Der Detektiv der Zukunft
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Einführung | 5 |
Die wissenschaftliche Tatsache des Hellsehens | 9 |
Der allgemeine Wert des Hellsehens | 19 |
Die Harmonie in der Ehe | 21 |
Hellsehen im Geschäftsleben | 22 |
Beweise aus meinem Leben | 25 |
Polizei und Gericht auf okkulter Grundlage | 30 |
Ein Beispiel aus meinem Leben | 33 |
Wie gelangen wir zu einem besseren Polizei- und Gerichtswesen? | 38 |
Hellsehen als Grundlage | 39 |
Die Aussichten und Arbeitsweisen für Detektive und Kriminalbeamte | 40 |
Die Aussichten und Arbeitsweisen für die Rechtsanwälte | 41 |
Die Tätigkeit des Gerichtes | 42 |
Kein Meineid mehr! | 43 |
Kann die Zahl der Vergehen und Verbrechen eingeschränkt werden? | 43 |
Anleitungen für Ausbildung und Anwendung | 45 |
Verschiedene Übungen zur Entwicklung der Hellseherkraft | 46 |
Ausbildung durch Hypnose | 57 |
„Der Detektiv der Zukunft“ – „Geeignet, Verbrechen und Vergehen einzuschränken“ – „Besseres Polizei- und Gerichtswesen“ usw., das sind Forderungen und Versprechungen, die zu halten nach den Anschauungen mancher Laien kaum möglich sein dürften, während mancher Okkultist sagen wird: „Das sind ja alte Selbstverständlichkeiten.“
Dieser Unterschied in der Auffassung beweist, welcher Unterschied zwischen einem Okkultisten – einem Menschen, der hineinzublicken vermochte in die Welt des Geistes, die wirkliche Welt des Seins – und jenem anderen in der Welt des Scheins, die er aber für die Welt des Seins hält (ich will ihn als Laien bezeichnen) besteht. Wie ein armer Blinder ist letzterer anzusehen, mehr zu bemitleiden, als seiner Unwissenheit wegen gescholten und verdammt zu werden.
Heute dienen die okkulten Wissenschaften noch oft den wenigen Eingeweihten dazu, ihnen zu Erfolgen zu verhelfen, die anderen nicht beschieden sind, sie emporzuheben über die Allgemeinheit, sei es geistig oder wirtschaftlich, oder beides zugleich. Aber diese Meister des Erfolges hüten ihr Wissen nicht als Geheimnis – vorausgesetzt, daß sie wahre Okkultisten sind –, sondern geben sie ihren Mitmenschen preis in der Erkenntnis, [6] daß es ein großer Segen für die gesamte Menschheit sei, wenn sich weitere Kreise dem Okkulten zuwenden würden.
Könnte man es doch dem Unwissenden fühlbar machen, was er an wahrem Glücke gewinnen kann, wenn er sich zur Entsagung einiger weltlichen Freuden – Scheinfreuden von kurzer Dauer, mit dauernder Reaktion – entschlossen dem Leben im Reich des Geistes zuwendet.
Ich werde in vorliegender Schrift gezwungen sein, Erklärungen zu geben und Beispiele zu bringen, die dem Eingeweihten vielleicht überflüssig erscheinen, aber für die Einführung eines noch gänzlich Unwissenden oder Uneingeweihten, einem, der bei dem Hören der Worte „Okkultismus, Hypnotismus, Medium, Spiritismus und anderen Fachausdrücken als Abwehr gegen eine etwa mögliche Aufklärung“ sofort den Gedanken „Schwindel, Humbug, Aberglauben, Ausbeutung Unwissender usw.“ aufgreift, erforderlich sind.
Vor allen Dingen hörte ich vielfach die Frage von Unwissenden und Zweiflern: „Warum wendet man diese Wissenschaften nicht schon längst bei den Behörden, insbesondere Polizei und Gericht, an?“ Und als Beweis dagegen behauptet man: „Wären diese sogenannten Wissenschaften wirklich so wertvoll und wahr, dann wären sie schon längst bei den genannten Behörden im Gebrauch.“
Es ist schwer, einen derart Unwissenden aufzuklären; man muß dazu immer sehr weit ausholen, und nur Schritt für Schritt kann die Überzeugung vor sich gehen.
Hier kann es sich jeder Zweifler gesagt sein lassen: „Die Behörden sind und waren stets die Vertreter des Rückstandes!“ Und Hand in Hand mit diesen arbeiten die Spitzen verschiedener Institutionen, vor allem die Kirche und die sogenannten exakten Wissenschaften. Man braucht [7] nur die Leidensgeschichten der meisten großen Forscher, Entdecker und Erfinder zu verfolgen, um Beispiele zu haben für die unglaublichen Verfolgungen und Verdächtigungen, die diesen als Lohn für ihre Dienste zum Segen der Menschheit zuteil wurden. Man denke nur einmal daran, daß der Erfinder der Lokomotive von Vertretern der Wissenschaft und Geistlichkeit bei der Entwicklung seines Planes einfach für verrückt erklärt wurde. Die meisten der Forscher auf okkultem Gebiete mußten sich die Verdächtigung als Schwindler gefallen lassen, so vor allem die ersten öffentlichen Verfechter des Hypnotismus und Magnetismus. Über den Spiritismus findet man heute noch unter den sogenannten Gelehrten und Pressevertretern bodenlose Dummheit, verbunden mit dem dreistesten Auftreten. Diese aber haben dafür den Vorzug, daß sie meist die Unterstützung von Gesetz und Behörden hinter sich haben. Es bleibt zu wünschen, daß unter den neuen Regierungsformen sich dies etwas bessern möchte.
Als ein Beispiel besonders überzeugender Art möchte ich noch anführen, daß nach der Entdeckung des Hypnotismus die Ärzte es waren, die die Sache in jeder Weise bekämpften und als Schwindel brandmarkten. Heute verwenden viele Ärzte die Hypnose (soweit sie dazu überhaupt befähigt sind) selbst mit besten Erfolgen zu Heilzwecken. Daß es natürlich sogenannte Laien gibt – nicht medizinisch geschulte Leute –, die auf dem besonderen Gebiete besser befähigt sind und dementsprechend über bessere Erfahrungen verfügen, mag manchem Mediziner nicht angenehm sein.
Die Frage, warum man bei Polizei und Gericht noch nicht mit okkulten Wissenschaften arbeite, beantwortet sich aus vorstehendem von selbst. Ich will es aber noch verständlicher machen, indem ich darauf hinweise, daß die Spitzen dieser Behörden schon deswegen gegen die von mir vertretene Arbeitsweise gekämpft haben würden, weil man dann die ersten Stellungen [8] den Tüchtigsten einräumen müßte – bezw. den auf okkultem Gebiete Leistungsfähigsten.
Weil dadurch wohl sehr viele die Spitzen zierende Persönlichkeiten schlecht wegkommen und ihre Stellungen einbüßen müßten, ist es selbstverständlich, daß man einen solchen Fortschritt, und sei er auch noch so kulturwichtig, mit allen Mitteln bekämpft!!!
Es ist immer peinlich, gleichviel auf welchem Gebiete, einen sogenannten „Laien“ tüchtiger sehen zu müssen, als den Akademiker.
Die Herausgabe vorliegender Broschüre, die mir ein wahres Herzensbedürfnis ist, wird mit sehr verschiedenen Gefühlen aufgenommen werden. Die Angehörigen verschiedener interessierter Kreise werden wohl zum Teil, in Unwissenheit und Böswilligkeit wetteifernd, mich und meine Ausführungen in den Schmutz zu ziehen versuchen –, aber jene werden sicher durch ihre eigenen Standeskollegen, die den Wert meiner Fingerzeige richtig erfassen und darauf weiter bauen, diese überflügelnd, eines besseren belehrt werden.
Man wird nun begreifen, warum ich mein Vorwort als Einführung bringe. Ein Vorwort wird meist nicht gelesen, und dies um so weniger, desto länger es ist. Hier aber liegt es im Interesse des Lesers, wenn vorstehende Ausführungen nicht ungelesen bleiben.
Dresden, im April 1919.
Da das Hellsehen die eigentliche Grundlage für das System, das ich in diesem Buche entwickle, bildet, ist es nötig, dieses erst einmal etwas näher zu erklären.
Im allgemeinen ist die Auffassung über das Hellsehen noch recht unklar. In den meisten größeren Städten existieren Hellseher, die das Hellsehen als Gewerbe ausüben. (Bis jetzt allerdings heimlich; unter der neuen Regierung wird die gewerbsmäßige Tätigkeit wohl frei sein. Genau vermag ich dies nicht zu sagen, denn es gibt zurzeit eine Anzahl Gesetze, die nach der Willkür der unteren Behörden angewandt werden.)
Zu diesen Hellsehern begaben sich viele Leute, die meisten aus Neugier, andere durch Gemütsbewegungen und Sorgen veranlaßt, manche wohl auch aus wissenschaftlichem Interesse. Doch dies sind die wenigsten, weil jene Leute, welche glauben gebildet und aufgeklärt zu sein, von vornherein das Hellsehen als Schwindel oder Humbug und die Besucher der Hellseher als abergläubisch erklären.
Wer nun aber zweifelnd und mißtrauisch einen solchen Hellseher aufsuchte (ich setze voraus, daß es ein wirklicher Hellseher ist und kein Schwindler, denn solche finden sich auch unter der [10] Bezeichnung. Die Entlarvung ist jedoch so leicht, wie es sich auch aus dem Folgenden ergibt, daß nur wirklich abergläubische Leute ohne Bildung und wissenschaftliche Kenntnisse auf deren Machenschaften hereinfallen können), wird in den meisten Fällen überrascht und kopfschüttelnd dessen Haus verlassen und von der Tatsache des wunderbaren Hellsehens überzeugt sein, ohne indessen auch nur die geringste Erklärung dafür zu finden.
Daß der Hellseher jenen Leuten die Zukunft sagte, erfreut diese zwar am meisten, doch könnten sie nicht daran glauben, wenn der Hellseher ihnen nicht Vergangenheit und Gegenwart, häusliche und intime Verhältnisse und das Ergehen weit entfernter Angehöriger ganz wahrheitsgemäß gesagt haben würde.
„Es muß doch etwas Wahres daran sein“, hört man sagen, und dem denkenden, gebildeten Menschen leuchtet das auch ohne weiteres ein.
Doch jetzt kommt ein wunder Punkt: Von dem für die Zukunft Vorausgesagten trifft Einiges nicht ein! – Sofort ist man wieder bereit, die ganze Sache als Schwindel anzusehen, und wer kann, stimmt mit ein in die Brandmarkung dieses Schwindels. – Die vollkommen zutreffende Ansage der Gegenwart und Vergangenheit hat man inzwischen wieder vergessen!
Es ist schwer, dem gänzlich Unvorbereiteten die Sache begreiflich zu machen. An dieser Stelle will ich nun betonen, daß die Zukunft zwar in großen Zügen vorauszusehen ist, jedoch Ereignisse von geringerer Bedeutung nicht immer der Vorhersage entsprechend eintreffen, weil die Voraussetzungen für das zu Geschehende sich ändern können. Wie wir später noch eingehender sehen werden, ist jedes zukünftige Ereignis die Folge von längst vorhandenen Ursachen. Da nun aber das menschliche Schicksal bis zu einem gewissen Grade in den Händen des Menschen liegt, ändern sich oftmals die Ursachen für die kommenden Ereignisse und somit auch das Geschehene.
