim, Heilbronn. – Myoxus avellanarius L. (Haselmaus) kommt ebenfalls vor, doch wie mir scheint, weniger häufig als an manchen anderen Orten. – Myoxus nitela Schreb. gehört, wie ein Exemplar der Sammlung aus Kilchberg, von Prof. v. Rapp etiquettirt, beweist, auch der hiesigen Gegend an. Doch ist das Thier jedenfalls viel seltener als die beiden anderen Arten, und dem Schreiber dieses ist es noch niemals zugebracht worden. – Mit Interesse liest man bei unserem oft angezogenen wackern Faunisten die Notiz: „Wilde Kaninchen fanden sich früher in hiesiger Gegend am Abhang des Spitzbergs, sie sind jedoch schon seit mehreren Jahren wegen des Schadens, welchen sie in den Weinbergen anrichteten, ausgerottet.“ – Eine Merkwürdigkeit der hiesigen Gegend war bis in’s Jahr 1816 hinein die Menge des Rothwildes (Cervus elaphus L., C. capreolus L.) und auch des Schwarzwildes| (Sus scrofa L.) im Schönbuch. Auf einer 1812 dortselbst abgehaltenen großen Jagd wurden 223 Wildschweine, 277 Hirsche, 211 Rehe erlegt! Doch schon im Jahr 1822 ließ sich sagen: „Durch die neueren Einrichtungen hat sich das Wild bedeutend vermindert“; und gegenwärtig sind Hirsche und Rehe dort bekanntlich ebenso vereinzelt als dieß auch sonst in Deutschland, soweit überhaupt noch größere zusammenhängende Waldesdickungen bestehen, der Fall ist.
  1. Bei den Signalsteinen wurde, wo nichts bemerkt ist, die Erdfläche bestimmt.
  2. Von Professer Dr. Schoder.
  3. Diese höheren Marimalstände der neuen Station erklären sich aus der Lokalität. Die Instrumente befinden sich im Parterre des Bahnhofgebäudes und die Maximalstände sind durch die von den Mauern und Steinplatten ausgestrahlte Wärme beeinflußt.
  4. Von Professor Dr. v. Quenstedt.
  5. Von Professor Dr. Hugo v. Mohl.
  6. Von Professor Dr. Leydig.
  7. Planaria lactea ist im Taubergrund ebenfalls häufig und zeigt sich dort meist mit röthlichem Anflug.
  8. Planaria gonocephala findet sich in ähnlicher Menge in Bächen des fränkischen Jura, z. B. bei Streitberg.
  9. Nach einer vor Kurzem an einem anderen Orte gemachten Erfahrung könnte er aber doch eines Tages wieder erscheinen. Bei Würzburg nämlich wurde das Thier im Jahr 1826 in großer Anzahl beobachtet und aufgesammelt. Seit dieser Zeit hat Niemand mehr eine Spur davon wahrgenommen. Jetzt nach 40 Jahren, als ich Mitte April 1867 nach lang dauernder nasser Witterung und mehrmals vorausgegangenem Hochwasser des Mains einen mir wohl bekannten Graben besuche, erblicke ich darin, zu meiner allergrößten Überraschung, unseren Apus herumrudern und konnte mir mit Leichtigkeit und in Kürze etwa ein halb Dutzend herausfischen. Es war bei trübem, rauhem, stürmischem Wetter. Als ich kurz nachher an einem sonnigen Tag an die gleiche Localität wiederkehrte, war kein einziges Exemplar mehr sichtbar. Ist dieses etwas Zufälliges gewesen, oder verbirgt sich der Krebs an sonnigen, milderen Tagen? Etwa noch in Erinnerung an die Zeit mit vorherrschend trübem Himmel, wo seine Ahnen auf den Schauplatz des Lebens traten?
