Das Marienbild zu Eicha bei Naunhof (Ziehnert)
Das Marienbild zu Eicha
bei
Naunhof.
[40] Eicha, ein Vorwerk im Erbamte Grimma, am linken Ufer der Parde, 3 Stunden nordwestlich von der Stadt Grimma, verdankt seinen Namen einem hohen Eichenbaum, der dort stand und unter welchem die alten Sorbenwenden ihre Abgötterei getrieben haben sollen. An der Eiche war später ein Marienbild, welches durch nachstehende Begebenheit, die der Glauben jener Zeit in’s Sagenhafte gezogen hat, und die den Chroniken gemäß in’s Jahr 1454 fällt, ein berühmter Wallfahrtsort ward. Weil in der später hier erbauten Kirche zuerst evangelisch gepredigt wurde, so wanderten alle Sonntage solche Schaaren Leipziger hierher, daß Herzog Georg es endlich bei harter Strafe verbieten mußte.
Ein Wagen fuhr bei Nauenhof
die Leipz’ger Straße her,
er war beladen mit Gefäß
und Kasten hoch und schwer.
schritt langaus nebenbei,
und trieb die Gaule, daß er noch
zur Nacht in Leipzig sey.
Der Abend zog im Nebelkleid
drum treibt der Fuhrmann sein Gespann
mit Hui und Peitschenknall.
Da ruft ihn hinten wer von fern:
„Halt an, Fuhrmann, halt an!“
ein Wanderer heran.
Der buckelt’ einen Mantelsack,
und trocknet’ sich den Schweiß:
„He, guter Fuhrmann, nehmt mich mit,
„Ich trage wenig Fracht, und doch
drückt mich mein Mantelsack,
als hätte mir’s ein böser Geist
gethan zum Schabernack.“
an euern Wagen an,
damit ich leichter dann mit euch
bis Leipzig gehen kann.“ –
Der Fuhrmann spricht: „Hängt euern Sack
hab’ den Gefallen manchem schon
mein Lebetag gethan.“
Drauf mit einander gehen sie
beim Wagen neben her,
und andern Dingen mehr.
Gar viel erzählt der Wanderer,
bis ihn der Fuhrmann schilt:
„So nehmt doch euern Hut hier ab
Hart an dem Rand der Straße stand
ein Eichbaum, dick und alt,
dran hing der Gottesmutter Bild,
in Oel auf Bret gemalt.
zieht er zwar auch den Hut,
so wie der Fuhrmann, doch er thut’s
nur so, damit er’s thut.
Er kniet nicht nieder, betet nicht
er setzt den Hut stracks wieder auf,
und drückt ihn in’s Gesicht.
Der greise Fuhrmann aber hält
die Pferd’ an. Drauf kniet er
und sagt drei Ave’s her.
Der And’re harrt indessen sein,
bis daß er fertig ist,
und schilt ihm grollend: „Eu’r Gebet
Der Fuhrmann drauf: „Verzeih’ euch Gott
das frevelhafte Wort!“
Drauf treibt er seine Pferde an,
doch siehe – keins will fort.
und streicht sie mit der Hand,
er schreit, er peitscht, er zerrt am Zaum,
sie stehen wie gebannt.
Der Boden war so gleich und glatt,
drob sinnt der Fuhrmann hin und her,
was das bedeuten mög.’
Und flehend blickt er auf das Bild
der Mutter Gottes hin,
ihm seltsam durch den Sinn.
Er faßt den Wandrer bei der Brust,
und schnaubt’ ihn heftig an:
„Dein Mantelsack birgt Sündengut,
„Was hast du in dem Mantelsack?
Gesteh’, und leugn’ es nicht!“
Er rief’s. Der Wandrer sinkt todt hin
mit bleichem Angesicht.
schon war er starr und kalt,
er schreckt zurück: „Ha, so hast du
dein Sündengut bezahlt!“
Er reißt des Wandrers Mantelsack
als er in ihm, – o arge Greul! –
das Heiligste erblickt.
„Im güldnen Kranz den Leib des Herrn!
Du großer Bösewicht,
Gott hielt ein recht Gericht!“
Der Fuhrmann ruft’s, und blickt gar lang
bewegt auf die Monstranz,
und kniet vor das Madonnenbild
„Nimm, heil’ge Jungfrau, deinen Sohn
zurück aus meiner Hand!
Will fragen überall, wo ihn
der Bösewicht entwandt.“
in einen Kasten ein,
und treibt die Pferde wieder an
mit Peitschenknall und Schrein.
Die ziehn jetzt rasch und muthig an;
war nun gelöst, und bald der Weg
nach Leipzig abgethan.
Dort meldet er dem Stadtgericht,
was unterwegs geschehn,
als die Monstranz sie sehn.
Wie Spreu verbreitet durch das Land
sich rasch die Wundermähr,
der Weg zu dem Marienbild
In kurzem ward ein Gotteshaus
an jener Stell’ erbaut,
das man bei Eicha hart am Weg
noch heut zu Tage schaut.