Die Kosten einer Hinrichtung 1654
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Die alten Akten haben uns manche Mitteilung aufbewahrt, die auf die Verhältnisse früherer Zeiten ein Schlaglicht werfen. Das gilt auch wohl von einer Rechnung, die aus Anlaß der Hinrichtung der wegen Hexerei angeklagten und verurteilten Frau Anna Beschorn geb. Hake aus Lemgo aufgesetzt worden ist. Der dabei herauskommende Endbetrag von 43 Talern bedeutet für die damalige Zeit jedenfalls eine gewaltige Summe, besonders, wenn man bedenkt, daß die Kaufkraft des Geldes in jener Zeit vielleicht hundert mal so hoch war wie heute.
Die von Hans Schlepper geführte Rechnung hat folgenden Wortlaut:
„Den 17. August Anno 1654 ist Hermann Beschorens Hausfrau Anna Haken ihrer Zauberey (wegen) inhaftieret und den 25. dieses mit dem Schwerdt hingerichtet und begraben worden.
Rtlr. | Gr. | ₰ | |
---|---|---|---|
Den kleinen Dienern vor den Angriff | – | 10 | – |
Reinke Lüking und Joist Hellink acht Nächte bey ihr gewacht, geben |
3 | 20 | – |
Hermann Niemann, daß er dieselbe 8 Tage gespeiset, jeden Tag sechs Groschen machet |
1 | 12 | – |
Das Gericht anzukündigen | – | 3 | – |
Beyden Beysitzern | – | 12 | – |
Dem Gerichtsfrone | – | 4 | – |
Dem Richter | – | 18 | – |
Dem Ampts Ankläger | – | 13 | – |
Dem Defensori | – | 16 | – |
Den Achtsleuten | – | 18 | – |
Dem Fiscali | 5 | – | – |
Dem Secretario | 2 | – | – |
Den Verordneten zu Justitien | 10 | – | – |
Den großen Dienern vor ihr Aufwarten | 1 | – | – |
Den kleinen Dinern vor Gericht zu spannen | 1 | – | – |
Vor Lemgoer Bier undt was M. Davids Knecht geholet |
1 | 19 | – |
Minder Bier und was M. David holen lassen, auch was die Beysitzer und Cemmer auf der Wage verunkostet, in alles |
4 | 7 | 3 |
Vor Lichter und Tran | – | 10 | – |
M. Davids Gebühr | 5 | – | – |
Dessen Dienern vor die Kuhlen zu machen und zu begraben |
1 | – | – |
Vor einen Sark geben | 1 | – | – |
Vor Salben, welche M. Davids an dieser verbraucht |
2 | – | – |
Joist Swibbe, dieselbe auszufahren | – | 12 | – |
Von dieser Rechnung | – | 12 | – |
Verunkost | – | 18 | – |
Summe | 43 | Rtlr. | |
Hierauff empfangen an Gelde und was aus den Mobilien verlöset |
40 | 4 | – |
Die arme Frau hat also über eine Woche,
nämlich 8 Tage, im Gefängnis verbringen und sich der
Folter unterziehen lassen müssen (der kleine Angriff).
Sie wurde nachts bewacht. Gerichtssitzungen und
Folter fanden wahrscheinlich im dunklen Keller statt,
worauf die Ausgabe für „Lichter und Tran“
hindeutet. Die beteiligten Richter, der Ankläger, der
Verteidiger (Defensori), der Schreiber, die Diener
und nicht zuletzt der Henker (Meister David) erhielten
zum Teil erhebliche Gebühren. Sie haben dabei
kräftig der Kanne zugesprochen, was die nicht geringen
Kosten für Lemgoer und Mindener Bier ausweisen,
nämlich beinahe für 6 Taler, d. h. etwa den siebten
Teil aller Unkosten. Das wirft auf die
Gemütsbeschaffenheit der Beteiligten ein eigenartiges Licht;
ihnen ist der Appetit während der entsetzlichen Marter
der bejammernswerten Frau nicht vergangen.
Um die verursachten Wunden schneller wieder zur
Heilung zu bringen und dann umso früher wieder mit
neuer Marter beginnen zu können, wurde die Frau
mit Salbe behandelt, die allerdings möglicherweise
auch ein Gegenmittel gegen zauberischen Einfluß
gewesen sein könnte. Schließlich wurde die Frau nach
ihrer Verurteilung, wie auch sonst üblich, auf den
Richtplatz gefahren, entweder auf einen
„Schinderkarren“, oder sie wurde auf einer Kuhhaut geschleift,
wie das häufiger geschah. So enthüllen uns die
trockenen Zahlen ein erschütterndes Bild von der „guten“
alten Zeit.