Beschreibung des Oberamts Weinsberg/Kapitel B 10
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Das freundliche, ziemlich regelmäßig gebaute Marktdorf liegt 23/8 Stunden (geom.) östlich von der Amtsstadt, in und an einem Seitenthälchen der Sulm, welches erst mit dem Wilhelmsbach – parallel mit dem Sulmthale – und durch den von Eichelberg sich herabsenkenden Höhenzug davon geschieden, von Süden nach Norden zieht und dann unterhalb des Dorfes, mit dem Thaleinschnitt des Michelbachs nach Westen umbiegend, unterhalb Affaltrach in das Sulmthal ausmündet. Es schmiegt sich hier in die Ecke ein, welche der von Nordwest herkommende, das Sulm- und Brettachgebiet scheidende Höhenzug bildet, zu einem leichteren Übergang sich verflachend, ehe er südlich wieder in gewaltigeren Massen zu den Löwensteiner Bergen aufsteigt und so in Norden, noch mehr in Ost und Süd-Ost dem Dorfe eine schützende Wand bietet.
Von der Bachsohle leicht ansteigend ziehen sich zwei breite, steinbeschlagene und gekandelte Hauptstraßen in einem stumpfen Winkel gegen Nord und Ost, an deren Einer das gutsherrliche Schloß und etliche recht ansehnliche, zum Theil in städtischem Styl gebaute und verblendete Wohnungen, vermischt mit niedrigeren nur einstockigen, zu beiden Seiten lagern. Die Wohnungen der Israeliten, wenigstens der wohlhabenderen, zeichnen sich gewöhnlich vor den ländlichen ebenso aus, wie die Kleidung ihrer Bewohner vor der der Bauern und Weingärtner. Holzbau ist hier der gewöhnliche, steinerne Unterstöcke sind nicht häufig, mehr steinerne Sockel mit Holzbau.
Von ummauerten Gartenanlagen mit Staketenthor, Gewächshaus, Gartensalon und Vorplatz auf der vordern Seite, von ummauertem Hof mit Ökonomiegebäuden auf der hinteren umgeben, steht das stattliche, dreistockige, im Jahr 1745 von Freiherrn von Killinger durch Leopoldo Retti in italienischem Styl massiv| umgebaute gutsherrschaftliche Schloß an der hier aufwärts ziehenden Hauptstraße des Orts, durch seine Lage und Höhe die übrigen Gebäude überragend.Das v. Hügel’sche Familienwappen ist im Frontispice in Stein.
Im Innern sind sehr viele, elegant eingerichtete Zimmer, und unter dem Schlosse in der ganzen Länge große, geräumige Keller für das gutsherrschaftliche Weinlager, Erzeugniß der gutsherrschaftlichen Weinberge.
Auf der andern Seite der Straße, dem Schloß gegenüber, steht das ansehnliche gutsherrschaftliche Amthaus, in dessen unterem Stock der hier domicilirende Amtsnotar, im oberen der Pfarrer eingemiethet ist, seitdem im Jahr 1842 das alte, unten frei auf Säulen stehende, baufällige Pfarrhaus in der Nähe der Kirche verlassen und, weil das pium Corpus zu einem Neubau auf derselben Area unvermögend ist, provisorisch an einen Bauersmann vermiethet ist. Ein schöner, der Gutsherrschaft vorbehaltener Garten schließt sich hinten an diese hoch und freundlich gelegene Wohnung nebst Ökonomiegebäuden an.
Auf einer leichten Anhöhe am westlichen Ende des Orts steht die geräumige, helle und freundliche Pfarrkirche. Sie wurde nach der Pfarrbeschreibung und nach einem Stein in der Sacristei, der die Jahrzahl 1591 trägt, an der Stelle der alten, ca. 1570–90 erbauten engräumigen Kirche im Jahr 1755 von der damaligen von Killinger’schen Patrimonialherrschaft neu erbaut und der Gemeinde (mit dem Onus fabricae) geschenkt. Die Bauart ist die styllose der damaligen Zeit. Chor ist keiner vorhanden. Das Erdstockwerk vertritt die Stelle der Sacristei, von welcher eine Stiege auf die in der Mitte stehende Kanzel führt. Das Innere des Langhauses, das mit seinen weißgetünchten Wänden nichts Bemerkenswerthes bietet, ist auf beiden Seiten durch hohe, rundbogige Fenster erhellt. Auf der nördlichen Empore ist eine sog. Kirchenstube für die Gutsherrschaft mit Glasfenstern angebracht. An der westlichen Orgelempore ist ein in Holz geschnitztes Bild von David mit einer großen Harfe.
