Der größte Meister der idealen Landschaft ist todt!
[306] Der größte Meister der idealen Landschaft ist todt! Die deutsche Kunst hat abermals Trauer anzulegen, und Weimar warf einen neuen Hügel auf bei den Gräbern seiner großen Todten. Friedrich Preller, der Vater, ist am 23. April, zwei Tage vor seinem vierundsiebenzigsten Geburtstage, in der Stadt seines siebenundvierzigjährigen Wirkens, gestorben.
Die „Gartenlaube“ hat dem Künstler das verdiente Denkmal schon im Leben gesetzt, als sie die Vollendung seines berühmtesten Werkes feierte, in dessen Aufbewahrung Leipzig und Weimar sich theilen: der „Odyssee-Landschaften“, die, in Wachsfarben auf Drahtgitterrahmen ausgeführt, das neue Museum in Weimar schmücken, während die sechszehn Cartons derselben zu den werthvollsten Zierden des städtischen Museums in Leipzig gehören. Vierzehn Jahre sind verflossen, seitdem wir diesen „Zögling Karl August’s“ in Bild und Wort unseren Lesern vorstellten, aber die Würdigung des „ersten deutschen Malers der historischen Landschaft“ war eine so vollständige, daß wir sie noch heute als ein Ehrenblatt auf das Grab des Meisters niederlegen können. Zu einer nochmaligen Besprechung dieses Musterwerkes der von dem großen Josef Anton Koch in Rom wiedererweckten idealen Richtung der Landschaftsmalerei veranlaßte uns das Erscheinen der A. Dürr’schen Prachtausgabe der Odyssee mit Preller’s Illustrationen in dem Artikel „Altgriechische Poesie in deutscher Kunst“.
Mit diesen Hinweisungen auf die Jahrgänge 1864 und 1871 der „Gartenlaube“ schließen wir uns der Trauer um den Todten und dem Preise seines Namens an, den Wunsch hinzufügend, daß es seinem Sohne, Friedrich Preller dem Jüngeren, gelingen möge, die hohe Stelle in der Kunst auszufüllen, die sein Vater verlassen hat.