Der Erste überm Rhein
[48] Der Erste überm Rhein. Ein rechter ritterlicher Held war der Kämpe, der noch lange vor den verbündeten Heeren, die in der Neujahrsnacht von 1814 über den Rhein zogen, den Fuß auf den jenseitigen Boden setzte. Aber nicht etwa an der Spitze seines gefürchteten Streifcorps, nein, echt husarenhaft, allein. Er benutzte die erste Nacht nach seiner Ankunft am Rhein zur Ausführung seines Entschlusses. Der bestellte Kahn ist am Ort, das kurze Pfeifchen ist gestopft, es wird Feuer geschlagen, der Schwamm ausgelegt, dann der Deckel zugeklappt und sich im Kahn festgesetzt, die festen Fäuste ergreifen die Ruder, die starken Arme regieren sie gewandt und durch geht es durch die nächtliche Fluth, im rüstigen Kampf mit der Strömung quer hinüber zum andern Ufer. Was suchte, was bezweckte er dort? Welche militärische Vorsorge oder Nothwendigkeit trieb ihn zu dieser nächtlichen Fahrt? Von alledem gar nichts. Und wozu auch das Alles? Ein Husarenstreich ist’s, und das ist genug. Mochten sich dem kecken Waghals aus der nächtlichen Ferne auch allerlei verdächtige Gruppen zeigen, er rauchte beharrlich sein Pfeiflein zu Ende, klopfte den Kopf aus, stopfte von Neuem, schlug wiederum Feuer und legte den Schwamm auf, klappte den Deckel zu, ergriff die Ruder und zwang den Kahn zu dem befreundeten Ufer zurück. Daß jetzt drüben französische Soldaten heraneilten und ihm nachschossen, thut nichts mehr zur Sache, weil unser Mann nicht getroffen worden ist, denn der kecke Husar war kein Andrer als Emanuel Graf v. Mensdorff-Pouilly, der Schwager vom Vater des jetzigen Herzogs Ernst von Coburg, und starb hochgeehrt als Feldmarschalllieutenant und Hofkriegsrathspräsident, 75 Jahre alt, im Jahre 1852 zu Wien.