Das Mathematische im Talmud

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Autor: Benedict Zuckermann
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Titel: Das Mathematische im Talmud
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Entstehungsdatum: 1878
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Verlag: F. W. Jungfer
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Erscheinungsort: Breslau
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Quelle: Commons und Judaica Sammlung Frankfurt a. M
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[Titel]
Jahresbericht


des


Jüdisch-theologischen Seminars „Fraenckel'scher Stiftung“.


Breslau, am Gedächtnisstage des Stifters, dem 27. Januar 1878.


Voran geht:


Das Mathematische im Talmud.


Beleuchtung und Erläuterung der Talmudstellen mathematischen Inhalts


von


Dr. B. Zuckermann.




BRESLAU.
F. W. Jungfer's Buchdruckerei.
1878.

[I] Das jüdisch-theologische Seminar, das am Gedächtnisstage seines Stifters, des verewigten Commerzienrathes Jonas Fraenckel, die vier und zwanzigste Jahresfeier begeht, darf auch auf das abgelaufene Jahr mit freudiger Genugthuung zurückblicken. In der Berufung seiner Hörer nach bedeutenden Gemeinden und Instituten empfing es mannigfache Beweise des ehrenden Vertrauens.

So wurden bei der am 4. October dieses Jahres eröffneten ungarischen Landes-Rabbinerschule in Budapest, – welche in gewissem Sinne eine Tochteranstalt unseres Seminars ist – die Herren Dr. Bacher und Dr. Kaufmann als Professoren angestellt, Herr Dr. P. F. Frankl als Rabbinatsassessor und Prediger nach Berlin, Herr Dr. Ludwig Kahn als Bezirksrabbiner nach Laupheim-Ulm, Herr Rabbiner Dr. Kisch in Brüx in gleicher Eigenschaft nach Zürich, Herr Dr. Eschelbacher als Rabbiner nach Bruchsal, Herr Dr. Ziemlich als Prediger und Religionslehrer nach München, Herr Dr. Prager als Director der Religionsschule nach Hannover, Herr Dr. Frankl-Grün als Prediger und Religionslehrer nach Kremsier berufen.

Aber auch schmerzliche Verluste hat das Seminar in diesem Jahre zu verzeichnen. Am 20. November verschied Herr Julius Haber, der sowohl in seiner amtlichen Stellung als Curator der Commerzienrath Fraenckel'schen Stiftungen das wärmste Interesse für das Gedeihen unserer Anstalt bekundete, als auch ausseramtlich das innigste Wohlwollen für dieselbe bethätigte. Sein Andenken wird vom Seminar stets mit Hochachtung bewahrt werden. [II] An die Stelle des Heimgegangenen trat der Kaufmann Herr Hermann Haber, dessen Intelligenz und Charakter die sichere Garantie bieten, dass er im Geiste seines verewigten Vaters, im Verein mit seinen bewährten Herren Collegen, die Wirksamkeit des Seminars thatkräftig fördern werde.

Mit Wehmuth gedenkt unsere Anstalt ferner des am 16. Februar d. J. verstorbenen, durch Begabung und eifrige Strebsamkeit ausgezeichneten Hörers Dr. Emanuel Fuchs aus Kojetein. An seiner Bahre sprach Herr Dr. Ziemlich, der den Hingeschiedenen als Märtyrer der Wissenschaft charakterisirte, tief ergreifende und trostreiche Worte.

Die im Jahre 1875 gestellte und 1876 wiederholte Preisfrage: „Der Historiker Justus von Tiberias und seine Stellung zu den Parteien während der Revolution in Judäa gegen die Römer und sein Verhalten zu Flavius Josephus“ ist von dem Hörer, Herrn Dr. Aron Baerwald aus Nakel gelöst worden.

Derselbe hat das Thema erschöpfend behandelt und auch andere geschichtliche Thatsachen, welche damit im Zusammenhange stehen, gründlich erörtert. Er zeigt darin Vertrautheit mit den primären und secundären Quellen und kritischen Blick. Seine Darstellung ist sachlich klar und übersichtlich gehalten.

Das Lehrer-Collegium hat ihm in Folge dessen den doppelten Preis für das Jahr 1875 und 1876 zuerkannt.

Das Seminar zählt 31 Hörer, von denen 27 bereits seit längerer Zeit die Anstalt besuchen und in früheren Jahresberichten verzeichnet sind. Die in diesem Jahre Immatriculirten sind: die Herren Moritz Peritz aus Breslau, Gutmann Rülf aus Rauisch-Holzhausen in Hessen, Nehemias Kronberg aus Jaroslaw in Galizien und Sigismund Balitzer aus Saibusch in Galizien; der Letztere vorläufig als Hospitant. [III] An dem herannahenden Stiftungstage, dem 27. Januar 1878, werden die Herren Dr. Meyer Appel aus Fritzlar, Dr. Joseph Cohn aus Zempelburg, Dr. Abraham Frankl-Grün aus Ungar. Brod, Dr. Abraham Gordon aus Wilna und Dr. Jehuda Theodor aus Königsberg i. Pr. als Rabbinen entlassen werden


Die Vorlesungen des abgelaufenen Jahres behandelten nach der durch das Statut gegebenen Reihenfolge der Fächer folgende Gegenstände:

1. Bibel-Exegese.  
 a) Erklärung des Pentateuch.  Dr. Rosin.
 b) Jesaia bis cap. 45.  Prof. Graetz.
 c) Erklärung der Psalmen cap. 20—50.  Dr. Freudenthal.
 d) Exegetische Uebungen.  Prof. Graetz.
 e)
 
 
Exegetische Literatur. Erklärung einer Auswahl schwieriger Stellen aus Abraham Ibn Esra's sowie aus Mose ben Nachman's Pentateuch-Commentar.  Dr. Rosin.

2. Hebräische Grammatik.
Die Lehre vom Verb.  Dr. Rosin.

3. Talmudstudien.
 a)
 
Talmud statarisch: Tractat Ketubot Abschnitt 2 und 9, ausgewählte Partien des Tractat Pesachim.  
 
 ︴Der Director.
 
 
 b) Talmud cursorisch: Tr. Gittin.
 c) Eben Haëser hilch. Gittin.
 d)
 
Talmud statarisch: Tractat Baba Mezia von p. 40 bis Ende. Tractat Pesachim 1. Abschnitt.  
 ︴Prof. Graetz.
 
 e)
 
Talmud cursorisch. Jerusalemisch. Tractat Schekalim 4 Abschnitte.

[IV]

4. Geschichte der Juden.  
 a) Quellenmässige alte Geschichte von der Begründung der Davidischen Dynastie bis zum Untergang der Hasmonaerfürsten.  
 
 
 ︴Prof. Graetz.
 
 
 
 b)
 
Summarischer Ueberblick über die Gesammt-geschichte der Juden von Beginn bis zum babylonischen Exil.
 c) Historische Uebungen.
5. Pädagogik.  
Unterrichtslehre, allgemeiner Theil.  Dr. Rosin
6. Religionsphilosophie.
 a) Grundzüge der Glaubens- und Sittenlehre.  
 
 
 
 ︴Dr. Freudenthal
 
 
 
 
 b)
 
Darstellung und Kritik des religionsphilosophischen Systems R. Jehuda Halevi's.
 c) Erklärung von Maimonides' Moreh Nebuchim
 d)
 
Religionsphilosophische Uebungen: Bearbeitung frei gewählter Themata.
 e)
 
 
Erklärung von Aristoteles' Metaphysik lib. XII mit besonderer Hervorhebung ihrer Einwirkung auf die Philosophie des Mittelalters.
7. Homiletik.
 a) Homiletische Uebungen.  
 ︴Dr. Rosin.
 b) Erklärung des Midrasch Bereschit rabba.
8. Mosaisch-talmudisches Civilrecht.  Der Director.
9. System und Geschichte des jüdischen Kalenders.  Dr. Zuckermann.
Gymnasial - Unterricht.
I. Griechisch.
 a) Xenophon's Memorabilien lib III und IV.  
 ︴Dr. Freudenthal.
 
 b) Platon's Apologie c. I—XII.
 c) Grammatik. Exercitien und Extemporalien.
 d) Homer, Odyssee. Buch VII—XIII.  Dr. Rosin

[V]

2. Latein.  
 a) Cicero, Catilinarische Reden II—IV.  
 
 ︴Dr. Rosin.
 
 
 b) Livius I, 1 —12.
 c)
 
Lateinische Grammatik. Uebungen im Uebersetzen. Extemporalia.
 d) Virgil's Aeneis lib. III.  
 
 ︴Dr. Freudenthal.
 
 
 e) Virgil's Georgica lib. I.
3. Geschichte Griechenlands von der ältesten Zeit bis zum
 Ende des peloponnesischen Krieges.
 Literaturgeschichte Griechenlands.
4.Deutsch.  
 ︴Dr. Rosin.
 
 a) Lectüre aus Lessing-, Goethe und Schiller.
 b)
 
Deutsche Aufsätze und Uebungen im mündlichen Vortrag.
5. Geometrie: Wiederholung der Planimetrie. Goniometrie
 und Auflösung der rechtwinkligen Triangel.
 
 
 ︴Dr. Zuckermann.
 
 
6. Arithmetik: Wiederholung der Buchstabenrechnung
 und Lehre von den Gleichungen.
7. Physik: Statik und Mechanik fester Körper.

Am 28. Januar beging das Seminar eine Gedächtnissfeier für den Stifter der Anstalt, den verewigten Commerzienrath Jonas Fraenckel;

am 21. Februar für den verewigten Director Dr. Z. Frankel, wobei Herr Dr. Eschelbacher die Gedächtnissrede hielt.

Am 22. März, als dem Geburtstage Sr. Maj. des Kaisers, wurde ein feierlicher Gottesdienst in der Seminar-Synagoge abgehalten.

Auch dieses Jahr haben aus der Director Dr. Z. Frankel’schen Stiftung' mehrere aus dem Seminar entlassene Hörer ansehnliche Stipendien erhalten. [VI] Das Seminar spricht seinen Dank für manchen ihm gewordenen Beweis des Wohlwollens und der ehrenden Theilnahme aus. Frau Auguste Milch geb. Schlesinger, gestorben am 24. April d. J., hat unserer Anstalt 300 Mark letztwillig vermacht. Herr Nathan Hamburger in Kosten 1500 Mark, wovon ein Seminarist aus der Provinz Posen die Zinsen alljährlich erhalten soll.

Die Bibliothek erhielt: von Herrn A. Merzbacher in München: דקדוקי סופרים Theil 8. — Herrn Fuchs in Kojetein: aus dem Nachlasse seines Sohnes, Dr. Emanuel Fuchs, 90 Bände verschiedenen Inhalts, darunter רמ״בם ed. Berlin 4 Theile. אלפסי Vol. Freytag, arabisches Lexicon, Levy, chaldäisches Wörterbuch. — Herrn Rabbiner Dr. M. Joel: seine Beiträge zur Geschichte der Philosophie. 2 Bände. — Herrn Rabbiner Dr. Rahmer in Magdeburg: Predigtmagazin. 3. Jahrgang. — Herrn Rendant Kohn hier: Dr. Geiger's nachgelassene Schriften. Band 1—4. — Herrn Rabbiner Dr. Wollf in Kopenhagen: Zwei Manuscripte. — Herrn J. H. Leipziger in Neisse: רמ״בם Theile. — Syndici of the Cambridge university press: Taylor דברי אבות העולם. — Herrn Prediger Dr. Jellinek in Wien: קונטרס המזכיר. — Herrn Dr. Berliner in Berlin: seine Schrift die Massorah zum Targum Onkelos. — Herrn Rabbiner Dr. Landsberg in Liegnitz: Dr. Zuckermandel's Ausgabe der Tosefta. 1. Lieferung. Loeb, la situation des israélites en Turquie. — Herrn Dr. Mendel in Stettin: חדרושי רשאל על מכות. - der Schles. Gesellschaft für vaterländische Cultur hier: 44. Jahresbericht derselben. — Die testamentarisch vermachte Bibliothek des seligen Herrn Nathan Hamburger in Kosten bestehend in ca. 300 Bänden. — Herr Rabbiner Dr. Dessauer in Cöthen sandte seine Schrift: der Sokrates der Neuzeit. — Herr Rabbiner Dr. Schwarz in Carlsruhe: seine Sabbath-Predigten. — Herr Dr. L. Silbermann in Lyck und das Comité zur Verbreitung der Wissenschaft unter den Juden Russlands verehrten dem am Seminar bestehenden «hebräischen Verein» Zeitschriften und Bücher. [VII]

Dem Verein Liwjath-Chen — der in seiner stillen, zartsinnigen, segensreichen Wirksamkeit die höchste Anerkennung und Förderung in weiteren Kreisen verdient — gewährten Beiträge:
Die Gemeinde Aachen,
Herr A. Aron in Prenzlau,
Herr Dr. Bacher in Pest,
" Dr. Badt hier,
" L. Baerwald in Nakel,
" Lesser Baerwald in Nakel,
" Dr. Bamberger in Königsberg,
" Dr. Bloch in Posen,
Die Gemeinde Carlsruhe,
Herr S. W. Chotzen in Neustadt,
" Dr. Cohn in Pest,
" Rendant Cohn hier,
" Dr. J. Deutsch in Sorau,
" Phil. Deutsch in Neustadt,
" Dr. Frank in Cöln,
" S. R. Frankel in Prag,
" Dr. Freudenthal hier,
" Geh. Commissionsrath S. F. Fränkel in Neustadt,
" S. Gerstenberg hier,
" Prof. Graetz hier,
" Dr. Gronemann in Strassburg,
" Dr. Güdemann in Wien,
" Dr. Guttmann in Hildesheim,
" Curator Julius Haber hier,
" Leopold Haber hier,
" Heinr. Hamburger hier,
" Herm. Hamburger hier,
" J. Z. Hamburger hier,
Herren Herz & Ehrlich hier,
Herr Dr. Heinemann in Hannover,
" Bankier V. Z. Homburger in Carlsruhe,
" Dr. Horwitz in Crefeld,
" Dr. G. Joseph hier,
" L. Kalisch hier,
Herr Dr. Karpeles,
" Dr. Kisch in Zürich,
" Raph. Kirchheim in Frankfurt a./M.
" Dr. Kirstein in Berlin,
" Dr. Landau in Dresden,
" Commercienrath Landau in Berlin,
" Commercienrath Landau hier,
" Dr. Landsberg in Lauenburg,
" Director Dr. Lazarus hier,
" H. Lehmann in Stettin,
" M. Gottschalk Levy in Berlin,
Frau Dr. Lobethal hier,
Herr Joel Mayer in Berlin,
" Rudolph Mayer in Berlin,
" Joseph Mayer in Prenzlau,
" Curator Stadtrath Dr. Mark hier,
" Curator Assessor Dr. Milch hier,
" Ad. Neisser hier,
" Dr. Neuburger in Fürth,
" Dr. Perles in München,
" Dr. Perlitz in Klattau,
" S. Plessner hier,
" Dr. Porges in Nakel,
" Ad. Prager hier,
" M. Pringsheim hier,
" S. Pringsheim hier,
" Dr. Rahmer in Magdeburg,
" Dr. Rippner in Glogau,
" Dr. Rosenzweig in Birnbaum,
" Dr. Rosin hier,
" Sigm. Sachs hier,
" S. Saller in Berlin,
" Cand. phil. B. Salomon i. Kopenhagen,
" Dr. Salzberger in Culm,
" Scherbel hier,

[VIII]

Herr M. Schlesinger in Neustadt Herr Dr. Wedell in Düsseldorf,
" Dr. Schwarz in Carlsruhe, Israelitischer Unterstützungs-Verein in Worms,
" Leop. Seckelsohn in Berlin,
" Bankier Simonsen in Kopenhagen, Herr Dr. Ziemlich in München,
" Dr. Stein in Worms, " Dr. Zuckermandel in Pasewalk,
" Dr. Vogelstein in Pilsen, " Dr. Zuckermann hier.


Durch Vermittelung des Herrn Dr. Salzberger, Rabbiner in Culm, haben folgende Mitglieder seiner Gemeinde auch in diesem Jahre zu dem Vereine Liwjath-Chen beigetragen:


Herr S. Ascher, Herr M. Kirschstein, Herr H. Plonsker,
" J. Blumenthal, " N. Krojanker, " J. Ries,
" J. Bukowzer, " W. Lachmann, " A. Ruhemann,
" A. Eipert, " D. Lazarus, " H. Sänger,
" B. J. Eisenstädt, " S. Lazarus, " M. Segall,
" A. Gabriel, " J. S. Leiser, " H. Simon,
" B. Grünberg, " L. Lesser, " J. Simon,
" A. Heymann, " L. Loevy, " M. Simon,
" J. Heymann, " A. Loevy, " D. M. Sternberg,
" H. Hirschfeld, " A. Lewin, " G. Wolff,
" J. Hirschberg, " W. Lewinsohn, " N. N.
" L. Hirschberg, " H. Merten,
" L. Itzigsohn, " M. Neumann,


Der Vorstand der israelitischen Cultusgemeinde zu Wien bewilligte auch in diesem Jahre ein Stipendium von 200 fl. für Studirende des Seminars.

Das Curatorium des mähr. jüdischen Landesmassafonds ertheilt seit einigen Jahren aus Mähren gebürtigen Seminaristen Stipendien zu je 100 fl. österr. Währung.

Ein Hörer des Seminars erhält aus den von dem sel. Freiherrn Jonas von Königswarter zu Wien gestifteten Stipendien für jüdische Theologie Studirende ein Stipendium von 470 fl.

Von der Kaulla'schen Familienstiftung wurden durch Herrn Regierungsrath Isidor Jordan in Stuttgart 300 R.-Mark für einen Hörer unserer Anstalt eingesandt. [IX] Aus der Simon Bondi-Stiftung erhielt ein Seminarist durch Herrn Joseph Bondi in Dresden ein Stipendium von 240 R.-Mark.

Aus der B. H. Goldschmidt’schen Stipendien-Stiftung in Frankfurt a./M. erhalten zwei Hörer des Seminars ansehnliche Stipendien; dergleichen von Herrn Veit L. Homburger aus Carlsruhe und von der Gesellschaft zur Beförderung der Studirenden in Petersburg.

     Breslau, im December 1877.

     Dr. L. Lazarus,

     Director.

