Der Todten-Tantz, Basel
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Wahrnung Esajä am 40. Capitel.
Es spricht der Prophet Esajas,
Daß alles Fleisch ist Hew und Gras,
Sein Schöne wir die Blum im Feld,
Das Gras verdorrt, die Blum wird welck:
Vergleicht s’Volck dem Gras auf der Heyd,
Wenns HErren Athem sie anwäyt,
Die Blum verreißt, das Gras verdorrt,
Doch bleibt in Ewigkeit sein Wort.
Trost des Jobs am 19. Capitel.
Ich weiß, daß mein Heyland thut leben,
Christus, der mir hat s’Leben geben,
Wird mich aus der Erden erwecken,
Mein Gebein mit der Haut bedecken,
Und wird mein Fleisch GOtt leben sehen,
Mit meinen Augen wirds beschehen.
Ein anders Trost-Sprüchlein.
Was lebt, das stirbt durch Adams Noth:
Was stirbt, das lebt durch Christi Tod.
Andere Verslein.
O Mensch betracht
Hie die Figur,
Die nimmt der Tod
Gleich wie die Blum
Und nicht veracht
All Creatur
Frühe und spoht,
Im Feld vergoht.
Viel aus den, die im Staub der Erden
Schlaffen, die sollen wieder werden
Erwachen: Ein Theil ewig leben,
Dem andern Theil will er geben
Ein hart Urtheil zu ew’ger Schmoch:
Die müssen aber kommen hoch,
Welch andere haben bericht fein,
Werden gläntz’n wie des Himmels Schein.
Wer diese Figur schauet an,
Sie sind jung, alt, Weib oder Mann,
Sollen betrachten, daß, wie der Wind,
Alle Ding unbeständig sind.
Doch wiß ein jeder Mensch gar eben,
Nach dieser Zeit ist auch ein Leben,
Das steht in Freuden oder Pein;
Ein jeder lug wo er wöll hin.
Kommt heiliger Vatter, werther Mann,
Ein Vortantz müßt ihr mit mir han:
Der Ablaß euch nicht hilfft darvon,
Das zweyfach Creutz und dreyfach Cron.
Heilig war ich auf Erd genandt,
Ohn GOtt der höchst führt ich mein Stand:
Der Ablaß thät mir gar wohl lohnen,
Nun will der Tod mein nicht verschonen.
Herr Käyser mit dem grawen Bart,
Ewer Rew habt ihr zu lang gespart,
Drum sperrt euch nicht, ihr müßt darvon,
Und tantz’n nach meiner Pfeiffen Thon.
Ich konnte das Reich gar wohl mehren
Mit Streiten, Fechten, Unrecht wehren:
Nun hat der Tod überwunden mich,
Daß ich bin keinem Käyser gleich.
Ich tantz euch vor Frau Käyserin,
Springen hernach der Tantz ist mein:
Euer Hofleuth sind von euch gewichen,
Der Tod hat euch hie auch erschlichen.
Viel Wollüst hat mein stoltzer Leib,
Ich lebt als eines Käysers Weib:
Nun muß ich an diesen Tantz kommen,
Mir ist all Muth und Freud genommen.
Herr König ewer G’walt hat ein End,
Ich führ euch hie bey meinen Händ,
An diesen dürren Bruder-Tantz,
Da gibt man euch des Todes Krantz.
Ich hab gewaltiglich gelebt,
Und in hohen Ehren geschwebt:
Nun bin ich in des Todes Banden,
Verstricket sehr in seinen Handen.
Frau Königin euer Freud ist aus,
Springen mit mir ins Todten-Haus,
Euch hilfft kein Schöne, Gold noch Gelt,
Ich spring mit euch in jene Welt.
O weh und ach! O weh und immer,
Wo ist jetzund mein Frauenzimmer,
Mit denen ich hat Freuden viel:
O Tod thu g’mach, mit mir nicht eyl.
Spring auf mit dem rothen Hut,
Herr Cardinal, der Tantz ist gut:
Wohl gesegnet habt ihr die Leyen,
Ihr müßt auch jetzund an den Reyhen.
Ich ware mit Päbstlicher Wahl
Der heiligen Kirchen Cardinal:
Die Welt hielt mich in grossen Ehren,
Noch mag ich mich s’Tods nicht erwehren.
