Boetticher:Pforr, Franz

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Pfnorr, Rudolf Malerwerke des neunzehnten Jahrhunderts – Zweiter Band (1898) von Friedrich von Boetticher
Pforr, Franz
Pfyffer, E.
  Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

[264] Pforr, Franz, geb. zu Frankfurt a. M. am 5. April 1788, gest. zu Albano am 16. Juni 1812, der jüngere Sohn des 1798 gestorbenen Pferdemalers Joh. Georg Pforr, erhielt den ersten Zeichnenunterricht von seinem Vater, den er jedoch schon im 10. Lebensjahre verlor. Nachdem auch die Mutter ihm entrissen, vertrauten seine Vormünder, Passavant u. Schöff Sarasin, den Knaben der Pflege u. Lehre seines Oheims mütterlicherseits, des Gal.-Inspectors Joh. Heinr. Tischbein des jüngeren zu Cassel an, um ihn, seiner Neigung gemäss, zum Maler auszubilden. Im Spätherbst 1805 schon bezog Pforr die Wiener Akademie, wo er unter Leitung des Directors Füger bei Prof. Maurer seine Studien fortsetzte, Eberh. Wächter kennen lernte u. im folgenden Jahre mit Overbeck den innigsten Freundschaftsbund schloss. Durch die auf der Akademie herrschende Richtung unbefriedigt, suchten die Freunde in Gemeinschaft mit gleichstrebenden Genossen durch wetteifernde häusliche Studien die akademischen zu ergänzen. So wurden sie zu Gründern der am 10. Juli 1809 zu Wien entstandenen Lukas-Bruderschaft, welche jedem Mitgliede zur Pflicht machte, „die Empfindling durch Nachdenken u. nähere Erkenntniss ihrer selbst zu festigen“. Grundsatz, nicht Gefühl müsse oberste Norm sein. Zu den ersten Mitgliedern der Lukas-Bruderschaft gehörten die Maler Wintergerst, Ludwig Vogel, Hottinger u. Sutter, alle Overbeck u. Pforr eng befreundet. Am 15. Mai 1810 traten Overbeck, Pforr, Hottinger u. Vogel ihre längst geplante Reise nach Rom an, das sie am 20. Juni durch die Porta del Popolo betraten. Nachdem sie schon auf ihrem Wege über Graz, Laibach, Triest, Pordenone, Venedig, Bologna u. Urbino die reichsten Eindrücke empfangen, begannen sie in Rom ein durch Natur u. Kunst stets aufs Neue angeregtes Leben voll ernster Arbeit, das im ehemal Kloster S. Isidoro eine Hauptstätte fand und durch den Beitritt deutscher Künstler zu den „Klosterbrüdern" oder „Nazarenern" zu kunstgeschichtlicher Bedeutung gelangen sollte. Die Zahl der Werke Pforr’s ist keine grosse und beschränkt sich meist auf Zeichnungen nach biblischen Motiven u. nach Goethe’s „Götz von Berlichingen“. Zu Overbeck’s „Germania und Italia" in der Neuen Pinakothek zu München hatte Pforr durch die von ihm verfasste kleine Schrift „Sulamith u. Maria", welche er am 25. Sept 1811 dem Freunde überreichte, die Idee gegeben. Er starb bald nach Vollendung des 24. Lebensjahres.

Auf Overbeck’s Anregung veranstaltete der Frankfurter Kunstverein nach Pforr’s Handzeichnungen u. Skizzen im Besitz der Frau Thomas, des Herrn Sarasin u. Overbeck’s selbst eine Reihe von Stichen u. Lithographien, welche den Vereinsmitgliedem der Jahre 1832, 1834 u. 1835 zuteil wurden.

I. Oelgemälde.[Bearbeiten]

1. Genrebild. Eine Dachkammer, in welcher ein Mädchen bei brennender Lampe sitzt, während ein in einen Mantel gehüllter Mann eilig eintritt. Am Boden stehen Bilder und durch das Fenster sieht man die Dächer der Nachbarhäuser. Es ist Winter u. hier u. da blitzt ein beleuchtetes Fenster auf. E: Dr. E. Roberth. – Frankf. histor. KA. 81.
2. Wallenstein in der Schlacht bei Lützen (nach dem 6. Auftritt in „Wallenstein’s Lager"). Ausgestellt im Frankf. Museum 1808.
3. Rudolf v. Habsburg schenkt sein Ross einem Geistlichen, der das Allerheiligste trägt. Nach Schiller’s Ballade. h. 0,45, br. 0,56. E: Städel’sches Kunst-Institut zu Frankf. a. M., Geschenk von Ferd. Prestel 1856.