[X]

[1]      Die im Talmud zerstreuten Aussprüche und Bemerkungen über wissenschaftliche Disciplinen bilden einen Zweig geistiger Arbeit, welche jüdische Forscher in einem Zeitraume von mehr als einem Jahrtausend bis um 500 nachchristlicher Zeitrechnung, wo die babylonischen der jüdischen Wissenschaft geweihten Lehrhallen geschlossen wurden, geliefert haben. Vielfach von Kämpfen und Leiden während dieser Zeit heimgesucht, bot sich den Juden die Bemühung, das ihnen einzig gebliebene Gottesgesetz zu erforschen und zu erkennen, als alleiniger Trost dar und erhielt sie aufrecht, um unter anderen Verhältnissen erfolgreich für die verschiedensten Geistesrichtungen wirken zu können. Der Erfolg dieser Bemühungen ist im Talmud niedergelegt, dessen Inhalt, wie bekannt, eine Sammlung alles religionsgesetzlich Ueberlieferten nebst einer Zusammenstellung der sich daran knüpfenden Discussionen bildet. Die mit factischen Fällen zusammenhängenden Betrachtungen, zu welchen die sogenannten profanen Wissenschaften nöthig waren, werden darin nur nebensächlich, so weit sie den beregten Fall erläutern, behandelt; keineswegs lag die Aufgabe vor, besondere Theorieen über diese Hilfswissenschaften darin aufzustellen und auszubilden. Man hat also hier kein Lehrbuch vor sich, in welchem eine zusammengehörige, in logischer Aufeinanderfolge sich entwickelnde Darstellung von Lehrsätzen und ihren Anwendungen anzutreffen ist, sondern nur ein Werk, worin Angaben über wissenschaftlich erkannte Wahrheiten in ihren Anwendungen auf die in der Praxis vorkommenden Fälle [2] vorgetragen werden. Es sind bereits mehrere Wissenszweige aus dem Talmud mit grösserer oder geringerer Ausführlichkeit dargestellt worden. Alle diese Monographieen ergeben, dass im Talmud Lehrsätze angeführt werden, zu deren Verständniss ein tieferes Eingehen in die betreffende Wissenschaft erforderlich ist. Hieraus lässt sich nicht nur auf die vorgefundene Summe von Kenntnissen, die den Begründern des Talmuds bekannt war, schliessen, sondern auch annehmen, dass sie tiefer in diese Wissenschaften eingedrungen sind, zumal der Einfluss, den der Verkehr mit Babyloniern, Persern, Griechen und Römern ausübte, sich auch nach der wissenschaftlichen Seite hin geltend machen musste. Von der Mathematik im Talmud insbesondere ist wohl folgendes bekannt: Es werden darin verschiedene Anwendungen von Sätzen aus der Planimetrie und Stereometrie gemacht. Von der Arithmetik kommen die sogenannten bürgerlichen Rechnungen sowohl in ganzen Zahlen als in Brüchen bei sehr vielen Discussionen vor. Auch das dekadische Zahlensystem wird darin angedeutet, wenn Raba (רבא) anführt, dass „Zehn“ von den Persern „Eins“ genannt wird[1]. In mehreren Stellen der Tractate Erubin und Baba batra wird Vieles aus der Feldmesskunst vorgetragen. Es werden Zeitsteine oder Sonnenuhren erwähnt[2]. Eine Art Fernrohr (ohne Gläser) im Besitze des R. Gamaliel wurde zur Angabe von Ortsentfernungen und zur Messung der Tiefe eines Thales angewendet, und die Länge des Schattens benutzte man zur Messung der Höhe eines Baumes[3]. Wichtige Fragen der Astronomie werden in vielen Stellen des Tractats Rosch haschana und in einigen anderen Tractaten erörtert und mehrere [3] Lehrsätze aus dieser Wissenschaft mitgetheilt. Auch giebt die Mischna[4] an, dass R. Gamaliel im Besitze von Abbildungen der verschiedenen Mondphasen war, die er in der Zeit, als der Neumond durch das erste Sichtbarwerden der Mondsichel bestimmt werden musste, zur Controle der Zeugenaussagen benutzte. Bei all den eben genannten Kenntnissen ist mathematisches Wissen vorauszusetzen. Es werden aber auch mehrere in der Mathematik und Astronomie hervorragende Männer erwähnt[5], von denen, wie Rapoport[6] nachgewiesen, R. Josua die Wiederkehr des Halleyschen Kometen berechnet hat. Es ist dies um so bemerkenswerther, als die Berechnung der Kometenbahnen den Völkern des Alterthums unbekannt war[7]. Aber bis jetzt ist weder eine Zusammenstellung alles dessen, was sich von der Mathematik im Talmud findet, versucht, noch ist die Form seiner Rechnungsweise dargestellt worden. Wir glauben daher, durch eine darauf zielende Monographie eine Lücke auszufüllen und wünschen einen Beitrag zur zusammenfassenden Erkenntniss des im Talmud auf diesem Gebiete Geleisteten zu liefern. Bevor wir jedoch an die Bearbeitung unseres Gegenstandes herantreten, stellen wir folgende Bemerkungen voran.

     1) Die von den Griechen ohne Anwendung irgendwelcher Rechnung so fruchtbar geübte constructive Methode in der Geometrie findet im Talmud deshalb keine Anwendung, weil hier die Mathematik nur bei praktischen Fällen gebraucht wird und dadurch das Messen und der Grössenausdruck in Zahlen in den Vordergrund tritt, während jener Methode die Erforschung und Begründung der Eigenschaften geometrischer Gebilde zu Grunde liegt. Es wird also im Talmud mehr die Arithmetik in ihrer Anwendung auf die Geometrie auftreten, eine Richtung, die zwar den Griechen


  1. Bechorot 60a. Der babyl. Talmud, Nasir 8b und Baba batra 164b, erwähnt die Ausdrücke digon, trigon, tetragon, pentagon sowohl im geometrischen Sinne zwei-, drei-, vier- und fünfeckig als auch in arithmetischer Bedeutung zwei-, drei- vier- und fünfmal. Siehe Donath in Berliner's Magazin für jüdische Geschichte und Literatur, 2. Jahrgang, S. 99 f.
  2. Edujot III, 8. Kelim XII, 4.
  3. Erubin IV, 2 und Erubin 43b.
  4. Rosch haschana II, 8.
  5. Horajot 10a.   Baba mezia 85b. 86a.
  6. „Brief an Slonimsky als Vorwort zu dessen „Toldot haschamajim“, ins Deutsche übersetzt von Delitzsch im Literaturblatt des „Orient“, 1840. S. 133 ff.“
  7. Siehe Ehrmann, Allgemeine Zeitung des Judenthums. Leipz. 1852. S. 128 ff.

[4] in ihren praktisch geometrischen Aufgaben nicht fremd war, aber nicht den eigentlichen Kern ihrer Forschungen auf geometrischem Gebiete bildet.

     2) Dass der Talmud in seinen Discussionen mathematischen Inhalts nicht den ganzen mathematischen Apparat mit Voraussetzung, Behauptung und Beweis vorführt, hat seine Ursache darin, dass man sich allgemein bei gelehrten Controversen blos mit der Anführung der Lehrsätze begnügen muss. Das Wissen des Beweises wird beim Gegner vorausgesetzt, oder ihm das Auffinden desselben überlassen. Wenn man nun noch hinzunimmt, auf welcher Stufe in der talmudischen Zeit die Mathematik bei den Griechen sich befand, so wird es gar nicht auffallen, wenn Beweise mathematischer Sätze unter Personen, bei denen man Sachkenntniss voraussetzt, nicht angeführt werden. Die Sprache des Talmuds, deren er sich bei Anführung von Rechnungen und mathematischen Sätzen bedient, übertrifft an lakonischer Kürze die präcise Ausdrucksweise, welcher die Mathematiker sich bedienen, und es ist kein kleines Verdienst der Commentatoren, jene räthselhaft ausgesprochenen Sätze erklärt zu haben.

     3) Was die Darstellung der im Talmud vorkommenden mathematischen Themata betrifft, so ist Folgendes zu beachten: Eine allgemeine Schwierigkeit in der Auffassung dieser Literatur liegt bekanntlich in dem häufigen Wechsel des Schauplatzes der Handlung, in der damit zusammenhängenden Verschiedenheit des sprachlichen Ausdrucks und in den heterogenen Stoffen, die in Betracht gezogen werden. Wenn man nun das Talmudstudium in der neueren Zeit und in der Gegenwart betrachtet, so bemerkt man, dass im Allgemeinen weder viele Mathematiker von Fach, noch eine grosse Zahl Solcher, welche mathematische Kenntnisse in etwas vorgeschrittenem Masze besitzen, sich tiefer eingehenden Studien im Talmud hingeben. Es ist daher die bekannte Thatsache leicht erklärlich, weshalb die Talmudbeflissenen über talmudische Themata, worin Mathematisches enthalten ist, mit einer gewissen Abneigung hinwegschlüpfen oder auf Treu und Glauben das daraus gewonnene Resultat annehmen. Nach dieser [5] Seite hin wird es nun von Wichtigkeit sein, wenn solche talmudische Stellen mit einem leicht durchsichtigen Commentar versehen werden. Die bereits vorhandenen, in hebräischer Sprache geschriebenen Commentare sind so weitschichtig, dass eine mehr als gewöhnliche Geduld erforderlich ist, um ihnen zu folgen. Es soll dies nicht als Vorwurf für die Commentatoren gelten, denn diese besassen hinlängliche Sachkenntniss, um mit Präcision den eigentlichen Inhalt des Gegenstandes zu erfassen. Allein, da sie in hebräischer Sprache schrieben, so mussten sie wegen der dieser Sprache mangelnden technischen Ausdrücke für mathematische Operationen die Deutlichkeit des Commentars durch einen leicht ermüdenden grösseren Umfang der Darstellung zu erlangen suchen. Um nun die im Talmud zerstreuten mathematischen Sätze als ein geordnetes Ganzes zusammenzufassen, genügt nicht, dieselben in abstracter Form als ein für die damalige Zeit Erforschtes allein hinzustellen, sondern es muss zugleich auch, da die Sätze nur mit factischen Fällen verknüpft sind, der Gegenstand, welchem sie als Hilfsmittel dienen, erläutert werden, damit dadurch Doppeltes erzielt werde: zunächst, um die Schwierigkeit der Erfassung des fraglichen Gegenstandes in seiner Verbindung mit der Grössenlehre zu heben, und dann, um den mathematisch inhaltlichen Antheil an dem Ganzen zu erkennen. Es müssen daher die verschiedenartigsten Verhältnisse, bei denen im Talmud mathematische Sätze in Anwendung kommen, dargestellt werden. Von diesen Gedanken geleitet, ist in der vorliegenden Arbeit die Aufgabe zu lösen versucht worden, alle diejenigen Stellen des babylonischen Talmuds und einige des jerusalemischen Talmuds, in welchen mathematische Sätze angewendet werden, soweit es sachlich und sprachlich angeht, zu übersetzen und zu commentiren, mit Ausschluss derjenigen Stellen, worin nur einfache und leicht verständliche Rechnungen vorkommen. Dabei soll auf den Ideengang eines jeden Autors, seine Darstellung und seine Rechnungsweise, da er weder Ziffern noch Rechnungszeichen hatte, Rücksicht genommen und, wenn möglich, in derselben Form wiedergegeben werden, damit man daraus die damalige Handhabung dieser [6] Materie ersehen könne. In mehreren Stellen aber sind hier zur Vereinfachung der Darstellung unsere üblichen Ziffern und Rechnungszeichen angewendet worden, obschon der Talmud die Ziffern durch Grund- und Ordnungszahlen, die Rechnungsoperationen nicht durch Rechnungszeichen, sondern durch Worte ausdrückt. Wir nehmen die talmudischen Stellen nach der üblichen Aufeinanderfolge der talmudischen Tractate durch und schicken drei Sätze, welche oft im Talmud Anwendung finden, ausser der Reihe voran, damit man im Weiteren auf sie nur zu verweisen nöthig habe. Ferner werden wir die in verschiedenen Stellen vorkommenden Flächen- oder Körperberechnungen nicht getrennt, sondern überall im Zusammenhange der betreffenden Discussion erläutern.

I. Quadratwurzel.

     Die Mischna[1] giebt für die Länge der Seite eines Quadrats von 5000 Quadratellen Flächeninhalt 70 Ellen und Etwas an. Der hierbei gebrauchte Ausdruck Schirajim (שיריים) für den Bruch, der zu 70 Ellen hinzuzufügen ist, deutet schon die Irrationalität dieser Wurzel an. Den annähernden Werth dieses Etwas drückt die Mischna[2] indirect durch Ellen aus, denn dort wird die doppelte Seite dieses Quadrats durch Ellen angegeben, also die Seite selbst gleich der Hälfte von Ellen. Von dem etwas genaueren Werthe der Quadratwurzel aus 5000, nämlich von 70,71068…, weicht der eben angegebene um 0,04402… ab Der Talmud[3] theilt über die Ungenauigkeit dieses Werthes im Namen des R. Jehuda mit, dass ein wenig zu klein sei, und die Weisen dieses Wenige nicht näher bestimmt haben. Der jerusalemische Talmud[4] führt als den Werth dieses Etwas im Namen Samuel's an, macht auch die Bemerkung, dass [7] dieser Werth etwas zu klein sei, und dass die Weisen dieses Wenige nicht näher bestimmen konnten. Diese Stelle im jerusalemischen Talmud ist wegen ihrer eigenthümlichen Rechnungsweise bemerkenswerth und soll deshalb hier erläutert werden. Wie man in alter Zeit überhaupt der Deutlichkeit wegen arithmetische Betrachtungen durch geometrische Figuren zu beweisen suchte, so zeigt auch der in dieser Talmudstelle vorkommende Ausdruck „es ragen an den vier Winkeln hervor“ צא מהן ארבעה תשועין לארבע רוחות, dass hier die Rechnung mit Hilfe einer Figur ausgeführt ist. In Bezug auf Mischna Erubin II, 5, welche für ein dort näher angegebenes Sabbatgesetz vorschreibt, dass gewisse Plätze die Grösse eines Quadrats, dessen Seite 70 Ellen und Etwas lang ist, haben müssen, führt der jerusalemische Talmud[5] Folgendes an: „R. Samuel bar Nachman theilte im Namen des R. Jonatan mit, dass (die Mischna die Grösse des in den Sabbatgesetzen vorkommenden Quadrats mit einer Seite von 70 Ellen und Etwas Länge) von der Grösse des Tempelhofes hergeleitet habe. Die Länge dieses Hofes war 100 Ellen, die Breite desselben 50 Ellen, und 50 mal 100 sind 5000. Nun ist 70 mal 70 gleich 5000 weniger 100. Die Mischna giebt (die Länge der Seite eines Quadrats von 5000 Quadratellen) auf 70 und Etwas an, und Samuel setzt dafür Ellen. Es betragen aber 70 mal und 70 mal soviel wie und , das sind Ellen, und es ragen (von der Figur) an den vier Winkeln hervor. Es fehlen daher weniger , wie auch mitgetheilt wird, dass hier etwas Weniges fehle, welches die Weisen nicht näher bestimmen konnten.“ Soweit der Text. Die Erklärung desselben ist folgende: Es sei in Fig. I[6] ABCD ein Quadrat, dessen Seite 70 Ellen lang ist und das umschriebene Quadrat EFGH habe Ellen als Länge einer Seite[7]. Man verlängere die Seiten des inneren [8] Quadrats bis an die Seiten des äusseren, so besteht das Quadrat EFGH aus dem Quadrate ABCD und den 4 Rechtecken AK, BL, AM, DN und den 4 Winkelquadraten AE, BF, CG, DH. Nun ist das Quadrat ABCD gleich 70 mal 70 = 4900 oder = 5000 — 100 Quadratellen. Jedes der Rechtecke hat 70mal Quadratellen. Die vier Rechtecke betragen daher 4mal 70mal = 2mal 70mal oder = 70mal + 70mal = Quadratellen. Jede Seite der 4 Winkelquadrate ist Elle lang, also jedes Winkelquadrat = Quadratelle, alle vier zusammen betragen Quadratellen. Addirt man die Theile, so erhält man Quadratellen, und es fehlen zu 5000 noch oder Quadratellen, wie der Talmud angiebt, und was zu beweisen war. Auf eine Verschiedenheit eines Ausdrucks im babylonischen und jerusalemischen Talmud ist hier aufmerksam zu machen. Während in jenem über das zu als Quadratwurzel aus 5000 noch Fehlende gesagt wird „die Weisen haben es nicht näher bestimmt“ (haben keine Grösse dafür angegeben לא נתנו חכמים בו שיעור), werden in diesem die Worte gebraucht „die Weisen konnten es nicht näher bestimmen“ (לא יכלו חכמים לעמוד עליו). Durch die letztere Ausdrucksweise ist auf die Irrationalität dieser Quadratwurzel hingewiesen.

     Setzt man nun

     Der Mischna sind also 2 Decimalstellen der Quadratwurzel aus Zwei bekannt. Nimmt man statt die Zahl , so hat man einen leicht übersichtlichen Werth derselben. In der That finden wir auch diesen im Talmud in allen Fällen der Praxis wieder. So ist die Quadratwurzel aus Zwei indirect im Talmud[8] angegeben. Dort wird das Verhältniss der Seite eines Quadrats zu [9] seiner Diagonale durch folgenden Satz ausgedrückt: „Ein Lehrer sagt: Jedes Quadrat, dessen Seite eine Elle lang ist, hat eine Diagonale von Ellen Länge“, oder: Wenn die Seite eines Quadrats = S, dessen Diagonale = d, so ist d = mal S. Dieser Satz lässt sich mit Hilfe des pythagoräischen Lehrsatzes beweisen. Es sei in Fig. II[9] ABCD ein Quadrat, dessen Seite = S und dessen Diagonale = d, so ist , also Für S = 1 ist Der Talmud nimmt in der Praxis an, da ihm die erste Decimalstelle zu leichterer Uebersicht genügte.

     Ein minder genauerer Werth dieser Quadratwurzel lässt sich aus Mischna Oholot XII, 7 herleiten. Mischna Oholot III, 7 giebt in Beziehung auf 4. Mos. XIX, 14 an: „Eine Handbreite Länge, Breite und Höhe bewirkt die Bezeltungsunreinheit“, d. h. wenn sich ein Raum, dessen Länge, Breite und Höhe je eine Handbreite beträgt, über einem dort näher bestimmten Theil einer Leiche und über anderen Geräthschaften befindet, so sind die Geräthschaften unrein. Dies vorausgssetzt, führt die Mischna[10] an: „Eine auf dem Erdboden im Freien liegende cylinderförmige Säule von 24 Handbreiten Umfang bewirkt die Bezeltungsunreinheit längs ihrer gekrümmten Fläche“. Die Umfangsgrösse dieser eben angeführten Säule muss also der oben angegebenen Bedingung entsprechen, dass sich über dem unreinen Gegenstand ein Würfelraum, dessen Seite wenigstens eine Handbreite lang ist, befindet. Um nachzuweisen, dass dies hier stattfindet, sei in Fig. III[11] der Kreis um C ein auf der Axe der cylinderförmigen Säule senkrechter Durchschnitt. Dieser Kreis berührt den Erdboden in dem Punkte F. Beschreibt man um diesen Kreis das Quadrat ABDE, so muss sich in den Winkelraum dieses Quadrats ein Quadrat BGHK, dessen Seite eine Handbreite lang ist, zeichnen lassen, damit die Bedingung der Mischna Oholot III, 7 erfüllt werde. Nun giebt die der Mischna Oholot XII, 7 zunächst vorhergehende Mischna XII, 6, [10] welche weiter unten besprochen wird, an, dass der Umfang eines Kreises mit einem Durchmesser von einer Handbreite, drei Handbreiten enthält. Es wird also hier, da der Umfang auf 24 Handbreiten angegeben ist, der Durchmesser 8 Handbreiten angenommen werden müssen, und die Diagonale BE des Quadrats ABDE wird 8 + 2x Handbreiten gleich sein. Die Grösse x lässt sich mittels des pythagoräischen Lehrsatzes durch die Bedingung bestimmen, dass sie die Diagonale eines Quadrats ist, dessen Seite eine Handbreite beträgt. Anderseits lässt sich x durch denselben Satz bestimmen, dass 8 + 2x die Diagonale eines Quadrats ist, dessen Seite 8 Ellen Länge hat.

     Es ist also , daher


     Betrachtet man nun als unbekannt, so erhält man ihren hier angenommenen Werth aus einer Gleichung zwischen den beiden Werthen des x aus den Gleichungen I und II. Man erhält

     Die Commentatoren nehmen auch für die Zeit dieser Mischna den Werth der an und sind dann zu folgern gezwungen, dass die Mischna ungenau gerechnet habe, denn nach dieser Annahme ist Handbreiten, also einerseits Handbreiten, während anderseits Handbreiten. Dem ist nicht so, die Mischna hat hier genau gerechnet, nur hat sie einen kleineren Werth der Quadratwurzel aus Zwei angenommen. Historisch wäre hier anzumerken, dass Seder Tohorot zu dem [11] älteren Theile der Mischna gehört[12]. Somit ist als ältester in der Mischna vorkommender Werth der Quadratwurzel aus Zwei der aus Mischna Oholot hergeleitete = 1,33… Der späteren Mischna Erubin war der genauere Werth = 1,4133… bekannt. Schon die Mischna kannte die Irrationalität einer gewissen Quadratwurzel. Dem noch späteren Talmud genügte für die Praxis der Werth 1,4[13]. Von dem genaueren Werthe der weichen die drei genannten Werthe respective um 0,08088…, 0,00088…, 0,01421… ab.

II. Verhältniss der Flächeninhalte eines Kreises und des ihm einbeschriebenen Quadrats zu dem Flächeninhalte des diesem Kreise umschriebenen Quadrats.