[11] Wem der Vorgang des Hellsehens, der später noch beschrieben wird, noch unfaßbar erscheint, der sei darauf verwiesen, daß es Vorgänge bei der Funktion der menschlichen Sinneswerkzeuge gibt, deren Entstehen und Verlauf man als ganz selbstverständlich hinnimmt, ohne sich oft bewußt zu werden, daß auch diese Vorgänge ans Wunderbare grenzen.
Man denke einmal an die Fähigkeit des menschlichen Auges. Ferner an den Vorgang des Hörens. Hierbei erfahren wir, daß das ganze so wunderbar reichhaltige Reich der Töne nur in der Verschiedenartigkeit der Schallwellen-Luftschwingungen besteht.
Jetzt empfehle ich jedem, der tiefer in das Reich der Wissenschaft eindringen will, den Gedankengang von den Luftschwingungen bezw. Schallwellen festzuhalten. Dieses Beispiel wird sein Verständnis für viele okkulte Erscheinungen und Tatsachen vorzubereiten geeignet sein.
Nachstehend bringe ich einige Auszüge aus dem Buche „Wie werde ich hellsehend?“ von einem bekannten okkultistischen Autor, Baptist Wiedenmann, dessen Schriften ich jedem zu lesen empfehle, der tieferes Interesse am Okkultismus gewonnen hat.
Wiedenmann schreibt unter dem Titel: „Akasa, das große lebendige Gedächtnis, die Aufzeichnung alles Geschehens im Mikrokosmus und Makrokosmus“: Eine der wichtigsten Funktionen der Kraft des Makrokosmos ist die Fähigkeit, alles was geschieht, für immer aufzuzeichnen. Diese Aufzeichnungen beweisen, daß die kleinste unserer Handlungen und jeder Gedanke, so unbedeutend dieselben auch sein mögen, einen dauernden Eindruck hinterlassen, und die Wirkung eines Vorgegangenen, wie auch die Ursache eines Zukünftigen sind.
Auf diese Tatsache bezieht sich offenbar ein Vers in der Offenb. St. Johannes 9, 20, welcher lautet:
„Schreibe, was du gesehen hast, und was da ist und was geschehen soll danach“ usw.
[12] Es gibt Wesenheiten im Kosmos, Lipikas genannt, welche als die Aufzeichner und Vollzieher alles Geschehens betrachtet werden und die man deshalb als Boten des göttlichen Gesetzes darstellt.
Wenn wir festhalten, daß die ganze Vergangenheit in dem uns umgebenden Raum festgehalten ist und erkennen, daß alles, was geschieht, die Wirkung von Ursachen ist, die in der Vergangenheit gelegt worden sind – daß also auch alles, was in Zukunft vor sich gehen wird, das Resultat von jetzt wirkenden Ursachen ist –, dann werden wir auch einsehen, daß es möglich ist, sowohl die Ereignisse der Vergangenheit zu schauen, wie auch die Zukunft zu lesen.
In dem Akasa (Sanskritwort) sind alle Geschehnisse aufgezeichnet. Der Akasa liegt der spirituellen Sphäre des Kosmos zugrunde und stellt den höchsten Aggregatzustand des Weltstoffes dar. Man bezeichnet ihn auch als das Gedächtnis des Logos. In diesem Weltgedächtnis liest der Adept die Geschehnisse der Welt. Wenn wir bedenken, daß ein Adept eine seltene Blüte der gegenwärtigen Menschheit ist, werden wir uns nicht wundern, daß es so wenige vollkommene Seher gibt.
Nur ein Bewußtsein, welches sich über die Einflüsse der Zeit emporgeschwungen hat, kann sich für die bildnerischen Kräfte des Kosmos empfänglich machen, die Vergangenheit und die Zukunft erkennen. Nun kann es uns wohl klar sein, worauf die Seherschaft beruht.
Demnach ist es keine Fabel, wenn behauptet wird, ein geschulter Yogi könne durch einen einfachen Willensakt irgendeinen Teil der Welt – der vergangenen sowohl, wie der gegenwärtigen – vor sein geistiges Auge bringen.
Er kann aber die Dinge nicht nur sehen, sondern auch hören, der Akasa bewahrt auch alle Töne auf, die jemals gesprochen und gehört worden sind und gehört werden. Mit den Eindrücken, [13] welche durch die anderen Sinne wahrgenommen werden können, verhält es sich ebenso.
Zu diesem Schauen ist eine entsprechende Gemütsverfassung notwendig.
Die Phänomene des Heilsehens, des Hellhörens, der Telepathie, der Psychometrie usw. wären nicht möglich ohne Akasa. Durch dessen Vorhandensein ist es dem Seher möglich, Ereignisse und Dinge zu sehen, die der Vergangenheit angehören wie auch der Zukunft. Es muß beachtet werden, daß diese Aufzeichnungen weit höher als die Astralsphäre liegen und daß deshalb ein gewöhnlicher Hellseher dieselben niemals ganz vollständig und zuverlässig wahrnehmen kann. Es gehört dazu vielmehr ein bewußtes Funktionieren des höheren mentalen Bewußtseins des Menschen in den Regionen der Mentalsphäre des Kosmos.
Auf der Astralsphäre spiegelt sich das Höhere und Feine in gewissem Sinne nur ab. So verhält es sich auch mit den Aufzeichnungen, welche im Akasa existieren.
Man hat oft Wasser als ein Symbol der Astralwelt benützt, und das mit Recht. Es steht mit derselben in innigerer Beziehung als mancher ahnt.
Nehmen wir als Beispiel einen See. Solange die Oberfläche ruhig ist, können sich die umgebenden Gegenstände, z. B. Bäume, klar darin abspiegeln. Anders aber ist es, wenn die Oberfläche bewegt wird. Wir können zwar dann die Widerspiegelung der Bäume immer noch wahrnehmen, aber sie sind entstellt und verzerrt.
Die feine Materie der Astralwelt hat die Eigenschaft, sich in einer fortwährenden Bewegung zu befinden, und auch aus diesem Grunde ist eine ganz genaue Widerspiegelung dessen, was im Akasa eingeprägt ist, nicht möglich, selbst wenn der Seher so geschult ist, daß er zwischen den richtigen und falschen Eindrücken unterscheiden kann.
[14] Die Aufzeichnungen in der Mentalwelt dagegen sind genau und vollständig, denn sie entsprechen denen des Akasa. Daraus folgt aber nicht, daß ein Seher auch imstande ist, alles, was er gesehen hat, genau so wiederzugeben. Bei dem Versuche, das Geschaute in unserer Sprache auszudrücken, wird er auf Schwierigkeiten stoßen, da unser Gehirn für höhere Schwingungen im allgemeinen zu grob ist, um dieselben aufzunehmen und zu verstehen. Wenn einige Seher Beschreibungen von dem, was sie gesehen haben, geben, so werden dieselben, wenn sie unabhängig voneinander Beobachtungen anstellen, nur in seltenen Fällen gleich sein; wir dürfen nämlich nicht vergessen, daß in dieser Hinsicht die Gesetze des Physischen mit denen des Mentalen übereinstimmen. Von einigen Menschen, die hier im Physischen ein Ereignis gesehen haben und die nachher davon erzählen, wird wohl kaum eine übereinstimmende Beschreibung zu erwarten sein, jeder wird eine seiner persönlichen Auffassung entsprechende Schilderung geben.
Völlig zutreffend ist dieses Beispiel zwar nicht, weil beim Schauen auf der Mentalsphäre die erhaltenen Eindrücke nicht wesentlich verändert werden können, wenn auch die beobachtenden Seher die geschauten Dinge verschieden ausdrücken.
Zur weiteren Erläuterung will ich noch anführen, was Wiedenmann unter dem Titel: „Was ist unter ‚Hellsehen‘ zu verstehen? Warum sind verhältnismäßig wenige Menschen hellsehend?“ sagt.
Die Bezeichnung „Hellsehen“ schließt in sich einen großen Kreis von Erscheinungen, welche viel voneinander abweichen.
Das Wort „Hellsehen“ ist oft mißbraucht worden, und viele glauben, dasselbe sei gleichbedeutend mit den Gaukeleien der Zauberkünstler auf den Jahrmärkten und der Salonmagier.
Im allgemeinen kann man Hellsehen als das Schauen von dem bezeichnen, was hinter der Materie liegt, die Fähigkeit, dasjenige [15] zu sehen, was der gewöhnlichen physischen Sehkraft verborgen ist. Mit dem Hellsehen ist auch öfters Hellhören verbunden.
Es gibt ein ätherisches, astrales und mentales (geistiges) Hellsehen. Für den Menschen kommen hauptsächlich drei Welten in Betracht, in denen er sich schon in diesem Erdenleben bewegt. Der physischen Welt ist sich der Mensch bewußt, während er sich der astralen und der mentalen Welt wenig bewußt ist.
Ein Hellseher kann geschult sein oder auch ungeschult. Sein Schauen kann beabsichtigt und ordnungsgemäß, d. h. richtig sein, oder unbeabsichtigt und von bestimmten Umständen abhängen.
Der geschulte Hellseher versetzt sich durch einen Willensakt in den Zustand des Schauens, während der ungeschulte Hellseher von bestimmten magnetischen oder mesmerischen Einflüssen abhängig ist.
Der Mensch besteht aus verschiedenen Körpern oder Hüllen, die der geschulte Hellseher wahrnehmen kann. Die Fähigkeit, die ätherische und astrale Sphäre um den Menschen zu sehen, kann eher erworben worden als die, die noch höheren Prinzipien wahrzunehmen. Diese Fähigkeit ist natürlich heute sehr selten; die Besitzer dieser Fähigkeit kann man als Adepten bezeichnen. Daß diese ihre Kräfte der heutigen Menschheit nicht preisgeben, ist bei dem gegenwärtigen Standpunkt der Entwickelung und des Nichtverständnisses solchen Dingen gegenüber begreiflich. Doch gibt es heute schon eine große Anzahl von Menschen, welche für die jenseitigen Welten Interesse haben, weil sie fühlen, daß sie selbst beständig in diesen Welten leben, ohne sich jedoch der Wirklichkeit derselben völlig bewußt zu sein.
Somnambule und Medien sind bis zu einem gewissen Grade hellsehend. Der Ätherkörper wird von solchen öfters gesehen; dieser ist etwas größer als der physische Körper und sieht nach den Berichten der Hellseher bläulich-weiß aus.
[16] Es gibt keine festen Grenzen für die Fähigkeiten des Menschen, die Schwingungen des Äthers wahrzunehmen. Schon die Röntgenstrahlen geben einen Beweis von den feineren Schwingungen und welche großartigen Resultate erzielt werden können, wenn einige dieser feineren Schwingungen zum Bewußtsein des Menschen gelangen.
Eine andere Stelle des angezogenen Werkes möchte ich noch als besonders beachtenswert anführen. Sie lautet:
Es wird oft gefragt, was werden würde, wenn eine größere Anzahl von Menschen Hellsehen erlangte, wodurch denselben doch zweifellos Einblicke in die verborgensten und intimsten Angelegenheiten gewährt wäre.
Diese Besorgnis könnte man aber höchstens in bezug auf den Berufs-Hellseher hegen, der in den meisten Fällen die moralische Seite nicht oder nur wenig entwickelt hat. Ein solcher kann niemals ein umfassendes Schauen erlangen, so daß seine Hellseherkraft stets in bestimmten Grenzen bleibt. Anders verhält es sich mit denjenigen, welche die Gabe des Hellsehens durch lange Selbstschulung oder unter Anleitung eines hochstehenden Lehrers und Führers im Geistigen voll erworben haben. Diese werden niemals den Wunsch haben, sich in die Kleinlichkeiten des alltäglichen Lebens anderer zu mischen, da diese in der geistigen Entwicklung keinen Wert haben, wenn sie nicht als Mittel betrachtet werden, um Höheres zu erreichen.
