[Titelblatt]
[1]
Des Trojanischen
PARIDIS
Urtheil /
Von dem Goldenen Apffel der
ERIDIS.
[Libretto]
[2]
Des Trojanischen PARIDIS
Urtheil /
Von dem Goldenen Apffel der Eridis,
In einem Singe-Spiel zur Lust vorgestellet.
- PARIS.
HIer wo umb uns der bunte Frühling blüht /
Und durch dieß Thal mit frischen Augen sieht /
Last uns ihr frohen Hirten
Auff unsern Weyden /
Von da biß dort umb jene Püsch und Heiden
Ein Kurzweil-Spiel beginnen /
Nemt Laub eüch zu bemyrten /
Ihr zarten Schäfferinnen /
Fügt Hand und Hand zusammen;
Die Sonne sieht uns zu /
Wer wil uns denn verdammen
Umb diese süsse Ruh?
- Ein Hirte.
Wolan / wir hie zugegen /
Wir wollen saumen nicht /
Mit diesem schönen Volck uns züchtig zu bewegen /
Weil es zumahl zu Ehrn dem grossen Pan geschicht.
[3]
- Ein ander Hirte.
Pan, der uns unsre Heerden /
So treülich stets bewacht /
Läst feist und trächtig werden /
Dem mus ein Gottes-Dienst
Mit brünstigen Geberden
Von uns seyn dargebracht.
- Chor der Hirten und Schäfferinnen.
Brechet Blumen / windet Kräntze /
Last uns tantzen Lobe-Täntze.
- Paris.
Was ist uns Noht / daß wir mit Ambra räuchern?
Wir ehren GOtt mit unsern Rosen-Sträuchern:
Ein unbeflecktes Saltz /
Thut in den Feldern mehr /
Als dort das Ochsen-Schmaltz /
Wenn die geheilgte Gluth die Myrten überfähret /
Und ihr licht-grünes Haar als wie gefangen nimt /
Wenn durch die Awen man die Lorbern knasten höret /
Und in der Fromen Hand ein Strauß Wacholder glimt /
Da sind wir schon versöhnt / das Hertze steigt empor /
Der Rauch und Dampf der Gluth bringt nur die Andacht vor.
- Eine Schäfferin.
O Schönster Schäffer dieser Zeit /
Wir folgen deinem Willen /
Und seynd bereit /
Ein keuschen Tantz mit zu erfüllen /
Es wird uns unser Pan,
Der alles alles kan /
Die züchtigen Geberden
Auf bitten lassen wol zu einem Opffer werden.
[4]
- Eine andere Schäfferin.
Wir seynd auch hier / du Sonne dieser Felder /
Dir deine Lust zu mehren /
Nicht nur allein dem grossen Pan zu Ehren /
Gebeut uns nur / du Zier der grünen Wälder.
- Chor der Hirten.
Brechet Blumen / windet Kräntze /
Last uns tantzen Lobe-Tänze.
- Paris.
Ihr Hirten last die Melodeyen /
Geht Schäfferinnen an den Reyhen /
Geht last das Jubel schreyen /
Erhebet euch einander stracks entgegen /
Gott höret auch auf einen lauten Thon /
Ein stummer Tantz und züchtiges Bewegen:
Das hat zu rechter Zeit von ihm auch seinen Lohn /
Was ohne Falsch zu seinem Ruhm geschicht /
Es sey auch / wie es sey / dasselbe straft er nicht.
- Mercurius kömt an.
Du / der du auch von Helden bist entsprossen /
Und hier an diesem fromen Ort
Dein Leben führest unverdrossen /
Hör an das Wort /
Das Jupiter der Höchste vor dich bringet.
- Paris.
Wer bistu? sag es mir /
Weil dein erhelter Blitz so plötzlich auf mich dringet /
So mustu seyn ein Gott / ja oder hast was Göttliches an dir.
[5]
- Mercurius.
Ich bin zwar nicht ein Mensch wie du / jedoch an klugen Sinnen /
An Klugheit und Verstandt
Werd ich mich dir /
Du Ausbund aller Zier /
Durch dieses Land /
Und fast durch alle Welt dazu kaum ähnlich schätzen können.
- Paris.
- Mercurius.