     Der babyl. Talmud theilt an zwei Stellen[14] folgenden von den Richtern oder Talmudlehrern in Cäsarea dunkel ausgedrückten Satz mit: „Der Kreis im Quadrat ist ein Viertel, das Quadrat im Kreise ist die Hälfte“. Die verschiedenen Fragen über die räthselhafte Form des Ausdrucks in diesem Satze können hier übergangen werden. Als positiver Inhalt desselben bleibt nach Auffassung der Tosafot[15] das Folgende. Wenn ein Quadrat einem Kreise umschrieben, ein anderes demselben einbeschrieben ist, so ist 1. der Flächeninhalt des Kreises um den vierten Theil des Flächeninhalts des umschriebenen Quadrats kleiner als der Flächeninhalt dieses umschriebenen Quadrats, 2. der Flächeninhalt des einbeschriebenen Quadrats um die Hälfte des Flächeninhalts des umschriebenen Quadrats kleiner als der Flächeninhalt dieses umschriebenen Quadrats. Mit andern Worten: 1. Die Fläche des [12] Kreises ist drei Viertel der Fläche des ihm umschriebenen Quadrats,

2. Die Fläche des dem Kreise einbeschriebenen Quadrats ist gleich der halben Fläche des ihm umschriebenen Quadrats. Dieser Satz, gewöhnlich ohne Beweis hingestellt, kann mit Hilfe eines andern im Talmud erwähnten Satzes über das Verhältniss der Kreisperipherie zu seinem Durchmesser, dessen Erörterung weiter unten folgt, bewiesen werden. Um den ersten Theil dieses Satzes zu beweisen, sei in Fig. IV dem Kreise um C dessen Durchmesser = d ein Quadrat ABDE, dessen Seite = S ist, umschrieben, so ist der Durchmesser des Kreises gleich der Seite des Quadrats, also d = S. Die Peripherie des Kreises ist nach dem Talmud das Dreifache seines Durchmessers = 3d, hier also = 3S. Der Flächeninhalt des Kreises ist gleich der Peripherie desselben, multiplicirt mit dem halben Radius [WS 1] Der Flächeninhalt des Quadrats ist S2 gleich. Die Differenz der beiden Flächen ist d. h. der Flächeninhalt des Kreises ist drei Viertel der umschriebenen Quadratfläche, was zu beweisen war. Genauere Werthe erhält man durch Anwendung der Zahl π. Man erhält Inhalt des Quadrats = S2, Inhalt des Kreises

     Die Differenz der beiden Flächeninhalte ist d. h. der Flächeninhalt des Kreises ist grösser als drei Viertel der umschriebenen Quadratfläche. Um den zweiten Theil dieses Satzes, die Flächenverhältnisse der beiden Quadrate betreffend, zu beweisen, beschreibe man um den Kreis der Fig. IV ein Quadrat FGHK, dessen Seite = s sei. Zieht man aus dem Mittelpunkt c des Kreises zwei Radien r nach den Endpunkten der Seite s, so ist in dem entstandenen rechtwinkligen gleichschenkligen Dreieck nach dem pythagoräischen Lehrsatz s2 = 2r2. Da nun d = 2r, [13] so ist d2 = 4r2 = 2s2, also oder, da d = S, ist d. h. der Flächeninhalt des inneren Quadrats ist dem halben Flächeninhalte des umschriebenen Quadrats gleich, was zu beweisen war.


III. Verhältniss des Umfanges eines Kreises zu dem des ihm umschriebenen Quadrats.

     Die Mischna[16] führt für die Umfänge des Kreises und des ihm umschriebenen Quadrats an: „das Quadrat ist um ein Viertel grösser als der Kreis“ oder der Kreisumfang ist drei Viertel des Umfanges des ihm umschriebenen Quadrats. Der in dieser Mischna besprochene Specialfall betrifft die Umfänge der genannten Figuren. Aus der Anwendung desselben an mehreren Stellen des Talmuds ist ersichtlich, dass er auch für die Flächeninhalte derselben gelte, was übrigens schon in dem ersten Theile des hier vorhergehenden Satzes, Seite 11, ausgesprochen ist. Die Richtigkeit desselben für die Umfänge geht daraus hervor, dass in Fig. IV, wo d = S, nach dem Talmud, wie bereits erwähnt, der Kreisumfang 3S beträgt. Nun ist der Quadratumfang = 4S. Die Differenz dieser beiden Umfänge beträgt 4S − 3S = S = , d. h. der Quadratumfang ist um den vierten Theil seines eigenen Umfangs grösser als der Umfang des ihm einbeschriebenen Kreises, oder der Kreisumfang ist drei Viertel des Umfanges des ihm umschriebenen Quadrats, was zu beweisen war. Das Masz der Ungenauigkeit des eben betrachteten Satzes hängt von den angewendeten Decimalstellen der Zahl π ab. Man erhält für die Differenz der beiden Umfänge 4S − πS = (4−π) S = (4 − 3.14159…) S = mal 4S = 0.21460… 4S, d. h. der Quadratumfang ist um weniger als den vierten Theil seines eigenen Umfangs [14] grösser als der Umfang des ihm einbeschriebenen Kreises, oder: der Kreisumfang ist grösser als drei Viertel des Umfangs des ihm umschriebenen Quadrats. Für die Flächeninhalte ist der Beweis schon Seite 12 angegeben worden. Nachdem wir die voranzustellenden drei Sätze genügend erläutert zu haben glauben, wenden wir uns nun zu der beabsichtigten Darstellung der im Talmud enthaltenen Stellen mathematischen Inhalts nach der Reihenfolge der Tractate.

Kilajim.

     Das Verbot, ein Feld mit verschiedenartigen Saaten zugleich zu besäen, ist im Pentateuch[17] enthalten. Die Mischna[18] bezeichnet die Saaten, welche von diesem Verbote berührt werden und giebt diejenigen an, deren Mischung erlaubt ist. Es werden dort gewisse Regeln des Verfahrens in vorkommenden Fällen im Feld-, Garten- und Weinbau aufgestellt, wonach das gleichzeitige Säen aller Arten von Saaten gestattet wäre. Diese Regeln vorausgesetzt, giebt die Mischna[19] Folgendes an: „Ein quadratisches Beet, dessen Seite sechs Handbreiten lang ist, darf man mit fünf Arten verschiedener Saaten zugleich besäen und zwar vier Arten auf den vier Seiten des Beetes und eine Art in der Mitte desselben. Ist das Beet von einem eine Handbreit hohen (und ebenso breiten) Rande umgeben, so sind dreizehn verschiedene Arten darauf zu säen erlaubt, und zwar je drei auf jeder der vier erhöhten Randseiten und eine in der Mitte des Beetes … R. Jehuda erlaubt sechs Arten in der Mitte[20]“. Nur die Zahl der verschiedenen Saaten, die auf dem genannten Beete zu säen erlaubt sind, wird von der Mischna verzeichnet; für die Form der besäten Theile des Beetes lässt sie freien Spielraum, wenn nur die von ihr vorgeschriebenen Regeln, welche die sonst verbotenen Pflanzungen zu [15] erlaubten machen, erfüllt sind. Die verschiedenen Möglichkeiten der Bepflanzungsformen beruhen, abgesehen von einigen halachischen Differenzen, in Beziehung auf die dabei zu beachtenden Verordnungen nur auf der Combination, einen gegebenen Raum, nach bestimmten Regeln der Bepflanzung, am bestmöglichsten zu verwerthen. Diejenige Formangabe, die das Maximum des bepflanzten Theils erreicht, löst die Aufgabe am zweckmäszigsten. Um dies Maximum zu erhalten, gehe man auf den Wortlaut der Mischna ein, so erhält man eine Figur, wie Fig. V, in welcher ABCD ein quadratisches Beet vorstelle, dessen Seite 6 Handbreiten lang ist. Die schraffirten Ackerstücke stellen die fünf verschiedenen Saaten dar, wobei die Quadrate PQRS und TUVW gebildet werden. Es sei nun EF = GH = KL = MN = x Handbreiten und AF = AG = BH = BK = CL = CM = DE = DN = y Handbreiten, so stellt jeder bepflanzte Seitentheil des Beetes einen Flächenraum von x mal y Handbreiten, alle vier bepflanzten Seitentheile zusammen 4mal xmal y Quadrathandbreiten dar. Der mittlere bepflanzte Raum des Beetes ist nach dem oben, Seite 11, angeführten Satze Quadrathandbreiten gleich. Der ganze bepflanzte Raum des Beetes, den wir a nennen, ist daher 4xy + gleich. Es ist ferner nach Construction y + x + y = 6. Hieraus folgt y = . Setzt man diesen Werth des y in den Ausdruck des bepflanzten Theils 4xy + = a, so erhält man . Die Frage ist nun, welches ist der grösstmöglichste Werth des a, wenn x positiv und kleiner als sechs sein soll? Man löse diese Gleichung auf, so erhält man 24x − 4x2 + x2 = 2a

[16] Da a positiv ist und x reell sein soll, so kann nicht grösser als 64 sein, denn sonst würde der Werth des x imaginär. Wenn nun nicht grösser als 64 ist, so ist nicht grösser als 8 und a nicht grösser als 24. Der grösste Raum, den diese Bepflanzungsform für a liefert, ist daher 24 Quadrathandbreiten. Ist aber a = 24, so ist x = = 4. Diesen Werth des x in y = substituirt, giebt y = 1. Man erhält also die Form wie Fig. VI, in welcher durch die auf einander senkrecht gezogenen Linien das Quadrat ABCD, dessen Seite 6 Handbreiten lang ist, in 36 Quadrate, deren jede Seite eine Handbreite lang ist, getheilt wird, worin 24 solcher Quadrate, also zwei Drittel des ganzen Beetes, bepflanzt sind. Diese Form giebt auch Maimonides an, ohne zu zeigen, wie er sie gefunden hat.

     Für den zweiten Fall in der eben betrachteten Mischna erhält man eine Form wie Fig. VII, in welcher ABCD ein quadratisches Beet, dessen Seite 6 Handbreiten lang ist, und das Quadrat EFGH weniger dem Quadrate ABCD die umgebende Bodenerhöhung darstellt. Hier sind auf der oberen Fläche der Erhöhung zwölf Quadrathandbreiten in bestimmter Entfernung mit zwölf verschiedenen Saaten bepflanzt, je drei auf jeder Erhöhung der vier Seiten des Beetes, und auf dem Beete selbst eine Art, die 18 Quadrathandbreiten bedeckt; in Summa sind 30 Quadrathandbreiten = des Ganzen bepflanzt, da die Fläche des Ganzen hier 64 Quadrathandbreiten beträgt. Um R. Jehuda's Angabe zu genügen, erhält man eine Form wie Fig. VIII, in welcher 12 Arten auf der Erhöhung, wie in Fig. VII, und 6 Arten auf dem Beete gepflanzt sind. Jede dieser 6 Arten bedeckt einen Rhombus, der hier, wie bekannt, 3 Quadrathandbreiten beträgt, da er in einem rechtwinkligen Parallelogramm von 6 Quadrathandbreiten Flächeninhalt eingezeichnet ist. Im Ganzen sind also ebenfalls 30 Quadrathandbreiten = des Ganzen bepflanzt[21]. Mit denselben Rechnungsmitteln [17] lassen sich alle Formen, welche der jerusalemische Talmud und die Commentatoren angeben, ermitteln.

     In Beziehung auf das im Pentateuch, 5. Mos. XXII, 9, erwähnte Verbot beim Weinbau giebt die Mischna[22] Folgendes an: „Wenn Jemand gewisse Krautarten (ירק) in einem Weinberge pflanzt oder stehen lässt, so sind ihm 45 Weinstöcke zum Gebrauch verboten. In welchem Falle gilt diese Zahl? Wenn die Weinstöcke in Zwischenräumen von je 4 oder 5 Ellen gepflanzt sind. Sind sie aber in Zwischenräumen von je 6 oder 7 Ellen gepflanzt, so sind alle diejenigen Weinstöcke, die innerhalb 16 Ellen (um die Krautpflanzung) im Kreise, nicht im Quadrate, herumliegen, verboten“. [18] Die hier erwähnten Weinberge sind, wie in Fig. XI, schachbrettartig angelegt. In den Scheitelpunkten der Schachfelderwinkel sind die Weinstöcke gepflanzt. Die quadratischen Schachfelder sind für verschiedene Weinberge verschieden gross. Meistentheils nehmen sie einen Flächenraum von je 16, 25, 36 oder 49 Quadratellen ein. Die Seiten dieser Quadrate sind also respective 4, 5, 6, 7 Ellen lang. Das Verbot, Krautarten in Weinbergen zu pflanzen, wird in der oben genannten Mischna näher ausgeführt, ohne den Standort der Krautpflanzung anzugeben. Für die verbotenen Weinstöcke giebt sie zwei scheinbar verschiedene Maszstäbe an. Das einemal führt sie eine Anzahl Weinstöcke als verboten an, das anderemal bestimmt sie, dass eine erst zu ermittelnde Anzahl von Weinstöcken innerhalb einer gewissen Fläche um die Krautpflanzung dem Verbote anheimfällt. Für die Raumangabe der obigen Mischna, betreffend einen Kreis von 16 Ellen Radius, lässt sich ein Grund aus einer vorhergehenden Mischna[23] herleiten, auf den wir aber für unseren Zweck nicht näher einzugehen brauchen. Für die Zahlangabe 45 unserer Mischna wird bei Weinbergen mit vierelligen Quadraten, wenn das Kraut um einen Weinstock gepflanzt ist, der sechszehnellige Radius auch maszgebend sein, da, wie sich durch den pythagoräischen Lehrsatz leicht zeigen lässt, der Flächenraum eines Kreises mit sechszehnelligem Radius gleichfalls 45 Weinstöcke einschliesst. Hingegen bei anderem Standorte des Krautes in Weinbergen mit viereiligen Quadraten oder bei beliebigem Standorte des Krautes in Weinbergen mit fünfelligen Quadraten schliesst ein Kreis mit sechszehnelligem Radius eine andere Anzahl Weinstöcke ein. Dann ist aber um so auffallender, dass bei Weinbergen mit viereiligen Quadraten eine Zahlangabe erwähnt ist. Durch die folgende Betrachtung glauben wir alle diese Schwierigkeiten im Ausdrucke der Mischna zu heben: Das Kraut kann entweder um einen Weinstock herum, oder in der Mitte eines Quadrats zwischen vier Weinstöcken, oder an irgend einer anderen Stelle dieses Quadrats gepflanzt [19] sein. Ist das Kraut um einen Weinstock herum gepflanzt, so enthalten Weinberge in einem Kreise von 16 Ellen Radius, wie sich mit Hilfe des pythagoräischen Lehrsatzes ergiebt, folgende Zahl von Weinstöcken:

Weinberge mit vierelligen Quadraten 45 Weinstöcke (Fig. XII),
" " fünfelligen " 37 " (Fig. XIII),
" " sechselligen " 21 " (Fig. XIV),
" " siebenelligen " 21 " (Fig. XV).

     Ist das Kraut in der Mitte des Quadrats zwischen 4 Weinstöcken gepflanzt, so enthalten Weinberge in einem Kreise von 16 Ellen Radius folgende Zahl von Weinstöcken:

Weinberge mit vierelligen Quadraten 52 Weinstöcke (Fig. XVI),
" " fünfelligen " 32 " (Fig. XVII),
" " sechselligen " 24 " (Fig. XVIII),
" " siebenelligen " 16 " (Fig. XIX).

     Für jeden anderen Ort der Anpflanzung des Krautes kann die Zahl der Weinstöcke in derselben Weise ermittelt werden. Nun beachtet die Mischna den Umstand, dass bei dem Gesetze über das Säen gewisser Krautarten in Weinbergen auch das äusserliche räumliche Aussehen der Bepflanzungsformen auf die Beurtheilung des Verbotes von Einfluss ist. Dieser Umstand ist unter dem Ausdruck משום מראית העין bekannt. Da man nun einen Weinberg mit einer Weinstockpflanzung in vierelligen Quadraten von einem solchen in fünfelligen Quadraten, ebenso einen in sechselligen von einem in siebenelligen Quadraten äusserlich nicht leicht von einander unterscheiden kann, also eine Verwechselung stattfinden könnte, so hat die Mischna in richtiger Beurtheilung dieses Verhältnisses als Beispiel den Fall im Sinne gehabt, bei welchem das Kraut um einen Weinstock gepflanzt ist. Dann stimmt für Weinberge mit sechs- und siebenelligen Quadraten in einem Kreise von 16 Ellen Radius die Anzahl der Weinstöcke um das Kraut überein, und eine Verwechselung eines Weinberges in sechselligen Quadraten mit einem in siebenelligen hat auf die Zahl der verbotenen Weinstöcke keinen Einfluss, da bei beiden die Zahl 21 resultirt. Anders ist es bei Weinbergen mit vier- oder fünfelligen Quadraten. Sie [20] ergeben bei einem Kreise von 16 Ellen Radius um das Kraut nach Seite 19 die Zahl von 45, respective 37 Weinstöcken, und es würde bei vorkommender Verwechselung eines Weinberges in fünfelligen Quadraten mit einem in vierelligen Quadraten ein Irrthum entstehen. Man könnte nämlich glauben, dass bei Weinbergen mit vierelligen Quadraten nur 37 Weinstöcke verboten seien. Deshalb hat die Mischna als Abhilfe angeordnet, dass auch für Weinberge mit fünfelligen Quadraten die grössere Zahl 45 verboten sein soll. Diesen Gedanken giebt auch der jerusalemische Talmud[24] wieder, indem er anführt, das Kraut müsse um den mittelsten Weinstock gepflanzt sein. Aus der ganzen Betrachtung erkennt man, dass hier eine Raum- und eine Zahlangabe nothwendig ist: jene, um zu wissen, wie weit räumlich das Verbot sich erstreckt, diese für den Fall, dass durch die Raumangabe allein, bei verschiedener Grösse der Quadrate in den Weinbergen, eine verschiedene Anzahl von Weinstöcken in diesem Raume sich ergeben und durch Verwechselung die kleinere Zahl als maszgebend betrachtet werden könnte. Hätte die Mischna den Fall im Sinne gehabt, bei welchem das Kraut in der Mitte eines Quadrates zwischen vier Weinstöcken gepflanzt ist, so würde nach Seite 19 eine Differenz in den Zahlen 52 und 32 bei Weinbergen mit vier-, respective fünfelligen Quadraten, wie auch in den Zahlen 24 und 16 bei Weinbergen mit sechs-, respective siebenelligen Quadraten stattfinden, und es wäre dann nicht möglich gewesen, diese vier verschiedenen Formen durch eine Raum- und eine Zahlangabe in zwei Gruppen darzustellen. Fasst man alles dies zusammen, so sieht man, dass die Mischna, um die Anzahl der verbotenen Weinstöcke in Weinbergen, worin Kraut gepflanzt ist, festzustellen, Raum- und Zahlangaben als zwei sich ergänzende Mittel hingestellt hat; und zwar ist der Kreis von bestimmter Grösse das primäre Mittel, die Zahl der Weinstöcke aber das secundäre für den Fall, dass bei möglicher Verwechselung zweier verschiedener Grössen der Weinbergsformen der Kreis von bestimmter Grösse um das Kraut eine geringere Zahl von entfernter stehenden Weinstöcken einschliessen [21] sollte, als er näher stehende Weinstöcke einschliessen würde. In einem solchen Falle ist die grössere Zahl entscheidend, oder mit andern Worten: der Kreis muss angemessen erweitert gedacht werden, damit er jene grössere Zahl von Weinstöcken einschliesse. Die Vergrösserung des Radius kann vermittelst des pythagoräischen Lehrsatzes bestimmt werden. Also: da bei einer Krautpflanzung um einen Weinstock, nach Seite 19, Weinberge mit vierelligen Quadraten in einem Kreise von 16 Ellen Radius um das Kraut 45 Weinstöcke enthalten, bei Weinbergen mit fünfelligen Quadraten aber nur 37 Weinstöcke in einem solchen Kreise stehen würden, so muss in letzterem Falle der Radius auf 18,02… Ellen vergrössert werden, damit 45 Weinstöcke darin stehen können. Bei einer Krautpfianzung in der Mitte eines Quadrats zwischen vier Weinstöcken muss der Radius, da nach Seite 19 Weinberge mit vierelligen Quadraten in einem Kreise von 16 Ellen Radius um das Kraut 52 Weinstöcke enthalten, bei solchen mit fünfelligen Quadraten aber sich nur die Zahl 32 ergiebt, auf 17,67… Ellen vergrössert werden, damit der Kreis ebenfalls 52 Weinstöcke einschliesse. Ebenso muss bei letzterer Art der Krautpflanzung in Weinbergen mit siebenelligen Quadraten, da sich nach Seite 19 nur die Zahl 16 ergiebt, der Radius auf 17,84… Ellen vergrössert werden, damit in diesem Kreise 24 Weinstöcke stehen können. Die Zusammenstellung der Resultate ergiebt: Wenn das Kraut um einen Weinstock gepflanzt ist, so sind bei Weinbergen

mit vier- oder fünfelligen Quadraten 45 verboten,
" sechs- " siebenelligen " 21 " "

Wenn das Kraut in der Mitte eines Quadrats zwischen vier Weinstöcken gepflanzt ist, so sind bei Weinbergen

mit vier- oder fünfelligen Quadraten 52 Weinstöcke verboten,
" sechs- " siebenelligen " 24 " "

Auf diese Weise kann die Zahl der verbotenen Weinstöcke in jedem anderen Falle gefunden werden[25].

