Der Ursulenberg bei Pfullingen
Der Vater springt von kurzem Schlummer
Empor zur neuen Tagesqual,
Sein Angesicht, verzehrt vom Kummer,
Erhellt ein morgenrother Strahl.
Ich muß zum Berge gehn,
Gott schafft kein Brod in’s Haus herein,
Uns hilft der Zaubergeist allein.“
Umsonst, daß ihm sein Weib mit Weinen
„Laß Gott die Sorge für die Seinen,
Der an dem Bach die Raben nährt.
Es hat des Bösen Macht
Noch keinem Heil gebracht.“
Er hat des Zaubers Gold gesehn.
Aus seiner Hütte ungesehn,
Die Nachtigall singt ihrem Meister
Vom Frauenkloster schallt
Das Glöcklein hell im Wald,
Fromm steigt der Nonnen nächt’ger Chor
Für aller Sünder Heil empor.
Er denkt an’s göttliche Gebot,
Da sieht den Schatz im Berg er glühen,
Und seine Kleinen ohne Brod,
Der Glühwurm ihn umkreist,
Rothflämmchen hüpfen hin und her,
Versperren ihm die Wiederkehr.
Und was er will, und was er wähle,
Es zieht ihn hin, es reißt ihn nach,
Er steht im glänzenden Gemach.
Vom Brand des Goldes sprühn
Die Wänd’ und Bäume blühn
Hinauf an golddurchglühter Wand
Die überstrahlet Stein und Gold,
Wie Wein aus Silberschaalen fließet,
Fließt ihre Rede zauberhold:
Im Bergpalast bei mir,
Furchtlos und ohne Laut allein,
Bin ich erlöst, der Schatz ist dein.
Sie nahm ihn in die weißen Arme,
Still, lautlos, frei von Furcht und Harme
Hat er die Stunden durchgewacht.
Schlaflos hat um den Freund
Sein Weib die Nacht durchweint,
Er hat des Zaubers Gold gesehn.
Leis stiehlt er sich zur Stund der Geister
Aus seiner Hütte ungesehn,
Die Nachtigall singt ihrem Meister
Vom Frauenkloster schallt
Das Glöcklein hell im Wald,
Fromm steigt der Nonnen nächt’ger Chor
Für aller Sünder Heil empor.
Er steht im leuchtenden Pallast,
Und reich beladen in der Mitte
Harrt eine Tafel auf den Gast.
„Wird bald die Jungfrau nahn?“
Es kommt hervor - kein schönen Weib -
Scheußlich geballt ein Drachenleib.
Es bäumt sich schwellend auf, und schnelle
Und zischend leckt’s zum Tisch herauf,
Entsetzen sträubt die Haar’ ihm auf.
Von Furien gescheucht,
Hat er sein Haus erreicht,
Noch schlummert Weib und Kind in Ruh,
Bleich liegt er neben seinen Kleinen,
Die Kammer hellt das Morgenroth,
Die Kindlein wachen auf und weinen,
Und bitten um ein Stückchen Brod,
Singt Gott ihr Morgenlied,
Des Schläfers Ohr kein Laut mehr traf,
Der Vater schlief den ew’gen Schlaf.