Beschreibung des Oberamts Tettnang/Kapitel B 13
Erscheinungsbild
« Kapitel B 12 | Beschreibung des Oberamts Tettnang | Kapitel B 14 » | |||
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
| |||||
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
13. Gemeinde Langnau,
bestehend aus 18 Parzellen mit 764 katholischen Einwohnern.
Die Gemeinde grenzt gegen Osten an die Fürstlich Sigmaringische Herrschaft Achberg, und gegen Süden an das Königl. Bayerische Landgericht Lindau; im Norden begrenzt sie die Argen. Der Bezirk ist bergig und hat viele Waldungen, er enthält mehrere größere und kleinere Seen und viel sumpfigen Boden. Im Übrigen ist das Feld nicht unfruchtbar, Weinbau wird wenig, dagegen mehr Obstbau getrieben. Die Sterblichkeit ist sehr gering, ebenso aber auch die Fruchtbarkeit der Ehen; das Verhältniß der Gestorbenen zu den Lebenden war im Durchschnitt von 1826/35 wie 1:40,4., das der Geburten zu den Lebenden, wie 1:39,1. Die Einwohner nähren sich hauptsächlich vom Landbau. Die ganze Gemeinde ist dem Cameralamt Tettnang und in kirchlicher Beziehung der Pfarrei Hiltensweiler zugetheilt, wo auch die Schule für den Pfarrsprengel ist. Die Zehnten hat größtentheils die Pfarrei zu beziehen, Theil daran haben in einzelnen Parzellen:| der Staat, der Bayerische Religionsfonds Lindau und der Spital daselbst, und die Achbergische Pfarrei Sibratsreute. Fast alle Güter sind Grundzinsgüter und Erblehengüter des vorm. Klosters Langnau, nun der Bayerischen Religionsfonds-Verwaltung Lindau. Außer dieser haben in einzelnen Orten auch der Staat und der Spital Lindau Grundgefälle zu beziehen. Der Gemeindebezirk bildete mit wenigen Ausnahmen das ehemals Gräfl. Montfortische Vogteiamt und später Östreichische Amt Langnau, und kam mit Tettnang 1810 an die Krone Würtemberg. Grundherr war das Kloster Langnau.
Die einzelnen Orte sind:
- 1) Langnau, (Ober) Langnau, ehemals auch bloß Langen genannt, ein W. mit 100 k. Einw., 2 St. südöstlich von Tettnang auf der linken Seite der Argen. L. besteht aus 3 getrennten Theilen, O. Langnau, Kloster L. und U. L., welche je 1/8 Std. von einander entfernt sind, und wovon das Letztere als eine besondere Parzelle läuft, die beiden erstern aber unter dem Namen Langnau zusammengefaßt werden. O. L. hat eine Mahlmühle, 1 Sägemühle, 2 Ölmühlen und 1 Schildwirthschaft; ferner 2 Ziegelhütten. Das Kloster Langnau war ein Pauliner-Eremiten-Kloster, das nicht unbedeutende Güter hatte. Es wurde am 20. April 1787 von Kaiser Joseph aufgehoben. Die noch vorhandenen ansehnlichen Klostergebäude sind jetzt mit dem ehemaligen Hofgut Privateigenthum. Die Kirche und ein Theil des Klosters wurden 1793 abgebrochen. In der Klosterkirche hatten die Grafen v. Montfort ihr Familien-Begräbniß, und es lag darin eine große Reihe derselben, von Graf Heinrich, dem zweiten Stifter des Gotteshauses, an begraben. Ihre Gebeine wurden bei dem Abbruch der Kirche in die Pfarrkirche zu Hiltensweiler gebracht. Die Stiftung des Klosters Langnau fällt in das Jahr 1122. In diesem Jahre schenkte Arnold, von dem bei Hiltensweiler noch mehr die Rede seyn wird, mit seiner Ehefrau Junzela dem Salvatorskloster (später Allerheiligen genannt) zu Schaffhausen, sein erbliches Eigenthum in Hiltensweiler, Essersweiler (in dem sigmaringischen Obervogteiamt Achberg), Bleichnau, Ober- und Unter-Langnau, Rapensweiler, Wielandsweiler, Erchenartsweiler (Echetweiler) und Steinbach unter der Bedingung, daß die Benedictiner von Schaffhausen