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David Hilbert Gesammelte Abhandlungen Erster Band – Zahlentheorie/Kapitel 5

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4. Grundzüge einer Theorie des Galoisschen Zahlkörpers. David Hilbert Gesammelte Abhandlungen Erster Band – Zahlentheorie (1932) von David Hilbert
5. Über den Dirichletschen biquadratischen Zahlkörper.
6. Ein neuer Beweis des Kroneckerschen Fundamentalsatzes über Abelsche Zahlkörper.
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5. Über den Dirichletschen biquadratischen Zahlkörper.
[Mathem. Annalen Bd. 45, S. 309–340 (1894).]
Einleitung.

Nachdem durch Gauss die ganzen imaginären Zahlen in die Arithmetik eingeführt waren, untersuchte Dirichlet in einer Reihe von Abhandlungen[1] denjenigen biquadratischen Zahlkörper, welcher die imaginäre Einheit und mithin alle jene Gaußschen imaginären Zahlen enthält. Dieser biquadratische Körper werde der Dirichletsche Zahlkörper genannt. Dirichlet hat auf denselben seine allgemeine analytische Methode zur Bestimmung der Anzahl der Idealklassen angewandt und insbesondere den Fall in Betracht gezogen, in welchem der biquadratische Zahlkörper außer dem durch bestimmten quadratischen Körper noch zwei andere quadratische Körper enthält. Es ergibt sich dann das Resultat, daß die Anzahl der Idealklassen dieses speziellen Dirichletschen Zahlkörpers im wesentlichen gleich dem Produkt der Anzahl der Idealklassen in den beiden letzteren quadratischen Körpern ist. Diesen mit analytischen Hilfsmitteln gewonnenen rein arithmetischen Satz bezeichnet Dirichlet als einen der schönsten in der Theorie der imaginären Zahlen, vornehmlich weil durch denselben ein Zusammenhang zwischen den Anzahlen der Idealklassen derjenigen beiden quadratischen Körper aufgedeckt wird, die durch Quadratwurzeln aus entgegengesetzten reellen Zahlen bestimmt sind.

Die vorliegende Abhandlung hat das Ziel, die Theorie des Dirichletschen biquadratischen Körpers auf rein arithmetischem Wege bis zu demjenigen Standpunkt zu fördern, auf welchem sich die Theorie der quadratischen Körper bereits seit Gauss befindet. Es ist hierzu vor allem die Einführung des Geschlechtsbegriffs sowie eine Untersuchung derjenigen Einteilung aller Idealklassen notwendig, welche sich auf den Geschlechtsbegriff gründet. Nachdem in den ersten acht Paragraphen der Arbeit diese Aufgabe für den allgemeinen Dirichletschen Zahlkörper gelöst wird, behandeln die beiden letzten Paragraphen den vorhin charakterisierten speziellen Dirichletschen Zahlkörper. Es zeigt sich bei der Untersuchung, daß in diesem Körper die Idealklassen gewisser leicht zu kennzeichnender Geschlechter aus den Idealklassen der in ihm enthaltenen quadratischen Körper zusammensetzbar sind. Diese auf rein arithmetischem Wege gefundene Tatsache enthält zugleich den vorhin genannten Dirichletschen Satz über die Anzahl der Idealklassen des speziellen Dirichletschen Körpers.

§ 1. Die ganzen Zahlen des Dirichletschen Zahlkörpers.

Der durch die imaginäre Einheit bestimmte quadratische Zahlkörper werde genannt; die ganzen Zahlen dieses Körpers, d. h. die Zahlen von der Form , wo und ganze rationale Zahlen sind, mögen ganze imaginäre Zahlen heißen. Bedeutet eine ganze imaginäre Zahl, welche durch kein Quadrat einer ganzen imaginären Zahl teilbar und von verschieden ist, so bildet die Gesamtheit aller durch und rational ausdrückbaren Zahlen einen Dirichletschen biquadratischen Zahlkörper. Derselbe werde mit bezeichnet; ist der allgemeinste biquadratische Körper, welcher die imaginäre Einheit enthält.

Eine jede Zahl des Körpers läßt sich in die Gestalt

bringen, wo , , ganze imaginäre Zahlen sind. Die Veränderung von in werde durch das Operationssymbol bezeichnet.