Auf dem ziemlich hohen, an der Ostseite stehenden Thurme mit spitzem Ziegeldach hängen 3 Glocken. Die kleinste, wohl die älteste, trägt die Namen der 4 Evangelisten. Die größte ist 1767 von Metzger in Heilbronn, die mittlere 1793 von Neubert in Ludwigsburg gegossen. Erstere trägt das v. Killinger’sche Wappen mit zwei Sprüchen.
Neben der Kirche, nördlich nur wenige Schritte entfernt, steht das alte zweistockige Schulhaus, in dessen unterem Stock das geräumige, aber niedere Lehrzimmer des Schulmeisters und gegenüber| in einem westlichen Anbau das des Lehrgehülfen sich befindet, während die Wohngelasse der Lehrer oben im zweiten Stocke sind. Die Baulast liegt der Gemeinde ob.Der vom Kirchplatze, nach der am rundbogigen Portal stehenden Jahrszahl im Jahr 1617 wegverlegte Begräbnißplatz ist jetzt außen vor dem Dorfe, westlich von demselben auf einer Anhöhe neben der nach Affaltrach führenden Vicinalstraße, mit einer ziemlich hohen Mauer umfriedigt. In diesem Friedhof sind an der Mauer Monumente von Killinger, von Ziegesar und von Üxküll. Das Onus abricae hat die Gemeinde. Merkwürdig ist die Lapidarschrift v. 1617 neben dem Eingangsthore:
Ihr, die allhier vorübergehet, denkt, wie die Sach mit Euch jetzt stehet,
Wie Wir seynd, so werdet Ihr werden,
Was Ihr jetzt seynd, war’n wir auf Erden. 1617.
Die den Israeliten gehörige kleine Synagoge steht zuunterst am Dorfe, nahe am westlichen Eingang desselben. Unter Einem Dach mit ihr ist seit 1832 ein sehr kleines Lehrzimmer für dermalen nur 13 israelitische Schulkinder. Eine eigene israelitische Schulstelle ist seit 1853 errichtet und der Lehrer, welcher eine gemiethete Wohnung hat, ist zugleich Vorsänger an der Synagoge.
Das schon ziemlich alte Rathhaus der Gemeinde mit dem Magazin für Löschgeräthe und dem heizbaren Ortsgefängniß im unteren Stock und einem geräumigen Rathszimmer im zweiten Stock, steht an der gegen Norden ziehenden Ortsstraße.
Die zwei, früher der Gutsherrschaft gehörigen Ortskeltern sind seit der Ablösung in das Eigenthum der Gemeinde übergegangen. Sie stehen beide in der Nähe der Kirche, die größere mit drei Bäumen und mit der Jahrszahl 1572 auf einem freien Platze vor deren Ostseite, die kleinere mit der Jahrszahl 1604 und mit zwei Bäumen näher an deren Südseite. Beide sind massiv bis an’s Dach.
Ein niedriges Armenhaus steht am westlichen Eingang des Dorfes am Bach.
Das massive Gemeindebackhaus, seit 1858 erbaut, steht an einer Seitengasse der durch den Ort ziehenden Hauptstraße.
Die Gegend, so nahe am Fuß von Bergen, ist reich an Quellen, die aber mit Gypsniederschlag geschwängert sind. Trinkwasser liefern drei öffentliche laufende und gegen 20 Privatpumpbrunnen. Für Feuersgefahr kann der Wilhelmsbach unten am Eingang des Dorfes durch eine Stellfalle geschwellt werden.
Periodisch fließende Quellen finden sich einige auf der Markung.
Mit dem Sulmthale und der Amtsstadt ist der Ort durch eine| Vicinalstraße verbunden, welche über Affaltrach nach Willsbach führt und dort in die Weinsberg-Löwensteiner Poststraße ausmündet. Dieselbe Vicinalstraße vermittelt, nordöstlich nach Scheppach ziehend, die Verbindung mit dem Brettachthale und in ihrer Fortsetzung mit Öhringen, so wie andererseits über Unterheimbach mit dem sogen. Burgfrieden und in ihrem dortigen Ausgangspunkte mit der Löwenstein-Mainhardter Poststraße, die übrigens noch näher über Affaltrach, Weiler, Reisach und die sog. Klostersteige bei Lichtenstern und Hirrweiler gewonnen werden kann.Die Heilbronn-Haller Eisenbahn zieht nördlich an Eschenau vorüber und bekommt hier eine Haltstation.
