Boetticher:Pecht, August Friedrich

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Pechmann, Heinrich Freih. von Malerwerke des neunzehnten Jahrhunderts – Zweiter Band (1898) von Friedrich von Boetticher
Pecht, August Friedrich
Peck, Orrin
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[231] Pecht, August Friedrich, Historien- u. Portraitmaler, Zeichner und Kunstschriftsteller, geb. zu Konstanz am Bodensee am 2. Oct. 1814, ging im Oct 1833 über Lindau nach München, wo er in der Akademie gleich Aufnahme fand u. sogar am Abendactzeichnen teilnehmen durfte, bei welchem Schnorr, Heinr. Hess u. der Bildhauer Eberhard corrigirten, während Professor Clemens Zimmermann durch seine Fresken im Corridor der Bibliothek fast völlig in Anspruch genommen war. Nach mehrmonatlichem Besuch der Akademie trat P. in die lithograph. Anstalt Franz Hanfstaengl’s in München, dem er 1835 auch nach Dresden folgte, um demselben bei der lithographischen Ausgabe des Dresdner Galeriewerkes behilflich zu sein. Während seines Dresdner Aufenthaltes, der bis 1837 dauerte, besuchte P. die Berliner ak. KA. von 1836, befreundete sich mit Ludwig Richter u. Rietschel und malte mehrere Portraits, welche Tätigkeit er 1838 u. 1839 mit Erfolg in Leipzig fortsetzte. 1839–41 war er unter Delaroche, in dessen Atelier er trat, bei Winterhalter u. Delacroix in Paris tätig, wo er auch des Umgangs mit Laube, Richard Wagner und Heine genoss. 1841–42 lebte er als Genre- u. Portraitmaler in seiner Vaterstadt, 1843–44 in gleicher Tätigkeit in München, hier Kaulbach u. Genelli näher tretend. Noch 1844 folgte er einem Ruf nach Leipzig, um mehrere grosse Bildnisse zu malen, deren Ausführung bis 1846 dauerte. Hier verkehrte er mit Moritz Hartmann, Alfred Meissner, Auerbach und Freytag und war 1845 auch mit Preller in Weimar bekannt geworden. 1846–47 lebte er wieder in Dresden in einem Kreise, dem Hänel u. Schnorr angehörten, und von hier aus unternahm er seinen ersten Ausflug nach Italien. Das nächste Jahr (1848) führte ihn auf kurze Zeit nach London, 1848–49 war er in Frankfurt a. M. und kehrte nach einem Besuch in Constanz in letzterem Jahre nach Dresden zurück, wo er bis 1851 blieb u. ausser anderen Arbeiten ein Genrebild aus dem Befreiungskriege malte. Die Jahre 1849–51 waren Italien gewidmet. Aus der Zahl der Künstler, die ihm hier begegnet, seien Passini, Ruskin, Overbeck, Alfred Rethel, Karl Werner und Swertschkow genannt. Seine Rückreise machte er über Wien nach München, das er 1854 zu dauerndem Aufenthalt wählte, wenn derselbe auch durch Reisen nicht selten unterbrochen wurde, wie durch die nach Ostende, Wien und den Besuch der Pariser WA. von 1867, welchem wir Pecht’s „Pariser Briefe“ danken. Im August 1869 u. mehrere folgende Sommer weilte er in Konstanz, mit Ausmalung des berühmten Conciliumssaales daselbst beschäftigt, im Mai 1879 reiste er nochmals nach Italien, 1883 endlich über Hamburg u. Bremen zur WA. nach Amsterdam. Pecht ist Badischer Hofmaler u. besitzt die Med. des Wiener WA. 73.