[22]
Erubin.

     Das Verhältniss des Kreisumfanges zu seinem Durchmesser giebt die Mischna[26] an. Es wird in einer vorhergehenden Mischna[27] die Bestimmung angeführt, dass ein bei einem dort näher bezeichneten Sabbatgesetze zu verwendender Balken eine Hand breit sein müsse. In unserer Mischna[28] heisst es nun: „Wenn der Balken cylinderförmig ist, so betrachtet man ihn, als wäre er viereckig; wenn er nämlich einen Umfang von drei Handbreiten hat, so ist er eine Hand breit[29]“, d. h. wenn ein Kreis drei Handbreiten Umfang hat, ist sein Durchmesser eine Handbreite, oder Kreisperipherie:Durchmesser = 3:1. Die Mischna wendet dieses Verhältniss auch an einer andern Stelle an[30]. Dort wird die Breite eines Balkens bei einem Gesetze über Verunreinigung von Geräthen auf eine Handbreite festgesetzt, und gesagt, dass, wenn der Balken cylinderförmig ist, er, bei einem Umfange von drei Handbreiten, eine Hand breit sei. Auch der Talmud führt diesen Satz mehrfach an[31].

     Die erste krummlinige Figur, deren Eigenschaften die Menschen näher zu betrachten anfingen, war der Kreis. Man erkannte bald seine zunächstliegenden, in die Augen fallenden Eigenschaften, und schon in alter Zeit fand man rein empirisch, dass der Halbmesser des Kreises sechsmal oder der Durchmesser dreimal im Umfange enthalten sei. Später wurden genauere Verhältnisse für Durchmesser und Umfang gefunden, bis bekanntlich Archimedes der erste war, der das Verhältniss des Kreisumfanges zu seinem [23] Durchmesser berechnete und fand, dass der Kreisumfang kleiner als und grösser als seines Durchmessers sei. Das Verhältniss von 22:7 oder ist ein weit verbreitetes, und es ist daher auffallend, dass die Mischna, um 200 nachchristlicher Zeitrechnung geschlossen, und selbst der Talmud, um 500 nachchristlicher Zeitrechnung beendet, nur das Verhältniss von 3:1 anwenden. Es lässt sich aber aus der Form einer Fragestellung und aus der darauf ertheilten Antwort in einer Talmudstelle[32] in Betreff des Verhältnisses von 3:1 beim Kreisumfange und dessen Durchmesser entnehmen, dass, wenn auch die Mischna den in alter Zeit bekannten Werth der Zahl π=3 anwendet, den in mathematicis mitsprechenden Autoren des Talmuds ein genauerer Werth dieser Zahl wohl bekannt war, und dass man selbst für die Zeit der Mischna diesen ungenauen Werth nicht gelten lassen wollte. Sie beschränkten sich nur für die Anwendung in religionsgesetzlichen Vorschriften auf diese Angabe der Zahl π als ganzer Zahl, um in der Praxis eine schnelle Uebersicht zu gewinnen, da doch ohnehin die Zahl π = 3,14159… eine irrationale, also eine in endlicher Form nicht ausdrückbare Zahl ist. Ein Anonymus stellt nämlich Erubin 14a die Frage nach der Begründung des Verhältnisses 3:1 mit den Worten מנא הני מילי, d. h. Woher (aus welcher Bibelstelle) leitet man den Satz ab: „Was im Umfange drei Handbreiten hat, ist eine Hand breit“. Im Talmud werden, wie oben (S. 4) bemerkt, die mathematischen Sätze ohne Beweis hingestellt. Nirgends wird nach einer Begründung derselben gefragt, da sie als bekannt vorausgesetzt wird. Nimmt man hinzu, dass, bei der in talmudischer Zeit unter Sachverständigen vorhandenen Bekanntschaft mit dem Verhältnisse des Kreisumfanges zu seinem Durchmesser, keine Frage über den mathematischen Beweis dieses Satzes unter Männern, die über Mathematisches sich besprechen, gestellt zu werden brauchte, so wird es um so auffallender sein, dass an dieser Stelle ein Beweis dieses Satzes verlangt wird. Endlich ist hier eine Frageform gewählt, auf welche im Talmud immer [24] mit einem Citat aus der Bibel geantwortet wird. Es ist daher unzweifelhaft anzunehmen, dass dem fragenden Anonymus in der hier vorliegenden Discussion ein genauerer Werth als π = 3 bekannt war, und er seinem Staunen über diesen so ungenauen Werth selbst für die Zeit der Mischna durch jene Frageform Ausdruck zu geben suchte. Seine Frage fordert nicht etwa einen mathematischen Beweis für π = 3, denn dieser wäre unmöglich beizubringen, sondern sie verlangt nur nach einer Bibelstelle, die für diese Annahme maszgebend sein müsse. Darauf folgt die Antwort, dass in der That die Bibelstelle 1. Könige VII, 23 dafür spricht. Die Discussion im Talmud[33] erstreckt sich demnach über den eben ausgesprochenen Satz der Mischna in Betreff des Werthes der Zahl π = 3 und stellt die Frage, aus welcher Bibelstelle man ihn ableite. R. Jochanan antwortet: „Es heisst in der Bibel[34]: Und er machte das Meer gegossen, zehn Ellen von einem Rande bis zum andern, gerundet ringsum, und fünf Ellen in der Höhe, und ein Faden von dreissig Ellen umfing es“. Diese Antwort drückt aus, dass, da die Bibel für das salomonische oder eherne Meer am Rande eine Kreisform mit 10 Ellen Durchmesser und 30 Ellen Umfang angiebt, die Mischna das Verhältniss des Kreisumfanges zu seinem Durchmesser wie 3:1 als für das Religionsgesetz bestimmend und demselben genügend angenommen habe. In der Voraussetzung nun, dass die Bibel die grösste innere Weite des Randes als Durchmesser und den äusseren Umfang des ehernen Meeres als Umfang bezeichnet, wird die Frage gestellt mit den Worten „das Meer hat doch einen Rand?“, d. h. da die Breite des Randes nicht zum Durchmesser hinzugerechnet ist, so müsste doch bei innerer Weite von 10 Ellen ein grösserer äusserer Umfang als 30 Ellen sich ergeben, indem zum äusseren Umfang ein um die doppelte Randstärke grösserer Durchmesser gehört. R. Papa antwortet: „Sein Rand wird wie der Rand des Kelches einer blühenden [25] Lilie angegeben“ und führt eine Bibelstelle[35] als Beleg an. Er will damit sagen, dass, da der Rand sehr dünn war, der Durchmesser nur um ein Weniges vergrössert werde. Durch diese Antwort nicht befriedigt, weil dieses Wenige doch jedenfalls den äusseren Umfang um Etwas vergrössert, wird gefragt: „dies beträgt doch Etwas?“, worauf die Bibelstelle dahin erklärt wird, dass „Durchmesser und Umfang von innen gemessen seien“. Mit dieser Antwort ist die Discussion hierüber geschlossen und das Verhältniss von 3:1 als ein in Fällen des Religionsgesetzes verwendbares angenommen[36].

     Das hierhergehörige Historische über die Zahl π siehe in der am Schlusse der hier folgenden Discussion über die Form des salomonischen Meeres stehenden Anmerkung. (S. 30).

     Der Talmud[37] schliesst hier die Bestimmung des Inhalts und der Form des salomonischen Meeres an, indem er zu diesem Zwecke eine Angabe des R. Chija über den Inhalt dieses Meeres mittheilt und eine Discussion an dieselbe knüpft. „R. Chija lehrt, dass das salomonische Meer einen Raum von 150 rituellen Quellbädern (מקוה) einnehme“. Der Talmud weist auf einen Widerspruch dieser Angabe mit der Inhaltsangabe der Bibel durch folgende Worte hin: „Wie viel enthält ein rituelles Quellbad? 40 Saa, da im Pentateuch[38] angedeutet ist, dass ein Quellbad 3 Kubikellen mit 40 Saa Wasser enthalten müsse[39]. Wieviel enthält das salomonische Meer? [26] 500 Kubikellen. Nun entsprechen doch 300 Kubikellen 100 Quellbädern und 150 Kubikellen 50 Quellbädern, und dann würden 450 Kubikellen genügen“. Der Fragende hier nimmt ganz gegen die biblische Beschreibung an, dass das salomonische Meer ein 5 Ellen hohes Parallelepipedon mit quadratischer Grundfläche, deren Seite 10 Ellen lang ist, gewesen sei. Sein kubischer Inhalt ist alsdann (nach dem Satze: der kubische Inhalt eines Parallelepipedons ist gleich der Grundfläche multiplicirt mit der Höhe) gleich 102mal 5 = 500 Kubikellen. Da nun 3 Kubikellen für 1 Quellbad hinreichen, so genügen 450 Kubikellen für 150 Quellbäder, also für 500 Kubikellen sind mehr als 150 Quellbäder, gegen die Angabe des R. Chija, nöthig. Dieser Widerspruch wird kurz dadurch zurückgewiesen, dass gesagt wird, „die angeführte Rechnung ist nur richtig, wenn das Meer ein Parallelepipedon mit quadratischer Grundfläche gewesen wäre, es hatte aber die Form eines Cylinders“. Diese Antwort giebt im Allgemeinen an, dass durch die Annahme einer Cylinderform der Inhalt weniger als 500 Kubikellen betragen müsse, wobei die Mittheilung des R. Chija dennoch richtig sein könnte. Hierauf wird näher eingegangen und die Frage gestellt: „Wieviel enthält das Quadrat mehr als der eingezeichnete Kreis? den vierten Theil des Quadrats. Dann würden doch 400 Kubikellen 100 Quellbäder und 100 Kubikellen 25 Quellbäder, zusammen 125 Quellbäder ausfüllen“, d. h. es wird hier der oben (Seite 11) angeführte Satz, dass der Flächeninhalt des Quadrats um den vierten Theil seiner eigenen Grösse den Flächeninhalt des eingeschriebenen Kreises übertrifft, auch auf das Verhältniss der kubischen Inhalte des quadratischen Parallelepipedons und des ihm einbeschriebenen Cylinders ausgedehnt, so dass der kubische Inhalt jenes Körpers um seinen vierten Theil grösser als der dieses Körpers wäre. Enthält nun das Parallelepipedon 500 Kubikellen, so hat der einbeschriebene Cylinder den vierten Theil weniger, also nur 375 Kubikellen, und dann würden, da 3 Kubikellen 1 Quellbad ausmachen, 375 Kubikellen 125 Quellbädern gleich sein, und nicht 150, wie R. Chija angiebt. Hierauf wird im Namen des Rami bar Jecheskel mitgetheilt, dass das [27] salomonische Meer aus zwei Theilen von verschiedener Form zusammengesetzt gewesen und folgende Gestalt gehabt habe: „der untere Theil war ein Parallelepipedon von quadratischer Grundfläche und 3 Ellen Höhe, der obere Theil ein Cylinder von 2 Ellen Höhe“. Es wird nämlich hier, um die Uebereinstimmung des kubischen Inhalts mit der Angabe des R. Chija über die Aufnahme der Flüssigkeitsmenge, in Quellbädern ausgedrückt, herzustellen, eine gemischte Form des Meeres angenommen. Es würde dann, bei der eben angegebenen Zusammensetzung der parallelepipedischen und der cylindrischen Form, der untere Theil nach der Formel: Grundfläche mal Höhe = 102mal 3 Ellen = 300 Kubikellen, und der obere Theil nach dem Satze (oben Seite 11) mal 102mal 2 = 150 Kubikellen, zusammen 450 Kubikellen enthalten, welche 150 Quellbädern, wie R. Chija anführt, entsprechen. Nun erscheint dem Talmud die Annahme dieser gemischten Form willkürlich zu sein, und diesem Gedanken wird dadurch Ausdruck gegeben, dass gefragt wird: „Du kannst zwar das Umgekehrte nicht annehmen, denn es heisst doch in der Bibel, dass der obere Rand rund war, aber warum nimmst du nicht Eins an“? Das heiszt: das Meer kann nicht die der eben angegebenen Gestalt entgegengesetzte gehabt haben, indem der untere Theil ein 2 Ellen hoher Cylinder mit mal 102mal 2 = 150 Kubikellen, und der obere Theil ein 3 Ellen hohes quadratisches Parallelepipedon mit 102mal 3 = 300 Kubikellen mit zusammen also ebenfalls 450 Kubikellen Inhalt gewesen wäre. Denn das würde dem Bibelausdrucke, dass das Meer am Rande rund war, widersprechen. Es könnte aber doch folgende Form gehabt haben: der untere Theil könnte ein 4 Ellen hohes Parallelepipedon mit 102mal 4 = 400 Kubikellen, der obere Theil ein 1 Elle hoher Cylinder gewesen sein mit mal 102mal 1 = 75 Kubikellen, zusammen mit 475 Kubikellen Inhalt, die Quellbädern, gegen die Angabe des R. Chija, entsprechen würden. Hierauf wird die Antwort ertheilt: „Das kann nicht sein, da das Meer nach biblischer Angabe[40] [28] 2000 Bat enthalten hat und ein Bat = 3 Saa[41], also 2000 Bat = 6000 Saa sind». Hier wird darauf hingewiesen, dass ausser der biblischen Angabe über Umfang und Höhe des Meeres auch eine solche über den Flüssigkeitsinhalt vorhanden ist. Das Meer nimmt nämlich 2000 Bat = 6000 Saa Flüssigkeit auf; wollte man daher die zuletzt angegebenen Formen annehmen, so würden diese Quellbäder fassen. Quellbäder sind aber gleich mal 40 Saa = Saa, was mit der biblischen Angabe von 6000 Saa nicht übereinstimmt. Die von R. Chija angeführte Zahl von 150 Quellbädern = 150mal 40 Saa = 6000 Saa stimmt aber mit der biblischen Angabe überein, und es ist daher die von Rami bar Jecheskel angenommene zusammengesetzte Gestalt des Meeres als diejenige zu betrachten, die sowohl dem Ausdrucke der Bibel als dem des R. Chija entsprechen kann. Die verschiedenen möglichen Annahmen der Höhen des Parallelepipedons und des Cylinders lassen sich durch folgende Gleichungen bestimmen: Für den Fall, dass unten ein Parallelepipedon und oben ein Cylinder gewesen, sei die Höhe des unteren Theiles = x, so ist die des oberen 5 — x, also der Inhalt des unteren Theiles = 102x, der des oberen (nach Seite 11) 102(5 — x). Diese beiden Theile addirt geben die Gleichung:

102 + 102(5 — x) = 150 Quellbädern = 450 Kubikellen

100x + 75(5 — x) = 450

100x + 375 — 75x = 450

25x = 75

x = 3.

     Das ist die Antwort des Rami bar Jecheskel und zwar die einzig mögliche, da sie aus einer Gleichung ersten Grades sich ergiebt. Für den oben zurückgewiesenen Fall, dass unten ein Cylinder und oben ein Parallelepipedon gewesen, gilt folgende Gleichung:

102(5 — x) = 450

75x + 500 — 100x = 450

25x = 50

x = 2.

[29]      Der Einwurf, dass der Talmud die Angabe des R. Chija durch andere Höhen der beiden Formen, wie etwa 4:1, zu beseitigen vermöge, wird durch folgende Erwägung zurückgewiesen: Da die biblische Angabe des Flüssigkeitsgehalts von 2000 Bat = 6000 Saa mit der Angabe des Flüssigkeitsgehalts des R. Chija übereinstimmt, so muss auch eine solche Form des Meeres angenommen werden, dass dessen kubischer Inhalt diesen Flüssigkeitsgehalt von 6000 Saa in sich aufnehmen kann. Das aber ist nur bei der von Rami bar Jecheskel angegebenen zusammengesetzten Form möglich.

     Der jerusalemische Talmud[42] leitet im Namen des R. Juda das Verhältniss des Kreisumfanges zum Durchmesser wie 3:1 ebenfalls von der biblischen Beschreibung des salomonischen Meeres 1. Könige VII, 23 ab, sucht exegetisch festzustellen, dass das Meer weder eine ganz parallelepipedische noch eine ganz runde Form gehabt haben könne und nimmt auch die im babylonischen Talmud erwähnte zusammengesetzte Form an, welche mit der biblischen Angabe, dass das Meer 2000 Bat aufgenommen habe, übereinstimmt.

