Boetticher:Prud’hon, Pierre-Paul

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Protais, Alexandre-Paul Malerwerke des neunzehnten Jahrhunderts – Zweiter Band (1898) von Friedrich von Boetticher
Prud’hon, Pierre-Paul
Pudor, Wilhelm
  Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

[329] Prud’hon, Pierre-Paul, Portrait- u. Historienmaler, geb. zu Cluny (Saône-et-Loire) am 4. April 1758, gest. zu Paris am 16. Febr. 1823, verlor früh seine Eltern u. erhielt den ersten Unterricht in der Gratisschule der Benedictiner seines Heimatortes u. in der Malschule François Desvoges’ zu Dijon. Vom October 1780 setzte er in Paris, unabhängig von der David’schen Richtung, seine Studien fort, bewarb sich 1783 in Dijon um den römischen Preis, den er im Sommer 1784 errang, u. betrat endlich im Januar 1785 das heiss ersehnte Rom. Hier wandte er sich mit ganzer Seele dem Studium Raffael’s, L. da Vinci’s u. Correggio’s zu u. erwarb die Freundschaft Canova’s. Die Erschöpfung seiner dreijährigen Pension führte ihn nach Paris zurück, wo er, seit 1789 meist mit kleineren Arbeiten, ja Briefbogen u. Adresskarten u. ausnahmsweise einem Portrait, beschäftigt, erst 1799 im Louvre ein Atelier erhielt, das er 1802 mit einem in der Sorbonne vertauschte. Einer unglücklichen Ehe, die mit der Geisteskrankheit seiner Frau geendet, folgte eine glücklichere Zeit mit Aufnahme seiner Malschülerin Constance Mayer, die nach dem Tode ihres Vaters gleichfalls in die Sorbonne zog u. ihm die ergebenste Freundin, die treue Pflegerin seiner Kinder, die geistige Teilnehmerin seiner Arbeiten ward, welche jetzt mehr u. mehr an Bedeutung u. Anerkennung gewannen. So wurde Prud’hon auch zum Unterricht der Kaiserin Marie Louise im Zeichnen u. Malen berufen u. 1816 zum Mitglied des Instituts ernannt. Die elfjährige Dauer seines häuslichen Glückes fand ein zu frühes Ende, indem die von Nervenleiden ergriffene j. Frau am 26. Mai 1821 freiwillig in den Tod ging, den der verzweifelnde Künstler kaum zwei Jahre überlebte.

I. Oelgemälde.[Bearbeiten]

1. Die von der Liebe verführte Unschuld, der die Reue folgt. E: Galerie Lassalle, Paris. Gest. von Barthélemy Roger. – Par. WA. 1889.
2. Die Wahrheit vom Himmel herabsteigend u. von der Weisheit geführt. Nach einer im Salon 1799 ausgestellten Zeichnung als Plafond in St. Cloud ausgeführt. Kam später in’s Louvre.
3. Jupiter u. Diana. Plafond für einen Saal des Louvre. 1803.
4. Portrait der Kaiserin Josenhine. In Malmaison. Gest. von Blanchard fils.
5. Die Entführung Psyche’s, die schlafend von Zephyr u. drei seiner Genien durch die Wolken getragen wird, kam in die Galerie Sommariva. Gest. von H. C. Müller 1822. roy. fol. Abb. in Jul. Meyer, Gesch. der modernen franz. Malerei.
6. Das Verbrechen (Kain) von den schwebenden Gestalten der Gerechtigkeit u. der göttlichen Strafe verfolgt Nachtstück bei Mondschein. Für den Saal des Criminalgerichts im Justizpalast bestellt. Jetzt im Louvre. Gest. von B. Roger. – Salon 1808; Par. WA. 1889.
7. Zephyr, der sich an zwei Aesten über einer Quelle schaukelt. Gest von J. N. Laugier[WS 1] 1820. fol. – Salon 1814.
8. Himmelfahrt der Maria, die, von fünf Erzengeln umgeben, mit ausgebreiteten Armen emporschwebt. Nach einer Zeichnung 1816 für die Kapelle der Tuilerien bestellt. – Salon 1819. Seit 1848 im Louvre. Aquatintastich von Ph. L. Debucourt.
9. Andromache. Skizze eines im J. 1824 ausgestellten Bildes. E: Boisfremont.
10. 11. Portrait Talleyrand’s; Triumph Bonaparte’s.
12. Minerva den Genius der Malerei der Unsterblichkeit zuführend.
13. Die Liebe verschmäht den Reichtum.
14. Ein Diner beim ersten Consul. Skizze.
15. Christus am Kreuz, das die kniende Magdalene umklammert. Zur Seite Maria von Johannes gestützt. Letztes, nicht ganz vollendetes Bild, das für die Kathedrale zu Metz bestellt war, sich aber im Louvre befindet. Mezzotintostich von S. W. Reynolds, kl. fol.
9–15 Par. WA. (Exposition centennale) 1889.
16. Der König von Rom. (Kleines Medaillon in einem Basrelief mit Romulus u. Remus). E: Louvre. Gest. von Barth. Roger.
17. Kopf der Venus. Studie zu seinem Bilde „Adonis zur Jagd ausziehend“. Holz. E: Prof. Rinecker, Würzburg.
18. Tod eines von seiner jammernden Familie umgebenen armen Greises. Ein von Constance Mayer begonnenes Bild, das Prud’hon vollendete.

II. Aquarelle, Zeichnungen.[Bearbeiten]

1. Amor zur Raison gebracht. Er ist von einer Schönen an eine Herme gefesselt.
2. Amor spottet seines Opfers. Er steht, auf seinen Bogen gestützt, vor einem weinenden jungen Weibe.
1 u. 2 Zeichnungen im Besitz des Grafen d’Harlai, beide gestochen von Jacques Louis Copia.
3. Das Studium leitet den Flug des Genius. Zwei zum Himmel emporfliegende Genien.

[330]

4. Der Schlaf der Psyche. Während Amor an ihrer Seite ruht, schweben Genien in ihr Gemach, die Schlafenden betrachtend.
3 u. 4 Abb. in Dohme „Kunst u. Künstler des 19. Jahrh.“ Bd. II.
5. Phrosine u. Mélidor. Nach einer Dichtung Gentil-Bernard’s von Prud’hon gezeichnet u. gestochen.
6. Der Triumph der Venus. In Facsimile-Stich nach der Orig.-Zeichn. erschienen.
7. Paris u. Helena von Venus versöhnt. E: Galerie Pourtalès. In Facsimile-Lithographie nach der Zeichnung. gr. fol.
8. Hirtenpaar in einer Landschaft ruhend. Pastell. h. 0,62, br. 0,77.
9. Portrait der Malerin Constance Mayer. (1778–1821). Pastell. E: Louvre.

Vgl.: Clément, Ch. „Prud’hon, Sa vie, ses oeuvres et sa correspondance“. 13. Édition. Paris 1880. – Meyer, Jul. „Gesch. der modernen franz. Malerei seit 1789“. Leipzig 1867. – Schmarsow, A. „Paul Pierre Prud’hon“ in R. Dohme „Kunst u. Künstler des 19. Jahrh.“ Leipzig 1886. – Rosenberg, Adolf „Gesch. der modernen Kunst“. Bd. I. Leipzig 1889.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Berichtigung siehe Berichtigungen: S. 329 b, Z. 23 v. o., lies Laugier statt Langier.