  10. In der Falkensteiner Höhle bei Urach findet sich eine von Professor v. Quenstedt zuerst bemerkte Wasserassel. Leider habe ich bis jetzt nur ein eingetrocknetes Exemplar durch Präparator Bauer, welcher die Höhle besuchte, erhalten, so daß ich die Diagnose noch nicht sicher stellen kann. Der Krebs ist aber jedenfalls ein Glied der „Höhlenfauna“, augenlos und wahrscheinlich ein Typhloniscus. – (Außerdem hat mir Hr. Bauer nur eine kleine silberweiße Podura aus der Höhle gebracht. Von Hydrobia vitrea Drap., welche Quenstedt in der Höhle lebend gefunden haben will, konnten nur leere Gehäuse gesammelt werden, zusammen mit leeren Schalen eines Pisidium, wohl P. fontinale, die einen wohl so gut wie die andern in die Höhle hineingespült! – Die Höhlen im fränkischen Jura (Muggendorf u. s. w.) scheinen noch ärmer an lebenden Thieren zu sein, indem Prof. Rosenhauer in Erlangen, welcher dieselben auf diesen Punkt untersucht hat, nur eine kleine Podura, und zwar vom Eingang der Höhlen anzeigt.)
  11. Es will mir scheinen, als ob gewisse Arten von Glomeris in ihrer Verbreitung sich etwas an die Bodenbeschaffenheit halten. Während z. B. bei Tübingen auf Keuper und Lias Gl. pustulata, wie oben gesagt, nur spärlich sich zeigt, habe ich auf dem Muschelkalk bei Rothenburg a. d. T. viele Plätze kennen gelernt, wo dieselbe Art in allergrößter Menge unter jedem Stein lebt. Unter den Basaltblöcken des Rhöngebirges habe ich reichlich und in ganz besonders großen Exemplaren Gl. marginata Leach. gesammelt; bei Meran, soweit Porphyr sich erstreckt, Glomeris rufoguttata Koch in überaus großer Menge.
  12. Im Verzeichniß von Insecten, welche um den Ursprung der Donau und des Neckars vorkommen, von 1800–1802 (Roth von Schreckenstein) steht: „Dr. Petif hat sie einmal in Tuttlingen gefunden.“
  13. Da Entomologen von großer Erfahrung, wie Gerstäcker, den Wohnort des Thieres nach Südeuropa verlegen, so sei bemerkt, daß ich es außer bei Tübingen auch bei Rothenburg a. d. T. und in der Ramsau (bayrisches Hochgebirge) auffand. Rosenhauer beobachtete es auch bei Muggendorf „einzeln“ unter Steinen.
  14. Den Bücherscorpion habe ich mehrmals schmarotzend an Phalangium opilio, auch einmal an einer Schmeißfliege, angetroffen und daß dieses nicht etwas Zufälliges war, geht aus einer andern Beobachtung hervor. Bei einem in Weingeist aufbewahrten Acrocinus longimanus (großer Bockkäfer aus Südamerika) fand ich unter den Flügeldecken, genauer unter den eigentlichen oder häutigen Flügeln und dem Abdomen ebenfalls einen stattlichen Chelifer (Ch. americanus Degeer)!
  15. Schreiber dieses z. B. hat Bl. germanica zum erstenmal lebend gesehen in den Häusern auf der Insel Frauenwörth im Chiemsee.
  16. Es scheint Acheta sylvestris auch in Deutschland sehr verbreitet zu sein. Ich sammelte sie bei Brückenau in der Rhön, Badenweiler im Schwarzwald, Guttenberger Wald bei Würzburg, Gmünd im Mainthal, Wald bei Burgbernheim in Franken.
  17. Den eigentlichen Thamnotrizon apterus Fbr. (non Charp.), schon durch sein Gezirpe wohl verschieden von obigem, fing ich in beiden Geschlechtern im Gebirge von Berchtesgaden.
  18. Bei dieser Gelegenheit sei aber ganz besonders auf eine Laubheuschrecke hingewiesen, die bis jetzt nur aus wenigen Gegenden des mittleren und südlichen Europa’s nachgewiesen wurde und zwar überall als „selten“. Es ist die im Leben außerordentlich zarte Odontura serricauda Fbr., wovon ich ein Pärchen auf einem Busch Feldahorn im Wald hinter Eningen, Urach zu, Ende August gefunden habe.
