Der Minneberg (Schnezler)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Textdaten
<<< >>>
Autor: August Schnezler
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Der Minneberg
Untertitel:
aus: Badisches Sagen-Buch II, S. 592–595
Herausgeber: August Schnezler
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1846
Verlag: Creuzbauer und Kasper
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Karlsruhe
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Commons, Google
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[592]
Der Minneberg.

Wem wirds nicht sehnlich zu Sinne,
Hört er vom Minneberg?
Wer denkt nicht, daß sich darinne
Verschwiegene Minne berg’?

5
Oder daß in seinem Grunde

Der Ritter Tanhuser ruht,
Mit Frau Venus Mund an Munde,
Verschmolzen in süßer Gluth?

Komm, setz’ Dich im Abendlichte

10
Still an die Seite mir

Und höre nun die Geschichte,
Die man erzählt von hier:

Tief in dem Berge hausen
Zwölf schöne Jungfräulein;

[593]
15
Sie kamen zuweilen heraußen,

Doch stets nur Eine allein.

Die setzte sich an die Quelle
Dort an dem schattigen Hang,
Sich labend am Kühl der Welle

20
Und lustigem Vogelfang. –


Vom nachbarlichen Schloße
Kam einstens ein Edelknab’,
Verirret vom Jägertrosse,
Hier an den Quell herab;

25
An dessen moosigem Rande

Das reizendste Mägdlein sitzt
Im blüthenweißen Gewande,
Vom Gürtel ein Demant blitzt.

Ein himmlisches Lächeln spielet

30
Um ihren Rosenmund,

Aus dessen Bogen zielet
Der Gott, der Alles macht wund.

Sie grüßet, wie hold erschrocken,
Den jungen Jägersmann –

35
Ihre Augen, ihre Locken

Sie halten ihn bald im Bann,

In heißer Liebesumschlingung –
Doch sprach das Jungfräulein:
„Nur unter Einer Bedingung

40
Darf ich Dein eigen seyn:


„Gelobe mir, nie zu spähen
Wo ich zu Hause bin,
Mir niemals nachzugehen
Zur verschwiegenen Wohnung hin!

[594]
45
„Denn solltest Du je dich wagen

In mein geheimes Haus,
So kommst Du in ewigen Tagen
Nie wieder an’s Licht heraus!“

Er schwört’s; mit glühenden Küßen

50
Besiegelt wird ihr Bund,

Geweiht zu Himmelsgenüssen
Der trauliche Schattengrund. –

So floßen am kühlen Bronnen,
Bei kosigem Minnespiel,

55
In weltverschwiegenen Wonnen

Der Frühlingsabende viel.

Doch ließ die Neugier, die schlimme,
Dem Jüngling keine Ruh;
Stets rief ihm eine Stimme

60
Aus seinem Innern zu:


„Geh ihr nach, geh’ ihr nach, wenn die Lose
Deinem Arm sich wieder entzieht,
Und in des Gebirges Schoose
Nach der heimlichen Wohnung flieht.

65
„Gelöst nun werde Dir endlich

Das Räthsel so wunderbar,
Und drohte auch unabwendlich
Dir ewigen Banns Gefahr!“

Er kann nicht widerstehen,

70
Sein Herz ist gar zu schwach;

Vom Liebchen ungesehen,
Schleicht er ihr Abends nach;

Entlang des Berges Seiten
Folgt er ihr ohne Halt, –

[595]
75
Da sieht er sie plötzlich gleiten

In einen Felsenspalt.

Er kann nicht widerstehen,
Es drängt ihn mächtig hinein –
Kein Mensch hat ihn mehr gesehen,

80
Verschlossen bleibt der Stein.
A. Schzlr.
(Vergl. Aloys Schreibers’ „Sagen aus den Rheingegenden und dem Schwarzwalde.“ Heidelberg 1839. S. 104.)