Man möge auch bedenken, daß sich in einem Menschen, der höher entwickelt ist, größere Rücksichtnahme, Duldsamkeit, sowie eine größere Selbstachtung entfalten, welche ihn veranlassen, sich stets ehrenhaft zu halten.
Man muß sich ferner vor Augen halten, daß dem Seher von höherer Seite Regeln gegeben werden, die er keinesfalls unbeachtet lassen darf und die ihm einen Gebrauch seiner Fähigkeiten zu allen Dingen nicht gestatten.
[17] Was auf der physischen Sphäre unehrenhaft ist, äußert sich auf der astralen (übersinnlichen) und mentalen Welt (auf der Sphäre des Denkens) ebenso, ja noch mehr und in dem Grade, als der Mensch immer mehr Erkenntnis erlangt.
Einen weiteren Einwand machen solche, welche meinen, daß es doch nützlich wäre, wenn irgendein geschulter Seher Proben seines Könnens ablegen und Skeptiker überzeugen würde. Die Antwort hierauf ist in dem Vorhergehenden zum Teil bereits gegeben.
Es darf ferner nicht übersehen werden, daß diejenigen, welche tatsächlich höheres Schauen besitzen, auch bestimmte Gründe haben müssen, warum sie ihre Kräfte der großen Menge nicht kundgeben wollen. Sie ziehen es vielmehr vor, die Skeptiker nach und nach im Laufe der Entwicklung zur Einsicht gelangen zu lassen, anstatt durch eine plötzliche Überraschung, auf welche ihr Gehirn nicht vorbereitet wäre.
Alles in der Natur und im Leben der Menschen geht nach bestimmten harmonischen Gesetzen vor sich, und der Adept wirkt in Übereinstimmung mit diesen Gesetzen. Es gibt keine Bevorzugung eines einzelnen. Jeder ist selbst seines Glückes Schmied. Gott und die Engel, sagt man, helfen nur denen, die sich selber helfen.
Alles, was auf Erden ist, hat sein geistiges Vorbild im Überirdischen. Regt sich das Untere, so kommt ihm das Obere entgegen. Dieses Gesetz müssen wir im Auge behalten.
Es ist durchaus weise eingerichtet, daß die Menschen nicht eher in den Besitz höherer Kräfte gelangen, als bis sie einen höheren Grad von Moralität erlangt haben und weiser geworden sind. Es hat Zeiten gegeben, wo die Menschen psychische Kräfte zu bösen und sehr selbstsüchtigen Zwecken verwendeten, wie dies z. B. von Magiern des untergegangenen Atlantis berichtet wird. Solcher Mißbrauch führt zu schreckenerregenden Katastrophen. [18] Durch vermehrte Macht muß sich der Mensch auch einer größeren Verantwortlichkeit bewußt werden und dementsprechend seine Kräfte verwenden.
Wiedenmanns Ausführungen kann ich nur bestätigen. Ich habe einen Teil meiner Forschungsarbeit auch dem Erlernen und Lehren des Hellsehens gewidmet. Die Erlernung des Hellsehens ist auf zweierlei Art möglich: durch Selbstausbildung oder durch einen hypnotisierenden Lehrer. Der letztgenannte Weg ist der kürzere und leichtere. Ich habe schon manchen meiner Schüler, auch wenn dieser sich einem anderen Zweige zuwenden wollte, zum Hellsehen gebracht und dieses in einigen Fällen auch bis zur willkürlichen Anwendung. Doch weiteres darüber findet sich am Schlusse unter den Anleitungen zur Ausbildung und Anwendung. – Ich greife hier nur vor, um Obiges mit meiner Erfahrung zu bestätigen, daß auch bei dem Verfahren der Erlernung mit Hilfe der Hypnose der moralische Rückenhalt des Schülers von Einfluß auf seine Ausbildung ist. Menschen von unlauterem Charakter, die die Fähigkeit des Hellsehens erwerben wollen, um sich unrechtmäßige Vorteile zu verschaffen, werden sich vergeblich bemühen. Solche aber, welche die Fähigkeit als natürliche Gabe bereits besitzen oder durch Unterricht erreichten, werden diese bald einbüßen, wenn sie sich der Bahn des Unlauteren zuwenden. Außerdem zieht dieser Mißbrauch noch schwere Folgen nach sich.
[19]Der allgemeine Wert des Hellsehens ergibt sich aus den bisherigen Ausführungen zum größten Teile schon von selbst. Insbesondere war klar zu ersehen, daß derjenige, der sich die Fähigkeiten des Hellsehens selbst aneignen will, als Grundbedingung ein moralisch einwandfreies Leben führen muß.
Doch die Verbreitung des Hellsehens hat weitere Folgen! Unzählige Verbrechen und Vergehen blieben ungeschehen, wenn für die Ausführenden schon von vornherein die Sicherheit der Entdeckung bestehen würde.
Die Ursache für die
ergibt sich logischerweise schon daraus, daß jedes unlautere oder unmoralische Vorhaben die Gefahr der Entdeckung in sich schließt.
Der Wert der Sache zeigt sich schon bei der Kindererziehung. Wenn ein Kind nach den ersten Lügen zu wissen bekommt[WS 1], daß den Eltern keine Lüge verborgen bleibt, ist bereits die sicherste Gewähr dafür vorhanden, daß die Lügenhaftigkeit, der oft andere schwere moralische Defekte folgen – nicht zur Gewohnheit oder Leidenschaft wird. Auch in den späteren Jugendjahren würde manches heimliche Treiben, das für das spätere Leben schädigend [20] wirkt, unterbleiben, wenn nicht die Wahrscheinlichkeit bestände, daß es eben Geheimnis bliebe.
Außerdem gibt es in der Kindererziehung noch ein einfaches Mittel, um meine Grundsätze durchzuführen – die Anwendung von Hypnose und Suggestion. Ich habe auch dafür ein besonderes System ausgearbeitet, das die Anwendung ohne besonderes wissenschaftliches Studium ermöglicht und diese in meiner Monatsschrift „Okkultismus“, wie auch in einer besonderen Broschüre unter dem Titel: „Kindererziehung nach neuen Grundsätzen“ veröffentlicht. Interessenten können dieses vom Verlage dieses Werkes: Mondo-Verlag, Dresden-N., am Neust. Markt, beziehen. (Preis 1,50 Mark.)
[21]Die Harmonie der Ehe muß logischerweise gewinnen, wenn Charakter und Lebensgewohnheiten so durchschaut werden können, daß es im zweifelhaften Falle gar nicht erst zur Ehe kommen würde. Die Ehen würden also mehr als bisher auf Grund wirklicher Übereinstimmung in Charakter und Lebensanschauung geschlossen werden. Manch schwere Enttäuschung bliebe erspart. Aber auch in den bereits geschlossenen Ehen würde die Gefahr des Ehebruchs seltener, indem jeder Teil schon die Entdeckung der Absichten fürchten müßte. Die heute leider so viel vertretene Anschauung: „Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß“ (ein Ergebnis der allgemeinen Charakterlosigkeit) würde dann von selbst überflüssig und könnte wirklichem, harmonieförderndem Vertrauen Platz machen.
[22]Die Vorteile für einen Kaufmann, der sich des Hellsehens bedienen kann, sind außerordentlich zahlreich.
Zunächst schon ist bei der Anstellung des Personals eine Information möglich, die weder Zeugnisse, noch Auskünfte, noch Auskunfteien geben können. Vor allen Dingen wird der wahre Charakter eines Angestellten offenbar, seine Absichten in bezug auf Ehrlichkeit, Geschäftsinteresse usw.
Außerdem ist es dem okkult arbeitenden Geschäftsmann möglich, sein Personal in einer Art und Weise zu überwachen, die der Uneingeweihte einfach für märchenhaft zu halten geneigt ist. Ich kann auch hierfür wieder ein treffendes Beispiel aus meinem Leben geben. Ich habe meine Leute schon oftmals aus Entfernungen von über 100 km kontrolliert und die Tätigkeit der einzelnen Personen bis in kleine Einzelheiten festgestellt.
In der ersten Zeit unternahm ich dann Vergleiche, um die Richtigkeit des Geschehenen festzustellen. Diese ergab sich daraus immer einwandfrei.
Ein weiterer außerordentlicher Vorteil besteht darin, daß man sich jederzeit über die Zahlungsfähigkeit seiner Geschäftsfreunde orientieren kann. Und diese Orientierungen sind zuverlässiger als die Auskünfte aller Privatpersonen und Auskunftbureaus.
[23] Mancher Reinfall kann vermieden werden, indem der okkult arbeitende Geschäftsmann zur rechten Zeit hinter die Absichten etwaiger Betrüger kommt. Bei jeder neuen Geschäftsverbindung wird ein eingeweihter Kaufmann seine Vorsichtsmaßregeln ergreifen.
Außerdem ist man imstande, die Wirkungen geplanter Unternehmungen schon vorauszusehen. Wenn ich auch vor der bedingungslosen Anwendung der Zukunftsvoraussage warne und gewisse Einschränkungen empfehle, so will ich damit nicht sagen, daß nicht doch viele, unter entsprechendem Vorbehalt aufgenommene Zukunftsbilder von großem Werte sein können. Bei genügender wissenschaftlicher Vorbildung lernt man auch unterscheiden, was mit oder ohne Vorbehalt aufgenommen werden kann. Vor allen Dingen aber erfährt man häufig die Ursachen bevorstehender Mißerfolge.
Es könnte nun zum Beispiel einmal der Fall eintreten, daß für ein Unternehmen Erfolg vorausgesagt wurde, dieser aber ausblieb. Wenn man danach weiter forscht, wird man erfahren, daß die Voraussetzung für den Erfolg tatsächlich vorhanden gewesen war, aber durch irgendwelche Unzulässigkeiten des Unternehmers oder anderer inzwischen eingetretener Umstände in Frage gestellt wurde.
Jedenfalls wäre auch der Wert schon dann groß genug, wenn man nur Veranlassung nehmen könnte, bei von vornherein als erfolglos gesehenen Unternehmungen rechtzeitig die Finger davon zu lassen.
Nachstehend will ich noch ein Beispiel dafür anführen, wie die scheinbare Unzuverlässigkeit der Voraussage zukünftiger Ereignisse sich aufklären läßt.
Es kann sein, daß die Voraussage für einen der nächsten Tage (dieser wird meist genau angegeben) Besuch ankündigt. Der [24] erwartete Besuch bleibt jedoch aus und gibt wieder Grund, Zweifel in den Wert des Hellsehens zu setzen.
Die Nachprüfung ergibt dann immer, daß die Voraussetzungen für den Besuch tatsächlich vorhanden waren, d. h. daß die betreffende Person wirklich die Absicht des Besuches hatte, aber durch irgendein plötzliches Ereignis davon abgehalten wurde.
[25]Ich kann aus der Fülle der interessanten Erlebnisse dieser Art natürlich nur einige wenige Beispiele anführen. Immerhin wird dies schon genügend als Beweis dienen; außerdem habe ich für diese Fälle, wie für meine sonstigen Veröffentlichungen, genügend Zeugen.
