Christliche Symbolik/Laster

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Laster.

Nach altem kirchlichen Herkommen wird das unermessliche Heer der Laster auf sieben Hauptlaster reduzirt, die den sieben Haupttugenden und Gaben des heiligen Geistes gegenüberstehen. Sie sind: ira, superbia, gula, invidia, venus, avaritia, pigritia. Doch kommen auch Abweichungen in der Reihenfolge und in den Namen vor. In einem altdeutschen Gedicht bei Graff, Diutiska I. 292 f. heissen sie: vrasheit, unkusche, gritekeit, zorn, nit, tracheit, hoffart. Giotto malte sieben Tugenden und sieben Laster; die erstern: Hoffnung, Liebe, Glaube, Gerechtigkeit, Mässigkeit, Festigkeit, Klugheit — die letztern: Verzweiflung, Neid, Unglaube, Ungerechtigkeit, Zorn, Unbeständigkeit, Dummheit. Vgl. Kunstblatt 1837. Nr. 63. 92. Auf dem Regensburger Teppich sind es: Demuth, Freigebigkeit, Keuschheit, Geduld, Mässigkeit, Festigkeit, Liebe — Hoffahrt, Geiz, Wollust, Zorn, Gefrässigkeit, Unstetigkeit, Hass. Das. 1846. S. 166. Vgl. Mone, Schauspiele des Mittelalters I. 326 f.

Auf diesem berühmten Teppich haben die Laster Thiergestalten unter sich, deren Charakter ihrem Wesen entspricht und auf denen sie reiten. Der Stolz sitzt auf einem Rosse, der Zorn auf einem Eber, die Unkeuschheit auf einem Bären, die Unstetigkeit auf dem Esel, die Gefrässigkeit auf dem Fuchs, der Geiz auf dem Wolf, der Hass auf dem Drachen. [12] Doch kommen anderwärts auch andere Thiere vor und die Laster selbst erscheinen als Thiere, der Fuchs z. B. nicht als Sinnbild der Gefrässigkeit, sondern der Arglist, der Tiger als Sinnbild der Grausamkeit, der Affe als Sinnbild der Schamlosigkeit etc. In einer Kirche zu Mexiko sind es: Kröte, Schlange, Bock, Tiger, Schildkröte, Pfau und Schwein. Ausland 1838. S. 95.

Vasari malte in der Kuppel des Domes von Florenz die sieben Laster von den verschiedenen Engelchören besiegt; der Neid wird als Schlange, der Zorn als Bär, die Faulheit als Kameel, die Völlerei als Cerberus, der Geiz als Kröte, die Wollust als üppiges Weib, die Hoffahrt als Lucifer dargestellt. Jordaens gab ihnen in einem Bilde (Katalog der Gal. von Salzdahlum S. 7) die Gestalt heidnischer Gottheiten, so dass Mars den Zorn, Venus die Wollust, Juno den Stolz, Bacchus die Völlerei, Silen die Faulheit, Ceres den Geiz (?) und eine Furie den Neid vertrat. Der Duc de Conte besang die sieben Laster als schöne, aber frivole Frauen. In einem komischen Gedicht des Schotten Dunbar, der im 15ten Jahrhundert schrieb, tanzen sie vor dem Teufel ein Ballet. Bouterwek, VII. 99. Oefter erscheinen sie als viele Köpfe eines Ungeheuers, oder auch als Früchte, die auf einem Baum (dem Baum der Erkenntniss) wachsen.

Da die Laster den Weg zur Hölle führen, sind sie nicht nur als sieben Heerstrassen zur Hölle in Clarus, span. Literatur II. 233., aufgefasst, oder stürzen nach der Handschrift des Johannes Climacus im Vatican (Bunsen, Beschreibung von Rom II. 2. 355.) von der Himmelsleiter herab, oder ziehen als sieben abscheuliche Thiere die Welt oder Menschheit in Gestalt eines Heuwagens, auf den sich die Sünder drängen und von dem sie herabfallen und zermalmt werden (Bild von Bosch), sondern auf Bildern des Weltgerichts werden häufig auch die Verdammten in sieben Gruppen geschieden, nach den Lastern, welche sie in die Hölle geführt haben. Auch Michel Angelo hat sie in seinem Weltgericht angebracht.

