Der Hochzeittag

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Christian Fürchtegott Gellert
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Der Hochzeittag
Untertitel:
aus: Sämmtliche Schriften. 1. Theil: Fabeln und Erzählungen, Drittes Buch. S. 267–269
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1769
Verlag: M. G. Weidmanns Erben und Reich und Caspar Fritsch
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
Erstdruck 1746/48
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]


[267]
 Der Hochzeittag.


Vom Vater seiner Braut erhielt Philet das Glück,
Mit Sylvien sich endlich zu vermählen,
Und selbst den Tag mit ihr zu wählen.
Welch ein vergnügter Augenblick

5
Für ein Paar sehnsuchtsvolle Seelen!

Sie sehn sich schmachtend an, und wählen.

     Ihr Kinder, fuhr der Vater fort,
Wollt ihr mir alten Mann noch eine Lieb erweisen:
So fahrt, (ich bin zu schwach, sonst würd ich mit euch reisen,)

10
Aufs Dorf, und laßt euch an dem Ort,

Und von des Priesters Hand, der mir mein Glück im Leben,
Mein selig Ehweib gab, ganz still zusammen geben.

     Philet reist auf des Vater Wort
Mit seiner Braut an den bestimmten Ort.

15
     Seit gestern war er nun mit Sylvien verbunden,

Und kam itzt gleich aus einem Blumenstück
Mit ihr, und einem Kranz, von ihrer Hand gewunden,
Entzückt von Lieb und Lenz, in sein Gemach zurück,
Und jeder Kuß und jeder Blick

20
Vermehrte sein und seiner Schönen Glück.


     In scherzender Vertraulichkeit
Und an dem Tisch, auf dem ein Paar Pistolen liegen,
Die er vom Schuß noch gestern selbst befreyt,
Steht er mit ihr allein, und trunken vor Vergnügen

[268]
25
Ergreift er eins. Nun, fängt er scherzhaft an,

Nunmehr bereut die kleinen Grausamkeiten.
Wie viel habt Ihr mir deren angethan!
Besinnt Ihr Euch noch auf die Zeiten,
Da ich umsonst an Euer Fenster kam;

30
Da Ihr mich Aermsten – – – Sterbt, Madam,

Mit aller Eurer Kunst, die Herzen zu bestricken,
Mit Euern zauberischen Blicken,
Mit Euerm Haar, so festlich schön es ist!
Schieß her, spricht sie mit lächelnden Geberden,

35
Schieß her, wenn du so grausam bist!

Er schießt. Ach Gott! und sie fällt todt zur Erden.
Und wer beschreibt wohl seine Pein?
Doch auch im größten Schmerz noch sein,
Ruft er den Diener laut herein,

40
Und schließt die Thüre zu. „Wer lud mir die Pistolen?“

Ich thats, weil mirs zur Reise nöthig schien.
„Ich habe dirs doch nicht befohlen?“
Nein, Herr! Und gleich erschoß er ihn.
Dann schrieb er diesen Brief: Ich, der vor wenig Stunden

45
Sich als den Glücklichsten dir, Vater, vorgestellt,

Bin nach dem größten Glück, das je ein Mensch empfunden,
Itzt der Unseligste der Welt.
O! dürftest du doch niemals wissen,
Wie elend ich und du geworden sind! – – –

50
Getödtet von mir selbst, liegt sie vor meinen Füßen,

Mein göttlich Weib, dein liebstes Kind!

[269]
Mein Diener, dessen Schuld mich um ihr Leben brachte,

Liegt schon durch gleichen Schuß gefällt;
Ich aber, der ich mich mit Abscheu nur betrachte,

55
Was sollt ich länger auf der Welt?

Nein, deiner Tochter Tod soll gleich der meine rächen.
Wenns möglich ist, o! so verfluch nicht ihren Mann!
Ich bete noch für dich, wenn mir die Augen brechen,
Der ich für mich nicht beten kann – – –

60
     Man traf ihn neben ihr durchs Schwerdt getödtet an.