Der Patronatsherr
[68] Der Patronatsherr. (Zu dem Bilde S. 53.) Würdevoll und machtbewußt sitzt der alte Freiherr und Kirchenpatron in seiner Loge auf der Emporbühne der Kanzel gegenüber und betrachtet sich den predigenden Geistlichen. Der erste Augenschein durch den großen Nasenquetscher hatte ein befriedigendes Ergebniß: Candidatus ist kein finsterer Asket wie sein Vorgänger, sondern ein wohlgenährtes Männlein, dessen muntere Gesichtszüge eine Tischunterhaltung erhoffen lassen, wie sie der alte Freiherr nöthig hat, um die Abgeschiedenheit seines Herrenschlosses zu ertragen. Dieses steht wohl im schönen Gartenland Oberösterreich und bietet einen sehr annehmbaren Ruhesitz für einen, der sich im böhmischen Kriege und am Rheine unter kaiserlichen Fahnen umgetrieben und manchen harten Strauß mit hat ausfechten helfen. Aber – wer Schlachten geschlagen hat, will davon erzählen, und was thut ein alter Kriegsmann mit einem blondlockigen Töchterlein, sei es auch sonst so lieblich und hilfreich wie nur möglich, als einziger Zuhörerin? ...
Da muß Wandel geschafft werden, und deshalb sitzt unser Freiherr
mit so wichtigem Sorgenantlitz vor der Entscheidung. Heute senkt sich
nicht auf seine Lider der Kirchenschlaf, der ihn sonst hier unter dem Wappen
seines Hauses und den ruhmreichen Schlachttrophäen so sanft umfängt,
heute horcht er angestrengt. Aber was er hört, gefällt ihm: der Kandidat
macht den Bauern die Hölle heiß, wie es sich gehört. Jetzt noch die Hauptprobe:
einen tiefen Trunk bei der Mahlzeit und ein Kartenspiel hinterher!
Besteht der junge Gottesmann auch hierin, dann ist ihm die Pfarre gewiß,
und der Patronatsherr fühlt sich von seinen Sorgen erlöst! Bn.