Die Einwohner sind nicht eben von kräftigem Schlag. Bei den Weingärtnern zeigt sich überhaupt verkümmertes Wachsthum durch harte Arbeit an den Bergen, das sog. Verbutten. Auch Anlage zum Cretinismus kommt hier häufiger vor. Dr. Rösch fand i. J. 1844 unter 951 Einwohnern 8 Cretins = 0,84 Przt. (s. oben Wasser). Epidemische Krankheiten sind selten. Die Vermögensumstände sind im Allgemeinen sehr mittelmäßig. Der ausgedehnteste Güterbesitz beträgt 40 Morgen, der mittlere, gewöhnlichere 20–25 Morgen, der geringste 2 Morgen. Ganz Besitzlose, die, wie die geringern Güterbesitzer, mit Taglohn sich nähren, sind nur 4–5 vorhanden.
Bettelarm, der öffentlichen Unterstützung bedürftig, sind 3–5 Personen vorhanden.
Die Haupterwerbsquellen sind Feldbau, Weinbau und Viehzucht, bei den Israeliten, von denen 4–5 Ökonomie treiben, Handel, besonders Viehhandel.
Außer den Gewerben für die nöthigsten örtlichen Bedürfnisse sind vorhanden: 4 Schild- und 5 Speisewirthschaften, 3 Kaufläden, 1 Krämerei, 1 Ziegelei in Wieslensdorf, 1 Mühle mit zwei Mahlgängen und einem Gerbgang, und 1 Gypsmühle.
Der Ort hat das Recht, alljährlich am 14. März und am 10. Juli einen Vieh- und Krämermarkt zu halten.
Die climatischen Verhältnisse sind bei der geschützten Lage im Ganzen günstig, Frühlingsfröste selten. Hagelschlag kommt ebenfalls sehr selten vor.
Der Boden des Ackerfelds besteht aus einem fruchtbaren, tiefgründigen Diluviallehm, der der Weinberge aus Keupermergel. (S. den allgem. Theil).
Die mit Einschluß von Wieslensdorf 2296 Morgen große Markung enthält: 58 Morgen Gärten und Länder, 606 Morgen flürlich und 98 Morgen willkührlich gebaute Äcker, 284 Morgen Weinberge,| wovon 18 Morgen zu anderen Culturen verwendet sind, 168 Morgen zweimähdige und 178 Morgen einmähdige Wiesen, 476 Morgen Laub- und 318 Morgen gemischte Waldung, 1 Morgen Waiden, 6 Morgen Öde, 1 kleinen Steinbruch und 1 kleine Mergelgrube. Das Areal der Ortschaften beträgt 15 Morgen.Davon gehören dem Staate: 1 Morgen Acker, 86 Morgen Laubwald; der Grundherrschaft: 12 Morgen Gärten, 10 Morgen Äcker, 25 Morgen Weinberge, wovon 2 Morgen zu einer Hopfenanlage verwendet, 6 Morgen zweimähdige und 22 Morgen einmähdige Wiesen, 527 Morgen Laubwald, etwas an Öde und Mergelgrube; der Gemeinde: 17 Morgen Äcker (verpachtet 11 Mrg., der Rest zur Schafwaide), 2 Morgen Wiesen, 12 Morgen Laub- und 104 Morgen gemischte Waldungen, 1 Morgen Waide, etwas Öde, etwas an Steinbruch und Mergelgrube; der Stiftung: etwas Gartenland (Pfarrgarten), über 2 Morgen Äcker, 1/2 Mrg. Weinberg, 21/2 Morgen Wiesen.