  19. In hiesiger Sammlung findet sich auch ein Exemplar der prächtigen Goldwespe (Parnopes carnea Latr.) mit „Tübingen“ als Fundort. Ich habe noch nie die Freude gehabt, dieses schöne und mehr südliche Thier in hiesiger Gegend zu bemerken. Die frischen Exemplare, welche ich der Sammlung einverleibt, rühren von Dr. Funk in Bamberg her, der sie, „nicht sehr selten“ im dortigen Hauptsmoorwald entdeckte.
  20. Zu dieser Dissertation von Kölreuter steht noch in Beziehung eine einige Jahre später erschienene Dissertation von Hotz: de balneis infantum adnexa Buprestis descriptione cum tabula aenea 1758. Diese Tafel nämlich, welche die Euchroma gigantea und eine große Jalodis, damals in den Sammlungen, wie es scheint, noch rar, vorstellt, hat für uns eine kulturhistorische Bedeutung; denn nach der Unterschrift: Meyer pinx. Tubingae Stoer sc. zu schließen, ist sie nicht blos hier gezeichnet, sondern vielleicht auch in hiesiger Stadt gestochen worden und zwar trefflich, in älterem strengem Stil. Verhält sich dieß so, dann ist jetzt nach hundert Jahren die „Universitätsstadt“ hierin zurückgegangen, – wir haben keinen Kupferstecher mehr.
  21. Doch sei auf etwas Analoges aufmerksam gemacht. Laicharting (Käfer Tirols 1781) bezeichnet den großen Mistkäfer, Ateuchus pius Ill. (bei ihm A. sacer,) als sehr gemein. Gredler sammelte ihn noch 1838 auf dem Birgl bei Bozen mehrmals; Rosenhauer in den vierziger Jahren. Seit den fünfziger Jahren findet er sich um Bozen sicher nicht mehr, erfahren wir jetzt bei Gredler (Käfer von Tyrol, 1863). – Im Kanton Zürich ziehen sich, seitdem man das Vieh nicht mehr auf die Weide treibt, und allenthalben Stallfütterung eingeführt ist, die Mistkäfer immer mehr zurück. Zu Füesli’s Zeit, vor hundert Jahren, war Copris lunaris häufig um Zürich, heutzutage ist er kaum mehr zu finden. Dasselbe gilt von den meisten Arten der Gattung Onthophagus (Dietrich, system. Verz. der im Kanton Zürich aufgefundenen Käfer, 1865).
  22. Sehr häufig an salzhaltigen Orten der Grafschaft Mansfeld, namentlich auf torfhaltigen Wiesen. Vergleiche hierüber und über die Methode des Fangens: Ahrens Übersicht aller bis jetzt auf salzhaltigem Erdboden u. s. w. entdeckten Käfer. Isis 1833, S. 642.
  23. Aus der Feder dieses sorgfältigen Beobachters haben wir ein vollständiges Verzeichniß der um Tübingen vorkommenden Coleopteren zu erwarten.
  24. Heer rechnet diesen Käfer zu den alpinen oder hochnordischen Thieren, die, wenn sie jetzt noch auf Hügeln oder Niederungen sich finden, als Reminiscenzen an die ferne Gletscherzeit zu betrachten seien.
  25. Nachträglich die Bemerkung, daß ich den merkwürdigen Sisyphus Schaefferi L., dem ich in hiesiger Gegend lange vergeblich nachspähte, vor Kurzem gefunden habe. Es war Ende Mai, auf der Sommerseite des Neckarthales, bei Obernau, wo ich mehrere Paare auf der Straße eifrig ihre Pillen wälzend antraf.
  26. Von Succinea oblonga Drap. habe ich noch keine Spur angetroffen. (In der Ramsau, Salzburger Alpen, habe ich zum erstenmal diese Schnecke lebend, und zwar weit weg vom Wasser, an morschem Holz gesammelt; die Schalen hatten einen schuppigen Koth-Überzug.