[13] Die Laster werden auf Bildern der Verdammniss, aber auch anderwärts durch ihre Folgen und durch die Physiognomie charakterisirt, die sie dem Menschen aufprägen. So der Schlemmer durch den dicken Bauch, der Neidische durch Verzerrung des Mundes und der Augen etc. Hier ist überall Grundgedanke, dass durch Laster die ursprünglich engelmässige Schönheit des Menschen, das Ebenbild Gottes, entstellt und geschändet wird. Es gibt jedoch auch eine gleissende Schönheit des Lasters, die in Versuchungsbildern hervortritt, immer aber etwas Unheimliches hat und dem äusserlich schönen, innerlich aber verbrannten Sodomsapfel gleicht.

Uebrigens verhalten sich die Laster zum Teufel nur wie Theile und Glieder zum Ganzen. Daher in so vielen Teufelsfrazzen, wie sie in der Kirchenmalerei vorkommen, das Bestreben der Maler erkennbar wird, den Ausdruck und das Sinnbildliche vieler Laster in einer monströsen Gestalt zu vereinigen. Zuweilen werden die sieben Köpfe des apokalyptischen Drachen als die sieben Laster unterschieden.

Die Laster stehen in einer vorherrschenden Beziehung zum Schlangensymbol. Sie sind Drachen, Drachenköpfe oder werden durch die lauernde, listige Schlange, wenigstens durch Schlangenhaar angedeutet. Nicht sowohl die hässliche, nur peinigende und das Laster strafende Furie, als vielmehr die süsslächelnde, feinzüngelnde, wunderschöne Medusa mit den in ihrem üppigen Haar ringelnden Schlangen stellt uns das Laster, die Sünde in ihrer verführerischen und zugleich hässlichen Eigenschaft dar.

Correggio malte die Laster als nackte Frauen mit Schlangenhaaren, von denen die Menschen verführt und gefesselt werden, und auf einem andern Bilde als Ungeheuer, die von den Tugenden unter den Fuss getreten werden. Waagen, England I. 463. Mantegna malte die Laster als Satyrn, Kentauren, Affen, die von den Tugenden unter der Gestalt antiker Götter, der Minerva (Weisheit), Diana (Keuschheit) etc. vertrieben werden. Das Bild befindet sich in Paris.

[14] Laster und Tugenden werden öfter durch die fünf thörichten und klugen Jungfrauen symbolisirt. Vgl. Kreuser, Kirchenbau II. 143 f. Sie erscheinen aber auch als Amazonen im Kampfe miteinander, z. B. in der Handschrift der[WS 1] Herrad von Landsberg zu Strassburg. Desgleichen im Fürstensaal zu Regensburg. Kunstbl. 1846. S. 166. In dem Gedicht Anticlaudianus von Alanus ab insulis. So reihen sich auch in dem altfranzösischen Gedicht des Huon de Meri vom Antichrist (vgl. Blankenburg, Zusätze I. 10.) die Laster als Amazonen unter die Fahnen des Antichrist, wobei jedem Laster sein besonderes charakteristisches Attribut zukommt. Ein ähnliches altfranzösisches Gedicht von Ruteboeuf, s. histoire lit. de la France XX. 753. Mantegna malte die Laster siegend auf einem Bilde in England, und besiegt auf einem andern im Louvre. Waagen, Kunst in England I. 127. Auf Handzeichnungen des Michel Angelo zielen die Laster nach einer Scheibe. Passavant, England S. 236.

Retzsch lässt auf einem Bilde den Teufel mit dem Menschen um des letzteren Seele Schach spielen. Unter den Schachfiguren des Teufels ist Satan selbst der König, Wollust die Königin; Faulheit, Zorn, Stolz, Falschheit, Geiz, Unglaube sind die Offiziere, Zweifel die Bauern. Unter den Schachfiguren des Menschen ist die Seele der König, Religion die Königin, sind Hoffnung, Glaube, Friede, Demuth, Unschuld, Liebe die Offiziere und Gebete die Bauern. Vgl. Kunstblatt 1828. Nr. 16.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Berichtigung Band II. In der Vorlage: „des“