Das Ackerland macht über 1/3 der Markung aus. Die hiernach ausgedehnte Landwirthschaft wird, nach dem Beispiel der rationellen gutsherrschaftlichen Wirthschaft, mit Anwendung der neueren, verbesserten Ackergeräthschaften, des Brabanter Pflugs, der Walze u. s. w. fleißig betrieben. Zu Besserung des Bodens kommt außer dem gewöhnlichen Dünger und Pförch auch Gülle, Compost und Gyps in Anwendung. Von Getreidearten baut man vornehmlich Dinkel, Gerste, Haber, Weizen, Einkorn, wenig Roggen. In der fast ganz angeblümten Brache und auf den willkührlich gebauten Äckern kommen vor: Kartoffeln, Futterkräuter, vornehmlich dreiblättriger und ewiger Klee, Angersen, Rüben, etwas Reps, Ackerbohnen, Wicken, Hirsen, neuerdings auch Zuckerrüben (für Heilbronn oder mehr für den eigenen Bedarf), Kraut und Hanf mehr in Ländern und nur für den eigenen Bedarf.
Bei einer Aussaat von 6–8 Simri Dinkel, 3–4 Sri. Gerste, 3 Simri Roggen, 3 Simri Weizen und 5 Simri Haber wird der durchschnittliche Ertrag eines Morgens zu 9 Scheffeln Dinkel, 6–7 Scheffeln Gerste, 4 Scheffeln Roggen und 8–9 Scheffeln Haber angegeben. Die besten Felder liegen gegen Affaltrach. Der höchste Preis eines Morgens Acker beträgt 6–700 fl., der mittlere 400 fl., der niederste 250–300 fl. Das über den eigenen Bedarf gewonnene Getreide findet Absatz bei den Bäckern der Nachbarschaft, welche in dem Ort aufkaufen.
Zum Ackerbau werden mehr Ochsen, Stiere, auch Kühe (mit dem einfachen Joche) als Pferde, welche ohnehin seltener sind,| gebraucht. Bei Unebenheiten wird die Spathe und Handegge angewendet. Zur Erndte bedient man sich durchgängig der Sichel.Die Wiesen betragen über 1/6 der Markung. Die besten liegen im Thaleinschnitt des Michelbaches und bedürfen eher der Entwässerung, als der Bewässerung. Die einmähdigen liefern gar oft auch Öhmd. Der durchschnittliche Ertrag eines Morgens von den zweimähdigen Wiesen wird zu 30 Ctr. Heu und 18–20 Ctr. Öhmd angeschlagen. Die Preise eines Morgens Wiesen bewegen sich zwischen 200 und 500 fl.
Die Weinberge machen ungefähr den 8. Theil der Markung aus. Sie liegen sehr günstig, zumeist am südlichen Abhang des obgedachten, von Nord-Westen herkommenden Höhenzuges und liefern einen Wein, welcher schon bei der amtlichen Classifikation von 1809 in die zweite Classe, aber als annähernd an die erste gesetzt wurde und sich seither, wenigstens was den rationell bereiteten gutsherrschaftlichen und den sog. Salzberger betrifft, unstreitig in die erste erhoben hat.
Die Bauart ist die im Unterlande gewöhnliche; auf einen Morgen kommen ungefähr 2800 Stöcke zu stehen und die Reben werden über den Winter bezogen. Gepflanzt werden vorzüglich Silvaner, Elblinge, Gutedel – aber auch Trollinger, Clevner, Rißlinge und Traminer kommen nicht selten vor.
Der durchschnittliche Ertrag eines Morgens wird in günstigen Jahren zu 4–5 Eimern angeschlagen. Die Preise eines Eimers betrugen 1846 50–52 fl., 1847 gegen 20 fl., 1849 gegen 20 fl., 1850 12–15 fl., 1852 25 fl., 1857 45–46 fl.
Die beste Lage hat der sog. Salzberg, mit Affaltrach getheilt, am südlichen Abhang des Michelbacher Thälchens.
Die Preise eines Morgens Weinberg bewegen sich zwischen 6 bis 800 fl. Der Wein wird hauptsächlich in’s Hällische und nach Stuttgart abgesetzt, wo die Gutsherrschaft eine eigene Kellerei und Weinniederlage hat.