Es war zu Beginn meiner okkultistischen Laufbahn. In einer Privatschule, die ich damals leitete, wurde in einer Zeit, da die Lebensmittel besonders knapp waren, einer Anzahl Schüler das Frühstücksbrot gestohlen, ohne daß es gelang, des Diebes habhaft zu werden. Es war nicht einmal möglich, einen bestimmten Verdacht auf jemand zu fassen. Als ich einige Zeit später bei einer hypnotischen Sitzung der Angelegenheit gedachte, erfuhr ich, wer der Dieb gewesen. Derselbe hatte inzwischen die Schule verlassen. Andere Beweise hatte ich nicht in die Hand bekommen. Kurze Zeit später aber ergab sich die Bestätigung darin, daß wir weitere große Diebstähle der fraglichen Person in Erfahrung brachten.
Ein anderer Fall: Eines Tages, kurze Zeit nach diesem Fall, wurde mir ein Anzug nebst einem Wintermantel gestohlen. Ich weiß heute nicht mehr, ob mir damals die Gelegenheit fehlte oder ob ich noch nicht weit genug geschult war, um der Sache sofort auf okkultem Wege auf den Grund zu gehen. Jedenfalls [26] begann ich die Nachforschungen mit Hilfe des Mediums geraume Zeit später.
Die Umstände dieses Diebstahles lagen ebenfalls vollständig im Dunkeln. Die Vernehmungen und Recherchen auf Grund von Verdachten seitens der Polizei, insbesondere auch Haussuchungen bei den Verdächtigten, ergaben nichts. Bald hatte die Polizei ihre Nachforschungen mit dem üblichen bedauernden Achselzucken eingestellt. Wie die folgenden Beweise ergaben, mußte der Diebstahl allerdings mit einer außerordentlichen Raffiniertheit ausgeführt worden sein, obwohl die näheren Umstände darauf schließen ließen, daß der Dieb, beziehungsweise die Diebe, mit den Räumlichkeiten sowohl, als auch mit den Zeiten meiner Abwesenheit gut vertraut sein mußten. Wiederum ergab sich aber aus meinen okkulten Erforschungen, daß der eigentliche Dieb nicht unter den im Hause Bekannten zu suchen sei.
Auch von meinem Medium wurde der Fall als sehr kompliziert und schwierig erkannt. Zwar besaß ich damals für solche Fälle noch nicht die Routine und Gewandtheit wie jetzt, dies mag die Entdeckung wohl erschwert haben, ohne sie indessen verhindern zu können.
Die Feststellungen, die ich mit Hilfe meines Mediums machte, waren folgende:
Der Diebstahl wurde in der Mittagsstunde, während ich mein Bureau auf kurze Zeit verlassen hatte, ausgeführt. Der Dieb fuhr mit den Sachen in der Straßenbahn nach einem Vorort, konnte dort dieselben aber jedenfalls nicht verkaufen und fuhr dann wieder nach der Stadtmitte, wo sich die Spur vorläufig verlor.
Später war das Bild des Verkaufes der Sachen zu sehen; Straße und nähere Umstände wurden bemerkt, nur noch nicht klar genug.
Leider wurde das Medium, mit dem ich diesen Fall bearbeitete, kurze Zeit darauf zum Heeresdienst einberufen; mir fehlte es [27] an Zeit und Gelegenheit, den Fall weiter zu verfolgen, und so blieb der Dieb unentdeckt. Ich zweifle aber nicht daran, daß, wenn wir die Angelegenheit nicht aus den Händen gelassen hätten, wir auch diesen Dieb noch entdeckt haben würden.
Wer etwas Kombinationsgabe besitzt, wird auch hieraus schon ersehen, wie auf Grund selbst von Bruchstücken hellseherischer Tätigkeit die polizeilichen Recherchen weitergeführt werden können, wenn sie sonst längst eingestellt worden sein müßten.
Ein weiterer Fall: Auf einer Vortragsreise war ich eines Tages genötigt, die Kasse einem mir zwar bekannten, aber nicht zu meinem Personal gehörenden jungen Mann zu übergeben. Dieser junge Mann, den ich seit einigen Wochen kannte, allerdings nur sehr selten gesehen und gesprochen hatte, war bemüht gewesen, einen sehr vertrauenerweckenden Eindruck zu machen. Immerhin hatte er sich am letzten Tage bereits durch einige kleine Unwahrheiten mein Vertrauen etwas verscherzt. Weniger in unausgesprochenem Mißtrauen, als um nicht einem nicht ganz charakterfesten Menschen zu viel offenkundiges Vertrauen, deren begründete Sorglosigkeit Gelegenheit zu Verlockungen gegeben hätte, zu zeigen, zählte ich den Bestand der Kasse einmal durch. Etwas später zählte ich unerwarteterweise noch einmal nach und entdeckte das Fehlen eines Betrages, den ich allerdings nur ungefähr in Mark anzugeben vermochte. Als ich dem Kassierer das Fehlen dieses Betrages in einer Weise vorlegte, die nicht den Anschein einer Verdächtigung erwecken konnte, behauptete dieser auf das Bestimmteste, daß nichts abhanden gekommen sein könne.
Infolge verschiedener Umstände fehlte mir an diesem Tage die sonst übliche Kontrollmöglichkeit. Dies wußte der Kassierer jedenfalls auch. Obwohl mein Verdacht nun durchaus begründet [28] war, war ich doch nicht in der Lage, diesen auszusprechen, weil mir die Beweise fehlten.
Am selben Abend noch machte ich weitere Entdeckungen, die auf fraglichen jungen Mann ein ungünstiges Licht werfen mußten. Es war in dem Lokal, in dem er meist verkehrte. Hier hatte er, trotzdem ich ihm seine Arbeit, die er für mich zur Vorbereitung des Vortrages leistete, gut zu bezahlen versprach, durch allerlei Machenschaften bei der Berechnung der Unkosten und Auslagen und Einrechnung von Spesen, die ihm gar nicht entstanden waren, sich weitere Vorteile zu verschaffen gesucht, die ihm überhaupt nicht zukamen.
Als ich ihn darauf aufmerksam machte, suchte er sich damit herauszureden, daß er diese Ausgaben nur habe notieren lassen, um von seinem Vater einen größeren Vorschuß zu erlangen. Ich ließ nun mein Mißtrauen durchblicken und versuchte, ihm Gelegenheit zu geben, den Diebstahl ungeschehen zu machen, indem ich ihn aufforderte, noch einmal alles durchzusuchen, für den Fall, daß er sollte versehentlich etwas in seine Tasche oder Notizbuch gesteckt zu haben. Dieses wurde auf das Bestimmteste verneint, dazu folgten die üblichen Beteuerungen seiner Vertrauenswürdigkeit und die Verwahrung gegen einen etwaigen Verdacht.
Ich war von dem Diebstahl überzeugt und hätte doch mit Hilfe der Polizei nichts unternehmen können, weil die „Beweise“, ohne die unsere Polizei nicht arbeiten kann, fehlten. Ich schwieg daher, ohne meinem Verdacht besonders Ausdruck gegeben zu haben und beschloß, der Sache auf den Grund zu gehen.
Am nächsten Tage begann ich (ca. 100 km vom Tat- und Aufenthaltsort des Diebes entfernt) an der Aufklärung des Diebstahles zu arbeiten.
Hierbei konnte ich feststellen:
[29] Einmal, daß der Diebstahl tatsächlich ausgeführt worden war, ferner genau auf Stunde und Minute die Zeit des Griffes in die Kasse und die Höhe des Betrages ebenfalls genau auf Mark und Pfennig. Weiter erfuhr ich die Gründe des Diebstahles (der junge Mann war verschuldet). Dann erfuhr ich, wozu das gestohlene Geld verwendet worden war. Außerdem soviel von dem Vorleben des jungen Mannes (der bereits einmal wegen Diebstahl oder Unterschlagung vor Gericht gestanden), daß ich ihn, als ich nach einigen Tagen wieder mit ihm zusammenkam, nach kurzem Leugnen zum Geständnis bringen konnte. Die Angaben meines Mediums hatten sich bis in alle Einzelheiten bestätigt.
Dies ist ein Fall, in dem die Polizei ebenfalls bedauernd die Achseln gezuckt hätte. Ich hätte auf Grund seines eigenen Geständnisses den jungen Mann nun der Polizei überliefern können, nahm aber davon Abstand, weil ich glaubte, ihn durch die Wirkung des Beispieles und meiner Ermahnungen wieder auf den rechten Weg bringen zu können.
[30]Bevor ich die einzelnen Fragen dieser Themen eingehend behandle und mich über meine Vorschläge für die Einführung eines neuen Systems verbreite, ist es erforderlich, vorerst einmal die
etwas zu beleuchten.
Fassen wir zunächst einmal die Polizei ins Auge.
Verbrechen und Vergehen mehren sich alle Tage, und selbst eine Vergrößerung des ganzen Polizeiapparates vermag dies nicht zu hindern, weil das ganze System unzulänglich ist.
Wenn man heute bestohlen wird und zur Polizei geht, so tut man am klügsten, den Dieb gleich an der Hand mitzubringen, denn dann hat man wenigstens die Gewähr dafür, daß er ergriffen und bestraft wird. Kommt man aber und kann nicht gleich die Beweise für die Täterschaft selbst erbringen, dann hat man ebensowenig Aussicht auf Wiedererlangung des gestohlenen Gutes, als auf Ergreifung und Bestrafung des Diebes. Ich kann selbst genügend Beispiele dafür aus meinem Leben angeben.
Man bedenke nur einmal, mit welcher Umständlichkeit Recherchen angestellt werden!
[31] Zuerst muß der Anzeigende bei der Polizei erscheinen, um den Vorfall zu Protokoll zu geben. Danach erfolgt schließlich eine Besichtigung des Tatortes, wenn nicht erst noch weitere event. vorhandene Zeugen vorher geladen werden. Wenn dann nach langem Hin und Her sich ein Verdacht ergibt, für den sich aber anscheinend keine Beweise erbringen lassen, so zuckt man schließlich bedauernd die Achseln: „Die Kunst der Polizei ist zu Ende.“
Wird hingegen der Verdacht bestärkt, so entschließt man sich nach langem Erwägen und Kombinieren schließlich unter Umständen zur Vornahme einer Haussuchung usw. Trotzdem tappt man bis dahin vielleicht ganz im Dunkeln, und die Haussuchung ergibt nichts, weil der Betreffende mit dem Diebstahle oder was es gewesen sein mag, gar nichts zu tun hatte und vielleicht der ehrlichste Mensch ist, auf den nur durch ein eigenartiges Zusammentreffen von Umständen der Verdacht gefallen war. Inzwischen hat man dem Verbrecher Zeit genug gelassen, sich in Sicherheit zu bringen.
Oft genug wird ein Anzeigeerstatten schon mit den Worten abgewiesen: „Ja, wenn Sie nicht mehr Beweise zu erbringen vermögen, können wir nichts unternehmen!“
Während die Polizei, wenn sie vielleicht einen Fall angenommen hat, nach wochenlangem, vergeblichem Bemühen, wobei sich ein ganzer Apparat auf den Beinen befunden haben kann, das Verfahren einstellt, hegt einem Hellseher oft der ganze Vorfall nebst der in Frage kommenden Person in einer Viertelstunde klar vor Augen.
Wenn aber heute dieser Hellseher bei der Polizei erscheint, so dient er weder sich noch der Gerechtigkeit, denn sein Zeugnis hat absolut keine Gültigkeit. Außerdem würde er sich der Gefahr aussetzen, lächerlich gemacht zu werden.