Wer so auf Erden lebet /
Das er die Götter ehrt /
Ist auch bey ihnen wol gehört;
Wir rühmen sämptlich dich /
Weil deine Trefligkeit auch in dem Himmel schwebet.
- Paris.
So bistu noch ein Gott / ein Gott der mich und alles kennt?
- Mercurius.
Ein Gott / der stets auf Flügeln rennt /
Den grossen Wolckenbau durchzeucht /
Und nach der Götter Willen /
Bald hier bald dort hinfleucht.
- Paris.
Mein Hertz besteht mit Eiß /
Du Sprach- und RedeMeister /
Du Todt- und Lebens-Meister
Mercur, ich ehre dich / und gebe dir den Preis.
- Mercurius.
Verblasse nicht / O Paris, hier vor mir /
Faß dir nur einen Muth / du must es doch erfüllen /
Was dir das Grosse Häupt der Götter leget für.
[6]
- Paris.
Mein Atlas ist zu klein / das er so einen Berg /
Den Himmel und sein Heer /
Sol tragen über Meer /
Doch weil es ja sol seyn / sag an / was ist das Werck?
- Mercurius.
Es war ein froher Tag im Himmel und der Welt /
Von Peleus ernent und frölich angestelt /
Die Götter gros und klein vertauschten ihren Stand /
Und kamen seiner Braut zu Ehren auf das Land.
Wir pflegten unsrer Lust gantz frey / kein eintziger gedacht
Auf das / was bald hernach
Aus Haß und Neid geschach /
Wie es denn pflegt zu gehn / wan man ohn Sorgen ist /
Die Eris trit herein / voll Rachgier / Zorn und List /
Der Leib war Schwefel-gelb / von Adern aufgeschwelt /
Licht-hager / wie ein Halm der von der Sonnen felt;
Die bleichen Lefftzen hiengen nieder /
Die Zähne knirschten fort und fort /
Die Augen waren star voll Feuer Brand und Mord /
Das Haar / das streubt sich hin und wieder /
Und endlich trat sie gar empor.
- Paris.
Was nam sie denn nun endlich vor?
- Mercurius.
Sie tanzte vor uns hin und her /
Indem wir gar nicht auf sie schauen /
Da wirfft sie ohngefehr /
Ein rundes Stücklein Gold / das aus den Hesper-Auen
Sie etwan hat entwand /
Auf unsre Taffel hin /
[7]
Der Apfel springt zu mir /
Ich nehm ihn in die Hand /
Denck’ es sey mein Gewinn /
Bald aber seh’ ich eine Schrifft /
Der allerschönsten Zier /
Die niemand übertrift / (Hier kommen die 3. Göttinnen dazu.)
Der sol er seyn: Die Himmels-Königinnen
Die zancken daher unter sich /
Eine jede wil den Preiß der Schönheit ihr gewinnen.
Der Außspruch kömt auff dich /
Drum nim den Apffel an / und richte nach dem Rechten /
Ein falsches Urtheil wil der Jupiter verfechten.
(Mercurius übergibt dem Paris den gülden Apffel und gehet hinweg / die 3. Göttinnen aber bleiben.)
- Paris.
Du Singe-Gott / du Dichter /
Du grosser Seelen-Richter /
Reitz mich zu keiner Schuld /
Verschone der Gedult /
Ein Mensch hat gegen GOtt nichts mehr als seine Pflicht /
Gehorsam sol er seyn / befehlen aber nicht.
- Juno.
Was hier und da die grossen Götter wollen /
Das sol ein Mensch / wie du / auch auf der Erden sollen.
- Paris.
Wolt ihr sonst etwas hier / ihr Schönesten der Frauen /
Nach Rosen / Lilien / und andern Blumen schauen?
Zu eurer Güldnen Haare Zier /
Es ist euch ungewehrt /
Umb unsern Ida hier
Sie abzubrechen:
Was aber ihr begehrt /
Kan als ein Schäffer-Knecht ich gegen euch nicht sprechen.
[8]
- Pallas.
Erfülle dis Begehr du darfst hier keiner schonen /
- Venus.
Die diesen Apffel nimmt / die wird dich wol belohnen /
- Juno.
Ich biete dir mein gantzes Reichthum an.
- Pallas.
Ich Weisheit und Verstand /
- Venus.