  27. Im Hinblick auf die Landesfauna überhaupt sei hier bezüglich der Helix rupestris Drap., welche bisher nur auf dem Jurakalk der Alb beobachtet wurde, bemerkt, daß sie auch dem Taubergrund angehört. Die Schnecke lebt im Thal bei Rothenburg in großer Gesellschaft, klein und groß zusammen, an den Steinen alter Mauern zwischen der „Steg- und Fuchsmühle,“ dann von da weiter aufwärts am „Kaiserstuhl.“
  28. Es mag deßhalb ausdrücklich bemerkt sein, daß ich das Thier aus eigener Anschauung gut kenne. Ich fand es im Mainthal, bei Würzburg und Heidingsfeld unter Steinen am Grunde alter Mauern; dann im Taubergrund bei Rothenburg, an gleichen Örtlichkeiten und geradezu häufig; durch einen Zuhörer erhielt ich fünf lebende Exemplare aus der Ruine Hohenneuffen (im Juni 1865); endlich sammelte ich es noch bei Landeck in Tyrol.
  29. Auch der zierliche, schön wachsgelbe Limax cinctus Müll. (L. cereus Held) könnte wohl auch bei uns zu Hause sein; denn ich habe diese sonst in Oberbayern (auf Herrenchiemsee z. B.) häufige Schnecke vor zwei Jahren auch im Guttenberger Wald bei Würzburg in mehreren Exemplaren gesammelt.
  30. Auch Prof. v. Rapp nimmt, wie ich nachträglich sehe, in seinen „Bodenseefischen“, theilweise Bezug auf die Fische der hiesigen Gegend.
  31. Diese nach Bau und Vorkommen interessante Art lernte ich bereits in den ersten Jahren meines hiesigen Aufenthaltes dadurch kennen, daß ich von dem damaligen Diener des zoologischen Institutes eine größere Anzahl Tritonen für die Abhaltung der zootomischen Curse einfangen ließ. Unter zahlreichen Exemplaren der drei anderen hiesigen Species befanden sich einmal auch mehre Exemplare von diesem, ohne daß ich sie damals weiter untersucht hätte. Als ich im vorigen Frühling, 1866, neue Studien über Amphibien anstellte, forderte ich den Präparator Herrn Bauer, indem ich ihm die Eigenthümlichkeiten des Tr. »palmatus«, namentlich die Schwimmhaut beschrieb, auf, Acht zu haben, ob ihm nicht etwa das Thier aufstoße. Eines Tages kommt er richtig mit einer Anzahl und der Bemerkung, daß dieser vielleicht der gesuchte sein könne, wie es denn auch der Fall war.
  32. Auf der Alb selber ist bekanntlich die Giftnatter nicht allzuselten, meist in der schwarzen Form (P. prester), doch auch Thiere mit sehr heller (lichtgrauer Farbe) kommen vor.
  33. Die hübsche Form Lacerta erythronotus Fitz. (Seps ruber Laur.) ist hier noch nicht vorgekommen. Schreiber dieses fieng sie bei München, dann im bayrischen Hochland, endlich noch jüngst in der Ramsau (Gebirg von Berchtesgaden), immer nur in je einem Exemplar; sie scheint demnach mehr den eigentlichen Gebirgsgegenden anzugehören.
  34. Wenn man in Schrank’s Alpenreisen liest, daß noch im Jahr 1786 der Bartgeier bei Reutte (Tyroler Grenze) gar nicht selten war, so mag er wohl öfter auch in unsere Gegend eingefallen sein. Ein schönes Exemplar, welches in der Würzburger zoologischen Sammlung steht, wurde bei Mergentheim erlegt.
  35. Systematische Aufzählung der Vögel Württembergs.
  36. Bei Würzburg, wo ich seiner Zeit wegen anatomischer Studien viele Exemplare des Maulwurfs auftrieb, kamen mir gelbweise Thiere alle Jahre in die Hände.
  37. Im Jahr 1859 war Arvicola glareola L. bei Kloster Ebrach im Steigerwald (Franken) in Wäldern so häufig, daß man in einem Umkreis von 2–3 □Ruthen 60—80 Stück in einer Viertelstunde sehen konnte. Sie brachten den ganz jungen Buchenpflanzen, welche sie über dem Boden kurz abbissen, großen Schaden.
    (Dr. Kreß).
  38. Von dem aus Ägypten nach Italien, Frankreich und Schweiz bis jetzt vorgedrungenen M. alexandrinus Geoffr. (M. tectorum Savi) ist hier noch nichts sichtbar geworden, was erwähnt sein mag, da sie nach einer Angabe bei Blasius schon in Stuttgart beobachtet worden wäre.
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