[32] Noch drastischer äußern sich die Mängel unseres heutigen Gerichtswesens. Ich werde weiter unten noch mit einem eigenen Erlebnis beweisen, welche Blüten dort St. Bureaukratius treiben kann. Es möchte einem tatsächlich die Röte der Scham und Empörung ins Gesicht steigen, wenn man solche Erlebnisse zu veröffentlichen gezwungen ist – schämen möchte man sich, Angehöriger eines Staates zu sein, in dem solche aller Vernunft und jeder fortschrittlichen Bildung hohnsprechende Mätzchen – das dürfte vielleicht noch ein einigermaßen angängiger Ausdruck sein – möglich sind!
Ich will der jetzigen Regierung damit nicht nahegetreten sein, indem ich hoffe, daß unter deren Form und Prinzipien derartige Lächerlichkeiten ausgerottet werden können. Das Erlebnis, von dem ich berichten will, fiel in die Zeit, da die ausübenden Organe mangels neuer Gesetze noch krampfhaft an dem teilweise zum Schreien einfältigen Paragraphen der alten Regierungsform festhielten. (Diese Zeit ist leider noch nicht vorüber.)
[33]In Sachsen besteht, wie vielen bekannt sein dürfte, ein altersschwaches Gesetz, das die Vornahme von Experimenten auf dem Gebiete des Hypnotismus, Magnetismus, Suggestion usw. verbietet. In Rücksicht auf die Freiheiten, welche die neue Regierungsform auf vielen Gebieten ohne weiteres gebracht hat, versuchte ich diese Freiheit auch für die Wissenschaft in Anspruch zu nehmen. Die Polizeibehörden der meisten Städte waren auch einsichtsvoll genug, die Unsinnigkeit dieses Gesetzes für die heutige Zeit zu begreifen, machten mir keine Schwierigkeiten. In einigen Städten jedoch, besonders aber in Chemnitz, verbot man mir die Vornahme von Experimenten bei meinen Vorträgen. Da die Vorträge aber an aufklärendem Wert ganz bedeutend verlieren, wenn die Experimente wegfallen, ging ich über das Verbot hinweg in der Überzeugung, daß es doch heute nicht mehr gut möglich sein könne, dafür bestraft zu werden, daß man Wissenschaften verbreitet, die zum Segen der Allgemeinheit sind.
Aber ich hatte mich doch getäuscht; prompt kam die polizeiliche Strafverfügung über 50.– Mark und gleichzeitig das Verbot für alle weiteren Vorträge, gleichviel, welcher Art diese sein sollten. Damit wurde mir die Möglichkeit, in Chemnitz ferner öffentlich aufklärend zu wirken, vollständig unterbunden.
[34] Auf Grund der obengenannten Überzeugung und ferner veranlagt dadurch, daß Herr Bellachini kurze Zeit vorher eine Woche hindurch täglich ungeniert und ungehindert hypnotische Experimente vornehmen konnte, weil er seine Veranstaltung als Zauberkunststückchen angemeldet hatte, unterwarf ich mich der polizeilichen Strafverfügung nicht, sondern beantragte gerichtliche Entscheidung.
Ich glaubte beim Gericht mehr Einsicht zu finden. Doch ich hatte mich wiederum getäuscht. Obwohl ich meine Beweggründe für die Übertretung des noch bestehenden veralteten Gesetzes genügend erklärte, angab, daß man unter der neuen Regierung die Wissenschaft doch nicht mehr knebeln könne und auch betonte, daß ich aus idealen Gründen trotz aller Schwierigkeiten die Aufklärung über Wissenschaften, die dem Wohle der Allgemeinheit dienen, mir zur Aufgabe gemacht habe, wurde ich zur Zahlung der Strafe nebst Kosten verurteilt.
Das Unglaublichste aber war die Urteilsbegründung, welche folgenden Satz enthielt:
„Insbesondere wird mit Rücksicht auf die Vorstrafen des Angeklagten die Strafe als durchaus angemessen erachtet.“
Nun, verehrter Leser, ich will gestehen, was ich früher für entsetzliche Verbrechen begangen habe. – – –
Mangels entsprechender Anleitung verlebte ich einen Teil meiner Jugend nicht anders wie die meisten jungen Leute, ab und zu ein bißchen in dulci jubilo (bevor ich mich zum Okkultismus durchgerungen hatte).
In solch einer Nacht rissen wir im jugendlichen Leichtsinn ein Firmenschild von einem Hause. Darauf wurde ich nebst den anderen zu einer kleinen Geldstrafe verurteilt.
Ein weiteres schweres Verbrechen bestand darin, daß ich als Kind von 10 bis 12 Jahren, dem allgemeinen Beispiel und der [35] damaligen Sitte folgend, zur Sedan-Siegesfeier einige harmlose Feuerwerkskörper abgebrannt hatte und dabei von einem tüchtigen Kriminalbeamten erwischt worden war. Diese Untat mußte ich mit 5.– Mark Geldstrafe sühnen.
Man wird es wohl begreiflch finden, daß bei der Erwähnung dieser Vorstrafen unwillkürlich ein Lächeln unendlicher Geringschätzung für die Trefflichkeit unseres Gerichtswesens in meine Züge trat!
Man bedenke nur einmal, welche Glanzleistung der Verlegenheit! – Bei der Verhandlung und Beurteilung eines Rechtsfalles, in dem die Wissenschaft den Kernpunkt bildet, fällt ein harmloser Kinderstreich schwer ins Gewicht!!
Dagegen frage man aber einmal verschiedene der Herren Juristen nach ihren Strafregistern aus ihrer Studentenzeit! – Doch wollen wir fortfahren in der Betrachtung der Mängel unseres heutigen Gerichtswesens.
Welch enormer Apparat ist nötig, um diese bescheidenen Leistungen zu vollbringen. Nicht der zehnte Teil des Personals und der mit großen Unkosten unterhaltenen Gebäude wäre erforderlich, wenn das Gericht auf okkult-wissenschaftlicher Grundlage arbeiten könnte.
Betrachten wir einmal die Leistungen näher und nehmen folgende Fälle als Beispiele an:
Ein Riesenprozeß gegen einen des Betruges und der Hochstapelei Verdächtigen. Dutzende, ja hundert und noch mehr Zeugen werden geladen. Eine kleine Armee von Rechtsanwälten, Gerichtsbeamten, Schreibern usw. ist beschäftigt, um das riesenhafte Material zu bearbeiten. Man arbeitet tagelang, wochenlang, die Kosten steigen ins unermeßliche und – das Ergebnis ist, daß der Verdächtige schließlich wegen Mangels an Beweisen freigesprochen wird! Jedermann ist davon überzeugt, daß man [36] es mit einem ganz raffinierten Gauner zu tun hat, aber – man kann ihm seine unlauteren Absichten nicht nachweisen; seine Untaten lassen sich auslegen als Irrtümer, unverschuldetes Unglück usw. – Doch die Kette der Beweise läßt sich nicht schließen und es muß schließlich der Freispruch erfolgen.
Die Kosten trägt die Staatskasse, d. h. der Bürger!!
Ein anderes Beispiel:
Ein Mörder wurde verhaftet und abgeurteilt. Es finden sich mildernde Umstände, denen er verdankt, daß man ihm das Leben schenkt und ihn zu lebenslänglichem Zuchthaus „begnadigt“.
Fünfzehn Jahre hat der Mörder von seiner gerechten Strafe verbüßt, als eines Tages ein anderer auf dem Sterbelager bekennt, der wahre Mörder gewesen zu sein!
Sofort wird das Verfahren wieder aufgenommen und bald darauf der unschuldig Verurteilte der Freiheit zurückgegeben. Gebrochen an Leib und Seele wankt dieser zum Tore des Zuchthauses hinaus. Seine Lieben sind vielleicht inzwischen aus Gram und Herzeleid gestorben und vor ihm liegt ein leeres Leben, von dem er nur bald wünscht, durch den Tod erlöst zu werden. –
Ein Anderer hat monatelang in Untersuchungshaft gesessen, bis sich seine Unschuld herausstellt. Als er entlassen wird, findet er seine Existenz, zu deren Aufbau er die besten Kräfte seines Lebens hingegeben hat, vernichtet. „Das sind allerdings schreckliche Tatsachen“ wird mancher sagen, und andere werden sich schon gefragt haben: „Sollte es denn keine Möglichkeit geben, diese traurigen Fälle aus der Welt zu schaffen?“
Die Antwort darauf gibt vorliegendes Buch mit einem energischen „Ja“, diese Möglichkeit, nach der man so lange suchte, gibt es. Und zwar ist diese Möglichkeit nicht neu, sondern besteht schon so lange als die Frage.
[37] Allerdings haben diese Möglichkeit wenige gekannt, und diese wenigen mußten schweigen, wollten sie sich nicht der Gefahr aussetzen, daß man an ihrem Verstande zweifelte. Heute sind wir etwas weiter; heute darf man diese Möglichkeiten äußern. Eine andere Frage ist die, ob man Gebrauch davon machen wird oder will. –
Die Aufnahme meines Buches wird es beweisen!
[38]Ich will mit diesem Buche nicht nur auf die Notwendigkeit einer Reform unseres Polzei- und Gerichtswesens nach zeitgemäßen Grundsätzen hingewiesen haben, sondern auch erklären, welche Mittel und Wege dazu ergriffen werden müssen.
Zunächst will ich einmal kurz erläutern, welches
sein würde.
Die meisten, die den Gedankengang: Gericht, Hypnose, Okkultismus usw. aufgreifen, werden sich die Sache ungefähr so vorstellen: Die Richter lernen hypnotisieren und wenden diese Fähigkeiten an, indem sie die Angeklagten kurzerhand einschläfern und in der Hypnose dann ausfragen. Hierbei wird schon der Einwand hörbar, daß viele Leute schwer und manche auch gar nicht zu hypnotisieren seien. Auch könne es wohl möglich sein, daß die Angeklagten stärker als der Richter seien und diesen hypnotisierten.
Diese Bedenken bestehen ebenso zu Recht, wie die ganze Annahme falsch ist. Zwar kann man viele Leute in der Hypnose zwingen, die Wahrheit zu gestehen, doch gibt es auch Fälle, wo [39] dies mißlingt, selbst wenn auch eine ziemlich tiefe Hypnose erreicht worden war. Ich habe in meiner Praxis selbst einen solchen Fall erlebt.
Der Einwand allerdings, daß viele Leute nicht zu hypnotisieren seien, ist nicht stichhaltig, denn ich kenne Methoden, mit denen man in solchen Fällen stets mit Sicherheit den nötigen Erfolg erzielt.
Ein weiterer, scheinbar beachtenswerter Einwand wäre der, daß bei der Verbreitung dieser Wissenschaft sich auch die Verbrecherkreise deren Mittel bedienen könnten und dies die ganze Polizei- und Gerichtstätigkeit nur unendlich schwerer und komplizierter gestalten würde.
Ja, wenn uns keine anderen Mittel zur Verfügung ständen, könnte dies vielleicht Tatsache werden!
Der Okkultismus bietet uns feinere Mittel als die Hypnose. Eins davon ist das Hellsehen, das ich schon anfangs als Kern der Sache ausführlich behandelte. Diese wunderbare okkulte Erscheinung soll also die Grundlage für die von mir angeregte Reform sein.
Wer sich bereits soweit vorgebildet hat, daß er die wissenschaftliche Tatsache des Hellsehens anerkennt, dem ergibt sich hieraus schon die ganze Kette von Möglichkeiten. Ich will dies aber trotzdem noch kurz skizzieren und auf verschiedene Wirkungskreise zur Anwendung bringen.
