Christliche Symbolik/Wein

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[542]
Wein,

gleichsam Feuer im Wasser, daher Sinnbild des Göttlichen im Irdischen, der Auserwählten unter den Berufenen, des [543] himmelverwandten Adels unter der an der irdischen Scholle klebenden Gemeinheit. Schon die Juden verglichen sich als Volk Gottes mit dem Wein; später wurde das Sinnbild ausschliesslich dem Christenthum vindicirt. Der heidnische Weincultus in den Dionysusmysterien lässt nur sehr entfernte Beziehungen auf die jüdische und christliche Symbolik zu. Allerdings sahen auch die heidnischen Griechen im Wein etwas Göttliches, aber nicht als Sinnbild einer höheren geistigen Kraft, sondern als unmittelbar begeisternden oder mit dem Gott erfüllenden Trank.

Die Juden, die sich von der Gottheit kein Bild machten und den Naturdienst verachteten, ehrten gleichwohl die Rebe als ein heiliges Symbol. Ist gleich die goldne Rebe, welche die Römer (nach Tacitus) im Tempel zu Jerusalem fanden, erst spät vom König Herodes dahin gestiftet worden und mögen die Trauben von violetten Edelsteinen (Amethysten) an Salomons Thron auch nur Dichtung seyn, so erhellt doch aus vielen Stellen des alten Testamentes, dass die Rebe wirklich in hoher Achtung bei den Hebräern stand. Sie erscheint zum erstenmal unmittelbar nach der Sündfluth. Jehovah gibt den Menschen gleichsam zum Ersatz für das Uebel, das er ihnen durch das Wasser zugefügt hat, den Wein. Als eine ganz neue Naturerscheinung steht der Wein in Verbindung mit dem Regenbogen, der ebenfalls vor der Sündfluth noch niemals gesehen worden war. Und beide sind Pfänder der göttlichen Gnade, Bundeszeichen zwischen Gott und den Menschen.

Die Juden sahen im Weinstock ein Sinnbild ihres eigenen auserwählten Volkes. Wie die Rebe vor allen Pflanzen, so sollte das Volk Gottes vor allen Völkern ausgezeichnet seyn, ein kleines, niederes, kriechendes Gewächs, und doch unter allen das edelste. Zwar scheint zunächst das Land, der Grund und Boden, das Eigenthum und Haus durch das Sinnbild des Weinstocks bezeichnet. Josua und Kaleb, die in das gelobte Land vorausgehen, bringen aus demselben die riesengrosse Traube, die sie an einer Stange auf den Schultern [544] tragen müssen, als ein Sinnbild des segensreichen Landes mit. Der Prophet Micha sagt: „Jeder wird unter seinem Weinstock wohnen“ (der das Haus rings umrankt). Der Segensspruch: „Ein Weinstock soll vor deiner Thüre wachsen!“ ist noch jetzt unter den Juden üblich. Psalm 128, 3. wird unter dem das Haus umrankenden Weinstock insbesondere die Frau verstanden. Doch dachte man sich unter dem Sinnbild hauptsächlich das heilige Volk selbst, sofern es in seiner Niedrigkeit erhöht werden soll.