I. Oelgemälde.[Bearbeiten]

1. Frömmigkeit u. Koketterie. – Leipz. KA. 41.
2. Ein Dienstmädchen betrachtet einen Kranz, den sie im Zimmer einer Braut gefunden. – Karlsr. KV. 44, angek. f. d. Verlosung.
3. Krönung Goethe’s durch Corona Schröter im Park zu Tieffurt nach Aufführung der Iphigenia. – Anfang 1848 in Leipzig ausgestellt.
4. Familienscene in Preussen bei Ausbruch des Befreiungskrieges 1813. Die Tochter opfert ihren Schmuck, während der Sohn, bereit als Landwehrmann in’s Feld zu ziehen, den Segen des Vaters erbittet. – Dresd. ak. KA. 51.
5. Episode aus dem Einzuge der österr. Truppen in Venedig 1849. Bez: Fr. Pecht p. 1854. h. 1,63, br. 2,16. E: Rudolphinum Prag seit 1882. Eine als „Uebergabe Venedig’s an Radetzky“ bezeichnete Wiederholung in der Gal. zu Oldenburg befand sich auf der Oldenb. KA., Sommer 85. Galvanogr. von L. Schöninger. roy. qu. fol.
6. Goethe am Hofe Carl Friedrich’s, Markgrafen v. Baden, 1775, bei Anwesenheit Carl August’s von Sachsen-Weimar, sein Faust-Fragment vorlesend. Bez: Fr. Pecht pt. E: Grossh. v. Baden. – Münch. KV., Sommer 60; Stuttgart 1860; Kölner allg. d. u. histor. KA. 61; Par. WA. 67. Eine etwas veränderte Wiederholung: Wiener int. KA. 69. Nach dieser Wiederholung gest. von H. Droehmer. imp. qu. fol.
7. Schiller’s Empfang in Mannheim nach der ersten Aufführung der „Räuber“. Vollendet 1865. Ausgestellt in Stuttgart im Gebäude der Kunstschule 66.
8. Heinrich VIII. mit Anna Boleyn auf dem Feste des Cardinals Wolsey. Der König führt sie zum Tanz. Etwas mehr als Halbfiguren. Bez: Fr. Pecht. h. 0,27, br. 0,39. E: Galerie Schwerin. Stahlstich von J. L. Raab in Brockhaus’ „Shakespeare-Galerie“, qu. fol. – Wiener JA. 71; Hamb KA. 72.
9. Lear mit Cordelia. Shakespeare’s „König Lear“, V. Act.
10. Intérieur, Herbst.
9 u. 10 Wiener WA. 73.
11. Prinz Heinz am Sterbebette seines Vaters, Heinrich’s IV., dessen Ratschläge empfangend. Nach Shakespeare’s „Heinrich IV.“, zweiter Teil. Gest. von J. Bankel. qu. fol. – Münch. KV. 73; Münch. Local-A. der Kunstgenossenschaft 75; Stuttg. KV., Anfang 78.

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12. Der Wirtin Töchterlein. Nach Uhland. Aus früherer Zeit.
13. Intérieur aus dem Dogenpalast zu Venedig. h. 0,57, br. 0,71. – Lepke’s Berl. K.-Auct., 9. Dec. 90.

II. Wandgemälde.[Bearbeiten]

1. Fresken im Maximilianeum zu München: 12 Figuren von Staatsmännern u. Feldherren. 1871 vollendet.
2. Fresken aus der Geschichte der Stadt Konstanz, 20 Compositionen, welche in dem von der Stadt restaurirten Conciliumssaal seit dem August 1869 friesartig zur Ausführung gelangten. Zur Mitarbeit an dem grossen Werke hatte Pecht den Historienmaler Friedrich Schwörer berufen, der eine Reihe sehr tüchtiger Bilder lieferte. Unter den von Pecht gemalten Bildern befinden sich:
a) Huss auf dem Scheiterhaufen 1415.
b) Der Triumphzug des 1418 zu Konstanz erwählten Papstes Martin V., bei welchem Kaiser Sigismund u. der Bayernherzog die Zügel halten.
c) Die Verteidigung der Staat Konstanz gegen die Schweden unter Horn 1633.
d) Empfang Kaiser Wilhelm’s I. bei seinem Besuch der Stadt 1871. Die letztgenannte Darstellung, welche die Grossherzogin von Baden gestiftet, wurde 1874 vollendet.

