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Constitution vom 7. Jun. 1809

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Textdaten
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Autor: Karl XIII. (Schweden)
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Titel: Constitution vom 7. Jun. 1809
Untertitel:
aus: Die Constitutionen der europäischen Staaten seit den letzten 25 Jahren, Band 2, S. 432–466
Herausgeber: Karl Heinrich Ludwig Pölitz
Auflage:
Entstehungsdatum: 1809
Erscheinungsdatum: 1817
Verlag: F. A. Brockhaus
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Erscheinungsort: Leipzig und Altenburg
Übersetzer:
Originaltitel: Regeringsform dat. Stockholm den 6 juni 1809
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google = Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: 4180375-9
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[432]
Constitution vom 7. Jun. 1809.

§. 1. Das Schwedische Reich soll von einem Könige regiert werden, und ein Erbreich mit der Successionsordnung für die männlichen Nachkommen eines verstorbenen Königs seyn, welches die Stände des Reichs feststellen werden.

§. 2. Der König soll immer der rein Evangelischen Lehre zugethan seyn, so wie sie in der unveränderten augsburgischen Confession, und in dem Beschluß der Versammlung zu Upsala vom Jahr 1593 angenommen und erklärt worden ist.

§. 3. Die Majestät des Königs soll heilig und in Würden gehalten werden; Seine Handlungen sind keiner öffentlichen Censur unterworfen.

§. 4. Der König regiert allein das Reich, so, wie dessen Regierungsform es vorschreibt; indessen nimmt er Bericht und Rath in den hier unten angeführten Fällen von einem Staatsrathe an. Der König erwählt dazu einsichtsvolle, erfahrne, redliche und allgemein geachtete, gebohrne Schwedische Männer von der reinen Evangelischen Lehre, sie mögen nun Adeliche oder Unadeliche seyn.

§. 5. Der Staatsrath soll aus neun Mitgliedern bestehen, welche das Recht besitzen, über alle darin vorkommende Sachen zu verhandeln, nämlich: Ein Justizstaatsminister, der zugleich beständig Mitglied des höchsten Tribunals des Königs seyn soll; ein Staatsminister für die ausländischen Geschäfte; sechs Staatsräthe, von welchen wenigstens drei in Civilämtern gedient haben müssen, nebst einem Hofcanzler. Jeder Staatssecretair, oder derjenige, welcher seinem Amte vorsteht, hat Sitz und Stimme im [433] Staatsrathe, wo er dasjenige vorträgt, oder wo der König etwa dasjenige vorkommen läßt, was zu seinem Beruf gehört. Vater und Sohn oder zwei Brüder auf einmal dürfen nicht beständige Mitglieder des Staatsraths seyn.

§. 6. Es sollen vier Staatssecretaire seyn, nämlich: Einer für das Kriegsdepartement; einer für das Departement der Kameral-Landhaushaltung, Bergwesen, nebst andern gemeinschaftlich damit verbundenen inländischen Civilämtern; einer für die Finanzen, in- und ausländischen Handel und Gewerbe, und einer für die Geschäfte, welche die Religion, die Geistlichkeit, die öffentliche Erziehung und das Armenwesen betreffen.

§. 7. Der König läßt sich im Staatsrathe alle Regierungsangelegenheiten vortragen, und werden daselbst abgemacht, außer den ministeriellen, oder demjenigen , was die Verhältnisse mit fremden Mächten betrifft, dasjenige, was das Commando angeht, worunter dasjenige verstanden wird, welches der König als oberster Befehlshaber über die Kriegsmacht zu Lande und zur See unmittelbar besorgt.

§. 8. Der König darf keinen Beschluß über etwas fassen, worüber der Staatsrath gehört werden muß, wenn nicht drei von dem Staatsrath, nebst dem behörigen Staatssecretair, oder der seinen Dienst verrichtet, zugegen sind. Die sämmtlichen Mitglieder des Staatsraths sollen, ohne gesetzmäßige Abhaltung, bei allen Gegenständen von besonderm Gewicht und Ansehen zugegen seyn, welche, nach den voraus mitgetheilten Vortragslisten, im Staatsrathe vorkommen, und die öffentliche Verwaltung des Reichs betreffen. Solche sind: Fragen und Vorschlag um neue Unternehmungen öffentlicher Einrichtungen, um Aufhebung und Veränderung des vorhin Bestehenden, um neue öffentliche Einrichtungen in den verschiedenen Zweigen der Staatsverwaltung, mit mehrern von gleicher Beschaffenheit.

§. 9. Ueber alle Gegenstände, welche beim Könige im Staatsrathe vorkommen, soll Protokoll gehalten werden. Die gegenwärtigen Staatsminister, Staatsrath, Hofcanzler und Staatssecretair, oder diejenigen, welche der letztgenannten Dienste verrichten, sind verbunden, ihre Meinungen [434] zu äußern und zu erklären. Doch behält der König sich allein vor, zu beschließen. Sollte es irgend unvermuthet eintreffen, daß der Beschluß des Königs offenbar gegen die Regierungsform, oder die öffentlichen Gesetze des Reichs stritte; so liegt es den Mitgliedern des Staatsraths ob, kräftige Vorstellungen dagegen zu machen. Wenn irgend eine besondere Meinung im Protokoll nicht angeführt wird; so werden die zugegen Seyenden angesehen, daß sie den König in dem Beschluß, den er gefaßt, bestärkt haben. Für den Rathschlag sollen die Mitglieder des Staatsraths verantwortlich seyn, so wie es im 106. §. weiter hierüber festgesetzt ist.

§. 10. Zum Vortrag bei dem Könige im Staatsrathe sollen die Gegenstände, nachdem benöthigte Erläuterungen darüber von den belanghabenden Collegien und Beamten eingefordert und eingegangen sind, von dem vortragenden Staatssecretair, oder der seinen Dienst vertritt, nebst acht geschickten und unpartheiischen Männern, vier Adelichen und vier Unadelichen vorbereitet werden. Zu dem Protokoll, welches in dieser öffentlichen Vorbereitung geführt wird, geben[WS 1] der Vortragende und die übrigen Mitglieder ihre Aeußerungen ab, welche sodann bei dem Könige im Staatsrathe bekannt gemacht werden.

§. 11. Die ministeriellen Gegenstände mag der König bereiten und handhaben lassen, so wie es ihm am schicklichsten dünkt. Dem Staatsminister für die ausländischen Angelegenheiten kommt es zu, daß diese Gegenstände vor dem Könige in Gegenwart des Hofcanzlers, oder wenn dieser nicht zugegen seyn kann, in Gegenwart eines andern Mitgliedes des Staatsraths vorgetragen und dargelegt werden. Ist der Staatsminister abwesend; so trägt der Hofcanzler oder ein Mitglied des Staatsraths, welches der König in diesem Falle auffordert, vor. Nachdem der König den angeführten Rath dieser Beamten, für welchen sie verantwortlich sind, hat protokolliren lassen; so faßt der König in derselben Gegenwart den Beschluß. Dem Canzler oder demjenigen, welchen der König verordnet, liegt es ob, das Protokoll zu führen. Von solchem Beschluß mag der König dem Staatsrathe Kenntniß zukommen lassen, was ihm nützlich scheint, so daß selbst keine Kenntniß [435] von diesem Zweige der Reichsverwaltung dem Staatsrathe mitgetheilt werden darf.

§. 12. Der König hat das Recht mit fremden Mächten Unterhandlungen und Bündnisse einzugehen, nachdem er, zu Folge des vorhergehenden §., den Staatsminister für die ausländischen Angelegenheiten und den Hofcanzler darüber gehört hat.

§. 13. Will der König Krieg anfangen oder Frieden schließen; so ruft er einen außerordentlichen Staatsrath von dem Staatsminister, Staatsräthen, Hofcanzler und sämmtlichen Staatssecretairen zusammen, stellt ihnen die Ursache und Umstände, die hierbei zur Ueberlegung vorkommen, vor, und fragt sie hierüber nach ihrer Meinung, die jeder für sich, mit der Verantwortlichkeit, welche der 107. §. bestimmt, zu Protokoll abzugeben hat. Der König besitzt hierauf die Macht, den Beschluß zu fassen, und auszuführen, welchen er für des Reiches Beste findet.

§. 14. Ueber die Kriegsmacht des Reichs zu Lande und zur See besitzt der König den höchsten Befehl.

§. 15. Was das Commando betrifft; so mag der König die Angelegenheiten desselben in Gegenwart derjenigen Person, welche der König damit beauftragt, abmachen. Diesem liegt unter Verantwortung ob, daß, wenn dieser Gegenstand vorbereitet wird, er seine Meinung über die beschlossene Unternehmung des Königs äußern, und wenn seine Meinung nicht mit dem Beschluß des Königs übereinstimmt, daß er seine geäußerten Bedenklichkeiten und seinen Rath zu Protokoll bringt, deren Richtigkeit der König vermittelst seiner hohen Unterschrift bestätigt. Findet die besagte Person, daß die Unternehmung von einer gefährlichen Richtung oder Umfassung sey, oder daß sie sich auf ungewisse und nicht hinreichende Mittel, sie auszuführen, gründe; so überrede er, daß der König hierüber einen Kriegsrath, zwei oder mehrere der gegenwärtigen höheren Militairpersonen zusammenberufe; doch sey dem Könige unbenommen, bei dieser Ueberredung und bei den im Protokoll angeführten Gedanken des Kriegsraths, zu bestimmen, was gut scheint.