     Hier liegt die biblische Rechnung zu Grunde, dass das Verhältniss der Kreisperipherie zum Durchmesser = 3:1 sei. In der That ist jedoch π:1 = 3,14159…:1, und das Meer muss daher, selbst bei der Annahme einer aus zwei verschiedenen Körperformen zusammengesetzten Form, mehr als die von der Bibel angenommene Wassermenge von 6000 Saa enthalten haben. Man kann aber, ohne dem Bibelwort zu widersprechen, dem oberen Theil des Meeres eine solche Form geben, dass die äussere Oberfläche einen Cylinder, die innere Wand desselben aber ein zwölfseitiges Prisma bildete. Bei dieser Annahme ist die Grundfläche dieses oberen Theiles ein einem Kreise von 10 Ellen Durchmesser einbeschriebenes Zwölfseit, da Durchmesser und Umfang nach dem Talmud von innen gemessen werden sollen. Bei der Abmessung des Kreisumfanges von innen sollen sich als dessen Grösse 30 Ellen ergeben. [30] Die Annahme eines zwölfseitigen Prismas ist nun der Wahrheit näher als die eines Cylinders. Denn der Flächeninhalt F dieses Zwölfseits ist bekanntlich wobei r = 5 Ellen. Nun ist also Quadratellen, mithin, da die Höhe dieses Theils = 2 Ellen, der Inhalt des Prismas = 75mal 2 = 150 Kubikellen. Der untere Theil hat 300 Kubikellen Inhalt, in Summa 450 Kubikellen. Der Flüssigkeitsgehalt stimmt genau mit der Bibelangabe überein, denn 3 Kubikellen : 450 Kubikellen = 40 Saa : x, also [43] [31]      Die Mischna[44] giebt im Namen des R. Chanina ben Antigonos an, dass man am Sabbat in einem dort näher bezeichneten Falle von einem Standorte aus „2000 Ellen nach einer beliebigen Richtung, und zwar im Kreise, gehen dürfe“, d. h. alle möglichen Wege bilden die Radien eines Kreises, dessen Mittelpunkt der Standort ist. Die Weisen vergrössern den Weg dadurch, „dass sie die 2000 Ellen im Viereck, wie in einer quadratischen Tafel, abzumessen erlauben, damit in der Richtung der Winkel an Wegelänge gewonnen werde“. D. h.: während nach der ersten Meinung der geometrische Ort der Endpunkte aller möglichen Wege von C aus (in Fig. XX) die Peripherie eines Kreises mit einem Radius von 2000 Ellen ist, wird nach letzterer Meinung dieser geometrische Ort der Perimeter eines Quadrats um C sein, dessen Seite 4000 Ellen beträgt, wie in Fig. XXI. Nach letzterer Meinung, wenn CD = 2000 Ellen, wird der Weg nach dem Winkelpunkte E des Quadrats grösser als 2000 Ellen sein, es wird also die Wegelänge nach der [32] Richtung CE vergrössert. Dieser eben genannte 2000 Ellen lange Weg, den am Sabbat von einem Standorte aus zurückzulegen erlaubt ist, heisst der Sabbatweg (תחום). Die nähere Bestimmung desselben für die Bewohner einer Stadt wird im Talmud[45] angegeben. Dort wird bei der Lehre über Abmessung des Sabbatweges von einer Stadt aus angeführt: «In welcher Weise werden (zur Bestimmung des Sabbatweges) die Grenzen einer Stadt erweitert?… Wenn die Stadt kreisförmig ist, wird sie als mit Winkeln versehen betrachtet». Diese Kürze des Ausdrucks findet durch andere hierauf bezügliche Talmudstellen folgende Erläuterung: es sei nämlich in Fig. XXII der Kreis um C die Stadt, so beschreibe man um ihn ein nach den 4 Weltgegenden gerichtetes Quadrat ABDE und messe den Sabbatweg nicht von einem Punkte der Peripherie der kreisrunden Stadt, sondern von dem ihm entsprechenden Punkte des umschriebenen Quadrats. Durch diese Annahme erhält man, ausgenommen an den 4 Berührungspunkten des Kreises mit dem umschriebenen Quadrat, die Grösse des Sabbatweges nach den verschiedensten Richtungen hin länger als 2000 Ellen. Der Talmud[46] theilt ferner eine noch grössere Erweiterung des Sabbatweges mit. Der Text lautet: «Die Talmudlehrer führen an, derjenige der (behufs der Abmessung des Sabbatweges) eine Stadt zu einem Viereck ergänzen soll, der mache sie einer Art quadratischer Tafel gleich, dann bilde er die Sabbatwege viereckig und mache sie[47] einer Art quadratischer Tafel gleich, und, wenn er misst, so messe er die 2000 Ellen nicht von dem Scheitel des Winkels, da er dadurch bei den Winkeln verlieren würde, sondern er lege eine quadratische Tafel, deren Seite 2000 Ellen lang ist, an die Winkel in die Verlängerung der Diagonale an. Dadurch werden bei der Stadt je 400 Ellen nach der einen und der ihr entgegengesetzten Richtung gewonnen, bei den Sabbatwegen werden je 800 Ellen nach der einen und der ihr entgegengesetzten [33] Richtung gewonnen, bei der Stadt und den Sabbatwegen zusammen werden je 1200 Ellen nach der einen und der ihr entgegengesetzten Richtung gewonnen. Hierzu bemerkt Abaji: Das trifft bei einer Stadt von 2000 Ellen Durchmesser zu. Zur Erläuterung dieser Stelle, die mehrere Härten im Ausdrucke hat, sei Folgendes angemerkt: Sie bespricht die Abmessung des Sabbatweges von einer kreisrunden Stadt aus und bildet eine nähere Erklärung der bereits dasselbe Thema behandelnden, oben mitgetheilten Stelle Erubin 55a. 1) Das in jener Stelle in demselben Falle vorgeschriebene Mittel, «die runde Stadt mit Winkeln zu versehen», wird hier dadurch näher ausgeführt, dass die Grösse der Winkel bestimmt wird durch die Forderung, die zu einem Vierecke ergänzte Stadt solle die Form eines Quadrats erhalten, oder mit andern Worten: ein Quadrat ABDE solle um die runde Stadt, wie in Fig. XXII, beschrieben werden. Die Lage dieses Quadrats wird[48] dadurch genauer bestimmt, dass seine Seiten nach den vier Weltgegenden gerichtet sein müssen. Dort wird zugleich eine Methode zur Bestimmung der Letzteren angegeben. 2) «Bilde die Sabbatwege viereckig». D. h.: die Sabbatwege müssen senkrecht zu den Seiten des Stadtquadrats abgemessen werden und würden dann Rechtecke bilden wie AG, BK, DM, EP in Fig. XXIH. 3) «Und mache sie zu einer Art quadratischer Tafel». D. h.: diese Sabbatwege seien Quadrate; das kann nur, wie Abaji am Schlusse richtig bemerkt, bei einer Stadt von 2000 Ellen Durchmesser der Fall sein, da dann jede Seite des Stadtquadrats den auf ihr senkrechten, 2000 Ellen langen Sabbatwegen gleich ist, wie in Fig. XXIV, so dass AG, BK, DM und EP Quadrate sind. 4) Nun sind noch die Sabbatwege, die in der Richtung der Diagonale des Stadtquadrats liegen, zu bestimmen. Dabei wird die Erleichterung getroffen, dass die 2000 Ellen in Fig. XXV nicht von D, B, A, E aus in der Richtung der Diagonale (wie DX, AW, BV, EU) abgemessen werden, sondern dass ein Quadrat, dessen Seite 2000 Ellen lang ist, wie DKSL, EMTN, AFQP, BGRH an die Winkelspitzen so angelegt wird, dass die Diagonale des angelegten Quadrats die Verlängerung [34] der Diagonale des Stadtquadrats bildet. Nach Seite 9 ist nun z. B. die Länge DS der Diagonale eines solchen angelegten Quadrats, die den Sabbatweg nach diagonaler Richtung bildet, mal 2000 Ellen = 2800 Ellen, während er sonst nur 2000 Ellen betragen würde. Er ist daher, wie angegeben, um 800 Ellen länger. Durch das Umschreiben des Quadrats um die runde Stadt wird der Sabbatweg von den Winkelpunkten dieses Quadrats, z. B. von D aus, in der Richtung DX um 400 Ellen länger als von Z, dem ihm entsprechenden Punkte der kreisrunden Stadt, weil nach Seite 9 um soviel die halbe Diagonale dieses Stadtquadrats grösser ist als der Halbmesser der Stadt. Durch Stadt- und Winkelquadrat zusammen wird demnach der Sabbatweg um 1200 Ellen länger. Diese Werthe sind auf Grund der talmudischen Angabe bestimmt. Bei etwas genauerer Ausziehung der Quadratwurzel aus Zwei werden sie 414,… 828,… 1242,… Ellen betragen.

     Die folgende Stelle[49] bespricht die Bestimmung des Sabbatweges in den levitischen Städten. Zur Erläuterung sei eine allgemeine Betrachtung der hier vorkommenden Verhältnisse vorangeschickt. In Fig. XXVI sei das Quadrat ABDE eine Stadt, deren jede Seite n Einheiten lang ist. Jede Einheit sei hier 1000 Ellen. Das umschriebene Quadrat FGHK habe (n + 2) solcher Einheiten als Seite, und das diesem umschriebene Quadrat LMNP habe (n + 4) solcher Einheiten als Seite, so ist

  1. der der Inhalt des ABCD = n2 Quadrate
  2. der Inhalt des FGHK = (n + 2)2 = (n2 + 4n + 4) Quadrate
  3. der Inhalt des LMNP = (n + 4)2 = (n2 + 8n + 16) Quadrate

(Die Seite eines jeden dieser Quadrate ist 1000 Ellen lang.)

     Das Quadrat ABDE = n2 ist die Grösse der Stadt.

     Das Quadrat FGHK weniger ABDE = (n2 + 4n + 4) — n2 = 4n + 4 wird das Migrasch (Weideplatz) genannt und bildet einen nicht bebauten Raum von 1000 Ellen Breite um die Stadt.

     Das Quadrat LMNP weniger FGHK = (n2 + 8n + 16) [35] — (n2 + 4 - 4) = 4n + 12 ist ein um das Migrasch herum mit Feldern und Weinbergen bepflanzter Raum von 1000 Ellen Breite.

     Das Quadrat LMNP weniger ABDE = (n2 + 8n + 16) − n2 = 8n + 16 bildet die Sabbatwege.

     Nun verlängere man, wie in Fig. XXVII, die Seiten des ABDE und des FGHK bis zum Quadrat LMNP, so wird dieses letztere aus folgenden Räumen bestehen:

aus einem Quadrate ABDE = n2 Quadraten
und aus acht Rechtecken = 8n Quadraten
und aus 16 Quadraten.

(Die Seiten eines jeden dieser Quadrate ist 1000 Ellen lang.)

     Die 8 Rechtecke bilden die erlaubten Sabbatwege im engeren Sinne. Die 16 Quadrate mit je 1000elliger Seite oder, was dasselbe ist, die 4 Quadrate mit je 2000elliger Seite werden Winkelquadrate (קרניות) genannt, weil sie an den Winkeln der Stadt liegen. Das Migrasch FGHK weniger ABDE besteht also aus 4 Rechtecken und 4 Winkelquadraten. Jedes dieser Rechtecke enthält n Quadrate mit 1000elliger Seite; jedes dieser Winkelquadrate ist ein Quadrat, dessen Seite 1000 Ellen lang ist. Man gehe nun auf das Verhältniss einzelner Flächenstücke der Figur zu einander ein, so findet man:

a) das Verhältniss des Migrasch FGHK weniger ABDE zum Quadrate LMNP.

     Es verhält sich nämlich Migrasch:LMNP = 4n + 4:n2 + 8n + 16. Nennt man dieses Verhältniss V, so ist

     Hieraus folgt Vn2 + 8Vn + 16V = 4n + 4, oder

     Da n reell und positiv ist, so kann V nicht grösser als sein, weil sonst der Werth des n imaginär würde. Für V = ist

(I) n = 2.

[36]      Aus der Gleichung ersieht man:

für n = 8 wird n2 = 8n also

(II) V = ,

für wird also , da der Nenner des Bruches kleiner als für n = 8 geworden ist,

für wird also , da der Nenner des Bruches grösser als für n = 8 geworden ist.

b) das Verhältniss V des Migrasch FGHK weniger ABDE zu den Sabbatwegen, d. h. zum Quadrate LMNP weniger ABDE.

     Es ist nämlich

     Da n positiv ist, so liegt V zwischen und , ohne diese Werthe zu erreichen. Ist V = , so ist

(III) n = 1. Ist V = , so ist (IV) n = 2.

c) das Verhältniss desjenigen Migraschtheiles, welcher an den Sabbatwegen liegt, ohne die Winkelquadrate (d. h. FGHK weniger [ABDE+ AF + LG + DH + EK]) zu den Sabbatwegen (d. h. zu LMNP weniger ABDE).

     Es ist nämlich

     Da n positiv ist, so liegt V zwischen 0 und , ohne diese Werthe zu erreichen. Ist V = wird

(V) n = 2.

[37]

d) das Verhältniss der 4 Rechtecke des Migrasch zu den 4 Winkelquadraten.

     Es ist nämlich    (VI) V = .

Hier ist also V für jedes beliebige n der vierte Theil desselben.

     Ferner: Zur Beurtheilung der eben aufgestellten Verhältnisse für den Fall, dass die Stadt und ihr Migrasch kreisförmig sind, beschreibe man in Fig. XXVIII einen Kreis in das Quadrat ABDE und einen Kreis in das Quadrat FGHK. Dann ist nach Seite 12

Inhalt des Stadtkreises = n2,

Inhalt des Migraschkreises = (n + 2)2,

also das Verhältniss dieses Kreises weniger dem Stadtkreise zum Quadrate LMNP, oder:

     Da n reell und positiv ist, so kann V nicht grösser als sein, weil sonst n imaginär würde. Für V = ist

(VII) n = 2.

Genauer ist der Inhalt der kreisförmigen Stadt , der Inhalt des zugehörigen Migrasch , also

     Diese Gleichung aufgelöst giebt

[38]      V kann also nicht grösser als sein.

     Ist V = , d. h. , so ist n = 2.

     Endlich: Das Verhältniss des runden Migrasch zum Quadrat LMNP weniger dem Stadtquadrat ist:

     Da n positiv ist, so liegt V zwischen und , ohne diese Werthe zu erreichen. Ist V = , so ist

(VIII) n = 1.

Führt man hier wieder für den Kreisumfang statt der Zahl 3 ein, so findet man, dass V zwischen und oder zwischen 0,1963… und 0,3926… liegt, und für V = 0,2617… ist n = 1.[50]. Gehen wir nun zur Erläuterung der Stelle[51] selbst über, so werden wir die hier aus der allgemeinen Betrachtung gewonnenen Werthe für V und n in den verschiedenen Meinungen der Discutirenden wiederfinden: «Rabbi Elieser bar Jose sagt: Der Sabbatweg der levitischen Städte war 2000 Ellen, davon sind 1000 Ellen Migrasch, daher ist das Migrasch der vierte Theil, das Uebrige enthält Felder und Weinberge. Raba leitet die Grösse des Migrasch gleich 1000 Ellen aus dem Pentateuch[52] her». Da hier das Migrasch als ein vierter Theil angegeben wird, ohne dass das Ganze, von welchem es der vierte Theil ist, angezeigt ist, so findet zur Eruirung dieses Ganzen folgende Discussion statt. Die Fragen und [39] Antworten bewegen sich aber nicht nur um die Feststellung dieses Ganzen, sondern auch darum, ob das ganze Migrasch oder nur ein Theil desselben als ein vierter Theil bezeichnet ist. Der erste Einwand, der hier gemacht wird, lautet: „das Migrasch soll ein Viertel sein, es ist doch die Hälfte?“ Es wird nämlich hier vorausgesetzt, dass unter dem Ganzen der in Fig. XXVII im engeren Sinne als solcher bezeichnete Sabbatweg, nämlich die 8 Rechtecke = 8n, und unter Migrasch nur derjenige Theil des Migrasch verstanden ist, der an diesen Sabbatwegen liegt und 4n beträgt, weshalb die Winkelquadrate AF, BG, DH, EK des Migrasch ausgeschlossen sind. Nach dieser Annahme ist, da 4n die Hälfte von 8n, der gemachte Einwand gerechtfertigt. Hierauf antwortet Raba bar Ada, ein Feldmesser (nach Anderen aus der Stadt Suchaah): „Es sei hier eine quadratische Stadt, deren Seite 2000 Ellen lang ist, gemeint“, ohne Begründung, wie durch diese Annahme das Migrasch ein Viertel eines Ganzen sei. Es wird auf diese Antwort näher eingegangen und zunächst folgende Frage aufgeworfen: „Wieviel betragen die Sabbatwege? 16; wieviel betragen die Winkelquadrate? 16; nimm 8 von den Sabbatwegen und 4 von den Winkelquadraten weg, wieviel beträgt dies? 12; das Migrasch soll ein Viertel sein, es ist doch mehr als ein Drittel?“ Das heisst: Es wird die Antwort des Raba bar Ada so aufgefasst, dass, wenn die Stadt ein Quadrat mit 2000elliger Seite sein soll, die Sabbatwege an jeder Seite der Stadt 4 Quadrate bilden würden, deren ein jedes eine Seite von 1000 Ellen hat. An allen 4 Seiten zusammen würden somit 16 solcher Quadrate liegen. Jedes Winkelquadrat hat 4 solcher Quadrate, alle 4 Winkelquadrate zusammen haben 16 solcher Quadrate. Sabbatwege und Winkelquadrate zusammen sind daher 32 solcher Quadrate und stellen das gesuchte Ganze vor. Dies wäre das Quadrat LMNP weniger der Stadt ABDE in Fig. XXVII für n = 2. Davon gehören aber zum Migrasch an jeder Seite der Stadt zwei solcher Quadrate, an allen 4 Seiten derselben 8 solcher Quadrate. Es gehören ferner zum Migrasch an jedem Winkel der Stadt ein solches 1000elliges Quadrat, an allen 4 Winkeln derselben 4 solcher Quadrate. Jene 8 und diese [40] 4 sind 12 solcher Quadrate, die also das Migrasch bilden, und das Ganze ist, wie eben nachgewiesen, das Quadrat LMNP weniger der Stadt ABDE, welches 32 solcher Quadrate enthält. Und ist doch grösser als oder: in diesem Falle ist (nach Seite 36, b) und nach (IV) ist für n = 2, .

Es wird hierauf erwidert: «Die 4 der Stadt müssen hinzugerechnet werden». Das heisst: unter dem Ganzen versteht man den Raum LMNP, während nach der vorher gehenden Annahme die 4 Quadrate der Stadt zum Ganzen nicht zugerechnet waren. Nach dieser Auffassung liegt die folgende Frage nahe: «Dann ist es doch ein Drittel?» d. h. wenn die Stadt hinzugerechnet wird, dann bildet doch der ganze Raum LMNP 36 solcher Quadrate und oder: hier wäre (nach Seite 35, a) und nach (I) für n = 2, V = . Hierauf erfolgt die Antwort: «Nicht von einer quadratisch gebauten, sondern von einer kreisrunden Stadt ist hier die Rede. Um wieviel übertrifft das Quadrat den (ihm einbeschriebenen) Kreis? um ein Viertel (der Grösse des Quadrats); nimm ein Viertel ab, bleiben 9, und 9 ist von 36». Diese Berechnung wird durch das Folgende klarer: In Fig. XXVIII hat die kreisrunde Stadt um den Mittelpunkt C einen Durchmesser von 2000 Ellen, das kreisrunde Migrasch um diese Stadt hat einen Durchmesser von 4000 Ellen. Im Quadrate LMNP ist jede Seite 6000 Ellen, sein Flächeninhalt hat 36 Quadrate, deren Seite 1000 Ellen lang ist. Von dem Quadrate LMNP gehören zum Migrasch der Kreis im Quadrate FGHK weniger dem Kreise im Quadrate ABDE. Diese Migraschfläche beträgt (nach Seite 12) mal 16 Quadrate, deren Seite 1000 Ellen lang ist, weniger mal 4 solcher Quadrate, das sind 12 — 3 = 9 solcher Quadrate, und das Verhältniss dieses Migrasch zum ganzen Quadrate LMNP ist =, oder nach Seite 37 ist hier

[41]

und nach (VII) für n = 2 ist V = [53]. Eine andere Lösung giebt Abaji ohne weitere Begründung: „Auch bei einer Stadt, deren Seite 1000 Ellen lang ist, (ist das Verhältniss des Migrasch zum Ganzen gleich “. Hierauf wird eingewendet: „Wieviel betragen denn die Sabbatwege? 8; wieviel die Winkelquadrate? 16; nimm 4 von den Sabbatwegen und 4 von den Winkelquadraten weg, viewiel macht dies? 8, also “. Dieser Einwand deutet die Meinung Abaji's dahin, dass er eine quadratische Stadt, deren Seite 1000 Ellen lang ist, im Sinne gehabt. Dann betragen nämlich die zu derselben senkrechten Sabbatwege auf jeder Seite der Stadt zwei Quadrate mit 1000elliger Seite, auf allen 4 Seiten 8 solcher Quadrate. Die Winkelquadrate betragen wiederum 16 solcher Quadrate, zusammen 24 solcher Quadrate. Dies wäre die Grösse des Quadrats LMNP weniger der Grösse der Stadt in Fig. XXVII für n = 1. Nun wird davon auf jeder Seite der Stadt dem Migrasch ein solches Quadrat zugerechnet, auf allen 4 Seiten also 4 solcher Quadrate, von den Winkelquadraten gehört zum Migrasch 1 solches Quadrat an jedem Winkel des Stadtquadrats, an allen 4 Winkeln desselben 4 solcher Quadrate. Es sind daher von Seiten und Winkeln zusammen 8 solcher Quadrate, die das Migrasch bilden, [42] und das Ganze enthält, wie eben gezeigt, 24 solcher Quadrate und , oder (nach Seite 36, b) ist V = und nach (III) für n = 1 ist V = . Dies wird mit den Worten widerlegt: „Nicht eine quadratische, sondern eine kreisrunde Stadt ist gemeint; um wieviel übertrifft das Quadrat den (ihm einbeschriebenen) Kreis? um ein Viertel (der Grösse des Quadrats), so nimm ein Viertel ab, bleiben 6; und 6 ist von 24“. Der Antwortende meint, dass, da das Migrasch in diesem Falle ein Kreis ist, von den 8 Quadraten des Migrasch nach Seite 12 der vierte Theil abgehe und nur 6 solcher Quadrate bleiben. Diese sind aber von jenem Ganzen, nämlich dem Quadrate LMNP weniger dem Stadtquadrat ABDE in Fig. XXVIII, welches 24 solcher Quadrate enthält, der vierte Theil, oder: nach Seite 38 ist V = und nach (VIII) für n = 1 ist V = .

Zu bemerken ist hier, dass auch bei kreisförmigen levitischen Städten das oben angeführte Erweitern der Stadtgrenzen bei Abmessung der Sabbatwege durch Umschreiben eines Quadrats stattfindet. Ganz anderer Meinung ist Rabina. Dieser spricht sich darüber aus: „Welches Viertel ist es? das Viertel der Sabbatwege“, d. h. er nimmt wiederum an, dass hier von einer quadratischen Stadt mit 2000elliger Seite die Rede sei, und dass der Sinn des Ausdrucks „das Migrasch ist ein Viertel“ folgender sei: unter Migrasch versteht man hier nur diejenige Fläche desselben, die an den Sabbatwegen, und nicht an den Winkeln der Stadt liegt, also nur 8 Quadrate mit 1000elliger Seite enthält, nämlich die Rechtecke AQ, AR, DS, DT in Fig. XXVII; unter dem Ganzen aber versteht man das Quadrat LMNP weniger ABDE, dann enthalten die Sabbatwege 16 solcher Quadrate, die Winkelquadrate auch 16 solcher Quadrate, zusammen 32 und oder (nach Seite 36, c) ist V = und nach (V) für n = 2 ist V = .