Soll nun eine ganze Zahl in sein, so sind notwendig die Zahlen

und

ganze imaginäre Zahlen. Bezeichnet eine in aufgehende von verschiedene Primzahl in , so folgt leicht, daß sowohl als durch teilbar sein müssen, und es kann mithin in Zähler und Nenner von fortgehoben werden. Wäre ferner durch teilbar, so folgt in gleicher Weise, daß und durch teilbar sind, so daß der Faktor in Zähler und Nenner von hebbar ist. Es bleiben mithin nur die beiden Fälle und zu untersuchen übrig. Also folgt, daß in diesen beiden Fällen die Zahl durch bezüglich durch teilbar sein muß. Wäre durch teilbar, so würde mithin das gleiche für folgen und dann wäre wiederum im Zähler und Nenner von hebbar. Nehmen wir andrerseits nicht teilbar durch an, so folgt, daß nach bezüglich nach ist, d. h. muß im Zahlengebiete des Körpers quadratischer Rest von bezüglich von sein. Nun ist quadratischer Rest von , sobald nach wird, dagegen quadratischer Rest von und zugleich quadratischer Nichtrest von , falls nach wird. In allen anderen Fällen, nämlich für nach und nach ist quadratischer Nichtrest von . Berücksichtigen wir, daß der nämliche biquadratische Körper erhalten wird, wenn wir unter dem Wurzelzeichen statt die Zahl setzen, da ja diese Änderung einer Multiplikation der Wurzel mit gleichkommt, so können wir offenbar die Zahl stets so annehmen, daß beidemal das obere Vorzeichen zutrifft, d. h. bezüglich nach wird. Es ergibt sich dann leicht das folgende Resultat:

Die Basis der ganzen Zahlen des Dirichletschen Körpers besteht aus den Zahlen , , , , wo folgende Bedeutung hat:

Wir berechnen ferner den Ausdruck ; derselbe werde die Partialdiskriminante des Körpers genannt:

Die gewöhnliche Diskriminante des biquadratischen Körpers ergibt sich gleich , wo den absoluten Betrag der Partialdiskriminante bedeutet.

§ 2. Die Primideale des Dirichletschen Körpers.

Zunächst behandeln wir die von verschiedenen und nicht in aufgehenden Primzahlen des Körpers ; es sind unter diesen zwei Arten zu unterscheiden, nämlich erstens die Primzahlen , in bezug auf welche im Zahlengebiete des Körpers quadratischer Rest ist und zweitens diejenigen Primzahlen , in bezug auf welche quadratischer Nichtrest ist.

Die Primzahlen der ersten Art gestatten eine Zerlegung in zwei voneinander verschiedene Primideale des Körpers . Bedeutet nämlich eine Zahl in , welche der Kongruenz nach dem Modul genügt und wendet man eine früher von mir angegebene Bezeichnungsweise[2] an, der zu Folge (, , …) dasjenige Ideal darstellt, welches als der größte gemeinsame Teiler der Zahlen , , … definiert ist, so wird

Wir erhalten somit die gewünschte Zerlegung

wo ein Primideal bedeutet und das konjugierte Primideal wegen notwendig von verschieden ist.

Die Primzahlen der zweiten Art sind auch im Körper Primzahlen. Denn wäre die Zahl zerlegbar, so wähle man in eine ganze Zahl , welche nicht durch , wohl aber durch ein in aufgehendes Primideal teilbar ist. Da dann notwendig prim zu sein muß, dagegen durch teilbar wird, so würde nach folgen, was der Voraussetzung zuwider läuft.

Um ferner die von verschiedenen in aufgehenden Primzahlen des Körpers in ihre idealen Faktoren zu zerlegen, bezeichnen wir dieselben mit , …, und setzen demgemäß bezüglich je nachdem durch nicht teilbar oder teilbar ist. Es folgt leicht, daß

, …,

Primideale im Körper sind und daß

, …,

wird.

Was endlich die Zerlegung der Zahl betrifft, so untersuchen wir zunächst den Fall nach und finden, daß unzerlegbar ist, falls nach ausfällt. Ist dagegen nach ‚ so wird

,

wo die beiden Klammern rechter Hand Primideale des Körpers darstellen, welche wegen notwendig voneinander verschieden sind. In allen anderen Fällen ist das Quadrat des Ideals , wie eine leichte Rechnung zeigt. Wir erkennen somit, daß dann und nur dann das Quadrat eines Primideals wird, wenn in der Partialdiskriminante des Körpers aufgeht. Die Zerlegung der Zahl ist in folgender Tabelle dargestellt:

Die gewonnenen Resultate der Zerlegung der Zahlen in lassen sich übersichtlich zusammenfassen, wenn wir uns eines auch von Dirichlet benutzten Symbols bedienen. Ist nämlich eine beliebige Zahl und eine Primzahl in , so verstehen wir unter die Werte , oder , je nachdem im Zahlengebiete des Körpers quadratischer Rest oder quadratischer Nichtrest von oder durch teilbar ist; doch bedeute insbesondere die Werte , , je nachdem quadratischer Rest oder Nichtrest von oder durch teilbar ist. Es gilt dann der Satz:

Die Primzahl des Körpers ist im Körper in zwei verschiedene Primideale zerlegbar oder unzerlegbar oder gleich dem Quadrat eines Primideale, je nachdem oder ist.