in Langnau einen eigenen klösterlichen Gottesdienst halten sollten. Abt Adelbert von Schaffhausen verspricht dagegen, daß er den in| Langnau wohnenden Brüdern Alles, was das Kl. in Rudolphsried, Steinbach, Ruden- und Dentenweiler besaß, überlassen wolle. Die große Reihe von 39 Zeugen aus der Umgegend, deren Namen in der Urkunde genannt sind, schließen die Welfen, Herzog Heinrich (der Schwarze) und sein Sohn „Heinrich von Ravensburg,“ welchen die Schirmsvogtei übertragen wurde – „Dux Heinricus de Ravenspurc, quibus locus ille in advocatiam commissus est.“ Vrgl. OA. Ravensburg S. 74. So wurde das neue Kloster ein Priorat des Benedictiner-Klosters in Schaffhausen. Im Jahr 1389 vertauschte der Abt Walter von Schaffhausen das Priorat mit allen dazu gehörigen Leuten, Gütern und Gülten an den Grafen Heinrich von Montfort-Tettnang, und dessen Sohn Rudolph, Herrn zu Scheer, gegen die Leute und Güter zu Frickenweiler und Hunoldsweiler. Das Benedictiner-Priorat wurde nun aufgehoben, und Graf Heinrich und seine beiden Söhne Rudolph und Wilhelm stifteten dagegen ein neues selbstständiges Kloster, das sie mit den Gütern des vorigen und der Pfarrei Hiltensweiler den Paulinern der obern Zelle zu Argenhard (s. Argenh.) am 24. April 1405 unter der Bedingung übergaben, daß der Orden daselbst immer 5 Priester halte und den jedesmaligen Inhaber der Grafschaft Tettnang als seinen Vogt anerkenne. Papst Gregor XII. bestätigte 1406 die Stiftung. Die Besitzungen des Kl. vermehrten sich durch Schenkungen und Käufe; zwar erlitt dasselbe manche Unbilden, insbesondere im Bauernkriege (1525) von den eigenen Klosterunterthanen, an deren Spitze der Pfarrer von Esseratsweiler stand, und ebenso im 30jährigen Kriege, wo es eine Zeit lang ganz verlassen war; doch erholte es sich immer wieder. Das Kloster stand unter Montfortischer Hoheit, übte jedoch vertragsmäßig in seinen Besitzungen sowohl das Collectationsrecht als die Niedergerichtsbarkeit aus. Die Besitzungen umfaßten den größten Theil des jetzigen Gemeindebezirks Langnau, sodann verschiedene Güter und Gefälle in fremdherrschaftlichen Orten. Bei der Aufhebung des Klosters wurde sein Vermögen, einschließlich von 7520 fl. Capitalien, zu 99.310 fl. berechnet. Das ganze Vermögen wurde zu dem Östr. Religionsfonds eingezogen. Die Klostergebäude nebst dem eigenthümlichen Klosterhof, Bauhof genannt, wurden mit Ausnahme der Kirche und eines Flügels von dem Kloster für 13.800 fl. verkauft. Wozu die letztern verwendet, wie und warum sie nachher abgebrochen wurden, darüber s. Hiltensweiler.
- 2) Bleichnau, W. mit 30 k. Einw., theils eines der Stiftungsgüter des Klosters Langnau, theils 1409 und nachher von demselben erkauft.|
- 3) Busenhaus, W. mit 19 k. Einw. Theil an B. hatten in frühern Zeiten die Familie Wolffail vom Busenhaus und die von Tegersee; die erstere hatte es zuletzt als Lehen von dem Kloster L. inne.
- 4) Degersee, W. mit 22 k. Einw., früher Tegersee, an einem See gleiches Namens, s. S. 26. Der Ort war einst ein adeliger Sitz. Die Ritter Ulrich und sein Bruder Werner von Tegersee sind Zeugen in der Stiftungs-Urkunde des Klosters L. 1122. Conz v. T. verkauft 1428 Hof und Gut zu Busenhaus. Aber schon im 14. Jahrhundert (1325) findet man D. mit Riedensweiler und Wettis im Besitz der Vögte von Summerau, die es an die von Raitnau verkauften, s. Summerau. 1379 verkaufte Burkhard von Raitnau den Tegersee und den Weiler dabei gelegen und das Gut Riedensweiler an das Kloster Langnau.