Die Obstzucht ist sehr bedeutend. Man zählte im Jahr 1854 auf der Markung 5500 Kern- und 2000 Steinobstbäume mit einem ungefähren Ertrag von 2500 und 150 Simri. Außer den gewöhnlichen Mostsorten kommen, besonders in den gutsherrschaftlichen Gärten, auch recht edle Sorten von Tafelobst vor, wie Bostdorfer, Reinetten, Rosenäpfel, Gaishirtlen etc. Außer Pflaumen, Aprikosen, Pfirsichen, finden sich auch schönwüchsige Nußbäume. Die Gutsherrschaft hatte in einem Garten eine eigene kleine Baumschule. Sonst| werden die Jungstämme in den Weinbergen gezogen. Die Vicinalstraße ist mit schönen Obstbäumen bepflanzt.Was von Obst nicht zum Mosten verwendet wird, findet Absatz in der Umgegend und besonders in der oberen Region des Oberamtsbezirkes.
Die der Gemeinde gehörigen 116 Morgen Wald gewähren in alljährlichen Schlägen einen Erlös für die Gemeindekasse von ungefähr 400 fl. Daneben wird auch Laubstreue daraus gewonnen.
Das Waidrecht auf der Markung hatte die Gutsherrschaft. Von ihr hat es seit 1855 die Gemeinde erworben und verpachtet jetzt die Waide an einen Schäfer, welcher derzeit 213 spanische, 63 Bastardschafe und 1 Landschaf darauf laufen läßt und hier auch überwintert. Die Gemeinde bezieht ein jährliches Pachtgeld von 200 fl. und für Pförchnutzung 300 fl. Wolle und Schafvieh wird auf den Wolle- und Schafmärkten von Heilbronn abgesetzt.
Von dem kleinen Steinbruch, welcher schöne Bausteine liefert, hat die Gemeinde einen Ertrag von jährlich 10 fl.
Pferdezucht wird nicht getrieben. Es waren bei der letzten Zählung im Ganzen 24 Pferde vorhanden, worunter 5 Stuten.
Desto bedeutender ist die Rindviehzucht. Man zählte neuestens 363 Stücke, worunter 3 Farren, 39 Ochsen und Stiere, 194 Kühe, 123 Stück Schmalvieh, 4 Kälber. Vorherrschend ist der sogenannte Neckarschlag, der durch 3 Landfarren nachgezüchtet wird. Die drei Zuchtfarren werden von einem Ortsbürger gehalten, wofür ihm die Gemeinde die Nutznießung von 12 Morgen Äckern und Wiesen überläßt.
Viehmastung kommt hauptsächlich in der gutsherrschaftlichen Maierei vor. Viehhandel – besonders durch die sich damit beschäftigenden hiesigen Israeliten – ist bedeutend. Es sind hier zwei eigene jährliche Viehmärkte.
Schweinszucht ist nicht unbedeutend. Man zählte hier bei der letzten Aufnahme 114 Stücke, worunter 1 Mutterschwein, 65 Mast-, 48 Milchschweine und Läufer, meist von der Haller Race, seltener von englischen Bastarden, welche von außen her angekauft werden. Was nicht für’s eigene Haus gemästet wird, findet guten Absatz bei den Metzgern der Umgegend.
Ziegen, welche von den Ärmeren der Milch wegen gehalten werden, wurden bei der jüngsten Zählung 37 gefunden.
Auch die Bienenzucht ist von einigem Belang und wird von Einzelnen nach neuerer rationeller Methode getrieben. Es fanden sich bei der letzten Aufnahme 59 Bienenstöcke vor.
| Geflügel wird ziemlich viel gezogen und damit, sowie auch mit Eiern, ein kleiner Handel getrieben.
Der Ort ist der Sitz eines Amtsnotars, zu dessen Bezirk die umliegenden Orte Affaltrach, Bitzfeld, Bretzfeld, Dimbach, Eichelberg, Geddelsbach, Rappach, Scheppach, Unterheimbach, Waldbach, Weiler und Wimmenthal gehören.
Steinerne Brücken hat die Gemeinde zwei, an hölzernen sechs kleinere zu unterhalten.
Das Vermögen der Stiftung ist unbedeutend.
An Gemeindeschaden werden ca. 1800–2000 fl. umgelegt. An Armenstiftungen sind ungefähr 100 fl. vorhanden.
Gefällberechtigt waren zur Zeit der Ablösungs-Gesetze von 1848/49:
- für Zehnten:
a) Freiherr von Weiler, b) von Hügel, c) Cameralamt, d) Pfarrei Eschenau;
- für andere Gefälle:
a) von Hügel, b) die Stiftungspflege Affaltrach, c) der Staat, d) die Stiftungspflege Weiler, e) von Gemmingen, f) von Weiler, g) die Stiftungspflege Eschenau.