§ 3. Die Einteilung der Idealklassen in Geschlechter.

Wenn eine beliebige ganze oder gebrochene Zahl des Körpers ist, so wird die Partialnorm von genannt. Diese Partialnorm ist offenbar eine Zahl im Körper . Bedeutet nun eine von verschiedene in aufgehende Primzahl des Körpers und ist die Partialnorm eine durch nicht teilbare ganze Zahl oder eine gebrochene Zahl, deren Zähler und Nenner durch nicht teilbar sind, so wird im Gebiet der ganzen imaginären Zahlen ein quadratischer Rest in bezug auf .

Um dies zu erkennen, setzen wir ‚ wo ganze imaginäre Zahlen sind. Dann ist . Enthielte nun den Primfaktor , so müßte wegen der über gemachten Voraussetzung auch durch teilbar sein und folglich enthielten sowohl wie den Faktor ; derselbe ist mithin in Zähler und Nenner des Bruches hebbar. Hätte andererseits den Faktor , so müssen wegen der über gemachten Voraussetzung notwendig auch und durch teilbar sein, und dann ist wiederum der Faktor in Zähler und Nenner des Bruches hebbar. Wir können daher annehmen, daß keine der beiden Zahlen und den Faktor enthält. Dann aber folgt nach , womit die Behauptung bewiesen worden ist.

Wir führen jetzt das neue Symbol ein, wo eine beliebige Zahl in und zunächst eine von verschiedene in aufgehende Primzahl bedeutet. Für den Fall, daß eine durch nicht teilbare ganze Zahl oder ein Bruch ist, dessen Zähler und Nenner durch nicht teilbar sind, wird das Symbol durch die Gleichung

definiert. Ist ferner die Partialnorm einer beliebigen Zahl in , so möge

sein. Der zu Anfang dieses Paragraphen bewiesene Satz zeigt, daß diese letztere Festsetzung mit der erst getroffenen Definition vereinbar ist.

Ferner benutzen wir die Tatsache, daß eine jede Zahl in gleich dem Produkt zweier Zahlen und gesetzt werden kann, wo eine ganze nicht durch teilbare Zahl in oder ein Bruch ist, dessen Zähler und Nenner nicht durch teilbar sind, und wo die Partialnorm einer Zahl in ist. Um diese Tatsache zu beweisen, ist es offenbar nur nötig, jene Zerlegung für die Primzahl auszuführen. Zu dem Zweck wählen wir in eine durch , aber nicht durch teilbare Zahl , setzen und berücksichtigen dann, daß in die Gestalt eines Bruches gebracht werden kann, dessen Zähler gleich ist und dessen Nenner eine nicht durch teilbare Zahl ist. Es folgt somit die gewünschte Zerlegung .

Ist die beliebige Zahl auf die beschriebene Weise zerlegt, so definieren wir das allgemeine Symbol durch die Gleichung

und erkennen ohne Schwierigkeit, daß dieses Symbol dadurch eindeutig bestimmt ist und die Eigenschaft

besitzt, wo , beliebige Zahlen des Körpers sind.

In den Fällen, in welchen in aufgeht, bedarf es einer genaueren Untersuchung über das Verhalten der Partialnormen und ihrer Reste nach den Potenzen von . Um eine übersichtliche Darstellung der in Betracht kommenden Restsysteme zu erhalten, setzen wir

,

und zeigen dann durch eine leichte Rechnung, daß, wenn , , die Werte oder annehmen, in der Form sämtliche 8 zu primen Reste nach und in der Form sämtliche 16 zu primen Reste nach enthalten sind. Wir bezeichnen der Kürze halber die beiden genannten Ausdrücke mit () bezüglich ().

Da im Falle nach die Partialdiskriminante nicht durch teilbar ist, so untersuchen wir lediglich die 7 Fälle , , nach und , , , nach . Die Rechnung zeigt, daß nur diejenigen zu primen Reste von unter den Partialnormen der Zahlen des Körpers vertreten sind, welche in der folgenden Tabelle unter der Rubrik verzeichnet stehen und deren Exponenten , , den in der letzten Rubrik angegebenen Bedingungen genügen:

Um die Angaben dieser Tabelle übersichtlich zusammenzufassen, setzen wir bezüglich und ; es bestätigt sich dann leicht, daß die Zahl dann und nur dann nach einer Partialnorm kongruent ist, sobald die Zahl bezüglich gerade ist. Bemerkt sei noch, daß die Zahl , wenn sie dieser Bedingung genügt, zugleich auch nach jeder höheren Potenz von der Partialnorm einer Zahl in kongruent sein muß.