§. 16. Der König muß, was recht und wahr ist, befördern, Falschheit und Unrecht hindern und verbieten, keinen [436] verderben, noch am Leben, Ehre, persönlicher Freiheit und Wohlfahrt jemanden, ohne gesetzmäßig überführt und gerichtet zu seyn, verderben lassen; auch keinem weder bewegliche noch unbewegliche Güter ohne Untersuchung und Urtheil, in der Ordnung, so wie es Schwedens Gesetz und gesetzmäßige Verordnungen vorschreiben, abhänden noch abhanden lassen; Niemandes Frieden in dessen Hause stören oder stören lassen; keinen von einem Orte zum andern verweisen; Niemandes Gewissen zwingen noch zwingen lassen, sondern einen jeden bei freier Ausübung seiner Religion schützen, in so fern er dadurch nicht die öffentliche Ruhe stört, oder kein allgemeines Aergerniß zu Statten kommen läßt. Der König läßt einen jeden von demjenigen Tribunal richten, unter welches er rechtlich gehört, und dem er zu gehorchen hat.

§. 17. Das Tribunal des Königs soll aus Zwölf von ihm ernannten sachkundigen Männern, sechs Adelichen und sechs Unadelichen, bestehen, welche dasjenige ausrichten, was die Verfassung ihnen vorschreibt, und im Richteramte angestellt gewesen sind, und hierin Einsicht, Erfahrung und Redlichkeit an den Tag gelegt haben. Sie werden Justizräthe genannt, und machen den höchsten Richterstuhl des Königs aus.

§. 18. und 19. Der König ist die letzte Instanz bei wichrigen Nachsuchungen. Kommen beim Könige von den Richtern und Beamten Vorfragen wegen der rechten Meinung des Gesetzes in Fällen vor, welche vor das Forum der Richter gehören; so besitzt der höchste Richterstuhl das Recht, solche nachgesuchte Erklärungen zu geben.

§. 20. In den Friedenszeiten sollen die Sachen, welche von dem Kriegstribunal dem Könige zur Prüfung vorgelegt werden, beim höchsten Richterstuhl vorgenommen und abgemacht werden. Zwei Militairmitglieder des Staatsraths, welche der König hierzu ersieht und verordnet, müssen in solchen Sachen beim höchsten Richterstuhl zugegen seyn und darüber stimmen; doch muß die Zahl der Richter auf Acht beschränkt seyn. Während eines Kriegs verhält es sich hiermit nach den Kriegsartikeln.

§. 21. Der König hat zwei Stimmen in denjenigen Sachen, bei deren Vortrage und Abmachung er beim höchsten [437] Richterstuhl zugegen zu seyn für gut findet. Alle Fragen um Erklärung über ein Gesetz sollen beim Könige angemeldet, und dessen Stimmen darin eingehohlt und aufgezeichnet werden, obschon er nicht bei den Ueberlegungen beim höchsten Richterstuhl daran Theil genommen.

§. 22. Beim höchsten Richterstuhl können geringere Sachen von fünf Mitgliedern selbst, von vieren, wenn sie alle Viere in ihrem Beschluß[WS 2] eins sind, geprüft und abgemacht werden. Ueber wichtigere Sachen sollen zum wenigsten Sieben richten. Mehr als acht Mitglieder, vier Adeliche und vier Unadeliche, müssen nicht auf einmal Dienste thun. Bei allen Sachen müssen zum wenigsten zwei adeliche und zwei unadeliche Mitglieder zugegen seyn.

§. 23. Alle Beschlüsse des höchsten Richterstuhls werden im Namen des Königs mit dessen hoher Unterschrift, oder unter dessen geheimem Siegel ausgefertigt.

§. 24. Bei der niedern Justizrevision des Königs sollen alle Justizsachen zum Vortrag beim höchsten Richterstuhl vorbereitet werden.

§. 25. Der König hat bei Verbrechen das Begnadigungsrecht, mildert Lebensstrafe, und stellt Ehre und an die Krone verwirkte Güter wieder her, Doch muß bei Ansuchen um Begnadigung der höchste Richterstuhl gehört werden, und der König faßt seinen Beschluß im Staatsrathe. Auf die Verbrechungsart soll es sodann ankommen, die Gnade zu empfangen, welche der König gewährt, oder die Strafe zu erleiden, wozu sie verurtheilt worden.

§. 26. Wenn Justizsachen im Staatsrathe vorgetragen werden; so sollen der Justizstaatsminister, zum wenigsten zwei Staatsräthe, zwei Mitglieder des höchsten Richterstuhls, wie auch der Justizcanzler dabei zugegen seyn, mit der Schuldigkeit, ihre Aeußerungen zu protokolliren, so wie es den Mitgliedern des Staatsraths im 9. §. im Allgemeinen vorgeschrieben worden.

§. 27. Zum Justizcanzler hat der König einen gesetzkundigen, einsichtsvollen und rechtschaffenen Mann, welcher im Richteramte angestellt gewesen, zu ernennen. Ihm, als dem höchsten Schiedsrichter beim Könige, liegt es vorzüglich ob, das Wort des Königs in Sachen, welche die öffentliche Sicherheit und der Krone Gerechtsame betreffen, [438] zu führen, oder durch die unter ihm gestellten Fiskale führen zu lassen, auch, von wegen des Königs, Aufsicht über die Handhabung der Gerechtigkeit zu führen, und in solcher Eigenschaft Fehler zu rügen, welche von Richtern und Beamten begangen sind.

§. 28. Der König hat im Staatsrathe gebohrne Schweden zu allen den höhern und niedrigern Aemtern und Diensten zu ernennen und zu befördern, welche von der Art sind, daß der König die Vollmachten dazu auszufertigen hat; doch müssen die Belanghabenden voraus mit der Anzeige eingekommen seyn, wo sie bisher angestellt gewesen; indessen ist es dem Könige unbenommen, bei Militairämtern Ausländer von besondern Fähigkeiten zu benutzen, doch nicht zu Commandanten in den Festungen. Bei allen Beförderungen hat der König nur das Verdienst und die Fähigkeit der sich Bewerbenden, aber nicht deren Geburt vor Augen. Zu Staatsmintstern, Staatsräthen, Justizräthen, Staatssecretären, wie auch zu allen andern Civilbeamten im Reiche, und Richtern, müssen nur solche Männer ernannt werden, die von der reinen Evangelischen Lehre sind.

§. 29. Zum Erzbischoff und zu Bischöffen, mit deren Wahl es sich nach voriger Gewohnheit verhält, ernennt der König einen von den dreien, welche vorgeschlagen worden sind.

§. 30. Der König fertigt die Predigerbestallungen bei den Kronpfarren auf die bisher übliche Art aus. Die sogenannten consistoriellen Sprengel werden bei ihrem Wahlrecht erhalten.

§. 31. Die Bürgerschaften der Städte genießen ferner die Rechte, die sie bisher gehabt haben. Zur Stelle eines Bürgermeisters werden drei gehörige Männer vorgeschlagen, worauf der König einen davon ernennt. Auf gleiche Weise verhält es sich mit den Rathsmännern und Magistratssecretairämtern in Stockholm.

§. 32. Die Gesandtschaften bei fremden Mächten und die bei einer Ambassade anzustellenden Personen ernennt der König in Gegenwart des Staatsministers für die auswärtigen Angelegenheiten, wie auch des Hofcanzlers.

[439] §. 33. Wenn solche Bestallungen, wozu der Vorschlag gemacht worden ist, vom Könige sollten ausgefertigt seyn; so müssen die Mitglieder des Staatsraths sich über die Tauglichkeit und Verdienste der sich Bewerbenden äußern. Sie besitzen selbst das Recht, gegen die Ernennungen des Königs zu andern Diensten und Aemtern unterthänige Erinnerungen zu machen.

§. 34. Die in dieser Regierungsform bestimmten neuen Aemter der Staatsminister, Staatsräthe und Justizräthe, sollen im Reichsetat angeführt werden. Die zwei Staatsminister besitzen die höchste Reichswürde. Die Staatsräthe haben mit den Generalen, und Justizräthen mit den Generallieutenanten ein gleiches Ansehen.

S. 35. Der Staatsminister für die auswärtigen Angegenheiten, die Staatsräthe, die Präsidenten in den Collegien, die Oberstatthalter, Unterstatthalter und Polizeimeister in der Hauptstadt, der Hofcanzler, die Justizcanzler, die Staatssecretäre, Amtmänner und Statthalter auf dem Lande, die Feldmarschälle, Generale und Admirale von allen Graden, die Generaladjutanten, Oberadjutanten, Stabsadjutanten, Commandanten in den Festungen, Capitain-Lieutenants und Officiere bei den Leibtrabanten, Obersten über die Regimenter, Secondchefs bei den Garderegimentern zu Pferd und zu Fuß, wie auch Oberstlieutenants bei der Brigade des Leibregiments, die Chefs bei der Artillerie, bei den Fortificationsfeldmessungs- und Seemessungswesen, Minister und Gesandte bei fremden Mächten, nebst den Beamten und Bedienten, die in dem Cabinet des Königs zur ausländischen Correspondenz und bei Bothschaften angestellt werden, haben ein ihnen vertrautes Amt, wovon der König sie entledigen mag, wenn er prüft, daß der Dienst des Reichs es fordert. Doch macht der König einen solchen Beschluß im Staatsrathe bekannt, dessen Mitglieder schuldig sind, dagegen unterthänige Vorstellungen zu machen, wenn sie dazu Ursach zu haben finden.

§. 36. Diejenigen, welche sowohl höhere als niedrige Richterämter bekleiden, sowie auch alle andre Beamte und im Dienste stehende, die im vorgedachten §. nicht erwähnt sind, können, ohne vorhergegangene Untersuchung vor Gericht, nicht von ihrer innehabenden Stelle vom Könige abgesetzt [440] werden; eben so wenig können sie, ohne geschehenes eigenes Nachsuchen, zu andern Diensten befördert oder versetzt werden.

