Christliche Symbolik/Kümmerniss

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St. Kümmerniss.

In vielen Kirchen findet sich noch das Bild einer bärtigen und gekrönten, prächtig gekleideten Jungfrau, die an's Kreuz genagelt ist und einen ihrer goldnen Pantoffeln zum Dankgeschenk für einen Jüngling fallen lässt, der vor ihr kniet und die Geige spielt, um sie zu trösten, und neben dem häufig ein Becher am Boden steht. Nach der Legende war sie eine Christin, wurde von ihrem heidnischen Vater in unnatürlicher Liebe begehrt, bat Gott um Hülfe und empfing durch ein Wunder einen grossen Bart, wurde aber auf Befehl ihres Vaters gekreuzigt. Der fromme Geiger, dem sie den Schuh schenkte, wurde als Dieb desselben angeklagt und sollte hingerichtet werden; indem aber der Zug bei der gekreuzigten und schon gestorbenen Jungfrau vorüberging, liess sie den zweiten Schuh fallen, welches neue Wunder den Jüngling rettete und bewirkte, dass sich das Volk bekehrte. Die Jungfrau heisst gewöhnlich Kümmerniss, aber auch Ontkomera (ohne Kummer), Liberata, Wilgefortis, Dignefortis, Regenfledis, St. Gehülfe, St. Hilpe etc. Vgl. Acta SS. s. v. Liberata zum 20. Juli. Eine vorzügliche Verehrung geniesst sie auf dem Hülfensberg im Eichsfelde. Wie schon ihr Name besagt, ist sie eine Helferin in Nöthen und Kümmernissen. Schäfer hat in einer kleinen Schrift: „Der Hülfensberg im Eichsfelde 1853“ die Vermuthung aufgestellt, die Bilder der bärtigen Jungfrau am Kreuz seyen ursprünglich nichts als alterthümliche Crucifixe, aus der Zeit, in der man den Heiland am Kreuze noch nicht nackt, sondern im langen Gewande darstellte. In späterer Zeit, als man schon die nackten Heilande gewohnt gewesen, seyen jene ältern Bilder als fremdartig aufgefallen und das lange Gewand habe zu der Fabel Veranlassung gegeben, hier sey nicht Christus, sondern eine bärtige Jungfrau gekreuzigt. Sofort sey denn auch aus [536] dem Heiland und Helfer eine weibliche Hülfe gemacht worden. Ich theile diese Ansicht nicht. Dagegen scheinen mir in der Legende, die an den verschiedenen Orten, wo die Heilige verehrt wird, mannigfach abweicht, Züge aus einem ältern heidnischen Cultus und Mythus zu liegen, was ausführlich auseinanderzusetzen hier ungehörig wäre. — Dasjenige Crucifix, was am meisten für Schäfers Ansicht zu sprechen scheint, ist das von ihm selbst nicht gekannte von Rosetti: der Heiland am Kreuz in schwarzem, mit Edelsteinen besetzten Gewande, mit prachtvoller Krone und Schuhen an den Füssen, womit er einen Kelch berührt. Waagen, England I. 397.