Wir definieren nun das Symbol zunächst für den Fall, daß eine durch nicht teilbare Zahl oder ein Bruch ist, dessen Zähler und Nenner durch nicht teilbar sind. In diesem Falle nehmen wir an und setzen

bezüglich ,

je nachdem nach oder nach wird. Ist ferner die Partialnorm einer beliebigen Zahl des Körpers , so setzen wir

.

Um endlich für ein beliebiges das Symbol zu definieren, benutzen wir die Zerlegung , wo eine nicht durch teilbare Zahl oder ein Bruch ist, dessen Zähler und Nenner durch nicht teilbar sind, und wo eine Partialnorm ist und setzen

.
Wir erkennen wiederum leicht, daß dem soeben definierten Symbol die Eigenschaft

zukommt, wo , beliebige Zahlen des Körpers sind.

Im folgenden werden die sämtlichen in der Partialdiskriminante aufgehenden Primzahlen mit , …, bezeichnet. Unser Symbol ordnet dann einer jeden beliebigen Zahl des Körpers die Vorzeichen

, …,

zu, welche das Charakterensystem der Zahl im Dirichletschen Körper heißen mögen. Um ferner vermittels unseres Symbols einem jeden Ideal in ein bestimmtes Vorzeichensystem zuzuordnen, bilden wir . Dieses Produkt ist gleich einer Zahl in ; dieselbe werde die Partialnorm des Ideals genannt. Da diese Partialnorm nur bis auf hinzutretende Einheitsfaktoren bestimmt ist, so bedarf es für unseren Zweck der Unterscheidung zweier Fälle, je nachdem das Charakterensystem des Einheitsfaktors

, …,

aus lauter positiven Vorzeichen besteht oder ein negatives Vorzeichen enthält. Im ersteren Falle sind offenbar die Vorzeichen

, …,

für das Ideal sämtlich eindeutig bestimmt. Das System dieser Vorzeichen werde das Charakterensystem des Ideals genannt. Im zweiten Falle nehmen wir an, es sei etwa ; wählen wir dann den Wert der Partialnorm derart, daß wird, so sind die Vorzeichen

, …,

sämtlich durch eindeutig bestimmt und heißen das Charakterensystem des Ideals .

Die Ideale derselben Klasse besitzen notwendig das gleiche Charakterensystem.

Ist nämlich mit äquivalent, so gibt es in eine ganze oder gebrochene Zahl derart, daß ist. Hieraus folgt und daher wird .

Auf die dargelegte Weise ist einer jeden Idealklasse ein bestimmtes Charakterensystem zugeordnet. Wir rechnen nun alle diejenigen Idealklassen, welche das gleiche Charakterensystem besitzen, in ein Geschlecht und definieren insbesondere das Hauptgeschlecht als die Gesamtheit aller derjenigen Klassen, deren Charakterensystem aus lauter positiven Vorzeichen besteht. Da das Charakterensystem der Hauptklasse offenbar von der letzteren Eigenschaft ist, so gehört die Hauptklasse stets zum Hauptgeschlecht.

§ 4. Die Erzeugung der Idealklassen des Hauptgeschlechtes.

Aus derjenigen Eigenschaft des Symbols, welche sich durch die Formel

ausdrückt, entnehmen wir leicht die Tatsache, daß das Produkt der Idealklassen zweier Geschlechter die Idealklassen eines Geschlechtes liefert, dessen Charakterensystem durch Multiplikation der entsprechenden Charaktere beider Geschlechter erhalten wird. Im besonderen folgt hieraus, daß das Charakterensystem des Quadrats der Idealklasse eines beliebigen Geschlechtes stets aus lauter positiven Einheiten besteht und mithin das Quadrat einer Idealklasse stets dem Hauptgeschlecht angehört. Es ist von Bedeutung, daß die folgende Umkehrung dieses Satzes gilt:

Eine jede Idealklasse des Hauptgeschlechtes ist gleich dem Quadrat einer Idealklasse.

Um die Richtigkeit dieses Satzes zu erkennen, beweisen wir der Reihe nach folgende Sätze.

Satz 1. Wenn in dem durch bestimmten Dirichletschen Körper die Partialnorm eines Ideals ist und das Charakterensystem von in diesem Körper aus lauter positiven Einheiten besteht, so ist auch in dem durch bestimmten Dirichletschen Körper Partialnorm eines Ideals und besitzt in ein aus lauter positiven Einheiten bestehendes Charakterensystem.