§. 37. Der König besitzt das Recht, würdige Männer, die durch Treue, Tapferkeit und Tugend, durch Gelehrsamkeit und eifrige Dienste sich um den König und das Reich verdient gemacht haben, in den Adelstand zu erheben. Der König mag mit Gräflicher und Freiherrlicher Würde Männer begnadigen, die durch große und ausgezeichnete Verdienste dazu würdig angesehen werden. Der Adelstand, oder die Gräfliche und Freiherrliche Würde, darf keinem mehr, als demjenigen, welcher geadelt oder erhöhet worden, zufallen, und nach demselben seinen ältesten männlichen leiblichen Erben in gerade herabsteigender Linie, und nach dem Ausgang dieses Zweiges, dem nächsten männlichen Abkommen des Stammvaters u. s. w.

§. 38. Alle vom Könige ausgehende Expeditionen und Befehle, welche das Commando betreffen, sollen, um gültig zu seyn, von dem Vortragenden contrasignirt werden, welcher verantwortlich ist, daß sie mit dem darüber geführten Protokoll übereinstimmen. Sollte der Vortragende irgend finden, daß der Beschluß des Königs gegen die Regierungsform streite; so hat er darüber im Staatsrathe Vorstellungen zu machen. Besteht der König dennoch darauf, daß ein solcher Beschluß ausgefertigt werden soll; so ist es des Vortragenden Recht und Pflicht, seine Contrasignation dazu zu verweigern, und als Folge hiervon sein Amt niederzulegen, welches er nicht eher zurücknehmen darf, als bis die Reichsstände sein Verhalten geprüft und bewährt haben. Inzwischen sollen sein Sold und die beikommenden Einkünfte der übrigen Dienste ihm verbleiben.

§. 39. Will der König ins Ausland reisen; so theile Er dem Staatsrathe in pleno dieß sein Vorhaben mit, und entnehme dessen Gedanken hierüber, auf die Weise, wie im 9 §. angeführt ist. Beschließt der König hierauf solche Reise, und stellt sie ins Werk; so befaßt Er sich nicht mit der Regierung des Reichs, noch übt er die Königliche Macht aus, so lange Er im Auslande verweilt, sondern der Staatsrath führt sodann, während der Abwesenheit des Königs, in dessen Namen die Regierung mit allem demjenigen [441] Recht, welches die Regierungsform des Landes dem Könige beilegt; doch darf der Staatsrath keinesweges Adelstand und Würden ertheilen, oder jemanden zum Gräflichen und Freiherrlichen Stande erhöhen, noch Ritterwürden verleihen, und ebenfalls können alle ledige Aemter nur ad interim von demenigen verwaltet werden, welche der Staatsrath dazu verordnet. Welches Verhalten beobachtet werden, soll, wenn der König länger als zwölf Monate aus dem Reiche bleibt, ist im 91 §. festgesetzt.

§. 40. Wird der König so krank, daß er die Regierungsgeschäfte nicht wahrnehmen kann; so verwaltet der Staatsrath die Regierung, so wie es im vorhergehenden §. bestimmt ist.

§. 41. Der König wird mündig, wenn Er sein zwanzigstes Jahr erreicht hat. Stirbt der König innerhalb der Zeit, daß der Thronfolger jenes Alter erreicht; so führt der Staatsrath mit Königlicher Macht und Ansehen im Namen des Königs die Staatsverwaltung. Bis die Stände des Reichs zusammen kommen, richtet sich der Staatsrath unwillkührlich nach der Regierungsform des Landes.

§. 42, Sollte das Unglück eintreffen, daß das ganze Königliche Haus, in welchem das Erbrecht zum Reiche gilt, von männlicher Seite ausgienge; dann verwaltet ebenfalls der Staatsrath mit Königlicher Macht und Ansehen bis zu der Zusammenkunft der Reichsstände die Regierung.

In allen den Fällen, welche die vier vorhergehenden §. §. behandeln, sollen sämmtliche Staatssecretaire im Staatsrathe zugegen seyn, und ihre Stimmen abgeben.

§. 43. Geht der König zu Felde, oder reiset Er nach abgelegenen inländischen Oertern; so verordnet Er vier Mitglieder des Staatsraths und unter diesen den Justizstaatsminister, um auf die Weise, wie der König vorschreibt, die Regierung zu führen. Mit der Art und Weise, die der König dann selbst vorschreibt, verhält es sich so, wie der 8 §. festsetzt.

§. 44. Kein Prinz des Königlichen Hauses, er sey Kronprinz, Erbfürst oder Fürst, darf sich ohne Wissen und Einwilligung des Königs vermählen. Geschieht es dennoch; [442] so hat er das Erbrecht zum Reiche sowohl für sich, als für seine Kinder und Nachkommen verwirkt.

§. 45. Weder der Kronprinz und Erbfürst des Schwedischen Reichs, noch Prinzen aus dem Königlichen Hause desselben sollen Leibgedinge oder Civilämter besitzen; doch kann ihnen nach altem Gebrauche Titel von Herzog und Fürstenthümern beigelegt werden, doch ohne Ansprüche auf die Landschaft, deren Namen sie tragen.

§. 46. Das Land soll in Gouvernements unter der gewöhnlichen Landesregierung eingetheilt werden. Kein Generalgouverneur darf künftig im Reiche verordnet seyn.

§. 47. Die Hofgerichte des Reichs und alle übrige Richterstühle sollen nach den Gesetzen und gesetzlichen Verordnungen richten; die Collegien des Reichs, die Landesregierung zugleich mit allen andern sowohl höhern als niedern Beamten sollen die ihnen obliegenden Aemter und Geschäfte zufolge der Instructionen, der Reglements und der Vorschriften, die schon gegeben sind, oder fernerhin gegeben werden, verwalten, den Befehlen des Königs gehorchen, und sich einander zur Vollstreckung derselben, und alles dessen, was der Dienst des Reichs von ihnen fordert, zur Hand gehen, indem sie dem Könige in gesetzlicher Ordnung verantwortlich bleiben, wenn etwas von ihnen unterlassen, versäumt oder ungesetzlich behandelt wird.

§. 48. Der Hof des Königs steht unter dessen eigener Verwaltung, indem Er hier diejenigen anstellen kann, die Ihm gut dünken. Alle Stellen an Seinem Hofe mag der König nach Gefallen besetzen oder entledigen.

§. 49. Die Stände des Reichs sollen kraft des Grundgesetzes, wenn fünf Jahre von dem zuletzt gehaltenen Reichstage verflossen sind, zusammen kommen. Bei jedem Reichstagsbeschluß sollen die Stände des Reichs den Tag bestimmen, wann sie zufolge dessen wiederum zusammentreten, und dabei ausdrücklich die Zusammenberufung des Reichstags mit den nöthigen Vorschriften, in Hinsicht auf die Wahl der Mitglieder desselben, anführen. Dem Könige bleibt es indessen unbenommen, die Reichsstände innerhalb einer solchen Zeit zu einem außerordentlichen Reichstage zusammen zu rufen.

[443] §. 50. Die Reichstage sollen in der Hauptstadt des Reichs gehalten werden, ausgenommen in dem Fall, wenn der Andrang des Feindes, oder Pest, oder andere dergleichen wichtige Hindernisse dasselbe unmöglich machen, oder daß es für die Freiheit und Sicherheit der Reichsstände gefährlich seyn sollte. Der König bestimmt alsdann, zugleich mit Rath der Bevollmächtigten der Reichsstände bei der Bank und bei dem Reichsschuldencomptoir, einen andern Ort, wo die Stände des Reichs sich versammeln müssen, und ruft zu solcher Zeit dahin, welche sie selbst voraus bestimmt haben.

§. 51. In dem Fall, daß der König oder der Staatsrath die Reichsstände zusammen ruft, wird die Zeit zur Eröffnung des Reichtags nach dem dreizehnten und innerhalb funfzehn Tagen, von dem Tage an gerechnet, wann die Zusammenberufung in den Kirchen der Hauptstadt bekannt gemacht worden, festgesetzt.

§. 52. Der König ernennt den Landmarschall und Sprecher für den Bürger und Bauernstand, wie auch die Secretäre für den Bauernstand. Der Erzbischoff ist beständig Sprecher für den Priesterstand.

§. 53. Die Stände des Reichs erwählen sogleich, wenn der Reichstag eröffnet wird, die Ausschüsse, welche die Angelegenheiten vorbereiten sollen. Diese bei jedem Reichstage nöthigen Ausschüsse sind: Ein Constitutionsausschuß, um Fragen zu veranlassen und aufzunehmen, welche Veränderungen in den Grundgesetzen betreffen, und ihre Aeußerungen darüber an die Stände des Reichs abzugeben, wie auch die im Staatsrathe geführten Protokolle genau nachzusehen; ein Staatsausschuß, um vor den Reichsständen den Zustand, die Verwaltung und den Behuf des Bestandes der Finanzen und der Reichsschulden darzulegen; ein Bewilligungsausschuß, um die Vertheilung der Bewilligung vorzuschlagen; ein Bankausschuß, um die Verwaltung der Bank und ihren Zustand nachzusehen, auch Vorschriften zur Verwaltung derselben zu geben; ein Gesetzausschuß, um Vorschläge zur Verbesserung der Civil-, Criminal- und Kirchengesetze auszuarbeiten, wie auch ein öconomischer Ausschuß, um die Mängel bei den öffentlichen [444] Oeconomieanstalten zu bemerken, und Abänderungen dabei vorzuschlagen.

§. 54. Fordert der König von den Ständen des Reichs einen besondern Ausschuß, um mit Ihm über Sachen zu berathschlagen, womit die andern Ausschüsse sich nicht befassen können, und wenn die Verhandlungen geheim gehalten werden müssen; so errichten die Reichsstände einen solchen; doch besitzt derselbe nicht die Macht, einen Beschluß zu fassen, sondern bloß dem Könige seine Aeußerungen über die Gegenstände abzugeben, welche der König demselben mittheilt.

§. 55. Die Reichsstände dürfen bei dem Zugegenseyn des Königs über keinen Gegenstand etwas beschließen. Die Ausschüsse der Reichsstände, welche nicht diejenigen sind, welche in dem vorhergehenden §. erwähnt worden, können in Gegenwart des Königs keine Ueberlegung anstellen.