III. Zeichnungen.[Bearbeiten]

1. Bilder zur „Schiller-Galerie. Charaktere aus Schiller’s Werken. Gezeichnet von Friedrich Pecht u. Arthur von Ramberg. Fünfzig Blätter in Stahlstich mit erläuterndem Texte von F. Pecht“. Leipzig 1859. gr. 4. Die von Pecht gelieferten 31 Zeichnungen sind:
a) Friedrich Schiller. Gest. von J. L. Raab.
b) Charlotte von Lengenfeld. Gest. von A. Fleischmann.
c) Drei Zeichnungen zu den „Räubern“. Gest. von L. Sichling, A. Schultheiss u. J. L. Raab.
d) Vier Bll. zur „Verschwörung des Fiesco“. Gest. von M. Lämmel, C. Geyer, Ch. Jaquemot u. A. Fleischmann.
e) Zwei Bll. zum „Don Carlos“. Gest. von J. L. Raab u. A. Schultheiss.
f) Sieben Bll. zum „Wallenstein“. Gest. von C. Gonzenbach, C. Geyer (3), H. Merz, M. Lämmel u. A. Schultheiss.
g) Ein Bl. zu „Maria Stuart“. (Mortimer.) Gest. von A. Fleischmann.
h) Fünf Bll. zur „Jungfrau von Orleans“. Gest. von G. Goldberg, L. Sichling, A. Schultheiss, V. Froer u. H. Merz.
i) Sechs Bll. zum „Teil“. Gest. von J. L. Raab, A. Fleischmann (2), G. Gonzenbach, A. Rordorf u. H. Merz.
k) Ein Bl. zum „Demetrius“. Gest. von L. Sichling.
2. Bilder zur „Goethe-Galerie. Charaktere aus Goethe’s Werken. Gezeichnet von Friedrich Pecht u. Arthur von Ramberg. 50 Blätter in Stahlstich mit erläuterndem Texte von Fr. Pecht“. Leipzig, gr. 4.
3. Bilder zur Lessing-Galerie. Gezeichnet von Friedrich Pecht u. Arthur v. Ramberg. 30 Blätter in Stahlstich mit erläuterndem Texte von Fr. Pecht. Leipzig 1857. gr. 4.
4. Bilder zur Shakespeare-Galerie. Gezeichnet von Max Adamo, Heinr. Hofmann, H. Makart, Fr. Pecht, Fr. Schwörer u. H. Spiess. Von Pecht sind folg, neun Bll.: Hamlet, König Lear, Richard II., Heinrich IV. (2. Teil), Heinrich V., Heinrich VI. (1. Teil), Richard III., Heinrich VIII, Ende gut, alles gut. 36 Blätter in Stahlstich mit erläuterndem Text von Fr. Pecht. Leipzig, gr. 4.
5. Portr. des Historikers Fr. Chr. Dahlmann. 1837 nach dem Leben gez. u. lithographirt.
6. Heinr. Heine. Brustb. nach rechts, 1840 in Paris entstanden. Lith. von P. Rohrbach. fol.

IV. Schriften.[Bearbeiten]

1. Südfrüchte. Skizzenbuch eines Malers. Begonnen während seines Aufenthaltes in Italien 1849–51. Leipzig 1854. 2 Bde.
2. Venedig’s Kunstschätze. Herausgegeben vom Oesterr. Lloyd. Mit Stahlstichen von Merz, Raab etc. Triest 1860. 4.
3. Die moderne Kunst auf der int. Kunstausstellung zu München 1863. 8.
4. Kunst und Kunstindustrie auf der Weltausstellung von 1867. Pariser Briefe von Friedrich Pecht. Leipzig 1867. 8.
5. Kunst und Kunstindustrie auf der Wiener Weltausstellung 1873. Stuttgart 1873.
6. Kunst und Kunstindustrie auf der Pariser Weltausstellung 1878.
7. Deutsche Künstler des 19. Jahrhunderts. Studien u. Erinnerungen. Nördlingen, 1877–85. 4 Bde. 8.
8. „Die Kunst für Alle“. Erscheint seit 1885 in jährlich 24 Heften. 4.
9. Geschichte der Münchener Kunst im 19. Jahrhundert. Mit 40 Bilderbeilagen u. zahlreichen Abbildungen im Text. München 1887–88. kl. 4.
10. Aus meiner Zeit. Lebenserinnerungen. München 1894. 2 Bde. 8.

Pecht war seit 1853 italienischer Correspondent, 1854–58 Mitarbeiter der „Allgemeinen Zeitung“, sowie er auch der „Zeitschrift f. bild. Kunst“, Bd. VI. einen Beitrag „Zur Charakteristik Moritz v. Schwind’s“ (mit Vignette u. einem Kupferstich), Bd. VIII. eine Abhandlung über „Anselm Feuerbach“ (mit Illustrationen) etc. lieferte. Trotz seines hohen Alters erfreut sich der Autor einer seltenen Rüstigkeit u. geistigen Frische.