Und ich ein schönes Bild / das dich ergetzen kan /
- Juno.
Du solt dein Vaterland
In überfluß an Golde sehen /
- Pallas.
Wer Weißheit haben wil / der sol hin zu dir gehen /
- Venus.
Dein eintzges Lieb das sol der Welt ein Wunder seyn /
- Juno.
Wiltu mir dann des Apffels güldnen Schein verneinen
Schaw meinen Schmuck die Spangen an /
Wie sie so trefflich scheinen.
- Pallas.
Durch Klugheit / Kunst und Witz / wird alles wolgethan.
- Venus.
Nim Paris Urtheils-Herr / nim mich nur recht ins Gesicht
Und blick’ auff meinen Leib /
Ich bin das schönste Weib /
Den Apffel laß ich nicht;
Der Stirnen Schnee ist ohne Mackel rein /
Die Wangen stehn / als wie Auroren Schein /
[9]
Wenn der noch-junge Tag früh in dem Kühlen
Mit bunten Rosen weis umb ihr Gold-Haar zu spielen /
Die Augen sind zu schawen
Als ein Crystallen Quell /
Den rings umher die Nymphen schnell
Mit Blumen aller Art wol wissen zu verbawen;
Auff meinen Mund Rubin
Schleicht sich ein Zucker-Fluß aus seinem Marmel hin:
Was wiltu mehr
Daß etwa mag geschehen?
Wiltu die Brüste sehen?
Da wohnet vollends gar der Schönheit gantzes Heer:
- Pallas.
Ey hettestu dich doch so prächtig lassen mahlen!
- Juno.
So könte deine Zier / noch etwas besser pralen /
- Venus.
Verdreust es dich / daß ich was schöner bin?
- Pallas.
Ja recht verdreust es mich:
- Juno.
Das dein so geiler Sin
Nicht auch auf dieses denckt / was andere betrachten:
- Venus.
Dein Reichthum wird mich nicht verachten /
Noch Pallas deine Kunst.
- Juno.
So bin ich denn umbsonst
Zu Jupiters Gemahl ohn allen Preiß erkohren?
[10]
- Venus.
Erkohren / aber nicht gebohren /
Was Schönheit heist /
Und doch nicht Schönheit ist / das wird zu bald gepreist:
- Pallas.
Ich bin ja Göttin / gleich wie du!
- Venus.
Wer wil dich aus dem Himmel jagen?
Die Schönheit nur die hastu nicht /
- Juno und Pallas.
Hör Paris gibstu dieses zu?
- Paris.
Ich seh der Schönheit Licht
Mit treflichem Behagen /
Göttinnen / an euch scheinen /
Jetzt drücket mich das Richter Joch /
Der Apffel sol der einen /
Welch’ aber diese sey / hab ich ein Zweifel noch:
- Juno.
Ich bins / denn Macht und Geld kan mich zur Schönsten machen;
- Venus.
Beschüt mit Gold den Koth / man wird ihn doch verlachen;
- Pallas.
Ich bins / die kluge Wissenschaft
Hat durch die Tugend solche Kraft /
Mich über euch hoch zu erhöhen;
- Venus.
Der Juno, mir nicht gleich zu gehen.
[11]
- Pallas.
Was sol Juno mir nur gleichen?
Sie mus weit unter mich mit ihrer Schönheit weichen /
Die Weisheit hat den Preis / und machet Schön allein.
- Venus.
An dir erweist sichs nicht / das du soltst schöne seyn:
- Pallas.
Sie und ihr Kind / die Kunst / gibt Schönheit dem Gemüte /
- Venus.
Nicht aber auch dem Leib / und seiner jungen Blüte;
- Juno.
Was hastu doch an dir /
Das seine Zeit besteht /
- Venus.
Nichts nicht als meine Zier /
Die über alle Macht / und deinen Zepter geht;
- Juno.
Wer ist der Jupiter? ich hab’ ihn doch gefangen:
Wer war Ixion dann?
- Venus.
Sie sind blind auf dich gangen /
Die Brunst läst keinen sehn;
- Juno.
Es liebt ein jeder mich /
- Venus.
Dein grosses Reichthum nur / nicht aber Juno dich.
- Juno.
Die Schönheit macht mich ja zur Kronen-Trägerinnen!
[12]
- Pallas.