Schön ist der Triumph des Weinstocks nach jüdischer Tradition von Herder dargestellt: „Am Tage der Schöpfung rühmten die Bäume gegen einander, frohlockend ein jeglicher über sich selbst. „Mich hat der Herr gepflanzt,“ so sprach die erhabene Ceder; „Festigkeit und Wohlgeruch, Dauer und Stärke hat er in mir vereint.“ „Jehovahs Huld hat mich zum Segen gesetzt,“ so sprach der umschattende Palmbaum; „Nutzen und Schönheit hat er in mir vermählt.“ Der Apfelbaum sprach: „Wie ein Bräutigam unter den Jünglingen, prange ich unter den Bäumen des Paradieses.“ Und die Myrthe sprach: „Wie unter den Dornen die Rose, stehe ich unter meinen Geschwistern, dem niedrigen Gesträuch.“ So rühmten Alle, der Oel- und Feigenbaum, selbst die Fichte und Tanne rühmten sich. — Der einzige Weinstock schwieg und sank zu Boden. „Mir,“ sprach er zu sich selbst, „scheint Alles versagt zu seyn, Stamm und Aeste, Blüthen und Frucht; aber so, wie ich bin, will ich noch hoffen und warten.“ Er sank darnieder, und seine Zweige weinten. Nicht lange wartete und weinte er; siehe da trat die Gottheit der Erde, der freundliche Mensch zu ihm. Er sah ein schwaches Gewächs, ein Spiel der Lüfte, das unter sich sank und Hülfe begehrte. Mitleidig richtete er’s auf und schlang den zarten Baum an seine Laube. Froher spielten anjetzt die Lüfte mit seinen Reben, die Gluth der Sonne durchdrang ihre harten, grünenden Körner, bereitend in ihnen den süssen Saft, den Trank für Götter und Menschen. Mit reichen Trauben geschmückt neigte bald der Weinstock sich zu seinem Herrn [545] nieder, und dieser kostete seinen erquickenden Saft und nannte ihn seinen Freund. Die stolzen Bäume beneideten jetzt die schwanke Ranke: denn viele von ihnen standen schon entfruchtet da; er aber freute sich seiner schlanken Gestalt und seiner harrenden Hoffnung. Darum erfreut sein Saft noch jetzt des Menschen Herz und hebt empor den niedergesunkenen Muth und erquickt den Betrübten.“

In der christlichen Symbolik geht dieser alte Adel des Weinstocks vom Volke Gottes auf die christliche Gemeinde über, und zwar erhält das Sinnbild des Weinstocks hier erst seine volle Bedeutung durch die Vergleichung des Weines mit dem Blute Christi. Christus sagt zu den Aposteln: „Ich bin der Weinstock, mein Vater ist der Winzer“ — und ein andermal: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben.“ In mehreren Parabeln vergleicht er den Weinberg mit seiner Kirche oder Gemeinde. Ein guter und treuer Arbeiter im Weinberge ist ein guter Christ. 1) Parabel von den treulosen Winzern, welche in des Herrn Abwesenheit dessen Söhne erschlagen; 2) Parabel von den zwei Söhnen, von denen der eine zu arbeiten verspricht, aber faul ist, der andere nichts verspricht, aber thätig ist; 3) Parabel von dem Winzer, der früher in den Weinberg kommt und mehr arbeitet, als der später Gekommene und doch nur den gleichen Lohn empfängt, und auf dessen Vorwurf der Herr antwortet: „Was siehst du scheel, dass ich so gütig bin?“ Ferner verwandelt Christus auf der Hochzeit zu Cana das Wasser in Wein, und endlich sagt er, indem er den Aposteln am letzten Abendmahl den Wein austheilt: „Das ist mein Blut, für euch vergossen zur Vergebung der Sünden!“

Seitdem nun ist im christlichen Glauben der Weinberg das Sinnbild des christlichen Gebietes, des Bodens, auf dem allein das Seelenheil wächst, mit Einem Worte der Kirche geblieben. Weinreben und Weinlaub wurden als christliches Symbol häufig bei Verzierungen angewandt, in christlichen Kirchen als Randverzierung, an heiligen Gefässen etc. Traubenkränze [546] auf den alten christlichen Grabbildern, die Aringhi abgebildet hat: ein Traubenkranz um das Christkind, um den guten Hirten, um eine Palme (als Sinnbild des christlichen Sieges). Auch Tauben (das Sinnbild des heiligen Geistes) kommen in Verbindung mit Trauben vor.

Christus insbesondere wurde als Weinstock aufgefasst mit zwölf Trauben, nach der Zahl seiner Apostel. Didron, man. p. 208. 228. Im speculum humanae salvationis wurde seine Geburt auf den aus Herodot bekannten Traum der Mandane bezogen, die einen ganz Asien überschattenden Weinstock gebar. Vgl. Piper, christl. Myth. I. 151. In alten Hymnen wird das Crucifix zum Weinstock: „An des Kreuzes Aesten blüht rother Wein.“ Wackernagel, Kirchenlied Nr. 109. Auf einem Stich des C. de Mallery hängt Christus statt am Kreuz an einer Weinrebe. Das Nämliche bedeutet die Kelterung. Auf einem seltsamen Bild des Mainardi zu Cremona wird Christus gekeltert und die Kirchenväter fangen das Blut als Wein auf. Das Sakrament des Altars wird gewöhnlich bezeichnet durch Aehren und Weintrauben (Brodt und Wein, Leib und Blut des Herrn). Auf den alten Holzschnitten des deutschen Polydorus Virgilius, Augsburg 1537. S. 3, steht Christus zwischen einem Kornfeld und Weinberg. — Auf altchristlichen Sarkophagen begegnen uns oft Reben, Trauben, Kelterungen, was wohl nicht auf die irdischen Leiden der Verstorbenen in den Gräbern selbst, sondern auf das Leiden und Sterben Jesu Christi zu beziehen ist, aus dem die Verstorbenen die Hoffnung ihrer Erlösung schöpfen. Vgl. über diese Bildwerke Piper, christl. Myth. I. 212 f.