- 5) Dentenweiler, W. mit 68 k. Einw. und einer kleinen Kapelle. Ein Benno von Tentenwilare unterzeichnet als Zeuge die Stiftungs-Urkunde des Kl. L.; daß das Kl. Schaffhausen daselbst schon frühe Güter besessen habe, ist bereits angeführt.
- 6) Echetweiler, W. mit 22 k. E.
- 7) Götzenweiler, W. mit 8 k. Einw.
- 8) Heggelbach, W. mit 20 k. Einw., ein vormals Kl. Langnauischer eigenthümlicher, nachher zu Lehen gegebener Hof, der 1814–15 allodificirt wurde und nun unter 3 Besitzer getheilt ist. Der Bischof Gebhard von Constanz, Sohn des Grafen Ulrich von Bregenz, schenkte 970 der Kirche zu Constanz Erbgüter in Hoberndorf und Hackelinbach etc. (Oberdorf und Heggelbach) Neug. C. D. Nr. 760. Später waren die Montfort im Besitze; 1444 verkauft Heinrich Gabler, Vogt zu Tettnang, seinen Montfortischen Lehenhof an das Gotteshaus Langnau.
- 9) Hiltensweiler, kath. Pfarrw. mit 54 Einw., Kirche u. Schule und einer Schildwirthschaft. Das Patronatrecht ist Königlich. Die Baulast der Kirche liegt auf der Kirchenpflege, die des Pfarrhauses auf dem Lindauer Religionsfonds. An die alte Kirche zum heil. Dionysius ist eine Art von Kapelle angebaut, welche die Arnolds-Kapelle heißt. In derselben befindet sich das geschnitzte Bild des als wunderthätig verehrten heil. Arnolds, des Stifters von Langnau und Herrn von Hiltensweiler. Auch ruhen jetzt die Gebeine der Grafen von Montfort darin, die zu Langnau begraben lagen, s. o. Der Pfarrsprengel umfaßt gerade den Schultheißerei-Bezirk, bis 1812 waren die Parzellen 13 und 14 in die Bayerische Pfarrei Ober-Raitenau, die Parz. 5, 6, 10, 16, 18 in die Bayerische Pfarrei Unter-Raitenau und die Parz. 8 in die sigmaringische Pfarrei Sibrats eingepfarrt. Die Pfarrei H. war| dem Kloster Langnau incorporirt, und wurde von einem Klostergeistlichen von dem Kloster aus versehen. Es war daher auch kein Pfarrhaus im Orte. Als das Kloster 1787 aufgehoben wurde, bewirkte es der Prior des Klosters und Pfarrherr zu H., daß die Klosterkirche zur Pfarrkirche gemacht wurde. In dem vorbehaltenen Flügel des Klosters wurde die Pfarrwohnung eingerichtet und in denselben auch die Schule von H., wo sie bis dahin in dem Meßnerhause gehalten wurde, verlegt. Die Kirche in H. wurde an zwei Bürger um 350 fl. verkauft. Damit war aber der obere Gemeindebezirk sehr unzufrieden und bewirkte, daß 1793 die Kirche zu H. wieder Pfarrkirche wurde, und Pfarrsitz und Schule dahin verlegt wurden. Es wurde dieß unter der Bedingung bewilligt, daß derjenige Theil der Pfarrgemeinde, welcher die Veränderung verlangt hatte, den erstmaligen Bau des Pfarrhauses und der Schule übernahm, wogegen ihm die Kirche und der Klosterflügel zu Langnau zum Abbruch überlassen wurde, und die Herrschaft für die Zukunft die auf ihr liegende Baupflichtigkeit behielt. Östlich von H. steht ein runder Hügel, mit Wall und Graben umgeben, welcher den Namen Arnoldsburg führt. Hier hatten die Herren von Hiltensweiler ihren Sitz, und der Name rührt entweder von dem Ritter Arnold, dem Heiligen, oder von einem seiner Ahnen her. Von ihm soll auch die Kirche zu H. gestiftet worden seyn; in dem Munde des Volks lebt davon noch folgende Sage: Arnold, von dem Volke allgemein geliebt und geschätzt, und später seiner Wunderkuren wegen unter die Zahl der Heiligen aufgenommen, verordnete, daß man nach seinem Tode 2 Ochsen frei laufen lassen solle. An der Stelle, wo sie stehen bleiben, solle eine Kirche erbaut und er in ihr beigesetzt werden. Dieß geschah und das Volk wallfahrtete von dieser Zeit an auf sein Grab und noch bewahrt der fromme Glaube das Vertrauen, daß Kranken hier geholfen werde, wovon die vielen in der Kapelle aufgehängten VotivbilDer zeugen.
