Boetticher:Seidler, Louise

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Seidel, Oscar Malerwerke des neunzehnten Jahrhunderts – Zweiter Band (1901) von Friedrich von Boetticher
Seidler, Louise
Seifert, Alfred
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[727] Seidler, Louise, Portrait- u. Historienmalerin, geb. zu Jena am 15. Mai 1786, gest. zu Weimar am 7. October 1866, erhielt den ersten Unterricht durch den Maler Roux in Jena u. wurde seit 1810 durch Professor Vogel in Dresden weiter gebildet, wo sie durch Dora Stock im Körner’schen Hause freundliche Aufnahme fand u. den Einladungen Goethe’s im Herbst 1810 u. im Frühling 1811 nach Weimar folgte. Das von L. Seidler in Weimar 1810 gemalte Pastellbild des Dichters war noch 1794 im Besitz von Gisela Grimm, Bettina’s jüngster Tochter, u. ist in Lith. von P. Rohrbach in E. H. Schöder’s Verlag in Berlin erschienen. Als Vogel’s Nachfolger wurde Gerh. Kügelgen [728] in Dresden ihr Lehrer. Hier copirte sie ausserdem eifrig in der Galerie. In Dresden portraitirte sie 1811 den spätern Sächs. Minister v. Lindenau, in Jena im Winter 1812/13 den weimar. Prinzenerzieher v. Knebel u. bald darauf zweimal den von Goethe hochgeschätzten Bergrat Lenz, wovon das eine Bild, Goethe’s Bestimmung nach, im mineralog. Museum dauernd seine Stätte finden sollte. 1817 setzte L. Seidler ihre Studien bei beiden Langer in München fort u. vollendete dieselben in den Jahren 1818–1823 nebst ihren italienischen Studien nach Raffael u. anderen alten Meistern. Nachdem sie 1823 mit dem Zeichnen- u. Malunterricht der Prinzessinnen in Weimar betraut worden, wurde ihr 1824 auch die Aufsicht über das Weimar’sche Museum übertragen. Vom Herbst 1832 bis Anfang Nov. 1833 verbrachte L. Seidler auf ihrer zweiten italienischen Reise. Obgleich durch ihre Tätigkeit vielfach in Anspruch genommen, blieb sie doch in lebhaftem Verkehr mit den bedeutendsten deutschen Künstlern ihrer Zeit, zu deren liebenswürdigstem Umgang sie gehörte. Sie wurde am 27. Juni 1837 grossh. Sächs. Hofmalerin. Eine Schilderung ihres Wesens bietet das Werk Herm. Uhde’s „Erinnerungen u. Leben der Malerin Louise Seidler, nach handschriftl. Nachlass zusammengestellt u. bearbeitet“. Berlin 1874.