§. 56. Fragen, welche den Staat betreffen, und in pleno der Reichsstände vorkommen, dürfen nicht unmittelbar als abgemacht aufgenommen werden, sondern sind einem behörigen Ausschuß zu übergeben, welcher dieselben zu untersuchen, und sich darüber zu äußern hat. Vorschläge eines Ausschusses sollen zuerst in pleno des Standes zur Annahme oder zur Verwerfung ohne Veränderungen oder Zusätze dargebracht werden. Geschehen dabei in pleno des Standes solche Anmerkungen, welche die Annahme verhindern; so werden diese Anmerkungen dem Ausschuß mitgetheilt, um darauf den Vorschlag nachdrücklichst zu untersuchen und auszugleichen. Wenn ein so erwogener Vorschlag zu dem Stande zurückkömmt; so besitzt derselbe die Macht, denselben unverändert oder mit Veränderungen anzunehmen, oder gänzlich zu verwerfen.

§. 57. Das uralte Recht der Schwedischen Nation, sich selbst zu beschatzen, wird von den Ständen des Reichs allein beim allgemeinen Reichstage ausgeübt.

§. 58. Auf jedem Reichstage läßt der König den Zustand der Finanzen in allen ihren Theilen, sowobl in Ansehung der Einkünfte als der Ausgaben, Forderungen und Schulden dem Staatsausschusse, welchen die Reichsstände erwählen, vorlegen. Sollten durch Tractaten mit fremden [445] Mächten einige Mittel dem Reiche zufließen; so sollen diese auf gleiche Weise nachgewiesen werden.

§. 59. Dem Zustande des Reichs und der Finanzen zufolge, stellt der König dem Ausschuß die Ueberlegung anheim, ob der Staat seine Bedürfnisse durch die gewöhnlichen Einkünfte bestreiten kann, oder welcher Behuf durch Bewilligung erfüllt werden muß.

§. 60. Zu den letztern werden See-, und Landzoll, wie auch Accisabgaben, Postgefälle, Stempelpapierabgaben, Hausbedarfbrennereigefälle, nebst dem, was die Stände des Reichs noch besonders an jedem Reichstage als Bewilligung annehmen, gerechnet. Keine öffentliche Abgaben, von welchem Namen und von welcher Beschaffenheit sie auch seyn mögen, können ohne Einwilligung der Reichsstände erhöhet werden, ausgenommen allein der Seezoll für einkommendes und ausgehendes Korn. Eben so wenig darf der König die Einkünfte des Staats verpachten, oder zum Gewinn für sich, für die Krone, oder einzelne Personen und Corporationen irgend Monopolien errichten.

§. 61. Alle Abgaben, welche die Stände des Reichs unter den im vorhergehenden §. genannten Titeln bewilligen, werden vor und mit des Jahres Anfang, welcher nachher einfällt, wenn die Bewilligung festgesetzt worden, gerechnet. Werden die Stände des Reichs innerhalb der Zeit vom Könige oder dem Staatsrathe zusammen berufen; so hören die Bewilligungen, wohin alle obgedachte Abgaben zu rechnen sind, mit des Jahres Ausgange, worin ein solcher Reichstag anfängt, auf.

§. 62. Nachdem der Behuf der Finanzen vom Staatsausschuß aufgegeben, und von den Reichsständen geprüft worden, kömmt es auf die Stände des Reichs an, eine dem entsprechende Bewilligung anzunehmen, und zugleich dabei festzusetzen, wie besondere Summen davon zu besondern Zwecken angewandt werden sollen, und diese Summe unter bestimmten Hauptnamen im Reichsetat anzuschlagen.

§. 63. Außerdem müssen für unvorhergesehene Zufälle zwei besondere hinreichende Summen ausgesetzt und angeschlagen werden; die eine, die der König benutzen mag, wenn er sie zur Vertheidigung des Reichs oder zu andern höchst wichtigen und passenden Zwecken, nachdem die Gedanken [446] des gesammten Staatsraths vernommen sind, unumgänglich nothwendig findet; die andere, daß der König bei entstandenem Kriege aus der Bank der Reichsstände Hebungen mache, nachdem sein Staatsrath in pleno darüber gehört, und die Reichsstände zusammen berufen worden. Die versiegelte Anordnung für die letztgedachte Summe dürfen nicht eher aufgebrochen, noch darf die Summe von den Bevollmächtigten der Bank eher ausgezahlt werden, als die Zusammenberufung des Reichstags in den Kirchen der Hauptstadt gehörig kund gemacht worden.

§. 64. Sowohl die gewöhnlichen Staatsmittel und Einkünfte, als dasjenige, was auf vorgedachte Weise von den Reichsständen unter dem Namen außerordentlicher Auflagen oder Bewilligungen für die Staatseinkünfte angeschlagen worden, ist unter der Disposition des Königs, damit es zu dem von den Reichsständen geprüften Behuf und nach dem errichteten Etat angewandt werde.

§. 65. Diese Staatsmittel dürfen nicht anders angewandt werden, als festgesetzt worden ist, indem die Mitglieder des Staatsraths verantwortlich sind, wenn sie eine Abweichung davon statt finden lassen; sie haben vielmehr beim Protocolle Vorstellungen dagegen zu machen, und dasjenige anzuführen, was die Stände des Reichs hierin verordnen.

§. 66. Das Reichsschuldencomtoir verbleibt, so wie bisher unter der Leitung, Einsicht und Verwaltung der Reichsstände; und da die Stände des Reichs die Verantwortlichkeit der Reichsschulden, worüber das Comtoir die Geschäfte hat, auf sich nehmen; so haben auch die Reichsstände, nachdem der[WS 3] Staatsausschuß sich über den Zustand und den Behuf des Comtoirs ausgelassen, durch besondere Bewilligungen die Mittel zusammen zu schießen, die zur Bezahlung der Schuld, der Zinsen und des Capitals unumgänglich gefunden werden, so daß der Credit des Reichs beibehalten und geschützt werde.

§. 67. Der Sachwalter des Königs beim Reichsschuldencomtoir wohne den Zusammenkünften der Bevollmächtigten nicht öfter bei, als wenn die Bevollmächtigten verlangen, mit ihm zu überlegen.

[WS 4] [449] §. 68. Die zu dem Reichsschuldenwesen gehörenden und dazu angeschlagenen Mittel dürfen unter keinem Vorwand, noch unter irgend einer Willkühr demselben entnommen, oder zu anderm Behuf, als von den Reichsständen bestimmt ist, angewandt werden. Jede Verordnung, die dagegen streitet, ist kraftlos.

§. 69. Entstehen entweder bei den Reichsständen insgesammt, oder bei irgend einem Stande Bedenklichkeiten, dasjenige anzunehmen, was der Staatsausschuß in demjenigen anräth, was entweder die Regulirung des Etats oder den darnach sich zu richtenden ganzen Belauf der Bewilligung anbetrifft, oder was zu den Ausgaben des Reichsschuldencomtoirs und zu den Einkünften gehört, oder auch die Leitung und Verwaltung des Reichsschuldencomtoirs angeht; so sollen die Ursachen angeführt werden, auf welche sich solche Bedenklichkeiten stützen, und dem Staatsausschuß mitgetheilt werden, welcher darauf die Sache in besondere Erwägung nimmt. Denkt der Staatsausschuß von der schon abgegebenen Aeußerung nicht abweichen, oder den Gedanken der Reichsstände oder eines einzelnen Standes nicht beistimmen zu können; so ernennt der Ausschuß Depurirte, welche in demjenigen Stande, wo Bedenklichkeiten sich hervorthun, auftreten, und wo die Sache näher auseinander[WS 5] gesetzt wird. Verbleibt ein Stand dennoch bei der Meinung, welche er voraus gefaßt; so wird die Sache durch einen Beschluß dreier Stände abgemacht. Stehen zwei Stände gegen zwei; dann soll der Staatsausschuß mit so vielen Mitgliedern aus jedem Reichsstande nach gewöhnlicher ordentlicher Wahl erhöht werden, so daß dreißig aus jedem Stande dazu kommen. Nachdem eines der sämmtlichen Mitglieder dieses besondern Ausschusses ausgelooset worden, stimmen die übrigen gemeinschaftlich und nicht nach Stand, mit geschlossenen Zetteln, zur unwillkürlichen Annahme oder Verwerfung dessen, was der Staatsausschuß anräth, und zwar bloß in den Fragen, warum der Reichsstand verschiedener Meinung ist; und die Meinung der Mehrsten, die dergestalt ihre Stimmen geben, wird als ein Reichstagsbeschluß angesehen.

§. 70. Wenn die Summe, welche durch Bewilligung ausgemacht werden muß, von den Reichsständen bestimmt [450] wird; so sollen sie ausdrücklich ihrem gewählten Bewilligungsausschuß auftragen, Vorschläge zur Vertheilung und Hebung der gedachten Summe zu treffen, Fonds dazu anzugeben, und die Art und Weise darzuthun, wie solche in jedem besondern Fall angewandt werden können, welches alles der Bewilligungsausschuß den Reichsständen in pleno vorzustellen hat.

