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Cottascher Musen-Almanach für das Jahr 1899

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Textdaten
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Autor:
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Titel: Cottascher Musen-Almanach für das Jahr 1899
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 26, S. 834–835
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1898
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[834] Cotta’scher Musen-Almanach für das Jahr 1899. Wieder, und zwar zum neuntenmal liegt das zierliche Bändchen vor uns, in welchem Otto Braun und die Cotta’sche Buchhandlung alljährlich eine Blütenlese deutscher Lyrik darbieten, zusammengestellt aus Gaben unserer besten Dichter von Ruf und jüngerer nachstrebender Talente, die in deren Bahnen wandeln. Wie verschiedenartig die Physiognomie der neuesten deutschen Dichtung ist, das zeigt auch diese Sammlung. Darin besteht ja der Hauptreiz unseres deutschen Schrifttums, daß es frei ist von jeder Schablone und die Eigenart der Talente sich ungehemmt entfalten kann. Ausgeschlossen von dieser Sammlung ist nur das Geschmacklose, die poetische Grimasse, die bisweilen auch die Züge einer schönen Begabung entstellt. Wie immer eröffnen Erzählungen in Prosa den dichterischen Reigen. Eine größere Novelle von Adolf Stern, „Das Weihnachtsoratorium“, ist mit epischem Behagen ausgesponnen und hat dabei auch die überraschenden Wendungen, welche der guten Novelle nicht fehlen dürfen. Erinnerungen aus dem Schülerleben, dem Alumnat der Leipziger Thomasschule, Erinnerungen an den großen Meister Bach bilden den Grundton der Erzählung. Zwei Jugendfreunde, die sich fremd geworden, tauschen sie aus. Der eine, ein Pfarrer, ist im Begriff, die Pflegetochter eines ihm befreundeten alten Ehepaars zu heiraten; der andere, ein im Leben gescheiterter Komödiant, hat Zuflucht bei dem einstigen Schulkameraden gesucht. Es ergiebt sich, daß die Geliebte des Pfarrers die Tochter des verkommenen Schauspielers ist. Um dem ehelichen Glück des Freundes und der Tochter nicht im Wege zu sein, verläßt der frühere Vorsänger des Bachschen Kirchenchors den Ort und folgt den preußischen Werbern. Sinnig ist das Märchen, das uns Julius R. Haarhaus von den „Zwillingen von Teheran“ erzählt, und wenn der Großvezier und der Holzhacker gelegentlich die Rollen tauschen, so tritt in dieser märchenhaften Beleuchtung der ganze Karneval des Lebens uns vor Augen. In den poetischen Erzählungen und Balladen wechselt Ernstes und Heiteres ab. Die Spartanertragödie des „Pausanias“ hat Hermann Lingg in wuchtige Verse eingekleidet. Einer der drei Könige aus dem Morgenlande und die heilige Maria selbst stehn im Mittelpunkte der eigentümlich ergreifenden erzählenden Dichtung Max Haushofers „Chan Melchior“. Eine römische Orgie in Trier, „Bei Flöten und Theorben“, in welche die siegreichen Germanen treten, schildert uns Felix Dahn in farbenprächtigen Bildern; das wilde Meerweib „Ran“ Wilhelm Jensen in einem Gedicht von kräftig gedrängter Kürze; den von seiner Buhle Viviane vergifteten „Merlin“ Ernst Muellenbach in formschönen Strophen, „Herzog Friedrich Wilhelms letzte Meerfahrt“ anschaulich in wohllautenden Versen Max Hartung. Mehr heiterer Art sind „Ein Paris-Urteil“ von Karl Woermann, „Der rechte Gevatter“, als welcher der Tod erscheint, von Hans Hoffmann, „Der klassische Zeuge“ von Robert Waldmüller und [835] „Kaiser Max in Nürnberg“, eine hübsch erzählte Anekdote, von Albert Möser. „Die Burgfrau“ von Ernst Ziel und die beiden Balladen von Heinrich Vierordt beweisen die Sprach- und Versgewandtheit dieser Dichter. Den Cyklus der lyrischen und vermischten Gedichte eröffnen zwei Veteranen, die dicht an den Pforten des achtzigsten Lebensjahres stehen, Hermann Lingg und Wilhelm Jordan, mit Gedichten von Gedankentiefe bei einer gewissen Sprödigkeit der Form; es folgen gemütvolle Lieder von Julius Rodenberg, sinnvolle Reflexionsgedichte von Friedrich Spielhagen, gereimte sapphische Strophen von Rudolf von Gottschall, ein originelles Zwiegespräch zwischen Vater und Sohn von Adolf Wilbrandt, anmutende lyrische Blätter und Blüten von dem Herausgeber Otto Braun, von Carl Busse, Gustav Falke, Martin Greif, Angelika v. Hörmann, H. Bulthaupt u. a., melodiöse Gedichte von Max Kalbeck, prächtige Distichen von Eduard Paulus. Die Spruchdichtung ist vertreten durch Friedrich Spielhagen, Georg Scherer und Martin Beerel. Drei anmutige Frauenbilder, die Loreley, ein Florentinisches Blumenmädchen und eine Schöne „in Erwartung“ schmücken das elegant ausgestattete Bändchen, ferner ein nordisches Jagdbild, das Genrebild „Ostermorgen“ und ein Landschaftsbild aus Sorrent. †