Euer Würde hat sich verkehrt,
Herr Bischoff weiß und wohl gelehrt:
Ich will euch an den Reyhen ziehen,
Ihr mögen dem Tod nicht entfliehen
Ich bin gar hoch geachtet worden,
Dieweil ich lebt in Bischoffs-Orden:
Nun ziehen mich die Ungeschaffnen
An ihren Tantz als einen Affen.
Habt ihr mit Frauen hoch gesprungen,
Stoltzer Hertzog, ists euch wohl g’lungen:
Das müßt ihr an dem Reyhen büssen,
Wol her, g’lust euch die Todt’n zu grüssen.
Ach GOtt! der armen Lauten Thon,
Muß ich mit dem Greuling darvon!
Heut Hertzogin und nimmer meh,
Ach Angst und Noth, O weh! O weh!
Herr Graff gebt mir das Bottenbrodt,
Es zeucht euch hin der bitter Tod:
Laßt euch nicht reuen Weib und Kind,
Ihr müßt tantzen mit diesem G’sind.
In dieser Welt ward ich bekandt,
Darzu ein Edler Graff genandt:
Nun bin ich von dem Tod gefällt,
Und her an diesen Tantz gestellt.
Herr Abbt ich zieh euch die Ynsel ab,
Deßhalb nutzt euch nicht mehr der Stab:
Sind ihr g’wesen ein guter Hirt
Hie eurer Schaaf, die Ehr euch wird.
Ich hab mich als ein Abbt erhebt,
Und lang in hohen Ehren g’lebt:
Auch satzt sich niemand wider mich,
Dennoch bin ich dem Tode gleich.
Nun kommet her ihr Edler Degen,
Ihr müsset hier der Mannheit pflegen
Mit dem Tod der niemand verschont,
Gesegnet euch, so wird euch glohnt.
Ich hab gar manchen Mann erschreckt,
Der mit dem Harnisch war bedeckt,
Nun ficht mit mir der grimme Tod,
Und bringt mich gar in grosse Noth.
Vom Adel, Frau, laßt euer pflantzen,
Ihr müsset jetzt hie mit mir tantzen,
Ich schon nicht euers geelen Haar:
Was seht ihr in dem Spiegel klar?
O Angst und Noth, wie ist mir b’schehen!
Den Tod hab ich im Spiegel g’sehen:
Mich hat erschreckt sein greulich G’stalt,
Daß mir das Hertz im Leib ist kalt.
Es hilfft da kein Fund noch Hofieren,
Kein Aufzug oder Appellieren:
Der Tod zwinget alle Geschlecht,
Darzu Geistlich und weltlich Recht.
Von GOtt all Recht gegeben sind,
Wie man die in den Büchern findt,
Kein Jurist soll dieselbig biegen,
Die Lug hassen, die Wahrheit lieben.
Sind ihr ein Herr g’wesen der Stadt,
Den man im Rath gebrauchet hat?
Habt ihr wohl g’rathen, ist’s euch gut,
Wird euch auch abziehen euern Hut.
Ich hab mich g’flissen Tag und Nacht,
Daß der G’mein Nutz werde betracht,
Sucht Reich und Armer Nutz und Ehr,
Was mich gut dunckt, macht ich das mehr.
Herr Chorherr habt ihr g’sungen vor
Viel süß Gesang in euerm Chor:
So mercken uff, der Pfeiffen Schall
Verkündet euch des Todes Fall.
Ich sange als ein Chorherr frey
Vor Stimmen manche Melodey,
Des Todes Pfeiff ist dem ungleich,
Sie hat so sehr erschrecket mich.
Herr Doctor b’schaut die Anatomey
An mir, ob sie recht g’machet sey:
Dann du hast manchen auch hing’richt,
Der eben gleich, wie ich jetzt, sicht.
Ich hab mit meinem Wasserb’schauen
Geholffen beyde Mann und Frauen:
Wer b’schaut mir nun das Wasser mein,
Ich muß jetzt mit dem Tod dahin.
Herr Kauffmann, lasset euer Werben,
Die Zeit ist hie ihr müssen sterben:
Der Tod nimmt weder Geld noch Gut,
Nun tantzen her mit freyem Muht.
Ich hab mich z’leben versorgt wohl,
Küsten und Kästen waren voll,
Der Tod hat meine Gaab verschmacht,
Und mich um Leib und Leben bracht.
Gnädige Frau Aeptißin rein,
Wie habt ihr so ein Bäuchlein klein:
Doch will ich euch das nicht verweisen,
Ich wollt mich eh in Finger beissen.