§. 71. Sind mehrere der Reichsstände in Ansehung der Fonds, der Art und Weise ihrer Anwendung, der Vertheilung der Bewilligungen und der Hebung derselben uneins, oder sollte, was nicht zu erwarten steht, irgend ein Reichsstand allein sich der Theilnahme an der festgesetzten Bewilligungssumme, welche der Bewilligungsausschuß vorgeschlagen, entziehen; so soll jeder Reichsstand, welcher eine Aenderung im Vorschlage des Reichsausschusses verlangt, den übrigen seine Gründe dazu mittheilen, und die Art und Weise angeben, wie eine solche Abänderung zu erreichen sey, ohne daß der Zweck verfehlt wird. Hierüber wird der Bewilligungsausschuß gehört, worauf die Reichsstände dasselbe oder die Fragen, warum eine Zwistigkeit unter ihnen entstanden, zur Abmachung vornehmen. Fallen drei Stände demjenigen bei, was gegen den Vorschlag des Bewilligungsausschusses in einem oder andern Theil angemerkt worden; so wird der Vorschlag in diesen Theilen verworfen. Verwerfen drei Stände dasjenige, worauf ein einzelner Stand dringt, und dieser verbleibt dennoch bei seiner Meinung, oder stehen zwei Stände gegen zwei; dann soll die Sache, so wie im 69. §. vorgeschrieben ist, dem Staatsausschuß, der zu einer solchen Anzahl von Mitgliedern, wie eben daselbst bestimmt wird, erweitert worden, zur Abmachung überlassen werden. Geben drei Stände demjenigen ihren Beifall, was gegen den Vorschlag des Bewilligungsausschusses in einem oder andern Theil angemerkt worden; so wird der Vorschlag in diesen Theilen verworfen. Schlagen drei Stände dasjenige ab, was ein einzelner Stand fordert, und dieser verharrt dennoch auf seiner Meinung, oder stehen zwei Stände gegen zwei; so soll die Sache dem Staatsausschuß, der zur bestimmten Anzahl von Mitgliedern erhöht worden, auf die Weise zur Abmachung überlassen werden, wie es [451] der 69. §. vorschreibt. Geben die mehrsten Mitglieder dieses Ausschusses dem Vorschlag des Bewilligungsausschusses in einem oder mehrern denjenigen Theilen, worin die Stände des Reichs denselben voraus nicht einhellig angenommen haben, ihren Beifall; so verbleibt dieser Vorschlag hierin mit aller Kraft eines Beschlusses der Reichsstände geltend; verwerfen sie denselben in irgend denjenigen Theilen, die selbst von drei Reichsständen verworfen worden sind; so liegt es dem Bewilligungsausschuß ob, eine andere Vertheilung oder andere Fonds und die Art und Weise vorzuschlagen, wie bloß derjenige Antheil an der Bewilligungssumme auszumitteln sey, worauf der verworfene Theil bei dem ersten Vorschlag des Ausschusses sein Augenmerk gerichtet hat.

§. 72. Die Bank der Reichsstände verbleibt künftig, wie sie bisher gewesen, unter der eigenen Garantie und Aufsicht der Reichsstände, so daß sie ungestört von den Bevollmächtigten, welche jeder Stand dazu verordnet, nach den Verordnungen und Reglements, die bereits gegeben sind, oder noch ferner von den Reichsständen gegeben werden können, verwaltet werden kann; indem die Reichstände allein das Recht besitzen , die ausgegebenen Bankozettel als Reichsmünze anerkennen zu lassen.

§. 73. Keine neuen Auflagen, Ausschreibungen an Mannschaft, oder Geld und Waaren, dürfen künftig, ohne den freien Willen, und ohne Einwilligung der Reichsstände nach der vorhin gedachten Ordnung, aufgelegt, gehoben, noch gefordert werden.

§. 74. Der König hat nicht die Macht, irgend einen andern Beitrag zur Ausführung eines entstandenen Krieges zu fordern, als den Zusammenschuß von Lebensmitteln, welcher in einem Landesort zur Unterhaltung des Kriegsvolks zu einem Zuge oder Marsche erforderlich seyn kann, wenn nämlich die verschiedenen Oerter, durch die der Zug geschieht, die Truppen mit nöthiger Unterhaltung zu versehen, nicht im Stande sind. Dieser Beitrag soll indessen sogleich durch Geld aus den Staatsmitteln, nach dem festgesetzten Marktgangspreis und mit Erhöhung zur Hälfte ihres Belaufs, den Lieferanten bezahlt werden. Er soll aber nicht für Truppen gefordert werden, die nach irgend einem [452] Orte verlegt, oder unter Kriegsbewegungen benutzt werden; dann sind die Truppen aus den dazu gesammelten Magazinen oder Vorrath mit ihren Bedürfnissen zu versehen.

§. 75. Die jährlichen Marktgangstaxen sollen durch Deputirte aus allen Reichsständen, welche auf die Art, wie jeder einzelne Stand für sich es vorschreibt, zu wählen sind, errichtet werden. Was diese festsetzen, dem soll nachgelebt werden, in so fern keine Veränderung darin ordnungsmäßig nachgesucht und bestimmt wird.

§. 76. Ohne Einwilligung der Reichsstände kann der König keine Anleihe in und außer dem Reiche machen, noch dasselbe mit neuen Schulden belasten.

§. 77. Die Domainen mit den darunter stehenden Dörfern, die Kronwälder, Parks und Thiergärten, Kronwiesen, nebst Lachsfang und anderer Kronfischerei, wie auch die übrigen Kronbeneficien, darf der König[WS 6] nicht ohne Einwilligung der Reichsstände, durch Verkauf, Verpfändung oder Verschenkung noch auf irgend eine andere Art, abhändigen. Sie sollen so, wie es die Reichsstände bestimmt, verwaltet werden; doch mögen die Personen und Gemeinen, die, nach den bisher geltenden Verfassungen, solche Domainen inne haben, oder benutzen, daran ein gesetzmäßiges Recht zu ihrem Nutzen genießen, auch können urbare oder urbar zu machende Felder in den Kronenwäldern in gewöhnlicher Ordnung nach den gegenwärtigen oder künftig bestehenden Verfassungen zinsbar verkauft werden.

§. 78. Kein Theil des Reichs darf davon durch Verkauf, Verpfändung, Verschenkung, oder auf eine andere dergleichen Art getrennt werden.

§. 79. Keine Veränderung in der Reichsmünze, in Ansehung des Schrotes und Korns, der Erhöhung oder der Erniedrigung, darf ohne die Zustimmung der Reichsstände Statt haben; doch bleibt hiebei des Königs Recht, Münze schlagen zu lassen, ungekränkt.

§. 80. Die Kriegsmacht zu Pferde und Fuß, wie auch was die Matrosen in Ansehung der Stellung, der Verpflegung und Vertheilung betrifft, verbleibt bei den auf dem Lande und in den Städten errichteten Contracten, und dem Vertheilungswesen, welche in Ansehung ihrer Hauptgrundsätze ungestört bleiben sollen, bis der König [453] und die Reichsstände irgend eine Aenderung darin gemeinschaftlich zu machen für gut finden; indem keine neue oder erhöhte militairische Stellung und Verpflegung ohne des Königs und der Stände einträchtigen Beschluß Statt finden darf.

§. 81. Diese Regierungsform, wie auch die übrigen Grundgesetze des Reichs, können nicht ohne des Königs und aller Reichstände gemeinschaftlichen Beschluß geändert oder aufgehoben werden. Keine Anfragen dürfen in pleno der Stände darüber erregt werden, sondern müssen bei dem an jedem Reichstage gewählten Constitutionsausschuß der Reichsstände angemeldet werden. Dieser Ausschuß, dessen Pflicht seyn soll, die Grundgesetze zu erforschen, besitzt das Recht, bei den Ständen des Reichs Veränderungen darin vorzuschlagen, welche er als höchst nöthig oder nützlich und ins Werk zu stellen als möglich ansieht. Die Stände des Reichs dürfen nicht auf dem Reichstage, auf welchem der Ausschuß irgend eine solche Aenderung vorschlägt, sondern erst auf dem nächstfolgenden darüber einen Beschluß fassen. Sind alsdann alle Stände des Reichs in der Abänderung einig; so überlassen sie den Vorschlag hierin dem König durch ihren Sprecher mit dem Begehren, daß der Könige seinen Beifall dazu geben möge. Der König entnimmt sodann hierüber die Gedanken des ganzen Staatsraths, faßt sodann seinen Beschluß, und theilt den Reichsständen auf dem Reichssaal seine Einwilligung, oder auch die Ursachen mit, warum er in ihr Verlangen nicht eingewilligt hat.

Will der König bei den Ständen des Reichs irgend eine Veränderung in den Grundgesetzen vorschlagen; so höre er den Staatsrath, und überliefere sodann seine Proposition, nebst den Gedanken des Staatsraths darüber an die Stände des Reichs, welche sogleich, ohne diese Proposition vorher zu überlegen, sie dem Constitutionsausschuß auftragen, um seine Aeußerung darüber an die Stände des Reichs abzugeben. Bestärkt der Ausschuß dasjenige, was der König vorgeschlagen; so ruhe die Anfrage bis zum nächsten Reichstage, auf welchem die Stände des Reichs einen Beschluß darüber fassen müssen. Verwirft der Ausschuß die Proposition des Königs; dann können [454] die Reichsstände entweder sogleich diese Proposition abschlagen, oder auch abmachen, daß sie über solche beim nächstfolgenden Reichstage beschließen wollen; in welchem Falle die Meinung dreier Stände gilt, und wenn zwei Stände gegen zwei stehen; so ist deren Beschluß aufzuschieben. Aber unter keinem Vorwand dürfen die Stände des Reichs eher, als am nächsten Reichstage, den Propositionen ihre Zustimmung geben. Willigen dann alle Reichsstände in des Königs Vorschlag ein; so verlangen sie einen Tag, an welchem die Reichsstände auf dem Reichssaal ihre Zustimmung dazu abgeben. Nehmen die Reichsstände gemeinschaftlich des Königs Vorschlag nicht an; so ist er abgeschlagen, und die Reichsstände reichen ihren Abschlag mit der Ursache dazu schriftlich beim Könige durch ihren Sprecher ein.

§. 82. Was zur Abänderung und Verbesserung der Grundgesetze, nach der jetzt vorgeschriebenen Ordnung, die Reichsstände einhellig beschließen und der König genehmigt, oder was der König vorschlägt und die Stände des Reichs einhellig annehmen, hat die Kraft eines Grundgesetzes.