Eine Traube ist auch Attribut der Abigail. Die für die Sünden ihres Mannes bei dem siegreich und zornig herannahenden David um Verzeihung flehende Abigail ist eine Personification der Reue und Busse. Ihre Vermählung mit David ein Vorbild der innigen Verbindung, welche die begnadete Seele mit Christo eingeht. Deshalb hat ihr Sürlin in seinen berühmten Chorstühlen des Ulmer Münsters Brodt [547] und Weintrauben in die Hand gegeben, die hier nicht blos die Gaben bedeuten, die sie dem auf dem Marsch hungernden David zur Labung anbietet, sondern die als Vorbilder des heiligen Abendmahls genommen werden müssen.

Ueber die Verwandlung des Wassers in Wein vgl. den Artikel Wasser. Der Begriff des Adels im Wein, der vom Volke Gottes auf die christliche Gemeinde überging, wurde im Mittelalter wiederum enger concentrirt im Priesterstande. Daher nur den Priestern der Kelch im heiligen Abendmahl vorbehalten blieb. Dem entspricht die schon alttestamentalische Symbolik der Herlinge und bitteren Trauben. 5. Mos. 32, 32. Jesaias 5, 2. Jeremias 31, 29. Darunter sind nämlich die verstanden, die das Wort Gottes kennen und bei denen es dennoch nur bittere Früchte trägt, die zum Adel gehören und die dennoch gemein bleiben, dasselbe, was die Miethlinge im Gegensatz gegen den guten Hirten = unwürdige Priester.

Man bezog den Wein des Abendmahls auch auf das Wasser der Taufe. Durch dieses sollte die allen Menschen angeborne Erbsünde, durch den Wein aber die persönliche Sünde des Individuums gleichsam abgewaschen werden. In den ersten Jahrhunderten der Christenheit pflegte man Wasser unter den Wein des Abendmahls zu mischen, weil man überhaupt im Morgenlande den Wein nie ungemischt trank. Da nun drei Elemente im Abendmahl vorhanden waren, Brodt, Wein und Wasser, so deutete man dies auf die Dreieinigkeit. Es ist hier nicht der Ort, auf alle Streitigkeiten einzugehen, die in der christlichen Kirche über die Bedeutung und den Genuss des Abendmahlsweins ausgebrochen sind. Nur so viel werde hier bemerkt: Die katholische Kirche blieb stets bei der altherkömmlichen Vermischung des Weins mit kaltem Wasser; — die griechische Kirche nimmt dazu warmes Wasser; — die längst untergegangene Sekte der Enkratiten nahm nur Wasser ohne Wein; — die armenische Kirche nahm nur Wein ohne Wasser und wurde deshalb verdammt. Aber zur Zeit der Reformation in Deutschland nahmen alle [548] Lutheraner und Reformirten den armenischen Gebrauch wieder auf, und bei ihnen wird der Wein im Abendmahl stets ohne Wasser ausgetheilt. Alle Christen trinken den Abendmahlswein aus dem Kelch, die Griechen allein trinken ihn aus einem Löffel.

Insgemein bedient man sich beim Sakrament des Altars des rothen Weins, wodurch das Blut Christi am deutlichsten versinnlicht wird. Nur die mailändische Kirche zog den weissen Wein vor und erhob den Gebrauch desselben zum Gesetz. Dies erklärt sich vielleicht aus dem Umstande, dass der gewöhnliche rothe Wein in der Lombardei etwas Schwarzes, Dickes und Dintenartiges hat. Wenigstens motivirte die Mailänder Kirche den Vorzug, den sie dem weissen Weine gab, damit, derselbe sey reiner.