[40]Die Arbeitsweise okkult geschulter Detektive oder Kriminalbeamten unterscheidet sich ganz wesentlich von der bisherigen. Jetzt sind diese zu unendlich mühsamen Untersuchungen der Tatorte, Verhören, Beobachtungen und kostspieligen Reisen gezwungen. Messung und Nachbildung von Fußspuren, Fingerabdrücke und Blutspuren, gefundene Haare oder andere winzige Hinterlassenschaften müssen oftmals den ganzen Anhalt zu weiteren Forschungen bieten. Spürhunde sind zwar in manchen Fällen zu gebrauchen, versagen aber auch oft genug. Häufig müssen hohe Unkosten für Detektive umsonst bezahlt werden.
Wie arbeitet nun der Okkultist? Sehr einfach: Der Anzeigenerstatter kommt zu ihm und schildert den Fall. Der Detektiv konzentriert sich auf die Sache und sieht oftmals sofort schon alles: den Täter, Ort und Zeit des Verbrechens oder Vergehens, die Art und Weise der Ausführung, den Weg des oder der Täter, den Aufenthaltsort dieser und das etwaige Versteck des gestohlenen Gutes usw.
Ist die Entdeckung nicht auf einmal möglich, dann erfolgt sie Schritt für Schritt, fast immer mit unfehlbarer Sicherheit und, wenn der Seher genügend ausgebildet ist, gibt es überhaupt kein Fehlen oder Versagen.
Daß auf diese Weise die Auffindung gestohlener Sachen sowie die Festnahme von Verbrechern leichter möglich ist, als mit dem Anhalte der Fußspuren, Fingerabdrücke, Blutstropfen usw., wird jedermann einleuchten.
Die Mittäterschaft wird ebenfalls leicht festgestellt, da dem Hellseher nicht nur das Geschehene, sondern auch die vorhanden gewesene Absicht erscheint.
[41] Für einen Privatdetektiv eröffnen sich dadurch selbst bei bescheidenen Forderungen im Verhältnis zu dem nicht okkult geschulten Detektiv geradezu glänzende Verdienstmöglichkeiten.
In welcher Weise die Polizei, wenn sie sich dieser Methode bedient, ihr Personal und ihren sonstigen Apparat einschränken müßte, kann man sich wohl denken.
Arme, bedauernswerte Kaste! Für Euch bleibt nicht mehr viel zu tun übrig. Wenn schon dem Detektiv oder Polizeibeamten die Beweggründe für die Tat bekannt sind und vom Gerichte noch einmal bestätigt werden, erübrigt es sich vollständig, Verteidigungsreden zu halten. Denn ich glaube nicht, daß es nötig sein würde, einen Menschen, der von den schwärzesten Beweggründen geleitet wurde, noch zu verteidigen. Da aber, wo die Zubilligung mildernder Umstände angebracht sein würde, erübrigt es sich für den Rechtsanwalt, die Gründe zu suchen, weil sie schon bekannt sind.
So leid es mir tut, daß durch die Verwirklichung meines Vorschlages ein Berufsstand Schaden leiden muß, kann ich doch im Interesse der Sache daran nichts ändern.
Ob sich für die Tätigkeit der Rechtsanwälte vielleicht nicht doch noch Nutzen aus der Anwendung okkulter Wissenschaften ziehen läßt, soll einstweilen noch gar nicht verneint werden. Es ergeben sich manchmal aus neuen Umwälzungen Möglichkeiten und Notwendigkeiten, an die man erst nicht gedacht hat.
[42]Die Tätigkeit des Gerichts braucht eigentlich nur noch im Fällen der Urteile zu bestehen. Trotzdem empfehle ich noch eine besondere Instanz zur Kontrolle der polizeilichen Erörterungen und Feststellungen. Diese Tätigkeit entspräche ungefähr der des jetzigen Untersuchungsrichters.
Um jedes Gewissen beruhigen zu können, würde ich vorschlagen, daß zwei dieser Untersuchungsrichter an jedem Falle arbeiten müßten, ohne daß der eine Tätigkeit und Ergebnisse des anderen kennt.
Die Sache ist eigentlich so einfach, daß das Wort „Untersuchungsrichter“ zu kompliziert und unpassend erscheint. Der Gang eines gerichtlichen Verfahrens könnte einfach folgender sein:
Nehmen wir einmal den Fall eines Diebstahles an. Der Dieb wird eingeliefert. Die polizeilichen (okkultistischen) Feststellungen ergeben, daß der Verdacht gerechtfertigt ist und das fragliche Individuum tatsächlich den Diebstahl ausführte. Die Untersuchungshaft wäre vollständig überflüssig. Der Dieb wird sofort vor den zuständigen Gerichtshof gebracht.
Der hellsehende Richter oder eine andere okkult geschulte Person stellt nochmals den Tatbestand fest. Dieser wird dann von Richter und Beisitzern mit den Feststellungen der Polizei verglichen. (Beide können logischerweise nur übereinstimmen.) Darnach kann die Aburteilung erfolgen.
Die mehrmalige Feststellung des Geschehenen durch verschiedene Personen soll, wie gesagt, bloß zur Beruhigung zweifelnder Gemüter erfolgen.
[43]Mancher hat schon bloß vor Angst einen Meineid geschworen und sich dadurch eine Strafe zugezogen, die jene wegen seines eigentlichen Vergehens übertraf und ihn erst richtig ins Unglück brachte. Mancher aber auch leistete einen Meineid aus guter Berechnung, welche aber fehlschlug.
Diese und ähnliche Fälle werden nicht mehr möglich sein, denn der Schwur wird überflüssig. Man weiß ja heute auch, daß der Schwur nur ein zweifelhaftes Hilfsmittel ist. Außerdem wird es leichter sein Geständnisse zu erhalten, da jeder Verbrecher die Nutzlosigkeit des Leugnens von vornherein einsehen muß.
Noch besonders zu betonen, daß eine Verurteilung Unschuldiger unmöglich wird, dürfte sich jetzt schon erübrigen.
Diese Frage erübrigt sich, wie manche andere, jetzt eigentlich auch von selbst. Wenn lichtscheue Elemente von vornherein wissen, daß jede unlautere Tat mit Bestimmtheit entdeckt wird, haben sie allen Anlaß, von der Ausführung solcher abzusehen.
Außerdem ist man imstande, unlautere Absichten irgend eines lieben Mitmenschen schon vor der Verwirklichung zu entdecken und zur rechten Zeit entsprechende Maßregeln zu ergreifen.
[44] Dies würde sich auch schon bei der Kindererziehung geltend machen und auf die Entwicklung von Moral und Charakter Rückwirkung haben. (Ich habe weiter vorn schon darauf hingewiesen und auch durch zahlreiche Experimente bewiesen, daß ein Hellseher nicht nur das Geschehene, sondern auch die vorhandene oder vorhanden gewesene Absicht irgend einer Tat feststellen kann.
[45]Dieser Abschnitt gilt für den einzelnen. Vieles, das eigentlich hierher gehört, habe ich schon in den anderen Kapiteln gebracht. Ich glaube, dies hier nicht wiederholen zu brauchen; wer Interesse genug hat, wird es bald wiedergefunden haben oder auch schon gemerkt haben.
Den Kernpunkt der Sache bildet also wieder das Hellsehen bezw. dessen Erlernung. Wie ich auch weiter vorn schon sagte, ist dies auf zweierlei Art möglich: durch Selbstschulung und Ausbildung mittels Hypnose durch einen darin bewanderten Lehrer. An dieser Stelle sagte ich auch schon, daß die Selbstausbildung bedeutend mehr Zeit und Geduld erfordert.
Wiedenmann führt darüber unter dem Titel: „Verschiedene Übungen zur Entwicklung der Hellseherkraft“ folgendes aus:
[46]Es gibt verschiedene Methoden, durch welche die Kraft des Hellsehens entwickelt werden kann. Sehr oft wird sie jedoch auf unnatürliche Art hervorgerufen, und die verschiedensten Störungen zeigen sich dann im physischen und im seelischen Organismus. Es kann nicht oft genug darauf hingewiesen werden, daß der Mensch, wenn er in die jenseitigen Welten eindringt, den Gefahren gegenüber gewappnet sein muß, die ihm da entgegentreten. Er muß deshalb selbst beherrscht sein, nichts darf ihn erschrecken oder aus dem Gleichgewicht bringen. Es ist viel mehr als nur physischer Mut nötig. Selbst der abgehärtetste Krieger, der dem Tode vielleicht tausendmal auf die verschiedenste Weise ins Auge sah, würde den Schreckbildern und Wesen der niederen Stufen des Astralreiches nicht standhalten können, wenn er diesen begegnen würde. Deshalb wird von dem Neuling, der die Astralwelt bewußt betreten will, vollkommene Beherrschung des leiblichen und seelischen Organismus gefordert. Alle Empfindungen, Begierden, Leidenschaften, Wünsche, Gedanken und Vorstellungen müssen unter die Herrschaft des Willens gebracht werden. Der Mensch darf nicht mehr der Sklave irgendwelcher Wünsche sein, sondern er muß über denselben stehen. Die „Hüterin der Schwelle“, welche dem Neuling in der Astralwelt entgegentritt, ist das Schreckgespenst, welches ihn unter Umständen physisch und seelisch zu Grunde richten und bis zur Verzweiflung bringen kann, wenn er es wagt, den Verkehr mit[WS 2] Wesen des [47] Astralreiches anzuknüpfen, bevor er sich selbst vollkommen in der Gewalt hat.
Dieses Schreckgespenst bildet sich aus des Menschen eigenen Wünschen, Gedanken und Vorstellungen, wenn er dieselben noch nicht überwunden hat und sich mit ihnen identifiziert. Sehr gut ist dies in Bulwers Roman „Zanoni“ geschildert. Manche Menschen erhalten jedoch Einblicke in die Astralwelt, ohne mit anderen als mit einer bestimmten Art von Einflüssen in Berührung zu kommen; sie haben den Wunsch, dieses oder jenes wahrzunehmen, und mit der Zeit werden sie eben nur für das empfänglich, was sie sehen wollen. Nehmen wir z. B. die psychometrische Fähigkeit. Man entwickelt dieselbe, indem man irgend einen Gegenstand, sei es einen eben empfangenen Brief, oder irgend einen beliebigen Gegenstand, ohne Rücksicht auf sein Alter, an die Stirn oder an die Magengegend hält (da, wo sich das Sonnengeflecht, plexus-solaris, befindet) und nun die Empfindungen und Eindrücke beobachtet, die sich dabei aufdrängen. Es ist zu beachten, daß die Wahrnehmungen am besten gemacht werden können, wenn Ruhe und Stille herrschen, vor allem im Menschen selbst. Auf diese Weise kann die Fähigkeit entwickelt werden, die Charaktereigenschaften und die Gedanken des Absenders eines Briefes zu erkennen, oder es können durch einen Gegenstand aus früheren Zeiten historische Begebenheiten, Personen usw. vor dem Auge des Psychometers entstehen. Diese Fähigkeit ist natürlich nur das Resultat geduldiger Übungen. Wo diese Fähigkeit schon etwas vorhanden ist, ist es bedeutend leichter, sie weiter zu entwickeln.
Unbegrenzt und zahllos werden die Fortschritte auf allen Gebieten sein, wenn eine größere Anzahl von Menschen diese Fähigkeit erlangt haben wird.