2) Wieslensdorf, Weiler, Filial mit 85 Einwohnern, liegt 1/2 Stunde (geom.) nordöstlich vom Mutterort, auf einer Anhöhe, welche die Wasserscheide zwischen Sulm und Brettach bildet und wo sich der von Nord-Westen her ziehende Höhenzug wellenförmig etwas verflacht, ehe er unweit davon südlich in die hohen waldigten Vorsprünge der Löwensteiner Berge aufsteigt.
Der Ort ist mit fruchtbaren Feldern und mit Gärten, aber nicht mehr mit Weinbergen umgeben und hat ziemlich ansehnliche ländliche Gebäude. Seine höhere und freiere Lage bewahrt die Bewohner vor den nachtheiligen Einflüssen, welchen die Bewohner des Mutterorts unterworfen sind. Sie sind im Allgemeinen kräftiger und gesünder; auch kommt die Anlage zum Cretinismus hier nicht vor.
Die Vermögensverhältnisse sind im Allgemeinen hier ebenfalls günstiger. Haupterwerbsquellen sind Ackerbau und Viehzucht. Es besteht eine Speisewirthschaft.
Trinkwasser erhält der Ort in guter Qualität von zwei öffentlichen und einem Privatpumpbrunnen.
3) Der Waldhof, mit nur 3 Einwohnern, ist vom Mutterort in gerader Linie stark 3/4 Stunden entfernt und in dem sog. Bonzig,| mittelst Ausrodung von ca. 150–60 Morgen Waldung i. J. 1851 von der von Hügel’schen Gutsherrschaft angelegt worden. Er besteht aus einem neuen Wohn- und zwei Ökonomiegebäuden, alles von Stein, hat einen laufenden Brunnen nebst Fischteich an dem Haus und Springbrunnen darin. Die Felder, Lehm- und Sandboden, sind nicht unergiebig.Eschenau gehörte zur Grafschaft Löwenstein, von der es zu Lehen rührte. Im 13. und 14. Jahrhundert kommen als Löwenstein’sche Vasallen eigene Herren von Eschenau vor, welche auf der hiesigen Burg saßen. Bekannte Taufnamen sind unter Anderen Ulrich (1257, Acta Teod. Pal. 1, 353), Heinrich (1262, Heinricus de Esshenowe miles dictus Brukezzel. Mone Zeitschr. 5, 201), Rüdiger (1292). Letzterer schenkte 1300 dem Kloster Lichtenstern bei Aufnahme seiner Tochter einen Hof in Affaltrach, welchen Konrad von Weinsberg als sein Lehen dem Kloster eignete, und trug diesem dafür in Eschenau eine Mühle, einen Weinberg und 12 Morgen Äcker auf. In den 1350er und 1360er Jahren erscheinen Kraft von Eschenau[1], in der Mitte des 15. Jahrhunderts Wendelin, Schultheiß zu Hagenau in Elsaß 1444 (Schoepfl. Als. ill. 2, 644), † vor 1455, und die Gebrüder Ludwig und Kraft, letztere drei als Inhaber von Reichslehen bei Hagenau (Chmel. Reg. Frid. IV. Nr. 3286. 3288). Noch im Jahr 1565 lebte ein Ludwig von dieser Familie (Brebis Beschr. des Sauerbronnens zu Jebenhausen 53).
Mit Zehntantheilen in Eschenau wurden die von Weiler von denen von Weinsberg, später von Kurpfalz, seit 1504 von Würtemberg belehnt. 1293 hatte Hartmann von Helfenberg an dem hiesigen Zehnten einen Antheil, den er der Kirche in Affaltrach schenkte.
Von benachbarten Klöstern waren allhier begütert: Lichtenstern (erkaufte 1302 einen Hof), Gnadenthal (1266), Schönthal (vor 1237. 1290).