Das Sinnbild: „Trauben von den Dornen lesen“ (Matth. 7, 16.) entspricht der Wesenheit des Christenthums in doppelter Weise, sofern Christus himmlische Wonne allen Gläubigen erkaufte durch bittere Schmerzen unter der Dornenkrone, und sofern das Christenthum ein glückseliges Weinland ist im Vergleich mit der dornigen Wüste des Heidenthums. Das ist schon vorgebildet in der grossen Weintraube, die nach 4. Mos. 13, 24. Josua und Caleb aus dem gelobten Lande in die Wüste zurückbrachten, in der damals noch das Volk Gottes umirrte.

Eine Weintraube ist häufig Attribut der heiligen Jungfrau. Das Kind auf ihrem Schoosse greift darnach auf altdeutschen Bildern von Memling, Burgmayer. Das bezieht sich auf den künftigen Opfertod des Heilands. Aus dem Grabe der heiligen Maria Magdalena wuchs eine Weinrebe. Das bezieht sich auf ihre Thränen, wie auf ihre guten Werke.

St. Felix von Nola lag als Christ im Kerker, da holte ihn ein Engel ab, seinem halbentseelten, in eine Wüste entflohenen Bischof Maximus beizustehen. Ringsum war nichts, aber auf des Heiligen Gebet wuchs eine Traube an den [549] Dornen und diente dem heiligen Maximus zur Labung, 14. Januar. — Der heilige Einsiedler Hilarius pflückte einmal mit seinen Schülern Trauben ab, bewirkte aber, dass seitdem noch viel mehr Trauben in dem Weinberge wuchsen, als vorher. Leben der Altväter 1728, S. 28. — St. Gonsalvo schlug mit seinem Stabe Wein aus einem Felsen. Der heilige Wigbert zu Fritzlar drückte eine Traube in den Abendmahlskelch, als kein Wein da war, und bekam reichlich Wein. Der heilige Excelsus wurde erschlagen und unter einem Weinfass im Keller begraben. Dieses Fass wurde niemals leer und dadurch entdeckte man den heiligen Leichnam. Aber weder in der ihm geweihten Kirche St. Excelso bei der Engelsburg in Rom, noch sonst wo ist das Fass wiederzufinden. Dem heiligen Macarius wurde eine grosse schöne Traube geschickt, er gab sie einem andern Mönche, dieser wieder einem, bis sie an den heiligen Macarius zurückkam, zum Beweis ihrer allseitigen Enthaltsamkeit. Silbert, Legenden II. 398.

Patron des Weinbaues ist der heilige Urban, Bischof von Langres im 5ten Jahrhundert, der sich einst während einer Christenverfolgung in Weinbergen versteckte, seitdem aber selbst Hüter der Weinberge wurde, dieselben vor Hagel beschützt, desgleichen auch noch den Wein im Keller vor Schaden bewahrt. An seinem Tage (25. Mai) beobachtet man sorgfältig das Wetter. Ist es hell, so wird der nächste Wein gut, wenn trübe, schlecht. Vgl. Molani, hist. imag. 286 f. Frank, Weltbuch S. 51. Haltaus, Jahrzeitbuch S. 105. Curiositäten IV. 220. Journal von und für Deutschland I. 423. III. 149. Man hat ihn mit dem Papst Urban I. verwechselt und diesem zuweilen auch die Traube als Attribut gegeben, aber mit Unrecht. Noch unpassender ist die Verwechslung des Bischofs und Weinpatrons mit dem Mönch Urbanus in einem Gedicht von Fr. Kind (Legenden 1846, II. 496.). Dieser Urbanus hörte einen Vogel aus dem Paradiese singen, folgte ihm nur auf eine Stunde, und als er heimkehrte, waren Jahrhunderte verflossen.

[550] Die protestantischen Weingärtner in Stuttgart haben einen Becher, zierlich von Rebholz geschnitzt, der den Heiligen darstellt, wie er eine Butte trägt. Die Butte ist von Silber und dient als der Becher. Jährlich beim Fest der Weinverbesserungsgesellschaft kreist dieser Becher herum und ist schon reich mit silbernen und goldnen Ehrenmedaillen und ähnlichen Geschenken behangen. In der Stuttgarter Stiftskirche findet sich noch die Statuette des Heiligen, ganz überlaubt von Reben, die er segnet.