Und meine Liebligkeit macht mich zur Himmels-Braut;
- Venus.
Kein Göttlich Angesicht wird meiner Schönheit innen /
Drumb ist das Urtheil auch den Menschen anvertrawt /
Ich bins alleine nur / Ich Venus bins allein /
Geht fragt die Götter in der Hellen /
Im Himmel und auch auff den Wellen /
Mein sol die Creatur des güldnen Apffels seyn.
- Pallas.
Bedenck dich Edler Paris wol /
Und gib ihn mir.
- Venus.
- Juno.
Ich bin deßwegen hier / daß er mir werden sol /
- Juno und Pallas.
Ich Juno Königinne /
Ich Pallas ich Heldinne /
Verheissen nochmals dir ein Königreich /
Verstand / Witz / Macht und Kunst;
- Venus.
Und ich bey weit-geneigter Gunst
Der Welt lobhafftes Wunder-Bild /
Das auch den Göttern wolgefält /
Sag an: Ob mir der güldne Apffel gilt?
- Paris.
Verzeihet mir Ihr Himmels-Princessinnen /
Wenn mein befügtes Urtheil sich
Euch allen nicht zu Dienst wird lencken können /
Kein Reichthum ist mir noht / Witz / Weißheit und Verstand /
Die weren noch zu nehmen /
[13]
Ein Richter aber spricht / nachdem die Sach bewandt /
Drum muß ich mich
Auch so bequemen /
Daß ich das Recht nicht breche /
Und ohne die Gab’ und Gifft / das endlich Urtheil spreche:
Wer das Gesetze schwecht / und es läst gehen ein /
Am selben fängt es an / gerecht und starck zu seyn.
(übergibt der Venus den Apffel.)
Da nim ihn Venus hin /
Du bist im Himmel und auff Erden
Die allerschönste Königin /
Der Schönheit Zeichen muß dir werden.
- Juno und Pallas.
Donner / Hagel / Blitz und Flammen /
Ziehet / ziehet euch zusammen /
Bietet Strahl und Feuer her;
- Paris.
Nim nur den güldnen Apffel hin /
O Venus, Blum und Krone dieser Frawen /
Laß uns auff ihren Zorn gar nicht schawen /
Ich bin der Richter und nicht Sie:
- Juno und Pallas.
Donner / Hagel / Blitz und Flammen
Ziehet / ziehet euch zusammen /
Bietet Strahl und Feuer her /
Wolcken Wind und Lüffte brauset /
Raset / stürmet / knackt / und sauset /
Die uns itzt beleidigt haben / das ist die / und das ist der!
(lauffen zornig hinweg)
- Paris.
Ein Urtheils-Herr muß freudig Urtheil geben /
Und weder spath noch früh
In der geringsten Furcht der Recht-Verwiesnen leben.
[14]
- Venus.
Du hochgelobter Hirte /
Ich schwere dir bey dieser grünen Myrte /
Die mir geheiligt ist /
Du trägst auch Danck davon /
Dessen du würdig bist /
Das schönste Frawen-Bild im gantzen Griechen-Lande /
Das Wunder aller Zeit /
Die noch ankommen sol /
Ist / und bereit verflossen
In dieser Sterbligkeit /
Sol dafür seyn dein zugesagter Lohn.
- Paris.
Schaff Venus, was dir wolgefält /
Mein Lämmer-Blut / daß sonst die Götter stets versöhnet /
Sol auch dort umb dein Zelt
Wann die geliebte Rose grünet /
Mit Milch und Wein vermischt dir werden ausgegossen.
- Venus.
Glück zu gerechter Hirt / ich muß jezt eilen /
Die Zornigen Gespielen warten nicht /
Sie kommen mir aus dem Gesicht /
Ich darf mich länger nun nicht mehr verweilen /
Denn es ist hohe Zeit /
Inzwischen lebe wol / du Urtheils-Fasser du /
Ich muß hernach ins Hauß der Ewigkeit.
(gehet ab)
- Paris.
Wer recht auffrichtig ist in einer stillen Ruh
Und im gewünschten Stande /
Aus trewem Hertzen liebt / und fürchtet sich der Schande /
Dem muß auch an dem Reyhen /
Bey seiner Feld-Schalmey auch alles wol gedeyen.
- ENDE.
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