Das von der Burg sich nennende Geschlecht veräußerte selbst noch seinen Stammsitz. – Im J. 1436 verkaufte Graf Heinrich von Löwenstein Burg und Dorf Eschenau auf Wiederlosung an Schwigger von Helmstadt (Acta. Theod. Pal. 1, 347). K. Maximilian I. belehnte die Gutsbesitzer mit dem Blutbann ([Heinr. Aaron Spittler] Betrachtungen über den Blutbann der Reichsritterschaft 28). Von| den Herren von Helmstadt kam Eschenau an die Herren von Gemmingen. In einem Bericht vom Nov. 1534 heißt es:„Eschenau gehört Philipp von Gemmingen. Da ist ein wüster Burgstadel, der im Pfälzer Krieg 1504 zerstört wurde.“
Pleickhard von Gemmingen erbaute das Schloß auf der Area des wüsten Burgstadels und 1573 stiftete (nach dem Lagerbüchlein) derselbe die Pfarrei und ernannte einen Pfarrer. 1594 vererbte er das Dorf auf seine drei Söhne. Im Jahr 1650 erkaufte die Gutsherrschaft von Wolf Friedrich und Weirich von Gemmingen der württembergische Generallieutenant Freiherr Friedrich von Moser, Kriegsrathspräsident und Obervogt zu Schorndorf, † 1671. Von dessen Sohne, Bernhard Friedrich Moser von Filseck, Obervogt zu Backnang, † 1705, erhielt sie durch Heirath mit seiner Tochter Sophie Magdalene Freiherr Carl Sigmund von Ziegesar, † 1729, brand. anspach’scher Geheimerath. Dieser verkaufte das Gut, ungeachtet es Familienfideicommiß für die Moser’sche Familie seyn sollte[2], an den Grafen, nachherigen Fürsten von Öttingen-Spielberg, letzterer an den Geheimerath von Berlichingen und den Oberkriegs-Commissär von Killinger. Darauf vererbte sich Eschenau mit Wieslensdorf in der Killinger’schen Familie (Cast Badisches Adelsbuch 268). Carl Friedrich Johann von Killinger verkaufte das Gut im Jahr 1806, wo eben der bisher zum Ritter-Canton Kraichgau gehörige Ort von den bisher reichsunmittelbaren ritterschaftlichen Erbherren unter württembergische Landeshoheit gekommen war, an den württembergischen Staatsminister, Freiherrn Fried. Emich Joh. von Üxküll-Gyllenband († 1810). Durch Verheirathung mit dessen Enkelin Marie, Freiin von Üxküll-Gyllenband (1831), kam es an Freiherrn Albert v. Hügel, K. Kammerherrn und Rittmeister a. D., der noch jetzt in seinem Besitze ist. (Staatsrechtl. Verhältn. Reg.-Bl. v. 1823. S. 286. 294.)
Eschenau war vor der Reformation Filial von Affaltrach, welches 1/4 vom großen Zehnten eines eigenen Distrikts bezog, bis zur Reformation unter den Voreltern des Stifters einer eigenen Pfarrei, Pleickhard von Gemmingen 1573, s. oben (Lagerbuch von 1603). Der neugestifteten Pfründe wurden, „wie man vermaint“, von Dietrich Wolf und Philipp von Gemmingen in ihrer| brüderlichen Theilung Früchte und flürliche Gülten von Lehrensteinsfeld, Nordheim und Schotzach zugewiesen, welche auf v. Gemmingen’schen Gütern hafteten und erst 1848/49 für die Pfarrei zur Ablösung kamen.Mit der Mediatisirung des vormals reichsunmittelbaren Adels 1806 kam die Pfarrei an das Decanat Weinsberg. Das Patronat steht dem Gutsherrn, Freih. v. Hügel, zu, welcher mit der evangelischen Oberkirchenbehörde einen Nominationsvertrag, wie Freiherr von Weiler, schloß, kraft dessen die Pfarrei in den Verband mit dem württembergischen Besoldungsverbesserungsfonds aufgenommen wurde und der Patron Einen von drei ihm vorgeschlagenen befähigten Candidaten nominirte. 1854.
- ↑ 1353. Wibel 4, 26. Dagegen gehören dem fränkischen Eschenau an die im 12 und 13. Jahrhundert vorkommenden Otnande von Eschenau. Mon. Boic. 13, 115. 169. 180. Hanselmann Landeshoh. 1, 400.
- ↑ Über den deshalb beim Reichshofrath anhängig gemachten Prozeß s. J. J. Moser Einleitung zu dem Reichshofrathsprozeß. 1. Aufl. 1733. Thl. 2. Anhang. Vergl. überhaupt J. J. Moser General-Nachrichten von seiner Familie 69–75.
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