Wir dürfen offenbar annehmen, daß keine quadratischen Faktoren des Körpers enthält. Da eine Partialnorm sein soll, so muß ein jeder in der Partialdiskriminante des Körpers nicht vorkommender Primteiler der Zahl in zwei Primideale des Körpers zerfallen; es ist somit nach den Entwicklungen von § 2 notwendigerweise quadratischer Rest von , d. h. wenn von verschieden ist:

.

Wir betrachten ferner die von verschiedenen in aufgehenden Primteiler der Zahl . Es gilt im Körper die Zerlegung und zugleich ist eine durch , aber nicht durch teilbare Zahl des Körpers . Daher ist, wenn , gesetzt wird:

.
In gleicher Weise folgt
,

und da das Symbol nach Voraussetzung den Wert hat, so ist auch

.

Was endlich den Primkaktor betrifft, so unterscheiden wir bei der folgenden Untersuchung zunächst 4 Hauptfälle:

I. Weder noch sind durch teilbar.
II. ist durch teilbar, aber nicht .
III. ist nicht durch teilbar, wohl aber .
IV. Sowohl als auch sind durch teilbar.

Im Hauptfalle I setzen wir und nach und unterscheiden dann 2 Unterfälle:

1. , sind beide gerade. Unter dieser Bedingung kommt nicht in der Partialdiskriminante des Dirichletschen Körpers vor, und es gibt daher im Körper kein auf den Faktor bezügliches Symbol.

2. , sind nicht beide gleichzeitig gerade. Unter dieser Bedingung kommt in vor und es ist

.

Sind , beide gerade, so wird der Wert der rechten Seite . Sind , nicht beide zugleich gerade, so gibt es im Körper ein auf bezügliches Symbol, und zwar ist

Da dieses Symbol wegen der Voraussetzung den Wert hat, so ist auch

.

Im Hauptfalle II setzen wir und nach und unterscheiden dann folgende 2 Unterfälle.

1. , sind gerade. Unter dieser Bedingung kommt nicht in der Partialdiskriminante des Körpers vor. Da nun die Partialnorm eines Ideals in sein soll, so ist notwendigerweise in 2 Primideale des Körpers zerlegbar. Die Bedingung hierfür besteht nach § 2 darin, daß nach ist, und mithin wird

.
2. , sind nicht beide gleichzeitig gerade. Es ist dann Faktor der Partialdiskriminante . Setzen wir , so wird
;

nun ist

,

und eine leichte Rechnung zeigt, daß

wird. Mithin ergibt sich

.

Andrerseits ist aber

,

und wenn daher jenes erstere Symbol den Wert hat, so ist auch

.

Im Hauptfall III setzen wir und nach und unterscheiden dann wiederum 2 Unterfälle.

1. , sind beide gerade. Unter dieser Bedingung ist in der Partialdiskriminante des Körpers nicht enthalten. Wegen der Voraussetzung wird

.

Mithin ist gerade, d. h. nach ; hieraus folgt nach § 2, daß im Körper in zwei Primideale zerlegbar ist.

2. , sind nicht beide gleichzeitig gerade. Es ist dann als Faktor in enthalten, und es wird

.

Wie vorhin im Unterfalle 2. des Hauptfalles II erhalten wir den nämlichen Wert für das Symbol , und da das erstere den Wert hat, so ist auch

.
Im Hauptfalle IV setzen wir und nach . Es wird dann

Denselben Wert erhalten wir auch für , und da das erstere Symbol den Wert hat, so ist auch

.

Die eben vollendete Entwicklung zeigt, daß das Charakterensystem der Zahl in dem Körper aus lauter positiven Einheiten besteht.

Andrerseits ist in notwendig die Partialnorm eines Ideals; denn wenn ein von verschiedener in nicht auigehender Primfaktor von ist, so ist, da alle Charaktere von in bezug auf den Körper gleich sein sollen, notwendigerweise

,

und daher zerfällt nach § 2 in zwei Primideale des Körpers . Ist ferner in , aber nicht in der Partialdiskriminante des Körpers als Faktor enthalten, so muß nach sein, und es ist dann im Unterfalle 1 des Hauptfalles III bewiesen worden, daß im Körper zerlegbar ist. Da mithin sämtliche Primfaktoren von im Körper zerlegbar sind, so ist die Partialnorm eines Ideals in und hiermit ist der Satz 1 vollständig bewiesen.

Satz 2. Wenn die Partialnorm einer ganzen oder gebrochenen Zahl in dem durch bestimmten Dirichletschen Zahlkörper ist, so ist auch die Partialnorm einer ganzen oder gebrochenen Zahl in dem durch bestimmten Dirichletschen Zahlkörper .

