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Der tolle Jäger

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Franz Krutter
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Titel: Der tolle Jäger
Untertitel:
aus: Der Morgenstern. Eine Zeitschrift für Litteratur und Kritik. Jg. 1, 1836 (einziger Jahrgang)
Herausgeber: Alfred Hartmann
Auflage:
Entstehungsdatum: 1836
Erscheinungsdatum: 1836
Verlag: gedruckt bei Joseph Tschan
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Erscheinungsort: Solothurn
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Der Morgenstern (1836), S. 58-59. Exemplar der Zentralbibliothek Solothurn, Signatur YQ 17. Siehe auch Fotografie auf Commons und die Urheberangabe im Inhaltsverzeichnis der Zeitschrift.
Kurzbeschreibung: Gedicht. Einem Jäger erscheinen Geister geschossener Hasen, die ihn "für jeden Hasenmord der Welt" büßen lassen wollen.
Urheberangabe im Inhaltsverzeichnis der Zeitschrift.
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
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[58]

Der tolle Jäger.

(Zu beiliegender Zeichnung.)

Vor Gott ist jedes Leben werth,
Das seine Huld erschuf;
Zu Lust und Leben hat ein Has’,
So wie der Mensch, Beruf.

5
Ein Hase war's; er spielte froh

Im sammetgrünen Klee, –
Ich schoß ihn todt – sein starres Aug’ –
Darüber ward mir weh. –

Gezielt hab’ ich, da hat er mich

10
Fromm bittend angeblickt; –

Da schoß ich ihn; – sein starres Aug’
Sah nach mir unverrückt. –

Das starre Auge brannte mich,
Und brannte bis ins Herz. –

15
In meinen Waidsack lud’ ich ihn,

Und eilte heimathwärts.

Und als die Abendglocke scholl,
Da kam ich aus dem Wald
Auf’s offne Feld; als sie verklang,

20
War ich am Gatter bald.


Wollt’ steigen über’n Gatter weg; –
Wie wog mein Hase schwer!
Er zog’, ich konnte nicht vom Fleck’
Und konnt’ es nimmermehr.

25
Ein and’res Schrecken trat vor mich,

Und hemmte meinen Lauf,
Gespenstig, riesig, fürchterlich
Stieg’s aus dem Boden auf.

Thurmhoch, es war ein Hasenpaar,

30
Das mir das Männlein macht’;

Mit starren Augen sah’s mich an. –
Ringsum war’s finster Nacht.

Da pfiff ein Wind vom Walde her;
Das klang so bang und weh,

35
Wie Seufzer aus dem Fegefeu’r;

Er kam und brachte Schnee.

Die Flocken fielen groß und dicht,
Und jede Flock’ ein Has’,
Und alle, alle seh’n mich an

40
Mit Augen, starr wie Glas.


Und Hasen, Hasen schneit es fort,
Millionen jede Stund’,
Und alle stürmten auf mich ein
Mit gierig offnem Schlund. –

45
Sie zogen aus dem Waidsack mir

Des todten Bruders Vließ;
Sie klammerten an die Flinte sich,
Daß ich sie fahren ließ.

[59] Sie brachen sie in tausend Stück’;

50
Sie nahmen mein Pulverhorn;

Sie kletterten an meinem Leib
Von hinten und von vorn’.

Sie rissen mir den Hut vom Kopf,
Und alle Kleider ab.

55
Und eine Stimme scholl darein,

Ein’ Stimme aus dem Grab:

„Für jeden Hasenmord der Welt
Sollst büßen du allein!“ –
Auf meinem Jagdhorn bliesen sie

60
Gespenstermelodei’n.


Und immer schauten sie mich an,
Ich mußte halten Stand. –
Mein Hund entsprang, er wurde toll;
Doch ich blieb – bei Verstand.