Ich hab gelesen aus dem Psalter,
In dem Chore vor dem Fronalter:
Nun will mich helffen hie kein Betten,
Ich muß hie dem Tod auch nachtretten.
Bruder, komm du aus deiner Klaus,
Halt still, ich lösch dir das Liecht aus:
Drum mach dich mit mir auf die Fahrt
Mit deinem weissen langen Bart.
Ich hab getragen lange Zeit
Ein härin Kleid, hilfft mir jetzt nit:
Bin nicht sicher in meiner Klaus,
Die Stund ist hie, mein G’bätt ist aus.
Jüngling wo willt du hin spatzieren,
Ein andern Weg will ich dich führen,
Allda wirst du dein Buhlschafft finden:
Das thu ich dir jetzund verkünden.
Mit schlemmen, demmen und mit prassen,
Des Nachts hofieren auf der Gassen,
Darinn hab ich mein Muth und Freud,
Gedacht wenig an den Abscheyd.
Ach Jungfrau, euer rother Mund,
Wird bleich jetzund zu dieser Stund:
Ihr sprungen gern mit jungen Knaben,
Mit mir müßt ihr ein Vortantz haben.
O weh! wie greulich hast mich g’fangen,
Mir ist all Muth und Freud vergangen:
Zu tantzen g’lust mich nimmermeh,
Ich fahr davon, Ade, Ade.
Dein Gold und Geld sihe ich nicht an,
Du Wucherer und gottloß Mann:
Christus hat dich das nicht gelehrt,
Ein schwartzer Tod ist dein Gefärdt.
Ich fragt nicht viel nach Christi Lehr,
Mein Wucher der trug mir viel mehr:
Jetzt bleibt der Leyden all dahinden,
Was hilft mein Schaben und mein Schinden.
Was wollen wir für ein Täntzle haben,
Den Bättler oder schwartzen Knaben,
Mein Kilbehans, Spiel wär nicht gantz,
Wärst du auch nicht an diesem Tantz.
Kein Kilb war mir Wegs halb zu weit,
Davon ich nicht hab bracht mein Beüt:
Nun ists aus, weg muß ich mit Noht,
Die Pfeiff ist g’fallen mir ins Koht.
Herr Schultheiß auf, dann es ist Zeit,
Daß Leib und Seel mit einander streit:
Das thu ich auf der Leyren singen,
Dem Liedlein mögen ihr nachspringen.
Mein Ampt ich hab mit Fleiß versehen,
Hoff es sey niemand Unrecht b’schehen,
Am G’richt, dem Reichen wie dem Armen.
O GOtt du wöllst dich mein erbarmen!
Wohlauff Heine, du must jetzt springen,
Schürtze dich auf, und laß dir lingen:
Dein Kolben magst jetzt wohl lan bleiben,
Mein Tantz wird dir den Schweiß austreiben.
O weh! ich wollt gern Holtz auftragen,
Und allweg viermahl werden g’schlagen
Vom Herren mein, und seinen Knechten,
So muß ich mit dem Dürrling fechten.
Wohlher Krämer du Groscheneyer,
Du Leuth-b’scheisser und Gassenschreyer,
Du must jetztmahls mit mir darvon,
Dein Hümpelkram eim andern lohn.
Ich bin gezogen durch die Welt
Und hab gelößt allerley Geldt,
Viel Thaler, Müntz, Kronen und Gulden:
O Mord, wer zahlt mir jetzt die Schulden[1].
Dein Wegzeiger schneid ich dir ab,
Tritt sittlich, fallst mir sonst ins Grab,
Du armer blinder alter Stock,
In deinem bösen bletzten Rock.
Ein blinder Mann, ein armer Mann,
Sein Muß und Brod nicht g’winnen kan.
Kont nicht ein Tritt gehn ohn mein Hund:
GOtt sey g’lobt, daß hie ist die Stund.
Huyum Jud, mach dich auf die Fahrt,
Deines Meßiä hast zu lang g’wart:
Christum, welchen ihr habt ermördt,
War der recht, ihr habt lang geirrt.
Ein Rabbi wahr ich der Geschrifft,
Zog aus der Bibel nur das Gifft:
Gar wenig nach Meßiam tracht,
Hat mehr auf Schätz und Wucher acht.
Komm falscher Heyd und gottloß Mann,
Dein Abgott dir nicht helffen kan:
Den Teuffel hast für GOtt geehrt,
Derselb hat dein Gebett erhört.