Rab Aschi ist anderer Meinung, er sagt: „Welches Viertel ist [43] es? das Viertel der Winkelquadrate“. Er nimmt an, dass unter Migrasch hier nur die 4 Quadrate, die den Winkeln des Stadtquadrats zunächst liegen, und unter dem Ganzen alle Winkelquadrate zu verstehen seien, — eine Annahme, die er auch in Folge eines ihm von Rabina auf Grund einer Bibelstelle gemachten Einwurfes durch Deutung eines Bibelwortes zu begründen sucht. Nach dieser Auffassung beträgt das Migrasch 4 Quadrate mit 1000elliger Seite, die Winkelquadrate sind 16 solcher Quadrate, und 4 ist der vierte Theil von 16, oder (nach Seite 37, d) ist (VI) V = . Bei dieser Meinung kann die Stadt jede beliebige Grösse haben, da bei den verschiedensten Grössen der Stadt die Winkelquadrate immer denselben Raum von 16 Quadraten mit 1000elliger Seite und die den Stadtwinkeln zunächst liegenden als Migrasch betrachteten Räume immer 4 solcher Quadrate enthalten[54]. Nachdem nun die 4 Meinungen über den Ausdruck „das Migrasch ist [44] ein Viertel“ besprochen sind, geht R. Chabibi aus Chusnaah auf die zwei ersten derselben näher ein und richtet an R. Aschi folgende Frage: „Es sind doch hier Winkelspitzen?“ d. h. nach den oben angeführten beiden Meinungen des Raba bar Ada und Abaji, dass hier von einer kreisrunden Stadt die Rede sei, muss doch auch das Migrasch derselben kreisrund um die Stadt, und zwar von 1000 Ellen Kreisringbreite sein. Nun wird doch bei einer solchen Stadt ein Quadrat um sie beschrieben, um die Sabbatwege von den Seiten dieses Stadtquadrats aus und nicht von der Stadt selbst abzumessen. Es reichen daher die Winkel dieses Quadrats in den Kreis des Migrasch hinein, wodurch dieser verkleinert wird. Es sind also an den Winkelpunkten nicht 1000 Ellen Breite vorhanden, was eben durch die Frage „es sind doch hier Winkelspitzen“ ausgedrückt werden soll. Hierauf wird die Antwort ertheilt: „die Stadt ist kreisrund“, d. h. der Kreis der Stadt hat keine Spitzen, folglich auch nicht solche, die in das Migrasch hineinreichen. Die darauf folgende Erwiderung: „es wird doch ein Quadrat umschrieben?“ will sagen, dass der Fragende wohl wisse, die Stadt sei kreisrund, dass ihm aber auch bekannt sei, man müsse zum Zwecke der Erweiterung der Sabbatwege ein Quadrat umschreiben, dessen Spitzen dann in das Migrasch hinein reichen. Diese Entgegnung wird durch Folgendes widerlegt: „Es ist nur angegeben, dass man die runde Stadt ansehen müsse, als wäre ein Quadrat um dieselbe beschrieben, thatsächlich wird sie aber nicht in ein Quadrat verwandelt“. Das heisst: um die Sabbatwege zu verlängern, wird ein um die runde Stadt beschriebenes Quadrat gedacht, von dessen Seite aus die Sabbatwege gemessen werden, keineswegs aber wird an der Stadt und ihrer Umgebung etwas geändert. Der unbepflanzte Raum von 1000 Ellen Breite um die Stadt bleibt unverändert bestehen. Hieran schliesst sich eine kurze Erörterung mit Rücksicht auf das oben Seite 32 Erwähnte, dass der Sabbatweg vom Winkel des Stadtquadrats aus in diagonaler Richtung um 800 Ellen länger werde. R. Chanilaj aus Chusnaah richtet nämlich folgende Frage an R. Aschi : „Wieviel beträgt das Quadrat mehr als der (ihm einbeschriebene) Kreis? ein Viertel; dann [45] sind doch jene 800 Ellen nur 667 weniger Ellen (= 666 Ellen)“. Das heisst: oben Seite 32 wurde das Verfahren angegeben, um den Sabbatweg von den Winkelpunkten des der kreisrunden Stadt umschriebenen Quadrats aus in diagonaler Richtung zu messen. Danach muss man ein Quadrat, dessen Seite 2000 Ellen lang ist, so anlegen, dass die Diagonale des anzulegenden Quadrats die verlängerte Diagonale des Stadtquadrats bildet, wodurch der Sabbatweg in diagonaler Richtung um 800 Ellen länger wird. R. Chanilai, ein mit der Mathematik wohl nicht sehr vertrauter Mann, hält dafür, dass der oben (Seite 11, 1.) erwähnte Satz im Talmud, der auch so ausgedrückt werden kann: „das Quadrat ist um ein Viertel seiner eigenen Grösse grösser als der ihm einbeschriebene Kreis“, sich auch auf das Längenverhältniss der Diagonale des Quadrats zum Durchmesser des einbeschriebenen Kreises erstrecke, dass also in Fig. XXV die Diagonale DS des Quadrats DKSL um den vierten Theil ihrer Länge länger sei als des einbeschriebenen Kreises Durchmesser, der hier gleich der Seite DK des Quadrats ist, oder dass DS:DK = 4:3, also DS = DK = 2000 Ellen = 2666 Ellen sei, mithin die Vergrösserung des Sabbatweges in der Richtung DS nur 666 Ellen betragen würde. Hierauf berichtigt R. Aschi diese falsche Auffassung, indem er sagt: „das trifft nur bei dem dem Quadrate einbeschriebenen Kreis zu, bei der Diagonale muss die Länge grösser sein, denn ein Lehrer giebt an: Jede Elle im Quadrat hat eine Ellen lange Diagonale“. Das heisst: der von R. Chanilai hier zu verwendende Satz ist nur für die Umfange und die Flächeninhalte eines Quadrats und des ihm einbeschriebenen Kreises giltig, hier aber, wo es sich um das Längenverhältniss der Diagonale und der Seite des Quadrats handelt, ist die Diagonale nicht um den vierten Theil grösser als die Seite, sondern sie ist nach dem Talmud mal so gross[55]. [46]      Die Mischna[56] giebt nach Auffassung der sie erläuternden Gemara Folgendes an: Wenn sich zwischen zwei Höfen, die durch eine Grenzmauer getrennt sind, eine quadratische Fensteröffnung, deren Seite eine Länge von 4 Handbreiten hat, befindet und ein kleiner Theil dieses Fensters innerhalb 10 Handbreiten vom Erdboden liegt, so kann jeder der beiden Besitzer dieser Höfe eine ceremonielle Vorkehrung (עירוב genannt) für seinen Hof treffen, wodurch die Wohnungen eines jeden Hofes als zusammengehörig angesehen werden und das Aus- und Eintragen der Mobilien am Sabbat von einer Wohnung eines jeden Hofes in eine andere desselben erlaubt ist. Sie können diese Vorkehrung aber auch vereint treffen, wodurch die beiden Hofräume als zusammengehörig angesehen werden und das Aus- und Eintragen der Mobilien am Sabbat von einer Wohnung des einen Hofes in eine des andern erlaubt ist. Zu dieser Mischna bemerkt die Gemara[57] im Namen des R. Jochanan ohne weitere Begründung: „Ein kreisrundes Fenster muss 24 Handbreiten Umfang haben, und zwei und ein kleiner Bruchtheil Handbreiten dieses Umfangs (oder[58] des senkrechten Durchmessers dieses Kreises) müssen innerhalb 10 Handbreiten über dem Erdboden liegen, damit, wenn man ein Quadrat in diesen Kreis beschreibt, ein Bruchtheil einer Handbreite des Quadrats innerhalb 10 Handbreiten über dem Erdboden liege“. R. Jochanan will der eben angegebenen Bestimmung der Mischna genügen, begeht aber einen ihm vom Talmud weiter nachgewiesenen Irrthum, indem er glaubt, dass die Seite eines in einen Kreis von 24 Handbreiten Umfang einbeschriebenen Quadrats 4 Handbreiten lang sei. Folgende Discussion schliesst sich nun daran: Es wird (Erubin 76 a, b) die Frage aufgeworfen : „Da der Kreis von [47] 3 Handbreiten Umfang einen handbreiten Durchmesser hat, so genügen doch 12 Handbreiten Umfang?“ d. h. der Fragende hat den Ausdruck ד׳ על ד׳ (wörtlich 4 auf 4) in der Mischna Erubin VII, 1 so aufgefasst, dass darunter auch verstanden werde, sowohl die grösste Höhe als die grösste Breite dieser Fensteröffnung müsse 4 Handbreiten betragen. Daher seine Frage: Wenn die Länge der senkrechten Linie AB und die der horizontalen CD in Fig. XXLX jede 4 Handbreiten ist, so hat doch der Kreis um diese Linien oder, was dasselbe ist, der in ein Quadrat, dessen Seite 4 Handbreiten lang ist, einbeschriebene Kreis (nach Seite 22 und 13) nur 12 und nicht 24 Handbreiten Umfang, und es braucht nur ein kleiner Bruchtheil der Handbreiten dieses Kreisumfanges oder seines senkrechten Durchmessers innerhalb 10 Handbreiten über dem Erdboden zu liegen. Es erfolgt die Antwort „dass dies nur richtig sei, wenn ein Kreis gemeint wäre, bei einem Quadrate hingegen müsse die Länge grösser sein“, d. h. wenn der Ausdruck ד׳ על ד׳ den Sinn, den der Fragende hineinlegt, hätte, dann würden allerdings 12 Handbreiten genügen. Dies ist aber nicht der Fall. Sondern er bezeichnet ein Quadrat, dessen Seite 4 Handbreiten lang ist, weshalb man bei einer kreisrunden Fensteröffnung, die so gross sein muss, wie der diesem Quadrate umschriebene Kreis, mehr als 12 Handbreiten brauche. Hierauf wird gefragt: „Um wieviel übertrifft der Umfang des Quadrats den des (eingeschriebenen) Kreises? um den vierten Theil seines eigenen Umfangs, dann würden doch 16 Ellen genügen?" d. h.: zugegeben, dass die Mischna unter dem oben genannten Ausdruck ein Quadrat von der angegebenen Grösse verstanden wissen will, so ist noch immer nicht einzusehen, weshalb der Kreis 24 Handbreiten Umfang haben müsse. Es würde doch genügen, wenn sein Umfang so gross wie der des umschriebenen Quadrats selbst, also 16 Handbreiten wäre[59]. Darauf die Antwort: „Das [48] angegebene Verhältniss der Umfange des Quadrats und des Kreises bezieht sich nur auf den einem Quadrate einbeschriebenen Kreis, der demselben umschriebene Kreis ist wegen der Winkelspitzen grösser“, d. h.: die richtige Sachlage ist folgende: Es kommt nicht darauf an, dass das runde Fenster denselben Umfang wie das quadratische habe, sondern dass das runde Fenster so gross sei, dass man ein Quadrat, dessen Seite 4 Handbreiten lang ist, in dasselbe einbeschreiben könne, — eine Auffassung, die sich aus den Worten des R. Jochanan ergiebt. Hieran schliesst sich die Frage: „Da ein Quadrat, dessen Seite eine Elle lang ist, eine Diagonale von Ellen Länge hat, so würden doch 17 weniger Handbreiten genügen“, d. h.: der dem Quadrate EFGH in Figur XXIX, dessen Seite 4 Handbreiten lang sei, umschriebene Kreis hat (nach Seite 9) einen Durchmesser FH von Handbreiten, also (nach Seite 22) einen Umfang von Handbreiten. Es wird geantwortet, dass R. Jochanan einen Lehrsatz der Richter oder Talmudlehrer von Cäsarea angewendet habe, welcher lautet: „Der Kreis im Quadrat ist ein Viertel, das Quadrat im Kreise ist die Hälfte“, d. h. R. Jochanan hat diesen Lehrsatz, dessen wahrer Sinn oben (Seite 11) angegeben ist, so verstanden: Wenn ein Quadrat einem Kreise umschrieben, ein anderes demselben einbeschrieben ist, so ist die Fläche resp. der Umfang des Kreises kleiner als die Fläche resp. der Umfang des ihm umschriebenen Quadrats um den vierten Theil der Fläche resp. des Umfanges dieses Quadrats; ferner ist die Fläche resp. der Umfang des diesem Kreise einbeschriebenen Quadrats kleiner als die Fläche resp. der Umfang des diesem Kreise umschriebenen Quadrats um die Hälfte der Fläche resp. des Umfanges dieses umschriebenen Quadrats, oder: es finden folgende Verhältnisse statt: 1) Fläche resp. Umfang eines Kreises verhält sich zur Fläche resp. Umfang des demselben umschriebenen Quadrats wie 3:4 = :1. 2) Fläche [49] resp. Umfang des diesem Kreise einbeschriebenen Quadrats verhält sich zur Fläche resp. Umfang des demselben umschriebenen Quadrats wie 1:2 = :1. R. Jochanan folgert hieraus: Wenn in einer Grenzmauer eine kreisrunde Oeffnung ist, wie in Figur XXX der Kreis um C, so muss sich in dieselbe ein Quadrat wie ABDE, dessen Seite 4 Handbreiten lang ist, einschreiben lassen. Der Umfang dieses Quadrats ist also 16 Handbreiten. Beschreibt man um diese Oeffnung ein Quadrat FGHK, so ist der Umfang desselben nach dem eben angeführten Lehrsatz = 32 Handbreiten, und der Kreisumfang = 24 Handbreiten. R. Jochanan, dadurch verleitet, dass der erste Theil dieses Lehrsatzes für die Flächen und die Umfänge eines Kreises und des ihm umschriebenen Quadrats Geltung hat, glaubte, dass auch der zweite Theil desselben für die Flächen und die Umfange des diesem Kreise ein- und des ihm umschriebenen Quadrats wahr sei. Da nun die Seite AE des dem Kreise einbeschriebenen Quadrats in Fig. XXX 4 Handbreiten haben soll, so wird FK, die Seite des umschriebenen Quadrats, 8 Handbreiten haben. Diese Seite FK ist aber dem Durchmesser des Kreises um C gleich, also der Umfang dieses Kreises (nach Seite 22) 24 Handbreiten lang. Somit sind die irrthümlichen Schlüsse des R. Jochanan nachgewiesen, und es bleibt als richtiges Resultat, dass die kreisrunde Oeffnung, wie oben angegeben, nur einen Umfang von Handbreiten zu haben braucht, und dass nur ein kleiner Bruchtheil über Handbreite dieses Umfangs (oder[60] ein kleiner Bruchtheil über Handbreiten des senkrechten Durchmessers) innerhalb 10 Handbreiten über dem Erdboden sich befinden muss. Der Talmud[61] wendet ebenfalls diesen Lehrsatz der Richter von Cäsarea für Umfange und Flächen ganz allgemein an, weist aber das Unrichtige für die Umfange in dem zweiten Theil des Satzes zurück.

[50]
Pesachim.

     Folgende Erzählung theilt der Talmud[62] mit: „Einst speiste R. Papa mit R. Huna, Sohn des R. Josua, zusammen. Während R. Huna einen Theil isst, verspeist R. Papa 4 solcher Theile… Ein anderes mal speiste derselbe R. Huna mit Rabina zusammen. Während R. Huna einen Theil verzehrt, isst Rabina 8 solcher Theile. Hierauf sagte R. Huna: „Ich möchte eher mit 100 Papa als mit einem Rabina essen.“ Dass die Mahlzeit mit einem Rabina theurer als mit einem Papa ist, nämlich im Verhältniss zu den genossenen Quantitäten, geht daraus hervor, dass R. Huna bei einer jeden der beiden gleich grossen und gleich theuren Mahlzeiten den halben Werth derselben zahlen musste, und bei R. Papa den fünften Theil der Speise, bei Rabina aber nur den neunten Theil desselben Quantums für dasselbe Geld erhielt. Dass sie aber mit 100 Papa billiger als mit einem Rabina sei, wird aus Folgendem ersichtlich: R. Huna und eine Gesellschaft von 100 Papa essen zusammen 401 gleiche Stücke, wofür R. Huna, da 101 Theilnehmer, den 101ten Theil desjenigen Geldes zu zahlen hat, was die 401 Stücke kosten. Angenommen jedes Stück koste eine Mark, also 401 Stücke 401 Mark. Mithin hat R. Huna für ein Stück Mark zu zahlen. In Gesellschaft mit Rabina isst R. Huna mit ihm zusammen 9 gleiche Stücke, wofür R. Huna, da nur zwei Theilnehmer sind, die Hälfte desjenigen Geldes zu zahlen hat, was 9 Stücke kosten. Ist nun für jedes Stück ebenfalls eine Mark zu zahlen, so kosten 9 Stücke 9 Mark, und R. Huna hat für ein Stück Mark zu zahlen. Es ist also mit 100 Papa billiger als mit einem Rabina zu speisen.

     Der Sinn dieses Ausspruchs kann auch in folgender Weise aufgefasst werden: R. Huna isst mit 100 Papa ein Mahl, das für alle zusammen eine Goldkrone kostet. Also sind 101 Theilnehmer bei gleicher Bezahlung. R. Huna, der Goldkrone zahlt, erhält [51] dafür der Speise, da jene das vierfache essen. Wenn er aber mit Rabina ein Mahl von gleichem Preise einnimmt, sind nur zwei Theilnehmer vorhanden, und R. Huna, der Goldkrone zahlt, erhält dafür nur der Speise, da jener das Achtfache isst. Diese Mahlzeit ist jedoch theurer als jene, denn: wenn einer Speise Goldkrone kostet, so würde eine ganze Speise 401mal Goldkrone Goldkronen kosten; wenn aber einer Speise Goldkrone kostet, so würde eine ganze Speise 9mal Goldkrone = 4 Goldkronen kosten. Mit einem Rabina ist also theurer zu speisen als mit 100 Papa. Das Gezwungene in dieser Auflösung ist, dass der Preis des Mahls für 101 Theilnehmer dem Preise desselben für 2 Theilnehmer gleich ist.

     Der kubische Inhalt des Hohlmaszes Rebiit (רביעית) ist im Talmud[63] angegeben. Die Richtigkeit dieser Angabe wird dadurch erwiesen, dass der kubische Inhalt und der Flüssigkeitsinhalt eines grösseren Hohlkörpers, welcher mit jenem Hohlmasze bezüglich seines Flüssigkeitsinhalts in einem bekannten Zusammenhange steht, angegeben wird. Aus diesen beiden gegebenen Grössen wird nämlich jene gesuchte hergeleitet. „R. Chisda führt nun an, dass der kubische Inhalt des biblischen Maszes Rebiit gleich sei dem Inhalte eines Parallelepipedons mit quadratischer Grundfläche, deren Seite eine Länge von zwei Fingerbreiten hat, und mit einer Höhe von 2 und und Fingerbreiten“. Es ist der kubische Inhalt eines solchen Parallelepipedons gleich dem Produkte aus Grundfläche und Höhe = 2 mal 2 mal kubische Fingerbreiten. Zum Beweise führt R. Chisda eine talmudische Bestimmung [52] an, „dass die Grösse eines rituellen Quellbades (מקוה) drei Kubikellen betragen und dass dieser Raum 40 Saa Wasser aufnehmen müsse.“ Das Folgende erläutert diesen Beweis. Die Beziehungen zwischen einigen hierher gehörigen talmudischen Maszen sind:

1 Saa = 6 Kab,
1 Kab = 4 Log,
1 Log = 4 Rebiit,
also 1 Saa = 96 Rebiit
und 40 Saa = 3840 Rebiit.
Es ist ferner 1 Elle = 6 Handbreiten,
1 Handbreite = 4 Fingerbreiten,
also 1 Elle = 24 Fingerbreiten,
1 Kubikelle = 243 = 13824 Kubikfingerbreiten und
3 Kubikellen = 41472 Kubikfingerbreiten.

Daraus folgt 3840 Rebiit:1 Rebiit = 41472 Kubikfingerbreiten:x, also x = = 10,8 kubische Fingerbreiten[64].

Succa.