Es gibt ätherische und astrale Strömungen, die mit einer großen Macht über die Erde dahinfluten, und es steht in dem Willen des entwickelten Sehers, sich diese mächtigen Kräfte zu [48] Diensten zu stellen. Deshalb ist das Gesetz weise, wenn es verlangt, daß derjenige, welcher diese Kräfte benützen will, rein, selbstlos und innerlich stark ist. Ein unreiner, selbstsüchtiger Mensch, der sich selber nicht in der Gewalt hat, würde sowohl für sich, wie auch für andere große Gefahren heraufbeschwören, wenn er versuchen wollte, diese mächtigen Strömungen zu beherrschen.
Wie bereits angedeutet wurde, werden die verschiedensten Methoden angewandt, um Hellsehen zu entwickeln. Doch sind dieselben keinesfalls alle zu empfehlen, weil sie die Entwicklung des Charakters, die intellektuelle, moralische und spirituelle Entwicklung außer acht lassen und zum Teil das Nervensystem ruinieren. Wenn nicht alle Seiten der menschlichen Natur berücksichtigt werden, kann das Resultat nur ein zeitweiliges und beschränktes sein, ja eine sehr ungünstige Wirkung haben. Möge sich deshalb niemand aus bloßer Neugierde oder aus unlauteren Motiven dazu verleiten lassen, den Schleier zu heben, der die jenseitigen Welten bedeckt.
Besonders bei den auf niederer Kulturstufe stehenden Völkern ist das Hellsehen auf verschiedene unnatürliche Art hervorgerufen. Bei den Anhängern des Voodoo-Kultus sind es gräuliche Gebräuche der schwärzesten Magie, verbunden mit furchtbaren Opfern, wodurch dieselben eine gewisse Art von Hellsichtigkeit erlangen, wobei jedenfalls niedere Astralwesen mitwirken. Die Derwische drehen sich in einem eigenartigen, religiösen Tanze, bis sich eine halbe Betäubung und Unempfindlichkeit einstellen. Gewisse Sekten in Indien atmen betäubende Dämpfe ein oder gebrauchen berauschende Mittel. Die harmloseren Mittel, um einen Zustand des Hellsehens hervorzurufen, sind das Schauen in eine Kristallkugel oder in Wasser; andere sehen auf einen hellen glänzenden Punkt und wenden so Selbsthypnose an.
Eine andere Methode ist die durch Atmungskunst (Statuvolence), wie dieselbe auch in indischen Systemen vorgeschrieben wird. [49] Auch durch Wiederholungen von bestimmten Worten oder Formeln sucht man die Sinne auszuschalten und das Bewußtsein in das Übersinnliche zu verlegen.
Durch die Methode des Magnetisierens kann ebenfalls Hellsehen hervorgerufen werden. Dabei tritt mitunter ein magnetischer Trancezustand ein, in welchem die magnetisierte Person hellsehend wird. Bei dieser Anwendung ist sowohl die Entwicklung des Magnetiseurs, als auch die der magnetisierten Person maßgebend, bis zu welcher Stufe das Hellsehen entwickelt werden kann. Es ist jedoch notwendig, daß zwischen dem Magnetiseur und dem Magnetisierten volle Sympathie und Vertrauen bestehen, daß das Motiv rein ist und niedere Gedankenströmungen ausgeschaltet sind. Man sieht, daß vollkommene Eigenschaften bestehen müssen, wenn Vollkommenes erreicht werden soll. Es ist vorgekommen, daß sich sensitive Personen magnetisieren ließen, um sich von Schmerzen zu befreien, oder um eine Krankheit los zu werden, und dabei hellsehend wurden.
Bevor das Gehirn die intensiven Schwingungen der übersinnlichen Welt gefahrlos in sich aufnehmen kann, muß es sich darauf vorbereiten. In indischen Systemen wird öfters darauf hingewiesen, daß das Nervensystem und das Gehirn geschädigt werden, wenn sie Eindrücke aus den übersinnlichen Welten empfangen, ohne durch bestimmte Schulung vorbereitet zu sein. Diese Schulung erfolgt bei den Indiern durch die sogenannten Yoga-Systeme.
Man unterscheidet zwischen Raja-Yoga und Hatha-Yoga. Raja-Yoga ist der königliche Pfad und erfordert spirituelle Hingebung und Entfaltung der besten Kräfte. Yoga heißt verbinden. Das Endziel von Raja-Yoga ist die bewußte Vereinigung des Menschen mit Gott. Raja-Yoga schließt verschiedene Arten von Yoga-Systemen in sich. Einige davon sind: Inana Yoga, bei welchem mehr die Kraft der Erkenntnis – Bhakti-Yoga, [50] bei welchem die Kraft der Liebe oder der Hingebung – oder Karma-Yoga, bei dem mehr das Tun (Karma) wirksam ist. Diese Methoden sind am besten in der Bhagavad-Gita beschrieben.
Hatha-Yoga schließt hauptsächlich die physiologischen Methoden zur Erlangung übersinnlicher Kräfte in sich. Der Hatha-Yogi entwickelt zuerst psychische (astrale) Kräfte, um durch diese leichter die geistigen Bewußtseinswelten zu erreichen. Der moderne Mensch ist für die Hatha-Yoga-Übungen physiologisch und psychisch noch wenig geeignet, er muß sich erst durch geduldige Übungen und natürliche Lebensweise dafür geeignet machen, während bestimmte Klassen von indischen Eingeborenen teils durch Übung von Jugend auf, teils durch Vererbung keine Schwierigkeiten in der Ausübung finden, ebenso gewisse religiöse Sekten anderer Nationen.
Zu Hatha-Yoga gehört auch die Regulierung des Atmens (= Prana-Yama). Pranayama heißt wörtlich: Hemmung des Atmens (ayama). Prana heißt Lebenskraft. Der Träger von Prana ist der ätherische Körper. Prana ist die Lebenskraft im Menschen, auch Lebensmagnetismus, Od usw. genannt.
Der heutige Kulturmensch würde einen großen Fehler begehen, wenn er das Atmen unterdrücken wollte, um dadurch Hellsehen usw. zu erlangen. Bevor man das Atmen nach Belieben einstellen kann, wie dies z. B. bei Yogis, Fakiren, bei Kataleptischen, in Verzückungszuständen der Heiligen u. a. der Fall ist, muß zuerst das richtige Atmen gelernt werden, und zwar mit Bewußtsein. Der Mensch atmet gewöhnlich oberflächlich und ohne sich des Atmens bewußt zu sein.
Derjenige, welcher Raja-Yoga ausübt, richtet sein Bewußtsein vor allem auf Vervollkommnung und Veredlung seines Innenlebens, auf Reinheit und Höherhebung seiner Gedanken, er sucht in seinem Bewußtsein eins zu werden mit der Seele der Welt, [51] wodurch ihm alles von selbst zufällt, ohne daß er sich besonderen oder außergewöhnlichen Übungen unterzieht. Dabei läßt er aber die Pflege und Reinheit des Körpers nicht außer acht, weiß er doch, daß eine gesunde Seele nur in einem gesunden Körper wohnen kann.
Die Stellungen, welche Hatha-Yogis einnehmen, sind wichtig wegen der Äther- bezw. Lebensströmungen, die je nach der Stellung verschieden verlaufen und dadurch auch verschiedene Wirkungen hervorbringen. Von diesen Übungen sind die meisten nicht leicht und verursachen zum Teil Schmerzen, besonders dem Anfänger, während andere ohne besondere Schwierigkeiten auszuführen sind und deswegen mehr von den Raja-Yogis benützt werden. Die Raja-Yogis halten sich mehr an die Vorschriften des großen Lehrers für Yoga-Philosophie, Patanjali, welcher sagt, daß die Haltung leicht, ungezwungen und bequem sein soll. Im Yoga gibt es ca. 8 Stufen, die mit verschiedenen Namen belegt werden, nämlich: Yama, Nyama, Asana, Pranayama, Pratyahara, Dharana, Dhyana und Samadhi.
Im Raja-Yoga geht die moralische Läuterung als Grundstufe den anderen Stufen voran. Allen Wesen muß Liebe und Barmherzigkeit entgegengebracht werden, nichts darf verletzt werden. Diese Stufe ist Yama. Nyama besteht in positiver Läuterung: Alle Tugenden, welche dem Wohle der Menschheit dienen, müssen im Jünger vorhanden sein. Asana besteht in richtiger Körperhaltung, damit die Lebensströme im Körper frei pulsieren können. Rücken, Hals und Kopf müssen eine gerade Linie bilden.
Durch Pranayama wird Herrschaft über die im Körper ruhenden Lebensströme erlangt.
Pratyahara bedeutet die Sammlung aller Gedankenkräfte und völlige Konzentration nach innen.
Wenn alles Denken unter Kontrolle steht und nach innen gerichtet ist, schweifen die Sinne nicht mehr nach außen, so daß [52] schließlich die nächsthöhere Stufe, die Stufe der Versenkung, Dharana genannt, erreicht wird.
Nach und nach wird das Bewußtsein in der jenseitigen Welt wach, es tritt Beschauung (Kontemplation) ein, welche Stufe Dhyana genannt wird. Meditation über das Höchste ist die nächst höhere Stufe; man versteht darunter geistige Erhebung und Erleben des wahren geistigen Selbstbewußtseins. Wenn das Gemüt rein ist, kann die Christuskraft empfangen werden. Dies ist Samadhi, ein Lebensprozeß im geistigen (Kausal) Körper, wobei das Bewußtsein erhaben über alles astrale und mentale, oder über dem gewöhnlichen Empfinden, Fühlen und Denken steht, wo die Wahrheit und der Grund alles Daseins direkt erkannt wird. In diesem Zustande kann der zum Adepten oder Yogi gewordene Mensch seinen Körper verlassen und wieder in denselben zurückkehren, ohne das Bewußtsein zu verlieren.
Der Adept kann gefahrlos die Schwelle der anderen Welt überschreiten, sich von einer Bewußtseinssphäre in die andere und höhere erheben und das Geschaute dem Gehirn seines physischen Körpers einprägen. Der Ungeschulte kann dieses nicht, und überschreitet sein Bewußtsein infolge eines besonderen Einflusses doch einmal die Schwelle des Diesseits, so ist sehr oft Hysterie die Folge, denn das Gehirn ist auf die Vibrationen der feineren Schwingungen nicht vorbereitet.
Durch Yoga-Übungen kann das Gehirn für die Schwingungen einer höheren Welt empfänglich gemacht werden; wenn ein starker Wille die erforderliche Kraft und Organisation des Nervensystems herstellt, so kann das Gehirn auf feinere Vibrationen reagieren, ohne daß gesundheitliche Störungen eintreten.
Wer im Okkultismus Fortschritte machen und die Seherschaft erlangen will, muß vor allem Selbstbeherrschung erlangen. Bei allem, was man denkt und tut, muß man mit vollem Bewußtsein dabei sein. Das Bewußtsein kann unendlich erweitert werden.
[53] Es muß dem Studium spiritueller Dinge soviel Zeit als möglich gewidmet werden; man nehme sich aber nicht zu viel auf einmal vor, sondern immer nur eine bestimmte Arbeit, gehe diese aber gründlich durch.
Ebenso muß auch der Körper gereinigt, gefestigt und die sexuelle Kraft nach und nach unter die Herrschaft des bewußten Willens gebracht werden.
Die niederen Kräfte und die Wünsche sollen nicht unterdrückt, sondern allmählich in höhere Kräfte umgewandelt werden.