Jupiter, Neptunus und Pluton,
Ihr höchsten Götter wollt mich nicht lohn;
Wann ihr all drey seyd unsterblich:
Saturnus wollst erbarmen dich.
Ich kan, Heydin, fein artlich greiffen
Ein Todten-Lied auf der Sackpfeiffen,
Dem must nachtantzen wie dein Mann,
Rüffest du schon alle Götter an.
Juno, Venus und auch Pallas,
Euch Göttin laßt erbarmen, daß
Ich sterben muß, helfft mir aus Noth,
Kein Segen hilffet für den Tod.
Komm her Hanß Koch, du must darvon,
Wie bist so feißt, du kanst kaum gohn:
Hast du schon kocht viel süsser Schleck,
Wird dir jetzt saur, du must hinweg.
Ich hab kocht Hüner, Gäns und Fisch,
Meim Herren vielmal über Tisch,
Wildprät, Pastet und Mareiban:
O weh meins Bauchs, ich muß darvon!
Du hast dein Tag g’habt Arbeit groß,
Frühe und spath ohn Unterloß,
Dein Burde will ich dir abnemmen,
Korb, Flegel, Degen thu mir geben.
O grimmer Tod, gib mir mein Huth,
Mein Arbeit mir nicht mehr weh thut,
Die ich mein Tag je hab gethan,
Was zeuchst mich armen alten Mann.
Kreuch her, Kind, du must tantzen lehren,
Wäin oder klag, magst dich nicht wehren.
Hättest schon die Brust an deim Mund,
So hilffts dich nicht zu dieser Stund.
O weh, mein liebes Mütterlein,
Ein dürrer Mann zeucht mich dahin:
O Mütterlein, willt du mich lohn,
Muß tantzen, und kan noch kaum stohn.
Hans Hug Klauber laß Mahlen stohn /
Wir wöllen auch jetztmals darvon:
Dein Kunst / Müh / Arbeit / hilfft dich nüt /
Wann es geht dir wie andern Leüt:
Hast du schon grewlich gmacht mein Leib /
Wirst auch so gstalt mit Kind und Weib:
Hab GOtt vor Augen allezeit /
Wirff Bensel hin / sampt dem Richtscheit.
Contrafacturen |
Bildnuß |
Der Mahler. Mein GOtt du wöllest bey mir stohn / Dieweil
ich auch muß jetzt darvon: Mein Seel befihl ich in dein Händ /
Wann die Stund kommt zu meinem End / Und der Tod mir mein
Seel austreibt / Verhoff doch mein Gedächtnuß bleib / So lang
man diß Werck haltet schon: Behüt euch GOtt / ich fahr darvon.
Willt du noch nicht vergnüget seyn,
Halt, halt, ich will dir schencken eyn,
Und dir abstricken vor der Zeit
Dein Leben jetzt mit grossem Laid.
O Paule, du Heiliger Mann,
Deinen Spruch ich nie geglaubet han,
Daß Fressen, Sauffen, Hurerey,
Dem Leib und Seel so schädlich sey,
Weil du dem Spielen Tag und Nacht
So embsiglich hast nachgetracht,
Huy Tod druck ab die Gurgel sein
So ist der Leib und Seele mein.
O lieben G’sellen helffen mir,
Daß ich entrinn dem wüsten Thier,
Hätt ich besucht des HERREN Wort,
Wär mir wohl g’wesen hie und dort.
Dieweil du hast in dieser Zeit,
Mit Raub und Mord durchg’richt die Leut:
Glaub mir, du wirst vor GOttes Thron
Mit den Cainern übel b’stohn.
O daß ich nimmer wär gebohren,
Dermaß empfind ich GOttes Zoren,
Darzu mein G’wissens schwäre Quäl:
O weh meins Leibs, weh, weh der Seel!
Von des Teuffels vergifften Zung,
Hat der Tod sein Ursprung,
Herrschet über die Menschen gantz:
Wir müssen all an seinen Tantz.
Eva ist vast schuldig dran,
Sie gab den Tod auch ihrem Mann,
Deß müssen wir groß leyden Noht,
Dann daher kommt der bitter Tod.
Hiemit die Rhym des Todten-Tantz,
O Satyre, sich enden gantz:
Doch zwey Verslin, so folgen nun,
Ihn gantz und gar beschliessen thun.
Mit stiller Stund,
Gehn wir zu Grund.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: Schuldrn