     Der Talmud[65] theilt im Namen des R. Jochanan Folgendes mit: „Wenn eine in Ofenform (cylinderförmig) gebaute Laubhütte einen solchen Umfang hat, dass 24 Personen im Kreise herum sitzen können, darf sie als Laubhütte benutzt werden; hat sie diesen Umfang nicht, so ist sie als solche unbrauchbar“. Der Talmud eröffnet nun die Discussion über die Zahl 24, ähnlich der in Erubin 76 a. b. und stellt zunächst die Frage: „Die Meinung des R. Jochanan ist doch gewiss im Sinne Rabbi’s ausgesprochen, welcher angiebt, dass eine Laubhütte, die nicht 4 Ellen Länge und 4 Ellen Breite hat (ד׳אמות על ד׳אמות), unbrauchbar sei. Da nun [53] eine Person eine Elle Raum einnimmt, und jeder Kreisumfang von drei Handbreiten einen Durchmesser von einer Handbreite hat, so würden doch 12 Ellen genügen?“. Der Fragende fasst den Ausdruck ד׳אמות על ד׳אמות in der Weise auf, dass durch ihn nicht immer ein Quadrat, dessen Seite 4 Ellen beträgt, bezeichnet werde, sondern dass darunter auch zwei auf einander senkrechte, je vier Ellen lange, in ihren Halbirungspunkten sich schneidende Linien, wie AB und CD in Fig. XXIX, verstanden werden können. In diesem letzteren Sinne habe Rabbi seinen Ausspruch gethan. Schlägt man nun um diese beiden Senkrechten einen Kreis wie in Fig. XXIX, so wird die Peripherie desselben (nach Seite 22) 12 Ellen Länge haben und eine kreisförmige Laubhütte, in welcher 12 Personen im Kreise herum sitzen können, müsse demnach genügen, da sie (nach Seite 22) 4 Ellen Durchmesser hat. Die Antwort erfolgt: „Das wäre nur beim Kreise der Fall, beim Quadrate braucht man mehr“. D. h.: unter dem Ausdruck ד׳אמות על ד׳אמות versteht man nur ein Quadrat, dessen Seite 4 Ellen beträgt, und ein solches hat mehr als 12 Ellen Umfang. Es wird nun gefragt: „Um wieviel übertrifft der Umfang des Quadrats den des (einbeschriebenen) Kreises? um den vierten Theil seiner eigenen Grösse, dann würden doch 16 Ellen genügen?“ D. h.: zugegeben, dass der genannte Ausdruck nur diese letztgenannte Bedeutung habe, so würde doch genügen, wenn der Kreis denselben Umfang wie das Quadrat hätte. Da nun der hier erwähnte Kreis 12 Ellen Umfang hat, so ist der Umfang des umschriebenen Quadrats (nach Seite 11) 16 Ellen lang, und es brauchten daher nur 16 Personen in der Laubhütte im Kreise herum Raum zu haben[66]. Es wird die Antwort ertheilt: „Das angegebene Verhältniss der Umfange des Quadrats und des Kreises bezieht sich nur auf den einem Quadrate einbeschriebenen Kreis, der demselben umschriebene Kreis ist wegen der Winkelspitzen grösser“. D. h.: das Sachverhältniss ist hier der Art, dass, wenn die Laubhütte Kreisform [54] hat, dieser Kreis so gross sein muss, dass innerhalb desselben ein Quadrat mit vierelliger Seite einbeschrieben werden kann. Es wird daher die Peripherie eines solchen Kreises grösser als 16 Ellen sein, da der Kreisbogen zwischen je zwei Winkelspitzen grösser ist als die diese Winkelspitzen verbindende gerade Linie, die doch zugleich die Seite des Quadrats ist. Hierauf wird gefragt: „da 1 Elle im Quadrat Ellen zur Diagonale hat, so genügen doch 17 Ellen weniger Elle ( Ellen)?“ D. h.: zufolge Seite 9 wird die Diagonale eines Quadrats mit vierelliger Seite Ellen lang sein, und ein diesem Quadrate umschriebener Kreis hat nach Seite 22 eine Peripherie von 3mal Ellen gleich Ellen, da die Diagonale den Durchmesser des Kreises bildet. Es erfolgt die Antwort: „Die Angabe des R. Jochanan ist nicht genau“. Hierauf wird erwidert: „Ein Weniges zuviel kann man als eine Ungenauigkeit bezeichnen, aber bei einer grossen Differenz (wie hier) geht das doch nicht an?“ Nun sucht Mar Keschischa, Sohn des R. Chisda, die Meinung des R. Jochanan in anderer Weise zu rechtfertigen, indem er zu R. Aschi sagt: „Nicht ein Mann nimmt 1 Elle ein, sondern drei Männer nehmen 2 Ellen ein“. Inwiefern durch diese Annahme die Angabe des R. Jochanan richtig ist, wird nicht angeführt, und es wird nun darauf näher eingegangen und erwidert: „Nun wieviel macht das? 16 Ellen. Wir brauchen doch aber Ellen?“ D. h.: wenn 3 Personen 2 Ellen einnehmen, dann brauchen 24 Personen 16 Ellen, und es sind doch eben Ellen als nöthiger Umfang festgestellt worden. Die Antwort ist: „Die Angabe des R. Jochanan ist nicht genau“. Das kann nicht sein, wird erwidert, denn „man kann nur ungenau angeben, wenn dadurch eine Erschwerung, aber nicht wenn eine Erleichterung des betreffenden Religionsgesetzes herbeigeführt wird.“ D. h.: wenn R. Jochanan mehr Personen als nöthig sind angegeben hätte, so könnte man die Ungenauigkeit gelten lassen, weil dadurch eine brauchbare Laubhütte als unbrauchbar bezeichnet und somit eine Erschwerung des Gesetzes eingeführt würde. Nun giebt er aber hier weniger als nöthig ist an und erlaubt Unerlaubtes. Wie darf er in einem solchen Falle ungenaue Angaben machen? Dieser Einwurf ist schlagend und [55] R. Assi sucht R. Jochanan's Angabe in anderer Weise auszugleichen, indem er zu R. Aschi sagt: „Eine Person nimmt in der That nur den Raum einer Elle ein, und R. Jochanan rechnet den Ort der Person nicht mit. Wieviel beträgt das? 18 Ellen. Es sind aber nur Ellen nöthig? Das ist zwar ungenau, aber diese Ungenauigkeit führt zu einer Erschwerung des Gesetzes“. D. h.: er rechnet 24 Personen gleich 24 Ellen, aber so als wenn die Personen die Laubhütte von aussen umringten, dann bleiben für den eigentlichen Umfang der Laubhütte, da eine Person eine Quadratelle einnimmt, nur 18 Ellen, denn nach Seite 22 ist der Durchmesser eines Kreises von 24 Ellen Umfang = 8 Ellen. Nun gehen von dem achtelligen Durchmesser 2 Ellen für je zwei gegenüberliegende Sitzplätze ab, und es bleiben 6 Ellen. Der Umfang der Laubhütte ist also nur 18 Ellen. Er ist daher gegen den Ellen langen oben berechneten Werth des Umfangs um Elle zu gross, und das ist zulässig, weil dies eine Erschwerung des Gesetzes wäre. Eine andere Rechtfertigung der Angabe des R. Jochanan will der Talmud durch einen Lehrsatz geben, den R. Jochanan in seiner Weise aufgefasst haben soll. Diese Auffassung wird aber vom Talmud selbst als falsch zurückgewiesen. Nämlich die Talmudlehrer oder Richter von Cäsarea haben folgenden Lehrsatz (vergl. S. 11) angegeben: „Der Kreis im Quadrat ist ein Viertel, das Quadrat im Kreise ist die Hälfte.“ D. h.: es soll hier wieder die erste Annahme, dass jede Person eine Elle Raumbreite einnimmt, und dass 24 Personen im Kreise herum innerhalb der Laubhütte Platz haben müssen, gelten. R. Jochanan schliesst nach seiner oben (Seite 48) angegebenen Auffassung dieses Lehrsatzes: da hier in die kreisförmige Laubhütte ein Quadrat von 16 Ellen Umfang einbeschrieben werden soll (im Sinne Rabbi's), so ist der Umfang des diesem Kreise umschriebenen Quadrats nach dem Lehrsatze der Talmudlehrer von Cäsarea 32 Ellen, und die Peripherie des Kreises hat 24 Ellen Länge, also 24 Personen nehmen den inneren Umfang der Laubhütte ein. Diese Auffassung des erwähnten Lehrsatzes weist der Talmud mit den Worten zurück: „Es ist nicht so, wir sehen doch ein, dass es nicht soviel beträgt.“ D. h.: den Sinn dieses Satzes auch auf die Umfänge der [56] betreffenden Figuren auszudehnen ist unrichtig. Daraus folgt nun schliesslich, dass die Laubhütte in Kreisform nur Ellen oder mit einer kleinen Erschwerung 18 Ellen inneren Umfang zu haben braucht[67].

Baba batra.

     Der Talmud[68] theilt im Namen Ulla's mit, „dass ein Baum, innerhalb 16 Ellen vom Zaune eines Nachbarfeldes stehend, ein Räuber sei (d. h. Säfte vom Nachbarfelde ziehe) und man seine Erstlingsfrüchte nicht nach Jerusalem bringe“. Das heisst: das biblische Gebot 5. Mos. 26, 1 ff. über die Erstlingsfrüchte spricht nur von den dem Besitzer des Baumes unmittelbar angehörigen Früchten, nicht aber von solchen, die mit Hilfe der Säfte Anderen angehöriger Bäume gewachsen sind. Der Talmud sucht nun als Quelle dieser Mittheilung eine Mischna nachzuweisen, in welcher Angaben über die Entfernung, in welcher benachbarte Pflanzen noch Säfte von einander anziehen, gemacht sind. Es wird nämlich weiter angeführt: Sie kann nicht aus Mischna Schebiit I, 6 hergeleitet werden, weil dort 10 junge Pflanzen auf einen Raum von 2500 Quadratellen gleichmässig vertheilt sind, jede also nur innerhalb eines Raumes von Quadratellen Säfte an sich ziehen würde, während Ulla 16 Ellen Entfernung angiebt, welche einem Quadrate von 32elliger Seite entsprechen und einen Raum von 1024 Quadratellen einnehmen würden. Der Talmud fährt dann fort: Sie kann auch nicht aus Mischna Schebiit I, 5 hergeleitet sein, weil dort drei Bäume auf einem Raume von 2500 Quadratellen stehen und ein jeder braucht, was doch auch weniger als Ulla's Angabe ausmacht. Hierauf wird erwidert: „Ulla's Angabe sei nicht genau“. Das wird dadurch zurückgewiesen, dass gesagt wird: «eine Ungenauigkeit [57] Ungenauigkeit ist nur dann gestattet, wenn durch dieselbe eine Erschwerung des Verbotes, aber nicht wenn eine Erleichterung desselben herbeigeführt wird“. Das heisst: Ulla würde das Darbringen der Erstlingsfrüchte eines Baumes erst dann gestatten, wenn innerhalb einer Fläche von 1024 Quadratellen um den Standort desselben ein Theil eines Nachbarfeldes sich nicht befindet, während doch im Sinne der gedachten Mischna es schon bei einer Fläche von Quadratellen erlaubt wäre. Diese Entscheidung ist aber eine Erleichterung, da man in Folge derselben die Erstlingsfrüchte nicht erst nach Jerusalem zu bringen braucht. Hierauf erfolgt die Antwort: „Ulla meint nicht ein Quadrat, sondern einen Kreis.“ D. h.: nicht 32 Ellen im Quadrat, sondern ein Kreis, dessen Durchmesser 32 Ellen ist, wird von Ulla um den Standort des Baumes verlangt, und ein solcher Raum beträgt weniger als 1024 Quadratellen. Hierauf wird die Frage aufgeworfen: „Wieviel beträgt das Quadrat mehr als der (ihm einbeschriebene) Kreis? den vierten Theil (jenes Quadrats), so bleiben 768 Quadratellen, dann fehlt noch (zu Ulla's Angabe) Elle (nach einer andern Leseart Ellen)?“ Das heisst: Ulla's Meinung ist, dass ein Baum in einem 16elligen Umkreis um seinen Standort Säfte anzieht. Dann ist der Durchmesser 32 Ellen. Er giebt darum die Grösse des Halbmessers und nicht die des Durchmessers an, um damit anzuzeigen, dass nicht ein Quadrat gemeint sei, weil bei einem Quadrate von 32 Ellen Seitenlänge die Entfernung des Baumes von den Winkelpunkten des Quadrats mehr als 16 Ellen betrüge. Um nun die Grösse der Kreisfläche zu finden, geht der Talmud von dem Flächeninhalte des Quadrats aus. Ein Quadrat von 32 Ellen Seitenlänge hat 1024 Quadratellen Inhalt. Nach Seite 11, 1. subtrahire man von 1024 den vierten Theil, so erhält man 1024 — 256 = 768 Quadratellen für die Grösse der Kreisfläche. Nach der Mischna beträgt, wie angegeben, die Fläche Quadratellen. Setzt man nach Seite 11, 1., wenn d den Durchmesser eines Kreises bezeichnet,

[58]

Dieser Werth des Halbmessers ist also um Ellen grösser als die Angabe des Ulla[69]. Es wird hierauf geantwortet: „Das ist nicht genau und veranlasst eine Erschwerung“, d. h. obschon hier eine Ungenauigkeit constatirt ist, so ist eine solche erlaubt, da sie eine Erschwerung des Verbots herbeiführt.

     Zur Erläuterung des Folgenden sei bemerkt, dass nach der Beschreibung des Talmuds eine in jener Zeit errichtete Familienbegräbnissstätte folgende Form hatte: Zwei in gerader Linie liegende, mit senkrechten Wänden versehene, bedeckte Vertiefungen (Höhlen) sind durch einen festen Platz (Hof) von einander getrennt (Figur XXXI). In den Wänden dieser Höhlen ist eine bestimmte Anzahl Oeffnungen (Sargnischen) angebracht, um in eine jede derselben eine Leiche mit ihrem Sarge hineinzuschieben. Manchmal waren es vier solche kreuzweise angelegte und durch einen Hof getrennte Höhlen, die eine solche Familienbegräbnissstätte bildeten, wie Fig. XXXII. Ueber Anzahl und Grösse der Höhlen, ebenso über Anzahl und Lage der in den Wänden derselben zu errichtenden Sargnischen gehen die Meinungen auseinander. Die Mischna[70] theilt hierüber mit: Verkauft Jemand einem Andern einen Platz zu einer Grabstätte, oder übernimmt Jemand für einen Anderen eine Grabstätte anzulegen, so hat er soviel Raum zu beanspruchen, dass er eine jede Höhle in parallelepipedischer Form 4 Ellen breit, 6 Ellen lang (und 4 Ellen tief nach Angabe der Tosefta), mit 8 Sargnischen in den Wänden machen kann, und zwar je drei in der einen längeren und der ihr parallelen Höhlenwand und zwei in der kürzeren Höhlenwand, [59] die dem Hofe, als dem Eingänge in die Höhle, gegenüberliegt. Jede Sargnische hat eine Länge von 4 Ellen, eine Höhe von 7 Handbreiten und eine Breite von 6 Handbreiten (Fig. XXXIII). R. Simon giebt an, er habe soviel Raum zu verlangen, um eine jede Höhle 6 Ellen breit und 8 Ellen lang machen und in derselben 13 Sargnischen anbringen zu können, und zwar je vier in der einen längeren und der ihr parallelen Höhlenwand, drei in der dem Hofe gegenüberliegenden kürzeren Höhlenwand, eine an der rechten und eine an der linken Seite der Thür, die in die Höhle führt. Ueber die Grösse des Hofes, der die Höhlen verbindet und über die Anzahl der Höhlen giebt dieselbe Mischna folgendes an: Man macht vor dem Eingang zur Höhle einen Hof von 6 Quadratellen für die Leichenbahre und ihre Träger, und öffnet von zwei gegenüberliegenden Seiten dieses Hofes zwei Höhlen, je eine an jeder Seite desselben. R. Simon meint, dass 4 Höhlen an den 4 Seiten des Hofes gemacht werden. R. Simon ben Gamaliel bemerkt zur Anzahl der Höhlen und Sargnischen, dass sie sich nach der Natur des Erdreichs, ob es fest oder locker sei, richte. Nach der in der Mischna angeführten ersten Meinung und nach der des R. Simon nimmt eine jede Sargnische die Breite einer Elle ein, und der Raum zwischen je zwei Sargnischen beträgt eine Elle, mit Ausnahme des Raumes an den Enden der Seitenwände, der nur Elle breit ist. Es nehmen also in der sechselligen Wand 3 Nischen 3 Ellen ein, zwei Zwischenräume 2 Ellen und Anfang und Ende der Wand je Elle, zusammen 6 Ellen, analog in den 4- und 8 elligen Wänden. Die Discussion im Talmud[71] erstreckt sich über die Lage der zwei von R. Simon angegebenen rechts und links vom Eingange der Höhle anzubringenden Sargnischen, und es wird die Frage gestellt, in welcher Weise sie anzubringen seien. Nach gegebener Antwort und Gegenfrage, die wir hier weglassen können, da sie nichts Mathematisches enthalten, aus denen sich aber ergiebt, dass sie nicht am Eingange in die Höhle in der Hofwand anzulegen, wird die [60] Auskunft gegeben, „dass sie in die Winkel verlegt werden“, d. h. in die beiden Winkel, welche die 8elligen Wände mit der dem Eingange parallel liegenden 6elligen Wand bilden, wie (Fig. XXXIV) in AB und DE. Es wird nun gefragt: „das ist nicht möglich, da doch die Sargnischen in einander gehen?“ D. h.: an den Enden jeder Wand bleibt eine halbe Elle fester Boden, der disponible Raum in den Winkeln ist daher die Hypothenuse eines gleichschenkligen rechtwinkligen Dreiecks, dessen Kathete je Elle ist. Diese Hypothenuse ist aber kürzer als eine Elle, d. h. als die Breite einer Sargnische. Denn in Fig. XXXIV ist AC = BC = Elle. Folglich ist nach dem pythagoräischen Lehrsatz AB = Elle. Folglich kann weder hier noch in DE eine solche Sargnische angebracht werden. R. Aschi antwortet, „dass diese beiden Sargnischen tiefer (unterhalb der Nachbarnischen) angelegt werden, denn würde ein solches Tieferlegen nicht angenommen, wie wären die 4 Höhlen im Sinne des R. Simon überhaupt möglich, da doch die Sargnischen ineinandergehen würden? Sie müssen daher an den betreffenden Stellen tiefer angelegt worden sein, und hier an den Winkeln müssen sie demnach ebenfalls tiefer angelegt werden.“ D. h.: an der Stelle, wo zwei Höhlen des R. Simon aneinanderstossen, durchschneiden sich mehrere Sargnischen (wie in Fig. XXXIV), z. B. die Sargnische GH und KL mit MN und PQ nothwendig in einer Länge von 3 Ellen. Dieser Uebelstand ist nicht anders zu umgehen, als dass an diesen Stellen einige Sargnischen tiefer gelegt werden. R.Huna ben R. Josua lässt diese Antwort nicht gelten, „er meint die Sargnischen in den 4 Höhlen des R. Simon werden wie die Baumzweige angelegt.“ D. h.: die Leichen können alle in derselben Höhe liegen, nur werden die Sargnischen in den 8elligen Wänden der Höhlen schräge zur Wandrichtung (wie in Fig. XXXV) angelegt. Dadurch ist das Ineinandergehen derselben verhindert. Diese Meinung wird aber wie folgt widerlegt: „Jedes Quadrat, dessen Seite eine Elle lang ist, hat eine Diagonale von 1 Ellen Länge. Wieviel beträgt aber hier die Diagonale? 11 Ellen; [61] wieviel Sargnischen sind? 8; wie ist es möglich 8 Sargnischen in 11 Elle anzubringen?“ D. h.: die zwei aneinander grenzenden Wände zweier aneinander grenzender Höhlen, wie z. B. (in Fig. XXXV) AB und AD der beiden Höhlen ABPQ und ADRS, in welchen je 4 Sargnischen zweigartig angelegt werden sollen, bilden zwei angrenzende Seiten eines Quadrats ABCD, dessen Seite 8 Ellen lang ist. Die Diagonale AC desselben, die der Diagonale BD gleich ist, beträgt (nach Seite 9) 11 Ellen. Nun gehen die parallelepipedischen Sargnischen in den beiden genannten Höhlen parallel der Diagonale AC. Diese 8 Sargnischen nehmen einen Raum von 8 Ellen ein, die sechs Zwischenräume betragen 6 Ellen, die 4 Eckräume von je Elle, betragen 2 Ellen, in Summa 16 Ellen. Jetzt kann doch unmöglich eine Länge von 16 Ellen auf die Länge der Diagonale BD = nur 11 Ellen vertheilt werden. Wie aus der Figur mit Hilfe des pythagoräischen Lehrsatzes sich ergiebt, ist AG = 0,7… Elle, GK = KU = UV = VW = WX = 1,4… Ellen. Es lassen sich also in jeder dieser beiden Höhlen nur 3 Sargnischen anlegen. Denn 3 Sargnischen und ihre beiden Zwischenräume sind 5mal 1,4… = 7,… Ellen lang, der eine Eckraum ist 0,7… Ellen lang, ergiebt in Summa 7,7… Ellen, welche mit einem Theile = 0,3 des andern Eckraumes schon 8 Ellen ausmachen[72]. Eine andere Lösung der beregten Frage wird durch die Annahme, die R. Schischa, Sohn des R. Idi, anderswo (Baba batra 102b) ausspricht, gegeben, nämlich „dass die beiden in Frage stehenden Sargnischen für Kinderleichen benutzt werden.“ D. h.: [62] weder in dem zuerst besprochenen Falle noch in den je zwei angrenzenden Höhlen des R. Simon legt man die Sargnischen tiefer, sondern benutzt sie für Kinderleichen, die klein sind und daher den Raum anderer Sargnischen nicht durchschneiden.