[265]

4. Einzug Rudolfs v. Habsburg in Basel 1273. Unvollendet gebliebenes Oelgemälde, das aus dem Nachlasse des Schöffen Sarasin an Dr. Böhmer überging, der es der histor. Samml. Fankfurt’s zuwandte, wo es sich jetzt befindet. – Frankf. histor. KA. 81.

II. Zeichnungen.[Bearbeiten]

1. Selbstportrait des Künstlers, Bleistiftumriss. fol. War bis zum Mai 1870 im Besitz des Dir. C. Schuchardt in Weimar.
2. Compositionen u. Handzeichnungen aus dem Nachlasse von Franz Pforr. In Stichen von F. Ruscheweyh u. A. Herausg. vom KV. zu Frankf. a. M. gr. fol. 1832, 1834, 1835.
Heft I.
1) Allegor. Composition: Verschmelzung der altdeutschen u. altitalienischen Kunst. (Dürer u. Rafael knien vor dem Throne der Kunst, welche ihre Namen u. Verdienste verzeichnet). Im Hintergr. Nürnberg u. Rom. Die Orig.-Zeichn. im Besitz der Frau Schöff Thomas in Frankf. a. M. Gest. von Hoff jun.
2)–4) Darstellungen (Bleistiftzeichnungen) aus Goethe’s „Götz von Berlichingen“ (eine Compos. im II. Heft):
2) Götz u. Bruder Martin, Herberge im Walde. Gest. von C. Müller.
3) Der Knappe Georg, dem Götz u. Selbitz die Nachricht vom Abfall Weisslingen’s überbringen. Im Spessart. Gest. von S. Amsler.
4) Die Nürnberger Kaufleute vor Kaiser Maximilian im Garten zu Augsburg. Gest. von H. Merz.
5) Darstellung aus der Reformationsgeschichte der Schweiz: Der Schultheiss Wengi schützt die Protestanten in ihrem Versammlungshause zu Solothurn gegen den Angriff der Katholiken. Die Zeichn. war im Besitz Overbeck’s. Lithogr. von Dielmann.
6) Composition zum Brief Pauli an Titus Cap. 2, V. 3–5. Bez: FP 1810. Nach der Zeichn. im Besitz Overbeck’s radirt von H. Merz.
Heft II.
1) Die weiblichen Tugenden Reinheit, Frömmigkeit, Treue. (Drei Jungfrauen Hand in Hand in einem Garten vor einer Burg stehend). Gegenstück zu Heft I, 6). Bez: FP 1810. Nach der Zeichn. bei Overbeck radirt von H. Merz.
2) Die Freundschaft. (Zwei sitzende, sich die Hände drückende Frauen). Nach der Zeichn. bei Overbeck gest. von Kramp.
3) Der heil. Sebastian. Bleiz. Unter Leitung Schiffer’s gest von C. Müller 1834.
4) Die Bauernhochzeit aus Goethe’s „Götz v. Berlichingen“ (Folge von 2)–4) des I. Heftes. Gest. von E. Schäfer. Die vier Orig.-Zeichnungen zum „Götz“, welche Schöff Sarasin als Vermächtniss des Künstlers besass, wurden von Sarasin’s Erben an Unbekannte verkauft. Jetzt Eigentum der Frankfurter Künstlergesellschaft.
5) Die Legende vom Ritter, der seine fromme Hausfrau dem Teufel verschrieben hat. Darstellung des Moments, wo der Teufel sich ihrer bemächtigen will, statt ihrer aber die heil. Jungfrau erblickt. Die Orig.-Zeichn., bez: Rom 1810, früher im Besitz des Schöffen Sarasin, wurde von den Erben desselben verkauft. Gest. von F. Ruscheweyh. Neustrelitz 1833. qu. fol. – Frankf. KV. f. 1834.
„Der heil. Sebastian“, die „Legende“ u. Fünf Compositionen zu „Götz v. Berlichingen“, alle Bleistiftzeichnungen, waren auf der Frankfurter histor. KA. 81.
3. Scene aus „Genoveva“. F. Pforr inv. Gest. von F. Ruscheweyh. qu. fol.
4. Eine alte Frau im Lehnstuhl unterweist Frauen u. Kinder. Radirung. fol.
5. Fra Angelico da Fiesole, Michelangelo und Rafael über der ewigen Stadt thronend. Bleizeichnung. War dem verstorb. Passavant als Vermächtniss zugefallen u. ist jetzt, soweit Gwinner bekannt, Eigentum des Städel’schen Kunst-Instituts.
6. Tod u. Künstler. E: Baron Bernus. – Heidelb. KV., Sonder-A. 22. Febr.–8. März 1893.

Vgl. Ph. Fr. Gwinner, Kunst u. Künstler in Frankf. a. M. vom XIII. Jahrh. bis zur Eröffnung des Städel’schen Kunstinstituts. Mit zwei Bildnissen u. einer Stammtafel. Frankf. a. M. 1862. 8.