Die spirituelle Natur des Menschen hat in der Einsamkeit oft die beste Gelegenheit, sich zu entfalten. Wenn sie in unmittelbare Berührung mit der Natur kommt, entfalten sich die inneren Sinne und werden belebt. Der physische Organismus kann das Höhere viel leichter aufnehmen, wenn er frei ist von den Einflüssen des Lebens, welche im gewöhnlichen Strudel der Städte herrschen. Solange er jedoch mit denselben magnetisch verbunden ist, ist es beinahe unmöglich, daß er sich von ihnen befreit.
Von dieser Einsamkeit, von der unmittelbaren Berührung mit der Natur, mit ihrem Leben im Mineralreich, in der Pflanzen- und Tierwelt wird jedoch nur der wirklich Nutzen haben, der das Leben hinter oder in der Materie ahnt oder erkennt, der einsieht, daß es in Wirklichkeit nichts Unbelebtes und „Totes“ in der Natur gibt.
Für solche Menschen gibt es keine „Langeweile“ mehr, an welcher der moderne Mensch oft leidet, wenn er mit sich allein ist.
Einige Hinweise zur Entwicklung der Sinne und der feineren Fähigkeiten der Seele mögen hier noch am Platze sein.
Die Übungen können überall und im täglichen Leben gemacht werden. Es ist nicht notwendig, ja nicht einmal ratsam, die Pflichten zu vernachlässigen. Jeder, der es soweit gebracht hat, seine Gedanken im Zaume zu halten und sich von den Gedanken und Einflüssen anderer frei zu halten, kann sich stets üben. Man kann dies am besten daraus erkennen, ob man fähig ist, einen [54] bestimmten Gedanken längere Zeit festzuhalten; wenn Sie z. B. des Morgens von Ihrem Zimmer auf die Straße gehen, so halten Sie sich einen bestimmten Gedanken vor Augen und versuchen denselben festzuhalten, bis Sie in Ihrem Geschäfte angekommen sind. Es wird sich wohl in den meisten Fällen herausstellen, daß eine Menge anderer Gedanken und Einflüsse den zuerst gefaßten Gedanken verdrängt haben. Bei einiger Übung wird es aber gelingen, diesen Gedanken immer mehr hervortreten zu lassen, wobei gleichzeitig auch das Dazwischentreten anderer Gedanken und Einflüsse bemerkt wird. Diese bewußte Wahrnehmung und Unterscheidung ist ein Schritt nach vorwärts, denn man kann nun auswählen und denjenigen Gedanken Beachtung schenken, die man für nützlich hält.
Wer seine Gedanken beherrschen kann, ist imstande, auch im gewöhnlichen Leben seine Pflichten besser zu erfüllen. Das Unruhige, Nervöse, Hastige verschwindet und macht einem zielbewußten ruhigen, aber sicheren Arbeiten und Denken Platz. Die Ausdauer und Leistungsfähigkeit wächst dann zusehends.
Hat man es soweit gebracht, daß die Einflüsse und Gedanken nicht länger mehr ohne Kontrolle durch die Seele strömen können, dann ist auch das Leben in der Einsamkeit der Natur von größerem Werte, weil da die Gedanken besser ausreifen können, vorausgesetzt, daß nützliche, erhebende Gedanken das Ziel sind.
Eine Menge besondere Anweisungen zu geben, wie das innere Schauen entwickelt werden kann, hat nicht viel Wert, denn bei einigem Nachdenken kann man selbst Methoden hierzu finden, wenn man die in diesem Buche niedergelegten Entwicklungsmöglichkeiten in Betracht zieht.
Außer anderen Übungen können folgende vorgenommen werden: morgens und abends sich der Ausbildung des spirituellen Schauens dadurch widmen, daß man irgendeinen Gegenstand, sei es einen Brief, ein Kristall, eine Muschel, ein Mineral oder [55] etwas anderes in die Hand nimmt und so den Sinn des Hellfühlens oder die psychometrische Fähigkeit entwickelt, was dadurch geschieht, indem man die sich einstellenden Eindrücke beachtet. Der betreffende Gegenstand kann auch an die Stirn gehalten oder an den plexus solaris (Sonnengeflecht), das ist die Gegend der Magengrube, gelegt werden, welche Teile sehr sensitiv sind.
Oder man übt Telepathie (Gedankenübertragung), was gewöhnlich nicht so leicht, aber zwischen Personen, die miteinander in Harmonie sind, nicht so schwer ist und weit ausgebildet werden kann. Aber auch hier heißt es im Besitze der Fähigkeiten sein, einen bestimmten Gedanken längere Zeit festhalten zu können. Wo zwei Personen in Sympathie miteinander sind, da spielt die Entfernung bei Übertragung der Gedanken keine große Rolle.
Jede menschliche Seele wird in ihrer Entwicklung einem bestimmten System folgen, da jede eine gewisse Art Individualität repräsentiert, die nur ihr eigentümlich ist. Diese Entwicklungsmethode muß jede Seele selber finden. Es wird sich dann derjenige Führer im Geistigen bemerkbar machen, welcher der Eigenart der Seele entspricht.
Alle, welche die höheren geistigen Fähigkeiten in sich entwickeln wollen, sollten so viel wie möglich mit der Natur und in der Natur leben. Wer beständig in den ungesunden, dicht bevölkerten Städten lebt, wo die verschiedensten krankhaften und egoistischen Einflüsse existieren, hat keine günstigen Bedingungen für seinen Fortschritt. Niemand aber darf sich durch ungünstige Einflüsse, durch die Umgebung usw. abhalten lassen, seine Gedanken nach dem Höheren zu richten. Für viele sind die ungünstigen Umstände gerade Mittel, um die Kräfte zu erproben. Wer beständig mit gleichgesinnten, ihm wohlgesinnten Menschen zusammenkommt, wird nicht viel Gelegenheit haben, sich in Geduld zu üben. Widerstände sind oft zur Entwicklung sehr notwendig.
[56] Es gibt ein Prinzip der Seele, welches von nichts beeinflußt werden kann, das stets in erhabener Ruhe über allem Veränderlichen und Wechselnden steht. Dieses Prinzip müssen wir suchen und festhalten. Ich kenne kein Buch, welches dieses höchste Prinzip im Menschen so trefflich beschreibt, wie die Bhagavad-Gita.
Was der Mensch denkt, das wird er. Halten wir das Unzerstörbare, Unsterbliche, Ewige in unserem Bewußtsein fest, so müssen wir dem Naturgesetze zufolge unzerstörbar, unsterblich und ewig werden. So bildet das denkende Prinzip im Menschen (Manas) in seiner Vereinigung mit dem geistigen, erkennenden Prinzip (Buddhi) den Weg zur Erkenntnis des höchsten (göttlichen) Geistes.
[57]Die Ausbildung durch einen mit Hypnose arbeitenden Lehrer geht schneller und sicherer vor sich. Der Erfolg bezw. das Maß des Erreichbaren ist hierbei natürlich auch von der moralischen Qualität und Entwicklung des Schülers abhängig.
Die folgenden Anleitungen können natürlich nur für den der Hypnose Kundigen und im sonstigen Okkultismus Bewanderten gelten. Anleitungen zur Erlernung des Hypnotisierens und anderer okkultistischen Tätigkeiten zu geben, reicht der Raum dieses Buches nicht; auch ist der Zweck desselben ja ein anderer. Unkundige verweise ich auf die Monatsschrift „Okkultismus“, die im Verlage dieses Werkes erscheint und eins der leichtverständlichsten und vollständigsten Lehrmittel zur Selbstausbildung darstellt.
Bekanntlich ist der Somnambulismus eine verhältnismäßig seltene Erscheinung. Doch sind mit einer Reihe von Hypnosen, die ständig vertieft werden, auch viele Personen noch in dieses Stadium zu bringen, die sich erst nicht dazu zu eignen schienen. Man kann sagen, daß auf diese Weise wohl in jeder Familie ein oder mehrere Personen zum Somnambulismus gebracht werden können.
Diese Experimente nimmt man am besten in Abständen von je einer halben Woche vor. Zur eigentlichen Übung für [58] das Subjekt dienen dann Versuche mit Gedankenlesen und Hellsehen. Diese werden durch entsprechende Suggestionen unterstützt. Manchmal tritt das Hellsehen in der Hypnose dann ganz plötzlich ein, in anderen Fällen entwickelt es sich langsam weiter. Sache des Experimentierenden ist es, etwaiges Gedankenlesen von wirklichem Hellsehen unterscheiden zu können.
Ein vorteilhaftes Experiment ist folgendes:
Man setzt das Subjekt mit dem Rücken gegen eine Anzahl anwesender Personen. Diese Personen läßt man dann in entsprechendem Abstände (wenigstens mehrere Meter vom Subjekt) im Halbkreis Aufstellung nehmen. Dann steckt man dem schlafenden Subjekt irgendeinen Gegenstand in die Tasche und sagt ihm, daß dieser Gegenstand gestohlen werden würde und von ihm entdeckt werden muß. Darauf gibt man durch Zeichen einer der anwesenden Personen Auftrag, den Gegenstand aus der Tasche des Subjektes zu stehlen und zu sich zu nehmen. Während sich der „Dieb“ an das Subjekt heranschleicht, läßt man dann die übrigen Anwesenden mit den Füßen stampfen, damit das Subjekt das Geräusch der Schritte nicht hören kann.
Sobald dieses Experiment das erste Mal gelingt, ist das Spiel gewonnen, d. h. das Subjekt ist somnambul und hellsehend veranlagt.
Will man dann das Hellsehen durch das soweit entwickelte Subjekt in wachem Zustande willkürlich ermöglichen, so bedarf es nur noch der Konzentrationsübungen desselben ohne Lehrer. Diese Weiterentwicklung wird dann noch unterstützt durch Suggestionen bei weiteren Hypnosen, mit denen man dem Subjekt einfach befiehlt, bei seinen Konzentrationsübungen sehen zu können.
Es gibt noch eine weitere Möglichkeit zur Entwicklung des Hellsehens und zwar durch Hypnose aus dem gewöhnlichen Schlafe. Diese Hypnose kann, wie ich in der Monatsschrift „Okkultismus“, [59] sowie auch in der Broschüre „Kindererziehung nach neuen Grundsätzen“ (auch im Verlage dieses Buches erschienen) klargelegt habe, auch von Laien, die sonst des Hypnotisierens und anderer okkulter Anwendungsmöglichkeiten nicht kundig sind, leicht ausgeführt werden, doch möchte ich diesen Weg hier nicht empfehlen, da einige Gefahren damit verbunden sein könnten. (Wiedenmann verwies bereits darauf.)
Wer sich der jedoch allgemeinen okkultistischen Ausbildung nicht scheut – diese liegt in jedermanns eigenem Interesse –, dem wird auch bald auf diesem hohen Gebiete Erfolg beschieden sein.
Ich betone zum Schlusse, wie schon an anderen Stellen meiner Werke: „Es ist für jeden etwas erreichbar, meist mehr als man selber glaubt. Der Schlüssel zum Erfolge liegt nicht darin, daß man das Maß von Willens- und Geisteskraft besitzt, das man bei ausübenden Okkultisten bemerkt, sondern, daß man nur das bescheidene Quantum von Willenskraft aufbringt, welches nötig ist, um die einfachen Anleitungen zur Ausbildung zu befolgen! – Das größte Opfer, das gebracht werden muß, ist meist nur etwas Bequemlichkeit. Nun urteile man selbst, ob die Sache dieses Opfers wert ist!