Aboda Sara.

     R. Huna, Sohn des R. Josua, giebt im Talmud[73] zur Bestimmung eines Sabbatjahres eine Formel an, durch welche zugleich eine Regel für die Theilbarkeit einer Zahl durch 7 gegeben ist[74]. Wird nun für irgend eine gegebene Zahl die Frage gestellt, ob sie durch 7 theilbar sei oder nicht, so würde die Regel lauten: Man nehme 2 statt jedes Hundert der gegebenen Zahl (d. h. man multiplizire die Anzahl der Hunderte der gegebenen Zahl mit 2) und addire dies Produkt zu den Zehnern und Einern der gegebenen Zahl (man lasse also die Hunderte der gegebenen Zahl gänzlich fort). Diese Summe wird durch 7 dividirt und ihr Rest, wenn er gleich Null ist, zeigt an, dass die gegebene Zahl durch 7 theilbar ist. Ist der Rest nicht gleich Null, sondern resp. 1, 2, 3, 4, 5 oder 6, so zeigt er an, wieviel bei der Division mit 7 in die gegebene Zahl übrig bleibt. Das Princip dieser Regel beruht einfach darauf, dass man, da es sich nur um den Rest bei einer Division handelt und 100 = 14mal 7 + 2 ist, nicht jedes ganze Hundert sondern nur 2 von jedem Hundert zu nehmen braucht. Man kann, wie natürlich, auch 1 für je 50 rechnen, wodurch schliesslich die Division durch 7 höchstens in 49 vorkommen kann. Einige Beispiele sollen das Verfahren erläutern:

(1)
(2)

[63]

(3)
(4)
also theilbar durch 7.
  1. Erubin II, 3. 5. und V, 2.
  2. Erubin V, 3.
  3. Erubin 23b.
  4. Erubin 20b.
  5. Erubin 20b.
  6. Seite 77.
  7. Des beschränkten Raumes wegen konnten einzelne Stücke einiger hier vorkommenden Figuren nicht im Verhältnisse ihrer Einheiten gezeichnet werden.
  8. Erubin 57a.
  9. Seite 77
  10. Oholot XII, 7.
  11. Seite 77
  12. Vergl. Frankel, Darke hamischna, S. 16.
  13. Tosafot zur Stelle Erubin 57a. s. v. כל bemerken auch, dass ein wenig zu klein sei.
  14. Erubin 76b. und Succa 8 a. b.
  15. Erubin 76b. s. v. ורבי und Succa 8b. s. v. ריבועא.
  16. Oholot XII, 6.
  17. 3. Mos. XIX, 19.
  18. Kilajim I, 1 ff.
  19. Kilajim III, 1.
  20. Vergl. Talmud Sabbat 84b ff.
  21. Bei der zuletzt erwähnten Form des R. Jehuda tritt die Frage auf, ob je zwei parallelliegende Rhomben die nöthige Entfernung von Handbreiten von einander haben, ob z. B. in Fig. IX, in welcher beispielshalber vier der besäeten Rhomben gezeichnet sind, CD von EF nicht weniger als Handbreiten von einander entfernt sind. Sowohl Maimonides als der ihn hier commentirende Heller haben irrthümlicher Weise DF die Seite des Rhombus für die Entfernung der beiden gegenüberliegenden Rhomben A und B von einander angesehen und haben mit Hilfe des pythagoräischen Lehrsatzes diese Seite als ungefähr = Handbreiten, also grösser als Handbreiten angegeben. Die wahre Entfernung dieser beiden Rhomben ist aber die Senkrechte DG, welche trigonometrisch durch DF sin DFG ausgedrückt ist, wo Winkel DFG = α einen spitzen Winkel des Rhombus bezeichnet. Der Winkel α lässt sich leicht bestimmen. Der Rhombus ist hier, wie in Fig. X, in ein Rechteck, dessen angrenzende Seiten 2 und 3 Handbreiten betragen, eingezeichnet. Es ist daher Winkel α = 180° − 2β und tg β = also Winkel β = 56°13'36'' und Winkel α = 180° − 2β = 180° − 112°37'12'' = 67°22'48'', mithin DG = DF sin α = sin 57°22'48'' = 1,6641… grösser als Handbreiten. Maimonides' Annahme der Entfernung ist zwar falsch, die von ihm angegebene Bepflanzungsform im Sinne des R. Jehuda bleibt dennoch richtig, weil auch DG die wahre Entfernung der beiden Rhomben, wie eben nachgewiesen, grösser als Handbreiten ist.
  22. Kilajim V, 5.
  23. Kilajim IV, 1.
  24. Kilajim 30a.
  25. Näheres siehe meinen Aufsatz in Frankel's Monatschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judenthums. Vierter Jahrgang. Leipzig, 1855. S. 146 ff.
  26. Erubin I, 5.
  27. Erubin I, 3.
  28. Erubin I, 5.
  29. So lautet der Mischnatext im jerusalemischen Talmud, im babylonischen Talmud lautet der letzte Passus: „Alles, was (d. h. jeder Kreis, der) im Umfange drei Handbreiten hat, ist eine Hand breit“. Hier drückt diese Stelle einen Lehrsatz aus, während sie im jerusalemischen Talmud als Anwendung dieses Lehrsatzes erscheint.
  30. Oholot XII, 6.
  31. Erubin 14 a. b. 56b. 76a. Succa 7b. Baba batra 14b.
  32. Erubin 14a.
  33. Erubin 14a.
  34. 1. Könige VII, 23.
  35. I. Könige VII, 26.
  36. Bei genauerem Eingehen auf diesen Gegenstand ergiebt sich: Bei einem im Pentateuch vorgeschriebenen Gesetze kann das Verhältniss von 3:1 in solchen Fällen angewendet werden, wenn durch diese Annahme eine Erschwerung des betreffenden Gesetzes herbeigeführt wird, bei rabbinischen Gesetzen hingegen kann es selbst in Fällen, wo es zu einer Erleichterung führt, gebraucht werden. Vergl. Heller zu Oholot XII, 7 und Erubin I, 5.
  37. Erubin 14 a. b.
  38. 3. Mos. XV, 16.
  39. Vergl. meine Schrift „Das jüdische Maszsystem“. Breslau, 1867. Seite 3, Anmerkung 2.
  40. 1. Könige VII, 26.
  41. Nach Jecheskel XLV, 14, wo ein Bat = Kor gesetzt wird und 1 Kor = 30 Saa ist.
  42. Erubin 19a.
  43. Josephus Antiqu. VIII, 3, 5 giebt diesem Meer die Form einer Halbkugel mit einem Durchmesser von 10 Ellen und, nach 2. Chronik, IV, 2. 5, mit einem Flüssigkeitsgehalt von 3000 Bat. Oppert im Journal asiatique, Août-Septembre 1872 et Octobre-Novembre 1874, ist in einem Aufsatze «l'étalon des mesures Assyriennes» der Ansicht, dass das Meer eine halbkugelförmige Gestalt und, wie 1. Könige VII, 26 angiebt, 2000 Bat Flüssigkeitsgehalt gehabt habe. Er setzt das Bat dem Cubus der Halbelle gleich, und es ist der Inhalt des Meeres, dessen Halbmesser 5 Ellen oder 10 Halbellen ist, gleich dem Inhalt einer Halbkugel = πr3 = 3,14159… 53 = 261,8 Kubikellen = 2094,4 Kubikhalbellen, nahezu mit der einen biblischen Angabe von 2000 Bat übereinstimmend. Prof. Cantor in seiner werthvollen Recension dieses Oppert'schen Aufsatzes {in der «Zeitschrift für Mathematik und Physik», XX. Jahrg., historisch-literarische Abtheilung, S. 163 ff.) folgert, dass die Verhältnisszahl π = 3 einer altorientalischen Messkunde angehört habe und so alt wie die Chronik und das Buch der Könige sei. Anderweitige Spuren des Werthes π = 3, die auf Babylon hinweisen, sind: Es tritt dieser Werth bei einem griechischen Mathematiker, ferner in China und in einer Talmudstelle Succa 7b. auf, und eine Verbindung von Griechenland und China mit Babylon lässt sich vermuthen und ist theilweise nachgewiesen. Was die Talmudstelle betrifft, die dem Herrn Recensenten von einem andern Herrn übersetzt wurde, so ist zu bemerken, dass der von dem Uebersetzer erwähnte Hinweis auf die Stelle der Chronik nicht vom Talmud, sondern von dem viel späteren Commentator Raschi herrührt. Ferner giebt der Uebersetzer an: «dann folgen noch weitere sehr schwer verständliche Auseinandersetzungen über Flächeninhalte des Kreises, des umschriebenen und des eingeschriebenen Quadrats». Dem ist aber nicht so, da es sich in der ganzen Discussion nur um die Eruirung der Umfange genannter Figuren handelt. Was die Erläuterung und das Alter dieser Stelle, die der Herr Recensent zu kennen wünscht, betrifft, so ist die erstere hier weiter unten gegeben. Ueber das Alter dieser Stelle wäre folgendes zu bemerken : es gehören die darin vorkommenden Discutirenden, die π = 3 setzen, schon zu den späteren Amoraim, die also für Prof. C. direct nichts beweisen würden. Es ist aber oben (Seite 28) nachgewiesen worden, dass die Zahl π = 3 schon in der Mischna, die in Palästina abgefasst wurde, als Lehrsatz vorkommt und von derselben angewendet wird. Zugleich ist aber auch oben erwähnt, dass dem Talmud ein genauerer Werth dieser Zahl bekannt war, dass er diesen ungenauen Werth π = 3, selbst für die Zeit der Mischna, nicht gelten lassen will, und meint, dass die Autoren der Mischna einen genaueren Werth gekannt hätten und den Werth = 3 nur aus Rücksicht darauf, dass eine biblische Stelle dafür spreche und die Zahl ohnehin irrational sei, für gewisse Religionsgesetze zur Anwendung gebracht hätten. Siehe Steinschneider im Hamaskir, 15. Jahrg., S. 126 ff. Wenn aber die Folgerungen des Herrn Cantor, dass der Werth π = 3 babylonischer Uebung angehörte, sich bewahrheiten, wofür die Schlussentscheidung, wie er selbst bemerkt, diejenigen Assyriologen zu geben haben, welche ihr Studium den astronomischen und mathematischen Keiltexten zuwenden, so ist wohl eine Verbindung von Palästina mit Babylon nachweisbar, und die Mischna könnte aus dieser altbabylonischen Messkunde den Werth π = 3 herübergenommen haben. Den weit späteren Autoren des Talmuds war diese altbabylonische Messkunde nicht mehr bekannt, und so suchten sie für den auffallend ungenauen Werth π = 3 einen anderen Grund auf.
  44. Erubin IV, 8.
  45. Erubin 55a.
  46. Erubin 56b.
  47. Hier muss im Texte אותן statt אותה gelesen werden.
  48. Erubin 56a.
  49. Erubin 56b
  50. Siehe Munk, Sur la zone des villes levitiques. S. 1 ff.
  51. Erubin 56b.
  52. 4. Mose XXXV, 4.
  53. Tosafot zur Stelle s. v. משכחת bemerken richtig, dass auch für eine quadratische Stadt, deren Seite 8000 Ellen lang ist, das Migrasch = wird, denn LMNP ist dann ein Quadrat, dessen Seite 12000 Ellen Länge hat; sein Flächeninhalt hat 144 Quadrate, deren Seite 1000 Ellen lang ist, das Migrasch beträgt in diesem Falle 4mal 8 + 4 = 32 + 4 = 36 solcher Quadrate und oder (nach Seite 35, a) ist hier V = nach S. 36 (II) für n = 8 ist V = . Diese Annahme wird zurückgewiesen, 1) weil die levitischen Städte nicht so gross waren, und 2) bei Annahme einer Stadtseite von 2000 Ellen Jeder der an der Discussion Betheiligten mit Recht einen neuen Gesichtspunkt eröffnet, was bei einer Annahme einer Stadtseite von 8000 Ellen nicht der Fall wäre.
  54. Der jerusalemische Talmud Sota 20a bespricht denselben Gegenstand und schliesst mit folgender Mittheilung von R. Jose, Sohn des R. Bun: „Ein Quadrat von 50 Ellen Seitenlänge (= 2500 Quadratellen) kann man mit einem Saa Getreide besäen, ein Quadrat von 100 Ellen Seitenlänge {= 10000 Quadratellen) kann man mit 4 Saa Getreide besäen. Einem Gemeindevorsteher wurde einst eine Steuer auferlegt, er solle eine Fläche von 40 Ellen im Quadrat mit Weizen belegen. Er ging zu R. Huna sich Raths einholen. Dieser sagte ihm: „Bitte den Steuerbeamten, er möchte die Steuer in zwei Raten annehmen und zwar 20 Ellen im Quadrat jetzt und 20 Ellen im Quadrat nach Ablauf einiger Zeit, dadurch gewinnst du die Hälfte“. Die Rechnung ist richtig, denn während 202 = 400 also 2.20^2 = 800 ist, beträgt 402 = 1600 also doppelt so viel, oder allgemein a2 + a2 = 2a2 und (2a)2 = 4a2. Aehnliches geschah einmal etwa 500 Jahre später, wie Dieterici in seiner „Propädeutik der Araber im zehnten Jahrhundert“ S. 35 mittheilt. Dort wird der Vorzug Derjenigen, die Mathematik verstehen, durch folgende Erzählung bekräftigt: „Jemand hätte von einem Mann ein Stück Landes für 1000 Dirham gekauft, das 100 Ellen lang und ebensoviel breit sei; darauf sprach der Verkäufer: “Nimm statt dessen zwei Stück, ein jedes 50 Ellen lang und breit, und meinte, damit geschehe jenem sein Recht. Sie stritten nun vor einem Richter, der nicht Mathematik verstand, und dieser war irriger Weise derselben Ansicht, dann aber stritten sie vor einem andern Richter, der der Mathematik kundig war, und der entschied, dass dies nur die Hälfte seines Anrechts wäre“.
  55. Eine zu der eben dargestellten Discussion gehörige Bemerkung soll hier ihren Platz finden. Die Verfahrungsarten zur Bestimmung des Sabbatweges, die der Talmud im Tractat Erubin bei den verschiedenen Möglichkeiten der Formen einer Stadt anführt, setzen eine Kenntniss geometrischer Constructionen voraus, die der Talmud deshalb nicht zu besprechen nöthig hat, da diese Kenntniss bei Denen, die diese Messungen praktisch auszuführen haben, vorausgesetzt werden kann.
  56. Erubin VII, 1.
  57. Erubin 76a.
  58. Nach Tosafot zur Stelle s. v. ושנים.
  59. Statt diese Frage direct in folgender Form, zu stellen: da ein Quadrat, dessen Seite 4 Handbreiten lang ist, einen Umfang von 16 Handbreiten hat, so genügt doch dieselbe Länge, also 16 Handbreiten, für den Fall, dass das Fenster eine Kreisform hat, wird erst der Umfang des Quadrats aus dem des einbeschriebenen Kreises hergeleitet, um die Frage an den zuerst gefassten Gedanken, dass unter dem Ausdruck der Mischna ein Kreis verstanden sei, anzuschliessen.
  60. Nach Auffassung der Tosafot.
  61. Succa 8 a. b.
  62. Pesachim 89b.
  63. Pesachim 109 a. b.
  64. Vergl. meine Schrift „Das jüdische Maszsystem und seine Beziehungen zum griechischen und römischen“. Breslau, 1867. S. 6 ff.
  65. Succa 7b. 8 a. b. Auf die hier folgende Erläuterung dieser Stelle ist oben S. 30 Anmerkung 47 hingewiesen.
  66. Anmerkung 63 gilt auch für diese Stelle. Ueberhaupt ist die Discussion hier der oben Seite 46 ff. angeführten Stelle in Erubin 76a ähnlich.
  67. Vergl. Erubin 76 a. b., oben Seite 46 ff.
  68. Baba batra 26b. 27a.
  69. Auch für die andere Leseart, dass Elle fehle, führen Tosafot zur Stelle s. v. הכי גרם zwei verschiedene leicht verständliche Erklärungen an.
  70. Baba batra VI, 8.
  71. Baba batra 101 a, b.
  72. Der Commentator Raschbam bemerkt in seiner Erklärung zu dieser Stelle: „Die Sargnischen gehen alle durch die Diagonale“ (כולן יוצאין ונוגעין באלכסון ויוצאין דרך שם). Das ist nicht ganz richtig, denn die erste Sargnische berührt die Diagonale BD nicht, weil (in Fig. XXXV) FAG = FGA = 45°, also Dreieck AFG rechtwinklig bei F und gleichschenklig ist. Da nun FG = Elle, so ist AF = Elle. Das Dreieck AHK ist ebenfalls rechtwinklig bei K und gleichschenklig, und da HK = 1 Elle, so ist AH = 1 Elle, mithin, da MN = 4 Ellen = HL, so ist AH + HL = AL = 5 Elle = 5,5 Ellen, während AT = Ellen = 5,6 Ellen. Also die erste Sargnische berührt die Diagonale nicht.
  73. Aboda Sara 9b.
  74. Siehe meine Schrift „Ueber Sabbatjahrcyclus und Tobelperiode“. Breslau, 1857. S. 35 ff.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Die Klammern auf den Bruchstrichen sehen wie Binomialkoeffizienten aus. Scheint aber ein Bruch gemeint zu sein. Kommentar: schlechter Druck ist für den fehlenden Bruchstrich verantwortlich -- hinzugefügt

[64]

Verzeichniss der behandelten Talmudstellen.

A. Babylonischer Talmud.

Kilajim I, 1 ff. III, 1. S. 14.
IV, 1. S. 18
V, 5. S. 17.
Schebiit I 5, 6. S. 56.
Sabbat 84b ff. S. 14.
Erubin I, 3, 5. S. 22.
II, 3, 5. S. 6.
IV, 2. S. 2.
IV, 8. S. 31.
V, 2, 3. S. 6.
VII, 1. S. 46.
14a. S. 23, 24.
14a, b. S. 22, 25.
23b. S. 6.
43b. S. 2.
55a. S. 32.
56a. S. 33.
56b. S. 22, 32, 34, 38.
57a. S. 8.
76a. S. 22, 46.
76b. S. 11, 46.
Pesachim 89b. S. 50.
109 a, b. S. 51.
Rosch haschana II, 8. S. 3.
Succa 7b. S. 22, 30, 52.
8a, b. S. 11, 49, 52.
Nasir 8b. S. 2.
Baba mezia 85b, 86a. S. 3.
Baba batra VI, 8. S. 58.
14b. S. 22.
26b, 27a. S. 56.
101 a, b. S. 59.
102b. S. 61.
164b. S. 2.
Aboda Sara 9b. S. 62.
Horajot 10a. S. 3.
Edujot III, 8. S. 2.
Beehorot 60a. S. 2.
Kelim XII, 4. S. 2.
Oholot XII, 6. S. 13, 22.
XII, 7. S. 9.

B. Jerusalemischer Talmud.

Kilajim 30a. S. 20.
Erubin 19a. S. 29.
20b. S. 6.
Sota 20a. S. 43.


Berichtigung.

Seite 6, Zeile 7 v. u., lies 7 statt 8 und 1 statt 2.

„ 12,' „ 4 ,, lies C statt c.

„ 12, 5 ,, lies in statt um.

„ 15, 14 ,, lies Quadrathandbreiten statt Handbreiten.

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