- 10) Muttelsee, W. mit 22 k. Einw., mit einer kleinen Kapelle. Cuno Manegoldus de Mutelsew unterzeichnet mit andern die Stiftungs-Urkunde von Langnau.
- 11) Ober-Wolfertsweiler, W., mit einer Schildwirthschaft und 104 k. Einw., vormals Langnauisch.
- 12) Rattenweiler, W. mit 28 k. Einw. Der Weiler gehörte früher zum Tettnangischen Landwaibelamt. 1 Hof war Langnauisches Schupflehen und es zieht jetzt der Bayerische Religionsfonds zu Lindau die Gefälle davon. Nahe bei R. sieht man noch auf dem steilen, nördlichen Rande des Argenthals die schönen Ruinen der Burg Alt-Summerau, dem Drackenstein gegenüber| und wahrscheinlich, wie jener, auf römischen Grundmauern aufgebaut. Vorn an den Ruinen der Burg stehen noch der Rumpf eines sehr alten, wohl römischen, Thurmes. Die Ruinen wurden bei der neuerdings Statt gefundenen Allodification des Schupflehens, so wie sie bei der Landesvermessung ausgemarkt wurden, von Seiten der Königl. Regierung vorbehalten. Vergl. Neu-Summerau. Alt-Summerau kam mit den dazu gehörigen Gütern zu Rattenweiler etc. ohne Zweifel mit (Neu) Summerau von den Vögten von Summerau an die Grafen von Montfort, s. Summerau. 1440 verlieh Graf Heinrich, und 1445 Graf Rudolph von Montfort dem Hans von Dankertsweiler mehrere Güter zu R. und die von Dankertsweiler saßen auf der Burg A. S. 1493 kauft Graf Ulrich v. Montfort, von Friedrich von Dankertsweiler Haus, Stadel, Weiher, Weingärten, Äcker etc. zu Rattenweiler und Apflau um 800 fl. Über die v. D. s. Ravensb. S. 209.
- 13) Rudenweiler , W. mit 74 k. Einw., u. einer Schildwirthschaft. Die meisten Höfe waren früher Kl. Langnauische Erblehen. (Der Güter des Kl. Schaffhausen zu R. ist schon bei P. 1 gedacht.) Albert, Werner, Rudolph und Heinrich v. R. unterzeichnen 1122 die Stiftungs-Urkunde bei Kl. L.
- 14) Sassenweiler , früher auch Sachsenweiler, W. mit 35 k. Einw. 3 Schupflehen gehörten zu der Fürstl Sigmaringischen, vormals deutschordischen Herrschaft Achberg, 3 Erblehen zu dem Kl. Langnau, jetzt B. Religionsfonds Lindau, die ersteren steuerten nach Altshausen.
- 15) Unter-Langnau, Unter-Langen, W. m. 65 k. Einw., s. P. 1, mit der es alle Verhältnisse theilt.
- 16) Wettis , W. mit 21 k. Einw., s. Degersee u. Summerau.
- 17) Wielandsweiler , W. m. 46 k. Einw. und einer kleinen Kapelle, s. P. 1.
- 18) Wolfratz , W. mit 16 k. Einw. und einer Schildwirthschaft, vormals Kl. Langnauisch.