Setzen wir nämlich

,

wo und Zahlen des Körpers sind, so wird

,

d. h. gleich der Partialnorm der in gelegenen Zahl .

Satz 3. Wenn Partialnorm eines Ideals in ist, und das Charakterensystem von in aus lauter positiven Einheiten besteht, so ist zugleich die Partialnorm einer gewissen ganzen oder gebrochenen Zahl des Körpers .

Wenden wir den von H. Minkowski aufgestellten Satz[3] über die Diskriminante allgemeiner Zahlkörper auf den biquadratischen Dirichletschen Körper an, so erkennen wir, daß es in jeder Idealklasse des Dirichletschen Körpers ein Ideal gibt, dessen Norm absolut genommen kleiner als ausfällt, wo die Diskriminante des Körpers bedeutet. Da aber und ist und da ferner die Norm absolut genommen gleich dem Quadrat des absoluten Betrages der Partialnorm wird, so ergibt sich der Satz, daß in jeder Idealklasse des Körpers ein Ideal gefunden werden kann, für welches ausfällt.

Wir beweisen nun zunächst durch Rechnung, daß der Satz 3 in allen Dirichletschen Körpern gilt, für welche ist. Benutzen wir die soeben aus dem Minkowskischen Satz abgeleitete Ungleichung, so wird dieser Nachweis durch folgende Tabelle geführt, in welcher unter der Rubrik die sämtlichen absolut genommen unter liegenden Werte von und unter der Rubrik die den Bedingungen des Satzes 3 und der Ungleichung genügenden sich angegeben finden, während daneben in der letzten Rubrik die Zahl des Körpers hinzugefügt ist, deren Partialnorm gleich wird.

Es sei jetzt eine ganze imaginäre Zahl, deren absoluter Betrag ausfällt, und wir nehmen an, der Satz 3 sei bereits bewiesen für alle diejenigen Körper , für welche wird. Ist dann die Partialnorm eines Ideals , deren Charakterensystem in aus lauter positiven Einheiten besteht, so bestimme man in ein zu äquivalentes Ideal , dessen Partialnorm absolut genommen und ins Quadrat erhoben ausfällt. Da ist, so wird . Da andrerseits die Partialnorm eines Ideals in ist, deren Charakterensystem aus lauter positiven Einbeiten besteht, so ist nach Satz 1 die ganze imaginäre Zahl in dem durch bestimmten Körper die Partialnorm eines Ideals, deren Charakterensystem aus lauter positiven Einheiten besteht. Nun gilt wegen Satz 3 im Körper , und es ist daher die Partialnorm einer gewissen ganzen oder gebrochenen Zahl des Körpers , und hieraus ergibt sich nach Satz 2, daß auch die Partialnorm einer gewissen Zahl in ist. Da das Ideal äquivalent ist, so ist der Quotient beider Ideale eine Zahl des Körpers , mithin ist der Quotient der Zahlen und und folglich auch selbst gleich der Partialnorm einer gewissen Zahl des Körpers . Der Satz 3 gilt folglich für den Körper , und wir erkennen daraus seine allgemeine Gültigkeit[4].

Aus Satz 3 folgt endlich in sehr einfacher Weise der zu Anfang dieses Paragraphen ausgesprochene Satz über die Idealklassen des Hauptgeschlechts. Wenn nämlich ein Ideal des Hauptgeschlechts ist, so erfüllt seine Partialnorm – bezüglichenfalls, wenn sie nach der auf S. 31 angegebenen Vorschrift mit dem Einheitsfaktor versehen ist – alle Bedingungen des Satzes 3. Es gibt daher auf Grund desselben im Körper eine Zahl derart, daß wird. Setzen wir , wo und zueinander prime Ideale sind, so ist notwendigerweise und mithin . Da gleich einer Zahl des Körpers gesetzt werden kann, so ergibt sich , d. h. ist notwendigerweise dem Quadrat des Ideals äquivalent.

§ 5. Die ambigen Ideale.

Ein Ideal des Dirichletschen Körpers , welches nach Anwendung der Operation ungeändert bleibt und keine Zahl des Körpers als Faktor enthält, werde ein ambiges Ideal genannt. Um alle ambigen Ideale aufzustellen, bezeichnen wir, wie in § 3, die sämtlichen in der Partialdiskriminante des Körpers aufgehenden Primzahlen mit , …, und setzen , …, ; es sind dann wegen die Ideale , …, ambige Ideale und desgleichen sind die sämtlichen Produkte ambig, welche aus diesen Idealen , …, gebildet werden können. Wir beweisen leicht den Satz, daß es im Körper keine weiteren ambigen Ideale gibt. Ware nämlich , wo , , …, Primideale sind, ein ambiges Ideal, so müßten wegen die Primideale , , …, in einer gewissen Reihenfolge genommen, mit , , …, übereinstimmen. Wenn etwa sich ergeben würde, so enthielte den Faktor , welcher gleich einer ganzen imaginären Zahl ist, und da dieser Umstand der Voraussetzung widerspricht, so folgt und ebenso , …, , d. h. die Ideale , , …, sind sämtlich ambige Primideale, und da das Quadrat eines solchen Ideals einer ganzen imaginären Zahl gleich wird, so schließen wir zugleich, daß die Ideale , , …, notwendig untereinander verschieden sind. Wir sprechen das gewonnene Resultat in folgendem Satze aus:

Satz 1. Die in der Partialdiskriminante aufgehenden Primideale , …, und nur diese sind ambige Primideale. Die aus diesen zu bildenden Produkte machen die Gesamtheit aller ambigen Ideale des Körpers aus.

§ 6. Die ambigen Klassen.

Wenn ein Ideal der Klasse ist, so werde diejenige Idealklasse, welcher das Ideal angehört, mit bezeichnet. Ist insbesondere , so heißt die Idealklasse ambig. Da das Produkt äquivalent ist, so wird und folglich ist das Quadrat einer jeden ambigen Klasse gleich der Hauptklasse 1. Umgekehrt, wenn das Quadrat einer Klasse gleich ist, so wird und folglich ist eine ambige Klasse.

Es entsteht nun die Aufgabe, alle ambigen Klassen aufzustellen. Da offenbar ein jedes ambige Ideal vermöge seiner Eigenschaft einer ambigen Klasse angehört, so haben wir vor allem zu untersuchen, wie viele voneinander verschiedene ambige Klassen aus den ambigen Idealen entspringen.

Das Produkt aller in aufgehenden Ideale ist gleich und mithin ein Hauptideal. Wir bestimmen nun im Körper eine Grundeinheit , d. h. eine Einheit von der Beschaffenheit, daß jede andere Einheit des Körpers gleich wird, wo eine Einheitswurzel und eine positive oder negative ganze Zahl bedeutet. Da die irreduzible Gleichung, welcher genügt, notwendig vom 2-ten oder 4-ten Grade sein muß, so kann nur eine 2-te, 3-te, 4-te, 5-te oder 8-te Einheitswurzel oder eine aus diesen zusammengesetzte Einheitswurzel sein. Die 3-te Einheitswurzel kommt im Körper nur vor, wenn ist. Es kann ferner leicht gezeigt werden, daß die 5-te Einheitswurzel im Körper niemals vorkommt. Die 8-te Einheitswurzel endlich kommt im Körper vor, falls ist. Die beiden Fälle und werden unten für sich besonders erledigt und bei der nachfolgenden allgemeinen Untersuchung ausgeschlossen, so daß nunmehr lediglich oder sein kann.

Die Grundeinheit ist bis auf einen Faktor völlig bestimmt. Die Entscheidung darüber, ob im Körper außer und noch ein anderes ambiges Hauptideal vorhanden ist, hängt lediglich davon ab, ob oder ausfällt.

Um dies zu erkennen, nehmen wir zunächst an. Da es freisteht, an Stelle von als Grundeinheit zu wählen, so können wir annehmen, daß wird. Wir setzen[5] , wo eine ganze imaginäre Zahl und eine ganze Zahl des Körpers bedeutet, welche durch keine ganze imaginäre Zahl teilbar ist. Aus der Gleichung ergibt sich, daß ein ambiges Hauptideal ist. Dieses Hauptideal ist ferner verschieden von und von . Wäre nämlich oder , so wäre

und diese Einheit kann nicht gleich sein, da eine ganze Zahl bedeutet und keine Einheitswurzel ist. Ferner ist ersichtlich, daß ein jedes andere ambige Hauptideal des Körpers aus und zusammengesetzt werden kann. Ist nämlich ein beliebiges ambiges Hauptideal, so ist notwendig . Aus der Gleichung folgt ; wir setzen , wo den Wert oder hat; dann genügt die Zahl der Gleichung und ist folglich eine Zahl des Körpers , woraus die Behauptung ersichtlich wird.

Ist andrerseits die Partialnorm , so kann es kein von und verschiedenes ambiges Hauptideal geben. Denn wäre ein solches, so ist notwendigerweise . Da aber ist, so folgt notwendigerweise und daher muß eine gerade Zahl sein. Wegen würde dann die Zahl der Gleichung genügen und da ist, so folgt . Berücksichtigen wir, daß durch keine ganze imaginäre Zahl teilbar sein darf, so hat die Annahme notwendig und die Annahme notwendig zur Folge, womit die Behauptung bewiesen ist.