§. 83. Keine künftig geltende Erklärung der Grundgesetze darf ohne auf die Weise, welche zufolge der beiden vorhergehenden §. §. bei Abänderungen beobachtet werden muß, festgesetzt werden. Nach dem Sinne ihrer Worte soll man sich in jedem einzelnen Falle richten.

§. 84. Wenn der Constitutionsausschuß keine Ursache findet, irgend einen Vorschlag zur Veränderung oder zur Erklärung der Grundgesetze, welche der Ausschuß von einem Reichstagsmanne empfangen, zu genehmigen, und den Reichsständen zur Prüfung vorzulegen; so ist der Ausschuß schuldig, wenn der Verfasser des Vorschlags es fordert, demselben seine Meinung darüber mitzutheilen, mit der Freiheit, dieselbe nebst dem Vorschlag durch den Druck öffentlich bekannt zu machen, indem er sich für des letztern Inhalt selbst als Verfasser gesetzmäßig vertheidigen mag.

§. 85. Als Grundgesetze sollen angesehen werden: diese Regierungsform nebst der Reichstagsordnung, die Successionsordnung und die Verordnung einer allgemeinen Druckfreiheit, welche, in Uebereinstimmung mit den in dieser [455] Regierungsform bestimmten Grundsätzen, die Stände des Reichs und der König gemeinschaftlich auf diesem Reichstage feststellen.

§. 86. Unter Druckfreiheit wird das Recht eines jeden Schweden verstanden: ohne einige von der öffentlichen Macht ihm in Weg gelegten Hindernisse, Schriften herauszugeben; daß diese nur von einem gesetzmäßigen Richterstuhl ihres Inhalts wegen in Anspruch genommen und in keinem andern Falle mit Strafe belegt werden können, als wenn der Inhalt gegen ein deutliches Gesetz streitet, welches gegeben ist, die allgemeine Ruhe aufrecht zu halten, ohne der Aufklärung der Nation Zwang anzuthun. Alle Acten und Protokolle, wie sie auch heißen mögen, ausgenommen diejenigen Protokolle, welche man im Staatsrathe und bei dem Könige in ministeriellen Angelegenheiten und in Commandosachen führt, können unwillkührlich durch den Druck bekannt gemacht werden. Die Protokolle und Acten, welche Sachen der Bank und des Reichsschuldenwesens betreffen, welche heimlich gehalten werden müssen, dürfen nicht gedruckt werden.

§. 87. Die Reichsstände haben gemeinschaftlich mit dem Könige die Macht, Civil- und Criminal- wie auch Kirchengesetze zu geben, und vorhin gegebene Gesetze zu verändern und aufzuheben. Der König darf nicht ohne Einwilligung der Reichsstände irgend ein neues Gesetz, machen, oder ein altes abschaffen. Anfragen hierüber können in pleno der Stände erregt, und sollen, nachdem der Gesetzausschuß der Verordnung des 56. §. gemäß darüber vernommen ist, von den Ständen des Reichs abgemacht werden. Kommen die Reichsstände in irgend einem neuen Gesetze oder in der Aufhebung oder Veränderung eines alten Gesetzes überein; so wird der darüber geschehene Vorschlag dem Könige durch den Sprecher überreicht, welcher die Meinungen des Staatsraths und des höchsten Tribunals darüber vernimmt, und, nachdem Er seinen Beschluß gefaßt hat, werden die Reichsstände auf den Reichssaal zusammen gerufen, um entweder dessen Einwilligung in ihr Begehren zu empfangen, oder auch dessen Ursache zur Verweigerung zu vernehmen. Findet der König für gut, irgend eine Gesetzanfrage den Reichsständen vorzutragen; so verlange er [456] die Aeußerung des Staatsraths und des höchsten Tribunals darüber, und theile dann den Reichsständen seine Proposition, zugleich mit der gedachten Aeußerung mit. Sodann fordern die Reichsstände die Meinung des Gesetzausschusses hierüber, und beschließen alsdann, und wenn sie der Proposition des Königs ihren Beifall geben; so überreichen sie dem Könige ihre Antwort auf dem Reichssaal. Schlagen sie dieselbe aber ab; so geschieht es schriftlich durch die Sprecher. In allen dergleichen Anfragen über die Gesetze soll die Meinung dreier Stände als ein Reichstagsbeschluß angesehen werden. Stehen zwei Stände gegen zwei; so verfällt die Frage, und es bleibt bei dem, was vorhin verordnet worden.

§. 88. Mit der Auslegung der Civil-, Criminal- und Kirchengesetze verhält es sich so, wie mit der Gesetzgebung. Die Auslegungen, welche der König, in Antwort auf Anfragen des rechten Sinnes eines Gesetzes durch dessen höchsten Richterstuhl w[ä]hrend der Reichstage giebt, können von den Reichsständen als nicht geltend erklärt werden, worauf sie nicht länger geltend sind, noch die Richterstühle sich auf dieselbe beziehen; und nicht weiter von ihnen beobachtet werden.

§. 89. Im pleno der Reichsstände können Anfragen geschehen, Gesetze und Verfassungen, welche die öffentliche Haushaltung des Reichs betreffen, zu verändern, zu erklären und aufzuheben, neue Gesetze hierüber zu stiften, und Gründe für öffentliche Einrichtungen aller Art anzugeben; welche Anfragen an den öffentlichen Beschwerungs- und Oeconomieausschuß zur Erörterung zu verweisen sind.

§. 90. Während der Ueberlegungen und Prüfungen der Reichsstände, oder deren Ausschusses, dürfen in keinem andern Fall, noch auf irgend eine andere Art, als das Grundgesetz buchstäblich vorschreibt, Fragen über Anstellung und Absetzung von Beamten und Bedienungen, über Regierungs- und Richterstühlebeschlüsse, über Resolutionen und Decrete, über das Verhalten und die Art der Ausführung irgend eines Gesetzes, einer Verfassung oder Einrichtung einzelner Mitbürger und Corporationen vorkommen.

§. 91. Trifft dasjenige ein, wovon im 39. §. geredet ist, daß der König nach vorgenommener Reise über zwölf [457] Monate aus dem Reiche bleibt; so ruft der Staatsrath, durch eine öffentliche Aufforderung, die Stände des Reichs zum allgemeinen Reichstage zusammen, und läßt die Zusammenberufung innerhalb funfzehn Tagen nach dem Verlaufe gedachter Zeit in den Kirchen der Hauptstadt, und auch baldigst in den übrigen Theilen des Reichs bekannt machen. Wenn der König hiervon benachrichtigt wird, er aber dennoch nicht ins Reich zurückkömmt; so ergreifen die Stände des Reichs diejenigen Maasregeln für die Verwaltung desselben, welche sie am nützlichsten finden.

§. 92. Dasselbe Gesetz gilt, wenn die Krankheit des Königs von der Art zu seyn fortwährt, daß er länger als zwölf Monate sich mit den Regierungsangelegenheiten nicht befassen kann.

§. 93. Wenn der König stirbt, und der Thronfolger noch nicht mündig ist; so fertigt der Staatsrath an die Reichsstände eine Zusammenberufung aus, welche Zusammenberufung innerhalb funfzehn Tagen nach des Königs Tode in den Kirchen der Hauptstadt und so weiter im Reiche kund gemacht werden muß. Die Reichsstände haben, ohne Hinsicht auf irgend ein Testament des verstorbenen Königs, welches die Reichsverwaltung betrifft, einen oder mehrere Vormünder zu verordnen, welche bis zur Mündigkeit des Königs, die Regierung in dessen Namen, diesem Grundgesetze nach, ausüben. Wenn der König sein achtzehntes Jahr erreicht hat; so darf Er in den Staatsrath, ins höchste Tribunal, in die Hofgerichte und Collegien eintreten, doch ohne an irgend einem Beschlusse Theil zu nehmen.

§. 94. Sollte der unglückliche Zufall eintreffen, daß die Königliche Familie, der das Erbrecht zum Reiche aufgetragen ist, von männlicher Seite ausginge; so ruft der Staatsrath, innerhalb der im vorhergehenden §. festgesetzten Zeit, nach dem Tode des letzten Königs zu rechnen, die Stände des Reichs zu einem allgemeinen Reichstage zusammen. Dann sollen die Reichsstände ein neues Königshaus, mit Beibehaltung dieser Regierungsform, erwählen und verordnen, wie die Reichssverwaltung geführt werden muß, bis der gewählte König dieselbe annehmen kann.

[458] §. 95. Sollte wider Vermuthen der Staatsrath es unterlassen, in denjenigen Fällen, die im 92, 93 und 94 §§. gedacht sind, die Reichsstände baldigst zusammen zu rufen; so liegt es der Direction des Ritterhauses, den Domkapiteln im Reiche, dem Magistrate in der Hauptstadt, und den Beamten in den Lehen auf, durch öffentliche Bekanntmachung hiervon Nachricht zu ertheilen, damit die Wahl der Reichstagsmänner, wo solche Wahl Statt findet, baldigst angestellt werden könne, und die Reichsstände zusammen kommen, um ihr und des Reiches Recht in Acht zu nehmen und zu schützen. Ein solcher Reichstag wird am funfzehnten Tage, nachdem die Zusammenberufung in den Kirchen der Hauptstadt bekannt gemacht worden, eröffnet.

§. 96. Die Stände des Reichs sollen auf jedem Reichstage einen gesetzkundigen, durch ausgezeichnete Redlichkeit anerkannten, Mann verordnen, der als Sachwalter derselben, zufolge der von ihnen ihm gegebenen Instruction, Aufsicht über die Befolgung der Gesetze bei den Richtern und Beamten habe, auch bei belanghabenden Richterstühlen diejenigen, die bei ihrer Amtsverrichtung aus Partheilichkeit, Ansehen der Personen, oder aus irgend einer andern Ursache, irgend etwas wider die Gesetze begangen oder auch unterlassen, daß ihre Amtspflichten nicht gehörig ausgeführt worden sind, zur Rede stelle. Doch ist er in jeder Hinsicht derselben Verantwortung und Pflicht unterworfen, welche die Gesetze und die Verordnung des Gerichtswesens richterlichen Personen vorschreibt.

