Die „Dame mit dem Muff“
[788] Die „Dame mit dem Muff“ (Zu unserer Kunstbeilage.) Das Gemälde, welches unsere heutige Kunstbeilage wiedergiebt, gehört zu den Zierden des Louvremuseums zu Paris. Es ist eine der überaus zahlreichen Schöpfungen, welche die Welt dem Pinsel der Frau Lebrun, einer geborenen Vigée, verdankt. Diese Künstlerin, welche in dem hohen Alter von siebenundachtzig Jahren 1842 zu Paris starb, war nicht bloß ein außerordentliches, frühreifes, durch glänzende äußere Verhältnisse begünstigtes Talent, sie war auch eine schöne und liebenswürdige Frau und bildete einen der bevorzugtesten Mittelpunkte im geistigen Leben der französischen Hauptstadt. Die Schrecknisse der ersten Revolution vertrieben sie wie so viele andere aus Frankeich und zwangen sie, im Auslande eine Stätte für ihre Kunst zu suchen. Sie fand diese auch: an den Höfen von Wien, Berlin, Petersburg und London ward sie mit Auszeichnung aufgenommen. Aber schon im Jahre 1801 kehrte sie nach Frankreich zurück, und sie blieb dort, obwohl der neue Machthaber Napoleon der Bourbonenfreundin nicht eben gut gesinnt war. Sie verstand es, wie sie innerhalb der vorrevolutionären Schule der französischen Kunst eine ehrenvolle Stellung eingenommen hatte, so auch der neuen inzwischen aufgekommenen Kunstrichtung sich anzupassen, und als die bis ins hohe Alter noch rüstige Greisin starb, da hinterließ sie nicht weniger als fünfzehn historische Gemälde, über sechshundert Bildnisse und gegen zweihundert Landschaften. Gewiß ein gesegnetes Talent!
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