Chloris
Aus Eifersucht des Lebens satt,
Warf Chloris sich betrübt auf ihre Lagerstatt;
Und ihren Buhler recht zu kränken,
Der einen Blick nach Sylvien gethan,
Ihr einen leichten Tod zu schenken.
Vielleicht war dieß Gebet so eifrig nicht gemeynt,
Verliebt und jung zu seyn, und um den Tod zu flehen;
Wem dieß nicht widersprechend scheint,
Doch mitten in der größten Pein
Sieht Chloris ihren Freund geputzt ins Zimmer treten,
Und plötzlich hört sie auf zu beten,
Und wünscht nicht mehr, entseelt zu seyn.
Er seufzt, er fleht, er schwört, er küßt.
O Chloris! laß dichs nicht gereuen,
Daß du noch nicht gestorben bist;
Dein Damon schwört, dich ewig treu zu lieben,
Der meisten Schönen Zorn gleicht ihrer Zärtlichkeit,
Sie dauern beide kurze Zeit:
Und Chloris ließ sich bald versöhnt von dem umfangen,
Den sie vor kurzem noch des Hasses würdig fand.
Und streichelt ihn mit buhlerischer Hand.
Doch schnell erstarren ihre Hände.
Wie, Venus! Nähert sich ihr Ende?
Zu Flügeln werden ihre Hände;
Ihr Busen wird mit einem Kropf verbaut;
Und Federn überziehn die Haut.
Ists möglich, daß ich dieses glaube?
Wie zittert ihr Geliebter nicht!
Hier sieht er seine Schöne fliegen.
Sie fliegt ihm dreymal ums Gesicht,
Als wollte sie sich noch durch einen Kuß vergnügen.
Das scheint sie auch, als Taube, noch zu lieben.
Das Putzen war ihr Zeitvertreib.
O seht, wie putzt sie ihren Leib!
Sie rupft die Federn aus, um sich recht glatt zu machen;
Fängt Hals und Brust zu baden an.
Wie schön hör ich die Taube lachen!
Fragt nicht, was sie zu lachen macht!
Sie hat, als Chloris, schon oft über nichts gelacht.
Vor dem sie manchen Tag in Mienen sich geübt,
Besieht den weissen Hals, bewundert ihre Flügel,
Und fängt schon an, in sich verliebt,
Mit jüngferlichem Stolz sich kostbar zu geberden.
Laßt diese Taube doch zur Chloris wieder werden.
Zur Taube schicket sie sich schön,
Und niemals werd ich ihr die Menschheit wiedergeben.
Sich stets geputzt, und nie gedacht;
Als Taube kann sie recht nach ihrer Neigung leben.
O! wenn sich nur die Göttinn nicht entschließt,
Die Schönen alle zu verwandeln,
Man sagt, daß sie es willens ist.
Ach! Göttinn, ach! wie zahlreich wird auf Erden
Alsdann das Volk der Tauben werden!
Mit einer Frau wird man zu Bette gehn,
Mich dauert im voraus manch reizendes Gesicht.
O liebe Venus, thu es nicht!