§. 97. Dieser Justizsachwalter der Reichsstände wird durch Wahlherren, wozu jeder Stand eine gleiche Zahl ernennt, gewählt. Nachdem unter diesen Wählenden einer durchs Loos ausgetreten; so sollen die übrigen gemeinschaftlich und nicht nach Stand, zuerst vermittelst geschlossener Zettel, jeder für sich den Mann aufgeben, den sie zur Stimmenwahl tauglich halten. Fallen hierbei die Stimmen mehr als die Hälfte der Anzahl der stimmenden Wahlherren auf Einen Mann; so wird derselbe gehörig gewählt. Sind dagegen die Stimmen unter mehrern dergestalt vertheilt, daß eine vollständige Mehrheit der Stimmen für keinen Statt findet; so wird ein neues Votiren mit geschlossenen Zetteln zur Wahl desjenigen, der die mehrsten Stimmen erhalte, [459] angestellt, welches auf gleiche Weise bis zur Mehrheit der Stimmen fortgesetzt wird. Wenn dann einer von denjenigen, über welche dieser Ordnung gemäß gestimmt worden, von der Mehrheit der Wählenden angenommen worden ist; so hört die Wahlverrichtung auf, und derselbe wird von den Reichsständen in sein Amt eingesetzt. Derjenige, dem dieß Amt anvertrauet worden, kann bei den nächstfolgenden Reichstagen in der hier vorgeschriebenen Ordnung dazu wieder erwählt werden.

§. 98. Die Wahlherren müssen dann, wenn sie den Justizsachwalter erwählen, auf gleiche Weise einen Mann mit den Eigenschaften, welche von jenem Beamten erforderlich sind, wählen, damit er in desselben Stelle trete, wenn etwa derselbe innerhalb des nächfolgenden Reichstags mit Tode abgehen sollte.

§. 99. Der Justizsachwalter der Reichsstände darf, wenn er es für nöthig ansieht, bei den Berathschlagungen und Beschlüssen des höchsten Tribunals, der Vorbereitungskammer der öffentlichen Angelegenheiten des Reichs, der niedrigen Justizrevisionen der Hofgerichtscollegien, und aller niedrigen Richterstühle zugegen seyn, doch ohne das Recht zu besitzen, seine Meinung dabei zu äußern; auch hat er Zugang zu den Protokollen und Acten aller Richterstühle, Collegien und Beamten. Die Beamten des Königs sind verbunden, dem Justizsachwalter gesetzmäßig Hand zu reichen, und alle Fiscale durch ausführliche Acten ihm beizustehen, wenn er es verlangt.

§. 100. Dem Justizsachwalter liegt es ob, auf jedem Reichstage den Reichsständen eine allgemeine Rechenschaft von seiner Verwaltung des ihm anvertrauten Amtes abzulegen, und dabei den Zustand der Verwaltung der Gesetze im Reiche darzuthun, die Mängel der Gesetze und Verfassungen anzumerken, und Vorschläge zu deren Verbesserung zu geben. Er ist auch schuldig, zwischen den Reichstagen jährlich eine Darstellung über diese Gegenstände durch den Druck bekannt zu machen.

§. 101. Sollte der unvermuthete Fall eintreffen, daß entweder das gesammte höchste Tribunal des Königs, oder eines oder mehrere von dessen Mitgliedern gefunden würden, aus [460] Eigennutz, Partheilichkeit oder Versäumniß, so unrecht geurtheilt zu haben, daß dadurch irgend jemand gegen deutliche Gesetze und gegen ein gehörig untersuchtes und bewiesenes Verhalten der Sache, sein Leben, seine persönliche Freiheit, Ehre und Eigenthum verloren hätte oder verlieren könnte; so ist der Justizsachwalter der Reichsstände verpflichtet, so wie der Justizcanzler des Königs berechtigt, bei dem hier unten angeführten bestimmten Reichstribunal den Fehlenden in Anspruch zu nehmen, und ihn den Gesetzen des Reichs zufolge zur Verantwortung zu ziehen.

§. 102. Dieß Tribunal, unter dem Namen Reichsgericht, soll aus dem Präsidenten des Königs und des Schwedischen Reichs-Hofgerichts, welcher daselbst das Wort führt, aus den Präsidenten aller Reichscollegien, den vier ältesten Staatsräthen, dem höchsten Befehlshaber über die in der Hauptstadt dienenden Truppen, dem höchsten gegenwärtigen Befehlshaber der bei der Hauptstadt stationirten Escadre der Seemacht, aus zwei der ältesten Räthe des Schwedischen Hofgerichts und dem ältesten Rath aller Reichscollegien, bestehen. Wenn nun entweder der Justizcanzler oder Justizsachwalter sich gemüssigt sehen, die sämmtlichen Mitglieder oder auch nur ein einzelnes Mitglied des höchsten Tribunals vor dem Reichsgerichte in Anspruch zu nehmen; so läßt derselbe bei dem Hofgerichte des Königs, als Wortführender des Reichsgerichts, den oder diejenigen vorfordern, welche in Anspruch genommen werden sollen. Der Präsident im Hofgerichte treffe sodann Anstalt, daß das Reichsgericht zusammentrete, um die Vorforderung auszufertigen, und die Sache in gehöriger Ordnung zu behandeln. Sollte derselbe gegen Vermuthen dieß unterlassen, oder irgend einer der obgedachten Beamten sich entziehen, an dem Reichsgerichte Theil zu nehmen; so sind diese, wegen einer solchen vorsätzlichen Versäumniß ihrer Amtspflicht, gesetzmäßig der Verantwortung unterworfen. Wird eines oder mehrere der Mitglieder des Reichsgerichts gesetzmäßig abgehalten, oder findet gegen irgend jemanden derselben eine gesetzmäßige Ausnahme Statt; so vollführt dennoch das Gericht seine Sitzung, wenn Zwölf zugegen sind. Wird der Präsident im Hofgerichte durch irgend ein gesetzmäßiges Hinderniß[WS 7] oder Ausnahme abgehalten; so vertritt der älteste im [461] Dienste befindliche Präsident seine Stelle. Dieser Richterstuhl hat, nachdem die Untersuchung geschehen, und das Urtheil den Gesetzen gemäß gesprochen ist, dasselbe bei offenen Thüren bekannt zu machen. Keiner hat die Macht, ein solches Urtheil zu ändern; doch sey es dem Könige zu begnadigen unentnommen, indessen darf sich dieß nicht so weit erstrecken, daß der Verurtheilte wieder im Dienste des Reichs eingesetzt werde.

§. 103. Auf jedem Reichstage sollen die Reichsstände zwölf Mitglieder aus jedem Stande zu Geschwornen erwählen, welche zu urtheilen haben, in wie fern die sämmtlichen Mitglieder des höchsten Tribunals sich verdient gemacht, um in ihrem wichtigen Amte beibehalten zu werden, oder ob der eine und der andere derselben, ohne beweislich begangenen Fehler, wovon der vorhergehende §. handelt, sich dennoch den Verdacht zugezogen, daß er wegen Partheilichkeit oder Ungeschicktheit angesehen werde, das öffentliche Zutrauen verwirkt zu haben, und kein Amt weiter beim Königlichen Tribunal bekleiden könne. Diese Geschwornen treten denselben Tag, wann sie gewählt sind, zusammen. Eines der sämmtlichen Mitglieder derselben wird zuerst ausgelooset, worauf die übrigen, Mann für Mann und nicht Standesweise, mit geschlossenen Zetteln über die Frage stimmen: Ob alle Mitglieder des höchsten Tribunals das Vertrauen der Reichsstände besitzen und in ihrem Amte beibehalten werden können? Wird diese Frage einhellig oder mit der größten Zahl der Stimmenden mit Ja beantwortet; so werden die sämmtlichen Mitglieder des höchsten Tribunals beibehalten. Wird sie hingegen mit Nein beantwortet, so macht jeder der Geschwornen eine geschlossene Liste von den Mitgliedern des höchsten Tribunals, es mögen nun mehrere oder wenigere seyn, welche er dafür hält, daß sie ihres Amtes entlassen werden müssen. Ueber die drei unter diesen, welche die größte Anzahl der Stimmen wider sich haben, wird über einen nach dem andern von Neuem gestimmt, wobei zwei Drittheil der Stimmen gegen den oder diejenigen erfordert wird, welche von dem Zutrauen der Reichsstände ausgeschlossen seyn sollen; worauf der oder diejenigen vom Könige, bei welchem hierüber von den Reichsständen Anmeldung geschieht, durch einen gnädigen Abschied [462] von ihrem Amte entfernt werden. Doch mag der König solchen eine jährliche Pension zum Belauf des halben Soldes beilegen.

§. 104. Die Reichsstände dürfen sich in keine Separatprüfung der Beschlüsse des höchsten Tribunals einlassen, noch darf irgend eine öffentliche Ueberlegung hierin bei den Geschworen vorkommen.

§. 105. Der Constitutionsausschuß der Reichsstände hat das Recht, die Protokolle, welche im Staatsrathe geführt werden, zu fordern; nur nicht diejenigen, welche ministerielle Angelegenheiten und das Commando der Armee betreffen, welche blos in Sachen gefodert werden können, welche allgemein bekannte und von dem Ausschusse aufgegebene Vorfälle betreffen.