I. Oelgemälde.[Bearbeiten]

1. Goethe’s Brustbild, nach links. Lith. von P. Rohrbach. gr. fol.
2. Selbstportrait der Künstlerin in ihrem 37. Lebensjahre. Brustb. Gem. 1823 für die ihr befreundete Familie des Malers Schinz in Zürich. Zuerst im Holzschnitt veröffentlicht in der „Illustr. Z.“ 1875.
3. Fanny Caspers, die Freundin Thorwaldsen’s. Gemahlin des Banquiers Stanislaus Doré. 1823 gemalt. Hüftbild, im Hintergr. das vom Züricher Maler Schinz gemalte Colosseum. Das Bild besitzt Fanny’s Tochter Marie. Holzschnitt „Illustr. Z.“ 1875.
4. Maria mit dem schlafenden Jesuskinde u. drei Engeln, den Darstellungen von Glaube, Liebe u. Hoffnung. Vor 1824 entstanden.
5. Christus der Erbarmer in Wolken auf dem Regenbogen stehend, von einer Glorie u. Engelköpfchen umgeben, breitet die Arme aus zum Empfang der Mühseligen u. Beladenen. 1829 in Weimar vollendet. Altarbild für eine Kirche zu Sehestedt in Holstein. Gestiftet von Frau v. Ahlefeldt geb. v. Seebach aus Weimar, Gemahlin des damaligen Besitzers von Sehestedt.
6. Die Unschuld. E: Prinzessin Wilhelm v. Preussen. – Berl. ak. KA. 32.
7. Hagar mit dem verschmachtenden Ismael in den Armen empfängt von einem Engel die Schale mit dem belebenden Trank. – Weimar. Ausstell, des Kunst-Instituts, Sept. 1836. Carton u. Farbenskizze bereits auf der Dresd. ak. KA. 33.
8. Ritter Toggenburg u. die Nonne, h. 42″, br. 60″. E: Gräfin Hessenstein in Cassel. Gest. von Kluge für die „Bilderchr.“ 1836. – Dresd. ak. KA. 36.
9. Odysseus, den Sirenen vorüberschiffend. – Weimar’sche KA., Sommer 39.
10. Die müde Pilgerin. – Dresd. ak. KA. 41. Ein Carton „Ruhende Pilgerin“ war bereite auf der Weimar. KA. 39.
11. Eine Nonne, im Klosterhof lesend. 1843 im Atelier der Künstlerin.
12. Alma, Goethe’s Enkelin, nach dem Tode derselben gemalt von Louise Seidler, Weimar. – Dresd. ak. KA. 45.
13. Malerei u. Dichtkunst. h. 56″, br. 63″. E: Staatsminister v. Zezschwitz. Gest. von J. Thäter.
14. Carl August, Grossh. von Weimar. Kniest. in Uniform. Leicht in Oelfarben auf Papier. fol. Aus der Samml. des Dir. C. Schuchart in Weimar, versteigert in Leipzig, Mai 1870.
15. Der Violinspieler nach Raffael. Brustb. eines j. Mannes, der einen Violinbogen mit einem Lorbeerzweige u. Immortellen hält. Copie nach dem Bilde vom J. 1518 im Palazzo Sciarra Colonna in Rom. E: K. Orangeriehaus zu Sans-souci.
16. Die Madonna aus dem Hause Tempi. Copie nach Raffael’s Original in München. Gelangte in die Samml. v. Quandt in Dresden.
17. Die Madonna mit dem Stieglitz. Nach dem Original Raffael’s in der Galerie der Uffizj zu Florenz. h. 1,02, br, 0,72.
18. Copie nach einem Kopfe aus den Wandgemälden der Kirche S. Agnese zu Rom. Befand sich in der Sammlung v. Quandt in Dresden.
19. Die Madonna di Fuligno. Nach Raffael’s Original vom J. 1512 in der Vaticanischen Galerie zu Rom. Die Copie blieb im Besitz der Künstlerin.
20. Die heilige Elisabeth, grosses, 13 Figuren umfassendes Gemälde, welches der Grossherzog im Oct 1823 zum Schmuck der Wartburg ausführen liess. Es konnte bereits im Frühjahr 1826 zur Aufstellung gelangen.

II. Zeichnungen.[Bearbeiten]

1. Charitas. Die Mutter, in einer Nische sitzend, hält auf jedem Arm ein Kind, während zwei andere Kinder neben ihr stehen. Bleiz. mit dem Namen. Rom 1820. kl. fol. Aus J. G. v. Quandt’s Nachlass, versteigert in Dresden, August 1860.
2. Die heil. Elisabeth, Almosen verteilend. Carton zum Gemälde, das 1827 in gr. fol. lithographirt u. B. G. Niebuhr gewidmet wurde.
3. Köpfe aus den Gemälden vorzüglicher Meister nach sorgfältig auf den Originalen durchgezeichneten Umrissen in der Sammlung von Louise Seidler. Zum Gebrauch für Zeichnenschüler lith. von J. J. Schmeller. Weimar 1836. imp. fol. Die Samml. der Künstlerin wurde nach ihrem Tode zerstreut.

Dem zu erbauenden, 1868 vollendeten neuen Museum in Weimar hatte L. Seidler eine reichhaltige Mappe ihrer Orig.-Zeichnungen vermacht.