Der Krieg in Südafrika (Die Gartenlaube 1899/27 i 3)

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Titel: Der Krieg in Südafrika
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aus: Die Gartenlaube, Heft 27, S. 836 i 3–4
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1899
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Neuigkeiten zum Zweiten Burenkrieg
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[836 i 3] Der Krieg in Südafrika. (Zu unseren Bildern). Von den befestigten Plätzen, in denen es den Buren bald nach Ausbruch des Krieges gelungen war, größere Truppenkörper der Engländer einzuschließen, und auf deren Entsatz sich die Operationen des Generals Buller mit den frischen Truppen aus England zunächst richten mußten, ist Kimberley der bedeutendste. Bei der letzten Zählung der Bevölkerung betrug dieselbe gegen 40000 Einwohner, die Hälfte davon waren Weiße. Sein Entstehen und schnelles Wachstum verdankt der Ort den Diamantminen in seiner Nähe. Er wurde zum Mittelpunkt einer Diamantenindustrie, deren Ertrag 1892 einen Wert von 78 Millionen darstellte. Als vor 30 Jahren die ersten Diamantfunde gemacht wurden, annektierte England mit Hilfe des Griquahäuptlings Waterboer (vergl. Sonderbeilage zu Nr. 49, Seite 2) die damals zum Oranje-Freistaat gehörige Gegend und schlug sie zu Westgriqualand, das schon in seinem Besitz war. Erst nachträglich fand es sich bereit, eine Entschädigung von zwei Millionen Mark an den Oranje-Freistaat zu zahlen. Die Stadt hat heute verschiedene Hotels, ein Hospital, ein Sanatorium, eine städtische Bibliothek, welche die größte in ganz Südafrika ist. Gewissermaßen als Vorstadt von Kimberley ist Beaconsfield zu betrachten. Der Oberkommandant der westlichen Burenarmee, Pieter Cronje, stellte sich gleich nach Ausbruch des Kriegs die Aufgabe, diese reiche und strategisch wichtige Stadt zu erobern. Daß Cecil Rhodes, der zu den ersten Ausbeutern der Diamantgruben zählte und später als Direktor der „Chartered Company“ der rücksichtsloseste Vorkämpfer der englischen Geldinteressen in Südafrika wurde, sich in Kimberley aufhielt, dieser Umstand erhöhte den Eifer der Belagerer, die jedoch wochenlang den von 2500 Mann unter Oberst Kekewich verteidigten Ort vergeblich beschossen. Der Ort ist schwer einzunehmen, zumal die Stein- und Schuttmassen und die Gräben bei den Minen natürliche Befestigungen bilden. Bis zum 4. Dezember war es andrerseits den Belagerern unter Kommandant Dutoit auch stets gelungen, die oft sehr heftigen Ausfälle zurückzuschlagen.

Mit dem Entsatz von Kimberley wurde von Buller die um eine [836 i 4] Marinebrigade verstärkte Division betraut, zu deren Führer Lord Methuen bestimmt war. Sie umfaßt mehrere der glänzendsten Garderegimenter der englischen Armee, in deren Reihen von jeher die Söhne der alten britischen Adelsgeschlechter mit Vorliebe dienen. Die Armee hatte beim Aufbruch von Kapstadt eine Stärke von rund 14000 Mann und drang mit großer Schnelligkeit, die Eisenbahn benutzend, über den Oranjefluß vor. Unweit von diesem sah sie sich bei Belmont am 23. November von einigen tausend Mann Buren bedroht, die auf den Höhen entlang der Bahn Stellung genommen hatten. Unter dem Aufwand seiner gesamten Truppenmacht gelang es Methuen, die Gegner zu vertreiben, aber der Kampf kostete viele Opfer.

Dr. W. J. Leyds.

Major Albrecht.