§. 106. Findet der Ausschuß in diesen Protokollen, daß irgend ein Staatsminister, ein Staatsrath, der Hofcanzler, die Staatssecretaire, oder irgend ein anderes Mitglied des Staatsraths, oder der Beamte, welcher in Commandosachen dem Könige Rath ertheilt, offenbar gegen die deutliche Vorschrift dieser Regierungsform gehandelt oder irgend eine Uebertretung derselben, wie auch anderer geltenden Gesetze des Reichs bestärkt oder auch nur unterlassen, Vorstellungen gegen solche Uebertretungen zu machen oder durch absichtliches Zurückhalten richtiger Darstellung sie verursacht und befördert; dann hat der Constitutionsausschuß einen solchen unter Anspruch des Justizsachwalters, vor das Reichsgericht zu stellen, wo, anstatt des Staatsraths, vier der ältesten Justizräthe, zwei aus dem adelichen und zwei aus dem unadelichen Stande, alsdann ihren Sitz nehmen, und wobei so verfahren wird, wie im 101. und 102. §. über das Zuredestellen gegen das höchste Tribunal vorgeschrieben ist. Wenn nun die Mitglieder des Staatsraths, oder die Rathgeber des Königs in Commandosachen erfunden werden, daß sie auf obgedachte Weise sich der Verantwortung schuldig gemacht haben; so richtet sie das Reichsgericht nach den öffentlichen Gesetzen und besondern Verfassungen, welche zur Entscheidung einer solchen Verantwortung von dem Könige und den Ständen des Reichs festgesetzt worden.

§. 107. Sollte der Constitutionsausschuß bemerken, daß die sämmtlichen Mitglieder des Staatsraths oder eines [463] oder mehrere desselben bei ihren Berathschlagungen über das allgemeine Beste nicht den wahren Nutzen des Reichs vor Augen haben, oder daß irgend ein Staatssecretär nicht mit Unpartheilichkeit, Eifer, Geschicklichkeit und Thätigkeit sein ihm anvertrautes Amt verwalte; so giebt der Ausschuß solches den Reichsständen zu erkennen, welche sodann, wenn sie finden, daß die Wohlfahrt des Reichs es fordert, dem Könige schriftlich ihren Wunsch zu erkennen geben können, daß er aus dem Staatsrathe und vom Amte denjenigen, oder diejenigen entfernen wolle, die auf jene Art ausgezeichnet worden.

Fragen über diese Angelegenheit können in pleno der Reichsstände erregt, auch noch von andern Ausschüssen der Reichsstände, außer dem Constitutionsausschuß, angetragen werden, dürfen aber nicht eher von den Reichsständen abgemacht werden, als bis der letzterwähnte Ausschuß darüber gehört worden. Zu den Berathschlagungen der Reichsstände hierüber sollen nicht die Beschlüsse des Königs in Sachen, welche die Gerechtigkeiten und Angelegenheiten einzelner Personen und Corporationen angehen, gerechnet werden, noch weniger sind diese irgend einer Prüfung der Reichsstände unterworfen.

§. 108. Zur Aufsicht der Druckfreiheit sollen die Stände des Reichs auf jedem Reichstage sechs durch Kenntnisse und Gelehrsamkeit bekannte Männer nebst dem Justizsachwalter, der unter diesen das Wort führt, verordnen. Diesen Committirten, von welchen Zwei, ohne den Justizsachwalter, Rechtsgelehrte seyn müssen, liegt es nun ob, daß, wenn irgend ein Verfasser oder Buchdrucker selbst, während des Drucks, ihnen eine Schrift überreicht, und ihre Aeußerung verlangt, in wie fern, nach den Gesetzen der Druckfreiheit, hierin eine Censur Statt finden kann, dann der Justizsachwalter und wenigstens drei der Committirten solche Aeußerung schriftlich abgeben sollen. Erklären sie hierbei, daß die Schrift gedruckt werden kann; so ist sowohl der Verfasser als auch der Buchdrucker aller Verantwortung frei, die nun auf den Committirten beruht. Diese Committirten sollen von den Reichsständen durch Sechs aus jedem Stande ausersehene Wahlherren, welche gemeinschaftlich und nicht Standweise stimmen, erwählt werden. Geht zwischen [464] den Reichstagen irgend einer der Committirten ab; so wählen die übrigen einen behörigen Mann, der in die Stelle des Abgehenden tritt.

§. 109. Der Reichstag darf nicht länger als drei Monate dauern, von dem Tage angerechnet, wann der König die Reichsstände, oder deren Ausschuß von dem Zustande und dem Behuf der Finanzen hat unterrichten lassen. Sollten indessen, nach Verlauf der gedachten Zeit, die Reichsstände noch nicht die Reichstagsangelegenheiten abgemacht haben; so melden sie dieß dem Könige, mit dem Verlangen, daß der Reichstag noch eine gewisse Zeit, höchstens einen Monat länger fortwähre, welches der König zu weigern und zu hindern nicht Macht hat. Wenn es aber unvermuthet geschehen sollte, daß nach Verlauf einer solchen verlängerten Zeit die Stände des Reichs den Etat nicht regulirt, oder keine neue Bewilligung zu einem bestimmten Belauf sich erbeten; dann darf der König die Stände des Reichs aus einander gehen lassen, und die vorige Bewilligung verbleibt bis zum nächsten Reichstage. Ist dagegen die ganze Bewilligungssumme bestimmt; sind aber die Reichsstände wegen der Vertheilung nicht eins; dann sollen nach dem, wie sich die festgestellte Bewilligungssumme zu derjenigen verhält, die beim vorhergehenden Reichstage vertheilt worden, die in der letzten Bewilligungsordnung festgesetzten Artikel verhältnißmäßig erhöht oder vermindert werden, und die Reichsstände tragen ihren Bevollmächtigten in der Bank und in dem Reichsschuldencomtoir auf, eine neue Bewilligungsordnung nach jenen Gründen aufzumachen und auszufertigen.

§. 110. Kein Reichstagsmitglied darf, seiner Handlungen oder Aeußerungen wegen im Reichsstande oder in irgend einem Ausschuß der Reichsstände, zur Rede gestellt, oder seiner Freiheit beraubt werden, ohne daß derjenige Stand, zu welchem er gehört, es durch ausdrücklichen Beschluß zuläßt, wobei 5/7 des Standes bei der Umstimmung in pleno der gegenwärtigen Mitglieder einstimmen. Eben so wenig darf irgend ein Reichstagsmitglied von dem Orte, wo der Reichstag gehalten wird, verwiesen werden. Sollte [465] irgend ein Particulier, oder irgend ein Corps, es sey militair oder civil, oder auch irgend eine Gemeine, wie sie heißen mag, entweder aus eigenem Antriebe, oder durch Anleitung eines Befehls es versuchen wollen, den Reichsständen oder deren Ausschuß oder irgend einem einzelnen Reichstagsmitgliede Gewalt anzuthun, oder deren Freiheit bei ihren Berathschlagungen und Beschlüssen zu stören; so sey solches als Verrätherei anzusehen, und es kömmt auf die Reichsstände an, dergleichen Verbrechen gesetzmäßig zu ahnden.

§. 111. Wird irgend ein Reichstagsmitglied, während des Reichstags oder auf seiner Reise nach oder vor dem Reichstage mit Wort oder That beleidigt, wenn es sich gleich als Mitglied des Reichstags zu erkennen gegeben hat; so soll solches als Hochverrath angesehen und bestraft werden.

§. 112. Bei der Wahl der Reichstagsmitglieder darf irgend ein Beamter die Autorität seines Amts nicht unbehörig anwenden. Geschieht es; so verliert ein solcher seine Stelle.

§. 113. Die Taxirungsmänner, die sich nach den Bewilligungsvorschriften der Reichsstände richten, sollen nicht wegen Debitiren oder Taxiren zur Verantwortung gezogen werden[WS 8].

§. 114. Der König läßt den sämmtlichen Ständen des Reichs den Genuß ihrer Privilegien, Vorrechte, Gerechtsame und Freiheiten; indem es auf der Uebereinkunft der sämmtlichen Reichsstände und auf dem Beifall des Königs beruht, Veränderungen und Ausgleichungen darin vornehmen zu lassen, welche das Wohl des Reichs erfordern. Keine neue Privilegien, welche irgend einen Reichsstand betreffen, können ohne Einwilligung des Königs und aller Reichsstände gegeben und ertheilt werden.

Urkundlich dessen haben wir Gegenwärtiges mit Unserer Namenunterschrift und mit Unsern beigedruckten Siegeln bestärkt, befestigt und bekräftigt. So geschehen Stockholm [466] den Siebenten Junius, im Jahre nach Christi Geburt Ein Tausend Acht Hundert und Neun.

Von Seiten der Ritterschaft und des Adels, Von Seiten des Priesterstandes,
M. Ankarsvärd, Jac. Ax. Lindblom,
h. t. Landmarschall. Sprecher.
Von Seiten des Bürgerstandes, Von Seiten des Bauernstandes,
H. N. Schwan, Lars Olsson,
h. t. Sprecher. h. t. Sprecher.

Alles dieses, so wie es vorgeschrieben dasteht, wollen Wir nicht allein Selbst für unabänderliches Grundgesetz annehmen, sondern gebieten und befehlen auch in Gnaden, daß alle diejenigen, welche Uns und Unsern Nachfolgern und dem Reiche mit Huld, Treue und Gehorsam verbunden sind, diese Regierungsform erkennen, beobachten, ihr nachleben und gehorchen sollen. Urkundlich dessen haben Wir dieß mit Eigener Hand unterschrieben und bekräftigt, auch Unser Königliches Siegel wissentlich hierunter anhängen lassen. So geschehen in Unserer Residenzstadt Stockholm, den Siebenten des Monats Junius, im Jahre Unsers Herrn und Erlösers Jesu Christi Geburt, Ein Tausend Acht Hundert und Neun.

Carl.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: eben
  2. Vorlage: Beschuß
  3. Vorlage: dee
  4. Vorlage: nach Seitenummer 446 folgt 449
  5. Vorlage: auseinder
  6. Vorlage: Känig
  7. Vorlage unleserlich: […]derniß
  8. Vorlage: worden