Wir drücken nun eines der ambigen Primideale durch die übrigen ambigen Primideale und durch und ferner, wenn die Partialnorm der Grundeinheit ausfällt, noch eines dieser ambigen Ideale durch die übrigen und durch aus. Bezeichnen wir dann allgemein eine Anzahl von Idealklassen als untereinander unabhängig, wenn keine derselben gleich oder gleich einem Produkt der übrigen ist, so gilt offenbar der Satz:

Satz 2. Die ambigen Primideale bestimmen oder voneinander unabhängige ambige Klassen, je nachdem die Partialnorm der Grundeinheit oder ist. Die sämtlichen ambigen Ideale bestimmen im ersteren Falle , im letzteren voneinander verschiedene ambige Idealklassen.

Was die beiden oben ausgeschlossenen Fälle und betrifft, so gilt im ersteren Falle ebenfalls der eben ausgesprochene allgemeine Satz, da das einzige ambige Ideal ein Hauptideal ist und die Partialnorm der Grundeinheit gleich ausfällt. Im zweiten Falle dagegen verliert das im Satze angegebene Kriterium seine Anwendbarkeit, da die Partialnorm der Einheitswurzel gleich wird. Man erkennt, daß auch im Falle das einzige vorhandene aus der Zerlegung von entspringende ambige Ideal ein Hauptideal ist.

Es werde hier noch der allgemeinere Fall hervorgehoben, in welchem gleich einer Primzahl und überdies nach ist. In diesem Falle wird ebenfalls und die obige Entwicklung zeigt, daß notwendigerweise die Partialnorm der Grundeinheit sein muß.

Es bleibt noch übrig, die Frage zu beantworten, ob im Körper ambige Klassen vorhanden sind, welche kein ambiges Ideal enthalten. Zu dem Zwecke wählen wir in der ambigen Klasse ein beliebiges Ideal aus; es ist dann gleich einer Zahl des Körpers . Da es freisteht an Stelle von zu wählen, so können wir die Annahmen oder zugrunde legen.

Im ersteren Falle betrachten wir die Zahl . Wegen wird d. h. . Setzen wir daher , wo und ganze imaginäre Zahlen sind und das Ideal durch keine ganze imaginäre Zahl teilbar ist, so folgt, daß ein ambiges Ideal ist: die Klasse enthält mithin ein ambiges Ideal.

Ziehen wir zweitens die Annahme in Betracht, so erkennen wir zunächst, daß in diesem Falle das Charakterensystem von aus lauter positiven Einheiten bestehen muß. Für die vorliegende Frage kommt es nun darauf an, ob die Partialnorm der Grundeinheit oder ausfällt. Ist letzteres der Fall, so setzen wir einfach an Stelle von und zeigen dann durch die eben angewandte Schlußweise, daß in der Idealklasse ein ambiges Ideal vorkommt. Ist dagegen , so enthält die Klasse kein ambiges Ideal. Wäre nämlich ein solches, wo eine Zahl in bedeutet, so würde folgen. Andrerseits müßte aber gleich einer Einheit, etwa gleich sein und da ist, so würde hieraus folgen, was der Annahme widerspricht.

Wir treffen nun die Voraussetzung, daß im Körper das Charakterensystem von aus lauter positiven Einheiten besteht; nach Satz 3 in § 4 gibt es dann eine Zahl , deren Partialnorm gleich ist, und wenn wir noch annehmen, so muß die Zahl notwendig gebrochen sein. Setzen wir , wo und zueinander prime Ideale sind, so wird und hieraus folgt d. h. ist äquivalent mit und bestimmt folglich eine ambige Klasse ; diese Klasse enthält nach dem vorhin Bewiesenen kein ambiges Ideal. Wir fassen die gewonnenen Resultate in folgendem Satze zusammen.

Satz 3. Es gibt im Körper dann und nur dann eine ambige Klasse, welche kein ambiges Ideal enthält, wenn das Charakterensystem von aus lauter positiven Einheiten besteht und wenn zugleich die Partialnorm der Grundeinheit gleich ist.

Die nämlichen Hilfsmittel führen zugleich zur Darstellung sämtlicher ambigen Klassen der genannten Eigenschaft. Nehmen wir nämlich an es gäbe 2 ambige Idealklassen, die kein ambiges Ideal enthalten und wählen aus diesen je ein Ideal und aus, so zeigt die obige Entwicklung, daß die Partialnormen der beiden Zahlen und gleich sein müssen und es wird folglich . Nehmen wir, was frei steht, in dieser Gleichung das obere Vorzeichen an, so folgt, daß der Gleichung genügt. Dieselbe ergibt ; setzen wir daher