Noch blutiger verlief zwei Tage später der Sturm auf die Höhen bei Graßpan, und hier wie dort war die Zahl der getöteten und verwundeten englischen Offiziere sehr groß, während die Verluste der Buren verhältnismäßig klein waren. Ueberhaupt erwiesen sich diese Gefechte, welche Lord Methuen nach London als bedeutende Siege verkündete, als erfolgreiche Schachzüge der Strategie des alten Burengenerals Cronje, der darauf ausging, mit kleinen vorgeschobenen Kontingenten von günstiger Stellung aus den Feind im Vorrücken aufzuhalten und zu schwächen. Diese Kontingente von Oranjeburen standen unter Führung des Generals Delarey. Am 27. November gelangte Lord Methuen an den Modderfluß, der sich in der Nähe der Bahnlinie, etwa 35 km vor Kimberley, mit dem Rietfluß vereinigt. Hier hatte Cronje auf dem südlichen wie auf dem nördlichen Ufer des hochgehenden Flusses Schanzen aufwerfen lassen, zu deren Verteidigung etwa 8000 Mann zusammengezogen waren. Ein erbitterter Kampf entspann sich am 28. in der Frühe, der bis spät in den Abend währte. Die englischen Truppen kämpften, nach dem Berichte des Lord Methuen, ohne Wasser und Nahrung, in der Sonnenhitze mit großer Tapferkeit und zwangen schließlich den Feind, seine Stellungen aufzugeben. Doch ward dieser Erfolg mit Opfern erkauft, die zu ihm in gar keinem Verhältnis standen. Auch Lord Methuen befand sich unter den Verwundeten. Am 1. Dezember wurde vom General Gatacre aus Kapstadt dem Londoner Kriegsamt gemeldet, Lord Methuen bleibe am Modderfluß, um die Brücke über den Fluß wieder herzustellen. Starke Abteilungen von Kavallerie und reitender Artillerie, sowie zwei Infanterieregimente seien von Kapstadt her zu seiner Verstärkung unterwegs. Inzwischen hielt sich wie die Besatzung von Kimberley auch die von Mafeking, das Oberst Baden-Powell mit bewundernswerter Zähigkeit verteidigte, trotz der scharfen Beschießung durch die schweren Geschütze der Buren.

General Lord Methuen.

Nur dunkle Nachrichten kamen in derselben Zeit vom Operationsfeld der Regimenter, welche General Gatacre von Kapstadt, Port Elizabeth und East-London aus, unter Führung des Generals French, gegen die Stellungen der Oranjeburen im Norden der Kapkolonie ausgesandt hatte. Am 2. Dezember traf in London die Meldung ein, die Truppen Gatacres hätten bei Molteno zwischen Queenstown und Burghersdorp ein Lager bezogen, welches befestigt werde. Die holländischen Kolonisten der nördlichen Grenzdistrikte des Kaplands befanden sich zu dieser Zeit in offenem Aufstand. Ueber die Vorgänge in Natal, wo sich bis zum 2. Dezember, den englischen Berichten nach, die Truppen des Generals White noch immer in oder wenigstens bei Ladysmith gehalten hatten, blieb erst recht ein Schleier gebreitet. Aus der Nähe von Colenso, wo die große Eisenbahnbrücke über den Tugelafluß sich spannt, von der es schon am 15. November hieß, General Joubert habe sie sprengen lassen, wurden Gefechte gemeldet, durch welche Kavallerie und reitende Artillerie vom Lager des Generals Hildyard bei Frere die Buren zu hindern versucht hätten, die Brücke zu zerstören. Es ist zu beachten, daß bei Colenso zwei Brücken über den Tugelafluß führen. Wirkliche Erfolge hatte der Oberkommandierende der englischen Armee, General Buller, der am 26. November in Pietermaritzburg die Leitung der Operationen zum Entsatz von Ladysmith übernahm, zunächst nicht aufzuweisen. Der Rückzug der Buren von Estcourt nach Colenso war ein freiwilliger und entsprach jedenfalls einer strategischen Absicht Jouberts, der inzwischen eine starke Truppenzahl auf den Höhen im Norden des Tugelaflusses konzentrierte, von wo die schweren Geschütze Colenso und Ladysmith gleichzeitig beherrschen.

Außer den Porträts der Generale Lord Methuen, Gatacre und Hildyard, der Obersten Kekewich und Baden-Powell bringen wir heute das Bildnis von Major Albrecht, dessen Verdienst es ist, die Artillerie des Oranjefreistaats auf die jetzt bewährte Leistungsfähigkeit gebracht zu haben. Richard Albrecht ist ein geborener Berliner, der 1870 den Krieg gegen Frankreich in der preußischen Garde-Feldartillerie mitmachte. Er blieb bei der Waffe und wurde später Vizewachtmeister. Als 1880 der Oranjefreistaat einen tüchtigen preußischen Artilleristen zur Organisierung seiner Artillerie suchte, wurde diese ehrenvolle Aufgabe Albrecht übertragen. Die 6 Kanonen, welche die Oranjeburen bei Belmont, dann bei Graßpan aufgefahren hatten, wurden so vortrefflich bedient, daß lange Zeit die 24 Kanonen Lord Methuens nichts gegen sie ausrichten konnten.

Mit Interesse werden die Leser auch die Züge des Dr. W. J. Leyds betrachten, der als außerordentlicher Gesandter der Südafrikanischen Republik in Brüssel mit ebensoviel Umsicht wie Energie die Interessen der Buren bei den Staaten Europas vertritt. Leyds stammt aus Holland, wo er die Rechte studierte. Eine Zeitlang war er unter Präsident Krüger Staatssekretär des Auswärtigen in Pretoria. Vor Ausbruch des Krieges gab er sich viel Mühe. denselben abzuwenden.